BT-Drucksache 18/3407

In UN-Generalversammlung der Uranwaffen-Resolution zustimmen

Vom 3. Dezember 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3407
18. Wahlperiode 03.12.2014
Antrag
der Abgeordneten Inge Höger, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, Christine
Buchholz, Sevim D elen, Dr. Diether Dehm, Annette Groth, Heike Hänsel,
Andrej Hunko, Katrin Kunert, Stefan Liebich, Niema Movassat, Dr. Alexander S.
Neu, Kathrin Vogler und der Fraktion DIE LINKE.

In UN-Generalversammlung der Uranwaffen-Resolution zustimmen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der Einsatz von Uranmunition (DU-Munition, Depleted Uranium = Abgereichertes
Uran) kann gravierende langfristige Folgen für die Menschen und die Umwelt ha-
ben. Darauf haben bereits sowohl die Weltgesundheitsorganisation (WHO) 2003 als
auch das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) 2001 und 2010 hinge-
wiesen. Nach dem Einschlag von Uranmunition werden aufgrund der dabei entste-
henden hohen Temperaturen Uran- und Uranoxid-Partikel freigesetzt, die sich weit-
räumig in der Umgebung verbreiten. Die Partikel werden auf verschiedenen Wegen
– Atmung, Nahrungsaufnahme oder Hautkontakt – vom menschlichen Organismus
aufgenommen und können in der Folge erhebliche Gesundheitsschäden, die durch
Weitervererbung auch noch künftige Generationen betreffen, verursachen. Nach vie-
len Konflikten, in denen Uranmunition eingesetzt worden ist, wie z. B. im Golf-
Krieg 1991, im ehemaligen Jugoslawien 1995 und 1999, in Afghanistan seit 2001
oder im Irak-Krieg 2003, wurden medizinische Auffälligkeiten festgestellt, die sich
in einen direkten Zusammenhang zur Verwendung von Uranmunition bringen lassen
(wie z. B. ein Anstieg der Krebsraten und der Miss- und Totgeburten oder Trinkwas-
serverseuchung). In einigen Fällen wurde diese Kausalität auch gerichtlich festge-
stellt: Ein schottisches Gericht hat mit der Zuerkennung einer Kriegsrente für den
Golfkriegsveteranen Kenny Duncan im Jahre 2004 die Korrelation zwischen der
Verwendung von Uranmunition und besonderen Erkrankungen anerkannt. In Italien
wurde den Hinterbliebenen eines verstorbenen Soldaten 2004 eine Entschädigung
zuerkannt da er „durch die Einwirkung von radioaktiven und krebserregenden Sub-
stanzen” gestorben sei. Mitte Oktober 2014 hat ein italienisches Zivilgericht erneut
Uranmunition als Todesursache für einen 2000 an Leukämie verstorbenen italieni-
schen Soldaten anerkannt.
Ungeachtet der bekannten Risiken eines DU-Einsatzes halten eine Reihe von Staaten
an der Verwendung von Depleted Uranium in ihrer Munition fest, z. B. die USA,
Großbritannien, Russland, China, Türkei, Israel, Pakistan, Saudi Arabien, die Verei-
nigten Arabischen Emirate, Ägypten und Kuweit. Erst im September 2014 haben die
USA im Krieg gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ im Irak Uranmunition ein-
gesetzt.
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

Drucksache 18/3407 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Die internationale Staatengemeinschaft erkennt zunehmend die verhängnisvollen
Auswirkungen von Uranmunition an sowie die damit verbundenen möglichen Ver-
letzungen des humanitären Völkerrechts, z. B. die Frage der Verhältnismäßigkeit, da
aufgrund der Nach- und Nebenwirkungen der Einsatz nicht unbedingt als „durch
militärische Erfordernisse gerechtfertigt“ betrachtet werden kann (Artikel 50 der
Haager Landkriegsordnung). Außerdem ist nach dem Völkerrecht ebenfalls der Ge-
brauch von Waffen, Geschossen und Materialien rechtswidrig, die „überflüssige
Verletzungen oder unnötige Leiden“ sowie „lang anhaltende und schwere Schäden
der natürlichen Umwelt“ verursachen (Zusatzprotokoll I der vier Genfer Konventio-
nen, Artikel 35 und 36). Die Parlamente Belgiens und Costa Ricas haben im Jahr
2007 bzw. im Jahr 2011 die Verwendung von Uranmunition geächtet. Das Europäi-
sche Parlament seinerseits hat in einer Entschließung vom 22. Mai 2008 ein welt-
weites Moratorium für die Herstellung und Produktion von Uranmunition gefordert.
Aber auch die VN hat sich bereits mehrfach mit diesem Thema befasst. Die VN-
Resolutionen 63/54 vom 2. Dezember 2008, 62/30 vom 5. Dezember 2007, 65/55
vom 8. Dezember 2010 und 67/177 vom 21. September 2012 wurden von der Bun-
desregierung unterstützt und betonen die potentiellen schädlichen Effekte des Ein-
satzes von Uranmunition für Gesundheit und Umwelt. Sie fordern alle Staaten auf,
weitere medizinische Untersuchungen zu diesem Thema durchzuführen und dem
VN-Generalsekretär über ihre Erkenntnisse zu unterrichten.
Am 31. Oktober 2014 hat sich die Bundesregierung im Hauptausschuss für Abrüs-
tung und internationale Sicherheit der VN-Generalversammlung bei der Abstim-
mung zu der von Indonesien vorgelegten Resolution A/C.1/69/L.43 enthalten und
angekündigt, sich ebenso bei der Endabstimmung Anfang Dezember in der VN-Ge-
neralversammlung zu enthalten.
Resolution A/C.1/69/L.43 ähnelt den genannten Texten aus den Vorjahren. Darüber
hinaus fordert sie die VN-Mitgliedstaaten auf, diejenigen Staaten zu unterstützen,
deren Territorium durch den Einsatz von Uranmunition verseucht wurde, insbeson-
dere durch die Identifizierung und Sicherung betroffener Gebiete. Zudem sollen
mehr wissenschaftliche Untersuchungen vorgenommen werden.
Schweden und Bulgarien haben am 31. Oktober 2014 im Hauptausschuss für Abrüs-
tung und internationale Sicherheit der VN-Generalversammlung für die Resolution
A/C.1/69/L.43 gestimmt, obwohl sie in den Vorjahren die genannten ähnlichen Re-
solutionen stets abgelehnt haben.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. im Dezember 2014 in der Generalversammlung der Vereinten Nationen für die
Resolution A/C.1/69/L.43 zu den Folgen der Benutzung von Uranwaffen zu
stimmen und

2. sich auf internationaler Ebene für die neutrale, wissenschaftliche Untersuchung
der gesundheitlichen und umweltbezogenen Folgen des Einsatzes von Uranwaf-
fen einzusetzen.

Berlin, den 2. Dezember 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.