BT-Drucksache 18/403

Standsicherheit und Kosten des Hochmoselübergangs der B 50 neu

Vom 30. Januar 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/403
18. Wahlperiode 30.01.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Katrin Werner, Sabine Leidig, Herbert Behrens, Thomas Lutze,
und der Fraktion DIE LINKE.

Standsicherheit und Kosten des Hochmoselübergangs der B 50 neu

Der Hochmoselübergang (B 50 neu) ist ein geplantes und in Bau befindliches
25 km langes Bundesstraßenteilstück, das den Regionalflughafen Hahn mit dem
Autobahnkreuz Wittlich verbinden soll. Kernstück ist die Hochmoselbrücke mit
einer Höhe von 160 m und einer Länge von 1,7 km, die das Moseltal an einer
besonders breiten Stelle überqueren soll. Bereits zu Beginn der Planung wurde
auch von fachlicher Seite auf die Baugrundproblematik am Westhang (Ürziger
Seite) des Brückenstandortes hingewiesen. Im Verlaufe der Erdgeschichte fan-
den im Bereich der Wittlicher Senke und Ürzig massive Bewegungen unter-
schiedlicher Gesteinsschichten statt, eine Devonscholle sackte um mehrere
Hundert Meter ab, es kam zur Verfüllung der Senke mit rotem Sandstein, mit der
Folge, dass teilweise haushohe Gesteinsbrocken in instabilen Geröllschichten
„schwimmen“. Ausgerechnet am geplanten Brückenstandort findet sich dieses
zu Rutschungen neigende Gemisch in besonders ausgeprägter Weise wieder
(Quellen: Geologische Übersichtskarte www.lgb-rlp.de/guek300. html; Hang-
stabilitätskarte www.lgb-rlp.de/hangstabilitaetskarte.html; Streckenverlaufskarte
www.hochmoseluebergang.rlp.de/index.php?id=89; Einwendungen www.
material.pro-mosel.de/juristisch/hoff.pdf).
Die Geomorphologin Dr. Elisabeth von den Hoff (im Jahr 2000), der Geologe
Dr. Johannes Feuerbach (im Jahr 2011) und jüngst auch der Amtsleiter des
rheinland-pfälzischen Landesamtes für Geologie und Bergbau (LGB), Prof. Dr.
Harald Ehses (im Jahr 2013), bekräftigten die Auffassung, dass der ausgewählte
Brückenstandort extrem ungünstig ist und einen ungewöhnlich hohen Unter-
suchungsaufwand erfordert. Alle drei Experten meinen zudem, dass die im
Zusammenhang mit dem Brückenbau vorgenommenen Untersuchungen bei
weitem nicht ausreichend sind, um die Standsicherheit eines derartig hohen Bau-
werks gewährleisten zu können. So fehle insbesondere ein hydrologisches
Gutachten, der „Rutschhang“ am Westufer der Mosel sei hypersensibel (siehe
„Schatten überm Himmelreich“, Neues Deutschland vom 16. Januar 2014 und
www.volksfreund.de/nachrichten/welt/themendestages/themenderzeit/Weitere-
Themen-des-Tages-Warum-Landes-Geologen-den-Hochmosel-Brueckenbau-
so-schwierig-finden;art742,3748601). Kritisiert wird u. a., dass die Installation
von Geo-Messpunkten zur Ermittlung von Hangbewegungen erst sehr spät er-
folgt sei und zumindest bis Mitte 2013 noch keine Messdaten abgefragt wurden.
Zur Beurteilung der Stabilität des Untergrundes sei jedoch ein über Jahre andau-
erndes Monitoring mit Hilfe der Geo-Messpunkte erforderlich.

Drucksache 18/403 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Als Konsequenz aus der aktuellen Diskussion um die Standsicherheit am
Ürziger Hang wurde nun ein hydrogeologisches Gutachten beschlossen, wel-
ches die verschiedenartigen Wasserflüsse in diesem Hang untersuchen soll, da
Wasser als „Schmiermittel“ Rutschungen auslösen kann.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Bis wann wird die hydrogeologische Untersuchung für den Ürziger Hang

abgeschlossen sein, wer wird sie durchführen, und wie hoch sind die
Kosten?

2. Welche Untersuchungsmethoden sind zusätzlich zu den hydrogeologischen
Untersuchungen für den Ürziger Hang geplant, bis wann werden sie ab-
geschlossen sein, wer wird sie durchführen, und wie hoch sind jeweils die
Kosten?

3. Wann wird mit der Auswertung der Geo-Messdaten für den Ürziger Hang
begonnen, und welcher Messzeitraum ist dafür voraussichtlich erforderlich?

4. Von wann datieren die jüngsten Berechnungen zur Baustatik?
a) Auf welche Brückenpfeiler beziehen sich diese Berechnungen?
b) Welche Erkenntnisse haben sie jeweils gebracht?
c) Für welche Brückenpfeiler liegen noch keine abschließenden Statikbe-

rechnungen vor?
5. Wird es eine Bauunterbrechung geben, bevor die Ergebnisse der Unter-

suchungen vorliegen, vor allem im Hinblick auf die Möglichkeit, dass der
Brückenbau nicht oder nicht ohne eine nachträgliche Planänderung möglich
ist (bitte mit Begründung)?

6. Teilt die Bundesregierung die übereinstimmende Auffassung von Fachleu-
ten, dass ruhende Rutschhänge (wieder) in Bewegung geraten können,
wenn sie Eingriffen verschiedener Art ausgesetzt sind (bitte mit Begrün-
dung)?
a) Teilt die Bundesregierung ebenfalls die Auffassung, dass zu einem sol-

chen Eingriff auch der Bau der Hochmoselquerung gehört (bitte mit Be-
gründung)?

b) Welche Vorkehrungen sind geplant, um die am Bau beteiligten Arbeiter
sowie die Bürger vor Ort vor damit möglicherweise einhergehenden un-
vorhersehbaren Ereignissen zu schützen?

7. Welche Maßnahmen werden ergriffen, um die Brücke nach ihrer Fertigstel-
lung vor widrigen Einflüssen, wie dem Eindringen von Wasser in Boden-
spalten, starkem Wind und Erdbeben, zu schützen?

8. Wie viel der im Straßenbauplan 2013 aufgeführten Gesamtkosten in Höhe
von 374,5 Mio. Euro (siehe Antwort der Bundesregierung auf die Kleine
Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 17/14030)
wurden mittlerweile, getrennt nach den Bauabschnitten 1 und 2, verausgabt
(IST-Kosten)?

9. In welcher Höhe wurden bislang Aufträge, getrennt nach den Bauabschnit-
ten 1 und 2, vergeben?

10. Wie hoch liegen die aktuell prognostizierten Baukosten sowohl für den
Hochmoselübergang als auch die B 50 neu insgesamt (bitte zusätzlich ge-
trennt nach Bauabschnitten angeben)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/403
11. Kann die Bundesregierung eine bereits diskutierte Verdopplung der Bau-
kosten von ursprünglich geplant 330 Mio. Euro auf 660 Mio. Euro aus-
schließen?

12. Hält die Bundesregierung angesichts der möglicherweise erheblichen Kos-
tensteigerung an ihrer Aussage fest, ein „Absinken des NKV des in Bau
befindlichen Projektes infolge Kostensteigerung oder geringeren Verkehrs-
strömen auf einen Wert, der die Bauwürdigkeit gefährdet, ist nicht zu
befürchten“ (Antwort auf die Kleine Anfrage zu Frage 2 der Fraktion DIE
LINKE. auf Bundestagsdrucksache 17/14030) (bitte mit Begründung)?

13. Wie sollen anfallende Mehrkosten zwischen Bund und Land aufgeteilt wer-
den (bitte mit Begründung)?
Wann gab es dazu, und wann wird es dazu Gespräche zwischen Bund und
Land geben?

14. Gibt es aktuelle Verkehrsprognosen für die B 50 neu?
Wenn nein, warum nicht, und von wann ist die letzte Verkehrsprognose?
Wenn ja, wurden dabei die zuletzt gesunkenen und zukünftig möglicher-
weise noch weiter sinkenden Fracht- und Passagierzahlen am Flughafen
Hahn bereits berücksichtigt (bitte mit Begründung)?
Wenn ja, wurde dabei die im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und
SPD vereinbarte Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen und die
dadurch zu erwartenden Mautvermeidungsverkehre bereits berücksichtigt
(bitte mit Begründung)?

15. Wird im Zuge der Netzumlegung der Verkehrsprognose 2030 als Grundlage
des geplanten Bundesverkehrswegeplanes 2015 auch eine Aussage über die
prognostizierte zukünftige Verkehrsbelastung der B 50 neu getroffen (bitte
mit Begründung)?

16. Zählt die B 50 neu zu den Projekten, in die laut Koalitionsvertrag zwischen
CDU, CSU und SPD 80 Prozent der Mittel für den Neu- und Ausbau fließen
sollen, „dazu gehören der Ausbau hoch belasteter Knoten, Seehafenhinter-
landanbindungen und Hauptachsen, die Schließung wichtiger überregional
bedeutsamer Netzlücken sowie die Einbindung transeuropäischer und in
völkerrechtlichen Verträgen vereinbarter Verkehrsachsen“, und welche die-
ser Kategorien findet gegebenenfalls auf die B 50 neu Anwendung (bitte
mit Begründung)?

Berlin, den 30. Januar 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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