BT-Drucksache 18/2829

Geplante Regulierung von Fracking

Vom 8. Oktober 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2829
18. Wahlperiode 08.10.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Julia Verlinden, Oliver Krischer, Annalena Baerbock,
Peter Meiwald, Bärbel Höhn, Sven-Christian Kindler, Sylvia Kotting-Uhl, Christian
Kühn (Tübingen), Steffi Lemke und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Geplante Regulierung von Fracking

Der Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Sigmar Gabriel, und die Bundes-
ministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Dr. Barbara
Hendricks, haben am 4. Juli 2014 „Eckpunkte zu geplanten gesetzlichen Rege-
lungen für Fracking“ vorgelegt. Obwohl bereits vor der Sommerpause ein Ge-
setzentwurf vorgelegt werden sollte, steht eine bundesgesetzliche Regelung
nach wie vor aus. Über Einzelheiten der angekündigten Gesetzesinitiativen be-
stehen nach wie vor Unklarheiten. Gleichzeitig mehren sich Berichte über unge-
wöhnlich viele Krebsfälle, Erdbeben und Schadstoffbelastungen unter anderem
in den USA und den Niederlanden, aber auch in Niedersachsen in Gebieten, in
denen Erdgasförderung – auch mittels Fracking – bereits stattfindet oder stattge-
funden hat. So hat das Epidemiologische Krebsregister Niedersachsen im Juni
2014 statistisch auffällig hohe Zahlen von Krebserkrankungen in der Samtge-
meinde Bothel festgestellt (www.krebsregister-niedersachsen.de, September
2014). Unter anderem im niedersächsischen Söhlingen im Heidekreis sollen die
Grenzwerte für Quecksilber nach Angaben des Energiekonzerns ExxonMobil
von Juni 2014 erheblich überschritten worden sein (www.ndr.de vom 13. Juni
2014 „Exxon räumt zu hohe Quecksilberwerte ein“). Vor diesem Hintergrund
muss die geplante Regulierung von Fracking auch den bereits bestehenden Pro-
blemen der Förderung Rechnung tragen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie sieht der aktuelle Zeitplan zur Umsetzung der angekündigten Regelun-

gen für die Frackingtechnologie aus?
2. Werden die geplanten Änderungen an Gesetzen und Verordnungen in ge-

trennten Verfahren oder als „Paket“ behandelt?
3. Ist die Bundesregierung vor dem Hintergrund, dass es laut Auskunft der Par-

lamentarischen Staatssekretärin Brigitte Zypries in der parlamentarischen
Fragestunde vom 24. September 2014 noch kein Fracking in Schiefergas-
lagerstätten gab (Plenarprotokoll 18/53, Anlage 22), der Ansicht, dass es sich
bei den Fracs im niedersächsischen Damme aus dem Jahr 2008 nicht um
Fracking im Schiefergas gehandelt hat, und wenn ja, wie begründet sie diese
Auffassung?

Drucksache 18/2829 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
4. Warum verweist die Bundesregierung in der Antwort auf die Kleine An-
frage auf Bundestagsdrucksache 18/2478 zu den Fragen 2 und 3 nach be-
reits vergebenen Aufsuchungserlaubnissen auf die Behörden der Bundes-
länder, obwohl sie jährlich einen Bericht zum Bergbau herausgibt, in dem
eine Auflistung von Erlaubnisfeldern zur Gewinnung von Kohlenwasser-
stoffen enthalten ist (siehe www.bmwi.de/DE/Themen/Industrie/Rohstoffe-
und-Ressourcen/gewinnung-heimischer-rohstoffe,did=491834.html)?

5. Welche Erlaubnisfelder für Kohlenwasserstoffe werden in dem demnächst
erscheinenden, diesjährigen Bergbaubericht genannt (bitte auflisten, geo-
grafische Lage und Größe nennen)?

6. Werden die geplanten Regelungen zu den von der Bundesregierung vorge-
sehenen wissenschaftlich begleiteten Forschungsbohrungen in Schiefer-
und Kohleflözgas-Lagerstätten so ausgestaltet, dass die Bohrungen später
ggf. kommerziell genutzt werden können?

7. Wird Fracking im Sandstein/Tight-Gas-Fracking entgegen der Ankündi-
gung in den Eckpunkten auch in Natura-2000-Gebieten zugelassen, und
wenn ja, warum?

8. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über mögliche Gesund-
heitsgefahren, wie z. B. statistisch auffällige Zahlen an Krebserkrankungen
in der Nähe von Erdgasfördergebieten, vor, und welche Schlüsse zieht die
Bundesregierung daraus?

9. Liegen der Bundesregierung Informationen über Störungen und Unfälle in
Verbindung mit dem Einsatz von Fracking vor, und wenn ja, welche?

10. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse über die kontrollierte oder un-
kontrollierte Freisetzung umwelt- und/oder gesundheitsgefährdender Stoffe
im Kontext mit Fracking (oberflächlich und/ oder unter Tage) vor, und wenn
ja, wo erfolgten diese Freisetzungen (bitte trennen nach absichtlichem Ein-
satz toxischer Stoffe und unbeabsichtigter Freisetzung durch Unfälle)?

11. Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass die rohstofffördernden
Unternehmen ausreichend Mittel zur Verfügung stellen, um die Beseitigung
von Schäden, die durch ihren Bohrlochbergbau und die Nutzung von Ka-
vernen entstehen können, auszugleichen?

12. Wie hoch ist der bisherige finanzielle Aufwand zur Beseitigung von Berg-
schäden, verursacht durch die Erdgas- und Erdölförderung in Deutschland
pro Jahr nach Schätzungen der Bundesregierung (bitte für Erdgas und Erdöl
getrennt aufführen)?

13. Wie hoch könnte nach Inkrafttreten der geplanten Beweislastumkehr der
zukünftige finanzielle Aufwand zur Beseitigung von Bergschäden, verur-
sacht durch die Erdgas- und Erdölförderung in Deutschland pro Jahr, nach
Schätzungen der Bundesregierung sein (bitte für Erdgas und Erdöl getrennt
aufführen)?

14. Sieht die Bundesregierung angesichts vermehrter Erdbeben in Erdgasför-
derregionen in Niedersachsen (www.lbeg.niedersachsen.de „Niedersäch-
sischer Erdbebendienst“, und auch in den niederländischen Erdgasförder-
regionen und den USA in Gas- und Ölfördergebieten wie Oklahoma) neben
der Beweislastumkehr weiteren Änderungsbedarf bei den bestehenden ge-
setzlichen Vorschriften zum Schutz von Umwelt und Gesundheit bei der
Förderung fossiler Rohstoffe, und wenn nein, warum nicht?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2829
15. Hat die Bundesregierung sich bei der Bundesanstalt für Geowissenschaften
und Rohstoffe informiert, wo technisch förderbare Kohleflöz- und Schiefer-
gaslagerstätten in Deutschland oberhalb und unterhalb von 3 000 Metern
vermutet werden, und wo es technisch förderbare Gasvorkommen in Sand-
stein gibt?
Wenn nein, warum nicht?
Wenn ja, welche Auskünfte hat sie erhalten?

16. Ist die 0-Meter-Referenz-Linie, ab der die Tiefe von 3 000 m gemessen wird,
unterhalb denen Fracking auch in Schiefer- und Kohleflözgaslagerstätten
erlaubt werden soll, der Meeresspiegel (Normalnull) oder die Erdoberfläche
bzw. ggf. der Meeresboden, auf dem die Bohrung angesetzt werden soll?

17. Aus welchen Gründen, insbesondere aufgrund welcher wissenschaftlichen
Erkenntnisse, hat sich die Bundesregierung dafür entschieden, Fracking vor
allem abhängig von bestimmten Tiefen zu erlauben, und nicht abhängig von
anderen Charakteristika der Lagerstätten (Gesteinstyp, Durchlässigkeit,
Altbohrungen, Abstand zum Grundwasser etc.)?

18. Wie bewertet die Bundesregierung die Ergebnisse des im Juli 2014 ver-
öffentlichten zweiten Teilgutachtens des Umweltbundesamtes zur Schiefer-
gasförderung, und welche Schlüsse zieht sie daraus für die Regulierung von
Fracking?

19. Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass die geplante wissenschaft-
liche Begleitung für Probebohrungen zu einer verlässlichen Datenbasis für
die zukünftige Regulierung des Frackings führen wird, wenn jede Lager-
stätte unterschiedliche Merkmale aufweist und die Ergebnisse der Unter-
suchung einer Lagerstätte somit nicht auf eine andere übertragen werden
können (vgl. zweites Teilgutachten des Umweltbundesamtes)?

20. Ist es geplant, den Wasserbehörden bei der Genehmigung von Fracking
immer eine von den Bergbehörden unabhängige Einspruchsmöglichkeit
einzuräumen, und wenn nein, warum nicht?
Entspricht aus Sicht der Bundesregierung die Verpressung von ungeklärtem
Lagerstättenwasser in Versenkbohrungen dem Stand der Technik?

21. Entspricht aus Sicht der Bundesregierung die Verpressung von geklärtem
Lagerstättenwasser in Versenkbohrungen dem Stand der Technik?

22. Sind laut den Plänen der Bundesregierung Schrägbohrungen unterhalb von
Gebieten, für die der Einsatz von Fracking ausgeschlossen wurde, möglich?

23. Gibt es aus Sicht der Bundesregierung Erdöllagerstätten, für die die Anwen-
dung von Fracking ausgeschlossen werden sollte?
Wenn ja, welche?
Wenn nein, warum nicht?

24. Welche Vorschriften, die für den Einsatz von Fracking zur Erdgasförderung
gelten sollen, werden für den Einsatz bei der Erdölförderung nicht gelten
(vgl. Frage 18, Antwort auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache
18/2478), und warum?

25. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus der angestrebten Erdölförderung aus dem Oberkarbon in Mecklenburg-
Vorpommern, bei der Fracking genutzt wird, für die geplante Regelung?

Drucksache 18/2829 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
26. Gibt es aus Sicht der Bundesregierung Gefahren aufgrund der Wieder-
erschließung von Erdölfeldern mittels Fracking?
Wenn ja, welche?
Auf welche Annahmen stützt die Bundesregierung sich bei ihrer Einschät-
zung?

27. Wird das sogenannte Moratorium für Fracking in Schiefer- und Kohleflöz-
gaslagerstätten 2021 automatisch auslaufen oder geschieht dies nur, wenn
ein entsprechender Beschluss im Deutschen Bundestag bzw. Bundesrat ge-
fasst wird?

28. Werden die geplanten Regelungen den Bundesländern die Möglichkeit er-
öffnen, selbst noch strengere Auflagen für den Einsatz von Fracking zu for-
mulieren?

29. Welche Auswirkungen haben kommerzielles Fracking und Probebohrungen
auf eine Suche nach einem tiefengeologischen Endlager für insbesondere
hoch radioaktive Abfälle in Deutschland?

30. Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass bei möglichen Nutzungs-
konkurrenzen Flächen vorrangig für den Ausbau der erneuerbaren Energien,
und nicht für neue Erdgasbohrungen zur Verfügung gestellt werden?

31. Wer trägt die Kosten für Infrastrukturmaßnahmen, die zur Erschließung
neuer Erdgasfelder mittels Fracking notwendig werden könnten (z. B. Neu-
bau von Straßen)?

Berlin, den 8. Oktober 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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