BT-Drucksache 18/4506

Dschihadisten in der Bundeswehr

Vom 27. März 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/4506
18. Wahlperiode 27.03.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken,
Christine Buchholz, Annette Groth, Andrej Hunko, Niema Movassat, Kathrin Vogler
und der Fraktion DIE LINKE.

Dschihadisten in der Bundeswehr

Der Militärische Abschirmdienst (MAD) hat über 20 ehemalige Bundeswehr-
soldaten identifiziert, die nachweislich ins Kampfgebiet nach Syrien und Irak
gereist sind. Der Präsident des MAD, Dr. Christof Gramm, warnt nun davor,
„dass die Bundeswehr als Ausbildungscamp für gewaltbereite Islamisten miss-
braucht werden kann“ (www.welt.de/politik/deutschland/article138183348/
Abschirmdienst-warnt-vor-Islamisten-in-Bundeswehr.html).
Den Sicherheitsbehörden liegen nach Informationen des Nachrichtenmagazins
„DER SPIEGEL“ Hinweise vor, wonach islamistische Kreise versuchen wollen,
Freiwillige bei der Bundeswehr unterzubringen. Diese könnten ihre dort er-
lernten Kenntnisse an der Waffe für Anschläge weltweit oder Angriffe auf
ihre Kameraden nutzen (www.spiegel.de/politik/deutschland/bundeswehr-will-
unterwanderung-von-islamisten-verhindern-a-1023391.html).
Der MAD-Chef fordert nun weitergehende Handlungsmöglichkeiten für den
MAD, um Bundeswehrbewerber bereits im Vorfeld einem Basischeck auf Ver-
fassungstreue zu unterziehen. So soll verhindert werden, dass Personen, an de-
ren Verfassungstreue Zweifel bestehen, an Kriegswaffen ausgebildet werden
(www.welt.de/politik/deutschland/article138183348/Abschirmdienst-warnt-
vor-Islamisten-in-Bundeswehr.html).
Nach Informationen des Nachrichtenmagazins „DER SPIEGEL“ gibt es im
Bundesministerium der Verteidigung bereits konkrete Überlegungen, das beste-
hende Sicherheitsüberprüfungsgesetz durch einen Zusatz zu erweitern. Alle Sol-
daten, die eine Ausbildung an Kriegswaffen erhalten, würden umfangreich auf
Verbindungen zu salafistischen Organisationen oder zum links- oder rechtsex-
tremen Milieu überprüft. Bislang müssen Rekruten vor der Einstellung eine Er-
klärung zu Mitgliedschaften in politischen Organisationen und ein Bekenntnis
zur Verfassung ablegen. Einer genaueren Überprüfung werden nur diejenigen
Soldaten unterzogen, die Zugang zu Geheimdokumenten und sensiblen Berei-
chen der Bundeswehr bekommen. Durch die geplanten Verschärfungen könnte
die Bundeswehr Erkenntnisse des Verfassungsschutzes und anderer Sicher-
heitsbehörden über Rekruten anfordern (www.spiegel.de/politik/deutschland/
bundeswehr-will-unterwanderung-von-islamisten-verhindern-a-1023391.html).

Drucksache 18/4506 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele ehemalige Bundeswehrsoldaten konnten bislang identifiziert wer-

den, die nach Syrien oder in den Irak gereist sind, um sich dort dschihadisti-
schen Kampfverbänden anzuschließen?
a) Bei wie vielen dieser ehemaligen Soldaten handelt es sich um ehemalige

Wehrpflichtige, um ehemalige Zeitsoldaten oder um ehemalige Berufssol-
daten?

b) Wie viele dieser in den Irak oder nach Syrien gegangenen ehemaligen
Bundeswehrsoldaten hatten in der Bundeswehr eine über die Grundausbil-
dung an der Waffe hinausgehende Spezialausbildung erhalten, die auch für
schwere staatsgefährdende Gewalttaten genutzt werden kann?

c) Wann reisten die ehemaligen Bundeswehrsoldaten nach Kenntnis der
Bundesregierung nach Syrien oder in den Irak?

d) Welchen Kampfverbänden schlossen sie sich nach Kenntnis der Bundes-
regierung im Nahen Osten an?

e) Wie viele dieser ehemaligen Soldaten waren nach Kenntnis der Bundes-
regierung auch an Kampfhandlungen beteiligt?

f) Inwieweit gibt es Hinweise darauf, dass diese Personen bereits mit dem
Vorsatz in die Bundeswehr eingetreten waren, die Ausbildung an Kriegs-
waffen anschließend für terroristische Ziele oder schwere staatsgefähr-
dende Gewalttaten zu nutzen?

g) Inwieweit liegen der Bundesregierung Kenntnisse darüber vor, dass diese
Personen bereits während ihrer Bundeswehrzeit der islamistischen Szene
angehörten oder zu dieser Kontakt hielten?

2. Wie viele Bundeswehrsoldaten sind in der Vergangenheit oder gegenwärtig
eigenmächtig abwesend oder fahnenflüchtig nach Syrien oder in den Irak ge-
reist, um sich dort dschihadistischen Kampfverbänden anzuschließen?

3. Aus welchem Grund und auf welcher rechtlichen Grundlage war und ist der
MAD, dessen Aufgabe die Abschirmung der Bundeswehr ist, mit der Identi-
fizierung ehemaliger Bundeswehrsoldaten in den Reihen dschihadistischer
Verbände im Nahen Osten befasst?

4. Welche konkreten Hinweise liegen der Bundesregierung vor, wonach Isla-
misten möglicherweise gezielt in die Bundeswehr gehen, um dort eine mili-
tärische Ausbildung zu erlernen?
a) Welche konkreten Fähigkeiten werden bei der Bundeswehr vermittelt, die

auch für schwere staatsgefährdende Gewalttaten genutzt werden können?
b) Inwieweit findet bei der Bundeswehr eine Ausbildung an Kriegswaffen-

systemen statt, die nach Kenntnis der Bundesregierung auch von dschiha-
distischen Verbänden im Irak und Syrien genutzt werden, und um welche
Waffensysteme handelt es sich dabei?

c) Welchen Vorteil bringt nach Kenntnis der Bundesregierung eine Kampf-
ausbildung bei der Bundeswehr für Angehörige des gewaltbereiten isla-
mistischen Spektrums gegenüber einer Ausbildung bei einem diesem
Spektrum vom Lebensstil und der Zielsetzung näherliegenden dschihadis-
tischen Kampfverband?

5. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, ob Angehörige des
gewaltbereiten islamistischen Spektrums in anderen EU-Mitgliedstaaten ge-
zielt in die Streitkräfte eintreten, um dort eine Kampfausbildung zu erhalten,
und wie viele ehemalige Angehörige anderer EU-Streitkräfte befinden sich

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4506
heute nach Kenntnis der Bundesregierung in den Reihen des sogenannten
Islamischen Staats (IS/ISIS)?

6. Wie viele Angehörige der islamistischen bzw. dschihadistischen Szene wur-
den in den letzten fünf Jahren bei der Bundeswehr festgestellt?
a) Wie viele dieser Personen waren bereits bei ihrem Eintritt in die Bundes-

wehr Salafisten bzw. Dschihadisten?
b) In wie vielen Fällen wurden die betroffenen Personen vorzeitig aus der

Bundeswehr entlassen?
7. Inwiefern hält die Bundesregierung eine genauere Überprüfung von Soldaten

auf eine mögliche salafistische oder dschihadistische Gesinnung für zulässig,
die die folgenden, vom MAD-Präsidenten Dr. Christof Gramm als Indikato-
ren für Salafismus genannten Verhaltensweisen zu Tage legen: „Sie betreten
die Gemeinschaftsdusche nur noch bekleidet, benutzen Holzstäbchen statt
Zahnbürsten, achten penibel darauf, dass der Teller nicht mit Schweinefleisch
in Berührung kam“ (www.welt.de/politik/deutschland/article138183348/
Abschirmdienst-warnt-vor-Islamisten-in-Bundeswehr.html)?

8. Inwieweit und aus welchem Grund sieht die Bundesregierung Bedarf zur Er-
weiterung des bestehenden Sicherheitsüberprüfungsgesetzes für Angehörige
der Bundeswehr?
a) Gibt es nach Ansicht der Bundesregierung eine so starke Unterwanderung

der Bundeswehr mit Personen, an deren Verfassungstreue Zweifel besteht,
dass eine Erweiterung der Sicherheitsüberprüfungen verhältnismäßig
wäre?

b) Welche zusätzlichen Befugnisse sollte der MAD diesbezüglich nach An-
sicht der Bundesregierung erhalten?

c) Welche Soldaten oder Bewerber für einen Beitritt zur Bundesregierung
sollen unter welchen Umständen wie auf ihre Verfassungstreue überprüft
werden?

d) Inwieweit befürwortet die Bundesregierung eine Regelanfrage der Bun-
deswehr beim Verfassungsschutz bezüglich ihrer Bewerber?

e) Wie ist die Einschränkung zu verstehen, dass alle Soldaten, „die an
Kriegswaffen ausgebildet“ werden, vom MAD überprüft werden sollten?
Wie viele Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr werden nicht an
Kriegswaffen ausgebildet?

Berlin, den 26. März 2015

Dr. Gregor Gysi und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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