BT-Drucksache 18/4137

zu dem Antrag der Abgeordneten Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), Hans-Christian Ströbele, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 18/905 - Kontoeröffnungen für Flüchtlinge ermöglichen

Vom 26. Februar 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/4137
18. Wahlperiode 26.02.2015
Beschlussempfehlung und Bericht
des Finanzausschusses (7. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln),
Hans-Christian Ströbele, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 18/905 –

Kontoeröffnungen für Flüchtlinge ermöglichen

A. Problem
Ausländische Staatsangehörige, die nach § 60a des Aufenthaltsgesetzes (Aufent-
haltG) in Deutschland lediglich geduldet sind, haben oftmals keinen gültigen amtli-
chen Ausweis mit Lichtbild. Nach dem Geldwäschegesetz ist dieser Beleg ihrer
Identität aber Voraussetzung für eine Kontoeröffnung.

B. Lösung
Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordert eine Rechtsverord-
nung des Bundesministeriums des Innern aufgrund von § 4 Absatz 4 Satz 2 des Geld-
wäschegesetzes (GwG), die bestimmt, dass Duldungsbescheinigungen gemäß § 60a
Absatz 4 AufenthaltG geeignete Dokumente zur Überprüfung der Identität im Sinne
des GwG sind.
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen
Der Antrag nennt keine Alternativen.

D. Kosten
Wurden nicht erörtert.
Drucksache 18/4137 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag auf Drucksache 18/905 abzulehnen.

Berlin, den 25. Februar 2015

Der Finanzausschuss

Ingrid Arndt-Brauer
Vorsitzende

Dr. Carsten Sieling
Berichterstatter

Dr. Gerhard Schick
Berichterstatter
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4137
Bericht der Abgeordneten Dr. Carsten Sieling und Dr. Gerhard Schick

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache 18/905 in seiner 26. Sitzung am 3. April 2014 dem
Finanzausschuss zur federführenden Beratung sowie dem Innenausschuss, dem Ausschuss für Recht und Ver-
braucherschutz und dem Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sieht vor, dass der Deutsche Bundestag beschließen
soll,
I. festzustellen, dass ausländische Staatsangehörige, die nach § 60a des Aufenthaltsgesetzes (AufenthaltG) in
Deutschland lediglich geduldet sind, oftmals keinen gültigen amtlichen Ausweis mit Lichtbild haben. Nach
dem Geldwäschegesetz (GwG) ist dieser Beleg ihrer Identität aber Voraussetzung für eine Kontoeröffnung;
II. die Bundesregierung aufzufordern, durch das Bundesministerium des Innern per Rechtsverordnung auf-
grund von § 4 Absatz 4 Satz 2 GwG zu bestimmen, dass Duldungsbescheinigungen gemäß § 60a Absatz 4
AufenthaltG geeignete Dokumente zur Überprüfung der Identität im Sinne des GwG sind.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Innenausschuss hat den Antrag in seiner 38. Sitzung am 25. Februar 2015 beraten und empfiehlt mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN Ablehnung.
Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat den Antrag in seiner 42. Sitzung am 25. Februar 2015
beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Frak-
tionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei zwei Stimmenthaltungen der Fraktion der SPD
Ablehnung.
Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe hat den Antrag in seiner 29. Sitzung am 25. Feb-
ruar 2015 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen
der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ablehnung.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Finanzausschuss hat den Antrag auf Drucksache 18/905 in seiner 34. Sitzung am 25. Februar 2015 erst-
malig und abschließend beraten.
Der Finanzausschuss empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen
der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/905.
Die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und SPD betonten, es handle sich bei der Möglichkeit der Kontoer-
öffnung für Flüchtlinge um ein bedeutendes Thema. Es sei selbstverständlich, dass Flüchtlingen in Deutschland
eine Kontoeröffnung ermöglicht werden solle. Aus diesem Grund habe sich die Bundesregierung in den Ver-
handlungen auf europäischer Ebene zur Zahlungskontenrichtlinie erfolgreich dafür eingesetzt, dass auch
Flüchtlinge in den Kreis der Berechtigten für das „Jedermann-Konto“ aufgenommen werden. Eine zeitnahe
Umsetzung der im September 2014 in Kraft getretenen Richtlinie sei ohnehin vorgesehen, weshalb die im
vorliegenden Antrag geforderten Regelungen nicht erforderlich seien. Auch sei der im Antrag aufgeführte Lö-
sungsweg aus unterschiedlichen rechtlichen Gründen nicht durchführbar.
Die Fraktion der SPD erklärte darüber hinaus, die SPD setze sich seit langer Zeit für die Schaffung eines Rechts
auf ein Guthabenkonto für Jedermann in Deutschland ein (vgl. z. B. BT-Drs. 17/7823).
Die bis zum 18.9.2016 in nationales Recht umzusetzende Richtlinie der EU zum sog. „Bankkontopaket“
(2014/92/EU) schaffe in Art. 16 erstmals auch das Recht für „Asylsuchende und Verbraucher ohne Aufent-
haltstitel, die aus rechtlichen oder tatsächlichen Voraussetzungen nicht abgeschoben werden können“, ein
„Zahlungskonto mit grundlegenden Funktionen“ zu eröffnen. Diese europäische Initiative begrüße die Fraktion
der SPD ausdrücklich.
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Drucksache 18/4137 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Beschränkt werde das Recht auf das Zahlungskonto durch die Bestimmungen über die Verhinderung der Geld-
wäsche und die Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung. So untersage die EU-Geldwäsche-Richtlinie
(2005/60/EG) anonyme Konten oder anonyme Sparbücher und normiere darüber hinaus die Pflicht der Kredit-
und Finanzinstitute, die Identität des Kunden zu prüfen.
Sollten die auf dieser Grundlage in Deutschland geschaffenen Regelungen im Geldwäschegesetz (GWG) wei-
terhin gelten, könne die Richtlinie zum Bankkontopaket nicht umgesetzt werden. Denn bisher setze die Identi-
tätsprüfung ein amtliches Dokument als Ausweisersatz mit einem Lichtbild der Person voraus (§ 4 Abs. 4
GWG). Diesen Anforderungen genüge derzeit regelmäßig eine Aufenthaltsgestattung, eine Duldungsbeschei-
nigung in der Regel allerdings nicht. So wäre den betroffenen Personen die Eröffnung eines Zahlungskontos
dauerhaft unmöglich. Das könne nicht im Sinne der Richtlinie sein.
Vielmehr werde dort in den Erwägungsgründen ausdrücklich ausgeführt, dass „die Bestimmungen der Richtli-
nie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates nicht als Vorwand dienen, um wirtschaftlich we-
niger interessante Verbraucher abzulehnen.“ Zudem „sollten [die Mitgliedstaaten] Mechanismen einrichten
können, um Verbrauchern ohne festen Wohnsitz, Asylsuchenden und Verbrauchern ohne Aufenthaltstitel, die
aber aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht abgeschoben werden können, dabei [zu] helfen, in den
uneingeschränkten Genuss dieser Richtlinie zu gelangen.“
Keine Lösung und im Widerspruch zur EU-Geldwäsche-RL wäre es zwar, künftig auch amtliche Dokumente
ohne Lichtbildausweis als für einen Identitätsnachweis genügend zuzulassen. Vielmehr seien aber die amtli-
chen Dokumente für Asylsuchende und Personen ohne Aufenthaltstitel so zu gestalten, dass eine Identitätsprü-
fung künftig zweifelsfrei möglich sei.
Die Bundesregierung müsse deshalb die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen dafür schaffen,

dass Asylsuchende und Verbraucher ohne Aufenthaltstitel in Deutschland über ein amtliches Dokument
zu Überprüfung der Identität verfügen, das auch den Vorgaben des § 4 GWG genüge und ihnen so die
Eröffnung eines Zahlungskontos ermögliche.

Die Bundesregierung habe außerdem Sorge dafür zu tragen, dass Menschen, obwohl sie über eine Aufent-
haltsgestattung oder Duldung als Ausweisersatz verfügten (vgl. § 68 AufenthG), von Kreditinstituten nicht
diskriminierend mit dem Hinweis auf die Vorschriften des GWG die Eröffnung eines Zahlungskontos ver-
weigert werde.

Die Fraktion DIE LINKE. betonte, der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN greife der Rege-
lung in der Richtlinie „Girokonto für jedermann“ vor, die im Europäischen Parlament im April 2014 verab-
schiedet worden sei und seit ihrem Inkrafttreten im September 2014 zwei Jahre Zeit zur Umsetzung lasse. Da
aber im Rahmen der Umsetzung nur geringe Veränderungen im Geldwäschegesetz nötig seien, sei hierfür ein
Zeitraum von noch eineinhalb Jahren nicht erforderlich. Es sei zwar positiv zu bewerten, wenn es in einigen
Fällen für Geduldete, die über einen Lichtbildausweis ihres Herkunftslandes verfügten, in der Praxis der Spar-
kassen pragmatische Lösungen gebe. Das Problem bestehe aber weiterhin für Geduldete ohne Lichtbildaus-
weis, denen aus diesem Grund eine Kontoeröffnung verwehrt bleibe.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wies darauf hin, das Geldwäschegesetz verlange für eine Konto-
eröffnung ein amtliches Identitätspapier mit Lichtbild. Ein solches Identitätspapier würden geduldete Flücht-
linge aber regelmäßig nicht haben. Deswegen fordere die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dieser Per-
sonengruppe den Zugang zu einem Zahlungskonto zu eröffnen, so wie es auch die noch umzusetzende EU-
Zahlungskontenrichtlinie vorsehe. Damit solle ausländischen Staatsangehörigen, deren Aufenthalt in Deutsch-
land nur geduldet sei, eine normale Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht werden, was ohne Giro-
konto schwierig sei. Es handele sich um ein Problem in der Praxis, das für die Betroffenen und für diejenigen,
die sie unterstützen wollen, eine große Hürde darstelle. Deswegen schlage man insbesondere auch vor dem
Hintergrund der ohnehin umzusetzenden EU-Zahlungskontenrichtlinie vor, dieses Problem bereits jetzt anzu-
gehen und zeitnah zu lösen.

Berlin, den 25. Februar 2015

Dr. Carsten Sieling
Berichterstatter

Dr. Gerhard Schick
Berichterstatter

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