BT-Drucksache 18/2828

Situation der Erdgasversorgung vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise

Vom 8. Oktober 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2828
18. Wahlperiode 08.10.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Oliver Krischer, Annalena Baerbock, Dr. Julia Verlinden,
Jürgen Trittin, Matthias Gastel, Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl,
Christian Kühn (Tübingen), Steffi Lemke, Peter Meiwald und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Situation der Erdgasversorgung vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise

Durch die Ukraine-Krise und die damit verbundenen politischen Spannungen
zwischen Russland und der Ukraine als auch zwischen Russland und der Euro-
päischen Union warnen Experten vor einer zu starken Abhängigkeit von Erdgas-
importen aus Russland. Bestärkt wird dies durch den Verkauf der RWE DEA AG
an die Luxemburger Investmentgesellschaft LetterOne Group unter Führung des
russischen Oligarchen Michail Fridman sowie den Verkauf der BASF-Tochter
Wintershall mit seinen Gasspeichern an den russischen Staatskonzern Gazprom.
Vor dem Hintergrund dieser Sachverhalte und zur Erreichung der Klimaschutz-
ziele kann Energiesicherheit aus Sicht der Fragesteller mittel- bis langfristig nur
über mehr Energieeffizienz, mehr erneuerbare Energien und eine leistungs-
fähige und intelligente Energieinfrastruktur gesichert werden.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den Ankündigungen

des russischen Energieministers Alexander Nowak, der der Europäischen
Union (EU) bei einer weiteren Lieferung von Erdgas an die Ukraine mit
einem Lieferstopp droht?

2. Teilt die Bundesregierung die Aussagen von Gazprom-Chef Alexej Miller in
einem Interview im russischen TV-Sender „Rossija 24“ vom 29. September
2014, wonach die Ukraine bisher zu wenig Erdgas in ihre Speicheranlagen
gepumpt hätte und es dadurch zu Lieferunterbrechungen in die EU kommen
kann, und falls ja, was unternimmt die Bundesregierung dagegen?

3. Haben die Regierungen in Moskau und Kiew nach Kenntnis der Bundes-
regierung die am 26. September 2014 in Berlin getroffene Einigung zwischen
der Ukraine, Russland und der EU zum Gasstreit bereits offiziell bestätigt,
und falls nein, wann rechnet die Bundesregierung mit einer Bestätigung?

4. Mit welchen konkreten Anforderungen hat die Bundesregierung das im
„Handelsblatt“ (siehe Handelsblatt vom 17. September 2014 „Speicher in
russischer Hand“) erwähnte Gutachten in Auftrag gegeben, und wann soll
von welchem Institut das Ergebnis vorliegen?

5. Plant die Bundesregierung eine nationale Erdgasreserve – analog zur natio-
nalen Erdölreserve – einzuführen, und falls ja, wann und in welcher Größen-
ordnung, und falls nein, warum nicht?

Drucksache 18/2828 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
6. Welche Prüfkriterien hat nach Informationen der Bundesregierung die EU-
Wettbewerbsbehörde für den RWE DEA AG Verkauf an die LetterOne
Group zugrunde gelegt, und auf welcher Grundlage hat die Europäische
Kommission dem Verkauf zugestimmt?

7. Hat die Bundesregierung der LetterOne Group die von dieser beantragte
Unbedenklichkeitsbestätigung für den Kauf der RWE DEA AG erteilt, und
welche Begründung lag dieser Entscheidung zugrunde?

8. Wie sieht nach Kenntnis der Bundesregierung die Eigentümerstruktur für
die RWE DEA AG nach dem Erwerb bei der LetterOne Group konkret aus?

9. Hält die Bundesregierung die Transparenz dieser Eigentümerstruktur für
ausreichend, und wenn nein, welche Schlussfolgerungen und Konsequen-
zen zieht die Bundesregierung daraus?

10. Welche Informationen hat die Bundesregierung über die behördlichen Ge-
nehmigungen in den verschiedenen Ländern (bitte nach Land und Ge-
nehmigungsstand aufschlüsseln) zum Verkauf der RWE DEA AG an die
LetterOne Group?

11. Welche Informationen liegen der Bundesregierung über das Zögern des bri-
tischen Energieministeriums bezüglich des Verkaufs der RWE DEA AG
(www.handelsblatt.com vom 28. September 2014 „Briten wollen Dea-Ver-
kauf nach Russland verhindern“) vor, und welche Auswirkungen hätte ein
Veto der britischen Regierung auf den Verkaufsdeal?

12. Liegt der Bundesregierung mittlerweile der Kaufvertrag über den Erwerb
der RWE DEA AG vor, und falls ja, ist dieser öffentlich bzw. in der Geheim-
schutzstelle des Deutschen Bundestages einsehbar, und falls nein, warum
nicht?

13. Mit welchen zwei Gasspeicherpächtern hat die RWE DEA AG nach Infor-
mationen der Bundesregierung bis 2027 einen Pachtvertrag zu welchem
Zeitpunkt geschlossen, und wie viel Gasspeicherkapazitäten besitzen die
Pächter damit?

14. Welche weiteren Firmen(-anteile) besitzt die LetterOne Group nach Infor-
mationen der Bundesregierung innerhalb der EU, und welche Schlussfolge-
rungen und Konsequenzen zieht sie aus diesen Ankäufen?

15. Liegt der Bundesregierung der Kaufvertrag über den Erwerb der Win-
tershall Holding GmbH durch Gazprom vor, und falls ja, ist dieser öffent-
lich bzw. in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages einsehbar,
und falls nein, warum nicht?

16. Verzögert sich der Verkauf der Wintershall Holding GmbH an Gazprom
nach Informationen der Bundesregierung, und wenn ja, warum?

17. Ist es aus Sicht der Bundesregierung unproblematisch, wenn der russische
Staatskonzern Gazprom durch den Erwerb von Wintershall 20 Prozent der
Gasspeicherkapazität kontrolliert, und wenn ja, warum?

18. Welche Informationen liegen der Bundesregierung über weitere Verkäufe
bzw. Joint Ventures von Energierohstoff-Unternehmen oder Infrastrukturen
zwischen deutschen und russischen Unternehmen bzw. von durch russi-
schen Investoren dominierten Unternehmen vor?

19. Welche Informationen liegen der Bundesregierung über weitere Verkäufe
bzw. Joint Ventures von Energierohstoff-Unternehmen oder Infrastrukturen
zwischen europäischen und russischen Unternehmen bzw. von durch russi-
schen Investoren dominierten Unternehmen vor?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2828
20. Welche konkreten Maßnahmen (bitte einzeln benennen) will die Bundesre-
gierung im Laufe der aktuellen Legislaturperiode unternehmen, um die
Rohstoffabhängigkeit von Russland zu verringern?

21. Inwieweit hält die Bundesregierung verbindliche und ambitionierte Ener-
gieeffizienzziele für geeignet, die Rohstoffabhängigkeit zu mindern, und
welche Konsequenzen zieht sie daraus für die Beschlüsse um einen EU-
Energie- und Klimarahmen für 2030?

22. Erachtet die Bundesregierung eine zügige Vollendung des europäischen
Energiebinnenmarktes als wichtigen Schritt, um die Rohstoffabhängigkeit
von Russland zu senken, und wenn ja, wie will sie den Prozess der Voll-
endung beschleunigen?

23. Wie wird sich der Erdgasbedarf Deutschlands nach Schätzungen der Bun-
desregierung bis 2030 bzw. bis 2050 entwickeln, und auf welche Grund-
lagen stützt sie ihre Annahmen diesbezüglich?

24. Welche konkreten Maßnahmen (insbesondere im Wärmebereich) will die
Bundesregierung ergreifen, um die Abhängigkeit von Erdgas bis 2020 bzw.
bis 2050 zu verringern?

25. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über die durchschnittlich
verursachten Treibhausgasemissionen (u. a. Methanschlupf bei Förderung
und Transport, Energieverbrauch bei Förderung und Transport etc.) des
nach Deutschland importierten Erdgases vor?
Auf welche Annahmen stützt sie sich bei diesen Angaben?

Berlin, den 8. Oktober 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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