BT-Drucksache 18/3450

gemäß § 96 der Geschäftsordnung zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksachen 18/3124, 18/3157, 18/3449 - Entwurf eines Gesetzes zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf

Vom 3. Dezember 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3450
18. Wahlperiode 03.12.2014
Bericht
des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss)
gemäß § 96 der Geschäftsordnung

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines und Beruf

Bericht der Abgeordneten Michael Leutert Alois Rainer Ulrike Gottschalck und
Dr. Tobias Lindner

Mit dem Gesetzentwurf ist beabsichtigt, die Möglichkeiten, die das Familienpflege-
zeitgesetz (FPfZG) und das Pflegezeitgesetz (PflegeZG) zur besseren Vereinbarkeit
von Pflege und Beruf bieten, weiterzuentwickeln. Dazu gehört insbesondere die Ein-
führung des Rechtsanspruchs auf Familienpflegezeit.
Die finanziellen Auswirkungen des Gesetzentwurfs unter Berücksichtigung der vom
federführenden Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend beschlossenen
Änderungen auf die öffentlichen Haushalte stellen sich wie folgt dar:

Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
1. Familienpflegezeit und Pflegezeit
Unter Zugrundelegung der durchschnittlichen Darlehenshöhen für die Arbeitge-
berdarlehen nach dem geltenden Familienpflegezeitgesetz entstehen dem Bund für
die Bereitstellung der zinslosen Darlehen an die Beschäftigten in Familienpflegezeit
oder Pflegezeit sowie für die Absicherung des Kreditausfallrisikos durch Erlöschen
und Teilerlass aufgrund von Härtefallregelungen Ausgaben von rund 1,3 Mio. Euro
im ersten Jahr. In Abhängigkeit von der Inanspruchnahme steigen die Ausgaben (ab-
züglich der Darlehensrückzahlung) im Finanzplanungszeitraum auf bis zu 9,4 Mio.
Euro an.
Die Mehrausgaben des Bundes für die Bereitstellung der zinslosen Darlehen sowie
für die Absicherung des Kreditausfallrisikos werden durch Einsparungen vollständig
innerhalb der geltenden Haushalts- und Finanzplanansätze des Einzelplans des Bun-
desministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gedeckt.
Durch die Änderungen des FPfZG und des PflegeZG kann es in der Sozialversiche-
rung insgesamt zu Beitragsmindereinnahmen kommen, soweit pflegende Angehö-
rige, die ohne die Neuregelung ihre Arbeitszeit nicht reduziert hätten, Familienpfle-
gezeit oder Pflegezeit in Anspruch nehmen. Umgekehrt ergeben sich Beitragsmehr-
einnahmen für pflegende Angehörige, die sonst ihre Erwerbstätigkeit zugunsten der

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Angehörigenpflege aufgegeben hätten. Da der Umfang der zu erwartenden Reduk-
tion der Arbeitszeit nur schwer abschätzbar ist und auch belastbare Annahmen zur
Anzahl der Pflegenden, die ihre Erwerbstätigkeit ansonsten aufgegeben hätten, nicht
vorliegen, ist der Saldo beider Effekte ohne weitere Erkenntnisse nicht zu quantifi-
zieren. Nimmt man jedoch modellhaft an, dass bei allen Inanspruchnahmen die Be-
schäftigten ihre Arbeitszeit im größtmöglichen Umfang reduzieren und es keine po-
sitiven Beschäftigungseffekte gibt, können der Sozialversicherung maximal jährli-
che Mindereinnahmen im mittleren einstelligen Millionenbereich entstehen.
Für die Kommunen – und in geringerem Umfang auch für den Bund – können sich
in der Grundsicherung für Arbeitsuchende geringe, nicht bezifferbare Mehrausgaben
ergeben. Diesbezüglicher etwaiger Mehrbedarf, soweit er auf den Bund entfällt, wird
im Einzelplan des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales innerhalb der gelten-
den Haushalts- und Finanzplanansätze aufgefangen.
2. Pflegeunterstützungsgeld
Die finanziellen Auswirkungen des Pflegeunterstützungsgeldes sind schwer abzu-
schätzen, da insbesondere das mögliche Inanspruchnahmeverhalten unbekannt ist.
Die Inanspruchnahme der Regelung zur kurzzeitigen Arbeitsverhinderung kommt
insbesondere für erwerbstätige Hauptpflegepersonen zu Beginn der Pflegebedürftig-
keit in Frage. Bei rund 744.000 jährlichen Neuzugängen in die Leistungen der Pfle-
geversicherung sind laut der Studie „Wirkungen des Pflege-Weiterentwicklungsge-
setzes“ etwa 357.000 Hauptpflegepersonen mehr als geringfügig beschäftigt und
können vor allem für die Inanspruchnahme der Regelung zur kurzzeitigen Arbeits-
verhinderung in Betracht kommen. Es wird unterstellt, dass durch die Lohnersatz-
leistung bis zu 50 Prozent dieser Personen die Auszeit in Anspruch nehmen. Nicht
in allen Fällen dürfte allerdings der Gesamtzeitraum von zehn Tagen für die Orga-
nisation der Pflege notwendig sein. Bei einer geschätzten Zahl von unter 200.000
Fällen je Jahr und einer durchschnittlichen Inanspruchnahmezeit von weniger als
zehn Tagen dürften die Mehrausgaben höchstens 100 Mio. Euro betragen. Davon
entfallen 94 Mio. Euro auf die soziale Pflegeversicherung. Hinzu könnten Beitrags-
ausfälle in der Größenordnung von etwa 2 Mio. Euro je Jahr kommen.
Die Finanzierung wird im Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Elften
Buches Sozialgesetzbuch ausgewiesen.
Für den Haushalt des Bundes ergeben sich im Bereich der Beihilfe aus einer Über-
nahme der leistungsrechtlichen Änderungen Mehraufwendungen von rund 1 Mio.
Euro für das Jahr 2015. Davon entfallen jeweils rund 0,3 Mio. Euro auf die unmit-
telbare Bundesverwaltung und das Bundeseisenbahnvermögen und 0,4 Mio. Euro
auf die Postbeamtenversorgungskasse.
In den Folgejahren steigen die Mehrausgaben proportional zur Entwicklung der Zahl
der Pflegebedürftigen. Etwaiger Mehrbedarf wird im jeweiligen Einzelplan inner-
halb der geltenden Haushalts- und Finanzplanansätze ausgeglichen.
Für die öffentlichen Haushalte der Länder und Gemeinden ergeben sich im Bereich
der Beihilfe bei einer Übernahme der leistungsrechtlichen Änderungen für das Jahr
2015 Mehrausgaben von rund 1,9 Mio. Euro. In den Folgejahren steigen die Mehr-
ausgaben proportional zur Entwicklung der Zahl der Pflegebedürftigen.
Bei Einführung des Pflegeunterstützungsgeldes als Lohnersatzleistung für die bis zu
zehntägige Auszeit nach dem PflegeZG entfallen Mehrkosten von rund 94 Millionen
Euro auf die soziale Pflegeversicherung. Hinzu könnten Beitragsausfälle in der Grö-
ßenordnung von etwa 2 Millionen Euro je Jahr kommen.
3. Kinderkrankengeld
Die Neuregelung der Bemessung von Beiträgen beim Bezug von Kinderkrankengeld
(Nichtberücksichtigung von Einmalzahlungen bei der Ermittlung der Beitragsbe-
messungsgrundlage) führt zu jährlichen Beitragsmindereinahmen in der gesetzlichen

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Rentenversicherung von rund 3 Mio. Euro und in der Arbeitsförderung sowie in der
sozialen Pflegeversicherung von jeweils weniger als 1 Mio. Euro.

Erfüllungsaufwand

Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
1. Familienpflegezeit und Pflegezeit
Langfristig ist für Bürgerinnen und Bürger ein jährlicher Zeitaufwand von rund
27.800 Stunden sowie ein jährlicher Sachaufwand von etwa 18.800 Euro zu erwar-
ten.
2. Pflegeunterstützungsgeld
Die Beantragung des Pflegeunterstützungsgeldes führt bei den Bürgerinnen und Bür-
gern zu einem Erfüllungsaufwand von rund 288.000 Euro und rund 90.000 Stunden
im Jahr.
3. Kinderkrankengeld
Die Neuregelung des Kinderkrankengeldes nach § 45 des Fünften Buches Sozialge-
setzbuch (SGB V) verändert den Erfüllungsaufwand für die Bürgerinnen und Bürger
nicht.

Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
1. Familienpflegezeit und Pflegezeit
Der jährliche Erfüllungsaufwand der Wirtschaft ändert sich langfristig auf rund
335.000 Euro. Davon entfallen circa 93.000 Euro auf Bürokratiekosten. Der jährli-
che Erfüllungsaufwand ist in den Jahren bis zur vollen Wirksamkeit der Gesetzesän-
derungen deutlich niedriger anzusetzen.
Im Gegenzug wird die Wirtschaft durch die Abschaffung bereits bestehender Vor-
gaben in nicht zu quantifizierendem Umfang entlastet.
2. Pflegeunterstützungsgeld
Die organisatorischen und technischen Umstellungen bei der privaten Versiche-
rungswirtschaft führen bei den privaten Versicherungsunternehmen zu einem ein-
maligen Erfüllungsaufwand von rund 118.000 Euro sowie einem fortlaufenden jähr-
lichen Erfüllungsaufwand von rund 167.000 Euro. Für die Arbeitgeber der Beschäf-
tigten beträgt der fortlaufende jährliche Erfüllungsaufwand rund 1,2 Mio. Euro.
3. Kinderkrankengeld
Nach der Neuregelung des Kinderkrankengeldes nach § 45 SGB V reduziert sich der
Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft um rund 10 Mio. Euro.

Erfüllungsaufwand der Verwaltung
1. Familienpflegezeit und Pflegezeit
Der langfristige jährliche Erfüllungsaufwandssaldo bei der Verwaltung beträgt circa
305.000 Euro. Der jährliche Erfüllungsaufwand für die Verwaltung ist in den Jahren
bis zur vollen Wirksamkeit der Gesetzesänderungen deutlich niedriger anzusetzen.
Die Einrichtung des Beirats für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf beim Bun-
desministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend verursacht durch die Ab-
haltung der Beiratssitzungen und die Abfassung der alle vier Jahre zu erstellenden
Berichte zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf jährliche Aufwendungen in Höhe
von rund 31.000 Euro.
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

Drucksache 18/3450 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Der Mehrbedarf an Sach- und Personalmitteln wird finanziell und stellenmäßig im
jeweiligen Einzelplan innerhalb der geltenden Haushalts- und Finanzplanansätze
ausgeglichen.
2. Pflegeunterstützungsgeld
Die technischen und organisatorischen Anpassungen, über die die Pflegekassen die
Versicherten informieren müssen, führen zu einem einmaligen Erfüllungsaufwand
von rund 314.000 Euro. Der finanzielle Aufwand der Rentenversicherungsträger für
die technische und organisatorische Umsetzung beträgt einmalig etwa 560.000 Euro.
3. Kinderkrankengeld
Nach der Neuregelung des Kinderkrankengeldes nach § 45 SGB V reduziert sich der
Erfüllungsaufwand für die Krankenkassen jährlich um rund 10 Mio. Euro.

Weitere Kosten
Für die private Pflege-Pflichtversicherung ergeben sich aus der Zahlung des Pflege-
unterstützungsgeldes entsprechend dem Verhältnis der Zahl der Pflegebedürftigen
zur sozialen Pflegeversicherung unter Berücksichtigung von Beihilfetarifen Finanz-
wirkungen, die rund drei Prozent der Finanzwirkungen für die soziale Pflegeversi-
cherung entsprechen. Dies sind rund 2,8 Mio. Euro.
Eine Kostenbelastung der Unternehmen und Betriebe, die über den oben dargestell-
ten Erfüllungsaufwand hinausgeht, kann durch die Einführung der geplanten Geset-
zesänderungen nicht festgestellt werden. Auswirkungen auf Einzelpreise und das
Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.
Der Haushaltsausschuss hält den Gesetzentwurf mit den Stimmen der Fraktio-
nen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für mit der Haushaltslage des Bundes verein-
bar.
Die Finanzplanung des Bundes für die Folgejahre ist entsprechend fortzuschreiben.
Dieser Bericht beruht auf der vom federführenden Ausschuss für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend vorgelegten Beschlussempfehlung.

Berlin, den 3. Dezember 2014

Der Haushaltsausschuss

Dr. Gesine Lötzsch Michael Leutert Alois Rainer
Vorsitzende Berichterstatter Berichterstatter

Ulrike Gottschalck Dr. Tobias Lindner
Berichterstatterin Berichterstatter

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