BT-Drucksache 18/2573

Das Ende der Operation Mare Nostrum und die steigende Zahl ertrunkener Flüchtlinge im Mittelmeer

Vom 18. September 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2573
18. Wahlperiode 18.09.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Andrej Hunko, Wolfgang Gehrcke, Christine
Buchholz, Annette Groth, Heike Hänsel, Kerstin Kassner, Niema Movassat,
Dr. Alexander S. Neu, Frank Tempel, Kathrin Vogler, Halina Wawzyniak und
der Fraktion DIE LINKE.

Das Ende der Operation Mare Nostrum und die steigende Zahl ertrunkener
Flüchtlinge im Mittelmeer

In Reaktion auf die schrecklichen Ereignisse im Mittelmeer im Oktober 2013,
als zunächst 367 Flüchtlinge vor der Insel Lampedusa und wenige Tage später
etwa 200 weitere Flüchtlinge vor Malta ertrunken waren, richtete die italienische
Regierung die Operation „Mare Nostrum“ ein. Mit Schiffen, Hubschraubern und
Flugzeugen des italienischen Militärs und der Grenzschutzbehörde wurde die
„Straße von Sizilien“ bis an die Küste Libyens überwacht und Flüchtlingsboote
schon früh bei einer akut drohenden Notsituation aufgebracht und die Insassen
in Italien angelandet. Laut einer Meldung der Nachrichtenagentur „AFP“ sind
nach Angaben des Flüchtlingshilfswerkes der Vereinten Nationen (UNHCR)
seit Beginn des Jahres dennoch etwa 2 000 Migrantinnen und Migranten bei der
Überfahrt umgekommen, unter ihnen auch viele Frauen und Kinder, zuletzt er-
tranken mutmaßlich 250 Menschen direkt vor der libyschen Küste (AFP vom
26. August 2014). Insgesamt sind seit Jahresbeginn über 100 000 Flüchtlinge in
Italien angekommen. Die italienische Regierung hat deshalb immer wieder ge-
fordert, mit der Überwachung des Mittelmeers und der Rettung und Versorgung
der Flüchtlinge von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union nicht alleine
gelassen zu werden.
Am 27. August 2014 verständigten sich der italienische Innenminister Angelino
Alfano und die EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström auf die Einrichtung
einer Operation „Frontex Plus“, die „Mare Nostrum“ ablösen soll. Die Bundes-
regierung erklärt demgegenüber, „Mare Nostrum“ solle nach ihrer Kenntnis
„nicht durch eine FRONTEX-koordinierte Einsatzmaßnahme ersetzt werden“
(Antwort auf die Schriftliche Frage 36 des Abgeordneten Andrej Hunko auf
Bundestagsdrucksache 18/2481 vom August 2014). Cecilia Malmström selbst
stellte in Frage, dass „Frontex Plus“ den Umfang von „Mare Nostrum“ erreichen
würde. Bislang ist allerdings vollkommen unklar, ob es „Frontex Plus“ jemals
geben wird, weil es weder verbindliche Zusagen von anderen Mitgliedstaaten
der Europäischen Union für eine Beteiligung an der Operation gibt, noch die
notwendigen Finanzmittel bereitstehen (dpa, 27. August 2014 – „Neue EU-Mis-
sion soll Italien beim Umgang mit Flüchtlingen helfen“). Auch gibt es Meldun-
gen, nach denen „Frontex Plus“ sich auf die Hoheitsgewässer Italiens beschrän-
ken wird – die internationalen Gewässer vor Sizilien also nicht weiter überwacht
werden, wo in den letzten Monaten viele Menschen gerettet wurden (La Stampa
vom 25. August 2014, „Intensa Roma-Bruxelles. ,Stop a Mare Nostrum‘ “).
Nach einem Treffen des deutschen Bundesministers des Innern, Dr. Thomas de

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Maizière, mit seinem italienischen Kollegen am 2. September 2014 in Berlin
hieß es, der Bundesinnenminister habe Hilfe zugesichert, zugleich aber verlangt,
dass die italienischen Behörden alle ankommenden Flüchtlinge registrieren, wie
es die Dublin-III-Verordnung vorsieht. Nach einer Analyse der Nachrichten-
agentur „AP“ hätten die italienischen Behörden im ersten Halbjahr 2014 bei
mehr als einem Viertel der angekommenen Flüchtlinge keine Fingerabdrücke
genommen: Trotz 56 700 neu gekommenen Flüchtlingen seien nur etwa 43 000
Datensätze an das Eurodac-System übermittelt worden (DIE WELT vom 2. Sep-
tember 2014: „Wie Italien Flüchtlinge nach Deutschland umleitet“). Eine Erklä-
rung hierfür könnte jedoch auch sein, dass die italienischen Behörden aufgrund
der Vielzahl der aufgenommenen Flüchtlinge rein technisch nicht dazu in der
Lage waren, alle Fingerabdrücke zu erfassen, bevor die Schutzsuchenden ihre
Flucht in Europa fortsetzen.
An den Kernproblemen der EU-Asylpolitik – die Abschottung und das nach
Auffassung der Fragesteller ungerechte und unmenschliche Dublin-System –
wollen der Bundesminister des Innern und italienische Innenminister jedoch
nichts ändern. Stattdessen werden Ansätze verfolgt, die seit Jahren und Jahr-
zehnten betrieben werden und letztlich erfolglos geblieben sind: Der Kampf der
EU gegen Schleuser müsse verstärkt und die Zusammenarbeit mit den Her-
kunftsländern der Flüchtlinge intensiviert werden. Im Mittelpunkt der Kritik von
Dr. Thomas de Maizière und seinen Kollegen in anderen Mitgliedstaaten der
Europäischen Union am italienischen Vorgehen steht aber vor allem, dass Italien
Asylsuchende in andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union weiterreisen
lasse, obwohl es für die Durchführung der Asylverfahren zuständig sei (dpa,
2. September 2014, „Maizière kündigt Konzept der EU-Innenminister zu Boots-
flüchtlingen an“). Die Flüchtlingsorganisation PRO ASYL e. V. forderte in einer
Pressemitteilung, angesichts der zunehmenden Gewalt in Libyen und der immer
instabileren Lage dort, die Seenotrettung in bisherigem Umfang aufrechtzuer-
halten und für Schutzsuchende, die sich derzeit noch im Transit in Libyen auf-
halten, die gefährliche Überfahrt nach Europa zu ersparen und für sie ein Ret-
tungsprogramm zu starten (Pressemitteilung vom 27. August 2014).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zur Zahl der Bootsflüchtlinge,

die in diesem Jahr im Mittelmeer und insbesondere in der Straße von Sizilien
ihr Leben verloren haben, und kann sie bestätigen, dass ihre Zahl seit Mai
2014 wieder deutlich angestiegen ist (siehe Meldung vom 16. Juli 2014 auf
http://ffm-online.org)?

2. Wie viele Bootsflüchtlinge wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im
Rahmen der Operation „Mare Nostrum“ gerettet?

3. Hat sich die Regierung Italiens seit Oktober 2013 mit der Bitte an die Bun-
desregierung gewandt, sie in irgend einer Art und Weise bei der Rettung und
Aufnahme von Bootsflüchtlingen zu unterstützen, welche Unterstützung hat
die italienische Regierung konkret angefragt, und was war die Reaktion der
Bundesregierung?

4. Welche Formen der Unterstützung hat Italien nach Kenntnis der Bundes-
regierung von anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder der
Europäischen Kommission im Zusammenhang mit „Mare Nostrum“ erhalten?

5. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zur aktuellen Lage von Flücht-
lingen und Migrantinnen und Migranten in Libyen, und wie hat sich die Lage
in diesem Jahr entwickelt?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2573
6. Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass das UNHCR sich am
14. Juli 2014 vollständig oder teilweise aus Libyen zurückgezogen hat, was
waren ggf. die Gründe für diesen Rückzug, und welche Schlussfolgerungen
und Konsequenzen zieht die Bundesregierung ggf. aus diesem Vorgang?

7. Von welchen italienischen Kommandozentralen oder Leitstellen wird
„Mare Nostrum“ nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit koordiniert,
und welche Vorschläge der italienischen Regierung bzw. von FRONTEX
(Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außen-
grenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union) oder der Europä-
ischen Kommission sind ihr diesbezüglich zu „Frontex Plus“ bekannt?

8. Was ist der Bundesregierung mittlerweile (unter anderem aus dem Ge-
spräch mit dem italienischen Innenminister in Berlin) dazu bekannt, wo und
in welchem Umfang Italien bei „Mare Nostrum“ Drohnen einsetzt?

9. Wie ist es gemeint, wenn die Bundesregierung erklärt, entgegen anders-
lautenden Medienberichten über einen „Wechsel von der Operation Mare
Nostrum zu Frontex Plus“ (jetzt.de vom 3. September 2014) solle „Mare
Nostrum“ nach ihrer Kenntnis „nicht durch eine FRONTEX-koordinierte
Einsatzmaßnahme ersetzt werden“ (Antwort auf die Schriftliche Frage 36
des Abgeordneten Andrej Hunko auf Bundestagsdrucksache 18/2481 vom
August 2014)?

10. Was ist der Bundesregierung über die zwischen dem italienischen Innen-
minister Angelino Alfano und der EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström
verabredeten Eckpunkte einer Operation „Frontex Plus“ im Einzelnen be-
kannt, insbesondere hinsichtlich des Einsatzraumes, der benötigten Einsatz-
mittel und der benötigten zusätzlichen Finanzmittel für FRONTEX zur
Durchführung einer solchen Operation?

11. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung Überlegungen, den Einsatz-
raum in Richtung östliches Mittelmeer auszudehnen,
a) im Hinblick auf die Zonen, die für die Überfahrt von Ägypten nach

Griechenland und Italien genutzt werden,
b) angesichts der wieder steigenden Zahl der Einreisen Asylsuchender nach

Griechenland über die Agäis (www.ekathimerini.com, „Greece seeks
extra EI aid to protect sea borders“)?

12. Was ist nach Kenntnis der Bundesregierung damit gemeint, wenn der itali-
enische Innenminister Angelino Alfano „Frontex Plus“ als eine Kombina-
tion aus den FRONTEX-Missionen „Hermes“ im zentralen und „Aeneas“
im östlichen Mittelmeer beschreibt, die laut Medienberichten „um einen
Zerstörungsauftrag für die Boote der ‚Händler des Todes‘“ erweitert werden
soll (n-tv vom 6. September 2014)?

13. Was ist der Bundesregierung über Ankündigungen anderer Mitgliedstaaten
der Europäischen Union zur Beteiligung an einer Operation „Frontex plus“
bekannt, und in welchem Umfang, und wie wollen sich welche Mitglied-
staaten beteiligen oder haben bereits verbindliche Zusagen gemacht?

14. Was ist der Bundesregierung zu Überlegungen bekannt, weitere EU-Agen-
turen an „Frontex Plus“ zu beteiligen?

15. Was ist der Bundesregierung zu Überlegungen bekannt, auch Drittstaaten in
die Operation einzubeziehen, um welche Drittstaaten und welche Art der
Einbeziehung handelt es sich dabei, und welche Angaben kann die Bundes-
regierung machen, wer solche Überlegungen getätigt hat?

Drucksache 18/2573 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
16. Auf welche Weise soll nach Kenntnis der Bundesregierung sichergestellt
werden, dass trotz einer Beistellung militärischer Kapazitäten bzw. dem
Militär unterstehenden Gendarmerien und Küstenwachen durch Mitglied-
staaten der Europäischen Union oder Drittstaaten der zivile Charakter von
„Frontex Plus“ gewahrt bleibt?

17. Sofern hierzu bislang keine Absprachen getroffen wurden, wie wird sich die
Bundesregierung in dieser Frage positionieren?

18. Hat sich der FRONTEX-Verwaltungsrat bereits mit dem Vorhaben zur Ein-
richtung einer Operation „Frontex plus“ befasst, und welche Ergebnisse
hatte diese Befassung gegebenenfalls?

19. Ist nach Kenntnis der Bundesregierung geplant, das FRONTEX-Konsulta-
tivforum zu Menschenrechtsfragen vor der Festlegung der operativen Ziele
und des Einsatzplanes für „Frontex plus“ zu konsultieren, und wird die Bun-
desregierung solch eine Konsultation vorschlagen (bitte begründen)?

20. Welche eigenen konkreten Unterstützungsangebote hat der Bundesinnen-
minister gegenüber seinem italienischen Amtskollegen oder die Bundes-
regierung gegenüber EU-Institutionen bzw. FRONTEX gemacht, und wel-
che davon gelten auch unabhängig von der Durchführung einer Operation
„Frontex plus“ und werden zu welchem Zeitpunkt umgesetzt?

21. Welches Gerät und Personal von Bundespolizei und ggf. weiteren Behörden
stehen derzeit zur Verfügung, um sich an einer Operation „Frontex Plus“ im
Mittelmeer oder an weiteren Unterstützungsmaßnahmen für Italien zu be-
teiligen, und inwiefern plant die Bundesregierung eine Aufstockung dieser
Ressourcen?

22. Was sollten aus Sicht der Bundesregierung die operativen Schwerpunkte
der Operation „Frontex plus“ sein, und welche Maßnahmen sollten beglei-
tend zu dieser Operation durch Italien, die EU und ihre Mitgliedstaaten er-
griffen werden?

23. Welche weiteren FRONTEX-Operationen mit welchen operativen Schwer-
punkten und unter Beteiligung welcher Mitgliedstaaten der Europäischen
Union finden derzeit wo im Mittelmeer statt, und inwieweit sind diese Ope-
rationen geeignet, bei entsprechender Aufstockung die Überwachung des
Seeraums zwischen Italien und Libyen zu übernehmen?

24. Inwieweit kommt insbesondere eine stärkere gemeinsame Überwachung
des Mittelmeerraums zwischen den EU- und den afrikanischen Küsten-
gewässern zur Verbesserung der Seenotrettung unter dem Dach des Europä-
isches Grenzüberwachungssystems (Eurosur) als begleitende Maßnahme in
Frage, und was spricht aus Sicht der Bundesregierung gegen eine Verbesse-
rung der Seenotrettung bzw. Ausgleichsmaßnahmen zum Wegfall von
„Mare Nostrum“ in dieser Hinsicht?

25. Gehört auch die Eröffnung eines mobilen Büros von Europol im Süden
Italiens zu den begleitenden Maßnahmen zur „Frontex Plus“, wie bereits
während der Fluchtbewegungen 2011 aus Libyen (vgl. Antwort der Bun-
desregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE., „Flücht-
lingssituation im Mittelmeerraum und die Reaktionen von Bundesregierung
und Europäischer Union“, Bundestagsdrucksache 17/5380), wer hat ggf.
einen solchen oder ähnlichen Vorschlag unterbreitet, und wie ist die
Haltung der Bundesregierung bzw. der EU-Institutionen dazu?

26. Auf welche Weise und mit welchem Ergebnis hat sich nach Kenntnis der
Bundesregierung die „Taskforce Mittelmeer“ mit „Mare Nostrum“ und
„Frontex Plus“ befasst?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2573
27. Auf welche Weise und mit welchem Ergebnis haben sich nach Kenntnis der
Bundesregierung der Europäische Auswärtige Dienst (EAD), das Europä-
ische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) und die Europäische
Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA) mit „Mare Nostrum“
und „Frontex Plus“ befasst?

28. Inwiefern und mit welchem Ergebnis haben die an der „Task Force Mittel-
meer“ beteiligten Akteurinnen und Akteure nach Kenntnis der Bundesregie-
rung mittlerweile geprüft, welche Ressourcen sie für entsprechende Maß-
nahmen zur Verfügung stellen können (Bundestagsdrucksache 18/270)?

29. Was ergab die hierzu angekündigte Auswertung durch die Bundesregierung
(Bundestagsdrucksache 18/270)?

30. Inwiefern und mit welchem Ergebnis wurden nach Kenntnis der Bundes-
regierung die von der italienischen Regierung an die Hohe Vertreterin der
Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik übermittelten „Op-
tionen für ein verstärktes Engagement der Europäischen Union auch im
Bereich der Bekämpfung von Schleuserkriminalität im Mittelmeerraum“
vom EAD geprüft (Bundestagsdrucksache 18/270)?

31. Was ergab die inhaltliche Abstimmung zwischen dem Auswärtigem Amt,
dem Bundesministerium des Innern, dem Bundesministerium der Finanzen
und dem Bundesministerium der Verteidigung hinsichtlich des Ratsdoku-
ments 16394/13, das von der Bundesregierung als „Optionenpapier“ be-
zeichnet wird (Bundestagsdrucksache 18/270) und ein militärisches Enga-
gement der EU zur Unterstützung der Migrationskontrolle im Mittelmeer
vorschlägt?
a) Mit welchem Ergebnis hat die Bundesregierung die rechtlichen Grund-

lagen des Vorschlags von militärischen Mitteln für die Migrationskon-
trolle geprüft?

b) Inwiefern gibt es hierzu mittlerweile eine Beschlussfassung im EU-Rah-
men?

c) Sofern keine Beschlussfassung erfolgte, welche Gründe sind der Bun-
desregierung hierzu bekannt?

d) Inwiefern wurde nach Kenntnis der Bundesregierung in Gremien der EU
oder der NATO erörtert, wie die „Standing NATO Maritime Group 2“ in
entsprechende Maßnahmen eingebunden werden könnte?

32. Auf welche Weise, mit welchen Kräften und welcher Ausrüstung wurden
die „maritimen Frontex-koordinierten ‚Joint Operations‘“ nach Kenntnis der
Bundesregierung „intensiviert“, bzw. auf welche Weise befindet sich diese
„bereits in der praktischen Umsetzung“ (Bundestagsdrucksache 18/270)?

33. Mit welchen Eckpunkten und Lösungsvorschlägen geht das Bundesminis-
terium des Innern nach Kenntnis der Bundesregierung in die Gespräche mit
anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und im Rat für Justiz und
Inneres der EU zur Lösung für das Flüchtlingsproblem im Mittelmeerraum?

34. Inwieweit gehört zu den konzeptionellen Überlegungen des Bundesinnen-
ministeriums und nach Kenntnis der Bundesregierung der EU-Innenkom-
missarin und weiterer Mitgliedstaaten der Europäischen Union die konkrete
Stärkung und Unterstützung des italienischen Asylsystems, beispielsweise
über das EASO oder mithilfe der EU-Fonds, und was ist diesbezüglich be-
reits erbracht worden?

Drucksache 18/2573 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
35. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus der Forderung der Organisation PRO ASYL e. V. an die EU, ein Ret-
tungsprogramm für die in Libyen gestrandeten Flüchtlinge zu starten, um
ihnen die Überfahrt über das Mittelmeer zu ersparen, und wie beurteilt die
Bundesregierung die derzeitige Lage und Sicherheit von Flüchtlingen in
Libyen angesichts der zerfallenden Staatsstrukturen und Kämpfe dort?

36. Welche anderen Maßnahmen werden von der Bundesregierung durchge-
führt, unterstützt oder sind bislang geplant, um die Lage von Flüchtlingen
aus Syrien, Eritrea, Somalia und Afghanistan in Libyen signifikant zu ver-
bessern, auch angesichts des Umstandes, dass sie in Deutschland und ande-
ren Mitgliedstaaten der Europäischen Union überwiegend Flüchtlings-
schutz erhalten würden?

37. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung zur Zahl der in diesem Jahr in
Italien angekommenen Asylsuchenden und zur Zahl der in EURODAC
registrierten Asylsuchenden, und kann sie die Angaben der Tageszeitung
„DIE WELT“ vom 2. September 2014 („Wie Italien Flüchtlinge nach
Deutschland umleitet“) bestätigen, dass Italien im ersten Halbjahr 2014
56 700 Fingerabdrücke hätte speichern müssen, tatsächlich aber nur etwa
43 000 gespeichert habe, wie kann eine etwaige Differenz erklärt werden,
und welche weiteren oder aktuelleren Erkenntnisse hat die Bundesregie-
rung in diesem Zusammenhang?

38. Welche Erkenntnisse oder Einschätzungen fachkundiger Beamter hat die
Bundesregierung zur Zahl der Asylsuchenden, die in Deutschland nach
einem unerlaubten Grenzübertritt festgestellt wurden und mutmaßlich über
Italien in die EU gelangt sind, für die sich aber über EURODAC kein ent-
sprechender Treffer ergab?

39. Mit welchen Gründen will die Bundesregierung am formalen Zuständig-
keitssystem der Dublin-III-Verordnung festhalten, auch wenn dieses Sys-
tem nach Auffassung der Fragesteller in der Praxis weitgehend wirkungslos
ist (Überstellungsquote Deutschlands gegenüber anderen Mitgliedstaaten
der Europäischen Union im ersten Halbjahr 2014: 17,6 Prozent, Italien:
7 Prozent; vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der
Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/2471, Frage 5i), ent-
weder weil sich Schutzsuchende offenkundig nicht davon abhalten lassen,
sich in andere als die zuständigen EU-Staaten zu begeben oder weil die
Staaten an den Außengrenzen durch ein hohes Aufkommen an Schutz-
suchenden real überfordert sind?

40. Mit welchen Gründen hält die Bundesregierung die Strategie weiterhin für
aussichtsreich, durch einen Ausbau des libyschen Grenzschutzes und den
Aufbau eines Asylsystems in Libyen den Transit von schutzsuchenden
Menschen in Richtung Europa einzudämmen, wie weit sind diese Bemü-
hungen bislang gediehen, und welche Schlussfolgerungen und Konsequen-
zen ergeben sich daraus?

Berlin, den 19. September 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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