BT-Drucksache 18/3263

Absturz einer US-Drohne in der Oberpfalz

Vom 20. November 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3263
18. Wahlperiode 20.11.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Eva Bulling-Schröter, Wolfgang Gehrcke,
Christine Buchholz, Dr. André Hahn, Inge Höger, Ulla Jelpke, Kerstin Kassner,
Niema Movassat, Dr. Alexander S. Neu, Dr. Petra Sitte, Alexander Ulrich,
Kathrin Vogler, Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Absturz einer US-Drohne in der Oberpfalz

Nach Medienberichten ist eine Drohne des US-Militärs in der Nähe des Trup-
penübungsplatzes Hohenfels in der Oberpfalz abgestürzt (Telepolis vom 12. No-
vember 2014). Der Crash habe sich über unbewohntem Gebiet ereignet, die
Drohne galt drei Tage lang als vermisst. Die US-Armee hält sich mit Informa-
tionen zurück. Nach Kenntnis der Fragesteller handelte es sich bei dem Typ um
eine „Shadow“ mit 4 Metern Spannweite. Es wird nicht berichtet, ob deutsche
Behörden bei der Suche halfen und wer das unbemannte Luftfahrzeug schließ-
lich geborgen hat.
Erst letztes Jahr wurde bekannt, dass die US-Armee in der Oberpfalz Trainings-
flüge mit drei verschiedenen Drohnen-Typen durchführt (Bundestagsdruck-
sache 18/48). Zuständig ist das „Joint Multinational Training Command“
(JMTC) in Vilseck; mit den Flügen will das Kommando den tödlichen Drohnen-
krieg der US-Armee trainieren. Laut der US-Armee und dem Bundesministe-
rium der Verteidigung wird über der Oberpfalz keine Überwachungssensorik
mitgeführt. Jedoch wird sich seitens der Bundesregierung dabei ganz auf ent-
sprechende US-amerikanischen Zusagen verlassen; eine Kontrolle ist ausge-
schlossen. Die Datenschutzbeauftragten des Bundes oder der Bundeswehr und
die parlamentarische G 10-Kommission sind für die datenschutzrechtliche Auf-
sicht nicht zuständig.
Die benötigten Aufstiegsgenehmigungen wurden vor zehn Jahren vom Bundes-
verteidigungsministerium für die Typen „Raven“, „Hunter“ und „Shadow“ er-
teilt (Bundestagsdrucksache 18/533). Zuständig ist das Amt für Flugsicherung
der Bundeswehr und die Deutsche Flugsicherung. Auch die Bundeswehr trai-
niert mit ihren Drohnen „KZO“ und „LUNA“ regelmäßig auf dem Truppen-
übungsplatz Grafenwöhr. Im Mai 2014 hatte das ZDF-Magazin „Frontal21“
berichtet, dass die US-Armee ab dem Jahr 2017 noch größere Drohnen des Typs
„Sky Warrior“ in Bayern stationieren will. Die Drohne ist eine aufgepeppte Ver-
sion der „Predator“, die mit Aufklärungstechnik oder Raketen bestückt werden
kann.
Eigentlich dürfen die Drohnen die US-Basen in Bayern nicht verlassen, sondern
lediglich über dem Gelände aufsteigen. Letztes Jahr haben die US-Militärs eine
erweiterte Zulassung dafür beantragt. Demnach sollen Drohnen des Typs
„Hunter“ in Korridoren zwischen den Basen Grafenwöhr und Hohenfels ver-
kehren. Sie können in diesen Übungsräumen ED-R 136A und ED-R 137 über
4 000 Meter aufsteigen und fliegen mit bis zu 200 Kilometer pro Stunde.

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„Hunter“ werden seit dem Jahr 1996 in unterschiedlichen Serien gefertigt und
können – je nach Ausführung – auch mit Raketen bestückt werden. Der Bun-
desregierung ist nicht bekannt, ob in Bayern die bewaffnungsfähige Baureihe
„MQ-5B“ genutzt wird.
Das Bundesverteidigungsministerium hat zwar die Einrichtung der Korridore in
einem bereits bestehenden Gebiet mit „Flugbeschränkungen“ genehmigt, deren
Nutzung aber noch nicht. Hierfür fehle nach wie vor eine technische Bewertung
der Drohnen. Weil die US-Regierung die Herausgabe entsprechender Doku-
mente verweigert, lag das Verfahren noch im Sommer auf Eis. Eigentlich ist aber
auch die Genehmigung für die noch nicht genutzten Korridore längst ausgelau-
fen, denn diese war nach Information der Fragesteller bis Anfang 2014 befristet
gewesen.
Der Absturz legt nahe, dass die US-Drohnen auch ohne Genehmigung außerhalb
der Übungsplätze verkehren. Bereits im Februar 2014 sorgte eine „Hunter“ mit
einem irregulären Flug zwischen Grafenwöhr und Vilseck für Aufregung. Der
Pressesprecher der US-Armee beschwichtigte, es habe sich um ein Versehen ge-
handelt. Trotzdem regt sich seit vergangenem Jahr Unmut in der Bevölkerung,
inzwischen hat sich auch eine kritische Anwohnerinitiative gegründet. Womög-
lich wird die US-Armee behaupten, die Drohne sei zwar außerhalb des Truppen-
übungsplatzes gecrasht, aber über dem Gelände außer Kontrolle geraten. So war
es auch von der Bundeswehr über einen ähnlichen Absturz im Februar 2014 in
der Altmark erklärt worden. Damals war eine Drohne des Typs „LUNA“ wäh-
rend eines Übungsfluges des Aufklärungsbataillons in Colbitz niedergegangen.
Nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums war das GPS-System aus-
gefallen. Weil die Drohnen-Piloten aber noch den Fallschirm auslösen konnten,
falle der Absturz in die Kategorie „Sicherheitslandung“ (Plenarprotokoll 18/16).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Über welche Erkenntnisse verfügt die Bundesregierung hinsichtlich des Ab-

sturzes einer Drohne des US-Militärs in der Nähe des Truppenübungsplatz
Hohenfels in der Oberpfalz?
a) Welche eigenen Erkenntnisse hat die Bundesregierung hierzu gesammelt?
b) Was wurde der Bundesregierung hierzu am Absturztag von welchen US-

Behörden mitgeteilt?
c) Wann erfolgten weitere Mitteilungen?
d) Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregie-

rung aus der Informationspolitik des „Joint Multinational Training Com-
mand“ hinsichtlich des Vorfalls insbesondere gegenüber der Bevölkerung
und der Lokalpolitik?

2. Wann stürzte die Drohne nach Kenntnis der Bundesregierung ab, und wann
wurde sie gefunden (bitte auch die Uhrzeit angeben)?

3. Wo erfolgte der Flug der Drohne nach Kenntnis der Bundesregierung, und wo
genau stürzte diese ab?

4. Wann wurden welche Bundesbehörden von welchen US-Behörden über den
Crash unterrichtet?

5. Auf welche Weise und von wem wurde die Drohne nach Kenntnis der Bun-
desregierung gesucht und schließlich gefunden?

6. Um welche Drohne handelt es sich nach Kenntnis der Bundesregierung ge-
nau, auf welcher Mission befand sich das Gerät, und welche Nutzlast hat es
befördert?

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7. Was ist der Bundesregierung gegenwärtig über die vermutete Absturz-
ursache bekannt?

8. Welche Stellen der Bundesregierung sind auf welche Weise mit einer Un-
tersuchung des Vorfalls befasst?

9. Welche Stellen der US-Regierung sind nach Kenntnis der Bundesregierung
auf welche Weise mit einer Untersuchung des Vorfalls befasst?

10. Inwiefern und auf welche Weise arbeiten die US-Regierung und die Bun-
desregierung auch gemeinsam an der Aufklärung der Unfallursache?

11. Wann sollen weitere Ergebnisse vorliegen?
12. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung angesichts des

Absturzes hinsichtlich der Aufstiegsgenehmigungen von US-Drohnen der
Typen „Raven“, „Hunter“ und „Shadow“?

13. Inwiefern ist der Bundesregierung mittlerweile bekannt, ob in Bayern die
bewaffnungsfähige Baureihe „MQ-5B“ geflogen wird?

14. Was ist der Stand des Genehmigungsverfahrens für eine erweiterte Zulas-
sung zum Betrieb von US-Drohnen in Korridoren zwischen den Basen
Grafenwöhr und Hohenfels?

15. Inwiefern fand nach Kenntnis der Bundesregierung mittlerweile ein Flug-
betrieb im Verbindungskorridor zwischen den beiden Übungsräumen
ED-R 136A und ED-R 137 statt?

16. Inwiefern und mit welchem Inhalt hat die US-Regierung bzw. das Haupt-
quartier der US-Landstreitkräfte hierfür mittlerweile eine technische Be-
wertung der Drohnen vorgelegt?

17. Sofern diese noch nicht vorgelegt wurde, wann soll dies nach Kenntnis der
Bundesregierung erfolgen, und wann ist mit einem Ende des Verfahrens zu
rechnen?

18. Inwiefern ist auch die Genehmigung für die noch nicht genutzten Korridore
in den Übungsräumen ED-R 136A und ED-R 137 ausgelaufen, die nach
Kenntnis der Fragesteller bis Anfang des Jahres 2014 befristet gewesen
war?

19. Wann, auf wessen Initiative und mit welcher Begründung wurde die Verlän-
gerung dieser Genehmigung beantragt und die Genehmigung schließlich
verlängert?

20. Inwiefern nimmt die Bundesregierung den jüngsten Absturz zum Anlass,
die Einrichtung der Korridore in einem bereits bestehenden Gebiet mit
„Flugbeschränkungen“ nochmals zu überprüfen?

21. Über welche neueren Erkenntnisse verfügt die Bundesregierung hinsicht-
lich irregulärer Flüge von US-Drohnen außerhalb der Einrichtungen?

22. Was ist der Bundesregierung mittlerweile über die Absturzrate der „Hunter“
bekannt, und welche Informationen hat sie hierzu von der US-Armee ange-
fordert?

23. Inwiefern nimmt die Bundesregierung den jüngsten Absturz zum Anlass,
den „Informationsaustausch über Unfallursachen bzw. -raten für den Be-
reich der unbemannten Luftfahrzeuge“ (Bundestagsdrucksache 18/533)
nicht nur „anlassbezogen“ vorzunehmen?

24. Welche Informationen zu „Flugunfällen“ von Drohnen des Typs „Shadow“
wurden der Bundesregierung nach dem Absturz übermittelt?

Drucksache 18/3263 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
25. Inwiefern hat die Bundeswehr im Jahr 2014 mit ihren Drohnen „KZO“ und
„LUNA“ auf Truppenübungsplätzen der US-Armee trainiert, und welche
weiteren Trainings sind geplant?

26. Was ist der Bundesregierung mittlerweile über Pläne der US-Armee bekannt,
Drohnen des Typs „Sky Warrior“ in Bayern zu stationieren (Frontal21, Mai
2014)?

27. Inwiefern nimmt die Bundesregierung den jüngsten Absturz zum Anlass,
gegenüber der US-Regierung auf eine bessere Kontrolle US-Aktivitäten in
der Oberpfalz durch Abgeordnete des Deutschen Bundestages, die Daten-
schutzbeauftragten des Bundes, der Bundeswehr oder der parlamentari-
schen G 10-Kommission zu drängen?

Berlin, den 17. November 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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