BT-Drucksache 18/4346

Anhörungen vor Vertretern von Drittstaaten zur Ausstellung von Passersatzpapieren

Vom 18. März 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/4346
18. Wahlperiode 18.03.2015

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Wolfgang Gehrcke, Sevim Dağdelen,
Annette Groth, Heike Hänsel, Andrej Hunko, Kersten Steinke, Kathrin Vogler
und der Fraktion DIE LINKE.

Anhörungen vor Vertretern von Drittstaaten zur Ausstellung von
Passersatzpapieren

Im Magazin „Kulturzeit“ des Fernsehsenders 3sat wurde am 11. Februar 2015
über die Praxis berichtet, durch die Vorführung mutmaßlicher nigerianischer
Staatsangehöriger in der Botschaft der Bundesrepublik Nigeria für eine Ab-
schiebung notwendige Passersatzpapiere (Emergency Travel Certificates, ETC)
zu beschaffen („Problemfall Abschiebung – Wie Deutschland und Nigeria zu-
sammenarbeiten“). Diese Praxis der Bundespolizei bzw. der sie beauftragenden
Ausländerbehörden der Länder war auch schon mehrfach Gegenstand Kleiner
Anfragen der Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag (zuletzt auf
Bundestagsdrucksache 18/204). In besagtem Beitrag wird auch über zwei Per-
sonen berichtet, die tatsächlich keine nigerianischen Staatsangehörigen sind,
dennoch von der nigerianischen Botschaft ein ETC ausgestellt bekamen: J. K.
aus Sierra Leone und Y. J. aus Gambia. In dem Beitrag wird ein Zusammenhang
zur Praxis der Botschaft hergestellt, die Staatsangehörigkeit ohne Sachbeweise,
also auf Basis von Zeugenaussagen, Sprachanalysen u. Ä., zu bestätigen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Personen mit ungeklärter Staatsangehörigkeit wurden im Jahr 2014

nach Kenntnis der Bundesregierung im Rahmen von Verfahren zur Identitäts-
feststellung zur (zwangsweisen) Vorsprache vor Vertretern oder ermächtigten
Bediensteten ihres mutmaßlichen Herkunftsstaates nach § 82 Absatz 4 des
Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) verpflichtet (bitte nach beteiligten Bundes-
ländern und mutmaßlichen Herkunftsstaaten auflisten)?

2. Welche Anhörungen im Rahmen von Verfahren zur Identitätsfeststellung
sind in den Jahren 2013 und 2014 in Deutschland durchgeführt worden (bitte
nach beteiligten Staaten, beteiligten Bundesländern, Ort der Anhörung und
Anzahl der geladenen Personen auflisten)?

3. Wie viele Personen nahmen an diesen Anhörungen teil, und wie viele konn-
ten im Rahmen dieser Anhörungen identifiziert werden (bitte den Kategorien
gemäß Frage 2 zuordnen)?

4. In welcher Höhe verlangten nach Kenntnis der Bundesregierung bei den oben
genannten Anhörungen die ausstellenden Staaten bzw. ihre Vertreter Gebüh-
ren für die Anhörung der vorgeladenen Personen vor Delegationen bzw. in
der Botschaft, die Ausstellung von Heimreisedokumenten und ggf. weitere
Dienste?

Drucksache 18/4346 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

5. Wie viel Tagegeld wurde von der Bundespolizei oder anderen Behörden für
die Angehörigen von ausländischen Delegationen oder ihre Vertreter in den
Jahren 2013 und 2014 aufgewendet (bitte einzeln auflisten)?

6. In welcher Höhe sind in den Jahren 2013 und 2014 weitere Kosten von der
Bundespolizei oder anderen Behörden im Rahmen solcher Anhörungen ent-
standen (bitte nach Kostenpunkten auflisten)?

7. Wie weit sind Bemühungen gediehen, mit denjenigen Staaten, für die die
Bundespolizei den zuständigen Ausländerbehörden Amtshilfe bei der Be-
schaffung von Heimreisedokumenten leistet, Rückübernahmeabkommen
abzuschließen (bitte einzeln mit derzeitigem Stand auflisten)?

8. Wann und wo gab es seit dem Jahr 2008 Gespräche von Vertretern des Bun-
des mit Vertretern Pakistans über Fragen im Zusammenhang mit der Rück-
kehr ausreisepflichtiger pakistanischer Staatsangehöriger nach Pakistan,
und welche Verabredungen gelten derzeit gegebenenfalls bezüglich solcher
Rücküberstellungen und entsprechender Abkommen?

9. Wann (bitte Angabe des Datums) und wo gab es seit dem Jahr 1999 Gesprä-
che zwischen Vertretern der Bundesrepublik Deutschland und Vertretern der
United Nations Interim Administration Mission in Kosovo (UNMIK) über
Fragen im Zusammenhang mit der Rückkehr bzw. der Rückführung ausrei-
sepflichtiger Personen in den Kosovo?

10. Wann (bitte Angabe des Datums) und wo gab es seit dem Jahr 2008 Gesprä-
che zwischen Vertretern der Bundesrepublik Deutschland und Vertretern der
Republik Kosovo über Fragen im Zusammenhang mit der Rückkehr bzw.
der Rückführung ausreisepflichtiger Personen in den Kosovo?

11. Wann (bitte Angabe des Datums) und wo gab es seit dem Jahr 2000 Gesprä-
che zwischen Vertretern der Bundesrepublik Deutschland und Vertretern der
Bundesrepublik Jugoslawien bzw. nachfolgend der Republik Serbien über
Fragen im Zusammenhang mit der Rückkehr bzw. der Rückführung ausrei-
sepflichtiger Personen nach Serbien?

12. Welche Ausgaben wurden im Einzelnen (Ausgaben für Begleitung durch
die Bundespolizei, Dolmetscher, Tagegelder, vertrauensbildende Maßnah-
men, Unterkunft von ausländischen Delegationsteilnehmern bzw. Bevoll-
mächtigten, sonstige Sachkosten) im Rahmen des Projekts „Intensivierung
und Verbesserung der Zusammenarbeit mit ausgewählten westafrikanischen
Staaten auf dem Gebiet der Beschaffung von Heimreisedokumenten sowie
der Durchführung von Rückführungsmaßnahmen“ im Jahr 2011 getätigt?

13. Welche Ausgaben wurden im Einzelnen (Ausgaben für Begleitung durch
die Bundespolizei, Dolmetscher, Tagegelder, vertrauensbildende Maßnah-
men, Unterkunft von ausländischen Delegationsteilnehmern bzw. Bevoll-
mächtigten, sonstige Sachkosten) im Rahmen des Projekts „Intensivierung
und Verbesserung der Zusammenarbeit mit ausgewählten westafrikanischen
Staaten auf dem Gebiet der Beschaffung von Heimreisedokumenten sowie
der Durchführung von Rückführungsmaßnahmen“ im Jahr 2012 getätigt?

14. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zu den in der Vorbemerkung
der Fragesteller genannten Fällen, in denen durch die nigerianische Bot-
schaft ETC an Personen ausgegeben wurden, die nicht nigerianische Staats-
angehörige sind?

15. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung, inwieweit die nigerianische
Botschaft auch derzeit noch die Staatsangehörigkeit mutmaßlich eigener
Staatsangehöriger auch ohne Vorlage von Sachbeweisen bestätigt und ent-
sprechende Passersatzpapiere ausstellt?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4346

16. Welche weiteren Botschaften oder Delegationen von Drittstaatsbehörden
akzeptieren nach Kenntnis der Bundesregierung eine Glaubhaftmachung
der Staatsangehörigkeit ebenfalls ohne Sachbeweise?

Berlin, den 17. März 2015

Dr. Gregor Gysi und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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