BT-Drucksache 18/2946

zu dem Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Katrin Kunert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 18/288 - Das Massensterben an den EU-Außengrenzen beenden - Für eine offene, solidarische und humane Flüchtlingspolitik der Europäischen Union

Vom 21. Oktober 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2946
18. Wahlperiode 21.10.2014
Beschlussempfehlung und Bericht
des Innenausschusses (4. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Katrin Kunert, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 18/288 –

Das Massensterben an den EU-Außengrenzen beenden – Für eine offene,
solidarische und humane Flüchtlingspolitik der Europäischen Union

A. Problem
Die Antragsteller kritisieren die europäische Asyl- und Flüchtlingspolitik. Den meis-
ten Flüchtlingen blieben nur illegale und lebensgefährliche Wege, um in die EU zu
gelangen. Die Bundesregierung wird daher aufgefordert, sich auf europäischer
Ebene für eine offene und humane Flüchtlingspolitik sowie eine solidarische Ver-
antwortungsteilung einzusetzen. Dies beinhalte neben der Schaffung von sicheren
Einreisemöglichkeiten für Flüchtlinge und gemeinsamen Aufnahmeaktionen insbe-
sondere die Abschaffung von Frontex, die Durchsetzung einheitlicher Standards in
Asylangelegenheiten, die Änderung der Dublin-Verordnung und ein Freizügigkeits-
recht für anerkannte Flüchtlinge innerhalb der EU. Erforderlich sei auch eine radi-
kale Reform der bisherigen Wirtschafts-, Handels- und Außenpolitik der EU zur Be-
seitigung der Fluchtursachen.

B. Lösung
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen
Annahme des Antrags.

D. Kosten
Wurden nicht erörtert.
Drucksache 18/2946 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag auf Drucksache 18/288 abzulehnen.

Berlin, den 15. Oktober 2014

Der Innenausschuss

Wolfgang Bosbach
Vorsitzender

Nina Warken
Berichterstatterin

Christina Kampmann
Berichterstatterin

Ulla Jelpke
Berichterstatterin

Luise Amtsberg
Berichterstatterin

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2946
Bericht der Abgeordneten Nina Warken, Christina Kampmann, Ulla Jelpke und
Luise Amtsberg

I. Überweisung

Der Antrag auf Drucksache 18/288 wurde in der 9. Sitzung des Deutschen Bundestages am 17. Januar 2014
an den Innenausschuss federführend sowie an den Auswärtigen Ausschuss, den Ausschuss für Recht und Ver-
braucherschutz, den Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, den Ausschuss für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung und den Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union zur
Mitberatung überwiesen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Auswärtige Ausschuss hat in seiner 15. Sitzung am 7. Mai 2014 mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags empfohlen.
Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat in seiner 16. Sitzung am 7. Mai 2014 mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, den Antrag abzulehnen.
Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe hat in seiner 11. Sitzung am 7. Mai 2014 mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimment-
haltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags empfohlen.
Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat in seiner 11. Sitzung am 7. Mai
2014 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE.
bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, den Antrag abzulehnen.
Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union hat in seiner 10. Sitzung am 7. Mai 2014
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei
Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags empfohlen.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Innenausschuss hat in seiner 11. Sitzung am 21. Mai 2014 einvernehmlich beschlossen, eine öffentliche
Anhörung zu der Vorlage auf Drucksache 18/288 durchzuführen. Die öffentliche Anhörung hat der Innenaus-
schuss in seiner 20. Sitzung am 2. Juli 2014 durchgeführt. Hinsichtlich der Ergebnisse der Anhörung, an der
sich sieben Sachverständige beteiligt haben, wird auf das Protokoll der 20. Sitzung des Innenausschusses vom
2. Juli 2014 (Nummer 18/20) mit den anliegenden Stellungnahmen der Sachverständigen verwiesen.
Der Innenausschuss hat den Antrag auf Drucksache 18/288 in seiner 26. Sitzung am 15. Oktober 2014 ab-
schließend beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen
der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des
Antrags. Ausführlich einbezogen wurde in die Beratungen auch der Nachbericht zum Rat Justiz und Inneres
am 9./10. Oktober 2014 in Luxemburg auf Ausschussdrucksache 18(4)173.
Ebenso war der Bericht des Bundesministeriums des Innern über aktuelle Entwicklungen zu Frontex Teil der
Beratungen zu diesem Antrag.
Die Fraktion der CDU/CSU führt aus, dass große Aufgaben im Bereich der Flüchtlingspolitik auf Deutsch-
land und Europa zukämen. Es sei einheitlicher Standpunkt aller Fraktionen, dass konkrete Schritte zur Behe-
bung der Probleme im Bereich der Flüchtlingspolitik zu unternehmen seien. Jedoch sei der Antrag der Fraktion
DIE LINKE nicht sachdienlich diese Probleme zu lösen. Es sei Fakt, dass nicht alle Flüchtlinge in Deutschland
aufgenommen werden könnten. Deutschland habe bereits in den letzten 5 Jahren 40.000 Flüchtlinge mehr auf-
genommen, als nach der Berechnung einzelner Quoten erforderlich gewesen sei. Es gäbe in der europäischen
Flüchtlingspolitik kein Regelungsdefizit, sondern ein Anwendungs- bzw. Umsetzungsdefizit der Regelungen
Drucksache 18/2946 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
des Dublin-III-Systems. Man müsse weiter die Umsetzung einheitlicher Standards im europäischen Asylver-
fahren verfolgen und auch eine konsequente Rückführungspolitik betreiben. Die Kontrolle der Einreise von
Flüchtlingen sei unerlässlich, da sonst unkontrollierbare Flüchtlingsströme entstünden und eine Kontrolle des
Asylanspruches Bedürftiger erschweren würden.
Die Fraktion der SPD stellt klar, dass bezüglich der Probleme und des Handlungsbedarfes Einigkeit bestünde.
Wie die Lösungen dieser Probleme aussehen, so sei man jedoch anderer Auffassung als die Antragstellerin.
Eine Lösungsmöglichkeit sei eine gerechtere Verantwortungsteilung mithilfe einer Quote. Diese funktioniere
ja auch innerhalb Deutschlands in Bezug auf die einzelnen Bundesländer und könne auch europaweit funktio-
nieren. Jedoch sei hierbei der perfekte Schlüssel für eine gerechte Verantwortungsteilung noch nicht abschlie-
ßend gefunden. Eine Möglichkeit wäre auch ein finanzieller Ausgleich für Länder, welche eine vereinbarte
Quote übererfüllten. Könnten Flüchtlinge selbst frei auswählen in welchem Land Sie blieben, so sehe man die
Gefahr des sog. „Downsizing“, da ein Anreiz für Länder bestünde, ihren Standard in der Asylpolitik zu senken,
um weniger attraktiv für Flüchtlinge zu sein und so weniger Flüchtlinge aufnehmen zu müssen. Ein solcher
unangenehmer Nebeneffekt müsse beachtet werden und sei zu verhindern. Man erwarte für das Jahr 2014 mehr
als 200 000 Flüchtlinge und man müsse versuchen konstruktiv zusammenzuarbeiten und sich die verschiedenen
Quoten-Modelle zur Verteilung der Flüchtlinge anschauen.
Die Fraktion DIE LINKE. verweist zur Begründung ihres Antrages darauf, dass sich bereits 163 000 Flücht-
linge in diesem Jahr auf den Weg nach Europa gemacht haben. Laut UNHCR würden von diesen Flüchtlingen,
auf jeweils 1 000 Flüchtlinge, 16-17 Flüchtlinge auf der Reise ums Leben kommen. Deshalb sehe man Hand-
lungsbedarf, um sichere Einreisewege für Flüchtlinge zu schaffen. Viele Flüchtlinge, z. B. aus Syrien, hätten
nicht die Möglichkeit auf legalem Wege in die EU einzureisen. Auch bestünde Reformbedarf beim Dublin-III-
System, um ein faires Asylverfahren zu gewährleisten. Man verstehe nicht, warum sich die Bundesregierung
nicht an der Aktion „Mare Nostrum“ der Italiener finanziell beteiligt habe, sich jetzt jedoch finanziell an dem
Projekt „Triton“ bei Frontex beteilige. Auch gäbe es andere Projekte, um Flüchtlingen in Seenot zu helfen, an
denen sich Deutschland jedoch nicht beteiligen würde. Darüber hinaus sei ein neues Verteilungssystem für
Flüchtlinge notwendig, bei dem die Flüchtlinge selbst entscheiden könnten, in welchem Land Sie einen Asyl-
antrag stellen, insofern bedürfe es Reformen innerhalb der bestehenden Regelungen.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellt klar, dass Deutschland, angesichts dieser Probleme mehr
machen müsse als bisher. Die Quoten-Modelle würden leider völlig die „Wunschländer“ der Flüchtlinge außer
Acht lassen, was jedoch gerade integrationspolitisch verfehlt sei. Deshalb wünsche man sich eine Flexibilisie-
rung des Dublin-III-Systems. Angesichts der zunehmenden Zahl an Flüchtlingskrisen sehe man es sehr kritisch,
dass die Ausgaben für humanitäre Hilfe um 38 Prozent gekürzt worden seien. Ein Lösungsvorschlag für die
zahlreichen Flüchtlingskatastrophen auf dem Mittelmeer sei die Einführung eines „Humanitären Visums“, wel-
ches auch die geforderte Einreisekontrolle ermögliche. Man sei auch unzufrieden mit der Arbeit bei Frontex,
jedoch sei die Abschaffung keine Lösung des Problems. Italien habe mit seinem Programm „Mare Nostrum“
vorgemacht, wie man konkrete Schritte gegen das Massensterben von Flüchtlingen auf dem Mittelmeer gehen
könne. Deutschland müsse sich solchen Unternehmungen anschließen. Da die Bundesregierung aber eine Be-
teiligung an dem Programm „Mare Nostrum“ abgelehnt habe und das Programm „Triton“ dafür kein äquiva-
lenter Ersatz sei, frage man sich, wie die Bundesregierung gedenke, diese Probleme zu lösen.

Berlin, den 15. Oktober 2014

Nina Warken
Berichterstatterin

Christina Kampmann
Berichterstatterin

Ulla Jelpke
Berichterstatterin

Luise Amtsberg
Berichterstatterin

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