BT-Drucksache 18/5182

Ausbau der Europastraße 233 im Zuge der angekündigten Neuen Generation von Projekten in öffentlich-privater Partnerschaft

Vom 10. Juni 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/5182
18. Wahlperiode 10.06.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Peter Meiwald, Dr. Valerie Wilms, Sven-Christian Kindler,
Matthias Gastel, Stephan Kühn (Dresden), Tabea Rößner, Markus Tressel und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ausbau der Europastraße 233 im Zuge der angekündigten Neuen Generation
von Projekten in öffentlich-privater Partnerschaft

Ende April 2015 verkündeten das Bundesministerium der Finanzen (BMF) und
das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) gemein-
sam die Absicht, eine sogenannte Neue Generation von ÖPP-Projekten (ÖPP –
öffentlich-private Partnerschaft) auf den Weg zu bringen. Im Rahmen dieser An-
kündigung wurden zehn Verkehrsprojekte genannt, für die eine Realisierung als
ÖPP geprüft wird.
Die ÖPP-Projekte sollen nach dem Verfügbarkeitsmodell (V-Modell) gestaltet
werden. Im V-Modell übernimmt der private Auftragnehmer Planung, Bau, Fi-
nanzierung und Betrieb einer Verkehrsinfrastruktur im Auftrag des öffentlichen
Auftraggebers. Die laufende Vergütung des Auftragnehmers ist abhängig von
der Verfügbarkeit der Strecke und nicht von der Höhe der Einnahmen durch Nut-
zergebühren.
Unter den genannten Projekten findet sich auch der geplante 4-streifige Ausbau
der Europastraße 233 (E 233) von der Anschlussstelle Meppen (A 31) bis zur
Anschlussstelle Cloppenburg (A1) und beinhaltet die Bundesstraßen B 402,
B 213 und B 72. Das Gesamtvorhaben verläuft auf einer Länge von ca. 84 Kilo-
metern und gliedert sich in acht Planungsabschnitte.
Im aktuell gültigen Bundesverkehrswegeplan (BVWP 2003) ist das Vorhaben
nur der Dringlichkeitsstufe „Weiterer Bedarf“ zugeordnet. Die erwarteten Kos-
ten für das Gesamtprojekt wurden damals auf unter 300 Mio. Euro geschätzt
(www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/VerkehrUndMobilitaet/Schiene/2003/
niedersachsen.pdf?__blob=publicationFile). Im August 2014 rechnete die Bun-
desregierung mit Gesamtkosten in Höhe von rund 720 Mio. Euro (Bundestags-
drucksache 18/2352, S. 62 bis 63).
Gemäß der Grundkonzeption für den BVWP 2015 sollen im Zuge der Aufstel-
lung auch Vorhaben des letzten BVWP, die noch nicht begonnen wurden bzw.
nicht bis zum Jahr 2015 in den Bau gehen, erneut bewertet werden. Dies beträfe
nach Kenntnisstand der Fragesteller auch das Projekt E 233. In der Übersicht
über die laufenden und die für den BVWP vorgeschlagenen Vorhaben der Bun-
desfernstraßen werden zurzeit alle Abschnitte als „zu untersuchende Vorhaben“
gelistet (Stand: 5. September 2014).
Gemäß den Worten des Bundesministers für Verkehr und digitale Infrastruktur,
Alexander Dobrindt, gehört das Vorhaben im Zuge der E 233 jedoch zu den zehn
ausgewählten Projekten, die „an entscheidenden Stellen unseres Straßennetzes

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helfen, den größten volkswirtschaftlichen Schaden zu verringern: den Stau“
(Pressemitteilung des BMF „Bund startet Neue Generation von ÖPP-Projekten“
30. April 2015).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche konkreten Gründe auf Grundlage welcher Daten haben die Bundes-

regierung dazu veranlasst, das bisher im BVWP der Dringlichkeitsstufe
„Weiterer Bedarf“ zugehörige Gesamtvorhaben E 233 in die Liste der zehn
Straßenvorhaben der „Neuen Generation von ÖPP-Projekte“ aufzunehmen?

2. Liegen der Bundesregierung bereits neue Bewertungsergebnisse des Vorha-
bens „Ausbau der E 233“ vor, die seine Priorisierung im Rahmen der „Neuen
Generation von ÖPP-Projekten“ rechtfertigen?
Wenn ja, welche?
Wenn nein, warum nicht, und zu welchem Zeitpunkt werden diese vorgelegt?

3. Welche Auswirkungen hat die Absicht der Bundesregierung, das Vorhaben
im Rahmen der „Neuen Generation von ÖPP-Projekten“ zu realisieren, auf
die zurzeit laufende Bewertung aller bis Ende des Jahres 2015 nicht im Bau
befindlichen Bundesfernstraßenvorhaben im Zuge der Aufstellung des neuen
BVWP?

4. a) Wurde oder wird das noch nicht begonnene Vorhaben im Zuge der Auf-
stellung des BVWP einer erneuten Bewertung unterzogen?
Wenn ja, wann werden die Bewertungsergebnisse öffentlich bekannt-
gegeben?
Wenn nein, warum nicht?

b) Wenn ja, inwiefern würden sich neue Bewertungsergebnisse auf die ge-
plante Umsetzung des Ausbaus der E 233 im Rahmen der „Neuen Gene-
ration von ÖPP-Projekten“ auswirken?

c) Wenn ja, auf welche Weise würde sich eine mögliche niedrige Dringlich-
keitseinstufung des Vorhabens auf die geplante Umsetzung des Ausbaus
der E 233 im Rahmen der „Neuen Generation von ÖPP-Projekten“ aus-
wirken?

5. a) In welchem Planungsstadium befinden sich die acht Planfeststellungsab-
schnitte der E 233 zwischen Cloppenburg und Meppen (bitte für jeden Ab-
schnitt gesondert ausweisen)?

b) Wann rechnet die Bundesregierung mit dem Beginn und Abschluss der
Planfeststellungsverfahren für die einzelnen Abschnitte (bitte für jeden
Abschnitt gesondert ausweisen)?

6. Welcher Zeitplan wird für den Bau und die Inbetriebnahme der jeweiligen
Abschnitte im Rahmen einer ÖPP angestrebt?

7. Wann wurde die letzte Aktualisierung der Gesamtkostenberechnung für die
Realisierung des Verkehrsbauvorhabens E 233 vorgenommen?

8. Von welchen aktualisierten Gesamtkosten geht die Bundesregierung für die-
ses Verkehrsbauvorhaben aus, und wie verteilen sich diese auf die einzelnen
Planfeststellungsabschnitte?

9. Wie hoch sind die kalkulierten Kosten je Kilometer?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/5182
10. a) Wie viel Fläche wird nach jetzigem Planungsstand im Zuge des Ausbaus
versiegelt bzw. dauerhaft in Anspruch genommen?

b) Wie viel Fläche wird entsiegelt?
11. a) Wie viel Fläche wird insgesamt für den Bau der Trasse benötigt (bitte

nach Landkreisen aufschlüsseln)?
b) Wie viel Fläche ist dafür bereits im Auftrag der Landkreise erworben

worden, und welche Kosten sind dafür bisher angefallen (bitte nach
Landkreisen, Gesamtkosten und durchschnittlichen Kosten pro Quadrat-
meter aufschlüsseln)?

c) Mit welchen Kosten rechnet die Bundesregierung für den Kauf der noch
fehlenden Baufläche (bitte nach Landkreisen, den Gesamtkosten und
den durchschnittlichen Kosten pro Quadratmeter aufschlüsseln)?

12. a) Wie viel Fläche wird für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sowie zur
Erstaufforstung benötigt (bitte nach Landkreisen aufschlüsseln)?

b) Wie viel Fläche ist dafür bereits im Auftrag der Landkreise erworben
worden, und welche Kosten sind dafür bisher angefallen (bitte nach
Landkreisen, Gesamtkosten und durchschnittlichen Kosten pro Quadrat-
meter aufschlüsseln)?

c) Mit welchen Kosten rechnet die Bundesregierung für den Kauf der noch
fehlenden Flächen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen (bitte nach
Landkreisen, Gesamtkosten und durchschnittlichen Kosten pro Quadrat-
meter aufschlüsseln)?

13. Wie viele Anschlussstellen werden nach jetzigem Planungstand im Zuge
des Ausbaus der E 233 realisiert?

14. Welche Nebenstrecken werden durch den Ausbau der E 233 zusätzlich er-
forderlich (bitte Kilometerzahl der Strecken und Anzahl Fahrstreifen nen-
nen)?

15. Sieht die Bundesregierung das Ziel im Rahmen der nationalen Nachhaltig-
keitsstrategie, den Flächenverbrauch auf maximal 30 Hektar pro Tag zu ver-
ringern, durch den 4-streifigen Ausbau der E 233 gefährdet?
Wenn ja, inwiefern, und welche Maßnahmen gedenkt sie zur Einhaltung des
Ziels zu unternehmen?
Wenn nein, warum nicht?

16. Hat die Bundesregierung Kenntnis über die Preisentwicklung für landwirt-
schaftlich genutzte Flächen in den Landkreisen Emsland und Cloppenburg
seit dem Jahr 2005?
Wenn ja, wie haben sich die Preise seit dem Jahr 2005 verändert?
Wenn nein, warum nicht?

17. Sieht die Bundesregierung einen Zusammenhang des beobachteten Preisan-
stiegs für landwirtschaftlich nutzbare Flächen in den Landkreisen Emsland
und Cloppenburg (www.noz.de/deutschland-welt/niedersachsen/artikel/
567782/agrarminister-fordert-preisbremse-fur-ackerland) und dem Ausbau
der E 233?
Wenn ja, welchen?
Wenn nein, warum nicht?

Drucksache 18/5182 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
18. a) Wann wurde die letzte Aktualisierung des Nutzen-Kosten-Verhältnisses
für das Gesamtvorhaben Ausbau E 233 durchgeführt?

b) Von welchem Nutzen-Kosten-Verhältnis geht die Bundesregierung zur-
zeit aus?

c) Welches Nutzen-Kosten-Verhältnis wurde im Rahmen der Aufstellung
des BVWP 2003 in die damalige Bewertung einbezogen?

19. a) Wie hat sich die durchschnittliche tägliche Verkehrsbelastung im ge-
nannten Planungskorridor der E 233 (B 402, B 213, B 72) seit dem Jahr
2005 bis heute entwickelt (bitte abschnittsweise angeben und den Lkw-
Anteil separat aufzeigen)?

b) Wie hoch ist aktuell der Anteil der Transit-Lkw entlang der E 233 zwi-
schen der A 31 (Anschlussstelle Meppen) und der A 1 (Anschlussstelle
Cloppenburg; bitte abschnittsweise angeben)?

c) Wie hat sich der Anteil der Transit-Lkw auf der E 233 zwischen der A 31
(Anschlussstelle Meppen) und der A 1 (Anschlussstelle Cloppenburg)
nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten 15 Jahren entwickelt,
insbesondere nach Einführung der Lkw-Maut?

20. a) Mit welcher durchschnittlichen täglichen Verkehrsbelastung rechnet die
Bundesregierung nach Fertigstellung des 4-streifigen Ausbaus im ge-
nannten Planungskorridor der E 233 (B 402, B 213, B 72) auf Basis der
Verkehrsprognose 2030 (bitte abschnittsweise angeben und den Lkw-
Anteil aufzeigen)?

b) Berücksichtigt die Verkehrsprognose die Auswirkungen sowie mögliche
Ausweichverkehre des Schwerlastverkehrs im Zuge der Ausweitung der
Lkw-Maut auf eine zukünftig 4-streifig ausgebaute E 233?
Wenn ja, wie wirkt sich diese auf die durchschnittliche Verkehrsbelas-
tung der E 233 und den Lkw-Anteil aus, und welche Folgen ergeben sich
daraus für die Berechnung der Wirtschaftlichkeit des Gesamtprojektes?
Wenn nein, warum nicht?

21. a) Wie hoch schätzt die Bundesregierung den Anteil des induzierten Ver-
kehrs im Zuge des geplanten Ausbaus?

b) Inwiefern berücksichtigt die Nutzen-Kosten-Analyse die durch induzier-
ten Verkehr entstehenden gesellschaftlichen Kosten, z. B. durch zusätz-
liche CO2- oder Lärmemissionen?

22. a) Inwiefern hat die Bundesregierung Kenntnis über Interessenbekundun-
gen privater Finanzinvestoren bzw. Bau- und Betreiberunternehmen, das
Vorhaben im Rahmen einer ÖPP zu realisieren?

b) Haben seitens der Bundesregierung bereits Gespräche mit möglichen
privaten Interessenten stattgefunden?
Wenn ja, mit wem, und wann haben diese stattgefunden?

23. a) Auf welcher Berechnungsgrundlage erfolgt die Festsetzung der Vergü-
tungsstruktur im Rahmen der Realisierung der E 233 zwischen Cloppen-
burg und Meppen als ÖPP im sogenannten V-Modell, und wie wird diese
festgelegt?

b) Mit welchen monatlichen Leistungsentgelten an die Betreibergesell-
schaft rechnet die Bundesregierung im Zuge des Vorhabens?

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c) Auf welcher Berechnungsgrundlage erfolgt die Bestimmung der Ent-
geltkürzungen für Unterschreitungen der vereinbarten Verfügbarkeit
durch Verschuldung des Auftragnehmers?

d) Welche Kostensumme für den Bundeshaushalt erwartet die Bundes-
regierung über die gesamte Vertragslaufzeit (30 Jahre)?

Berlin, den 9. Juni 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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