BT-Drucksache 18/4329

Sport und Alltag verbinden - Lärmschutzregeln für Sportanlagen den heutigen Anforderungen anpassen

Vom 18. März 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/4329
18. Wahlperiode 18.03.2015
Antrag
der Abgeordneten Peter Meiwald, Monika Lazar, Christian Kühn
(Tübingen), Özcan Mutlu, Annalena Baerbock, Bärbel Höhn, Sylvia
Kotting-Uhl, Oliver Krischer, Steffi Lemke, Dr. Julia Verlinden, Harald Ebner,
Matthias Gastel, Stephan Kühn (Dresden), Nicole Maisch,
Friedrich Ostendorff, Markus Tressel, Dr. Valerie Wilms und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Sport und Alltag verbinden – Lärmschutzregeln für Sportanlagen den heutigen
Anforderungen anpassen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Aufgrund der veränderten Lebensgewohnheiten, neuer rechtlicher Regelungen zum
Lärmschutz und einer hohen Rechtsunsicherheit beim Umbau und der Modernisie-
rung von Sportanlagen, ist die Sportanlagenlärmschutzverordnung zu modernisieren
und den heutigen Anforderungen anzupassen. Dabei muss das Ziel sein, wieder ei-
nen faireren und tragfähigen Ausgleich zwischen den Interessen von Sporttreibenden
an der Nutzung von wohnungsnahen Sportanlagen auf der einen Seite und dem
ebenso berechtigten Ruhebedürfnis der Nachbarschaft solcher Anlagen auf der an-
deren Seite, zu ermöglichen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

Sorge zu tragen, dass Kinderlärm, der von Sportanlagen ausgeht, rechtssicher
unter die „Kinderlärm-Privilegierung“ fällt;

dass der sog. „Altanlagenbonus“ bei einer umfangreichen Änderung oder Mo-
dernisierung einer Sportanlage, rechtssicher und bundeseinheitlich im Sinne ei-
ner Standortsicherung ausgestaltet wird;

die Möglichkeit der Ausübung von Trendsportarten im urbanen Raum verstärkt
gefördert wird, indem auch bei einer etwaigen funktionalen Umwandlung von
Sportanlagen der sog. „Altanlagenbonus“ erhalten bleibt;

zu prüfen, ob eine weitere Vereinheitlichung der Prüfmethoden bei der Lärm-
messung geboten ist;

Drucksache 18/4329 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
zu prüfen, ob Sportanlagen mit einer hohen Zuschauerkapazität, die nicht dem

Breitensport dienen, aus dem Regelungsbereich der Sportanlagenlärmschutzver-
ordnung herausgenommen werden und in den Regelungsbereich der Verord-
nung über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. BImSchV) überführt werden
können.

Berlin, den 17. März 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Begründung

Als die Sportanlagenlärmschutzverordnung Anfang der neunziger Jahre entstand, war sie die Antwort auf die
Fragen und die Lebenswirklichkeit ihrer Zeit. Sie hat das Ziel, einen faireren und langfristig tragfähigen Aus-
gleich zwischen Wohnen und Sport zu ermöglichen. Die Interessen von Sporttreibenden an der Nutzung von
wohnungsnahen Sportanlagen standen dem ebenso berechtigten Ruhebedürfnis der Nachbarschaft solcher An-
lagen gegenüber. Die Sportanlagenlärmschutzverordnung war somit von jeher, auf den Ausgleich der verschie-
denen Interessen ausgerichtet und hat sich in der kommunalen Praxis lange Zeit auch bewährt. Mit ihr wurden
Sportanlagen, entsprechend dem politischen Ziel der Förderung von Schul- und Vereinssport, gegenüber ande-
ren Nutzungsformen wie beispielsweise Freizeit- und Gewerbeanlagen privilegiert. Gleichwohl haben sich in
den letzten Jahren vermehrt Konflikte beim Nebeneinander von Sport- und Wohnbedürfnissen ergeben, die auf
den heutigen Lebens-, Arbeits- und Schulwirklichkeiten beruhen. Den Veränderungen dieser Lebenswirklich-
keiten z. B. durch den Ganztagsschulausbau und damit einhergehend, den veränderten Zeiten im Freizeitver-
halten von Kindern und Jugendlichen aber auch Erwachsenen, trägt die bestehende Sportanlagenlärmschutz-
verordnung nicht mehr Rechnung. Auch den veränderten Zeiten des Ruhebedürfnisses und der Ausübung der
Berufstätigkeiten tragen die starren Ruhezeiten nicht mehr Rechnung. Deshalb ist zu prüfen, inwieweit die
Mittagsruhezeit an Sonn- und Feiertagen (gem. § 2 Abs. 5 18. BImSchV) mit Blick auf veränderte Gewohn-
heiten bedarfsgerecht, im Sinne des Sports, ausgestaltet werden können.

Daneben sind auch neue (Trend-)Sport- und Freizeitaktivitäten wie Skaten oder Streetball entstanden, die heute
ein fester Bestandteil einer modernen Sport- und Freizeitkultur sind und keine adäquate Berücksichtigung in
der Verordnung finden.

Zusätzlich fehlt eine entsprechende rechtssichere wie klarstellende Verankerung der gesetzlichen Änderungen
zum Kinderlärm. 2011 wurde vom Gesetzgeber mit der Weiterentwicklung des geltenden Lärmschutzrechts
festgelegt, dass Kinderlärm nicht als schädliche Umwelteinwirkung gilt und somit auch keine erhebliche Be-
lästigung darstellt. Aus Sicht des Bundestages muss unzweifelhaft klargestellt werden, dass dies auch für Kin-
derlärm, welcher von Sportstätten ausgeht, gilt.

Auch technologische Weiterentwicklungen wie z. B. der Trend der Umwandlung von alten, wenig genutzten
Sportanlagen zu Sportanlagen für heute nachgefragte Sportarten und der Umbau von Sand-, Tennen- oder
Aschenplätzen zu modernen Kunstrasenplätzen und die damit einhergehende verstärkte Nutzung durch die
Sportvereine aber auch durch den Schulsport, sind nicht adäquat in der Verordnung berücksichtigt. Es bestehen
bei einer solchen Umwandlung große Unklarheiten ob der sog. „Altanlagenbonus“ genutzt werden darf. Dieser
Bonus stellt klar, das Anlagen, die vor dem vor Inkrafttreten dieser Verordnung baurechtlich genehmigt oder
errichtet waren, auch bei einer geringen Lärmüberschreitung von bis zu 5 dB(A) ohne einschränkende Betriebs-
zeiten betrieben werden können. Darauf haben die Ministerien für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Na-
tur- und Verbraucherschutz sowie für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-West-
falen reagiert und vorbildlich Erlass in Kraft gesetzt, der insbesondere Unklarheiten in Hinblick auf den Altan-
lagenbonus beseitigt. Der Bundestag würde es begrüßen, wenn eine solche Klarstellung nicht in einzelnen
Ländererlassen, sondern bundesweit direkt in der Sportanlagenlärmschutzverordnung geregelt wird.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4329
Neben dieser Entwicklung im Bereich des Breiten- und Freizeitsportes gibt es auch einen Trend zu immer
größeren Sportanlagen mit einer hohen Zuschauerkapazität im kommerziellen Bereich. Solche Sportanlangen
sind bisher den Breitensportanlagen gleichgestellt. Hier wäre zu prüfen, ob ab einer bestimmten Zuschauerka-
pazität diese Anlagen aus der Sportanlagenlärmschutzverordnung herauszunehmen wären, da von ihnen eine
deutlich höhere Lärmeinwirkung ausgeht. Diese Lärmeinwirkung ist insbesondere durch die höhere Zuschau-
eranzahl und die damit einhergehenden nicht sportbedingten Emissionen (z.B. An- und Abfahrtsemissionen,
Lärmemissionen aufgrund von Werbung) bedingt. Eine Bevorzugung gegenüber anderen kommerziellen An-
lagen ist aus Sicht des Bundestages nicht zu begründen.
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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