BT-Drucksache 18/2869

Zivile Konflikttransformation in Mali

Vom 10. Oktober 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2869
18. Wahlperiode 10.10.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jan van Aken, Kathrin Vogler, Annette Groth, Inge Höger,
Katrin Kunert, Niema Movassat und der Fraktion DIE LINKE.

Zivile Konflikttransformation in Mali

Seit dem Putsch in Mali im März 2012 ist das Land tief gespalten. Diese Spal-
tung konnte auch durch die Bildung einer neuen zivilen Regierung im Sommer
2013 nicht überwunden werden. Konflikte zwischen verschiedenen Bevölke-
rungsgruppen gibt es seit vielen Jahren. Im Norden des Landes flammen immer
wieder Kämpfe auf. Daran sind auch verschiedene dschihadistische Kräfte und
Söldner aus Libyen beteiligt (www.tagesschau.de vom 19. März 2012 „Wo
Gaddafi noch Fans hat“). Seit der Militärintervention zunächst Frankreichs,
dann der ECOWAS (Economic Community Of West African States) und letzt-
lich der UN (United Nations) sind bis heute internationale Truppen unter dem
UN-Mandat MINUSMA (Multidimensional Integrated Stabilization Mission in
Mali) in Mali präsent.
Um weitere und zukünftige gewalttätige Entwicklungen zu verhindern, ist es er-
forderlich, Aussöhnungsprozesse zu unterstützen, den Dialog zwischen den
wichtigsten Konfliktpartnern und der Zivilgesellschaft zu etablieren und kon-
krete Konflikte gewaltfrei zu bearbeiten. In Mali gibt es eine Tradition zivilge-
sellschaftlicher Lösungen interner Konflikte. Zu erinnern ist hier u. a. an die be-
rühmte Waffenverbrennung von Timbuktu, die „flamme de la paix“, in der im
Jahr 1996 auf Initiative zivilgesellschaftlicher Akteure der damalige Bürger-
krieg zwischen malischer Armee und Tuareg-Rebellen beendet werden konnte.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche konkreten Maßnahmen hat die Bundesregierung (das Auswärtige

Amt – AA –, das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung – BMZ –, das Bundesministerium für Wirtschaft und Ener-
gie – BMWi –, das Bundesministerium der Verteidigung – BMVg –) bzw.
durch sie finanzierte Akteure in Mali vor Beginn der Krise 2012 ergriffen,
a) um Gewalttaten durch staatliche und nichtstaatliche Akteure vorzubeu-

gen,
b) um den Dialog zwischen Konfliktparteien bzw. rivalisierenden Bevölke-

rungsteilen zu fördern,
c) um friedenserhaltende und deeskalierende Maßnahmen durch zivilgesell-

schaftliche Akteure zu stärken?
2. Welche konkreten Maßnahmen hat die Bundesregierung bzw. durch sie fi-

nanzierte Akteure in Mali nach Beginn der Krise im Jahr 2012 ergriffen,
a) um Gewalttaten durch staatliche und nichtstaatliche Akteure vorzubeu-

gen,

Drucksache 18/2869 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
b) um den Dialog zwischen Konfliktparteien bzw. rivalisierenden Bevölke-
rungsteilen zu fördern,

c) um friedenserhaltende und deeskalierende Maßnahmen durch zivilge-
sellschaftliche Akteure zu stärken?

3. Wie hoch waren die Ausgaben Deutschlands für die militärische Unterstüt-
zung der Militärmission MINUSMA seit Beginn der Mission (bitte nach
Jahren und Verwendungsart aufschlüsseln)?

4. Wie hoch waren die Ausgaben für die Entsendung deutscher Soldaten zur
Unterstützung der European Training Mission in Mali (EUTM Mali) (bitte
nach Jahren und Verwendungsart aufschlüsseln)?

5. Wie viele Friedensfachkräfte sind nach Kenntnis der Bundesregierung zur-
zeit im Rahmen des Zivilen Friedensdienstes in Mali im Einsatz, und wie
viele waren es in den letzten zehn Jahren (bitte nach Jahren, Projektanzahl
und Projektlaufzeit und Personal aufschlüsseln)?

6. Wie viele Projektanträge für den Bereich Zivile Krisenprävention und Kon-
fliktbearbeitung in Mali mit welchem jeweiligen finanziellen und personel-
len Volumen sind in den letzten drei Jahren (2012, 2013, 2014) jährlich in
welchen Bundesministerien eingegangen?
a) Wie viele der jeweiligen Anträge wurden in welcher Höhe für welchen

Zeitraum bewilligt, wie viele abgelehnt, und mit welcher Begründung?
b) Aus welchen Haushaltstiteln wurden die Projekte finanziert?

7. Wie viele Projekte in den Bereichen interkultureller und interkonfessionel-
ler Dialog, Trauma- und Versöhnungsarbeit hat die Bundesregierung in Mali
in den letzten fünf Jahren gefördert (bitte unter Angabe des Projektinhalts)?
a) Welche Laufzeit hatten die Projekte jeweils?
b) Welchen finanziellen und personellen Umfang hatten sie?
c) Wie wurden die Projekte evaluiert?

8. Welchen Bedarf sieht die Bundesregierung, Projekte in den Bereichen Ver-
söhnung, Traumaarbeit und Dialog in Mali auszubauen, und was unter-
nimmt sie dafür konkret (bitte mit Begründung)?

9. Wie viele Projekte zur Stärkung der Rolle von Frauen in Friedensprozessen
hat die Bundesregierung in Mali in den letzten fünf Jahren gefördert (bitte
unter Angabe des Projektinhalts)?
a) Welche Laufzeit hatten die Projekte jeweils?
b) Welchen finanziellen und personellen Umfang hatten sie?
c) Wie wurden die Projekte evaluiert?

10. Welche Mechanismen der Früherkennung von Krisen sind in Mali seitens
der Europäischen Union (EU) und Deutschlands installiert?
a) In welcher Weise funktioniert das EU-Pilotprojekt eines Early Warning

Systems in Westafrika in Mali konkret?
b) Welche Hinweise für eine Krisenerkennung kamen in den Monaten vor

Ausbruch der Krise im Frühjahr 2012 aus dem ressorteigenen Frühwarn-
system des BMZ?
Welche aus den Institutionen des AA und der deutschen Botschaft in
Bamako?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2869
c) In welcher Weise wurde das Krisenreaktionszentrum des AA im Frühjahr
2012 und davor aktiv, bzw. wie wurde es informiert, und wie und an
welche Stellen hat es die Informationen über eine bevorstehende gewalt-
förmige Eskalation der Krise weitergegeben?
Welche Schlüsse wurden seitens der Bundesregierung daraus gezogen,
und welche Aktivitäten dagegen begonnen?

d) Wie schätzte die Bundesregierung zum Jahreswechsel 2011/2012 die Ge-
fahr von Massengewalt in Mali ein?

11. In welcher Form reagierten die EU und Deutschland auf die in Frage 10 auf-
geführten Krisenerkennungen?

12. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung von der Arbeit der „Groupe de
suivi/International Support Group“, die die Unterstützung der internationa-
len Organisationen (Vereinte Nationen, ECOWAS, Afrikanische Union,
EU) und der bilateralen Akteure mit der malischen Regierung koordiniert?

13. Ist die Bundesregierung weiterhin bei diesen Treffen vertreten?
Falls ja, welches sind die Aufgaben und Tätigkeitsbereiche der Bundes-
regierung in dieser Gruppe?

14. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, ob die auf Bundestagsdruck-
sache 17/14070 genannte „Kommission für Dialog und Versöhnung“ (Ant-
wort zu Frage 27), die für zwei Jahre eingesetzt wurde, weiterhin aktiv ist?
Wenn ja, welches sind deren Aktivitäten?
Wie und mit welchen Mitteln arbeitet die Kommission?
Gibt es einen Bericht über die Arbeit der Kommission (wenn ja, bitte der
Antwort auf diese Kleine Anfrage beilegen)?

15. Hat die Bundesregierung die auf Bundestagsdrucksache 17/13015 beschrie-
benen geplanten Projekte zur Aussöhnung in Mali in konkrete Projekte um-
gesetzt?
a) In welcher Form und mit welcher finanziellen Ausstattung wurde und

wird die Arbeit mit kommunalen Gebietskörperschaften fortgesetzt (vgl.
Bundestagsdrucksache 17/13015, Antwort zu Frage 1a)?

b) Welche konkreten Projekte begleitete und begleitet die Bundesregierung
„insbesondere auf Gemeindeebene in ausgewählten Projektregionen, um
den lokalen Dialog zur Versöhnung durch die Unterstützung der soge-
nannten kommunalen Debatte“ (vgl. Bundestagsdrucksache 17/13015,
Antwort zu Frage 1a; bitte auflisten und finanziellen Beitrag Deutsch-
lands je Projekt angeben)?

c) In welcher Form unterstützt „Deutschland die malische Regierung beim
Aufbau eines langfristigen und stabilen Friedens durch ein Dialogpro-
jekt“ (vgl. Bundestagsdrucksache 17/13015, Antwort zu Frage 1a)?
Welches ist dieses Dialogprojekt?
Welche Aufgaben kommen ihm zu?

d) Mit welchen konkreten Projekten und mit welcher finanziellen Ausstat-
tung fördert die Bundesregierung seit dem Jahr 2013 den Bürgerdialog in
Mali (vgl. Bundestagsdrucksache 17/13015, Antwort zu Frage 1d)?

16. Mit welchen konkreten Projekten und mit welcher finanziellen Ausstattung
fördert die Bundesregierung seit dem Jahr 2013 die Förderung von effizien-
tem und transparentem Verwaltungshandeln in Mali (vgl. Bundestagsdruck-
sache 17/13015, Antwort zu Frage 1d)?

Drucksache 18/2869 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
17. Mit welchen konkreten Projekten und mit welcher finanziellen Ausstattung
fördert die Bundesregierung seit dem Jahr 2013 die Vergrößerung der Fi-
nanzbasis der territorialen Gebietskörperschaften in Mali (vgl. Bundestags-
drucksache 17/13015, Antwort zu Frage 1d)?

18. Wie genau wurde nach Kenntnis der Bundesregierung das Projekt des Deut-
schen Caritas Verbandes zur Durchführung von „Cash-for-Work-Maßnah-
men“, das über einen Zeitraum von elf Monaten in zehn ländlichen Gemein-
den in den Regionen Kayes, Koulikoro, Ségou und Mopti mit dem Ziel, be-
sonders vulnerablen Haushalten Mittel zur Überlebenssicherung zur Verfü-
gung zu stellen, geplant war, umgesetzt?
In welcher Höhe unterstützte die Bundesregierung dieses Projekt in den Jah-
ren 2013 und 2014?
Ist das Projekt nach der Laufzeit von elf Monaten beendet worden, oder gibt
es ein Nachfolgeprojekt?

19. Welche genauen Aufgaben verfolgt der Trust Fund „Peace and Security in
Mali“, den die Bundesregierung gemäß eigener Angaben im Jahr 2013 mit
2 Mio. Euro unterstützte?
Sind diese Gelder zunächst an die DFS (UN Department of Field Support)
oder direkt nach Mali gegangen?

20. Inwieweit hat die Bundesregierung auch im Jahr 2014 Gelder für diesen
Posten bereitgestellt?
Und inwieweit beabsichtigt sie, dies auch im Haushalt 2015 fortzuführen?

21. Mit welchen konkreten Projekten unterstützt die Bundesregierung mit staat-
lichen Geldern der Entwicklungszusammenarbeit im Rahmen des Schwer-
punktes Dezentralisierung und gute Regierungsführung die von der
Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH
genannte Unterstützung der Dezentralisierung durch „Beratung der Dezen-
tralisierungsbehörden und durch Förderung der nationalen Kommunalver-
waltungsschule bei Management und Ausbildungsbetrieb“ (www.giz.de/de/
weltweit/334.html)?

22. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung von den Aktivitäten, eine „Con-
certation nationale“ – eine Art Vollversammlung aller gesellschaftlichen
Gruppen – einzuberufen, die auf einer breiten demokratischen Basis in Mali
über die alten Eliten hinaus grundsätzliche politische Entschlüsse zur Ver-
teilung der Ressourcen innerhalb der Gesellschaft, zu entwicklungspoliti-
schen Weichenstellungen, wie auch zu zukünftigen Wahlen diskutieren und
verabschieden soll (www.maliweb.net vom 12. April 2014)?

23. Unterstützt die Bundesregierung die Position, dass Dialoge in Mali traditio-
nelle Formen der interethnischen zivilen Konfliktbearbeitung, wie u. a. die
Notwendigkeit, auf Konsensbeschlüsse hinzuarbeiten, berücksichtigen soll-
ten, wie in der Analyse der Friedenskooperative gefordert
(www.friedenskooperative.de/gifs/dossier6.pdf)?
Wenn ja, in welchen Projekten werden diese Kriterien angelegt?

Berlin, den 10. Oktober 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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