BT-Drucksache 18/3171

Dopingbekämpfung in Deutschland - Fortführung der Aufarbeitung und Schlussfolgerungen für die Zukunft

Vom 10. November 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3171
18. Wahlperiode 10.11.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. André Hahn, Katrin Kunert, Jan Korte, Ulla Jelpke,
Harald Petzold (Havelland), Frank Tempel und der Fraktion DIE LINKE.

Dopingbekämpfung in Deutschland – Fortführung der Aufarbeitung und
Schlussfolgerungen für die Zukunft

Seit August 2013 gibt es den Abschlussbericht der Studie „Doping in Deutsch-
land von 1950 bis heute aus historisch-soziologischer Sicht im Kontext ethischer
Legitimation“ („Doping in Deutschland“), welcher bis heute noch nicht in
Gänze veröffentlicht wurde. Die Studie geht auf eine Initiative des Deutschen
Olympischen Sportbundes (DOSB) aus dem Jahr 2008 zur Untersuchung der
Strukturen von Dopingpraktiken in Westdeutschland zurück. Das Bundesinstitut
für Sportwissenschaft (BISp) hat daraufhin das Projekt ausgeschrieben und zwei
Forschungsgruppen mit der Durchführung beauftragt. Von der Bundesregierung
wurde die Studie mit 550 000 Euro finanziert.
Der DOSB hat nach Abschluss der Studie eine unabhängige Beratungskommis-
sion „Doping in Deutschland“ unter dem Vorsitz des ehemaligen Richters am
Bundesverfassungsgericht, Dr. Udo Steiner, einberufen. Diese sogenannte Steiner-
Kommission sollte das Präsidium des DOSB dahingehend beraten, welche Kon-
sequenzen aus der Studie „Doping in Deutschland“ gezogen werden sollten. Am
11. Juni 2014 veröffentlichte der DOSB den 74-seitigen Abschlussbericht auf
seiner Homepage (vgl. www.dosb.de/de/leistungssport/anti-doping/news/detail/
news/dosb_veroeffentlicht_bericht_der_steiner_kommission/).
Ebenfalls befasst mit der Aufarbeitung des Dopings ist die Evaluierungskom-
mission der Freiburger Sportmedizin. Diese unabhängige Gutachterkommission
wurde im Jahr 2007 vom damaligen Rektor der Universität Freiburg, Prof. Dr.
Wolfgang Jäger, berufen. Anlass waren die Vorwürfe gegenüber Ärzten der
Abteilung Rehabilitative und Präventive Sportmedizin des Universitätsklini-
kums Freiburg. Ziel der Kommission ist es, die Arbeit der sportmedizinischen
Abteilung seit 1970 umfassend aufzuarbeiten. Ein Abschlussbericht wurde bis-
lang nicht veröffentlicht, hierzu wird auf die persönliche Erklärung der Vorsit-
zenden, Prof. Dr. Letizia Paoli vom 20. Oktober 2014 (vgl. www.dynamic.faz.net/
download/2014/Erkl%C3%A4rungPaoli.pdf), die persönliche Erklärung von
Prof. Dr. Gerhard Treutlein vom 23. Oktober 2014 sowie die Presseerklärung
des Rektors der Universität Freiburg, Prof. Dr. Hans-Jochen Schiewer (vgl.
www.pr.uni-freiburg.de/pm/2014/pm.2014-10-20.112) verwiesen.
In der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. zu den Konsequenzen der Stu-
die „Doping in Deutschland“ (vgl. Bundestagsdrucksache 18/683) hat die Bun-
desregierung darauf verwiesen, dass die abschließende Bewertung oder Ein-
grenzung eines möglicherweise fortbestehenden Forschungsbedarfs noch nicht
erfolgen kann. Man wolle u. a. die Abschlussberichte der Steiner-Kommission
sowie der Evaluierungskommission der Freiburger Sportmedizin abwarten.

Drucksache 18/3171 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Inwieweit bzw. wo wurde die Studie „Doping in Deutschland“ nach Kennt-

nis der Bundesregierung bisher veröffentlicht, und welche Gründe sprechen
aus Sicht der Bundesregierung gegen die umfassende Veröffentlichung aller
gewonnenen Erkenntnisse?

2. Ist die Bewertung der Studie „Doping in Deutschland“ seitens der Bundes-
regierung zwischenzeitlich abgeschlossen?
Wenn nein, warum nicht, und bis wann wird diese Bewertung abgeschlossen
sein?

3. Zu welchen Ergebnissen ist die Innenrevision gelangt, die die Ausführungen
der Studie „Doping in Deutschland“ in Bezug auf das Bundesministerium
des Innern (BMI) und BISp überprüfen sollte (vgl. Antwort zu Frage 28 auf
die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache
18/683)?

4. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem Abschlussbe-
richt der sogenannten Steiner-Kommission?

5. Zu welchem Ergebnis ist die Bundesregierung nach Vorliegen des Ab-
schlussberichts der Steiner-Kommission hinsichtlich der Bewertung oder
Eingrenzung eines fortbestehenden Forschungsbedarfs über die gesamt-
deutsche Dopingvergangenheit für den Zeitraum 1990 bis heute gelangt?

6. Inwieweit begrüßt die Bundesregierung die Entscheidung des Präsidiums
des DOSB vom 10./11. September 2014, den Zeitraum ab 1990 ergänzend
zu untersuchen (vgl. www.dosb.de/fileadmin/fm-dosb/downloads/DOSB-
Presse/2014/2014-38-DOSB-Presse.pdf)?

7. Inwieweit ist die erneute Ausschreibung eines entsprechenden Forschungs-
projekts geplant, und welche finanziellen Mittel sollen dafür bereitgestellt
werden?

8. Wann wird der Evaluierungsbericht des im Jahr 2009 von Bund, Ländern,
dem DOSB und der Nationalen Anti-Doping Agentur (NADA) unterzeich-
neten Nationalen Doping Präventionsplans vorliegen (vgl. Antwort zu
Frage 28 auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestags-
drucksache 18/683)?

9. Sieht die Bundesregierung nach Auswertung der Studie „Doping in
Deutschland“ sowie des Abschlussberichts der Steiner-Kommission einen
Optimierungsbedarf hinsichtlich geeigneter Präventionsmaßnahmen?

10. Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung im Sinne einer strukturel-
len Dopingprävention, wie sie in dem Bericht der Steiner-Kommission emp-
fohlen wird (vgl. S. 19 Abschlussbericht der Steiner-Kommission)?

11. Inwieweit unterstützt die Bundesregierung konkrete Initiativen, wie bei-
spielsweise die Internetplattform (www.dopingalarm.de) der ehemaligen
Sprinterin Claudia Lepping?

12. Inwieweit begrüßt die Bundesregierung die Empfehlung an die Sportmedi-
zin, die „eigene (Doping-)Geschichte“ aufzuarbeiten und „entsprechende
Standesgrundsätze neu und unmissverständlich“ zu formulieren (vgl. S. 23
Abschlussbericht der Steiner-Kommission)?

13. Welche Erkenntnisse und Konsequenzen wurden bzw. sollen im Ergebnis
der Studie nach erfolgter umfangreicher juristischer und moralischer Auf-
arbeitung von Doping im Sport der DDR aus Sicht der Bundesregierung für
Doping in Deutschland gezogen werden?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3171
14. Zu welchen Ergebnissen ist die auf deutschen Vorschlag im April 2013 ein-
gerichtete Arbeitsgruppe zum Thema „Chancengleichheit der Athleten“
unter Vorsitz von Dr. Andrea Gotzmann (NADA) bisher gelangt (vgl. S. 36
des Abschlussberichts der Steiner-Kommission)?

15. Welchen konkreten Beitrag leistet die Bundesregierung, um die Harmoni-
sierung der Dopingkontrollen auf internationaler Ebene voranzutreiben?

16. Welche Bedeutung haben aus Sicht der Bundesregierung die Erkenntnisse
der Evaluierungskommission der Freiburger Sportmedizin für die weitere
Aufarbeitung des Dopings in der Bundesrepublik Deutschland?

17. Inwieweit sieht die Bundesregierung ihrerseits Handlungsbedarf bzw. die
Möglichkeit, aktiv zu werden, damit die Evaluierungskommission unter
Leitung von Prof. Dr. Letizia Paoli ihre Arbeit ohne politischen und ohne
künstlichen Zeitdruck abschließen kann und die bisher erlangten Daten bzw.
Erkenntnisse in jedem Fall vor einer Vernichtung bzw. Sperrung geschützt
werden?

Berlin, den 7. November 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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