BT-Drucksache 18/2772

Maßnahmen der Bundesregierung gegen Lebensmittelverschwendung

Vom 8. Oktober 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2772
18. Wahlperiode 08.10.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Karin Binder, Caren Lay, Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Behrens,
Heidrun Bluhm, Eva Bulling-Schröter, Sabine Leidig, Dr. Kirsten Tackmann und
der Fraktion DIE LINKE.

Maßnahmen der Bundesregierung gegen Lebensmittelverschwendung

Nach Angaben der Bundesregierung werden jedes Jahr von Industrie, Handel,
Großverbrauchern und Privathaushalten elf Millionen Tonnen Lebensmittel
weggeworfen. Hinzu kommen weitere Lebensmittelverluste in der Landwirt-
schaft. Unabhängige Schätzungen gehen sogar davon aus, dass vom Acker bis
zum Teller insgesamt die Hälfte der Lebensmittel verloren gehen (Wortprotokoll
17/68, Öffentliche Anhörung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft
und Verbraucherschutz am 23. April 2012 zum Thema Lebensmittelverschwen-
dung). Damit werden auch große Mengen an Wasser, Energie, Dünger, Futter
und Arbeitskraft, die in die Erzeugung geflossen sind, verschwendet.
Im Oktober 2012 wurde die Bundesregierung vom Deutschen Bundestag beauf-
tragt, konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um Lebensmittelverluste wirksam zu
reduzieren (Bundestagsdrucksache 17/10987). Zudem hat die Fraktion DIE
LINKE. mit dem Antrag „Die Ursachen der Vernichtung und Verschwendung
von Lebensmitteln wirksam bekämpfen“ (Bundestagsdrucksache 17/10989) auf
wichtige Ursachen und Herausforderungen bei der Bekämpfung der Lebens-
mittelverschwendung hingewiesen. Auf europäischer Ebene erwägt die Europä-
ische Kommission Maßnahmen, um der Lebensmittelverschwendung zu begeg-
nen (Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates
zur Änderung der Richtlinien 2008/98/EG über Abfälle […] vom 2. Juli 2014).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche einzelnen Maßnahmen hat die Bundesregierung entlang der Lebens-

mittelkette jeweils eingeleitet bzw. umgesetzt, um das Ziel zu erreichen, die
Lebensmittelverluste bis 2020 zu halbieren
a) in der Landwirtschaft,
b) in der Lebensmittelindustrie,
c) im Groß- und Einzelhandel,
d) im Lebensmittelhandwerk,
e) bei Lagerung und Transport,
f) in der Gastronomie,
g) bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern?

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2. In welchem Maße (jeweils in Tonnen und Prozent am Gesamtdurchsatz)
wurden seit dem Jahr 2012 Lebensmittelverluste durch Initiativen und Maß-
nahmen der Bundesregierung im Einzelnen reduziert
a) in der Landwirtschaft,
b) in der Lebensmittelindustrie,
c) im Groß- und Einzelhandel,
d) im Lebensmittelhandwerk,
e) bei Lagerung und Transport,
f) in der Gastronomie,
g) bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern?

3. Welche einzelnen Vereinbarungen für branchenbezogenen Zielmarken zur
Reduzierung von Lebensmittelabfällen wurden bisher von der Bundesregie-
rung mit der Wirtschaft getroffen, wie wird das Erreichen der Zielmarken
kontrolliert, und wann fanden dazu jeweils Treffen statt (bitte jeweils Art
und Ziel der Vereinbarung, Ort und Datum der Treffen, Name des Bran-
chenverbandes bzw. Unternehmens, Name der Verhandlungspartner und
Teilnehmer der Bundesregierung angeben)?

4. Wo und wie häufig werden von der Bundesregierung die besten Erfolge bei
der Vermeidung von Lebensmittelabfällen in der Lebensmittelbranche ver-
öffentlicht?

5. Inwieweit setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass Lebensmittelver-
luste in die Nachhaltigkeitsberichterstattung der Unternehmen einschließ-
lich von Minderungsstrategien, Zielmarken und Veröffentlichungspflichten
einfließen?

6. Welchen Forschungsbedarf sieht die Bundesregierung, um Lebensmittel-
verluste weiter zu reduzieren, und wie sollen künftig genauere Daten zu
Lebensmittelabfällen, insbesondere in den Bereichen der Lebensmittelwirt-
schaft und in der Landwirtschaft, erhoben werden?

7. Welche Dialogprozesse mit Landwirten, Herstellern, Handel, Verbrauchern,
Kirchen und Religionsgemeinschaften, Tafeln sowie Umwelt- und Sozial-
verbänden wurden bisher eingeleitet bzw. geführt, um Lebensmittelver-
schwendung einzudämmen, und welche Ergebnisse wurden dabei bisher
erzielt?

8. Wie werden die Verbraucherinnen und Verbraucher von der Bundesregie-
rung verstärkt über den Zweck des Mindesthaltbarkeitsdatums (MHD)
informiert, und für welche einzelnen Produkte, die lange haltbar sind, soll
das MHD wegfallen?

9. Unterstützt die Bundesregierung die verpflichtende Angabe des Herstel-
lungsdatums auf der Lebensmittelverpackung, wenn ja, wie, und wenn nein,
warum nicht?

10. Inwieweit wurden Handels- und Qualitätsnormen und andere Regelungen
der Wirtschaft hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Entstehung von Ab-
fällen von der Bundesregierung untersucht, und welche Schlüsse zieht die
Bundesregierung daraus, auch in Hinblick auf alternative Vermarktungs-
und Verkaufswege?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2772
11. In welchem Umfang konnte nach Kenntnis der Bundesregierung bisher bei
den Verbraucherinnen und Verbrauchern die Menge an Lebensmittelab-
fällen durch die Kampagne „Zu gut für die Tonne“ reduziert werden (in
Tonnen und Prozent am Gesamtdurchsatz, aufgeschlüsselt nach Lebens-
mittelgruppen), und wie misst die Bundesregierung die Wirksamkeit der
Kampagne?

12. Durch welche einzelnen Maßnahmen wird die regionale Produktion und
Vermarktung von Lebensmitteln von der Bundesregierung gefördert, um ei-
nen relevanten Beitrag zur Reduzierung von Lebensmittelabfällen zu leis-
ten?

13. Durch welche einzelnen Aktivitäten hat sich der Bund bei den Ländern für
die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung eingesetzt?

14. Mit welchen konkreten Initiativen bzw. Vorschlägen unterstützt Deutsch-
land Maßnahmen der Europäischen Kommission gegen die Lebensmittel-
verschwendung, und inwieweit unterstützt sie den Vorschlag von EU-Kom-
missar Tonio Borg, die Datenangaben auf Lebensmitteln zu vereinfachen?

15. Inwieweit unterstützt die Bundesregierung den Richtlinienvorschlag der
Europäischen Kommission hinsichtlich des Ziels, Lebensmittelabfälle im
Zeitraum von 2017 bis 2025 um mindestens 30 Prozent zu reduzieren, und
beabsichtigt sie dennoch am durch den Deutschen Bundestag beschlosse-
nen Ziel festzuhalten?

16. Hält die Bunderegierung die Definition im Richtlinienvorschlag der Euro-
päischen Kommission für richtig, wonach Lebensmittel für die Tierfütte-
rung voll umfänglich vom Abfallbegriff ausgenommen werden sollen, auch
wenn sie für den menschlichen Verzehr vorgesehen waren, und welche ein-
zelnen Lebensmittel umfasst die Ausnahme von Lebensmittel, die „zur Ver-
teilung versandt werden“?

17. Wann wird der Evaluierungsbericht zu Strategien und Maßnahmen bezüg-
lich der Minderung von Lebensmittelabfällen veröffentlicht?

18. Bis wann wird die Bundesregierung genauere bzw. aktuelle Daten, insbe-
sondere aus den Bereichen der Lebensmittelwirtschaft und der Landwirt-
schaft, zu den Mengen und Gründen für die Entstehung von Lebensmittel-
abfällen erheben?
Falls keine weitere Datenerhebung vorgesehen ist, warum nicht?

19. In welchen öffentlichen Einrichtungen des Bundes werden Maßnahmen zur
Verringerung von Lebensmittelabfällen umgesetzt, wie werden hierbei die
anfallenden Abfallmengen erfasst, und in welchem Maße konnten dabei
jeweils Lebensmittelverluste vermieden werden?

20. Welche Maßnahmen zur Verringerung von Lebensmittelabfällen in öffent-
lichen Einrichtungen einzelner Länder oder Kommunen sind der Bundesre-
gierung bekannt, wann und mit wem hat sie dazu Gespräche geführt, und
welche Minderungsziele bzw. Erfolge zur Vermeidung von Lebensmittel-
verlusten sind dazu bekannt?

21. Welche Maßnahmen oder Überlegungen gibt es beim Bund bzw. in Abspra-
che mit den Ländern, um das Thema Lebensmittelverluste in Schulen bei
der Verpflegung und im Unterricht, z.B. durch Einbindung in Lehrpläne
oder Schulkonzepte, umzusetzen, und inwieweit hält die Bundesregierung
eine Erfassung der Lebensmittelabfälle und deren Ursachen in Schulen und
Kindertageseinrichtungen für sinnvoll?

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22. Mit welchen einzelnen Maßnahmen unterstützt die Bundesregierung die
Vermeidung von Lebensmittelverlusten in Entwicklungsländern, deren
Erzeugnisse in Deutschland in den Handel kommen, und was sind dabei die
strategischen Ziele und Minderungsmarken?

Berlin, den 7. Oktober 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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