BT-Drucksache 18/2697

Drohnen der Bundeswehr in der Ukraine

Vom 25. September 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2697
18. Wahlperiode 25.09.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Wolfgang Gehrcke, Christine Buchholz,
Inge Höger, Ulla Jelpke, Stefan Liebich, Niema Movassat, Kathrin Vogler und
der Fraktion DIE LINKE.

Drohnen der Bundeswehr in der Ukraine

Die Bundeswehr will die Beobachtungsmission der Organisation für Sicherheit
und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in der Ostukraine mit eigenen Drohnen
unterstützen (www.bundeswehr.de vom 16. September 2014). Zur Überwachung
der Waffenruhe könnte die von der Bundeswehr seit langem genutzte Drohne
„LUNA“ („Luftgestütze Unbemannte Nahaufklärungs-Ausstattung“) eingesetzt
werden. Ein 14-köpfiges „Erkundungsteam“ der Bundeswehr soll nach Angaben
der Bundeswehr in die Ukraine aufbrechen, um gemeinsam mit einem fran-
zösischen Team entsprechende Möglichkeiten auszuloten; aus Frankreich seien
ebenfalls Drohnenexperten bzw. -expertinnen angereist. Der Militärblog „Augen
geradeaus“ spricht hingegen davon, dass die Bundeswehr größere Drohnen des
Typs „Heron“ einsetzen könnte (24. September 2014). Eine Quelle für die In-
formation wird nicht genannt. Auch sei unklar, ob es sich dabei um Drohnen
handelt, die derzeit in Afghanistan fliegen.
Der Verlegung von Drohnen waren nach Angaben der Bundeswehr Gespräche
zwischen Bundeskanzleramt, Auswärtigem Amt, Bundesministerium der Ver-
teidigung (BMVg), den „französischen Partnern“ und der OSZE vorausgegan-
gen. In Deutschland würden die rechtlichen und technischen Möglichkeiten zur
Unterstützung der OSZE-Mission geprüft. Inwiefern dies auch den Einsatz der
Drohnen umfasst, erläutert die Meldung nicht.
Vorher war bekannt geworden, dass die OSZE selbst unbemannte Luftfahrzeuge
einsetzen wird. Nach Angaben der „WIENER ZEITUNG“ (2. September 2014)
handelt es sich dabei um „Camcopter S-100“ der Firma Schiebel aus Österreich.
Der Lieferung war eine Ausschreibung vorausgegangen, die im Juli 2014 endete.
Der Vertrag wurde schließlich am 13. August 2014 unterschrieben. Um wie viele
Drohnen es sich handelt und welche Kosten entstehen, teilten die Firma Schiebel
und die OSZE aber nicht mit. Die „Camcopter“ sollen ab Oktober 2014 einsatz-
bereit sein. Russlands Außenminister Sergej Lawrow hatte den Drohneneinsatz
in der Ostukraine laut staatlichen Agenturen grundsätzlich gutgeheißen. Damals
war aber noch nicht von Drohnen der Bundeswehr die Rede (www.german.
ruvr.ru, 18. August 2014).
Auch die deutsche Marine hatte seit 2008 geplant, bis zu sechs „Camcopter“ an-
zuschaffen. Letztes Jahr hatte sich die Bundeswehr aber angeblich endgültig von
dem Plan verabschiedet (Bundestagsdrucksache 18/2684). Nach unbestätigten
Berichten (www.gorizontrostov.ru/en/bpla1.html) will auch das russische Mi-
litär „Camcopter“ kaufen; angeblich soll das Gerät von russischen Firmen in
Lizenz produziert werden.

Drucksache 18/2697 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Auf welche Weise kam der Vorschlag zustande, die Beobachtungsmission

der OSZE in der Ostukraine mit Drohnen der Bundeswehr zu unterstützen,
und wer hatte ihn wo zuerst eingebracht?

2. Wie haben sich die „französischen Partner“ und die OSZE hierzu positio-
niert, und welche Einschränkungen wurden von ihnen gemacht?

3. Wie viele Drohnen der Bundeswehr sollen in der Ukraine operieren, wo
würden sie stationiert, und wer wäre für ihren Flug (einschließlich Starts
und Landungen) verantwortlich?

4. Wie würden sich die Bundeswehr-Drohnen von jenen Drohnen unterschei-
den (etwa durch Ort von Stationierung und Einsatz, Einsatzziele, Steuerung
durch zivile oder militärische Behörden), die von der OSZE selbst beschafft
werden?

5. Unter welchem Hoheitszeichen könnten die Drohnen der OSZE sowie der
Bundeswehr aus Sicht der Bundesregierung operieren?

6. Von wo und von wem würden die Drohnen der OSZE sowie der Bundes-
wehr nach jetzigem Stand nach Kenntnis der Bundesregierung gesteuert?

7. Wie soll die Integration der Bundeswehr-Drohnen in den ukrainischen Luft-
raum erfolgen, und welche Abteilungen der Flugsicherung sind dann nach
Kenntnis der Bundesregierung verantwortlich?

8. Welche Gespräche haben hierzu wann und mit welchen ukrainischen Minis-
terien stattgefunden (bitte auch benennen, ob nach Kenntnis der Bundes-
regierung Angehörige der Nationalgarde, der nach Presseberichten Rechts-
radikale angehören, oder Angehörige rechtsradikaler Gruppen anderer Mi-
nisterien anwesend waren)?

9. Inwiefern und zu welchem Zweck waren auch Angehörige der Rüstungs-
konzerne EMT und Airbus Space & Defence bei den Gesprächen anwesend?

10. Wurde bei den Gesprächen auch erwähnt, dass die „LUNA“-Drohnen bei
der Bundeswehr signifikant hohe Absturzraten aufweisen (FAZ, 22. Juni
2013)?

11. Wurde bei den Gesprächen auch erwähnt, dass alle bei der Bundeswehr
eingesetzten „Heron“-Drohnen in Afghanistan bereits Totalschäden erlitten
haben und ersetzt werden mussten (www.welt.de, 11. November 2013)?

12. Wie haben die ukrainischen Behörden auf die Mitteilungen zu hohen Ab-
sturzraten der Drohnen reagiert, und welche Vorkehrungen oder Verabre-
dungen zur Vermeidung von Personenschäden wurden getroffen?

13. Inwiefern sollen die Drohnen für den Einsatz in der Ukraine auch mit Sen-
sorik des Fraunhofer-Instituts für Optronik, Systemtechnik und Bildauswer-
tung (IOSB) ausgerüstet werden?

14. Inwieweit und mit welchen Funktionalitäten wird auch Technik zur sog. Be-
wegtzielerkennung und Mustererkennung eingesetzt?

15. Inwieweit können mit den Anwendungen auch Personen oder Fahrzeuge
markiert und dann verfolgt („getrackt“) werden?

16. Inwieweit können Flug- oder Fahrzeuge des ukrainischen oder russischen
Militärs mithilfe des Systems zur Mustererkennung automatisch erkannt
oder bestimmten Kategorien zugeordnet werden?

17. Welche weiteren Systeme der bildgebenden Sensorik werden an die Droh-
nen montiert?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2697
18. Welche sonstigen Sensoren werden in die Drohnen (auch zeitweise) ein-
gerüstet, und um welche Anwendungen welcher Hersteller handelt es sich
genau?

19. Wo könnten aus Sicht der Bundesregierung von den Bundeswehr-Drohnen
erhobene Informationen verarbeitet werden?

20. Welchen Einheiten gehörte das 14-köpfige „Erkundungsteam“ der Bundes-
wehr an, und inwiefern fanden sich darunter Luftfahrzeugfernführerinnen
bzw. Luftfahrzeugfernführer?

21. Auf welche Weise arbeiten die Bundeswehrangehörigen mit französischen
„Drohnen-Experten“ zusammen?

22. Inwiefern gehören zur Prüfung der „Möglichkeiten“ zur Unterstützung der
OSZE-Mission auch rechtliche Aspekte zur Nutzung der Drohnen?

23. Inwiefern könnten die Bundeswehr-Drohnen aus Sicht der Bundesregierung
in Abstimmung mit den OSZE-Drohnen operieren?

24. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, wie viele Drohnen des Typs
„Camcopter“ von der OSZE beschafft werden und welche Kosten dafür ent-
stehen?

25. Von welchen Einheiten werden die OSZE-Drohnen des Typs „Camcopter“
nach Kenntnis der Bundesregierung gesteuert, und in welchen Lagezentren
werden erhobene Informationen verarbeitet?

26. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, dass auch das russische
Militär „Camcopter“ kaufen und/oder die Geräte von russischen Firmen in
Lizenz produzieren lassen will?

27. Was ist der Bundesregierung aus eigenen Gesprächen mit ukrainischen oder
russischen Behörden zur Position Russlands hinsichtlich der Nutzung von
Drohnen durch die OSZE in der Ostukraine bekannt?

28. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Aussage des
russischen Außenministers Sergej Lawrow, der den OSZE-Drohneneinsatz
in der Ostukraine laut staatlichen Agenturen grundsätzlich gutgeheißen
hatte?

29. Inwiefern ist hier aus Sicht der Bundesregierung auch der Einsatz von Bun-
deswehr-Drohnen gemeint?

30. Sofern dies aus ihrer Sicht hiervon nicht abgedeckt ist, inwiefern legt die
Bundesregierung auf die russische Haltung hierzu Wert?

31. Aus welchem Grund hat sich die Bundeswehr im zweiten Halbjahr 2013
endgültig von dem Plan verabschiedet, selbst „Camcopter“ zu beschaffen
(Bundestagsdrucksache 18/2684)?

32. Welche „Aktivitäten“ hatte die Marine bis dahin zur Beschaffung der „Cam-
copter S-100“ entfaltet?

33. Welchen Stückpreis hatte der Hersteller für die „Camcopter“ angegeben,
und welche weiteren Produkte oder Dienstleistungen hätten davon erfasst
werden sollen?

34. Inwiefern hat das BMVg Risiken hinsichtlich der Zulassungsfähigkeit der
„Camcopter“ gesehen, und worin bestanden diese?

35. Welche Schritte zur Prüfung der Zulassungsfähigkeit der „Camcopter“ hatte
das BMVg bereits unternommen?

36. Inwiefern existiert aus Sicht der Bundesregierung überhaupt eine „Fähig-
keitslücke“ bei der Marine, die demnach durch senkrecht startende VTOL-
Drohnen abgedeckt werden müsste?

Drucksache 18/2697 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
37. Inwiefern ist die Bundeswehr dennoch weiterhin daran interessiert, senk-
rechtstartende VTOL-Drohnen oder sogenannte Tilt-Wing-Drohnen zu be-
schaffen?

38. Mit welchen Aktivitäten sind die Teilstreitkräfte des Bundes im Rahmen
dieser Beschaffung befasst?

Berlin, den 24. September 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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