BT-Drucksache 18/4643

Ergänzende Informationen zur Asylstatistik für das erste Quartal 2015

Vom 14. April 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/4643
18. Wahlperiode 14.04.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Sevim Dağdelen, Petra Pau,
Harald Petzold (Havelland), Dr. Petra Sitte, Kersten Steinke, Frank Tempel,
Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Ergänzende Informationen zur Asylstatistik für das erste Quartal 2015

Die von der Fraktion DIE LINKE. regelmäßig erfragten Informationen zur Asyl-
statistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) beleuchten
ausgewählte Aspekte, die in der medialen Berichterstattung wenig Beachtung
finden. So ist es kaum bekannt, dass die Anerkennungsquote bei inhaltlichen
Asylentscheidungen weitaus höher liegt, als die offiziellen Zahlen vermuten las-
sen (vgl. hierzu und zum Folgenden Bundestagsdrucksache 18/3850). Die so
genannte bereinigte Schutzquote, bei der formelle Entscheidungen unberück-
sichtigt bleiben, lag im Jahr 2014 bei 48,5 Prozent – und das, obwohl Flücht-
linge, z. B. aus Serbien, Bosnien oder Mazedonien, zu nahezu 100 Prozent
abgelehnt wurden. Hinzu kommen noch Anerkennungen durch die Gerichte: Im
Jahr 2014 erwiesen sich mehr als 10 Prozent aller Klagen gegen ablehnende
Asylbescheide als begründet, 22,8 Prozent wurden abgelehnt, zwei Drittel der
Gerichtsverfahren wurden aus unterschiedlichen Gründen eingestellt. Im Ergeb-
nis führte somit weit mehr als jeder zweite inhaltlich geprüfte Asylantrag zu ei-
nem Schutzstatus in Deutschland.
Bei einem Fünftel aller Asylsuchenden stellte das BAMF im Jahr 2014 ein
Rückübernahmeersuchen nach der Dublin-Verordnung der Europäischen Union
(EU). Im Jahr 2013 lag dieser Anteil noch bei einem Drittel; die Bundesregie-
rung erklärt den Rückgang damit, dass die zum 1. Januar 2014 geänderte Ver-
ordnung auf Fälle, in denen in anderen Mitgliedstaaten ein Status gewährt wurde
(2 511 Fälle), nicht mehr anwendbar sei (a. a. O., Antwort der Bundesregierung
zu Frage 5h). Die Zahl der Flüchtlinge nimmt zu, deren Schutzbedürftigkeit im
EU-Asylsystem zwar festgestellt wurde, die aber faktisch rechtlos sind, weil sie
sich – zumeist aus guten Gründen – nicht im formal zuständigen Mitgliedstaat
aufhalten. Selbst der Präsident des BAMF, Dr. Manfred Schmidt, erklärte: „Das
Schlimmste, was ihnen heute passieren könnte, wäre, anerkannter Flüchtling in
Italien zu werden“, da dort „selbst Familien mit Kleinkindern unter Brücken
schlafen“ müssten (Fränkische Landeszeitung vom 20. Januar 2015).
Die Zahl der Asylsuchenden, die über Griechenland nach Deutschland einreisen,
ist seit dem im Jahr 2011 verhängten Überstellungsstopp wegen der dortigen er-
heblichen Mängel im Asylsystem über Jahre weitgehend stabil geblieben, im
Jahr 2014 brach die Zahl jedoch um 60 Prozent auf nur noch 1 519 Personen ein
(Vorjahr: 3 879 Personen). Der zuvor beschworene „Pull-Effekt“ durch die Aus-
setzung von Überstellungen nach Griechenland ist somit nicht eingetreten, of-
fenbar erschweren Binnen-Grenzsicherungsmaßnahmen die Weiterflucht in an-
dere Länder der EU bzw. haben sich Fluchtrouten, z. B. auf die gefährliche Mit-
telmeerroute, verlagert.

Drucksache 18/4643 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Übernahmeersuchen wurden im Jahr 2014 vor allem an Italien gerichtet
(25,9 Prozent), danach folgten Bulgarien (12,5 Prozent) und Ungarn
(11,1 Prozent); syrische Flüchtlinge stellen dabei mit 15,1 Prozent die größte
Betroffenengruppe. Den insgesamt 35 115 Ersuchen im Jahr 2014 standen nur
4 772 tatsächliche Überstellungen gegenüber, das sind gerade einmal
13,6 Prozent, gemessen an den Zustimmungen der anderen EU-Staaten zur
Rückübernahme (27 157) betrug die so genannte Überstellungsquote
17,6 Prozent (Italien: 9,7 Prozent). Viele Betroffene wehren sich erfolgreich auf
gerichtlichem Wege gegen eine Überstellung – wegen erheblicher Mängel in den
Asylsystemen anderer Mitgliedstaaten oder aufgrund individueller Besonder-
heiten –, oder aber sie tauchen im Zweifelsfall lieber unter, als dass sie gegen
ihren Willen in ein Land überstellt werden, in dem sie ein unfaires Asylverfah-
ren, unwürdige Lebensbedingungen, Obdachlosigkeit oder eine Inhaftierung
fürchten. Das Dublin-System produziert somit eine große Zahl von illegalisier-
ten Flüchtlingen und erreicht nicht sein vorgebliches Ziel, allen Asylsuchenden
in der EU ein faires Asylverfahren zu bieten. Innerhalb des BAMF werden für
Dublin-Verfahren zunehmend Personalressourcen gebunden, die weitaus sinn-
voller in der regulären Asylprüfung eingesetzt werden könnten. Eine reale Ver-
teilungswirkung ist mit dem Dublin-System für Deutschland kaum verbunden:
Obwohl die rechtlich und tatsächlich immer komplexeren Dublin-Verfahren das
BAMF und die Gerichte zunehmend beschäftigen, reduzierte sich die Zahl der
Asylsuchenden in Deutschland durch Dublin-Überstellungen im Jahr 2014 im
Saldo um gerade einmal 2 500 Personen – 1 Prozent der etwa 200 000 Asyl-
anträge im selben Jahr.
Eine Möglichkeit zur Einsparung von Arbeitskapazitäten im BAMF wäre der
Verzicht auf massenhafte Widerrufsverfahren – in der EU sieht nur Deutschland
obligatorische Widerrufsprüfungen drei Jahre nach der Anerkennung ohne kon-
kreten Anlass vor. Im Jahr 2014 kam es bei 16 061 Prüfverfahren nur in jedem
20. Fall zu einer Aberkennung eines Flüchtlingsstatus, wobei diese Widerrufe
bei einer gerichtlichen Überprüfung nur zu einem Drittel Bestand hatten. Für die
Betroffenen – politisch verfolgte und häufig traumatisierte Flüchtlinge – sind die
Verfahren dennoch sehr belastend.
Ein behördliches Asylverfahren in Deutschland dauerte im Jahr 2014 im Durch-
schnitt 7,1 Monate. Bei bestimmten Herkunftsländern mit geringen Anerken-
nungsquoten ist die Verfahrensdauer infolge von Beschleunigungsmaßnahmen
deutlich kürzer. Umso länger dauern die Verfahren bei zahlreichen Flüchtlingen
mit guten Anerkennungschancen; im Jahr 2014 mussten Asylsuchende aus
Afghanistan, Pakistan und dem Iran 14 bis 16 Monate auf eine Behördenent-
scheidung warten. Werden Dublin-Verfahren, Folgeverfahren und priorisierte
Schnellverfahren nicht berücksichtigt, ergibt sich eine durchschnittliche Be-
arbeitungsdauer im regulären Asylverfahren von 13,1 Monaten.
Vom umstrittenen Asyl-Flughafenverfahren waren im Jahr 2014 643 Asyl-
suchende betroffen, unter ihnen 178 syrische und 96 afghanische Flüchtlinge so-
wie 18 unbegleitete Minderjährige. Im Ergebnis wurde 56 dieser Asylsuchenden
nach einer Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ die Einreise im Rechts-
sinne verweigert – wie viele von ihnen tatsächlich ausreisten oder abgeschoben
wurden oder in Deutschland verbleiben konnten, ist nicht bekannt.
31,8 Prozent aller Asylsuchenden in Deutschland im Jahr 2014 waren Kinder.
2,6 Prozent waren unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, bei denen die berei-
nigte Gesamtschutzquote zwischen 66,4 und 81,1 Prozent betrug. Ausgerechnet
die Asylverfahren unbegleiteter Minderjähriger dauerten im Jahr 2014 mit
durchschnittlich 10,4 Monaten besonders lange.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4643
Wir fragen die Bundesregierung:
1. a) Wie hoch war die Gesamtschutzquote (Anerkennungen nach Artikel 16a

des Grundgesetzes – GG –, nach § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes
– AufenthG –/in Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention – GFK–,
subsidiärer Schutz und Abschiebungshindernisse) in der Entscheidungs-
praxis des BAMF im ersten Quartal 2015, und wie lauten die Vergleichs-
werte des vorherigen Quartals (bitte in absoluten Zahlen und in Prozent
angeben und für die 15 wichtigsten Herkunftsländer gesondert darstellen,
bitte für jedes dieser Länder in relativen Zahlen angeben, wie viele Asyl-
suchende Schutz nach Artikel 16a GG, nach § 60 Absatz 1 AufenthG/
GFK, einen subsidiären Schutzstatus bzw. nationalen Abschiebungs-
schutz zugesprochen bekommen haben, bitte in einer weiteren Tabelle
nach Art der Anerkennung differenzieren: Asylberechtigung, internatio-
naler Flüchtlingsschutz, subsidiärer Schutz, nationale Abschiebungsver-
bote – bitte jeweils so differenziert wie möglich darstellen)?

b) Wie hoch war in den genannten Zeiträumen jeweils die „bereinigte Ge-
samtschutzquote“, d. h. die Quote der Anerkennungen bezogen auf tat-
sächlich inhaltliche und nicht rein formelle (Nicht-)Entscheidungen (bitte
wie in Frage 1a differenzieren)?

2. Wie viele der Anerkennungen nach Artikel 16a GG bzw. nach § 60 Absatz 1
AufenthG/GFK im ersten Quartal 2015 bzw. im vorherigen Quartal beruhten
auf staatlicher, nichtstaatlicher bzw. geschlechtsspezifischer Verfolgung
(bitte in absoluten und relativen Zahlen und noch einmal gesondert nach den
15 wichtigsten Herkunftsländern angeben)?

3. Wie viele Widerrufsverfahren wurden im ersten Quartal 2015 bzw. im vorhe-
rigen Quartal eingeleitet (bitte Gesamtzahlen angeben und nach den verschie-
denen Formen der Anerkennung und den 15 wichtigsten Herkunftsländern
differenzieren, zum Vergleich bitte auch die Werte des vorherigen Quartals
nennen), und wie viele Entscheidungen in Widerrufsverfahren mit welchem
Ergebnis gab es in diesen Zeiträumen (bitte Gesamtzahlen angeben und nach
den verschiedenen Formen der Anerkennung und den 15 wichtigsten Her-
kunftsländern differenzieren, bitte auch die jeweiligen Widerrufsquoten und
zum Vergleich die jeweiligen Werte des vorherigen Quartals nennen)?

4. Wie lang war die durchschnittliche Bearbeitungsdauer bis zu einer behördli-
chen Entscheidung im ersten Quartal 2015 bzw. im vorherigen Quartal, wie
lang war die durchschnittliche Bearbeitungsdauer bis zu einer rechtskräftigen
Entscheidung (d. h. inklusive eines Gerichtsverfahrens – hier gegebenenfalls
Angaben für das Jahr 2014 machen, soweit vorliegend), und wie lang war die
durchschnittliche Bearbeitungszeit bei Asylerstanträgen von unbegleiteten
Minderjährigen (bitte jeweils nach den 15 wichtigsten Herkunftsländern und
auch nach Erst- und Folgeanträgen differenzieren)?
a) Wie lang war in den genannten Zeiträumen die durchschnittliche Bearbei-

tungsdauer bis zu einer behördlichen Entscheidung in Dublin-Verfahren,
d. h. in den Fällen, in denen Ersuchen zur Übernahme nach der Dublin-
Verordnung gestellt wurden bzw. in Fällen, in denen festgestellt wurde,
dass ein Schutzstatus bereits in einem anderen Mitgliedstaat gewährt
wurde (bitte differenzieren und soweit möglich nach Zielländern auflis-
ten)?

b) Wie lang war in den genannten Zeiträumen die durchschnittliche Bearbei-
tungsdauer bis zu einer behördlichen Entscheidung in Asylverfahren, in
denen kein Ersuchen nach der Dublin-Verordnung gestellt wurde (bitte
nach den 15 wichtigsten Herkunftsländern differenzieren)?

Drucksache 18/4643 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
c) Wie lang war in den genannten Zeiträumen die durchschnittliche Bearbei-
tungsdauer bis zu einer behördlichen Entscheidung, wenn Dublin-Verfah-
ren, Folgeverfahren und die priorisierten Länder herausgerechnet werden
(bitte nach den zehn wichtigsten Herkunftsländern differenzieren)?

d) Wie lang war in den genannten Zeiträumen die durchschnittliche Bearbei-
tungsdauer in rein schriftlichen Verfahren zur beschleunigten Anerken-
nung von Asylsuchenden aus Ländern mit hohen Anerkennungschancen
(bitte nach Herkunftsländern differenzieren), und wieso sind angeblich
nicht einmal Einschätzungen fachkundiger Bediensteter zur Bearbei-
tungsdauer im schriftlichen Verfahren möglich (Bundestagsdrucksache
18/3850, Antwort zu Frage 4d), obwohl der Präsident des BAMF in der
„Fränkischen Landeszeitung“ vom 20. Januar 2015 („Asyl: Entscheidung
in elf Tagen“) erklären konnte, dass Asylanträge von syrischen Flüchtlin-
gen inzwischen innerhalb von elf Tagen entschieden würden (bitte ausfüh-
ren)?

e) Wie lang war in den genannten Zeiträumen durchschnittlich die Zeit bis
zur Anhörung der Asylsuchenden, wie lang die durchschnittliche Zeit
nach der Anhörung bis zur behördlichen Entscheidung (bitte nach den
15 wichtigsten Herkunftsländern differenzieren), und wie ist es zu erklä-
ren, dass die durchschnittliche Gesamtdauer der Verfahren deutlich länger
ist als die im Übrigen angegebene Durchschnittsdauer, wenn die Zeit-
räume bis zur Anhörung und von der Anhörung bis zur Entscheidung zu-
sammengerechnet werden (vgl. Bundestagsdrucksache 18/3850, Antwor-
ten zu den Fragen 4 und 4e: für das Jahr 2014 10,7 Monate gegenüber
7,1 Monaten)?

5. Wie viele Verfahren im Rahmen der Dublin-Verordnung wurden im ersten
Quartal 2015 eingeleitet (bitte in absoluten Zahlen und in Prozentzahlen die
Relation zu allen Asylerstanträgen sowie die Quote der auf EURODAC-Tref-
fern – EURODAC: europäische Datenbank zur Speicherung von Fingerab-
drücken – basierenden Dublin-Verfahren angeben und zum Vergleich die
Werte des vorherigen Quartals nennen), und wie viele VIS-Treffer bei Asyl-
suchenden gab es (bitte nach den fünf wichtigsten Ausstellungsländern der
Visa differenzieren)?
a) Welches waren in den benannten Zeiträumen die 15 am stärksten betrof-

fenen Herkunftsländer, und welches die 15 am stärksten angefragten Mit-
gliedstaaten der Europäischen Union (bitte in absoluten Werten und in
Prozentzahlen angeben sowie in jedem Fall die Zahlen zu Griechenland,
Zypern, Malta, Bulgarien und Ungarn nennen)?

b) Wie viele Dublin-Entscheidungen mit welchem Ergebnis (Zuständigkeit
eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union bzw. der Bundesre-
publik Deutschland, Selbsteintritt, humanitäre Fälle, Familienzusammen-
führung usw.) gab es in den benannten Zeiträumen (bitte bei der Zahl der
Selbsteintritte auch nach Mitgliedstaaten der Europäischen Union und den
jeweils fünf wichtigsten Herkunftsländern differenzieren), und womit ist
es zu erklären, dass die Zahl der Ablehnungen durch die Mitgliedstaaten
sich im Jahr 2014 gegenüber dem Vorjahr bei gleichbleibender Zahl der
Ersuchen mehr als verdoppelt hat?

c) Wie viele Überstellungen nach der Dublin-Verordnung wurden in den be-
nannten Zeiträumen vollzogen (bitte in absoluten Werten und in Prozent-
zahlen angeben und auch nach den 15 wichtigsten Herkunftsländern und
Mitgliedstaaten der Europäischen Union – in jedem Fall auch Griechen-
land, Ungarn, Bulgarien, Zypern und Malta – differenzieren), und wie
viele dieser Personen wurden unter Einschaltung des BAMF, aber ohne
Durchführung eines Asylverfahrens überstellt?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/4643
d) Wie viele Dublin-Verfahren wurden durch die Bundespolizei aufgrund bi-
lateraler Verwaltungsvereinbarungen eingeleitet, bzw. wie viele entspre-
chende Überstellungen wurden im fraglichen Zeitraum vollzogen?

e) Wie viele Asylanträge wurden in den genannten Zeiträumen mit der Be-
gründung einer Nichtzuständigkeit nach der Dublin-Verordnung abge-
lehnt oder eingestellt oder als unbeachtlich betrachtet, ohne dass ein Asyl-
verfahren mit inhaltlicher Prüfung durchgeführt wurde (bitte in absoluten
und relativen Zahlen angeben), und wie viele Asylanträge wurden als un-
zulässig erachtet, weil bereits in einem anderen Land ein Schutzstatus ge-
währt wurde (bitte in absoluten und relativen Zahlen angeben und weitere
Angaben zu den wichtigsten Ländern und den dort gewährten Schutzsta-
tus und die Staatsangehörigkeit der Betroffenen machen)?

f) In wie vielen Fällen wurde in den genannten Zeiträumen bei Asylsuchen-
den festgestellt, dass eigentlich Griechenland nach der Dublin-Verord-
nung zuständig wäre (bitte auch nach den zehn wichtigsten Herkunftslän-
dern differenziert angeben), und wie ist der entsprechende Rückgang im
Jahr 2014 gegenüber dem Vorjahr um 60 Prozent zu erklären (bitte ausfüh-
ren)?

g) Wie viele Übernahmeersuchen, Zustimmungen bzw. Überstellungen (bitte
differenzieren) im Rahmen des Dublin-Systems gab es in den genannten
Zeiträumen durch bzw. an Deutschland (bitte auch nach Ländern differen-
zieren und die jeweiligen Überstellungsquoten nennen)?

h) Wie ist die Erklärung der Bundesregierung zum deutlichen Rückgang des
Anteils der Dublin-Verfahren infolge der zum 1. Januar 2014 geänderten
Dublin-Verordnung (vgl. Antwort zu Frage 5h auf Bundestagsdrucksache
18/3850) damit zu vereinbaren, dass es im Jahr 2014 lediglich 2 511 Fälle
gab, in denen entsprechende Drittstaatenbescheide ausgestellt wurden, der
deutliche Rückgang damit nach Auffassung der Fragesteller also quantita-
tiv nicht erklärt werden kann und es noch wesentliche auch andere Gründe
geben muss (bitte ausführen), und wieso wurde den Fragestellerinnen und
Fragestellern in der Antwort zu Frage 5h beschieden „Weitere Erkennt-
nisse im Sinne der Frage liegen nicht vor“, obwohl nur wenig später in der
„Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 11. Februar 2015 („Die Zweifel
am Asylsystem wachsen“) berichtet wird, dass „nach Erkenntnissen der
Behörden […] nur gut 3 000 von ihnen [200 000 Asylsuchenden im Jahr
2014] in Deutschland erstmals den Boden der EU betreten“ haben – was
genau dem Frageinhalt nach dem Weg der Einreise von Asylsuchenden
entsprach –, und wie lautet also die Antwort auf die Frage, warum es ver-
gleichsweise nur so wenige Dublin-Verfahren gibt, obwohl Deutschland
im Grundsatz nach den Regeln der Dublin-Verordnung für etwa 98 Pro-
zent der Asylsuchenden, die nicht über Deutschland in die EU eingereist
sind, ein Übernahmeersuchen stellen müsste (bitte ausführen)?

6. Wie viele Asylanträge wurden im ersten Quartal 2015 (bitte zum Vergleich
auch die Werte des vorherigen Quartals nennen) nach § 14a Absatz 2 des
Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) von Amts wegen für hier geborene (oder
eingereiste) Kinder von Asylsuchenden gestellt, wie viele Asylanträge wur-
den in den genannten Zeiträumen von Kindern bzw. für Kinder unter 16 Jah-
ren bzw. von Jugendlichen zwischen 16 und 18 Jahren bzw. von unbegleite-
ten minderjährigen Flüchtlingen gestellt (bitte jeweils in absoluten Zahlen
und in Prozentzahlen in Relation zur Gesamtzahl der Asylanträge sowie die
Gesamtzahl der Anträge unter 18-Jähriger und sich überschneidende Teil-
mengen angeben), und wie hoch waren die jeweiligen (auch bereinigten)
Gesamtschutzquoten für die genannten Gruppen?

Drucksache 18/4643 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
7. Wie viele unbegleitete Minderjährige (d. h. unter 18-Jährige) haben im ers-
ten Quartal 2015 bzw. im vorherigen Quartal einen Asylerstantrag gestellt
(bitte nach den wichtigsten Herkunftsländern und Bundesländern aufglie-
dern), und wie hoch war die Gesamtschutzquote bei unbegleiteten Minder-
jährigen im genannten Zeitraum (bitte nach verschiedenen Schutzstatus und
wichtigsten Herkunftsländern differenzieren)?

8. Wie viele unbegleitete Minderjährige wurden im ersten Quartal 2015 an
welchen Grenzen durch die Bundespolizei aufgegriffen, wie viele von ihnen
wurden an die Jugendämter übergeben, und wie viele von ihnen wurden zu-
rückgewiesen oder zurückgeschoben (bitte nach den fünf wichtigsten Her-
kunftsländern differenzieren)?

9. Wie viele Asylanträge wurden im ersten Quartal 2015 bzw. im vorherigen
Quartal als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt (bitte Angaben nach den
15 wichtigsten Herkunftsländern differenzieren und zudem jeweils in Rela-
tion zur Gesamtzahl der Ablehnungen setzen)?

10. Wie viele so genannte Flughafenverfahren wurden im ersten Quartal 2015
bzw. im vorherigen Quartal an welchen Flughafenstandorten mit welchem
Ergebnis durchgeführt (bitte auch Angaben zum Anteil der unbegleiteten
Minderjährigen und den zehn wichtigsten Herkunftsländern machen)?

11. a) Wie lautet die Statistik zu Rechtsmitteln und Gerichtsentscheidungen
im Bereich Asyl für das Jahr 2014 (bitte wie auf Bundestagsdrucksache
18/3850 zu Frage 12 darstellen)?

b) Worauf stützte sich der BAMF-Präsident Dr. Manfred Schmidt bei seiner
Aussage (www.stern.de vom 4. Dezember 2014), er verliere 17 Prozent
der Dublin-Verfahren beim Verwaltungsgericht, vor dem Hintergrund,
dass der auf Bundestagsdrucksache 18/3850 zu Frage 12 übermittelten
Gerichtsstatistik zu Dublin-Verfahren im Wesentlichen die Information
zu entnehmen ist, dass 99,3 Prozent der Verfahren erledigt worden seien,
und wie sind diese unterschiedlichen Angaben zu erklären (bitte ausfüh-
ren)?

12. Wie viele Asylanhörungen gab es im ersten Quartal 2015 (bitte auch nach
den 15 wichtigsten Herkunftsländern differenzieren und Vergleichswerte
des vorherigen Quartals nennen), und inwieweit bzw. in welchem Ausmaß
werden dabei auch rein schriftliche Anhörungen mitgezählt?

13. Wie waren die Schutzquoten und die Zahl der Schutzgesuche bei Asyl-
suchenden aus Tunesien, Ägypten, Marokko, Syrien und Libyen im ersten
Quartal 2015?

14. Wie viele Erst- und Folgeanträge (bitte differenzieren) wurden von Asyl-
suchenden aus Serbien, Kosovo, Mazedonien, Montenegro, Albanien und
Bosnien und Herzegowina in den Monaten Januar, Februar und März 2015
gestellt (bitte jeweils auch den prozentualen Anteil der Roma-Angehörigen
nennen), und wie wurden diese Asylanträge in diesen Monaten jeweils mit
welchem Ergebnis beschieden?

15. Wie bewertet es die Bundesregierung, dass es, entgegen ihrer im Gesetzge-
bungsverfahren geäußerten Einschätzung, keinen merklichen Rückgang der
Zahl der Asylsuchenden aus den zu sicheren Herkunftsstaaten erklärten
Ländern gegeben hat, welche Gründe gibt es ihrer Auffassung nach hierfür,
und warum sollte sich hieran mittel- und langfristig gegebenenfalls etwas
ändern?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/4643
16. In Bezug auf welche Herkunftsländer oder bestimmten Fallgruppen (z. B.
Dublin-Verfahren) werden Asylanträge derzeit prioritär bearbeitet, welche
neuen Informationen gibt es zur Personalsituation, -entwicklung und -pla-
nung im BAMF und unterstützende Sondermaßnahmen, insbesondere im
Bereich der Asylprüfung, wie ist der Stand der Neubesetzung der neu bewil-
ligten 350 Stellen im BAMF bzw. der Einarbeitung des entsprechenden Per-
sonals, und gibt es weitergehende Personalforderungen in welcher Größen-
ordnung seitens des BAMF, um den gestiegenen Bedarfen gerecht werden
zu können (die Frage ist nicht, welche Gelder das Parlament unter Umstän-
den bewilligen könnte)?

17. Zu welchem ungefähren Anteil wird nach Einschätzungen von fachkundi-
gen Bediensteten des BAMF derzeit das Prinzip der Einheit von Anhörer
und Entscheider im Asylverfahren in der Praxis gewahrt (soweit möglich
bitte auch nach Ländern differenzieren)?

18. Wie hat sich die Verfahrensdauer bei Asylsuchenden, die nicht aus Ländern
des Westbalkans kommen, im ersten Quartal 2015 gegenüber dem vorheri-
gen Quartal entwickelt, und wie hoch war in diesen Zeiträumen die berei-
nigte Gesamtschutzquote in Bezug auf diese Länder (ohne Westbalkan)?

19. Wie lange dauern derzeit im Durchschnitt nach Einschätzungen fachkun-
diger Bediensteter des BAMF Asylanhörungen generell, und wie lange
dauern diese bei Asylsuchenden aus Westbalkanländern, aus Syrien und an-
deren wichtigen Herkunftsländern?

20. In welchem Umfang (bitte Einschätzungen fachkundiger Bediensteter nen-
nen) macht das BAMF inzwischen bei welchen Herkunftsländern von der
Möglichkeit Gebrauch, Asylsuchende mit hohen Anerkennungschancen
ohne mündliche Anhörung anzuerkennen (§ 24 Absatz 1 Satz 4 und 5
AsylVfG, bitte auch Einschätzungen zum Jahr 2014 nachreichen), welche
Überlegungen führten dazu, das Verfahren nach Information der Fragestel-
ler auch auf Asylsuchende aus Eritrea anzuwenden, obwohl den Fragestel-
lern in der Antwort zu Frage 23 auf Bundestagsdrucksache 18/3850 noch
beschieden wurde, dass eine „Ausweitung dieser Verfahrensweise“ „derzeit
nicht geplant“ sei, und was spricht dagegen, das Verfahren generell auf
Länder mit hohen Schutzquoten anzuwenden?

21. In wie vielen Fällen wurde das BAMF bei der Prüfung zielstaatsbezogener
Abschiebungshindernisse nach § 72 Absatz 2 AufenthG im Auftrag der
Ausländerbehörden welcher Bundesländer im ersten Quartal 2015 mit wel-
chem Ergebnis beteiligt (bitte auch nach den zehn wichtigsten Herkunfts-
ländern differenzieren)?

Berlin, den 14. April 2015

Dr. Gregor Gysi und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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