BT-Drucksache 18/3365

Burkina Faso nach dem Sturz von Blaise Compaoré - Demokratische Entwicklung und internationaler Kampf gegen Straflosigkeit

Vom 24. November 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3365
18. Wahlperiode 24.11.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Niema Movassat, Christine Buchholz, Wolfgang Gehrcke,
Annette Groth, Heike Hänsel, Inge Höger, Andrej Hunko, Kathrin Vogler und
der Fraktion DIE LINKE.

Burkina Faso nach dem Sturz von Blaise Compaoré – Demokratische Entwicklung
und internationaler Kampf gegen Straflosigkeit

In Burkina Faso wurde am 30. und 31. Oktober 2014 dem Regime des Präsiden-
ten Blaise Compaoré nach 27 Jahre durch einen Volksaufstand ein Ende bereitet.
Der Aufstand wurde angeführt von den zivilgesellschaftlichen Bewegungen
„Balai Citoyen“ („Bürgerbesen“), dem „Kollektiv Anti-Referendum“ (CAR)
und einigen Oppositionsparteien. Anlass war der Versuch Compaorés, sich am
30. Oktober 2014 mittels einer Verfassungsänderung eine Kandidatur für eine
weitere Amtszeit über das Jahr 2015 hinaus zu sichern. Compaoré und Premier-
minister Luc-Adolphe Tiao ließen durch Polizei und Armee scharf auf die
Menge schießen und setzten mutmaßlich das nach dem Genfer Protokoll verbo-
tene Tränengas PLMP 7B der französischen Firma „Nobel Sport Sécurité“ ein
(www.peuplesobservateurs2014.com „Burkina Faso Scandale“). Auch sollen
Soldaten aus Togo gegen die Aufständischen eingesetzt worden sein. Insgesamt
wird von etwa 40 Todesopfern berichtet. Trotz der deutlichen Forderung nach ei-
nem sofortigen Rücktritt versuchte sich Compaoré als Präsident einer „Über-
gangsregierung“ noch an die Macht zu klammern. Im Angesicht eines drohenden
Blutbads und zunehmendem Chaos durch Plünderungen wurde die Armee von
den Aufständischen aufgefordert, „ihrer Verantwortung“ nachzukommen und
Compaoré abzusetzen. Schließlich trat Compaoré am 31. Oktober 2014 unter
dem Druck zurück und floh mithilfe Frankreichs in die Elfenbeinküste, worauf-
hin das Militär die Macht übernahm, die Verfassung von 1991 suspendierte und
sich die Nummer 2 der Präsidentengarde, Oberstleutnant Isaac Yacouba Zida,
zum Übergangspräsidenten erklärte und daraufhin breite Gespräche mit allen
„treibenden Kräften“ (Parteien, Zivilgesellschaft, Religions- und Brauchtums-
gemeinschaften, Militär) sowie Diplomaten und Vertretern der westafrikani-
schen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS und der Afrikanischen Union (AU)
führte. Die Verfassung wurde am 16. November 2014 wieder in Kraft gesetzt,
eine „Charta der Transition“ verabschiedet, daraufhin Michel Kafando als zivi-
ler Übergangspräsident ausgewählt, der wiederum Zida zum Premierminister
ernannte. Innerhalb eines Jahres sollen reguläre Wahlen stattfinden.
Die geplante Verfassungsänderung war der Anlass für den populären Umsturz,
die Ursachen liegen tiefer. Seit Jahren wuchs der Wiederstand gegen das dikta-
torische Regime von Blaise Compaoré, das seine Macht auf Verrat, Mord,
Repression und Verbrechen im eigenen Land sowie in vielen afrikanischen
Nachbarländern aufbaute. Darüber hinaus ist Compaoré für zahlreiche Wirt-
schaftsverbrechen verantwortlich. Er hinterlässt ein vollständig verarmtes Land
(Platz 181 von 187 des Human Development Index), in dem zuletzt insbeson-

Drucksache 18/3365 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
dere die Jugend keinerlei Zukunftsperspektiven mehr hatte. Diese war es dann
auch, die den Aufstand unter Einsatz ihres Lebens anführte. Ihr Misstrauen
gegenüber der internationalen Staatengemeinschaft ist groß. Bisher hat diese
keinen Protest bei den diversen Verbrechen des Compaoré-Regimes eingelegt.
Als dieser nun die Verfassung ändern wollte, gab es auch hier – trotz vieler
Hilferufe aus der Bevölkerung – nur verhaltenen Protest, wie beispielsweise
seitens der EU-Außenbeauftragen Catherine Ashton. Eine Androhung von
Sanktionen, so wie gegenüber der derzeitigen Militärregierung, gab es gegen-
über diesem Versuch eines „institutionellen Staatsstreichs“ nie.
Am 15. Oktober 1987 ließ Blaise Compaoré den populären Präsidenten Thomas
Sankara ermorden und übernahm in einem Putsch die Macht (www.ag-
friedensforschung.de vom 12. Oktober 2012 „La patrie ou la mort“). Sankara lei-
tete das Land seit 1983 überaus erfolgreich und führte Burkina Faso in die Ernäh-
rungssouveränität, also die Unabhängigkeit von Nahrungsmittelimporten. Durch
die Machtübernahme von Blaise Compaoré wurden all diese Errungenschaften
wieder zunichte gemacht und das Land zurück in die alten kolonialen Abhängig-
keitsverhältnisse des französischen Interessensnetzwerkes Françafrique geführt.
Es gibt viele Indizien und Zeugenaussagen, die eine direkte Beteiligung bzw.
Beihilfe Frankreichs und des US-amerikanischen Auslandsnachrichtendienstes
CIA an der Ermordung Sankaras nahelegen (www.survie.org/billets-d-afrique/
2009/183-septembre-2009/article/nouvelles-revelations-dans-l). Zwischen 2003
und 2007 wurde der Mord an Sankara auf Antrag der Witwe Marianne Sankara
vor dem UN-Menschenrechtsausschuss besprochen, jedoch wurden plötzlich
alle weiteren Nachforschungen eingestellt und der Fall für abgeschlossen erklärt.
Neben der Witwe kämpfen in internationalen Netzwerken und Kampagnen seit
der Ermordung Sankaras Menschenrechtsaktivisten und Rechtsanwälte gegen
die Straflosigkeit. Sie fordern nach dem Sturz von Compaoré lauter denn je „Ge-
rechtigkeit für Thomas Sankara, Gerechtigkeit für Afrika“ insbesondere durch
die Öffnung der historischen Archive der USA und Frankreichs, aber ebenso for-
dern sie parlamentarische Untersuchungsausschüsse in beiden Ländern zum Fall
der Ermordung Sankaras und der Beteiligung beider Länder (Erklärung vom
2. November 2014, www.thomassankara.net/spip.php?article1692&lang=de).
Nach dem Putsch 1987 folgte eine Serie an politischen Morden, mit denen sich
Compaoré seine Macht absicherte. Die prominentesten Opfer waren 1989 die
zwei Militärführer Jean-Babtiste Boukary Lingani und Henri Zongo. 1997
wurde der systemkritische Musiker „Black So Man“ in einem mysteriösen
Autounfall schwer verletzt und erlag den Folgen im Jahr 2002. 1998 wurden der
Investigativjournalist Norbert Zongo und drei Begleiter erschossen in seinem
ausgebrannten Auto aufgefunden. Eine unabhängige Untersuchungskommis-
sion hatte nachgewiesen, dass er aufgrund seiner Recherchen ermordet wurde,
später wurden drei Mitglieder der Präsidentengarde hierfür verurteilt, wobei der
Auftrag mutmaßlich von Präsidentenbruder François Compaoré kam.
Blaise Compaoré war als Präsident nach zahlreichen Zeugenaussagen und Ex-
pertenberichten ein notorischer Brandstifter in Afrika. So war er in unzählige
Kriege und Bürgerkriege als Strippenzieher und Waffenlieferant verstrickt –
häufig dabei gezielt UN-Embargos unterlaufend. So unterstreicht ein 2000 ver-
öffentlichter UN-Sicherheitsratsbericht zur Situation in Angola die direkte
Unterstützung der UNITA-Rebellen unter Jonas Savimbi mittels durch Burkina
Faso durchgeleitete Waffenlieferungen und eine umgekehrte Ermöglichung des
illegalen Diamantenhandels – beides damals durch UN-Embargos untersagt
(www.un.org/News/dh/latest/angolareport_eng.htm). Ankläger Nicholas
Koumijan legte 2011 dem UN-Sondertribunal für Sierra Leone und Liberia im
Prozess gegen den ehemaligen CIA-Mitarbeiter und späteren Präsidenten von
Liberia, Charles Taylor, umfangreiche Beweise für die direkte Unterstützung bei
Aufbau von und Nachschub für dessen Rebellen-Armee RUF durch Muammar
Gaddafi und Blaise Compaoré und ihre Regierungen vor (s. Sitzungsprotokolle

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3365
vom 9. und 11. März 2011 auf www.thomassankara.net/spip.php?article1055&
rubrique32&lang=fr). So leitete das Compaoré-Regime u. a. 1999 Waffen aus
der Ukraine über Burkina Faso nach Liberia weiter. Unmittelbar vor Sankaras
Ermordung 1987 lehnte dieser eine Unterstützung für Taylors Umsturzpläne in
Liberia ab. 2004 beschrieb John Tarnue, der ehemalige Chef der liberianischen
Armee unter Taylor, vor dem UN-Sondertribunal für Sierra Leone und Liberia,
wie Compaoré und Taylor 1987 dann einen Pakt zur Ermordung Sankaras
schlossen, um von Burkina aus Unterstützung für Taylors Rebellion organisieren
zu können (www.thomassankara.net/spip.php?article168&lang=fr). Am 26. Au-
gust 2014 machte der heutige liberianische Senator und Ex-Söldner in Diensten
Taylors Prince Yormie Johnson, der bei der Ermordung Sankaras persönlich an-
wesend war, vor der Wahrheits- und Versöhnungskommission Liberias dieselbe
Aussage (www.direct.cd/blog/2014/11/06/blaise-compaore-assassine-thomas-
sankara-affirme-senateur-prince-johnson/). Den Bürgerkriegen in Angola,
Liberia und Sierra Leone sind hunderttausende Menschen zum Opfer gefallen.
Auch die Rebellion im Jahr 2002 unter Guillaume Soro in der Elfenbeinküste
gegen Präsident Laurent Gbagbo wurde aktiv von Compaoré und seinem
Regime, auch unter Umgehung eines UN-Embargos, durch Waffenlieferungen
unterstützt, bis 2011 nach umstrittenen Wahlen Alassane Ouattara unter Beteili-
gung der internationalen Staatengemeinschaft und v. a. Frankreichs auf den
Präsidentenstuhl gekämpft wurde (www.blaisecompaore2015.info/Compaore-
faiseur-de-paix-ou, www.un.org/french/documents/view_doc.asp?symbol=S/
2014/266). Am 31. Oktober 2014 wurde Compaoré unter Beihilfe des in Burkina
Faso stationierten französischen Militärs in die Elfenbeinküste „exfiltriert“ und
damit vorerst der Justiz in Burkina Faso entzogen (www.rfi.fr/afrique/20141105-
burkina-faso-blaise-compaore-france-exfiltration-cote-ivoire-hollande/). Mit dem
Eyadema-Clan in Togo pflegte das Compaoré-Regime stets beste Beziehungen.
Zur Niederschlagung des Volksaufstands von Ende Oktober 2014 sollen auch
togolesische Soldaten in Burkina Faso zum Einsatz gekommen sein (www.
peuplesobservateurs2014.com/2014/11/12/burkina-temoignage-photo-les-
gendarmes-etaient-des-togolais-qui-ne-parlent-pas-djoula-tginfo/). Schließlich
liegen zahlreiche Indizien vor, dass Compaoré aktiv die separatistische Natio-
nale Bewegung für die Befreiung des Azawad (MNLA) unterstützte, die 2013
das Nachbarland Mali ins Chaos stürzte. Die MNLA-Führer hatten ihr Haupt-
quartier in einem Luxushotel von Ouagadougou (www.maliactu.net/mali-chute-
de-blaise-compaore-au-burkina-faso-le-mnla-perd-sa-moitie/). Als rechte Hand
stand General Gilbert Diendéré, Chef der Präsidentengarde, Compaoré bei all
diesen Aktivitäten zur Seite.
Trotz der erdrückenden Beweislast gegen Compaoré wurde er systematisch von
der internationalen Staatengemeinschaft als „Anker des Friedens und der Stabi-
lität in Westafrika“ aufgebaut und hofiert. Als „neutraler“ Mediator, „vermit-
telte“ er in zahlreichen Konflikten Westafrikas, die er selbst mit angezettelt oder
unterstützt hatte. 2012 empfingen Bundespräsident Joachim Gauck und der
damalige Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick-
lung, Dirk Niebel, Compaoré trotz Protesten (www.africavenir.org/fileadmin/
downloads/position_papers/Protestbrief_Comparoe_Besuch_Endf.pdf) ehrenvoll
in Deutschland, und er wurde als Garant des Friedens präsentiert. Im Jahr 2008
wurde General Gilbert Diendéré durch den früheren französischen Präsidenten
Nicolas Sarkozy in die französische Ehrenlegion aufgenommen.
Für Frankreich und die USA wurde Burkina Faso zuletzt immer wichtiger als
tragende Säule in ihrer Anti-Terror-Strategie in der Sahelzone. Seit Mitte 2014
rief Frankreich die Operation „Berkhane“ als breitangelegte militärische Nach-
folgemission der Mali-Operation „Serval“ ins Leben. Diese umfasst an die 3 000
in Tschad, Niger, Burkina Faso, Mali und Mauretanien stationierte Soldaten
(www.taz.de/!142329/). Die USA begründeten schon 2005 die „Trans-Sahara
Counterterrorism Partnership“ mit Trainingskomponenten und stationierten US-

Drucksache 18/3365 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Soldaten und geheimen Militärbasen inklusive Drohnen in Mauritanien, Mali,
Tschad, Niger, Nigeria, Senegal und Burkina Faso (www.state.gov/j/ct/
programs/). Wie alle militärischen Aktivitäten der USA in Afrika werden auch
diese Operationen vom US-AFRICOM Hauptquartier bei Stuttgart aus gesteu-
ert. Auch der jetzige Übergangspräsident und vormalige zweite Mann der Präsi-
dentengarde RSP unter General Gilbert Diendéré, Oberstleutnant Isaac Zida,
wurde von den USA im Antiterror-Kampf ausgebildet (www.globalresearch.ca/
us-sponsored-regime-change-in-burkina-faso-coup-leader-trained-by-pentagon/
5413284).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie hat die Bundesregierung vor dem 30. Oktober 2014 den Versuch einer

Verfassungsänderung zwecks Ermöglichung einer weiteren Amtszeit des
seit 27 Jahren regierenden und selbst durch einen Putsch an die Macht ge-
kommenen ehemaligen Präsidenten Burkina Fasos, Compaoré, bewertet?

2. Inwiefern hat die Bundesregierung auf das Compaoré-Regime eingewirkt,
diese Verfassungsänderung zurückzuziehen, insbesondere als die Spannun-
gen im Land seit Mitte 2014 zunahmen und ein mögliches Blutbad abzu-
sehen war?

3. Inwiefern hat sich die Bundesregierung in internationalen Gremien (GSVP
der EU und UNO) für Maßnahmen bis hin zu Sanktionen gegen das
Compaoré-Regime im Falle einer Änderung des Artikels 37 der Verfassung
Burkina Fasos eingesetzt?

4. Welche Positionen hat nach Kenntnis der Bundesregierung die französische
Regierung allein sowie innerhalb der EU im Vorfeld der in Burkina Faso am
30. Oktober 2014 aufgesetzten Verfassungsänderung vertreten?

5. Inwiefern stand die Bundesregierung im Vorfeld der sich seit über einem
Jahr anbahnenden Krise in Burkina Faso mit der politischen Opposition und
zivilgesellschaftlichen Organisationen und Bewegungen in Kontakt?

6. Inwiefern stuft die Bundesregierung die Regierungsübernahme des Militärs
als Putsch ein?

7. Wie sieht die Bundesregierung den abgeschlossenen Prozess in Burkina
Faso hin zu einer möglichst konsensual beschlossenen zivilen Übergangs-
regierung, die innerhalb eines Jahres demokratische Wahlen vorbereiten
soll?

8. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus der Haltung der Aufständischen in Burkina Faso, nicht länger eine
Einflussnahme von außen dulden zu wollen, und die von ihnen erhobenen
Vorwürfe (Einträge auf www.facebook.com/groups/revolutionburkina 2011
rund um den 5. November 2014) gegen die internationale Staatengemein-
schaft in Form der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS
und Afrikanischen Union (AU), sich zu sehr in den Transitionsprozess in
Burkina Faso bis hin zu einer offenen Einflussnahme auf die Festlegung des
künftigen Übergangspräsidenten und mittels Fristen, einzumischen?

9. Inwieweit unterstützt die Bundesregierung die „Charta der Transition“, die
Änderungen und Ergänzungen zur bestehenden Verfassung und den Prozess
und die ad hoc geschaffenen Institutionen und Verfahren, die zu ihr führten?

10. Inwiefern setzt sich die Bundesregierung in internationalen Gremien dafür
ein, dass Vermögenswerte des erweiterten Compaoré-Clans schnellstmög-
lich eingefroren und sichergestellt werden, um diese der Bevölkerung und
dem Staat Burkina Faso für seine weitere Entwicklung zurückzugeben, bzw.
plant die Bundesregierung eigene Maßnahmen in die Richtung (vgl. Ant-

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/3365
wort von Staatsminister Michael Roth auf die Mündliche Frage des Ab-
geordneten Niema Movassat, Protokoll der 62. Sitzung, Seite 5748 f.)?
Wenn nein, warum nicht bzw. welche Staaten in Europa blockieren ein sol-
ches Vorgehen innerhalb der EU, und aus welchen Gründen?

11. Inwiefern setzt sich die Bundesregierung für eine unabhängige Untersuchung
der Ereignisse vom 30. Oktober bis 2. November 2014 in Burkina Faso und
eine Dingfestmachung der Verantwortlichen für den Tod von zahlreichen
Demonstranten und den unter dem Genfer Protokoll illegalen Import und
Einsatz des Tränengases PLMP 7B der französischen Firma „Nobel Sport
Sécurité“ ein?

12. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung darüber, inwiefern bei der Auf-
standsbekämpfung in Burkina Faso am 30. und 31. Oktober 2014 neben
burkinischer Polizei, Gendarmerie und Militär auch ausländische Sicher-
heitskräfte, wie etwa aus Togo, eingesetzt wurden?

13. Wer sind in Burkina Faso die derzeitigen Ansprechpartner der Bundesregie-
rung?

14. Welche Interessen haben Bundesregierung und Europäische Union in Bur-
kina Faso?

15. Inwiefern wird sich die Bundesregierung für ein unabhängiges Audit der
Regierungsführung und Transparent-Machung der Verwendung insbeson-
dere der durch internationale Kreditaufnahme verwendeten Finanzmittel
des Compaoré-Regimes einsetzen?

16. Inwiefern wird die Bundesregierung die künftige demokratische und wirt-
schaftliche Entwicklung Burkina Fasos unterstützen, beispielsweise durch
Schuldenerlasse?

17. Inwiefern teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Schulden Bur-
kina Fasos als illegitime Schulden insgesamt oder doch zu einem großen
Teil einzustufen sind, da sie nach Auffassung der Fragesteller einem be-
kanntermaßen korrupten und verbrecherischen Regime gegeben wurden
bzw. keinen oder kaum einen Beitrag zur sozialen Entwicklung des Landes
und im Kampf gegen die Armut geleistet haben?

18. In welchem Umfang und in welchen Sektoren hat die Bundesregierung in
den letzten Jahren mit Burkina Faso im Bereich von Entwicklungsmaßnah-
men zusammengearbeitet (bitte über die letzten zehn Jahre sektorale Ent-
wicklungszusammenarbeit der technischen Zusammenarbeit und finanziel-
len Zusammenarbeit und Einzelprojekte sowie die jeweiligen Finanzvolu-
mina auflisten)?

19. Welche Auswirkungen wird der Umsturz auf die bilaterale und europäische
Entwicklungszusammenarbeit mit Burkina Faso haben?

20. Inwiefern unterstützt die Bundesregierung die zivilgesellschaftlichen Orga-
nisationen und Bewegungen in Burkina Faso, bzw. inwiefern plant sie, eine
solche Unterstützung im Sinne der Förderung eines demokratischen und
selbstbestimmten Prozesses in Burkina Faso künftig auszubauen?

21. Inwiefern wird die Bundesregierung den internationalen Kampf gegen
Straflosigkeit unterstützen und Maßnahmen mit dem Ziel ergreifen, Com-
paoré und seine Helfer für ihre mutmaßlichen Verbrechen juristisch zur
Rechenschaft zu ziehen?

22. Inwiefern wird die Bundesregierung ein etwaiges Auslieferungsgesuch von
Blaise Compaoré seitens einer neuen Regierung in Burkina Faso unterstüt-
zen, sollte man ihn dort vor Gericht stellen wollen?

Drucksache 18/3365 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
23. Inwiefern wird die Bundesregierung sich für die Einrichtung einer unab-
hängigen internationalen Untersuchungskommission zur Ermittlung der
Mörder von Präsident Thomas Sankara und ihrer Unterstützer einsetzen,
wie es neben der Witwe die Kampagne CIJS (www.grila.org/index_grila.
php?gri=cij&lang=fr) und das internationale Netzwerk „Gerechtigkeit für
Thomas Sankara, Gerechtigkeit für Afrika“ (www.thomassankara.net/
spip.php?article880&lang=de) seit Jahren tun und am 2. November 2014
noch einmal eingefordert haben (www.thomassankara.net/spip.php?article
1692&lang=de)?

24. Inwiefern wird sich die Bundesregierung gegenüber der Regierung Frank-
reichs und über die EU dafür einsetzen, dass Frankreich seine Archive der
80er-Jahre öffnet, um die Umstände der Ermordung von Präsident Thomas
Sankara aufklären zu können?

25. Inwiefern wird sich die Bundesregierung gegenüber der US-Regierung da-
für einsetzen, dass die USA ihre Archive der 80er-Jahre öffnen, um die Um-
stände der Ermordung von Präsident Thomas Sankara aufklären zu können?

26. Inwiefern liegt der Bundesregierung der nie veröffentlichte Audit-Bericht
der Weltbank, die diese kurz nach Ermordung Sankaras in den Jahren 1987
und 1988 über dessen Regierungspolitik und Entwicklungserfolge erstellte,
vor (s. Aussagen vom ehemaligen Minister unter Sankara Valère Somé im
Dokumentarfilm: „Thomas Sankara – Geteiltes Erbe“, www.youtube.com/
watch?v=AoDDBE1WjqY)?

27. Falls dieser Weltbank-Audit-Bericht der Bundesregierung nicht vorliegt, in-
wiefern wird sie sich über ihre Weltbank-Mitgliedschaft für seine nachträg-
liche Veröffentlichung zwecks besserer Bewertung der Regierungspolitik
Sankaras einsetzen?

28. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus der aktiven militärischen Hilfe seitens Frankreichs bei der „Exfiltrie-
rung“ Blaise Compaorés und seines Bruders François Compaoré aus Bur-
kina Faso (www.jeuneafrique.com „Burkina: la France a joué un rôle dans
lʼévacuation de Blaise Compaoré“)?

29. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus dem Verhalten des Ouattara-Regimes im Nachbarland Elfenbeinküste
(www.cameroonvoice.com/news/article-news-16757.html) sowie seit dem
20. November 2014 auch Marokkos (www.jeuneafrique.com/Article/ARTJ
AWEB20141120183936/), Compaoré trotz aller ihm vorgeworfenen Ver-
brechen aufzunehmen und ihm Schutz zu bieten?

30. Was weiß die Bundesregierung über die Umstände, Verantwortliche, Hin-
tergründe, Beteiligte, Unterstützung und Ablauf der Ermordung von Präsi-
dent Thomas Sankara am 15. Oktober 1987, in dessen Folge sich Blaise
Compaoré an die Macht in Burkina Faso putschte?

31. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über die Verantwortlichen für die
Morde an Jean-Babtiste Boukary Lingani und Henri Zongo im Jahr 1989?

32. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über eine etwaige Beteiligung
des Compaoré-Regimes am Autounfall des systemkritischen burkinischen
Musikers „Black So Man“, der später den Folgen des Unfalls erlag (vgl.
www.wikipedia.org zu „Black So Man“)?

33. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über eine mutmaßliche Verant-
wortung von François Compaoré, dem Bruder des Ex-Präsidenten Blaise
Compaoré, für die Ermordung des Investigativjournalisten Norbert Zongo
und seiner drei Begleiter (vgl. www.wikipedia.org zu „Norbert Zongo“)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/3365
34. Welche Rolle spielte das Compaoré-Regime nach Kenntnis der Bundes-
regierung in den Bürgerkriegen in Liberia und Sierra Leone?

35. Was weiß die Bundesregierung über illegale Waffengeschäfte des
Compaoré-Regimes unter Unterlaufung von UN-Embargos, etwa an die
UNITA unter Jonas Savimbi in Angola, an die RUF-Rebellen unter Charles
Taylor für seine Kriege in Liberia und Sierra Leone sowie an die Rebellen
in der Elfenbeinküste unter dem damaligen Rebellenführer Guillaume Soro
(heute Präsident der Nationalversammlung der Elfenbeinküste, bitte unter
Bezugnahme auch auf die entsprechenden und in der Vorbemerkung der
Fragesteller aufgelisteten UN-Protokolle und Expertenberichte, das Son-
dertribunal für Sierra Leone und Liberia sowie die bisherigen Aussagen vor
der liberianischen Wahrheits- und Versöhnungskommission)?

36. Welche Rolle spielte das Compaoré-Regime nach Kenntnis der Bundes-
regierung bei der früheren und aktuellen Machtsicherung des Eyadema-
Clans in Togo?

37. Welche Rolle spielte das Compaoré-Regime nach Kenntnis der Bundes-
regierung in den Bürgerkriegen in der Elfenbeinküste?

38. Welche Rolle spielte das Compaoré-Regime nach Kenntnis der Bundes-
regierung in dem jüngsten Konflikt in Mali seit 2012 und auch in denen
davor?
Was weiß die Bundesregierung über eine mögliche Unterstützung der
MNLA und von Iyad Ag Ghaly?

39. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Gründe und Hintergründe
des bisherigen Aufenthalts der MNLA-Separatisten aus dem Norden Malis
in Ouagadougou?

40. Inwiefern und mit welcher Begründung unterstützte die Bundesregierung in
der Vergangenheit ggf. Blaise Compaoré in seiner Rolle als Mediator in
zahlreichen Krisen in Westafrika?

41. Weshalb lud der damalige Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel Blaise
Compaoré im Jahr 2012 trotz der durch zahlreiche Zeugenaussagen, UN-
Berichte, eigene Geheimdienstinformationen und Protokolle des Sonder-
tribunals für Sierra Leone und Liberia bekannten Menschenrechtsverletzun-
gen des Compaoré-Regimes und seiner Rolle als Brandstifter Westafrikas
nach Berlin zu Gesprächen ein?

42. Was hat Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel am 15. Juni 2012 in Ber-
lin mit Blaise Compaoré im Namen der Bundesregierung besprochen und
vereinbart (bitte genaue Themenbereiche und etwaige Verabredungen und
Vereinbarungen auflisten)?

43. Wie antwortet die Bundesregierung aus heutiger Sicht auf die Kritik, dass
es ein Fehler der internationalen Staatengemeinschaft und auch seitens der
Bundesregierungen war, Blaise Compaoré als Mediator und „Anker des
Friedens und der Stabilität in Westafrika“ aufzubauen und wiederholt seine
„Vermittlerrolle“ in Krisen in Westafrika zu unterstützen oder zumindest
nicht infrage zu stellen?

44. Inwiefern hat sich die Bundesregierung in der Vergangenheit gegenüber der
französischen Regierung für einen anderen, kritischeren Umgang mit und
eine andere Politik gegenüber Burkina Faso unter Blaise Compaoré einge-
setzt (bitte hierzu institutionellen Rahmen, Daten, Inhalte und Positionen
von Unterredungen und Konsultationen auflisten)?

Drucksache 18/3365 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
45. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über die Rolle Burkina Fasos in
der neuen französischen Anti-Terrormission Operation „Berkhane“ (bitte
auflisten nach eingesetzter Truppenstärke, militärischem Gerät und militä-
rischen Basen, militärischen Abkommen zwischen Frankreich und Burkina
Faso, Befugnisse Frankreichs im Rahmen der Operation, etc.)?

46. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über die Rolle Burkina Fasos in
der US-amerikanischen „Trans-Sahara Counterterrorism Partnership“ im
Operationsfeld des von Stuttgart aus operierenden US-Oberkommandos für
Afrika AFRICOM (bitte auflisten nach eingesetzter Truppenstärke, militä-
rischem Gerät und militärischen Basen, militärischen Abkommen zwischen
Frankreich und Burkina Faso, Befugnisse Frankreichs im Rahmen der Ope-
ration, etc.)?

47. Inwiefern arbeitet die Bundesregierung mit der US-amerikanischen und/
oder der französischen Anti-Terrormission in der Sahelzone zusammen?

48. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die spezifischen Aktivitä-
ten von AFRICOM in Burkina Faso und insgesamt im Rahmen der „Trans-
Sahara Counterterrorism Partnership“, speziell durch den Umstand, dass
AFRICOM von deutschem Boden aus operiert und deutsche Verbindungs-
offiziere der Bundesregierung laufend über AFRICOM-Aktivitäten berich-
ten?

49. Welche konkreten Fragen enthält der Fragenkatalog der Bundesregierung
an die amerikanische Botschaft in Berlin vom April 2014 bezüglich
AFRICOM, an deren Beantwortung die Bundesregierung seit vielen Mona-
ten mit zunehmender „Eindringlichkeit erinnert“, ohne dass ein „konkretes
Zieldatum“ für die Beantwortung genannt ist (Antwort der Bundesregie-
rung auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/2794, bitte alle
Fragen auflisten)?

Berlin, den 24. November 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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