BT-Drucksache 18/2868

Maßnahmen der Polizeiorganisation Interpol gegen sogenannte ausländische Kämpfer

Vom 10. Oktober 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2868
18. Wahlperiode 10.10.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Jan van Aken, Wolfgang Gehrcke, Annette
Groth, Ulla Jelpke, Inge Höger, Niema Movassat, Frank Tempel, Kathrin Vogler
und der Fraktion DIE LINKE.

Maßnahmen der Polizeiorganisation Interpol gegen sogenannte ausländische
Kämpfer

Die internationale Polizeiorganisation Interpol hat ein eigenes Programm gegen
„ausländische Kämpfer“ begonnen (Pressemitteilung vom 25. September 2014).
Die Maßnahmen orientieren sich demnach an der Resolution 2178 (2014), die
von den Vereinten Nationen (VN) im September 2014 verabschiedet worden
war. Die entsprechende Sitzung war unter dem Vorsitz des US-Präsidenten
durchgeführt worden. Die Resolution unterstreicht die Rolle von Interpol hin-
sichtlich des „sicheren Kommunikationsnetzwerks“, der Nutzung seiner Daten-
banken, seiner elektronischen Sammlung von gestohlenen Reisedokumenten
„Stolen and Lost Travel Documents“ (SLTD) und weiterer „Anstrengungen ge-
gen Terrorismus“ („counter-terrorism efforts“). Laut Interpol enthalte die Daten-
sammlung schon jetzt 43 Millionen Einträge aus 167 Ländern. Gelobt wird in
der Resolution auch eine Initiative von Interpol, unter dem Namen „I-Checkit“
zukünftig „Firmen der Transport-, Banken- und Tourismusindustrie“ Zugriff auf
das SLTD-System zu ermöglichen. Das Register soll immer dann abgefragt
werden, wenn ein Bankkonto eröffnet, ein Auto gemietet oder in ein Hotel ein-
gecheckt wird. Vergangenes Jahr hatte Interpol bereits angekündigt, dass die
Abfragen seiner Datenbanken etwa bei jedem Boarding von Flugzeugen ver-
pflichtend werden sollen (Pressemitteilung vom 12. November 2013). Hierfür
solle die Internationale Zivilluftfahrt-Organisation einen entsprechenden Stan-
dard erstellen.
Laut der VN-Resolution soll Interpol seine Anstrengungen gegen „ausländische
terroristische Kämpfer“ („foreign terrorist fighters“) nun „intensivieren“. Die
Organisation soll „nationale, regionale und internationale Maßnahmen“ ergreifen,
darunter die Ausweitung von Benachrichtigungssystemen und die Verhinderung
von Reisen bzw. Grenzübertritten. Laut der Pressemitteilung basiert das neue In-
terpol-Programm gegen „ausländische Kämpfer“ auf einer engen Zusammenar-
beit mit dem US-Interpol-Zentralbüro in Washington. Hierfür sei eine Partner-
schaft mit dem Nationalen Sicherheitsrat der USA, dem US-Justizministerium
und dem US-Heimatschutzministerium begonnen worden. Worin die Koopera-
tion genau besteht, bleibt unklar. Allerdings solle die Angelegenheit auf der
Interpol-Generalversammlung Anfang November 2014 in Monaco behandelt
werden.

Drucksache 18/2868 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) sind aus Sicht bzw.

nach Kenntnis der Bundesregierung besonders von dem Phänomen „auslän-
dische Kämpfer” betroffen?

2. Auf welche Art und Weise ist die internationale Polizeiorganisation Interpol
nach Kenntnis der Bundesregierung schon jetzt mit dem Phänomen „auslän-
dische Kämpfer” befasst?

3. Inwiefern sollen diese Maßnahmen nach Kenntnis der Bundesregierung
nach der VN-Resolution 2178 (2014) intensiviert werden?

4. Welche konkreten Maßnahmen sollen hierzu nach Kenntnis der Bundes-
regierung begonnen werden?

5. Welche Arbeitsgruppen bzw. Unterarbeitsgruppen existieren hierzu nach
Kenntnis der Bundesregierung, und welche Länder nehmen mit welchen
Behörden daran teil?

6. Was ist der Bundesregierung über Anstrengungen von Interpol bekannt, die
Nutzung seiner elektronischen Sammlung von gestohlenen Reisedokumen-
ten SLTD zu intensivieren?

7. Was ist der Bundesregierung über Ziel und Zweck der Initiative „I-Checkit“
bekannt, und wie soll dies umgesetzt werden?

8. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, in welchem Umfang Interpol
im Rahmen von „I-Checkit“ zukünftig privaten „Firmen der Transport-,
Banken- und Tourismusindustrie“ Zugriff auf das SLTD-System ermög-
lichen will?

9. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dem Vorschlag,
die Datenbank auch dann abzufragen, wenn ein Bankkonto eröffnet, ein
Auto gemietet oder in ein Hotel eingecheckt wird?

10. Auf welcher Rechtsgrundlage soll diese Maßnahme nach Kenntnis der Bun-
desregierung erfolgen?

11. Wie hat sich die Bundesregierung zu dem Vorschlag positioniert, und wie
wird sie ihn umsetzen?

12. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, dass Abfragen von Interpol-
Datenbanken, etwa bei jedem Boarding von Flugzeugen, verpflichtend wer-
den und die Internationale Zivilluftfahrt-Organisation einen entsprechenden
Standard erstellen soll?

13. Inwiefern wurde diese Initiative mittlerweile begonnen, und wie wird die
Bundesregierung diese umsetzen?

14. Auf welche Art und Weise soll Interpol nach Kenntnis der Bundesregierung
wie in der VN-Resolution vorgesehen seine Anstrengungen gegen „auslän-
dische terroristische Kämpfer“ nun „intensivieren“?

15. Welche Arbeitsgruppen bzw. Unterarbeitsgruppen existieren hierzu nach
Kenntnis der Bundesregierung, und welche Länder nehmen mit welchen
Behörden daran teil?

16. Was ist aus Sicht der Bundesregierung darunter zu verstehen, wenn bei Inter-
pol von einer Ausweitung von Benachrichtigungssystemen und einer Ver-
hinderung von Reisen bzw. Grenzübertritten die Rede ist?

17. Was ist nach Kenntnis der Bundesregierung darunter zu verstehen, dass Inter-
pol weitere „nationale, regionale und internationale Maßnahmen“ ergreifen
wird?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2868
18. Was ist der Bundesregierung über die Rolle des US-Interpol-Zentralbüros in
Washington, des Nationalen Sicherheitsrates der USA, des US-Justizminis-
teriums und des US-Heimatschutzministeriums hinsichtlich weiterer „natio-
nale[r], regionale[r] und internationale[r] Maßnahmen“ von Interpol gegen
„ausländische Kämpfer“ bekannt?

19. Auf welche Art und Weise kam diese Kooperation nach Kenntnis der Bun-
desregierung zustande?

20. Welche Arbeitsgruppen bzw. Unterarbeitsgruppen existieren hierzu nach
Kenntnis der Bundesregierung, und welche Länder nehmen mit welchen
Behörden daran teil?

21. Wie waren bzw. sind Bundesbehörden hieran beteiligt?
22. Was ist der Bundesregierung über die Praxis so genannter Last-Gate-Checks

von US-Behörden an deutschen Flughäfen bekannt, und auf welcher Rechts-
grundlage finden diese aus ihrer Sicht statt (DER SPIEGEL, 29. September
2014)?

23. Inwieweit bzw. auf welche Weise haben sich Bundesbehörden erneut mit dem
Vorschlag der US-Regierung befasst, US-Einreisekontrollen bereits auf
deutschem Hoheitsgebiet durchzuführen (Bundestagdrucksache 18/2472)?

24. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, welche konkreten Punkte
hinsichtlich „ausländischer Kämpfer“ auf der Interpol-Generalversamm-
lung Anfang November 2014 in Monaco behandelt bzw. beschlossen wer-
den sollen?

25. Auf welche Art und Weise könnten aus Sicht der Bundesregierung die im
von der britischen Bürgerrechtsorganisation Statewatch veröffentlichen
Ratsdokument 13416/14 genannten Prioritätsbereiche „EU-PNR“ und
„Kontrollen an Außengrenzen“, wie gefordert, beschleunigt umgesetzt wer-
den?

26. Wie wird sich die Bundesregierung, wie in dem Dokument gefordert, dazu
positionieren?

27. Von welchen Schlussfolgerungen ist nach Kenntnis der Bundesregierung in
dem Dokument hinsichtlich „ausländischer Kämpfer“ die Rede, die dem-
nach unter Beteiligung des Bundesministers des Innern in Mailand zustande
gekommen sind?

28. Welche Anstrengungen unternimmt die Europäische Kommission nach
Kenntnis der Bundesregierung, wie im Ratsdokument 13416/14 geschildert,
um eine „terroristische Nutzung des Internet“ durch eine Kooperation mit
Internetkonzernen zu verhindern, und welche weiteren „Empfehlungen“
sind ihr dazu bereits bekannt?

29. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus dem Konflikt mit der bestehenden Rechtsprechung, wonach an den EU-
Außengrenzen lediglich stichprobenartig kontrolliert werden darf, die im
Ratsdokument 13416/14 anvisierte Ausweitung von Kontrollen dies aber
unterlaufen könnte?

30. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, wie sich die Zahl von Aus-
schreibungen im Schengener Informationssystem zur verdeckten Fahndung
bzw. verdeckten Kontrolle nach Artikel 36 auf die einzelnen Monate des
Jahres verteilt?

31. Inwiefern ist es möglich, Ausschreibungen von Bundesbehörden nach Arti-
kel 36 ebenfalls für die einzelnen Monate des Jahres 2014 darzustellen?

Drucksache 18/2868 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
32. Welche eigenen Studien werden von Bundesbehörden hinsichtlich des Phä-
nomens „ausländischer Kämpfer“ angefertigt, und welche jeweiligen Pro-
blemstellungen werden untersucht?

33. Inwiefern hat die Regierung der Türkei nach Kenntnis der Bundesregierung
in den letzten zwölf Monaten verlautbart, mehr Informationen zu „ausländi-
schen Kämpfern“ („foreign fighters“) bzw. deren Grenzübertritten austau-
schen zu wollen, und wie soll dies umgesetzt werden?

34. Welche neueren Anstrengungen der EU, der USA oder von Interpol sind der
Bundesregierung bekannt, um die Türkei zur Zusammenarbeit hinsichtlich
„ausländischer Kämpfer“ zu bewegen, und welche gemeinsamen Maßnah-
men wurden vereinbart?

35. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, welche Mitgliedstaaten der
Europäischen Union für welche Maßnahmen Gelder von der Europäischen
Kommission für die „strategische Kommunikation“ hinsichtlich „ausländi-
scher Kämpfer“ erhalten (Ratsdokument 13416/14)?

36. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, welche „Drittstaaten“ auf
welche Weise bereits an dem Focal Point „Travellers“ bei Europol teilneh-
men bzw. bei welchen dies beabsichtigt ist (Ratsdokument 13416/14)?

37. Welchen Mehrwert verspricht sich die Bundesregierung vom Abschluss eines
Abkommens zwischen Europol und der EU-Grenzagentur FRONTEX zum
Tausch von Personendaten?

38. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, inwiefern die Mitgliedstaaten
bereits „multinationale ad hoc Teams“ zu „ausländischen Kämpfern“ einge-
richtet haben (Ratsdokument 13416/14)?

39. Welche besonders spezialisierten Kontaktstellen („counter-terrorism contact
points specialised in the phenomenon of foreign fighters“) sind hiervon aus
Sicht der Bundesregierung gemeint, und welche deutsche Behörde wäre
hierunter zu verstehen?

40. Auf welche Art und Weise könnte Europol aus Sicht der Bundesregierung,
wie gefordert, ihre Kooperation mit Interpol intensivieren (Ratsdokument
13416/14)?

41. Auf welche Art und Weise könnte aus Sicht der Bundesregierung das EU-
Polizeinetzwerk AirPol hinsichtlich „ausländischer Kämpfer“ tätig werden?

42. Mit welchen neueren Anstrengungen ist der Europäische Auswärtige Dienst
nach Kenntnis der Bundesregierung mit dem Phänomen „ausländischer
Kämpfer“ befasst?

43. Mit welchen neueren Anstrengungen ist der EU-Antiterrorkoordinator nach
Kenntnis der Bundesregierung mit dem Phänomen „ausländischer Kämp-
fer“ befasst?

44. Mit welchen neueren Anstrengungen ist die europäische Polizeibehörde
Europol nach Kenntnis der Bundesregierung mit dem Phänomen „ausländi-
scher Kämpfer“ befasst?

45. Welche Firmen und welche Innenminister bzw. Staatssekretäre welcher
Staaten nahmen nach Kenntnis der Bundesregierung an dem von der „Bri-
tish Broadcasting Corporation“ (7. Oktober 2014) als „anti-extremist mee-
ting“ bezeichneten Treffen in Luxemburg teil?

46. Wozu diente das Treffen?
47. Welche Beschlüsse oder sonstigen Verabredungen haben die Teilnehmen-

den getroffen, bzw., soweit es sich lediglich um einen Meinungsaustausch
handelte, was waren dessen besonderen Inhalte?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2868
48. Welche Beschlüsse oder sonstigen Verabredungen haben die EU-Innen-
minister nach Kenntnis der Bundesregierung auf ihrem jüngsten Treffen am
8. Oktober 2014 in Luxemburg hinsichtlich „ausländischer Kämpfer“ ge-
fasst, bzw. welche sonstigen Schritte wurden verabredet?

49. Wer nahm nach Kenntnis der Bundesregierung an dem „EU-US Justice and
Home Affairs Senior Officials Meeting“ am 17. und 18. September 2014 in
Rom teil?

50. Welche Themen standen auf der Tagesordnung?
51. Welche Beschlüsse oder Verabredungen haben die Teilnehmenden nach

Kenntnis der Bundesregierung hinsichtlich „ausländischer Kämpfer“ und
„Luftfahrtsicherheit“ getroffen, bzw. welche sonstigen Schritte wurden ver-
abredet?

52. Mit welchen neueren Anstrengungen sind die Vereinten Nationen (insbe-
sondere das Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbe-
kämpfung – UNODC) nach Kenntnis der Bundesregierung mit dem Phäno-
men „ausländischer Kämpfer“ befasst?

53. Welche konkreten Ergebnisse zeitigten nach Kenntnis der Bundesregierung
die Konferenzen zu „ausländischen Kämpfern“ bzw. „gewalttätigem Extre-
mismus“ im September 2014 in Abu Dhabi sowie in Paris, bzw. welche Ver-
abredungen wurden getroffen?

Berlin, den 10. Oktober 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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