BT-Drucksache 18/2623

Internationale Förderung von Kohlekraftwerken beenden

Vom 24. September 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2623
18. Wahlperiode 24.09.2014
Antrag
der Abgeordneten Annalena Baerbock, Oliver Krischer, Uwe Kekeritz, Bärbel
Höhn, Sylvia Kotting-Uhl, Christian Kühn (Tübingen), Steffi Lemke, Peter Meiwald,
Dr. Julia Verlinden, Harald Ebner, Matthias Gastel, Stephan Kühn (Dresden),
Nicole Maisch, Friedrich Ostendorff, Markus Tressel, Jürgen Trittin, Dr. Valerie
Wilms und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Internationale Förderung von Kohlekraftwerken beenden

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Folgen der menschgemachten Klimakatastrophe werden immer verheerender.
Ungeachtet der internationalen Klimaschutzbemühungen stieg der globale CO2-Aus-
stoß im Zeitraum 2000 bis 2010 um 20 Prozent an. Dieser Negativtrend hat sich in
den vergangenen Jahren fortgesetzt und wird ohne politisches Gegensteuern weiter-
gehen. Für diesen Fall warnt die Klimawissenschaft inzwischen vor einer Erderwär-
mung von bis zu 4,8 Grad Celsius bis zum Jahr 2100. Angesichts des bisherigen
Versagens der internationalen Klimapolitik verkommt das politische Bekenntnis
zum sogenannten 2-Grad-Ziel immer mehr zur Farce. Soll dieses Ziel tatsächlich
noch erreicht werden, dann müsste laut Weltklimarat der weltweite Ausstoß von
Treibhausgasen in den kommenden 40 Jahren um 40 bis 70 Prozent sinken. Dazu
bedarf es eines sofortigen und konsequenten Handelns. Weltweit gehören Kohle-
kraftwerke zu den größten Verursachern von Treibhausgasen. Aus Kohle erzeugter
Strom setzt etwa dreimal so viel klimaschädliches CO2 frei wie beispielsweise Gas-
kraftwerke. Zudem sind Kohlekraftwerke besonders ineffizient. Selbst modernste
Anlagen lassen über die Hälfte der eingesetzten Energie ungenutzt in die Atmo-
sphäre verpuffen. Die schlechte Klimabilanz der Kohle macht eines überdeutlich:
Die erforderliche Reduktion von Treibhausgasen zur Abmilderung der Klimakata-
strophe kann nur mit einem schrittweisen Ausstieg aus der Kohleverstromung er-
reicht werden. Deutschland muss dazu national und international seinen Beitrag leis-
ten.

Der Bundestag erachtet es vor diesem Hintergrund als nicht nachvollziehbar, dass
Deutschland auf internationaler Ebene weiterhin den Bau von Kohlekraftwerken mit
öffentlichen Mitteln fördert. Dies gilt insbesondere, da andere Länder – etwa die
USA, Großbritannien, Frankreich, die Niederlande, Dänemark und Schweden sowie
die Weltbank und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung – in
jüngster Zeit beschlossen bzw. angekündigt haben, aus der öffentlichen Finanzie-
rung von Kohlekraftwerken auszusteigen.

Deutschland dagegen ist weiterhin ein wichtiger Geldgeber für den weltweiten Aus-
bau der Kohlenutzung. Die bundeseigene KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) hat
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allein im Zeitraum 2006 bis 2013 mit über 3,3 Mrd. Euro Kohlekraftwerke und Koh-
leinfrastruktur finanziert. Dazu kommen Garantien über Hermesbürgschaften für die
Kohleförderung und -verbrennung in Höhe von 1,3 Mrd. Euro in den Jahren 2011
bis 2013. Allein 2013 hat die KfW Neuzusagen für Kohleprojekte in Höhe von fast
750 Mio. Euro gemacht.

Dieses Engagement verschärft die Ressourcenverschwendung und schadet dem
Klima. Zudem verfehlt es das Ziel, die Lebenssituation der von Armut betroffenen
Menschen zu verbessern. Bereits heute trifft die Klimakatastrophe insbesondere die
Ärmsten der Armen. Wer Vorreiter beim Klimaschutz und bei einer nachhaltigen
Entwicklung sein will, muss sich auch in Entwicklungs- und Schwellenländern voll-
ständig für eine saubere Energieversorgung einsetzen, anstatt sich weiter am Bau
von klimaschädlichen Kohlekraftwerken zu beteiligen. Daher erwartet der Deutsche
Bundestag von der Bundesregierung die schnellstmögliche Beendigung der Förde-
rung von Kohlekraftwerken.

Allen Ankündigungen zum Trotz ist bisher keine Entscheidung für ein Ende der
staatlichen Kohlekraftwerksfinanzierung gefallen. Angesichts verschiedener Äuße-
rungen aus der Bundesregierung steht darüber hinaus zu befürchten, dass eine Rege-
lung – sollte sie überhaupt kommen – so große Schlupflöcher enthält, dass sie fak-
tisch wirkungslos ist. Dies gilt besonders für die KfW IPEX-Bank und staatlichen
Hermesbürgschaften.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. vollständig aus der internationalen Finanzierung und Verbürgung von Kohle-
kraftwerken auszusteigen;

2. die internationale Zusammenarbeit im Energiesektor voll auf die Nutzung er-
neuerbarer Energien und die Förderung der Energieeffizienz auszurichten;

3. sich auf internationaler Ebene bei anderen Nationalstaaten und internationalen
Organisationen dafür einzusetzen, dass die staatliche Finanzierung von Kohle-
kraftwerken beendet wird;

4. das Bekenntnis im Rahmen der G20 zum Subventionsabbau für fossile Energien
ernst zu nehmen und die Subventionierung von fossilen Energien entsprechend
einer breit gefassten Definition, wie sie z. B. vom Umweltbundesamt vertreten
wird, bis zum Jahr 2020 zu beenden.

Berlin, den 23. September 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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