BT-Drucksache 18/2682

Aktueller Stand des Projekts Deutsche Digitale Bibliothek

Vom 25. September 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2682
18. Wahlperiode 25.09.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sigrid Hupach, Harald Petzold (Havelland), Dr. Rosemarie Hein,
Ralph Lenkert, Dr. Petra Sitte, Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Aktueller Stand des Projekts Deutsche Digitale Bibliothek

Die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) soll als zentrales Portal Zugang zu
digitalisierten Kulturgütern aus 30 000 Bibliotheken, Museen und Archiven
bieten. Die technische Infrastruktur wurde aus Mitteln des Konjunkturpaketes II
aufgebaut. Am 31. März 2014 ging die DDB mit einer ersten Vollversion des
Portals online, rund anderthalb Jahre nach dem Start der Beta-Version. Bisher
haben sich 2 200 Einrichtungen bei der DDB registriert, 130 dieser Einrich-
tungen haben Daten an die DDB geliefert. Insgesamt sind über 9,2 Millionen
digitale Objekte recherchierbar, davon sind ca. 3,4 Millionen Erschließungs-
daten von Objekten, die auf noch nicht digitalisierte Inhalte in den Kultur- und
Wissenschaftseinrichtungen verweisen (Stand September 2014). Die jährlichen
Zuwendungen von 2,6 Mio. Euro durch Bund und Länder sind bisher nur bis
2015 gesichert. Grundlage für einen Beschluss über eine Anschlussfinanzierung
bildet die im März 2014 vorgenommene Evaluation bei der Deutschen National-
bibliothek in Frankfurt am Main, dem technischen Koordinator und beim Fach-
informationszentrum Karlsruhe, dem technischen Betreiber der DDB. Die bis-
herigen Mittel umfassen lediglich den Betrieb der technischen Infrastruktur des
Dachportals. Zukünftig sind der technische Betrieb, Nutzerservice und das Ser-
viceportal, der weitere Ausbau der DDB und die Langzeitarchivierung finanziell
zu sichern. Die eigentliche Digitalisierung soll von Bibliotheken, Museen und
Archiven gegebenenfalls in Kooperation mit privaten Partnern, wie Google Inc.,
getragen werden.
Die Angebote der DDB sollen auch der deutsche Beitrag zur europäischen Platt-
form Europeana sein.
In der vergangenen Legislaturperiode hatte der Deutsche Bundestag im Jahr
2012 die damalige Bundesregierung aufgefordert, ihre Aktivitäten zur Digitali-
sierung des Kulturerbes zu intensivieren (Bundestagsdrucksache 17/6315). Ent-
sprechende Anträge in den Haushaltsverhandlungen wurden jedoch mehrheit-
lich abgelehnt. Im Koalitionsvertrag bekennt sich die Bundesregierung zur DDB
und kündigt eine mit Ländern und Kommunen abgestimmte Digitalisierungstra-
tegie an. In der im August 2014 vorgelegten Digitalen Agenda wiederholt die
Bundesregierung dieses Bekenntnis und die Absicht, eine übergreifende Digita-
lisierungsstrategie zu entwickeln (www.bmwi.de). Sowohl das Kompetenznetz-
werk DDB als auch der Deutsche Bibliotheksverband befürworten die zeitnahe
Umsetzung einer Digitalisierungstrategie.

Drucksache 18/2682 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Plant die Bundesregierung nach Ablauf des bisherigen Finanzierungs-

rahmens Ende 2015, die DDB dauerhaft zu finanzieren, und wenn ja, in wel-
cher Höhe und mit welcher prozentualen Beteiligung des Bundes?

2. Wie schätzt die Bundesregierung die zukünftig anfallenden Kosten des Be-
triebs der technischen Plattform der DDB, der Weiterentwicklung und des
Ausbaus der DDB in technischer und fachlicher Hinsicht, des Betriebs eines
Nutzerservices der DDB und die Kosten für eine Langzeitarchivierung der
Daten ein?

3. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus der Empfehlung des Gutachtens zur Zwischenevaluierung DDB, die
DDB in eine Organisationsform mit eigener Rechtspersönlichkeit zu über-
führen und das operative Geschäft an einem Standort unter einer verant-
wortlichen Leitung zu bündeln?
Hat die DDB inzwischen die Adressdaten der ca. 30 000 Kultur- und
Wissenschaftseinrichtungen erfasst und festgestellt, welche dieser Ein-
richtungen ein verbindliches Interesse daran haben, Daten an die DDB zu
liefern, welche digitalen Bestände bei diesen Einrichtungen insgesamt be-
reits vorhanden sind und wie sie in die DDB integriert werden können?

4. Wie viele der bisher registrierten Einrichtungen sind als Datenlieferanten
aktiv (bitte nach Sparten, Menge und Art der gelieferten Daten aufschlüs-
seln), und welchen Anteil der gelieferten Daten machen Erschließungsdaten
aus?

5. Vor dem Hintergrund, dass laut dem Gutachten zur Zwischenevaluierung
DDB derzeit zahlreiche der registrierten Kultur- und Wissenschaftseinrich-
tungen auf den Import ihres Materials warten, welche Einrichtungen warten
derzeit, und warum kommt es zu diesen Wartezeiten?

6. Wie viele der bisher bei der DDB registrierten Einrichtungen verfügen über
die entsprechenden technischen Voraussetzungen, um die technischen An-
forderungen für die zu liefernden Daten entsprechend des gültigen Koope-
rationsvertrages (Standardformat) zu erfüllen?

7. Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass Informationen über Daten
nicht veralten, und welche Möglichkeiten der Datenaktualisierung und
Löschungen von Daten bestehen derzeit bei der DDB?

8. Welche konkreten Schritte will die Bundesregierung unternehmen, um die
an die DDB datenliefernden Institutionen und die in der DDB greifbaren
Inhalte spartengerecht zu vermehren, so dass die DDB im Vergleich mit
kommerziellen Anbietern für Nutzer deutlich an Attraktivität gewinnt?

9. Wann wird die Bundesregierung eine umfassende Strategie für die Digitali-
sierung, Zugänglichmachung und Langzeitarchivierung des kulturellen Er-
bes, erarbeitet mit den Ländern, sowie die hierfür notwendigen rechtlichen
Rahmenbedingungen vorstellen, wie in der Digitalen Agenda der Bundes-
regierung angekündigt wurde?

10. Hat die Bundesregierung mit den Ländern bereits Gespräche geführt und
Absprachen zur Erarbeitung einer nationalen Digitalisierungsstrategie für
das kulturelle Erbe getroffen?
Wenn ja, welche?

11. Plant die Bundesregierung ein eigenes finanzielles Engagement bei der
Digitalisierung des Kulturerbes über die bisherige Förderung durch die
Deutsche Forschungsgemeinschaft e. V. (DFG) hinaus?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2682
12. Hat das Kompetenznetzwerk DDB einen Masterplan insbesondere zur
Digitalisierung der Bestände des 19. und 20. Jahrhunderts und zur Erarbei-
tung gemeinsamer Standards für Anwendungen und Langzeitarchivierung
erarbeitet, und in welcher Form wurde das neu beschlossene Gesetz zur Nut-
zung verwaister und vergriffener Werke hier einbezogen?

13. Welche Nutzergruppen nutzen derzeit die Angebote der DDB, und welches
sind die konkreten Zielgruppen der DDB?

14. Wie viele Besucher hatte seit der Onlinestellung der Vollversion am
31. März 2014 die Homepage der DDB, und auf welche Staaten verteilen
sich diese Zugriffe

15. Wie viele Dienste nutzen aktuell das API (application programming inter-
face), und wie viele Anfragen werden hier pro Tag gezählt?

16. Wie viele Nutzer der DDB haben sich aktuell für einen API-Key registrieren
lassen?

17. Welche und wie viele Datenlieferanten haben aus rechtlichen Gründen der
Datenweitergabe über das API widersprochen?

18. Plant die Bundesregierung, ein Geschäftsmodell für die API-Nutzung zu
entwickeln, um DDB-Inhalte attraktiv für eine kommerzielle Nachnutzung
zu machen?

19. Wie viele Nutzer haben sich aktuell einen persönlichen DDB-Account an-
gelegt?

20. Welchen an der DDB beteiligten Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen
wurde die vom Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie
(SIT) entwickelte Software für Wasserzeichen zur Verfügung gestellt?

21. Wurde die vom Fraunhofer SIT entwickelte Software für Wasserzeichen in
die Software der DDB integriert?
Wenn nein, warum nicht?
Wenn ja, mit welchen Ergebnissen?

22. Wie will die Bundesregierung die Barrierefreiheit des Angebotes der DDB
sicherstellen, plant sie z. B. Audioprogramme zur Teilhabe für Blinde finan-
ziell ein, sollen im Rahmen der Digitalisierung schriftlicher Werke Audio-
funktionen bereitgestellt werden, oder werden bei den audiovisuellen Wer-
ken Untertitelung bzw. Gebärdensprache berücksichtigt?

23. Welche Schritte will die Bundesregierung unternehmen, um dem Optimie-
rungsbedarf, den das Gutachten zur Zwischenevaluierung DDB feststellt,
bei den bisher vorhandenen Suchfunktionen der DDB, gerade im Vergleich
zu kommerziellen Anbietern, nachzukommen?

24. In welcher Art und in welchem Zeitrahmen plant die Bundesregierung, die
Suchmaschinenverfügbarkeit der DDB zu verbessern, und wie sollen zu-
künftig soziale Netzwerke besser einbezogen werden, nachdem laut dem
Zwischenbericht der DDB mehr als sechzig Prozent der Nutzer über Such-
maschinen auf die Seiten der DDB kommen und soziale Netzwerke hin-
gegen kaum eine Rolle spielen?

25. Plant die Bundesregierung die Erstellung einer fundierten Nutzungsanalyse
der DDB?

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26. Plant die Bundesregierung zeitnah den tatsächlichen jährlichen Finanzie-
rungsbedarf der Digitalisierungsarbeit und Zugänglichmachung der Kultur-
und Wissenschaftseinrichtungen zu ermitteln, da die bisher öffentlich dis-
kutierten Zahlen auf Modellberechnungen des Deutschen Bibliotheksver-
bandes (geschätzter Mehrbedarf von 10 Mio. Euro im Jahr) und Prognosen
des Fraunhofer-Instituts (insgesamt geschätzter Bedarf von ca. 30 Mio. Euro)
beruhen?

27. Warum steht der aktuell gültige Kooperationsvertrag nicht öffentlich ein-
sehbar auf den Seiten der DDB, sondern muss bei der Geschäftsstelle an-
gefordert werden?

28. Ist der Kooperationsvertrag kompatibel mit dem Europeana Data Exchange
Agreement, insbesondere im Hinblick auf die Nachnutzbarkeit von Meta-
daten durch Dritte auf der Grundlage der Lizenz CCO?

29. Mit welchen Einrichtungen, Firmen und Personen bestehen derzeit ver-
tragliche Vereinbarungen mit der DDB zur Einräumung von Rechten (nach
Absatz 2.6 der Kooperationsvereinbarung) zur gewerblichen Nutzung der
Digitalisate und bereitgestellten Derivate?

30. Welche Einnahmen sind mit der gewerblichen Nutzung von Objekten der
DDB bereits erzielt worden bzw. welche Einnahmen erwartet die Bundes-
regierung für die Zukunft?

31. Welche Einrichtungen haben bisher gegenüber der DDB von der (in Ab-
satz 5.2.2 des Kooperationsvertrages) fixierten Möglichkeit Gebrauch ge-
macht, die gewerbliche Nutzung von Digitalisaten und Derivaten zu unter-
sagen oder von Einzelfallzustimmungen abhängig zu machen?

32. Von welchen Marktpreisen für die Nutzung nach (Absätze 2.3 und 2.6 des
Kooperationsvertrages) geht die Bundesregierung derzeit für übliche Nut-
zungsfälle aus und gibt es dazu Preistabellen oder sonstige schriftlich fixierte
Erwartungen?

33. Wie viele Datensätze hat die DDB bereits an die Europeana geliefert im Ver-
gleich zu anderen europäischen Ländern?

34. Welche Partnerschaften oder Drittmitteleinwerbungen, z. B. in Form von
Mäzenen, Sponsoren und privaten Spenden, die bereits in der Planungs-
phase der DDB überlegt und vorverhandelt wurden, konnten bisher ab-
geschlossen oder eingeworben werden?
Wenn es nicht zu Partnerschaften oder Drittmitteleinwerbung kam, warum
kamen bisher keine Partnerschaften zustande bzw. konnten keine Drittmittel
aquiriert werden?

35. Existiert eine Strategie zur Priorisierung und Abstimmung der Digitalisie-
rungstätigkeit von öffentlichen Einrichtungen mit privaten Kooperations-
partnern?

36. Plant die Bundesregierung, Inhalte der E-Book-Plattform libreka.de in die
DDB zu integrieren?

Berlin, den 24. September 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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