BT-Drucksache 18/3388

Einsatz von Open Data bei der Deutschen Bahn AG

Vom 20. November 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3388
18. Wahlperiode 20.11.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Herbert Behrens, Caren Lay, Jan Korte, Heidrun Bluhm,
Annette Groth, Ulla Jelpke, Katrin Kunert, Sabine Leidig, Ralph Lenkert, Petra Pau,
Harald Petzold (Havelland), Dr. Petra Sitte, Dr. Kirsten Tackmann,
Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Einsatz von Open Data bei der Deutschen Bahn AG

Offene Daten sind die Grundlage für transparente Prozesse, Partizipationsmo-
delle, neue Bildungs- und Kulturangebote, wissenschaftlichen Erkenntnisfort-
schritt und auch neue kommerzielle Anwendungen. Die Bedeutung von Open
Data hebt sowohl die Europäische Kommission in der digitalen Agenda für
Europa wie auch die Bundesregierung in ihrer digitalen Agenda hervor. Im
Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD wird unter der Überschrift
„Neue Mobilitätskultur und Vernetzung“ eine Verfügbarmachung von Verkehrs-
daten gefordert. Besonders in diesem Bereich könnten mittels offener Daten in-
novative und ökologische Konzepte umgesetzt werden.
Eine Vielzahl von Ländern, Städten, Institutionen und Verkehrsverbünden stel-
len bereits offene Daten bereit. Beispielhaft sei hier auf die Niederlande verwie-
sen, die Verkehrsdaten kostenlos in einem offenen Format und auch zur Offline-
Nutzung zur Verfügung stellen. Positiv zu nennen ist ebenfalls der Verkehrs-
verbund Berlin-Brandenburg. Zahlreiche weitere internationale Unternehmen,
die offene Verkehrsdaten zur Verfügung stellen, finden sich auf der Internetseite
des Google Transit Data Feed (www.code.google.com/p/googletransitdatafeed/
wiki/PublicFeeds) oder der GTFS Data Exchange (www.gtfs-data-exchange.
com/).
Datensätze der Deutschen Bahn AG (DB AG) fehlen hierbei weitestgehend.
Verfügbare Verkehrsdaten der DB AG sind lediglich Rekonstruktionen bzw.
Teilmengen von Verkehrsdaten anderer Quellen. Ebenfalls verfügbar ist die
„Open Bahn API“, eine von Hobbyentwicklern programmierte Schnittstelle.
Diese zieht die verfügbaren Informationen von der Internetseite der DB AG und
stellt sie Dritten zur Verfügung. Die Möglichkeiten dieser Programmierschnitt-
stelle sind jedoch begrenzt. Gleichzeitig ist die Nutzung der „Open Bahn API“
verglichen mit einem direkten Zugriff auf Verkehrsdaten der DB AG ineffizient.
Die Begründung der DB AG für diese restriktive Datenpolitik ist ein möglicher
Mangel an Qualität bei externer Fahrplanauskunft (www.zeit.de „Die Bahn gibt
ihre Daten lieber Google statt allen“ vom 17. September 2012).
Dabei gehören die Datensätze der DB AG, die einer der größten Mobilitätsan-
bieter in Deutschland ist, zu den bedeutendsten Datensätzen für innovative und
ökologische Mobilitätsanwendungen im Bundesgebiet. Die DB AG selbst je-
doch stellt diese Daten lediglich ausgewählten Partnern exklusiv zur Verfügung.
Einer dieser Partner ist das Unternehmen Google (www.spiegel.de „Netzwelt:
Online-Karten: Googles lückenhafter Bahn-Fahrplan“ vom 17. September 2012).

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In der Folge kann Google Mobilitätsanwendungen entwickeln und bereitstellen,
die andere Marktteilnehmer wegen fehlender Verkehrsdaten nicht entwickeln
können. Das benachteiligt insbesondere junge Start-up-Unternehmen, aber auch
Hobbyentwickler.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie will die Bundesregierung die im Koalitionsvertrag vereinbarte Zielset-

zung im Abschnitt „Neue Mobilitätskultur und Vernetzung“ (in der es unter
anderem heißt „Dazu fördern wir verkehrsträgerübergreifende Datenplatt-
formen auf Open-Data-Basis, die über Mobilitätsangebote, Staus, Verspä-
tungen und Fahrplandaten informieren“) umsetzen?

2. Welche Strategie verfolgt die Bundesregierung mit Blick auf die Verfügbar-
machung von Verkehrsdaten der DB AG?

3. Inwieweit ist es aus Sicht der Bundesregierung in Einklang zu bringen, dass
die DB AG Verkehrsdaten nicht in geeigneter Weise zur Verfügung stellt,
die Europäische Kommission in ihrer Digitalen Agenda für Europa jedoch
den Mehrwert von Open Data betont?

4. Inwieweit ist es aus Sicht der Bundesregierung in Einklang zu bringen, dass
die DB AG Verkehrsdaten nicht in geeigneter Weise zur Verfügung stellt,
die Bundesregierung in ihrer Digitalen Agenda jedoch den Mehrwert von
Open Data betont?

5. Aus welchen Gründen stellt die DB AG ihre Daten nach Kenntnis der Bun-
desregierung ausgewählten Partnern (z. B. Google) zur Verfügung, aber
nicht allen Interessenten, und welche Schlussfolgerungen und Konsequen-
zen zieht die Bundesregierung aus diesen Beweggründen?

6. Mit welchen Unternehmen bzw. Initiativen hat die DB AG nach Kenntnis
der Bundesregierung Absprachen zur Nutzung von Verkehrsdaten getroffen
bzw. ist dabei, Absprachen zu treffen, und welche Inhalte haben diese Ab-
sprachen?

7. Nach welchen Kriterien werden diese Partner ausgesucht?
8. Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass ein diskriminierungsfreier

Zugriff auf die Daten der DB AG erfolgen kann?
9. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass die Bereitstellung von Daten der

DB AG an ausgewählte Partner andere Wettbewerber, die ebenfalls die Da-
ten nutzen wollen, benachteiligt (bitte mit Begründung)?

10. Erzielt die DB AG nach Kenntnis der Bundesregierung Erlöse mittels ihrer
Verkehrsdaten?

11. Welche Studien sind der Bundesregierung bekannt, die sich mit der Thema-
tik der Wertschöpfung rund um Open Data befassen, und welche Schluss-
folgerungen zieht die Bundesregierung daraus?

12. Inwieweit bezieht die Bundesregierung offene Verkehrsdaten der DB AG in
Überlegungen zu Mobilitätskonzepten (Stichwort Telematik) mit ein?
Welche Anforderungen stellt die Bundesregierung hinsichtlich der Formate,
in denen die DB AG Daten zur Verfügung stellen sollte bzw. stellt?
Sieht die Bundesregierung das Datenformat GTFS (General Transit Feed
Specification) als mögliche Grundlage für die Bereitstellung von Daten der
DB AG?

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13. Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus der Tatsache, dass die Infor-
mationen der DB AG einerseits öffentlich und häufig sogar unentgeltlich
zugänglich sind (z. B. Bahnhofstafeln, Abfahrtspläne, Internetfahrplan),
diese andererseits jedoch nicht in einem offenen Format der Allgemeinheit
zur Verfügung stehen?

14. Inwieweit liegen bei der DB AG Echtzeitdaten über Regionalbahn- und Re-
gionalexpress-Züge sowie Regionalbahnhöfe vor, und weshalb sind diese
nicht im DB-AG-eigenen „Zugradar“ erfasst?

15. Welche Fördermittel stehen nach Kenntnis der Bundesregierung Projekten,
die sich mit offenen Verkehrsdaten befassen, zur Verfügung (bitte nach ab-
geschlossenen, laufenden und geplanten Mitteln aufschlüsseln)?

16. Welche Fördermittel oder andere Mittel wurden der DB AG nach Kenntnis
der Bundesregierung für Projekte, die sich mit der Veröffentlichung von
Verkehrsdaten bzw. der Datenthematik allgemein beschäftigen, zur Verfü-
gung gestellt?

17. Inwieweit unterstützt die Bundesregierung die Initiativen verschiedener
Bundesländer (beispielsweise Berlin-Brandenburg), die die Bereitstellung
von Verkehrsinformationen – oftmals in Echtzeit – unterstützen?
Leitet die Bundesregierung daraus einen Handlungsbedarf ab?
Plant die Bundesregierung, sich mit einer Bereitstellung von weiteren Ver-
kehrsdaten (z. B. der DB AG) oder anderweitig an solchen Projekten zu be-
teiligen?

18. Welchen Handlungsbedarf sieht die Bundesregierung gegenüber der DB
AG vor dem Hintergrund der EU-Richtlinie 2003/98/EC, die verhindern
soll, dass eine Benachteiligung einzelner Marktteilnehmer durch eine exklu-
sive Datennutzung einzelner Unternehmen stattfindet („The re-use of docu-
ments shall be open to all potential actors in the market, even if one or more
market players already exploit added-value products based on these docu-
ments. Contracts or other arrangements between the public sector bodies
holding the documents and third parties shall not grant exclusive rights.“)?

19. Welche Fahrplaninformationen liegen dem Eisenbahn-Bundesamt in wel-
chem Format vor, und in welcher Form werden diese der Öffentlichkeit zur
Verfügung gestellt, bzw. warum werden diese Informationen nicht der Öf-
fentlichkeit zur Verfügung gestellt?

20. Welche weiteren Verkehrsdaten (insbesondere zur Streckennutzung, zum
Streckenverlauf, zum Streckenzustand und zu Verspätungen) liegen dem
Eisenbahn-Bundesamt vor, welche Davon werden in welchem Format der
Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt, bzw. warum nicht zur Verfügung ge-
stellt?

21. Sollten dem Eisenbahn-Bundesamt keine Verkehrsdaten und bzw. oder
Fahrplaninformationen der DB AG vorliegen, inwieweit kann das Eisen-
bahn-Bundesamt seiner Aufsichtspflicht nachkommen?

22. Wenn die Bundesregierung der Ansicht sein sollte, dass die Veröffentli-
chung von Verkehrsdaten die DB AG im Wettbewerb benachteiligt, ist dann
die DB AG bereits durch andere gesetzliche Verpflichtungen zur Bereitstel-
lung von Informationen im Wettbewerb benachteiligt, und wie will die Bun-
desregierung gegen diese Benachteiligung vorgehen?

23. Welche Fälle in anderen europäischen Staaten sind der Bundesregierung be-
kannt, in denen durch die Öffnung der Fahrplandaten Nachteile oder Schä-
den für die Anbieter bzw. Träger der Öffentlichen Verkehre entstanden sind?

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24. Inwieweit kann die Bundesregierung die Befürchtung der DB AG nachvoll-
ziehen, dass es mit offenen Verkehrsdaten zu einem Qualitätsverlust bei der
Fahrplanauskunft für den Endkunden kommen würde?

25. Hat nach Kenntnis der Bundesregierung die Bereitstellung von offenen Ver-
kehrsdaten in anderen europäischen Staaten (z. B. Schweden, Niederlande,
Schweiz) zu einem Qualitätsverlust für den Kunden bei der Datenauskunft
geführt, wie die DB AG dies befürchtet?

Berlin, den 19. November 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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