BT-Drucksache 18/2502

Afrikanische Schweinepest

Vom 8. September 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2502
18. Wahlperiode 08.09.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann, Karin Binder, Eva Bulling-Schröter,
Kerstin Kassner, Ralph Lenkert, Hubertus Zdebel und der Fraktion DIE LINKE.

Afrikanische Schweinepest

Die Afrikanische Schweinepest (ASP) ist eine hochansteckende, virale Erkran-
kung von Wild- und Hausschweinen. Sie verläuft seuchenhaft und fordert große
Verluste in den betroffenen Tierbeständen. Für Menschen besteht keine Infek-
tionsgefahr. Der Erreger stammt ursprünglich aus Afrika und wird dort von der
Gattung der Lederzecken auf afrikanische Warzenschweine übertragen. Wie bei
Naturherdinfektionen charakteristisch, zeigen Warzenschweine keine klinischen
Symptome. Der Erreger gilt als besonders stabil und wird über direkten Tierkon-
takt, infizierte Nahrungsmittel oder infiziertes Material (beispielsweise Trans-
portfahrzeuge) übertragen. Es handelt sich um eine anzeigepflichtige Tier-
seuche.
Im Jahr 1957 kam es in Portugal erstmalig zu einem Ausbruch außerhalb Afri-
kas. Seit dem Jahr 2007 treten Fälle in Russland und Weißrussland auf. Mittler-
weile breitet sich das Virus nicht nur, wie zunächst vermutet, in nordwestlicher
Richtung, sondern auch in südlicher Richtung aus. So wurde der Erreger in
Wildschweinen im Iran nachgewiesen. In den osteuropäischen Mitgliedstaaten
der Europäischen Union Lettland, Litauen und Polen wurden seit Jahresanfang
80 Fälle von Afrikanischer Schweinepest festgestellt, meldete das Friedrich-
Löffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit (FLI) Anfang
August 2014. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit soll 350 km/Jahr betragen
(www.topagrar.com, 24. März 2014).
Der in Russland nachgewiesene Virusstamm verursacht schwerste Allgemein-
erkrankungen mit zum Teil unspezifischen Symptomen, wie Fieber und Apathie.
Die Sterblichkeit ist hoch. Innerhalb kürzester Zeit (ca. zehn Tage) können
ganze Bestände versterben. Nach Einschätzung der Ernährungs- und Landwirt-
schaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) stellt die Afrikanische
Schweinepest mittlerweile ein globales Problem dar.
Bis heute kommt es zu immer neuen Ausbrüchen, wobei die Schwere des Krank-
heitsverlaufes weiter zunimmt. Primäre Ausbrüche der Seuche konnten häufig
mit der Verfütterung von Speiseabfällen in Verbindung gebracht werden. Der
Erreger kann über mehrere hundert Tage in tierischen Produkten, z. B. Schinken,
infektiös bleiben.
Vor allem über Handels- und Personenverkehr mit direktem oder indirektem
Kontakt zu infizierten Beständen einschließlich mitgebrachter Lebensmittel
kann der Erreger nach Deutschland gelangen. Wanderndes Schwarzwild aus den
betroffenen Regionen Nordosteuropas stellen ein zusätzliches Einschleppungs-
risiko dar, insbesondere angesichts der historisch hohen Schwarzwildbestände
in vielen Regionen Deutschlands.

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Erregerhaltige Lebensmittelreste, die von Reisenden auf Rastplätzen oder unter-
wegs auf den stark frequentierten Einfallstraßen aus dem osteuropäischem Ge-
biet (vor allem auf der A2) entsorgt werden, bedeuten ein besonderes Risiko,
wenn Wildschweine z. B. nachts die Abfallkörbe als Nahrungsquelle nutzen.
Mehrsprachige Warnschilder, die auf diese Gefahr hinweisen, fehlen in der Re-
gel.
Derzeit besteht laut dem FLI für Deutschland ein moderates Risiko für die Ein-
schleppung der Afrikanischen Schweinepest. Sollte die Tierseuche jedoch in
Deutschland auftreten, könnte dies verheerende Auswirkungen auf die deutsche
Schweinewirtschaft haben. Unter anderem aufgrund des fehlenden Impfstoffes
würden die volks- und betriebswirtschaftlichen Schäden vermutlich wesentlich
höher sein, als bei der Europäischen Schweinepest.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die territoriale Ausbrei-

tung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in Osteuropa in den vergange-
nen 20 Jahren?

2. Wie arbeitet die Bundesregierung oder arbeiten die Bundesbehörden auf
politischer, administrativer und wissenschaftlicher Ebene mit den für die
ASP zuständigen Partnern in Polen und anderen osteuropäischen Mitglied-
staaten der Europäischen Union und Drittstaaten zusammen?

3. Gibt es eine Zusammenarbeit mit der Republik Österreich in dieser Frage?
Wie wird das Risiko einer Einschleppung an Flughäfen minimiert?

4. Welche Bundesforschungseinrichtungen beschäftigen sich in welchem
finanziellen und personellen Umfang bzw. mit welchen inhaltlichen Ziel-
stellungen mit der ASP?

5. Welche weiteren Forschungseinrichtungen in der Bundesrepublik Deutsch-
land beschäftigen sich in welchem Umfang nach Kenntnis der Bundesregie-
rung mit der ASP?

6. Welche internationalen Forschungseinrichtungen beschäftigen sich nach
Kenntnis der Bundesregierung mit der ASP, und wie wird deren Forschung
finanziert?

7. Wie beteiligt sich die Bundesrepublik Deutschland an diesen Forschungs-
projekten?

8. Wie schätzt die Bundesregierung die internationale Vernetzung und Ko-
operation in der Forschung und Entwicklung hinsichtlich eines grenzüber-
greifenden Vorgehens zur Eindämmung der Ausbreitung der ASP ein, wel-
che Defizite sieht sie, und welche Initiativen will sie wann dazu ergreifen?

9. Welchen Beitrag leistet die Bundesrepublik Deutschland in der Global
African Swine Fever Research Alliance (GARA)?

10. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den Stand der Impfstoff-
entwicklungen bzw. -forschungen gegen das ASP-Virus?
Welche deutschen Einrichtungen sind damit mit welchen finanziellen und
personellen Ressourcen befasst?

11. Ist mittelfristig mit einem praxisreifen, breit einsetzbaren Impfstoff gegen
das ASP-Virus zu rechnen?
Wenn ja, wann?
Wenn nein, warum nicht?

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12. Welche Rolle spielen nach Ansicht der Bundesregierung bei der Verbrei-
tung von ASP
a) Wildschweine,
b) Hausschweine,
c) der Mensch?

13. Welche Maßnahmen sind aus Sicht der Bundesregierung am effektivsten,
um die Ausbreitung der ASP zu verhindern bzw. zu erschweren?
Wie arbeitet die Bundesregierung in diesem Zusammenhang mit den ost-
europäischen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Drittstaaten zu-
sammen?

14. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung zu Positionen und Aktivitäten
anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union, beispielsweise die Nieder-
lande, Dänemark oder Frankreich, zu Frage 11?

15. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung bezüglich des Zusammen-
hangs der Schwarzwilddichte und der Ausbreitungsdynamik der ASP, und
welche konkreten Studien hat sie selbst zu dieser Problematik initiiert (bitte
Zielstellung sowie finanzielle und personelle Aufwendungen angeben)?

16. Welche jagdlichen Anforderungen oder Einschränkungen sind nach Kennt-
nis der Bundesregierung in einem ASP-positiven Gebiet notwendig (bei-
spielsweise Jagdruhe oder stärkere Bejagung von Schwarzwild), und wel-
che wurden von wem bereits veranlasst?
Wenn keine veranlasst wurden, warum nicht?

17. Wie schätzt die Bundesregierung das Einschleppungsrisiko der ASP durch
Jägerinnen und Jäger sowie Wildbret aus Osteuropa ein, und welche kon-
kreten Maßnahmen sollten dagegen ergriffen werden bzw. wurden er-
griffen?

18. Wie schätzt die Bundesregierung das Einschleppungsrisiko der ASP über
Lebensmittelreste, die aus Osteuropa stammen und in Deutschland von
Reisenden (beispielsweise Saisonarbeiterinnen und Saisonarbeitern, Ge-
schäftsreisenden, Touristinnen und Touristen) entsorgt werden, ein, und
welche Maßnahmen sollten dagegen ergriffen werden bzw. wurden ergrif-
fen?

19. Wie schätzt die Bundesregierung das Einschleppungsrisiko der ASP über
Grünfutterimporte aus Osteuropa ein, und welche Maßnahmen sollten da-
gegen ergriffen werden bzw. wurden ergriffen?

20. Wie schätzt die Bundesregierung das Einschleppungsrisiko der ASP durch
Tiertransportfahrzeuge ein (beispielsweise durch Schweinetransportfahr-
zeuge aus den betroffenen Ländern, die in Deutschland Schweine haltende
Betriebe anfahren, um Tiere abzuholen), und welche Maßnahmen sollten
dagegen ergriffen werden bzw. wurden ergriffen?
Wie wird eine wirksame Kontrolle und Desinfektion sichergestellt, und wie
wird verhindert, dass nicht allein durch den mitgeführten und entsorgten
Reiseproviant das ASP-Virus in deutsche Schweinehaltungen und deutsche
Wildschweinpopulationen verbracht wird?

21. Welche Folgen hätte nach Einschätzung der Bundesregierung ein Ausbruch
der ASP in der Bundesrepublik Deutschland, speziell bei besonders hohen
regionalen Schweinedichten (Cloppenburg, Vechta etc.) oder besonders
großen Schweinebeständen (z. B. in Tellin, Mecklenburg-Vorpommern)?

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22. Welche konkreten Maßnahmen müssten nach Kenntnis der Bundesregie-
rung durch wen bei einem ASP-Verdachtsfall
a) in einem Hausschweinebestand und
b) in einem Wildschweinebestand
ergriffen werden?

23. Wie könnten landwirtschaftliche Betriebe, die in solchen Sperrgebieten lie-
gen und damit direkt oder indirekt betroffen sind, durch die Bundesregie-
rung unterstützt werden?

24. Inwieweit ist die Entsorgung bzw. unschädliche Beseitigung von Tierkör-
pern nach der Keulung in einem ASP-positiven Gebiet gesichert, ohne das
Risiko einer Verschleppung durch Transportfahrzeuge einzugehen?

25. Reichen nach Einschätzung der Bundesregierung die dafür notwendigen
Kapazitäten der Tierkörperbeseitigungsanlagen aus, und sind die Keulungs-
trupps sowie Tierärztinnen und Tierärzte darauf entsprechend vorbereitet
(finanzielle, fachliche und rechtliche Situation)?

26. Wie ist grundsätzlich die rechtliche Stellung der praktizierenden Tierärztin-
nen und Tierärzte, die zur Seuchenbekämpfung verpflichtet werden?
Wurden hier die entsprechenden Vorarbeiten geleistet (wie es nach dem
letzten KSP-Geschehen angekündigt wurde)?
Ist der praktizierende Tierarzt rechtlich wie ein Amtstierarzt abgesichert,
wenn er in einem amtlichen Aufrag tätig ist, oder muss sich der praktizie-
rende Tierarzt selbst absichern?
Wer kommt für die dadurch entstehenden Kosten auf?

27. Gibt es einen Notfallplan der Bundesregierung zur Bekämpfung der ASP,
welche Vorgespräche haben dazu mit den Bundesländern stattgefunden, und
wurden bereits konkrete Vereinbarungen getroffen?

Berlin, den 8. September 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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