BT-Drucksache 18/433

Ergänzende Informationen zur Asylstatistik für das Jahr 2013

Vom 30. Januar 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/433
18. Wahlperiode 30.01.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Sevim Dağdelen, Petra Pau,
Harald Petzold (Havelland), Dr. Petra Sitte, Kersten Steinke, Frank Tempel,
Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Ergänzende Informationen zur Asylstatistik für das Jahr 2013

Die von der Fraktion DIE LINKE. regelmäßig erfragten ergänzenden Informa-
tionen zur Asylstatistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge
(BAMF) beleuchten ausgewählte Aspekte, die in der medialen Berichterstattung
wenig Beachtung finden. So ist kaum bekannt, dass die Anerkennungsquote bei
tatsächlich inhaltlichen Asylentscheidungen weitaus höher liegt, als die offiziel-
len Zahlen vermuten lassen: Die so genannte bereinigte Schutzquote, bei der for-
melle Entscheidungen unberücksichtigt bleiben, lag in den ersten drei Quartalen
des Jahres 2013 im Durchschnitt zwischen 36,1 und 46,5 Prozent – und das, ob-
wohl Flüchtlinge z. B. aus Serbien inzwischen zu nahezu 100 Prozent abgelehnt
werden. Hinzu kommen Anerkennungen durch die Gerichte: Im Jahr 2012 er-
wiesen sich über 13 Prozent der Klagen gegen ablehnende Asylbescheide als be-
gründet, bei Asylsuchenden aus Afghanistan, Iran oder Pakistan lag die Erfolgs-
quote im Gerichtsverfahren zuletzt sogar bei etwa 40 Prozent.
Bei einem Fünftel bis einem Viertel aller Asylsuchenden begründet das BAMF
seine Ablehnung damit, dass ein anderes Land der Europäischen Union (EU) für
die Asylprüfung zuständig sei, 2013 betraf dies vor allem Polen. Die erhebliche
Differenz zwischen der Zahl der Zustimmungen zur Übernahme aus Deutsch-
land und der Zahl der tatsächlichen Überstellungen (2012: 8 249 zu 3 037) weist
darauf hin, dass viele Betroffene sich entweder erfolgreich auf gerichtlichem
Wege gegen eine Überstellung wehren – wegen erheblicher Mängel in den Asyl-
systemen anderer Mitgliedstaaten oder aufgrund individueller Besonderheiten –
oder aber, dass sie im Zweifelsfall lieber „untertauchen“ als gegen ihren Willen
in ein Land überstellt zu werden, in dem sie ein unfaires Asylverfahren, unwür-
dige Lebensbedingungen, Obdachlosigkeit oder sogar eine Inhaftierung fürch-
ten müssen. Das geltende Dublin-II-System produziert somit eine große Zahl
von rechtlosen, illegalisierten Schutzsuchenden und erreicht damit gerade nicht,
dass alle Asylsuchende in der EU Zugang zu einem fairen Asylverfahren erhal-
ten. Innerhalb des BAMF werden für die zum Teil sehr aufwändigen Dublin-II-
Verfahren Personalressourcen gebunden, die weitaus sinnvoller in der regulären
Asylprüfung eingesetzt werden könnten.
Bei Asylanhörungen wird – mutmaßlich zur Verfahrensbeschleunigung – immer
häufiger gegen den Grundsatz verstoßen, dass die Person, die einen Asylsuchen-
den angehört hat, auch die entsprechende Asylentscheidung treffen und begrün-
den soll. Wegen der großen Bedeutung der persönlichen Glaubwürdigkeit des
individuellen Asylvortrags wird diese Identität zwischen Anhörer und Entschei-
der auch vom BAMF angestrebt. In der Praxis ist dies momentan jedoch häufig
nicht der Fall, nur bei der Gruppe besonders vulnerabler Antragsteller (Trauma-

Drucksache 18/433 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
tisierte, unbegleitete Minderjährige, Menschenhandelsopfer usw.) wird die Per-
sonenidentität zu rund 95 Prozent gewahrt. Bei syrischen Asylsuchenden ist dies
nur zu 50 Prozent der Fall, in Bezug auf die Westbalkanstaaten ebenfalls nur zu
60 Prozent und bei afghanischen Asylsuchenden zu 70 bis 75 Prozent. Auch der
Bundesregierung sind diese Zahlen offenbar unangenehm. In ihrer Antwort auf
die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/127 hatte sie zu Frage 15 noch
behauptet, selbst ungefähre Einschätzungen hierzu seien dem BAMF nicht
möglich. Erst nach einer Beschwerde der Ersten Parlamentarischen Geschäfts-
führerin der Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag gab das Bundes-
ministerium des Innern dann die oben genannten Werte bekannt. Fachanwalt
Reinhard Marx hat laut „die tageszeitung“ vom 13. Dezember 2013 (www.taz.de/
Asylverfahren-in-Deutschland/!129273/) den Eindruck, dass nach seiner eige-
nen Erfahrung und Gesprächen mit Kollegen die Identität von Anhörer und
Entscheider „eher die Ausnahme“ ist.
Eine Möglichkeit zur Optimierung der Arbeitskapazitäten im BAMF angesichts
gestiegener Asylzahlen wäre, auf massenhafte Widerrufsverfahren zu verzich-
ten. Im Zeitraum 2005 bis 2010 gab es fast ebenso viele Asylwiderrufe (38 500)
wie -anerkennungen (41 000). Im Jahr 2012 wurden gut 10 000 Widerrufsver-
fahren betrieben, nur noch in jedem 20. Fall kommt es dabei zu einer Aberken-
nung des zuvor gewährten Flüchtlingsstatus. Für die Betroffenen – politisch ver-
folgte und häufig traumatisierte Flüchtlinge – sind die Verfahren sehr belastend
und für Behörden und Gerichte arbeitsaufwändig. In der EU sieht nur Deutsch-
land obligatorische Widerrufsprüfungen in jedem Fall nach drei Jahren ohne
konkreten Anlass vor.
Ein behördliches Asylverfahren in Deutschland dauerte im Jahr 2012 im Durch-
schnitt ein knappes halbes Jahr. Nachdem die Verfahrensdauer infolge größerer
Asylzahlen auf neun Monate gestiegen war, sank sie im dritten Quartal 2013
wieder auf 6,6 Monate. Bei bestimmten Herkunftsländern mit geringen Aner-
kennungsquoten, etwa Serbien und Mazedonien, ist die Verfahrensdauer infolge
von Beschleunigungsmaßnahmen und vorgezogener Entscheidungen bedeutend
kürzer und beträgt etwa zwei Monate. Umso länger dauern die Verfahren bei
Flüchtlingen aus Ländern mit hohen Anerkennungschancen, im dritten Quartal
2013 waren es etwa 14 bis 18 Monate bis zu einer Entscheidung bei den Her-
kunftsländern Afghanistan, Pakistan und Somalia.
Die Zahl der Asylsuchenden, die über Griechenland nach Deutschland einge-
reist sind, ist über die letzten Jahre relativ stabil geblieben, im dritten Quartal
2013 waren es zuletzt 1 022 Personen. Der durch die Aussetzung der Überstel-
lungen nach Griechenland oftmals beschworene „Pull-Effekt“ ist somit offen-
kundig nicht eingetreten. Gründe hierfür sind die Abschottungsmaßnahmen der
EU und push-backs durch griechische Grenzschutzbehörden, aber auch die er-
schwerte Weiterflucht von Griechenland in ein anderes Land der EU.
Vom umstrittenen Asyl-Flughafenverfahren waren im Jahr 2012 787 Asylsu-
chende betroffen, unter ihnen 230 syrische, 113 afghanische und 108 iranische
Flüchtlinge sowie 28 unbegleitete Minderjährige. Im Ergebnis wurde 58 Asyl-
suchenden nach einer Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ die Einreise
im Rechtssinne verweigert – wie viele von ihnen tatsächlich ausreisten oder ab-
geschoben wurden oder in Deutschland verbleiben konnten, ist nicht bekannt.
37,8 Prozent aller Asylsuchenden in Deutschland im Jahr 2012 waren Kinder.
3,2 Prozent waren unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, bei denen die Ge-
samtschutzquote zwischen 40,9 und 57,7 Prozent lag. Die Asylverfahren bei un-
begleiteten Minderjährigen dauerten im Jahr 2012 mit durchschnittlich 9,9 Mo-
naten ungewöhnlich lange, zuletzt waren es sogar 11,6 Monate.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/433
Wir fragen die Bundesregierung:
1. a) Wie hoch war die Gesamtschutzquote (Anerkennungen nach Artikel 16a

des Grundgesetzes – GG – nach § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes –
AufenthG – in Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention – GFK – und
von Abschiebungshindernissen nach § 60 Absatz 2, 3, 5 und 7 AufenthG)
in der Entscheidungspraxis des BAMF im vierten Quartal 2013 bzw. im
Gesamtjahr 2013, und wie lauten die Vergleichswerte des Vorjahres (bitte
in absoluten Zahlen und in Prozent angeben und für die zehn wichtigsten
Herkunftsländern gesondert darstellen – bitte für jedes dieser zehn Länder
in relativen Zahlen angeben, wie viele einen internationalen Flüchtlings-
status, wie viele einen subsidiären Schutzstatus zugesprochen bekommen
haben; bitte in einer weiteren Tabelle nach Art der Anerkennung diffe-
renzieren: Asylberechtigung, Flüchtlingsschutz, subsidiärer Schutz nach
§ 60 Absatz 2 und 5 AufenthG – unmenschliche Behandlung –, nach § 60
Absatz 3 AufenthG – Todesstrafe –, nach § 60 Absatz 7 Satz 2 AufenthG
– bewaffnete Konflikte – und nach § 60 Absatz 7 Satz 1 AufenthG – sons-
tige existenzielle Gefahren –, bitte auch die Verteilung von subsidiärem
Schutz auf nationaler bzw. europäischer Rechtsgrundlage darstellen)?

b) Wie hoch war in den genannten Zeiträumen jeweils die „bereinigte Ge-
samtschutzquote“, d. h. die Quote der Anerkennungen bezogen auf tat-
sächlich inhaltliche und nicht rein formelle (Nicht-)Entscheidungen (bitte
wie in Frage 1a zuvor differenzieren)?

2. Wie viele der Anerkennungen nach § 60 Absatz 1 AufenthG/GFK im vierten
Quartal 2013 bzw. im Gesamtjahr 2013 beruhten auf staatlicher, nichtstaat-
licher bzw. geschlechtsspezifischer Verfolgung (bitte in absoluten und relati-
ven Zahlen und noch einmal gesondert nach den zehn wichtigsten Herkunfts-
ländern angeben)?

3. Wie viele Widerrufsverfahren wurden im vierten Quartal 2013 bzw. im Ge-
samtjahr 2013 eingeleitet (bitte Gesamtzahlen angeben und nach den ver-
schiedenen Formen der Anerkennung und den zehn wichtigsten Herkunfts-
ländern differenzieren, zum Vergleich bitte auch die Vorjahreswerte nennen),
und wie viele Entscheidungen in Widerrufsverfahren mit welchem Ergebnis
gab es in diesen Zeiträumen (bitte Gesamtzahlen angeben und nach den ver-
schiedenen Formen der Anerkennung und den zehn wichtigsten Herkunfts-
ländern differenzieren, bitte auch die jeweiligen Widerrufsquoten und zum
Vergleich die jeweiligen Vorjahreswerte nennen)?

4. Wie lang war die durchschnittliche Bearbeitungsdauer bis zu einer behörd-
lichen Entscheidung im vierten Quartal 2013 bzw. im Gesamtjahr 2013 (bitte
auch die Vergleichswerte des vorherigen Quartals bzw. des Vorjahres nen-
nen), wie lang war die durchschnittliche Bearbeitungsdauer bis zu einer
rechtskräftigen Entscheidung (d. h. inklusive eines Gerichtsverfahrens), und
wie lang war die durchschnittliche Bearbeitungszeit bei Asylerstanträgen von
unbegleiteten Minderjährigen (bitte jeweils nach den zehn wichtigsten Her-
kunftsländern und Erst- und Folgeanträgen differenzieren), und wie will das
BAMF die in der Koalitionsvereinbarung als Ziel gesetzte maximal dreimo-
natige Verfahrensdauer erreichen (bitte detailliert nach Einzelmaßnahmen
und Zeitplanung aufführen)?

5. Wie viele Verfahren im Rahmen der Dublin-II-Verordnung wurden im vierten
Quartal 2013 bzw. im Gesamtjahr 2013 eingeleitet (bitte in absoluten Zahlen
und in Prozentzahlen die Relation zu allen Asylerstanträgen sowie die Quote
der auf EURODAC-Treffern (EURODAC = europäische Datenbank zur

Drucksache 18/433 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Speicherung von Fingerabdrücken) basierenden Verfahren angeben und zum
Vergleich die Werte des vorherigen Quartals nennen)?
a) Welche waren in den benannten Zeiträumen die zehn am stärksten betrof-

fenen Herkunftsländer, und welche die zehn am stärksten angefragten EU-
Mitgliedstaaten (bitte in absoluten Werten und in Prozentzahlen angeben
sowie in jedem Fall die Zahlen zu Griechenland, Zypern, Malta, Bulgarien
und Ungarn nennen)?

b) Wie viele Dublin-II-Entscheidungen mit welchem Ergebnis (Zuständig-
keit eines anderen EU-Mitgliedstaats bzw. der Bundesrepublik Deutsch-
land, Selbsteintritt, humanitäre Fälle, Familienzusammenführung usw.)
gab es in den benannten Zeiträumen?

c) Wie viele Überstellungen nach der Dublin-II-Verordnung wurden in den
benannten Zeiträumen vollzogen (bitte in absoluten Werten und in Prozent-
zahlen angeben und auch nach den zehn wichtigsten Herkunftsländern
und EU-Mitgliedstaaten – in jedem Fall auch Griechenland, Ungarn,
Bulgarien, Zypern und Malta – differenzieren), und wie viele dieser Per-
sonen wurden unter Einschaltung des BAMF, aber ohne Durchführung
eines Asylverfahrens überstellt?

d) Wie hoch war der Anteil der in Zuständigkeit der Bundespolizei durch-
geführten Dublin-II-Verfahren bzw. Überstellungen in den genannten
Zeiträumen?

e) Wie viele Asylanträge wurden in den genannten Zeiträumen mit der Be-
gründung einer Nichtzuständigkeit nach der Dublin-II-Verordnung abge-
lehnt oder eingestellt oder als unbeachtlich betrachtet, ohne dass ein Asyl-
verfahren mit inhaltlicher Prüfung durchgeführt wurde (bitte in absoluten
und relativen Zahlen angeben)?

f) In wie vielen Fällen wurde in den genannten Zeiträumen bei Asylsuchen-
den festgestellt, dass eigentlich Griechenland nach der Dublin-II-Verord-
nung zuständig wäre (bitte auch nach den zehn wichtigsten Herkunfts-
ländern differenziert angeben)?

g) Wie viel Personal bzw. Arbeitskapazitäten sind im BAMF derzeit in wel-
chem Umfang für Dublin-II-Verfahren bzw. auch in einem weiteren Sinne
für Aufgaben im Zusammenhang mit der Dublin-II-Verordnung gebun-
den, wie hat sich dies in den letzten Jahren entwickelt (bitte so genau wie
möglich nach Aufgabengebieten differenzieren, hilfsweise ungefähre Ein-
schätzungen fachkundiger Bediensteter des BAMF angeben), und welche
entsprechenden Angaben lassen sich zum Bereich der Widerrufsprüfun-
gen machen?

h) Welche ungefähren Einschätzungen kann die Bundesregierung zu der
durchschnittlichen Dauer eines Dublin-II-Verfahrens bis zur Überstellung
machen (soweit möglich auch zu Besonderheiten in Bezug auf einzelne
Mitgliedstaaten), und wie ist deren Einschätzung zu den Gründen für die
Diskrepanz zwischen der Zahl der Zustimmungen zur Übernahme bzw.
der tatsächlichen Überstellungen (bitte ausführen)?

i) Wie beurteilt die Bundesregierung die Forderung des UNHCR nach
einem Überstellungsstopp nach Bulgarien wegen systemischer Mängel im
dortigen Asylsystem (vgl. www.proasyl.de/de/news/detail/news/unhcr_
fordert_ueberstellungsstopp_nach_bulgarien/), und was hat die Bundes-
regierung diesbezüglich bislang unternommen bzw. was plant sie (bitte
ausführen)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/433
6. Wie viele Asylanträge wurden im vierten Quartal 2013 bzw. im Gesamtjahr
2013 (bitte zum Vergleich auch die Werte des vorherigen Jahres nennen)
nach § 14a Absatz 2 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) von Amts
wegen für hier geborene (oder eingereiste) Kinder von Asylsuchenden ge-
stellt, wie viele Asylanträge wurden in den genannten Zeiträumen von Kin-
dern bzw. für Kinder unter 16 Jahren bzw. von Jugendlichen zwischen 16
und 18 Jahren bzw. von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen gestellt
(bitte jeweils in absoluten Zahlen und Prozentzahlen in Relation zur Ge-
samtzahl der Asylanträge sowie die Gesamtzahl der Anträge unter 18-Jäh-
riger und sich überschneidende Teilmengen angeben), und wie hoch waren
die jeweiligen (auch bereinigten) Gesamtschutzquoten für die genannten
Gruppen?

7. Wie viele unbegleitete Minderjährige (d. h. unter 18-Jährige) haben im vier-
ten Quartal 2013 bzw. im Gesamtjahr 2013 einen Asylerstantrag gestellt
(bitte nach wichtigsten Herkunftsländern und Bundesländern aufgliedern),
und wie hoch war die Gesamtschutzquote bei unbegleiteten Minderjährigen
in den genannten Zeiträumen (bitte nach verschiedenen Schutzstatus und
den wichtigsten Herkunftsländern differenzieren)?

8. Wie viele unbegleitete Minderjährige (d. h. unter 18-Jährige) wurden im
vierten Quartal 2013 bzw. im Gesamtjahr 2013 an welchen Grenzen durch
die Bundespolizei aufgegriffen, wie viele von ihnen wurden an die Jugend-
ämter übergeben, und wie viele von ihnen wurden zurückgewiesen oder zu-
rückgeschoben (bitte nach den fünf wichtigsten Herkunftsländern differen-
zieren)?

9. Wie viele Asylanträge wurden im vierten Quartal 2013 bzw. Gesamtjahr
2013 bzw. im Vorjahr als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt (bitte An-
gaben differenziert nach den zehn wichtigsten Herkunftsländern machen
und zudem jeweils in Relation zur Gesamtzahl der Ablehnungen setzen)?

10. Wie viele so genannte Flughafenverfahren wurden im vierten Quartal 2013
bzw. im Gesamtjahr 2013 an welchen Flughafenstandorten mit welchem Er-
gebnis durchgeführt (bitte auch Angaben zum Anteil der unbegleiteten Min-
derjährigen und den zehn wichtigsten Herkunftsländern machen)?

11. Wie lautet die Statistik zu Rechtsmitteln und Gerichtsentscheidungen im
Bereich Asyl für das Jahr 2013 (soweit vorliegend, bitte wie in der Antwort
zu Frage 7 auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 17/4627 dar-
stellen), und welche Angaben zur Dauer des gerichtlichen Verfahrens kön-
nen gemacht werden?

12. Wie viele Asylanhörungen gab es im vierten Quartal 2013 bzw. im Gesamt-
jahr 2013 (bitte auch nach den zehn wichtigsten Herkunftsländern differen-
zieren)?

13. Wie waren die Schutzquoten und die Zahlen der Schutzgesuche bei Asyl-
suchenden aus Tunesien, Ägypten, Marokko, Syrien und Libyen im vierten
Quartal bzw. im Gesamtjahr 2013?

14. Wie viele Erst- und Folgeanträge (bitte differenzieren) wurden von Staats-
angehörigen aus Serbien, Mazedonien, Montenegro, Albanien und Bosnien-
Herzegowina in den Monaten November und Dezember 2013 bzw. Januar
2014 gestellt (bitte jeweils auch den prozentualen Anteil der Roma-Ange-
hörigen nennen), und wie wurden diese Asylanträge in diesen Monaten je-
weils mit welchem Ergebnis beschieden?

15. In Bezug auf welche Herkunftsländer werden Asylanträge derzeit prioritär
bearbeitet, welche neuen Informationen gibt es zur Personalsituation, -ent-
wicklung und -planung im BAMF und unterstützende Sondermaßnahmen,
insbesondere im Bereich Asyl, und wie ist die Bilanz der bisherigen Versu-

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che, das Personal im Bereich der Asylprüfung vorübergehend respektive
dauerhaft aufzustocken?

16. Zu welchem ungefähren Anteil wird nach Einschätzung der Bundesregie-
rung derzeit das Prinzip der Einheit von Anhörer und Entscheider im Asyl-
verfahren in der Praxis gewahrt (soweit möglich bitte auch nach Ländern
differenzieren), und wie beurteilt und rechtfertigt es das BAMF, dass so
häufig (siehe Vorbemerkung der Fragesteller) gegen den eigenen Grundsatz
verstoßen wird, eine solche Einheit anzustreben?
a) Wie ist dies damit vereinbar, dass einige Verwaltungsgerichte eine Tren-

nung von Anhörer und Entscheider für unzulässig halten (vgl. Entschei-
derbrief 12/2012, S. 1 f., insbesondere Fußnote 2)?

b) Inwieweit beabsichtigt das BAMF, die neue gesetzliche Möglichkeit zu
nutzen, dass von einer Anhörung abgesehen werden kann, wenn das
BAMF einem Antrag stattgeben will (was zum Beispiel bei syrischen
Flüchtlingen zu sofortigen Anerkennungsentscheidungen genutzt wer-
den könnte; bitte die Vor- und Nachteile eines solchen Verfahrens aus
Sicht des BAMF bzw. aus Sicht der Asylsuchenden darstellen, etwa auch
in Hinblick auf eine spätere Widerrufsprüfung)?

c) Wie wird begründet, dass eine solche Anerkennung ohne vorherige An-
hörung nach § 24 Absatz 1 Satz 5 AsylVfG nur möglich ist bei Anträgen,
die ausschließlich auf internationalen Schutz gerichtet sind (nach § 13
Absatz 2 Satz 2 AsylVfG), und welche Konsequenzen hat ein solcher
Verzicht auf die Prüfung von Asylgründen im Sinne des Artikels 16a GG?

17. Welche (gegebenenfalls auch herkunftsländerspezifischen) Angaben liegen
vor, bzw. welche ungefähre Einschätzung kann die Bundesregierung dazu
abgeben, wie viele der Folgeanträge von Personen stammen, die in der Ver-
gangenheit abgelehnt wurden, ausgereist oder abgeschoben worden sind
und nach einem nicht nur kurzfristigen Aufenthalt im Ausland wieder nach
Deutschland eingereist sind, bzw. von Personen, die nach einer Ablehnung
in Deutschland verblieben sind, etwa als Geduldete aufgrund von Abschie-
bungshindernissen?

18. Wie hat sich die Verfahrensdauer bei Asylsuchenden, die nicht aus Ländern
des Westbalkan kommen, im vierten Quartal 2013 gegenüber dem vorhe-
rigen Quartal 2013 entwickelt, und wie hoch war im vierten Quartal 2013
bzw. im Gesamtjahr 2013 die bereinigte Gesamtschutzquote in Bezug auf
diese Länder (ohne Westbalkan)?

19. Wie ist die aktuelle Entwicklung der Asylsuche von Personen aus Serbien
und Mazedonien und anderen Ländern des Westbalkan, und wie wird die
Entwicklung für die nächsten Monate eingeschätzt?

20. Wie ist die aktuelle Entwicklung der Asylsuche von Personen aus Russland
bzw. Tschetschenien, und wie wird die Entwicklung für die nächsten Mo-
nate eingeschätzt?

21. Wie ist die allgemeine Prognose des BAMF in Bezug auf die Entwicklung
der Zahl der Asylsuchenden für das Jahr 2014, und auf welchen konkreten
Annahmen beruht diese Prognose (bitte so detailliert und länderspezifisch
wie möglich antworten)?

22. Wie ist die aktuelle Personalstruktur des BAMF in absoluten und relativen
Zahlen und nach Personalstellen und Kosten differenziert (bezüglich der
inhaltlichen Aufgabenbereiche bitte so genau wie möglich antworten und
mindestens nach Abteilungs- und Gruppenebene aufgliedern)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/433
23. Wie ist die Erklärung des Bundesministers des Innern, Dr. Thomas de
Maizière: „Wir brauchen schneller Klarheit darüber, wer tatsächlich schutz-
bedürftig ist und wer nicht, zumal nur knapp 14 Prozent der Anträge an-
erkannt wurden. Das dient dem Interesse der wirklich Schutzbedürftigen“
(www.bmi.bund.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2014/01/asylzah-
len_2013.html?nn=3314802) – d. h. dass angeblich nur knapp 14 Prozent
aller Asylsuchenden wirklich schutzbedürftig seien –, zu begründen, ange-
sichts des Umstands, dass die Gesamtschutzquote im Jahr nach einer Mel-
dung des Mediendienstes Integration vom 14. Januar 2014 nicht 14 Prozent,
sondern 25 Prozent betrug – und wenn nur inhaltliche Entscheidungen
betrachtet werden, sogar knapp 40 Prozent (www.mediendienst-integra-
tion.de: „Rund 40 Prozent der inhaltlichen Entscheidungen waren positiv“)?

24. Inwieweit teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass in offiziellen Dar-
stellungen und Mitteilungen, wie der oben zitierten des Bundesinnenminis-
ters, auf die Gesamtschutzquote abgestellt werden sollte, wenn es darum
geht, zu benennen, wie viele Asylsuchende in der Entscheidungspraxis des
BAMF als „wirklich schutzbedürftig“ angesehen werden, zumal nach § 2
Absatz 13 AufenthG als „international Schutzberechtigte“ sowohl aner-
kannte Flüchtlinge als auch subsidiär Schutzberechtigte gelten, was den
EU-Asylrichtlinien entspricht, in denen Flüchtlingen wie subsidiär Schutz-
berechtigten ein „internationaler Schutz“ zugesprochen wird (bitte begrün-
den)?

25. Wie begründet der Präsident des BAMF, Dr. Manfred Schmidt, seine in ei-
nem Interview mit der Zeitung „DIE WELT“ vom 14. Januar 2014 („Hartz IV
ist ein Anreiz, hier zu überwintern“) geäußerte Auffassung, Wiedereinreise-
sperren seien „sinnvoll, sowohl für Einwanderer in die Sozialsysteme als
auch für abgelehnte Flüchtlinge“ (bitte auch darlegen, ob diese Interview-
aussage autorisiert worden war)?
a) Was hat er in diesem Zusammenhang unter „Einwanderer in die Sozial-

systeme“ verstanden?
Sind hierunter Einwanderer zu verstehen, die einen Antrag auf Sozial-
hilfe gestellt haben, deren Antrag genehmigt oder abgelehnt wurde, die
tatsächlich Sozialhilfe erhalten haben (und wenn ja, ab welcher Höhe,
und über welche Zeiträume, und welche Rolle spielt es, dass ein Rechts-
anspruch auf diese Hilfe bestand), und inwieweit soll eine Gewährung
oder Ablehnung von Hilfen des Sozialsystems eine Wiedereinreisesperre
rechtfertigen können (bitte in Auseinandersetzung mit der Rechtslage
und rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsprinzipien darlegen)?

b) Was hat der Präsident des BAMF in diesem Zusammenhang unter „ab-
gelehnten Flüchtlingen“ verstanden (bitte darlegen), und inwieweit soll
eine Ablehnung von Flüchtlingen, etwa im Asylverfahren, eine Wieder-
einreisesperre begründen können (bitte in Auseinandersetzung mit der
Rechtslage und rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsprinzipien dar-
legen)?

c) Wie bewertet die Bundesregierung diese Äußerung des Präsidenten des
BAMF, und wird sie seine Anregung zum Thema Wiedereinreisesperren
bei einer entsprechenden Gesetzesinitiative aufnehmen (bitte darlegen)?

Berlin, den 30. Januar 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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