BT-Drucksache 18/2698

Zukünftige Nutzung großer Drohnen des Typs Euro Hawk und Global Hawk durch die NATO und die Bundeswehr

Vom 25. September 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2698
18. Wahlperiode 25.09.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Wolfgang Gehrcke, Christine Buchholz,
Inge Höger, Ulla Jelpke, Stefan Liebich, Niema Movassat, Kathrin Vogler und
der Fraktion DIE LINKE.

Zukünftige Nutzung großer Drohnen des Typs Euro Hawk und Global Hawk
durch die NATO und die Bundeswehr

Ein Werbefilm des NATO-Militärbündnisses erläutert die Nutzung der auf
Sigonella/Sizilien stationierten bzw. zu stationierenden großen Drohnen des
Typs „Global Hawk“ auch gegen Terrorismus und Umweltkatastrophen oder zur
Migrationskontrolle („Redefining intelligence with eyes, no arms“, NATO-
Channel auf YouTube, 3. September 2014). Auf diese Weise könnten von Sigo-
nella aus Schiffsbewegungen vor Somalia abgesichert oder Prognosen über
Flüchtlingsbewegungen erstellt werden. Als weitere Anwendungsgebiete gelten
Katastrophen oder Öl-Havarien. Auch humanitäre Missionen könnten von der
Spionagedrohne begleitet werden. Die Drohne „Global Hawk“ könne hierzu von
allen Teilen der Welt operieren. Die Bundeswehr will weitere „Global Hawk“
kaufen, diese aber im Auftrag der NATO in Schleswig-Holstein stationieren. Sie
könnten dann dem „Zentrum Luftoperationen“ oder dem „Nationalen Lagefüh-
rungszentrum“ der Bundeswehr in Kalkar sowie dem unmittelbar benachbarten
Uedem unterstellt werden.
In dem Werbefilm widerspricht die NATO auch einer Darstellung des Bundes-
ministeriums der Verteidigung – BMVg (Bundestagsdrucksache 18/2684). So
habe es im Rahmen der Übung „Unified Vision“ Durchquerungen auch des deut-
schen sowie des dänischen Luftraums gegeben. Die Überflüge hätten unter
anderem dem Erkenntnisgewinn zur Nutzung militärischer Drohnen und ihrer
Integration in den zivilen Luftraum gedient. Auf diese Weise hätte das Militär-
bündnis gezeigt, was zukünftig normal werden könne: Die Integration großer,
nicht nur militärischer Drohnen in den allgemeinen Luftraum. Dann könnten
weitere Anwendungsgebiete erschlossen werden, darunter unbemannte Fracht-
flüge. So würde eine Menge Geld gespart, denn auf die Ausrüstung mit Ret-
tungssystemen für Piloten und Crew könne verzichtet werden.
Auch nach mehreren Monaten haben US-Militärinstitutionen nicht beantwortet,
inwiefern das US-Africa Command (AFRICOM), dessen Luftstreitkräftekom-
mando in Ramstein sowie durch die US-Regierung beauftragte Vertragsunter-
nehmen an Einsätzen von US-Drohnen beteiligt sind (Bundestagsdrucksache
18/2684). Die Bundesregierung hatte dem Fragesteller einer Mündlichen Frage,
Andrej Hunko, im Juli 2014 bedeutet, eine Antwort sei ihr seitens der USA „in-
nerhalb weniger Wochen in Aussicht“ gestellt worden (Plenarprotokoll 18/45).
Im September 2014 lag jedoch immer noch keine Mitteilung hierzu vor, die Bun-
desregierung stehe aber „in dieser Frage in engem Kontakt mit der US-Regie-
rung“. Es werde „fortgesetzt an die ausstehende Beantwortung des Fragenkata-
logs“ erinnert. Aus Sicht der Fragesteller macht sich die Bundesregierung in der

Drucksache 18/2698 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Angelegenheit aber unglaubwürdig, wenn wie zu dem Komplex PRISM/NSA-
Spionage zwar eine Reihe von „Fragekatalogen“ versandt wurden, diese aber
von den USA ignoriert werden.
Auch hinsichtlich der von Anwohnerinnen und Anwohner in Oberbayern be-
richteten rechtswidrigen Nutzung deutscher Luftbeschränkungsgebiete durch
US-Drohnen des Typs „HUNTER“ liegen noch keine Ergebnisse vor. Die Bun-
desregierung verlässt sich hingegen vorläufig auf eine Zusicherung des US-Mi-
litärs, die Verletzungen des Luftraums seien einer „nicht vollumfänglich berück-
sichtigten Windkorrektur innerhalb der Platzrunde durch den Bediener“ erfolgt
(Bundestagsdrucksache 18/2684). Man stehe dazu „in einem offenen und ver-
trauensvollen Dialog mit den US-Streitkräften“.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dem Video der

NATO zur Nutzung des „Alliance Ground Surveillance System“ (AGS) auf
Sizilien auch für Einsätze im Inneren?

2. Welche entsprechenden Anwendungsgebiete werden von der NATO nach
Kenntnis der Bundesregierung hierzu anvisiert?

3. Inwiefern werden derartige Szenarien nach Kenntnis der Bundesregierung
bei der NATO diskutiert, und wie hat sich die Bundesregierung bislang hierzu
positioniert?

4. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dem Video der
NATO hinsichtlich der Übung „Unified Vision 2014“ und der Route von
Drohnen des Typs „Global Hawk“ im europäischen Luftraum, wonach es
Durchquerungen des deutschen sowie des dänischen Luftraums gegeben
habe, dies aber der Darstellung des Bundesverteidigungsministeriums wider-
spricht, wonach Deutschland nicht überflogen wurde?

5. Inwiefern ist nach jetzigem Stand beabsichtigt, in Deutschland stationierte
AGS-Drohnen dem NATO-Kommando in Ramstein zu unterstellen?

6. Inwiefern würden die in Deutschland stationierten AGS-Drohnen nach jetzi-
gem Stand dem „Zentrum Luftoperationen“ bzw. dem „Nationalen Lagefüh-
rungszentrum“ der Bundeswehr in Kalkar sowie dem unmittelbar benachbar-
ten Uedem unterstellt bzw. entsprechende Aufklärungsdaten dort verarbeitet?

7. Welcher „befragte Staat“ hatte nach Kenntnis der Bundesregierung eine
Überfluggenehmigung für Drohnen des Typs „Global Hawk“ im Rahmen des
NATO-Manövers „Unified Vision“ verweigert (Bundestagsdrucksache 18/
2684)?

8. Inwiefern liegen die durch AFRICOM angeblich „innerhalb weniger Wochen
in Aussicht“ gestellten Antworten zu einer möglichen Beteiligung des
AFRICOM, dessen Luftstreitkräftekommando in Ramstein sowie von durch
die US-Regierung beauftragten Vertragsunternehmen an Einsätzen von
Drohnen mittlerweile vor, und welchen wesentlichen Inhalt haben diese
(Bundestagsdrucksache 18/2684)?

9. Sofern die Beantwortung weiterhin aussteht, wie kam die Staatssekretärin im
Auswärtigen Amt Dr. Maria Böhmer auf die Mündliche Frage des Abgeord-
neten Andrej Hunko im Juli 2014 zu der Einschätzung, die Bundesregierung
rechne mit einer Antwort binnen „weniger Wochen“ (Andrej Hunko, MdB:
„Rechnen Sie mit einer konkreten Antwort innerhalb der nächsten Wochen?“,
Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: „Ja“; Plenarproto-
koll 18/45)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2698
10. Welcher Zeitraum ist nach Ansicht der Bundesregierung mit „wenige Wo-
chen“ umfasst?

11. Auf welche Weise steht die Bundesregierung „in dieser Frage in engem
Kontakt mit der US-Regierung“ (Bundestagsdrucksache 18/2684)?

12. Wann und wem gegenüber wurde jeweils „fortgesetzt an die ausstehende
Beantwortung des Fragenkatalogs“ erinnert?

13. Wie haben die Angesprochenen auf Seiten der US-Behörden seit der Über-
gabe des Fragenkataloges jeweils darauf reagiert?

14. Welche Gründe wurden für die Nichtbeantwortung (mindestens bis Septem-
ber 2014) vorgetragen?

15. Wann soll die Prüfung der „in der Amberger Zeitung vom 26. Februar 2014
erhobenen Vorwürfe“ durch das BMVg zur rechtswidrigen Nutzung deut-
scher Luftbeschränkungsgebiete durch US-Drohnen des Typs „HUNTER“
in Bayern beendet sein (Bundestagsdrucksache 18/819)?

16. Sofern kein Ende verabredet oder absehbar ist, wann könnten erste Zwi-
schenergebnisse vorliegen?

17. Welche Stellen des US-Militärs sind in die gemeinsame Untersuchung ein-
gebunden?

18. Auf welche Weise sind US-Militärinstitutionen an der Untersuchung betei-
ligt?

19. Woran bemisst sich die Einschätzung der Bundesregierung, die Untersu-
chung des womöglich rechtswidrigen Flugbetriebs erfolge „in einem offe-
nen und vertrauensvollen Dialog mit den US-Streitkräften“ (Bundestags-
drucksache 18/819)?

20. Inwiefern hält es die Bundesregierung auch ohne endgültige Klärung für
möglich, dass die von Anwohnern mehrmals beobachteten Abweichungen
der großen „HUNTER“-Drohnen von genehmigten Flugrouten durch US-
Militärs tatsächlich aufgrund einer „nicht vollumfänglich berücksichtigten
Windkorrektur innerhalb der Platzrunde durch den Bediener“ erfolgt sein
könnten (Bundestagsdrucksache 18/2684)?

21. Inwiefern hält es die Bundesregierung hinsichtlich der Klärung des Vorfal-
les und der Verhinderung zukünftiger Verstöße für ausreichend, dass die
US-Militärinstitutionen „das Bedienerpersonal im Rahmen der Missions-
nachbereitung eindringlich auf die Einhaltung der Platzrundeverläufe hin-
gewiesen“ haben (Bundestagsdrucksache 18/2684)?

22. Welche Erkenntnisse kann die Bundesregierung zum Absturz einer Drohne
der ISAF-Truppen in Afghanistan mitteilen, die nach Medienberichten nahe
der pakistanischen Grenze zu Boden ging („Stars and Stripes“, 18. Septem-
ber 2014)?
a) Um welche Drohne welcher Streitmacht handelte es sich?
b) Auf welcher Mission befand sich die Drohne?
c) Welche Hinweise zur Absturzursache existieren bislang, und wer ist mit

einer Untersuchung befasst?
d) Welche weiteren Abstürze von Drohnen der ISAF-Streitkräfte sind nach

Kenntnis der Bundesregierung in den Jahren 2012, 2013 und 2014 in
Afghanistan oder Pakistan erfolgt?

23. Welche Stellen sind derzeit in die „Entscheidung über das weitere Vorgehen
bzw. über die Weiterverwendung des „EURO HAWK Full Scale Demon-
strators“ eingebunden (Bundestagsdrucksache 18/819)?

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24. Inwiefern ist auch der Generalinspekteur der Bundeswehr hiermit befasst?
25. Welche „technischen und prozessualen“ Fragen müssen geklärt werden, und

worin genau besteht deren „Komplexität“ (Bundestagsdrucksache 18/2684)?

Berlin, den 24. September 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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