BT-Drucksache 18/435

Zeugenschutzprogramm des Bundeskriminalamtes und Begleitung von Angeklagten zu Treffen mit Zeuginnen und Zeugen im NSU-Komplex

Vom 31. Januar 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/435
18. Wahlperiode 31.01.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Martina Renner, Petra Pau, Ulla Jelpke, Harald Petzold
(Havelland), Frank Tempel und der Fraktion DIE LINKE.

Zeugenschutzprogramm des Bundeskriminalamtes und Begleitung
von Angeklagten zu Treffen mit Zeuginnen und Zeugen im NSU-Komplex

Im Prozess vor dem Oberlandesgericht (OLG) München gegen Beate Zschäpe
und andere ist am 12. November 2013 die Zeugin S. Sch. gehört worden. S. Sch.
hat nach eigenen Aussagen ihre AOK-Krankenkassenkarte gegen eine Zahlung
von 300 Euro dem Angeklagten H. G. überlassen, mit dem ihr Lebensgefährte
A. S. eng befreundet war. Die Krankenkassenkarte der Zeugin S. Sch. wurde im
Brandschutt der Frühlingsstraße 13 in Zwickau gefunden. Die Zeugin S. Sch.
schilderte darüber hinaus ein Treffen mit dem Angeklagten H. G. im Jahr 2012,
das direkt nach der Entlassung von H. G. aus der Untersuchungshaft stattgefun-
den habe. H. G., der sich zu diesem Zeitpunkt schon im Zeugenschutzprogramm
des Bundeskriminalamtes (BKA) befand, sei von BKA-Beamten des Zeugen-
schutzprogramms zu dem Treffen gebracht und auch wieder abgeholt worden.
„G. hat meinen Mann angerufen. Außer uns beiden waren H. Gs. Mutter und
H. Gs. Freundin dabei. Ich habe mich mehr oder weniger mit [den beiden] un-
terhalten und habe die Gespräche, die die beiden [G. und ihr Mann A. Sch.] ge-
führt haben, nicht mitbekommen. Die Zeugenschützer haben ihn ja hingefahren
und wieder weggefahren, zwei Polizisten in Zivil gekleidet,“ soll die Zeugin vor
dem OLG München laut Web-Blog www.nsu-nebenklage.de/blog/2013/11/ ge-
sagt haben.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Male haben Beamte des BKA-Zeugenschutzprogramms H. G. nach

Kenntnis der Bundesregierung zu Treffen mit Zeuginnen und Zeugen im
NSU-Prozess vor dem OLG München begleitet (bitte nach Datum, Ort der
Zusammenkunft und Zeugin bzw. Zeugen aufschlüsseln)?

2. Wie viele Male haben Beamte des BKA-Zeugenschutzprogramms H. G. zu
Treffen mit Beschuldigten sowie Zeuginnen und Zeugen in weiteren Verfah-
ren nach § 129a des Strafgesetzbuches (StGB) der „EG Umfeld“ des BKA
begleitet (bitte nach Datum, Ort der Zusammenkunft und Beschuldigten bzw.
Zeugen aufschlüsseln)?

3. Wie viele Male habe Beamte des BKA-Zeugenschutzprogramms den Ange-
klagten C. S. zu Treffen mit Zeuginnen und Zeugen im NSU-Prozess vor dem
OLG München begleitet (bitte nach Datum, Ort der Zusammenkunft und
Zeugin bzw. Zeugen aufschlüsseln)?

Drucksache 18/435 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
4. Wie viele Male haben Beamte des BKA-Zeugenschutzprogramms den An-
geklagten C. S. zu Treffen mit Beschuldigten sowie Zeuginnen und Zeugen
in weiteren Verfahren nach § 129a StGB der „EG Umfeld“ des BKA be-
gleitet (bitte nach Datum, Ort der Zusammenkunft und Beschuldigten bzw.
Zeugen aufschlüsseln)?

5. Handelt es sich bei der Begleitung durch BKA-Beamte von Angeklagten im
Zeugenschutzprogramm zu Treffen mit Zeuginnen und Zeugen in Verfahren
nach § 129a StGB nach Ansicht der Bundesregierung um einen üblichen
und rechtlich unbedenklichen Vorgang, und wenn ja, wie begründet die
Bundesregierung ihre Ansicht?

6. Wie sind im BKA die Aufgaben des Zeugenschutzes organisiert, und wel-
chen personellen und etatmäßigen Umfang hat/haben die entsprechende/en
Abteilung/Abteilungen?

7. Nach welchen Kriterien werden die Beamten für ein konkretes Zeugen-
schutzprogramm und konkret zu schützende Personen ausgewählt, und wel-
che Arten der Zuständigkeiten (permanent, alternierend, Zufallsprinzip,
Dienstplanprinzip…) ergeben sich für eine konkrete Person?

8. In welcher Form erstatten die in den Fragen 1 bis 5 angesprochenen Beam-
tinnen und Beamte Bericht über ihre jeweiligen Aktivitäten?

9. An welchen Kriterien misst das BKA den Erfolg seiner Zeugenschutzpro-
gramme, und welche Straftaten wurden von den derzeit in einem solchen
Programm untergebrachten Rechtsextremisten aufgeklärt?

10. Welche Vorgaben existieren im BKA-Zeugenschutzprogramm für Maßnah-
men bei Verstößen von geschützten Personen gegen Vereinbarungen zu Ver-
haltensweisen im Zeugenschutzprogramm?

Berlin, den 31. Januar 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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