BT-Drucksache 18/5021

Folgen des Wettbewerbs durch die Pflicht zu Angeboten Hausarztzentrierter Versorgung nach § 73b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch

Vom 21. Mai 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/5021
18. Wahlperiode 21.05.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Birgit Wöllert, Sabine Zimmermann (Zwickau), Katja Kipping,
Azize Tank, Kathrin Vogler, Harald Weinberg, Pia Zimmermann und der Fraktion
DIE LINKE.

Folgen des Wettbewerbs durch die Pflicht zu Angeboten Hausarztzentrierter
Versorgung nach § 73b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch

Mit dem Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung
(GMG) im Jahr 2004 wurden die gesetzlichen Krankenkassen (GKV) ver-
pflichtet, ihren Versicherten Angebote zur hausarztzentrierten Versorgung nach
§ 73b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V; HzV) zu unterbreiten
(http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/15/015/1501525.pdf). Die Regelung wurde
mehrfach modifiziert, insbesondere im Jahr 2007 mit dem GKV-Wettbewerbs-
stärkungsgesetz, im Jahr 2009 mit dem GKV-Organisationsweiterentwick-
lungsgesetz, im Jahr 2010 mit dem GKV-Finanzierungsgesetz und im Jahr 2014
mit dem 14. SGB V-Änderungsgesetz. Die gesetzliche Pflicht zum Vertragsab-
schluss versetzte die Krankenkassen in eine wenig vorteilhafte Verhandlungs-
position und die Verträge gingen in der Folge mit erheblichen Mehrausgaben
einher, während die Versorgungsqualität eher abnahm und die Zahl der Facharzt-
besuche eher zunahm (www.medical-tribune.de/home/news/artikeldetail/
hausarztmodelle-sind-bisher-weitgehend-wirkungslos.html). Krankenkassen mo-
nierten, sie würden „damit gezwungen, Verträge umzusetzen, die aus ihrer Sicht
unwirtschaftlich sind“ (www.aerzteblatt.de/archiv/79865/Hausarztzentrierte-
Versorgung-Attraktivitaet-auf-die-Probe-gestellt). In der Folge wurde explizit
die Pflicht, den Grundsatz der Beitragssatzstabilität zu berücksichtigen und da-
mit eine Wirtschaftlichkeitsklausel eingeführt. Mehrausgaben müssen seitdem
durch Einsparungen oder Effizienzsteigerungen gegenfinanziert werden.
Mittlerweile nehmen 3,7 Millionen Personen an der HzV teil (www.
hausaerzteverband.de/cms/Aktuelle-Informationen-im-Detail.529.0.html?&no_
cache=1&tx_ttnews%5Btt_news%5D=956). Die Folgen des Wettbewerbs durch
die HzV sollten überprüft werden. Dazu gehört die Beantwortung der Frage, ob
mögliche Vorteile der HzV deren Nachteile überwiegen.
Bei den Krankenkassen ist eine „Ambivalenz“ in „der Kommunikation über die
Hausarztverträge“ festzustellen: „Gegenüber den Patienten wird die Verbesse-
rung der Versorgungsqualität in den Vordergrund gestellt. Gegenüber der Politik
[…] dagegen die Kostenvorteile“ (http://library.fes.de/pdf-files/wiso/07935.pdf).
Gegenüber der Fachöffentlichkeit beklagen die Krankenkassen aber die hohen
Kosten der HzV (www.aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/krankenkassen/
article/809344/teuer-nutzlos-kassen-attackieren-hausarztvertraege.html?sh=11
&h=1379316747). Auffällig ist in diesem Zusammenhang eine hohe Zahl von
Schiedsverfahren und gerichtlichen Auseinandersetzungen rund um die haus-
arztzentrierte Versorgung, insbesondere in Bayern. Zu Streit kommt es auch

Drucksache 18/5021 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
bezüglich der Verantwortung und den Kosten der Notfallversorgung (www.
aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/berufspolitik/article/823791/hzv-
versicherte-weiter-notdienst-aerger-westfalen-lippe.html?sh=9&h=
1379316747).
Damit stehen die Patientinnen und Patienten vor essentiellen Fragen und Pro-
blemen ihrer gesundheitlichen Versorgung.
Erstens wird die mangelnde Transparenz der Angebote kritisiert. So schreibt der
Verbraucherzentrale Bundesverband: „Mit den Selektivverträgen nach den Pa-
ragraphen 73b, 73c und 140a ff. SGB V wurden aber weitreichende Möglichkei-
ten geschaffen, Steuerung und Transparenz zu entgehen. […] Eine zuverlässige
Qualitätssicherung der dort erbrachten Leistungen findet ebenso wenig statt wie
eine fundierte und standardisierte Aufklärung von Öffentlichkeit und einge-
schriebenen Patienten über die Behandlungsinhalte, ihre Qualität und die Nut-
zung ihrer personenbezogenen Gesundheitsdaten.“ (www.vzbv.de/sites/default/
files/mediapics/versorgungsgesetz_patientenbedarf_referentenentwurf_06_
2011.pdf) Durch die Neuregelungen des Versorgungsstärkungsgesetzes 2015
würde die Transparenz für Verbraucher hinsichtlich einer qualitätsorientierten
Wahlentscheidung unter den gesetzlichen Krankenkassen sogar noch verschlech-
tert (http://zap.vzbv.de/0fabd665-5a32-4640-97ad-304674714f4d/
Versorgungsstaerkungsgesetz-Stellungnahme-vzbv-2015-03-19.pdf).
Zweitens geht es um den „Schutz der Patienten und Versicherten gegenüber do-
minierenden Kassen und Leistungserbringer-Gruppen, die ihnen ggf. bestimmte
Versorgungs- bzw. Vertragsmodelle aufdrängen wollen“ (http://library.fes.de/
pdf-files/wiso/07935.pdf). Selbstbeschreibungen von „Überredungstaktiken“
durch Hausärztinnen und Hausärzte finden sich etwa im Evaluationsbericht des
HzV-Vertrags zwischen dem Hausärzteverband und der AOK in Baden-Würt-
temberg (Stand: 9. September 2014) von F. Gerlach & J. Szecsenyi (folgend zi-
tiert als: Gerlach & Szecsenyi, S. 54 bis 70; s. auch Frage 37): „Ich schreibe alle
ein, die ich schnappen kann.“; „[w]enn Patienten [zur Abendsprechstunde] kom-
men, die nicht im HzV sind, dann müssen sich die in den HzV einschreiben“;
„meine Terminvergabe für Patienten, die sich […] dazu nicht durchringen kön-
nen […], sitzen […] es dann im Zweifel auf ihrem Gesäß aus. […] Das erlaube
ich mir als unternehmerische Freiheit“.
Drittens stellt sich die Frage nach der Qualität der Versorgung. „Es gibt keine
umfassenden Studien darüber, dass die Qualität der Versorgung für die Patienten
besser geworden ist“ (Prof. Dr. Stefan Gress, www.wiwo.de/finanzen/vorsorge/
regierungsplaene-krankenkassen-lehnen-hausarztmodell-ab/9202296.html). Es
„existiert kein belastbarer Beweis, dass damit (mit den Selektivverträgen insge-
samt – die Fragesteller) etwas besser geworden ist“ (M. Litsch, Vorsitzender des
Vorstandes der AOK NORDWEST: „Wettbewerb aus der Perspektive eines
Krankenversicherungsträgers“, in: „Zwanzig Jahre Wettbewerb in der gesetz-
lichen Krankenversicherung“, Bochum 2012, S. 52). „Es gibt keine Gewähr
dafür, dass die Versorgung innerhalb der Verträge den Qualitätsstandards der
Regelversorgung entspricht. Eine klare Verpflichtung zur Einhaltung der Min-
destvorgaben und ihre Überprüfung fehlen ebenso wie die Einbeziehung in die
allgemeinen Maßnahmen zur Qualitätssicherung“ (www.vzbv.de/meldung/
wettbewerb-im-gesundheitswesen).
Viertens bleibt die Frage, wie sich der Sicherstellungsauftrag, der der ärztlichen
Selbstverwaltung übergeben wurde, mit einer untergliederten Angebotsstruktur
je nach Krankenkasse erfüllen lässt und welche Auswirkungen die sich auswei-
tenden Selektivverträge auf die Versorgungssicherheit, insbesondere auch für
den kassenärztlichen Notdienst, aber auch für die Bedarfsplanung insgesamt
haben.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/5021
Fünftens sind Nachteile für die Weiterentwicklung des Regelkataloges und da-
mit für die Versorgung und deren Qualität insgesamt zu befürchten. Innovative
Versorgungsformen, die als Wettbewerbsinstrument und damit als Mittel der
Profilierung und Abgrenzung gegenüber den Konkurrenten dienen sollen, kön-
nen notwendigerweise nicht allen Versicherten zur Verfügung stehen.

Wir fragen die Bundesregierung:
Ziele der Bundesregierung, Grundsätzliches
1. Welche konkreten Ziele mit Blick auf Patienten und Versicherte, und zwar

vor allem hinsichtlich der Verbesserung der Qualität der Versorgung, der
Kostenentwicklung und der Erhöhung der Transparenz, verfolgte die Bun-
desregierung mit der Pflicht für die Krankenkassen, HzV-Angebote zu un-
terbreiten?

2. Inwiefern plant oder befürwortet die Bundesregierung eine weitere Stär-
kung des Wettbewerbs mittels einer Weiterentwicklung der HzV?
Welche Ziele verfolgt die Bundesregierung zukünftig damit?
Auf welcher wissenschaftlichen Grundlage kommt die Bundesregierung zu
der Vermutung, die von ihr verfolgten Ziele mittels Stärkung des Wettbe-
werbs im Allgemeinen und der Weiterentwicklung der Möglichkeiten zur
HzV im Besonderen erreichen zu können (vgl. Entwurf des GKV-Versor-
gungsstärkungsgesetzes, Bundestagsdrucksache 18/4095, S. 56 und 85)?

3. Wie viele HzV-Verträge gibt es derzeit?
Ist nach Ansicht der Bundesregierung durch die HzV-Verträge das Versor-
gungsangebot insgesamt umfangreicher geworden?
Wie bewertet die Bundesregierung diese Entwicklung?

4. Inwiefern lassen sich nach Ansicht der Bundesregierung die derzeit beste-
henden Verträge in irgendeiner Weise klassifizieren bzw. typologisieren?

5. Wie viele Versicherte waren bzw. sind in HzV-Verträge eingeschrieben
(bitte nach Jahr und Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung – KV – auf-
schlüsseln)?
Wie bewertet die Bundesregierung diese Entwicklung?

6. Liegen der Bundesregierung Informationen darüber vor, ob die Verträge mit
Individuellen Gesundheitsleistungen (IGel) verbunden sind, deren Kosten
im Rahmen der HzV-Verträge von den Kassen übernommen werden, oder
ob die Teilnahme einmalig oder regelmäßig für die teilnehmenden Versi-
cherten mit finanziellen Boni verbunden sind?

7. Welche potentiellen Auswirkungen sieht die Bundesregierung durch die
Möglichkeit zur Übernahme von nicht zugelassenen Leistungen im Rahmen
von HzV-Verträgen auf die Entwicklung des Leistungskatalogs der GKV?

8. Welche Unterschiede bezüglich der Altersstruktur und Morbidität zwischen
HzV-Teilnehmenden und Nichtteilnehmenden sind der Bundesregierung
bekannt?

9. Welche Auswirkungen erwartet die Bundesregierung unter Berücksichti-
gung der unterschiedlichen Versichertenkollektive auf die kassenärztliche
Bedarfsplanung und insbesondere auch den kassenärztlichen Notdienst?

10. Für wie wichtig hält die Bundesregierung eine informierte Entscheidung der
Versicherten bei der Entscheidung darüber, ob sie HzV-Angebote ihrer
Krankenkasse annehmen (oder ablehnen)?

Drucksache 18/5021 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Für wie wichtig hält die Bundesregierung eine informierte Entscheidung der
Versicherten bzw. der Patientinnen und Patienten bei der Wahl ihrer Kran-
kenkasse im Hinblick auf kassenspezifische HzV-Angebote?

11. Welche Auswirkungen haben HzV-Verträge nach Kenntnis der Bundes-
regierung auf die Wirkung der gesetzlichen Regelungen zur Mengenbegren-
zung (insbesondere Regelleistungsvolumina) bzw. zur Wirtschaftlichkeits-
prüfung?

12. Sind nach Kenntnis der Bundesregierung die verschiedenen möglichen Ver-
tragspartner gesetzlich gleichgestellt, etwa wenn es um eine Streitschlich-
tung geht?
Falls nein, wer sind die Bevorteilten, und wer sind die benachteiligten Or-
ganisationen?

Transparenz über die Verträge
13. Welche Informationen zu den Verträgen nach § 73b SGB V liegen der Bun-

desregierung vor hinsichtlich der Frage, welche Kasse mit welchen Leis-
tungserbringern Verträge geschlossen hat, und welches Umsatzvolumen
durch die einzelnen Verträge pro Jahr generiert wird?

14. Welchen Handlungsbedarf sieht die Bundesregierung angesichts der Ein-
schätzung der Verbraucherzentrale Bundesverband, der zufolge in der Pra-
xis der HzV-Angebote „mit dem Hinweis auf Wettbewerb und Vertrags-
geheimnis eine weitgehend intransparente Zone in der gesetzlichen Kran-
kenversicherung geschaffen“ wurde (www.vzbv.de/meldung/wettbewerb-
im-gesundheitswesen)?

15. Welche näheren bzw. präzisierenden Bestimmungen existieren zur Umset-
zung von § 73b Absatz 6 SGB V, demzufolge die Krankenkassen „ihre Ver-
sicherten in geeigneter Weise umfassend über Inhalt und Ziele der haus-
arztzentrierten Versorgung sowie über die jeweils wohnortnah teilnehmen-
den Hausärzte zu informieren“ haben?
Wer bzw. welche Institution kontrolliert in welcher Weise (Gesamtkontrolle
oder Stichprobenprüfung) die Einhaltung der genannten Rechtsvorschrift?
Wo und wem werden die Prüfungsergebnisse zugänglich gemacht?

16. Wie ist es den Versicherten nach Kenntnis der Bundesregierung möglich,
Kenntnis von den genauen Inhalten der abgeschlossenen HzV-Verträge un-
terschiedlicher Krankenkassen zu erhalten, um sie gegebenenfalls für die
Wahl einer bestimmten Krankenkasse heranzuziehen?

17. Auf welche Inhalte der HzV-Verträge haben die Versicherten trotz Nach-
frage bei derKrankenkasse oder Arztpraxis keinen Zugriff?
Erachtet die Bundesregierung etwa die vereinbarte Vergütungsstruktur für
die Hausärztinnen und Hausärzte als relevant für die Versicherten?

18. Ist nach Ansicht der Bundesregierung sichergestellt, dass alle für die Versi-
cherten möglicherweise relevanten Informationen über HzV-Verträge für
die Versicherten einsehbar sind und sie eine informierte Entscheidung tref-
fen können?

19. Inwiefern hält die Bundesregierung Daten zur Ergebnisqualität in der Ver-
sorgung mit HzV für entscheidungsrelevant (etwa Komplikationsraten,
Krankenhauseinweisungen, Morbiditätsentwicklung etc. jeweils im Ver-
gleich zu Versicherten, die nicht in der HzV eingeschrieben sind), und sind
diese Daten für die Versicherten einsehbar
a) vor der Teilnahme an der HzV (ohne Wechsel der Krankenkasse),
b) bzw. vor dem Wechsel in die Krankenkasse?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/5021
20. Inwiefern hält die Bundesregierung die Strukturen, die Durchführung und
die Ergebnisse der Qualitätssicherung innerhalb der HzV-Verträge für ent-
scheidungsrelevant, und sind diese Daten für die Versicherten einsehbar
a) vor der Teilnahme an der HzV (ohne Wechsel der Krankenkasse),
b) bzw. vor dem Wechsel in die Krankenkasse?

21. Hält die Bundesregierung die Anreize und Vorgaben für rationales und wirt-
schaftliches Verordnen von Arzneimitteln für entscheidungsrelevant, und
sind die Daten zum Verordnungsverhalten vor Abschluss der Versicherung
für die Versicherten einsehbar?

22. Hält die Bundesregierung die einzelnen Leistungsbestandteile der HzV für
entscheidungsrelevant, und sind diese Daten für die Versicherten vor Ab-
schluss der Versicherung einsehbar?

23. Hält die Bundesregierung die Daten zur Wirtschaftlichkeit von HzV für ent-
scheidungsrelevant, und sind diese Daten für die Versicherten einsehbar?

24. Welche Kriterien prüft das Bundesversicherungsamt (BVA) bei HzV-Verträ-
gen, und welche Ergebnisse der Prüfung sind für die Öffentlichkeit zugäng-
lich?

25. Inwiefern hält die Bundesregierung Honoraranreize in der Versorgung mit
HzV für entscheidungsrelevant, und sind diese Daten immer einsehbar für
die Versicherten?
Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung unabhängige Informationen
oder Untersuchungen über die Wirkung der Honoraranreize auf die Versor-
gung?

26. Welche Abrechnungsverfahren werden nach Kenntnis der Bundesregierung
für die Honorarabrechnung bei der HzV verwendet, und worin unterschie-
den sich diese von der Abrechnung im KV-System?
Über welche Dienstleister werden die Abrechnungen abgewickelt?
Gibt es hier eine Marktkonzentration oder personelle Verflechtungen mit
den Vertragspartnern der HzV-Verträge?
Sieht die Bundesregierung hier Potential für Effizienzsteigerungen oder
Kostensenkungen?

27. Welche datenschutzrechtlichen Regelungen existieren für die Weitergabe
von Sozial- und Gesundheitsdaten in der HzV-Versorgung, und worin unter-
scheiden sich diese von den Regelungen im Kollektivvertrag?

28. Werden die Versicherten nach Kenntnis der Bundesregierung umfänglich
über die Weitergabe ihrer Daten an Dritte, z. B. für Abrechnungszwecke,
informiert?

29. Wissen die behandelnden Ärztinnen und Ärzte nach Kenntnis der Bundes-
regierung in jedem Fall, welche Patientendaten an wen weitergegeben wer-
den, bzw. haben sie vollumfänglichen Einfluss darauf, welche Daten weiter-
gegeben werden?

30. Wie viel kostet nach Kenntnis der Bundesregierung die Vertragsabwicklung
der HzV-Verträge (bitte insgesamt, je Vertrag und pro Versicherten bzw.
Versicherter aufgliedern sowie als Anteil am Umsatz angeben)?
Wie stellen sich die Kosten der Vertragsabwicklung und die Verwaltungs-
kosten nach Kenntnis der Bundesregierung im Vergleich zu den entspre-
chenden Parametern im Kollektivvertragssystem dar?

31. Wie gehen die Kosten für die Vertragsabwicklung in die Wirtschaftlich-
keitsprüfung der HzV-Verträge vonseiten des BVA ein?

Drucksache 18/5021 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
32. Wer ist nach Ansicht der Bundesregierung zuständig für die Bereitstellung
einer Übersicht über die Inhalte bestehender HzV-Verträge als Mindestvor-
aussetzung informierter Entscheidungen durch die Versicherten?
Welche Position hat die Bundesregierung zur Einrichtung eines bundesein-
heitlichen Registers als unabdingbare Mindestvoraussetzung angemessener
Transparenz über die HzV-Verträge?

33. Welche Schritte hat die Bundesregierung unternommen, um im Interesse der
Überblicksinformation „der Versicherten und Patienten, eine Art ‚Beipack-
zettel‘ für Selektivverträge zu entwickeln“ (http://library.fes.de/pdf-files/
wiso/07935.pdf)?
Wie steht die Bundesregierung zu dem Erfordernis, dass Versicherte „die
Möglichkeit haben [sollten], sich z. B. durch eine Einrichtung ihrer Wahl,
etwa […] die unabhängige Patientenberatung, über die Implikationen be-
stimmter Verträge beraten zu lassen“ (ebd.)?

Vertrieb bzw. Akquisition der Versicherten bzw. Patientinnen und Patienten für
die Teilnahme an der HzV
34. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Art und Weise der Ge-

winnung der Versicherten für die Teilnahme an der HzV (wie viele werden
durch die Ansprache von Ärztinnen und Ärzten, und wie viele werden vor
allem durch die Ansprache der Krankenkassen geworben)?

35. Sieht die Bundesregierung bei den Ärztinnen und Ärzten, die Versicherte für
die Teilnahme an der HzV gewinnen wollen, einen Interessenkonflikt zwi-
schen einer möglicherweise höheren bzw. attraktiveren Vergütung im Falle
einer erfolgreichen Akquisition einerseits (wie beispielsweise im Evalua-
tionsbericht zum HzV-Vertrag der AOK in Baden-Württemberg beschrie-
ben, vgl. Vorbemerkung der Fragesteller) und möglichst umfassender Auf-
klärung der Patientinnen und Patienten andererseits?

36. Wie ist die Rechtslage bezüglich der Pflichten der Ärztinnen und Ärzte, die
Versicherte für die Teilnahme an der HzV zu gewinnen versuchen?
Welche Mindestinformationspflichten bestehen bezüglich der Vertragsin-
halte, bezüglich der Rechtsfolgen für die Versicherten, bezüglich der Kon-
sequenzen für die Versorgung, den Stand des wissenschaftlich nachgewie-
senen Nutzens und bezüglich ggf. bestehender Nachteile für die Patientin-
nen und Patienten?
Sind die Ärztinnen und Ärzte auf unabhängige Beratungsangebote hinzu-
weisen, beispielsweise auf die Verbraucherzentralen oder die Unabhängige
Patientenberatung Deutschland?

37. Welche Rückschlüsse zieht die Bundesregierung aus den in der Vorbemer-
kung der Fragesteller zitierten Äußerungen von Hausärzten oder Hausärz-
tinnen über ihre Art und Weise der Gewinnung von Versicherten zur Teil-
nahme an der HzV?

38. Inwiefern kann die Bundesregierung ausschließen, dass Patientinnen bzw.
Patienten mit dringendem medizinischem Versorgungsbedarf, die aber nicht
in einen HzV-Vertrag eingeschrieben sind, gegenüber Patientinnen bzw. Pa-
tienten mit im Vergleich dazu attraktiveren Vergütungen im HzV-Vertrag
benachteiligt werden, insbesondere unter besonderer Berücksichtigung der
Terminvergabe beim Hausarzt und seiner Lotsenfunktion gegenüber den
Fachärzten?

39. Wer kontrolliert nach Kenntnis der Bundesregierung die Art und Weise, wie
Ärztinnen und Ärzte Versicherte bzw. Patientinnen und Patienten für die
Teilnahme an der HzV zu gewinnen versuchen?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/5021
Kontrolle der Qualität der Leistungserbringung medizinischer Versorgung
40. Auf welcher Rechtsgrundlage und durch welche Akteure werden die per-

sönliche fachliche Qualifikation, sächliche Ausstattung und die Erbringung
der Leistungen der ambulant-medizinischen Versorgung im System des
Kollektivvertrages kontrolliert und ggf. korrigiert?
Welche Sanktionsinstrumente stehen dabei zur Verfügung?

41. Wie schätzt die Bundesregierung die fachlichen und materiellen Ressourcen
dieser kontrollierenden Institutionen ein?
Wie bewertet die Bundesregierung die Wirksamkeit dieser Institutionen hin-
sichtlich der Kontrolle und Einhaltung der Qualität der ambulant-medizini-
schen Versorgung?

42. Auf welcher Rechtsgrundlage und durch welche Akteure werden die per-
sönliche fachliche Qualifikation, sächliche Ausstattung und die Erbringung
der Leistungen der ambulant-medizinischen Versorgung im Rahmen der
HzV kontrolliert und ggf. korrigiert?
Welche Sanktionsinstrumente stehen dafür zur Verfügung?
Fallen alle Kosten für die Durchführung dieser Überprüfungen bei den Ver-
tragspartnern der HzV an?

43. Wie schätzt die Bundesregierung die fachlichen und materiellen Ressourcen
dieser kontrollierenden Institutionen ein?
Wie bewertet die Bundesregierung die Wirksamkeit dieser Institutionen hin-
sichtlich der Kontrolle und Einhaltung der Qualität der ambulant-medizini-
schen Versorgung im Rahmen der HzV?
Welchen Handlungsbedarf sieht die Bundesregierung hier (bitte begrün-
den)?

44. Inwieweit ist nach Kenntnis der Bundesregierung gesichert, dass Versi-
cherte in einer HzV qualitativ besser versorgt sind als Menschen, die über
den Kollektivvertrag versorgt werden?

45. Nach welchen Kriterien werden die HzV-Verträge evaluiert, und inwiefern
lässt sich insbesondere aus diesen Evaluationen ableiten, dass für die Pa-
tientinnen und Patienten ein Zusatznutzen (Morbidität, Mortalität, Lebens-
qualität) besteht?

46. Ist der Bundesregierung bekannt, ob es bereits Untersuchungen zu Unter-
schieden der Qualität der Leistungserbringungen im System der kollektiv-
vertraglichen ambulanten Versorgung im Vergleich zur HzV gegeben hat?
Falls ja, wurden diese Untersuchungen unabhängig von den HzV-Vertrags-
partnern durchgeführt, und zu welchen Ergebnissen haben diese Untersu-
chungen geführt?
Welchen Handlungsbedarf sieht die Bundesregierung auf diesem Gebiet
(bitte begründen)?

Kostensenkungen, (Re-)Finanzierung von Mehrausgaben, Folgen der HzV für
die Qualität der Versorgung
47. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung von wissenschaftlichen Untersu-

chungen zur Frage, in welcher Höhe im Rahmen der HzV im Vergleich zur
kollektivvertraglichen Versorgung Kosten eingespart wurden bzw. werden,
und auf welchen Feldern diese Kosten eingespart werden konnten?
Wie viele und welche dieser Studien wurden finanziell vollständig unabhän-
gig von den Kostenträgern und Leistungserbringern erstellt?

Drucksache 18/5021 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
48. Wie viele und welche der HzV-Verträge wurden nach Kenntnis der Bundes-
regierung wissenschaftlich auf die Folgen für die Qualität der Versorgung
hin untersucht (bitte aufschlüsseln nach Bundesland bzw. KV-Bezirk, Jahr,
Krankenkasse(n), Anzahl der Versicherten im jeweiligen Vertrag, welche
der Evaluationen im Auftrag der Vertragspartner der HzV und welche voll-
ständig unabhängig von der Finanzierung durch Kostenträger und Leis-
tungserbringer vorgenommen wurden)?
Welche patientenrelevanten Ergebnisse erbrachten ggf. diese Untersuchun-
gen?

49. Welchen Einfluss haben bzw. hatten gesetzliche Vorgaben zur Wirtschaft-
lichkeit der HzV auf die Gesamtausgaben, und welche Rückschlüsse zieht
die Bundesregierung daraus?

50. Wie unterscheiden sich grundsätzlich die Vergütungssysteme für Ärztinnen
und Ärzte im Kollektivvertrag und der in der HzV nach Kenntnis der Bun-
desregierung?

51. Welche unterschiedlichen Vergütungssysteme bei den verschiedenen HzV-
Verträgen sind der Bundesregierung bekannt?
Sind der Bundesregierung Vergütungsvereinbarungen bekannt, von denen
sie politisch unerwünschte Anreize für teilnehmende Ärztinnen und Ärzte
befürchtet?
Welche Anreize bestehen nach Ansicht der Bundesregierung insbesondere
bei Pauschalvergütungen unabhängig von einem Kontakt zu Versicherten?

52. Inwiefern unterscheidet sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Hono-
rarhöhe für Hausärztinnen und Hausärzte in der HzV von der im Kollektiv-
vertrag?
Wie hat sich der Differenzbetrag seit Bestehen der HzV verändert?
In welcher Höhe bewegen sich die Mehr- oder Minderausgaben für die
GKV insgesamt?

53. In wie vielen Verträgen wurde eine Honorierung zusätzlich zur normalen
kollektivvertraglichen Honorierung vereinbart, und bei wie vielen Verträ-
gen wurde die herkömmliche Honorierung der Ärztinnen und Ärzte kom-
plett ersetzt?

54. Inwiefern stimmt die Bundesregierung der Aussage zu, dass neue Versor-
gungskonzepte vorwiegend in Selektivverträgen, auch in der HzV, Anwen-
dung finden und dies zu einem Innovationsstau im Kollektivvertrag führt?

Entwicklung des Leistungsangebots der Regelversorgung
55. Ist für die HzV-Leistungen, die nicht Teil des Regelkatalogs in der ambulan-

ten kollektivvertraglichen Versorgung sind, gesichert, dass sie einen Nutzen
für die Patienten haben?
Wenn nein, sieht die Bundesregierung ein rechtliches Problem darin, dass
Zwangsbeiträge der Krankenkassen für Leistungen außerhalb des Leis-
tungskatalogs ausgegeben werden, für die kein Nutzenbeleg vorliegt?

56. In welchen Verträgen zur HzV werden nach Kenntnis der Bundesregierung
nicht zugelassene Leistungserbringer an der ambulanten Versorgung betei-
ligt (bitte nach Krankenkasse und Bundesland aufschlüsseln, und bitte ver-
merken, in welchen Fällen der regionale Bedarf nicht bzw. nicht vollständig
von den zugelassenen Leistungserbringern gedeckt werden kann)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/5021
57. Inwiefern stimmt die Bundesregierung der Aussage zu, dass Maßnahmen,
für die ein gesundheitsrelevanter Nutzen (Morbidität, Mortalität, Lebens-
qualität) für die Versicherten nachweisbar ist, grundsätzlich in die Regelver-
sorgung der GKV gehören?

58. Bis wann wird die Bundesregierung welche Schritte unternehmen, um dafür
zu sorgen, dass im Rahmen von HzV-Verträgen entwickelte neue Versor-
gungskonzepte oder Leistungsbestandteile, deren Nutzen für die Versor-
gung der Versicherten wissenschaftlich nachgewiesen wurde, in die Regel-
versorgung überführt werden?

Berlin, den 20. Mai 2015

Dr. Gregor Gysi und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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