BT-Drucksache 18/3168

Volkswirtschaftliche Kosten der Agro-Gentechnik

Vom 11. November 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3168
18. Wahlperiode 11.11.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann, Jan van Aken, Karin Binder,
Eva Bulling-Schröter, Kerstin Kassner, Sabine Leidig, Ralph Lenkert,
Niema Movassat und der Fraktion DIE LINKE.

Volkswirtschaftliche Kosten der Agro-Gentechnik

Die Agro-Gentechnik verursacht direkte und indirekte volkswirtschaftliche
Kosten. Das betrifft sowohl die gentechnikfreie Land- und Forstwirtschaft als
auch die Imkerei und die Lebensmittelwirtschaft. Betroffen sind nicht nur öko-
logisch wirtschaftende Betriebe, sondern auch die konventionelle Agrarbranche.
Sie haben erhöhte Kosten im Bereich der Lagerung, der Warentrennung, der
Rohstoffgewinnung, der Ernte, Laborkosten usw. Diese Kosten werden nicht
von den Nutzerinnen und Nutzern der Agro-Gentechnik – Agrarwirtschaft, Saat-
gutindustrie oder Pestizidhersteller – getragen, sondern von der Gesellschaft
oder unbeteiligten Dritten.
Die volkswirtschaftlichen Kosten werden seit Jahren in der Debatte über die
Vor- und Nachteile der Agro-Gentechnik weitgehend ausgeblendet. Die Frak-
tion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag hat dazu bereits im Jahr 2007 eine
Kleine Anfrage an die Bundesregierung gerichtet (Antwort der Bundesregierung
auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 16/7441).
Damals wie heute ist in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt, wie hoch die
volkswirtschaftlichen Kosten der Agro-Gentechnik sind. Dies zu wissen, ist
jedoch, neben ökologischen, sozialen und agrarstrukturellen Risiken, Teil der
politischen Folgeabschätzung und damit eine wichtige Grundlage für gesetz-
liche Regelungen bei der Agro-Gentechnik.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie hoch waren die Kosten des Bundes und nach Kenntnis der Bundesregie-

rung der Länder für die Sicherheitsforschung zur Agro-Gentechnik (un-
abhängig von der Finanzierungsquelle) seit der Beantwortung der Kleinen
Anfrage auf Bundestagsdrucksache 16/7441 (bitte nach Jahren und gentech-
nisch veränderten Organismen – GVO – aufschlüsseln)?

2. Wie hoch waren die Kosten des Bundes und nach Kenntnis der Bundesregie-
rung der Länder bei Genehmigungsverfahren für die Freisetzung und das
Inverkehrbringen gentechnisch veränderter Sorten seit der Beantwortung der
Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 16/7441 (bitte nach Jahren und
GVO aufschlüsseln)?

3. Wie hoch waren die Kosten des Bundes und nach Kenntnis der Bundesregie-
rung der Länder für das Monitoring gentechnisch veränderter Pflanzen seit
der Beantwortung der Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 16/7441
(bitte nach Jahren und GVO aufschlüsseln)?

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4. Wie hoch waren die Kosten des Standortregisters seit der Beantwortung der
Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 16/7441?

5. Wie hoch waren nach Kenntnis der Bundesregierung die Kosten der Länder
zur Überwachung des Vollzugs des Gentechnikgesetzes seit der Beantwor-
tung der Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 16/7441 (bitte nach
Jahr und GVO aufschlüsseln)?

6. Wie hoch waren nach Kenntnis der Bundesregierung die Kosten der Länder
zur Überwachung der Lebens- und Futtermittel auf Gentechnikfreiheit seit
der Beantwortung der Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 16/7441
(bitte nach Jahren und GVO aufschlüsseln)?

7. Wie hoch waren die Kosten der Sortenzulassung aufgrund von Anforderun-
gen zur Sicherung der so genannten Koexistenz bzw. Überwachung der Ein-
haltung der Kennzeichnungsvorschriften seit der Beantwortung der Kleinen
Anfrage auf Bundestagsdrucksache 16/7441 (bitte nach Jahren und GVO
aufschlüsseln)?

8. Wie hoch waren die Kosten des Bundes und nach Kenntnis der Bundes-
regierung der Länder zur Sicherung pflanzlicher Genreserven (z. B. Gen-
banken) vor Kontaminationen seit der Beantwortung der Kleinen Anfrage
auf Bundestagsdrucksache 16/7441 (bitte nach Jahren und GVO aufschlüs-
seln)?

9. Wie hoch waren nach Kenntnis der Bundesregierung die Kosten des Schut-
zes von ökologisch wertvollen Gebieten der Länder vor Kontamination
durch transgene Pflanzen seit der Beantwortung der Kleinen Anfrage auf
Bundestagsdrucksache 16/7441 (bitte nach Jahren und GVO aufschlüsseln)?

10. Wie hoch waren nach Kenntnis der Bundesregierung die Prüfkosten der
Saatgutbetriebe für GVO-Freiheit des Saatgutes seit der Beantwortung der
Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 16/7441 (bitte nach Jahren und
GVO aufschlüsseln)?

11. Wie hoch waren nach Kenntnis der Bundesregierung die Gesamtausgaben
der Agrarwirtschaft zur Sicherstellung der GVO-Freiheit des Saatgutes seit
der Beantwortung der Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 16/
7441?

12. Wie hoch waren nach Kenntnis der Bundesregierung die Prüf- und Kontroll-
kosten der agrarwirtschaftlichen Betriebe zum Nachweis der Freiheit ihres
Ernteguts von GVO seit der Beantwortung der Kleinen Anfrage auf Bun-
destagsdrucksache 16/7441 (bitte getrennt für konventionell wirtschaftende
und ökologisch zertifizierte Betriebe angeben)?

13. Wie hoch waren nach Kenntnis der Bundesregierung die Kosten für die ge-
trennte Nutzung von Ernte- und Bearbeitungsmaschinen sowie Transport-
mitteln bzw. deren Zwischenreinigung, wenn die Maschinen von Landwirt-
schaftsbetrieben genutzt worden sind, die mit und ohne Agro-Gentechnik
wirtschafteten, seit der Beantwortung der Kleinen Anfrage auf Bundestags-
drucksache 16/7441?

14. Wie hoch waren nach Kenntnis der Bundesregierung die Prüfkosten der Im-
kerinnen und Imker zum Nachweis der GVO-Freiheit des Honigs und der
Pollen seit der Beantwortung der Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksa-
che 16/7441?

15. Wie hoch waren nach Kenntnis der Bundesregierung die Kosten für
getrennte Lagerung bei Handel und Verarbeitung seit der Beantwortung der
Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 16/7441?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3168
16. Was hat die Bundesregierung konkret unternommen, um ihre Wissens-
lücken bezüglich der Kosten, die sich aus den Fragen 9 bis 15 der Kleinen
Anfrage auf Bundestagsdrucksache 16/7441 ergeben, zu schließen?

17. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Folgekosten durch
die Aberkennung des Bio-Status, wenn eine Fläche oder Erntepartie eines
Bio-Betriebes durch transgene Pflanzen kontaminiert wird?

18. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Arbeitszeitkosten für
Verhandlungen über die erforderliche Abstimmung zur Sicherung der so ge-
nannten Koexistenz zwischen Agro-Gentechnik verwendenden Landwirt-
schaftsbetrieben einerseits und konventionell bzw. ökologisch wirtschaften-
den Landwirtschaftsbetrieben andererseits?

19. Welche Arbeitszeitkosten entstehen nach Kenntnis der Bundesregierung für
Informationsbeschaffung und Planung von Vorsorgemaßnahmen von Land-
wirtschafts- oder Imkereibetrieben wegen eines geplanten Anbaus transge-
ner Pflanzen in der Nachbarschaft bzw. in der Nutzungsregion?

20. Wie hoch waren nach Kenntnis der Bundesregierung die Kosten für Rück-
rufaktionen für Lebens- oder Futtermittel, die nicht den gesetzlichen Anfor-
derungen bezüglich der Kennzeichnungspflichten im Gentechnikgesetz ent-
sprochen haben oder die nicht zugelassene GVO enthielten, seit der Beant-
wortung der Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 16/7441, und wer
hat sie getragen (bitte nach Jahren und GVO aufschlüsseln)?

21. In welchem Umfang konnten nach Kenntnis der Bundesregierung Regress-
kosten gegenüber dem jeweiligen Verursacher durchgesetzt werden, bzw. in
welchen Fällen ist das in welcher Höhe und aus welchen Ursachen geschei-
tert?

22. Welche Informationen liegen der Bundesregierung zur Entwicklung von
Resistenzen im Zusammenhang mit transgenen Pflanzen in den USA vor?
Welche zusätzlichen Kosten entstehen daraus für die Agrarbetriebe?
Welche Rückschlüsse zieht die Bundesregierung daraus für das EU-Zulas-
sungsverfahren?

23. Welche Rückschlüsse hinsichtlich der nationalen Koexistenzbestimmungen
zwischen Feldern mit und ohne transgene Maispflanzen zieht die Bundes-
regierung aus der am 17. Oktober 2014 veröffentlichten Studie von Frieder
Hofmann, Mathias Otto und Werner Wosniok „Maize pollen deposition in re-
lation to distance from the nearest pollen source under common cultivation –
results of 10 years of monitoring (2001 to 2010)“?

24. Welche Rückschlüsse hinsichtlich des EU-Zulassungsverfahrens zieht die
Bundesregierung aus der im Oktober 2014 aktualisierten vorgelegten Studie
des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft „Risiken mit amtlichen
Siegel: Mängel bei der Zulassung gentechnisch veränderter Pflanzen“?

25. Welche Bundeshaushaltsmittel werden für Grundlagenforschung zur Risiko-
bewertung transgener Pflanzen aufgewendet, beispielsweise um die Ent-
wicklung von Maßstäben von Fütterungsstudien zu befördern?

26. Welche Forschungsprojekte zur systematischen Analyse volkswirtschaftli-
cher Folgekosten sowie zu agrarsozialen- und -strukturellen Konsequenzen
der Agro-Gentechnik werden nach Kenntnis der Bundesregierung öffentlich
gefördert (Zeitraum, Höhe der Finanzierung, Quelle)?

27. Was unternimmt die Bundesregierung zur Erlangung von Daten, mit
welchen Anbauverbote transgener Pflanzen auf sozioökonomischer Basis
begründet werden könnten?

Drucksache 18/3168 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
28. Wie bewertet sie in diesem Zusammenhang die Datenbasis für bereits zum
Anbau zugelassene oder im Zulassungsverfahren befindliche transgene
Pflanzen?

Berlin, den 10. November 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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