BT-Drucksache 18/3906

Todesopfer unter Flüchtlingen in die Bundesrepublik Deutschland und die Europäische Union im Jahr 2014

Vom 2. Februar 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3906
18. Wahlperiode 02.02.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Wolfgang Gehrcke, Christine Buchholz,
Sevim Dağdelen, Annette Groth, Heike Hänsel, Inge Höger, Andrej Hunko,
Niema Movassat, Dr. Alexander S. Neu, Petra Pau, Harald Petzold (Havelland),
Dr. Petra Sitte, Frank Tempel, Halina Wawzyniak, Jörn Wunderlich und
der Fraktion DIE LINKE.

Todesopfer unter Flüchtlingen in die Bundesrepublik Deutschland und die
Europäische Union im Jahr 2014

Im vergangenen Jahr kamen nach einer Zählung des UNHCR (Hochkommissar
der Vereinten Nationen für Flüchtlinge) im Mittelmeer 3 419 Bootsflüchtlinge
ums Leben, das war ein Großteil der 4 270 ertrunkenen oder anders auf See ums
Leben gekommenen Bootsflüchtlinge (Süddeutsche Zeitung vom 10. Dezember
2014, „Mehr Bootsflüchtlinge als je zuvor“). Nach Angaben des EU-Kommis-
sars für Inneres und Migration Dimitris Avramopoulos in einer Debatte des Eu-
ropäischen Parlaments am 13. Januar 2015 kamen insgesamt 203 000 Menschen
mit Booten und Schiffen in die Europäische Union (epd vom 14. Januar, 2015,
„EU-Kommission: Mehr Flüchtlingen legale Einreise ermöglichen“).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Personen sind nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2014

a) an den Landesgrenzen, Küsten, Seehäfen, Flughäfen bzw. im Grenzgebiet
der Bundesrepublik Deutschland, und

b) an den Grenzen der Europäischen Union tot aufgefunden worden
(bitte nach Datum und Ort des Auffindens, Nationalität des Opfers und To-
desart bzw. Umständen des Todes aufschlüsseln)?

2. Wie viele Personen sind nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2014
mit körperlichen Verletzungen durch Erfrierungen, Unterkühlungen, Hunger
bzw. Durst o. Ä. aufgegriffen worden, die sie sich im Zuge ihres ggf. uner-
laubten Grenzübertritts
a) in die Bundesrepublik Deutschland oder
b) in die Europäische Union zugezogen hatten
(bitte nach Datum und Ort, Nationalität des Opfers, Körperverletzungsart
aufschlüsseln)?

3. Wie viele Personen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2014
im Zuge ihres ggf. unerlaubten Grenzübertritts
a) durch die Bundespolizei oder Zollbeamte in Deutschland

Drucksache 18/3906 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
b) durch Bundespolizei- oder Zollbeamte an den Außengrenzen der Europä-
ischen Union

durch die Anwendung unmittelbaren Zwangs bzw. im Zuge einer entspre-
chenden Nacheile körperlich verletzt?
c) Wie viele Ermittlungs- und Disziplinarverfahren wurden diesbezüglich ein-

geleitet und mit welchem Ergebnis abgeschlossen (bitte aufschlüsseln)?
4. Wie viele Personen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2014

a) in der Bundesrepublik Deutschland und
b) in der Europäischen Union
im Zuge ihrer ggf. unerlaubten Grenzübertritte durch Privatpersonen verletzt
bzw. getötet (bitte nach Datum und Ort, Nationalität des Opfers und Todes-
bzw. Verletzungsart aufschlüsseln)?
c) Wie viele Ermittlungsverfahren wurden diesbezüglich eingeleitet und mit

welchem Ergebnis abgeschlossen (bitte aufschlüsseln)?
5. Wie viele Personen sind nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2014

a) in der Bundesrepublik Deutschland und
b) in der Europäischen Union
– tot aufgefunden worden, nachdem sie im Zuge ihres Versuchs der gegebe-

nenfalls unerlaubten Einreise in die Bundesrepublik Deutschland bzw.
Europäische Union in ihrem Transportmittel Sauerstoffmangel, Hunger,
Durst, Kälte, Überhitzung o. Ä. ausgesetzt waren (bitte nach Datum und
Ort, Nationalität der Opfer, Transportmittel und Todesart aufschlüsseln),

– verletzt aufgefunden worden, nachdem sie im Zuge ihres Versuchs der
ggf. unerlaubten Einreise in die Bundesrepublik Deutschland bzw. Euro-
päische Union in ihrem Transportmittel Sauerstoffmangel, Hunger, Durst,
Kälte, Überhitzung o. Ä. ausgesetzt waren (bitte nach Datum und Ort,
Nationalität der Opfer, Transportmittel und Verletzungsart aufschlüsseln)?

6. Falls zu den jeweils vorangegangenen Fragen 1 bis 5, insbesondere im Hin-
blick auf die Außengrenzen der Europäischen Union, keine auf amtlichen
Daten basierende Antwort gegeben werden kann,
a) welche Daten und sonstigen Erkenntnisse liegen der Bundesregierung

dazu ansonsten vor, z. B. aus den Berichten der bei der Europäischen
Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mit-
gliedstaaten der Europäischen Union (FRONTEX) eingesetzten Bundes-
beamten oder entsprechende Daten, mit denen etwa Einrichtungen wie das
Gemeinsame Analyse- und Strategiezentrum illegale Migration (GASIM)
arbeiten,

b) welche Daten von internationalen Organisationen oder Nichtregierungs-
organisationen hat die Bundesregierung zur Kenntnis genommen, und
welche Schlüsse zieht sie daraus,

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3906
c) welche Gründe kann die Bundesregierung angeben, dass solche Daten
weder bei ihr noch bei FRONTEX systematisch erhoben werden, wo es
sich doch in der Deutung der Bundesregierung bzw. FRONTEX bei diesen
Toten um Opfer der Schleuserkriminalität handelt, die als Begründung für
eine effektivere Ausgestaltung des Grenzschutzes regelmäßig herangezo-
gen werden?

Berlin, den 30. Januar 2015

Dr. Gregor Gysi und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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