BT-Drucksache 18/2925

Stockende Verhandlungen zum EU-US-Datenschutzabkommen

Vom 15. Oktober 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2925
18. Wahlperiode 15.10.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Annette Groth, Dr. André Hahn, Ulla Jelpke,
Jan Korte, Niema Movassat, Petra Pau, Harald Petzold (Havelland), Martina
Renner, Dr. Petra Sitte, Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Stockende Verhandlungen zum EU-US-Datenschutzabkommen

Der US-Generalbundesanwalt Eric Holder tritt zurück (Pressemitteilung des
Departments of Justice vom 25. September 2014). Ein Nachfolger wird gesucht,
bis dahin bleibt Eric Holder noch im Amt. Der Rücktritt wirft die Frage nach den
Fortschritten im EU-US-Datenschutzabkommen auf. Vor drei Monaten hat in
Athen ein „EU-USA Ministertreffen über Justiz und Inneres“ stattgefunden, das
den besseren Informationsaustausch unter Polizeibehörden und die Sammlung
von Fluggastdaten zum Inhalt hatte (www.gr2014.eu). Außer Eric Holder war
auch der US-Staatssekretär Alejandro Mayorcas angereist, der zum Heimat-
schutzministerium gehört. Über die Notwendigkeit einer verstärkten Sicher-
heitszusammenarbeit herrschte Einigkeit, entsprechend hatte sich auch die EU-
Innenkommissarin Cecilia Malmström geäußert.
In Veröffentlichungen zu dem Treffen wurde aber der Datenschutz in den Vor-
dergrund gerückt. Eric Holder hatte auf dem Treffen im Juni 2014 versprochen,
EU-Staatsangehörige im Bereich des Datenschutzes mit US-Bürgerinnen und
US-Bürgern gleichzustellen (Bundestagsdrucksache 18/2472). Dies war von der
EU und ihren Mitgliedstaaten vielfach gefordert worden. Das geplante Abkom-
men soll dann als Rahmenabkommen („Umbrella Agreement“) für andere Ver-
einbarungen zum Datentausch gelten, darunter die Weitergabe von Fluggast-
daten oder Kontodaten (www.ec.europa.eu „Factsheet EU-US Negotiations on
Data Protection“, Juni 2014). Die Geheimdienstzusammenarbeit bleibt aber
außen vor.
In Eric Holders Ankündigung geht es um den „Privacy Act“, der umfangreiche
Garantien vorsieht, allerdings lediglich für Personen, die über eine US-Staatsan-
gehörigkeit verfügen. Schon damals war unklar, wie dies rechtlich umgesetzt
würde, denn es ist kaum wahrscheinlich, dass der US-Kongress den „Privacy
Act“ entsprechend umschreiben würde. Trotzdem wurde die Initiative Eric
Holders weitläufig gelobt, endlich schien sich ein Fortschritt in den jahrelangen
Verhandlungen über ein EU-US-Datenschutzabkommen abzuzeichnen. Der
Bundesminister des Innern, Dr. Thomas de Maizière, kommentierte, im Rahmen
der Verhandlungen des EU-US-Datenschutzabkommens sei eine „erstmalig ge-
gebene Zusage“ Eric Holders erfolgt (Pressemitteilung des Bundesinnenminis-
teriums, 27. Juni 2014). Künftig würde auch EU-Bürgerinnen und EU-Bürgern
eine Klagemöglichkeit zum Schutz ihrer Privatsphäre in den USA eingeräumt.
Dies sei „ein gutes und ermutigendes Zeichen“. Es werde eine Forderung erfüllt,
„die wir lange vorgetragen haben“. Es bewege sich nun etwas, das sei „sehr er-
freulich“. Ähnlich hatten sich die EU-Innenminister auf ihrem Treffen geäußert.
Demnach spreche sich die US-Regierung nunmehr dafür aus, „EU-Bürgerinnen

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und EU-Bürgern in Datenschutzfragen einen Rechtsschutz zu gewähren, der
dem amerikanischer Bürger vergleichbar ist“ (Bundestagsdrucksache 18/2472).
Die EU-Vizekommissionspräsidentin und Justizkommissarin Viviane Reding
war vorsichtiger und kommentierte Eric Holders Ankündigung als „ersten
Schritt, um das Vertrauen in unsere transatlantischen Beziehungen wiederher-
zustellen“. Allerdings müssten rasche Maßnahmen zur Gesetzgebung folgen
(Pressemitteilung der EU-Vizekommissionspräsidentin Viviane Reding, 25. Juni
2014). Tatsächlich blieben weitere US-Initiativen seitdem aus. Eric Holders Ver-
sprechen mündeten in keinerlei offizielle Vorschläge zum Abschluss eines
Datenschutzabkommens, es gibt noch immer keinen Entwurf.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wann haben die Verhandlungen um das EU-US-Datenschutzabkommen

nach Kenntnis der Bundesregierung begonnen, und wann war die Bundes-
regierung erstmals offiziell damit befasst?

2. Aus welchem Grund haben sich die Verhandlungen aus Sicht der Bundes-
regierung über mehrere Jahre hingezogen?

3. Für welche EU-US-Vereinbarungen könnte das EU-US-Datenschutzab-
kommen aus Sicht der Bundesregierung als Rahmenabkommen („Umbrella
Agreement“) gelten?

4. Inwiefern müssten die existierenden Abkommen aus Sicht der Bundes-
regierung dann neu verhandelt werden?

5. Inwiefern wäre von einem EU-US-Datenschutzabkommen aus Sicht der
Bundesregierung auch die Geheimdienstzusammenarbeit erfasst?

6. Welche Fortschritte sind aus Sicht der Bundesregierung in den Verhandlun-
gen um das EU-US-Datenschutzabkommen seit Beginn des Jahres 2014 er-
zielt worden?

7. Worin genau besteht aus Sicht der Bundesregierung die „von den USA im
Rahmen der Verhandlungen des EU-US-Datenschutzabkommens erstmalig
gegebene Zusage, künftig auch EU-Bürgern eine Klagemöglichkeit zum
Schutz ihrer Privatsphäre in den USA einzuräumen“?

8. Welche konkreten Maßnahmen wurden eingeleitet, und wer hatte die Initia-
tive hierzu ergriffen?

9. In welchen Treffen mit US-Behörden ist seit Beginn des Jahres 2014 über
das EU-US-Datenschutzabkommen verhandelt worden?

10. Welche konkreten Zusagen hatten der US-Justizminister Eric Holder und
der Berater von US-Präsident Obama, John Podesta, im Juni 2014 gemacht?

11. Inwiefern trifft es zu, dass US-Delegierte versprachen, EU-Staatsangehö-
rige im Bereich des Datenschutzes mit US-Bürgerinnen und US-Bürgern
gleichzustellen?

12. Wie ist aus Sicht der Bundesregierung die Formulierung zu verstehen, dass
die US-Regierung „sich nunmehr dafür ausspricht, EU-Bürgerinnen und
EU-Bürgern in Datenschutzfragen einen Rechtsschutz zu gewähren, der
dem amerikanischer Bürger vergleichbar ist“ (Bundestagsdrucksache 18/
2472)?

13. Welche „weiteren Fortschritte“ könnten demnach, wie vom Bundesinnen-
minister Dr. Thomas de Maizière als „Hoffnung“ zum Ausdruck gebracht,
bei den weiteren Verhandlungen über das EU-US-Datenschutzabkommen
erreicht werden?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2925
14. Inwiefern konnte der Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière in „bi-
lateralen Gesprächen“ mit den Stellvertretern des amerikanischen Justiz-
ministers und des amerikanischen Heimatschutzministers, in denen Fragen
des Datenschutzes erörtert wurden, wesentliche Änderungen in der Haltung
der US-Regierung erzielen?

15. Welche konkreten Erläuterungen hatten der stellvertretende Justizminister
der USA, James Cole, oder auch andere Angehörige der US-Regierung hin-
sichtlich der konkreten rechtlichen Umsetzung einer zuvor von US-Justiz-
minister Eric Holder vorgestellten „Initiative der Regierung der Vereinigten
Staaten von Amerika zur Verbesserung des Rechtsschutzes von Unionsbür-
gern im Bereich Datenschutz“ gemacht (Bundestagsdrucksache 18/2472)?

16. Inwiefern wurden auch Änderungen des „Privacy Act“ in Aussicht gestellt
oder sogar erörtert?

17. Wann und wo sollten entsprechende Maßnahmen weiter diskutiert oder be-
handelt werden?

18. Welche Verabredungen wurden über einen Entwurf entsprechender Rege-
lungen getroffen, wer sollte diesen erstellen, und bis wann sollte dieser vor-
liegen?

19. Mit welchen weiteren Maßnahmen zum Abschluss eines EU-US-Daten-
schutzabkommens ist die EU-Justizkommissarin nach Kenntnis der Bun-
desregierung derzeit befasst?

20. Auf welche Weise wird sich die Bundesregierung hinsichtlich des Ab-
schlusses eines EU-US-Datenschutzabkommens auf das nächste „EU-USA
Ministertreffen über Justiz und Inneres“ im November 2014 vorbereiten?

21. Inwiefern und auf welche Weise wird die Bundesregierung auf die Einhal-
tung der im Juni 2014 gegebenen Zusagen drängen?

Berlin, den 14. Oktober 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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