BT-Drucksache 18/4963

zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen CDU/CSU, SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 18/2737 - Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (9. BVerfGGÄndG)

Vom 20. Mai 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/4963
18. Wahlperiode 20.05.2015

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (6. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen CDU/CSU, SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 18/2737 –

Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Änderung des
Bundesverfassungsgerichtsgesetzes
(9. BVerfGGÄndG)

A. Problem
Artikel 94 des Grundgesetzes schreibt vor, dass die Mitglieder des Bundesverfas-
sungsgerichts je zur Hälfte vom Deutschen Bundestag und vom Bundesrat ge-
wählt werden. Im Unterschied zum Bundesrat wählt der Deutsche Bundestag die
von ihm zu berufenden Richterinnen und Richter nicht unmittelbar, sondern in
indirekter Wahl durch einen Wahlausschuss, der aus zwölf Mitgliedern des Deut-
schen Bundestages besteht. Verfassungspolitisch erscheint die Wahl durch das
Plenum des Deutschen Bundestages vorzugswürdig. Mit dem Gesetzentwurf soll
die Wahl dem Plenum des Deutschen Bundestages übertragen werden.

B. Lösung
Einstimmige Annahme des Gesetzentwurfs in unveränderter Fassung.

C. Alternativen
Keine.

D. Weitere Kosten
Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Drucksache 18/4963 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/2737 unverändert anzunehmen.

Berlin, den 20. Mai 2015

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz

Renate Künast
Vorsitzende und Berichterstatterin

Dr. Stephan Harbarth
Berichterstatter

Dr. Matthias Bartke
Berichterstatter

Halina Wawzyniak
Berichterstatterin

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4963
Bericht der Abgeordneten Dr. Stephan Harbarth, Dr. Matthias Bartke und Halina
Wawzyniak und Renate Künast

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache 18/2737 in seiner 57. Sitzung am 9. Oktober 2014
beraten und an den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz zur federführenden Beratung und an den Innen-
ausschuss zur Mitberatung überwiesen.

II. Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses

Der Innenausschuss hat die Vorlage auf Drucksache 18/2737 in seiner 47. Sitzung am 20. Mai 2015 beraten und
empfiehlt einstimmig die Annahme des Gesetzentwurfs.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat die Vorlage in seiner 55. Sitzung am 20. Mai 2015 beraten
und empfiehlt einstimmig, den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/2737 unverändert anzunehmen.
Im Verlauf der Ausschussberatungen begrüßte die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dass künftig Richte-
rinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichtes durch das Plenum des Deutschen Bundestages gewählt wer-
den sollen. Dies zeige die Wertschätzung gegenüber dem Gericht. An allen obersten Gerichten gebe es noch eine
Unterrepräsentanz von Frauen. Mit ihrem Änderungsantrag solle eine Zielvorgabe für eine Mindestquote an weib-
lichen Mitgliedern in beiden Senaten des Bundesverfassungsgerichtes mit einer großzügigen Übergangsfrist ge-
macht werden. Auch im Falle einer Ablehnung des Änderungsantrages werde die Frage der Unterrepräsentanz
von Frauen an obersten Gerichten den Ausschuss noch beschäftigen. Ferner ziele der Änderungsantrag darauf,
das bisher angewandte Höchstzahlverfahren nach d`Hondt für die Zusammensetzung des Wahlausschusses durch
das Verfahren der mathematischen Proportionen (St. Laguë/Schepers) abzulösen, das inzwischen in allen anderen
Bereichen angewandt werde.
Die Fraktion der SPD begrüßte die gemeinsame Einbringung des Gesetzentwurfes durch alle Fraktionen und
wies darauf hin, dass § 6 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes seit 1951 existiere und stets umstritten gewesen
sei. Dieser Streit werde jetzt beendet, da eine zentrale Aufgabe des Deutschen Bundestages nicht mehr an den
Wahlausschuss delegiert werde. Die Wahl durch den Wahlausschuss sei mit Artikel 94 des Grundgesetzes nur
schwer in Einklang zu bringen. Für den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hinsichtlich
einer Frauenquote habe sie zwar Sympathien, allerdings sei nicht nachvollziehbar, warum mit Blick auf die Un-
terrepräsentanz von Frauen in anderen obersten Gerichten eine Regelung ausschließlich für das Bundesverfas-
sungsgericht geschaffen werden solle. Die Frage bedürfe einer grundsätzlichen Befassung und könne nicht in
einem Schnellschussverfahren gelöst werden. Daher werde sie den Änderungsantrag ablehnen.
Die Fraktion der CDU/CSU betonte, dass die Wahl der Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerich-
tes auf eine unangreifbare verfassungsrechtliche Basis gestellt würde. Vor dem Hintergrund des Wortlauts des
Grundgesetzes gebe es Zweifel, ob das bisherige Verfahren verfassungskonform war. Sie kündigte an, den Ände-
rungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abzulehnen. Jedes Sitzzuteilungsverfahren habe seine
Vorzüge und Nachteile. Es bestehe keine Notwendigkeit, vom derzeitigen Verfahren abzuweichen. Im Rahmen
der Richterwahlen sei an allen obersten Gerichten darauf zu achten, den Frauenanteil zu erhöhen. Es bedürfe
hierzu keiner Quote.

Drucksache 18/4963 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Im Verlauf der Beratungen hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den folgenden Änderungsantrag in den
Ausschuss für Recht- und Verbraucherschutz eingebracht:
Der Ausschuss wolle beschließen:
Artikel 1 wird wie folgt gefasst:
„Artikel 1
Das Bundesverfassungsgerichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl. I S.
1473), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 29. August 2013 (BGBl. I S. 3463) geändert worden ist, wird
wie folgt geändert:
1. In § 2 wird folgender Absatz angefügt:
„(4) In jeden Senat müssen mindesten drei Frauen gewählt werden.“
2. § 6 wird wie folgt geändert:
a) Absatz 1 wird wie folgt gefasst:
„(1) Die vom Bundestag zu berufenden Richter werden auf Vorschlag des Wahlausschusses nach Absatz 2 ohne
Aussprache mit verdeckten Stimmzetteln gewählt. Zum Richter ist gewählt, wer eine Mehrheit von zwei Dritteln
der abgegebenen Stimmen, mindestens die Mehrheit der Stimmen der Mitglieder des Bundestages auf sich verei-
nigt.“
b) In Absatz 2 Satz 3 werden die Wörter „Höchstzahlverfahren (d´Hondt)“ durch die Wörter „Verfahren
der mathematischen Proportionen (St. Laguë/Schepers)“ ersetzt.
c) In Absatz 3 werden die Wörter „zur Durchführung der Wahl“ durch das Wort „ein“ und die Wörter
„alle Richter gewählt sind“ durch die Wörter „Vorschläge über alle zu wählenden Richter beschlossen sind“
ersetzt.
d) Absatz 5 wird wie folgt gefasst:
„(5) Ein Wahlvorschlag wird mit mindestens acht Stimmen der Mitglieder des Wahlausschusses beschlossen.“
3. Nach § 105 wird folgender § 105a eingefügt:
㤠105a
Die Vorgabe des § 2 Absatz 4 ist für den Ersten Senat bis zum 31. Dezember 2018 zu erreichen.“
Begründung
Nummer 2 Buchstaben a, c und d entsprechen dem gemeinsamen Vorschlag aller Fraktionen zur Änderung des
BVerfGG. In zwei Punkten sieht der vorliegende Antrag Ergänzungen vor:
1. Ergänzung (Nummern 1 und 3 des Änderungsantrags)
Im Bundesverfassungsgericht sind Frauen immer noch deutlich unterrepräsentiert.
Im Zweiten Senat gibt es derzeit drei und im Ersten Senat nur zwei Frauen. Auch Rückschritte sind bisher nicht
ausgeschlossen. Es ist daher an der Zeit durch eine Mindestquote (siehe § 2 Abs. 4 BVerfGG; Art. 1 Nr. 1 im
Änderungsantrag) eine Vorgabe zu machen, die für den Ersten Senat zu einer besseren Gleichbehandlung von
Frauen führen wird und für den Zweiten das Erreichte zumindest absichert. Der Sache nach bedeutet die Rege-
lung eine Mindest-Quote von ca. 40% für das Gericht. Diese Regelung ist verfassungsgemäß, weil sie der Errei-
chung der Ziele des Art. 3 Abs. 2 Satz 2 dient (siehe im Übrigen zur Begründung bereits BT-Drs. 16/9628).
Durch § 105a Abs. 1 BVerfGG-neu (Nr. 3 im Änderungsantrag) wird dabei gesichert, dass genügend Zeit zur
Erreichung des gesetzten Mindestziels bleibt.
2. Ergänzung (Nummer 2 des Änderungsantrags)
Die Änderungsvorschläge a, c und d zu § 6 BVerfGG entsprechen dem gemeinsamen Vorschlag aller Fraktionen
zur Änderung des BVerfGG aus Bundestagsdrucksache 18/2737.
Änderungsvorschlag b zu § 6 BVerfGG sieht ein anderes Zählverfahren für den Wahlausschuss vor. Der Bundes-
tag hat sich längst von einer Berechnung nach dem Höchstzahlverfahren nach d`Hondt gelöst. Grund hierfür ist,
dass dieses Verfahren die kleineren Fraktionen im Parlament unangemessen benachteiligt. Aus Sicht der antrag-
stellenden Fraktion müsste es daher eigentlich eine Selbstverständlichkeit für die großen Fraktionen sein, dieses
Verfahren auch in § 6 BVerfGG durch eine angemessenere Regelung zu ersetzen (vgl. zur Kritik an der bisherigen
Lage auch Umbach/Clemens/Dollinger, § 6 BVerfGG, Rdnr. 12).

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/4963
Die Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wurde nach Antrag
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Teilung der Frage geteilt. Nr. 1 und Nr. 3 des Änderungsantrags
wurden mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt. Ebenso wurde Nr. 2 des Änderungsantrags mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

Berlin, den 20. Mai 2015

Dr. Stephan Harbarth
Berichterstatter

Dr. Matthias Bartke
Berichterstatter

Halina Wawzyniak
Berichterstatterin

Renate Künast
Berichterstatterin
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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