BT-Drucksache 18/3149

Ausstattung und Personal der Bundespolizei

Vom 10. November 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3149
18. Wahlperiode 10.11.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jan Korte, Frank Tempel, Ulla Jelpke, Harald Petzold
(Havelland), Martina Renner, Kersten Steinke, Halina Wawzyniak, Jörn Wunderlich
und der Fraktion DIE LINKE.

Ausstattung und Personal der Bundespolizei

Das Magazin „FOCUS“ meldet in seiner Ausgabe 43/2014, die Bundespolizei
sei „nahezu zahlungsunfähig“. Nach Angaben aus Polizeikreisen seien „bereits
ausrangierte Autos reaktiviert worden“, zudem würde bei Demonstrationen auf
den Einsatz von Toilettenwagen verzichtet werden, was zur Folge habe, dass
auch die Einsatzkräfte ihre Notdurft in aller Öffentlichkeit verrichten müssten.
Bereits Anfang September 2014 meldete „DER SPIEGEL“, 36/2014, die Bun-
despolizei sei aufgrund der Haushaltssperre „faktisch pleite“ und sei nicht mehr
in der Lage, Miete für die von ihr genutzten Liegenschaften zu zahlen.
Nach Informationen von Polizeigewerkschaftsangehörigen ist es der Bundespo-
lizei auch nicht mehr möglich, ihre Fahrzeuge mit Mitteln des laufenden Haus-
haltsjahres zu warten und zu betanken. Die sich daraus ergebenden Verbindlich-
keiten müssten ins Haushaltsjahr 2015 verschoben werden. Am 22. Oktober
2014 teilte das Bundesministerium des Innern (BMI) mit, dass das Bundesmi-
nisterium der Finanzen die Bundespolizei von der Haushaltssperre ausnimmt.
Dies reicht nach der Auffassung der Gewerkschaft der Polizei (GdP) nicht aus,
die das „Top-Down“-Verfahren bei der Haushaltsaufstellung ein „Sicherheits-
risiko“ nennt (www.gdpbundespolizei.de, 27. Oktober 2014). In ihrem Aufruf
zur Kundgebung „Tatü tata – nix mehr da!“ am 4. November 2014 gibt die GdP
zudem an, das Bundespolizeipräsidium habe zum Haushalt 2014 einen zusätz-
lichen Bedarf an 1 666 Stellen bis 2017 angemeldet. Diese Forderung sei vom
Bundesminister des Innern, Dr. Thomas de Maizière, zunächst mitgetragen, dann
jedoch zugunsten der Konsolidierung des Bundeshaushalts aufgegeben worden.
Die Schilderungen der Polizeigewerkschaft, die Beamten litten an einer stän-
digen personellen Unterdeckung, mangelhafter Ausstattung und müssten in ma-
roden Dienststellen arbeiten, verdeutlichen die strukturelle Unterfinanzierung
der Bundespolizei.
In seiner Stellungnahme zum Kapitel 06 25 des Bundeshaushaltsentwurfs 2015
hatte der Hauptpersonalrat der Bundespolizei zudem, neben vielen anderen Kri-
tikpunkten, „echte Lösungen für die dramatische Personal- und Sachsituation
der Bundespolizei“ angemahnt. Von 7 109 Polizeiobermeistern hätten „nicht
einmal die jährlich 10 Prozent mit der Spitzennote beurteilten Beamten eine
Chance […], zum Polizeihauptmeister befördert zu werden.“ (S. 9) Bliebe es bei
den vorgesehenen Hebungen, könne dem „Großteil der betroffenen Beamten be-
reits heute von Amts wegen mitgeteilt werden, dass sie angesichts der Personal-
struktur in der Bundespolizei und der unzureichenden Beförderungsplanstellen
während ihrer verbleibenden Dienstzeit keinerlei Chance mehr haben werden,
vor Erreichen der Altersgrenze noch zum Polizeihauptmeister bzw. zum Amts-
inspektor befördert zu werden, völlig unabhängig von ihren dienstlichen Leis-

Drucksache 18/3149 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
tungen.“ Es gäbe ferner in keiner anderen Geschäftsbereichsbehörde des BMI
„einen derart hohen Anteil lebensälterer Beamter im Eingangsamt oder im ers-
ten Beförderungsamt der Laufbahn“.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Treffen die in der Vorbemerkung der Fragesteller zitierten Medienberichte

über eine „Zahlungsunfähigkeit“ der Bundespolizei zu, und ist die Zahlungs-
fähigkeit nach Aufheben der Haushaltssperre in vollem Umfang wiederher-
gestellt?

2. Welche Direktionen und Abteilungen der Bundespolizei waren von der Haus-
haltssperre betroffen und hatten für 2014 keine Finanzmittel mehr zur Ver-
fügung?

3. Wie hoch sind die derzeitigen Verbindlichkeiten und Außenstände der Bun-
despolizei (bitte nach Abteilungen und Direktionen aufschlüsseln), und wel-
chen Zahlungsverpflichtungen konnte nach Aufhebung der Haushaltssperre
nachgekommen werden, welchen nicht?

4. Ist es in Bundesbehörden üblich, Wartungs- und Spritkosten auf das nächste
Haushaltsjahr zu verschieben, was bedeutet das in der Praxis, und ist dies mit
den Lieferanten, Dienstleistern oder Werkstätten abgesprochen?

5. Welche zusätzlichen Kosten (Vertragsstrafen, Zinsen, Mahnkosten etc.) sind
der Bundespolizei durch die Haushaltssperre entstanden?

6. Wie viele Einsatz- und Streifenfahrzeuge besitzt die Bundespolizei (bitte
nach Fahrzeugart aufschlüsseln)?
a) Wie viele davon sind einsatzbereit?
b) Wie viele sind in Wartung bzw. Instandsetzung?
c) Wie viele sind seit mehr als einem Monat nicht einsatzfähig, und aus wel-

chen Gründen?
d) Für wie viele bei der Bundespolizei verwendete Fahrzeugmodelle sind

keine Ersatzteile lieferbar (bspw. Polycarbonat- bzw. Lexanscheiben, Be-
reifung etc.)?

e) Nach wie vielen Jahren werden Einsatz- und Streifenfahrzeuge durch-
schnittlich bei der Bundespolizei ausgemustert?

7. Wie viele Sonderfahrzeuge (Wasserwerfer, schwere Einsatz- oder Räumfahr-
zeuge etc., bitte aufschlüsseln) besitzt die Bundespolizei?
a) Wie viele davon sind einsatzbereit?
b) Wie viele sind in Wartung bzw. Instandsetzung?
c) Wie viele sind seit mehr als einem Monat nicht einsatzfähig, und aus wel-

chen Gründen?
d) Für wie viele bei der Bundespolizei verwendeten Sonderfahrzeuge sind

keine Ersatzteile lieferbar?
8. Über wie viele Schiffe und Boote ab 10 Metern Länge verfügt die Bundespo-

lizei?
a) Wie viele davon sind einsatzbereit?
b) Wie viele sind in Wartung bzw. Instandsetzung?
c) Wie viele sind seit mehr als einem Monat nicht einsatzfähig, und aus wel-

chen Gründen?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3149
9. Wie viele Hubschrauber besitzt die Bundespolizei an welchen Standorten?
a) Wie viele davon sind einsatzbereit?
b) Wie viele sind in Wartung bzw. Instandsetzung?
c) Wie viele sind seit mehr als einem Monat nicht einsatzfähig, und aus wel-

chen Gründen?
10. Trifft es zu, dass es in keiner anderen Geschäftsbereichsbehörde des BMI

einen höheren Anteil lebensälterer Beamter im Eingangsamt oder im ersten
Beförderungsamt der Laufbahn gibt?

11. Wie stellt sich der Beförderungsstau bei der Bundespolizei aus Sicht der
Bundesregierung dar?
a) Welche Ursache liegt dem Beförderungsstau bei der Bundespolizei zu-

grunde?
b) Welches Konzept hat die Bundesregierung zur Lösung des Problems?
c) Welche Folgen hat der Beförderungsstau nach Einschätzung der Bundes-

regierung für die Motivation der betroffenen Beschäftigten?
12. Wie hoch schätzt die Bundesregierung den Personalbedarf bis 2017 bei der

Bundespolizei, und auf welcher Grundlage kommt sie zu dieser Schätzung?
13. Trifft es zu, dass das Bundespolizeipräsidium bereits 2014 die Schaffung

von 1 666 neuen Stellen bis 2017 gefordert hat, und aus welchen Gründen
wurde dieser Forderung nicht stattgegeben?

14. Wenn die Schätzung der Bundesregierung zu Frage 12 abweicht von der
Forderung der Behördenleitung, die in Frage 13 erfragt wird, wie begründet
die Bundesregierung die Differenz bei der Ermittlung des Personalbedarfs?

15. Wie viele Bundespolizistinnen und Bundespolizisten werden in den nächs-
ten zehn Jahren pensioniert, und wie viele neu ausgebildete Polizeibeamte
werden nach derzeitigem Stand voraussichtlich in dieser Zeit in den Dienst
bei der Bundespolizei eintreten (bitte nach Jahren aufschlüsseln)?

16. Ist die Bundespolizei nach Auffassung der Bundesregierung finanziell, per-
sonell und in ihrer Ausstattung derzeit gut aufgestellt (bitte begründen)?

17. Wird die Bundesregierung an dem von Polizeigewerkschaften als „Sicher-
heitsrisiko“ bewerteten „Top-down“-Verfahren bei der Konsolidierung der
Bundespolizei festhalten, und wenn ja, aus welchen Gründen?

Berlin, den 7. November 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.