BT-Drucksache 18/2421

Hintergründe von Kriegspropaganda und Rechtfertigungen des Krieges gegen Jugoslawien 1999

Vom 28. August 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2421
18. Wahlperiode 28.08.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Heike Hänsel, Dr. Alexander S. Neu,
Wolfgang Gehrcke, Dr. Diether Dehm, Annette Groth, Inge Höger, Andrej Hunko,
Alexander Ulrich, Katrin Werner und der Fraktion DIE LINKE.

Hintergründe von Kriegspropaganda und Rechtfertigungen des Krieges gegen
Jugoslawien 1999

Bis heute sorgt die Militäroperation diverser NATO-Staaten gegen die Bundes-
republik Jugoslawien im Jahr 1999 für Schlagzeilen. Knapp 15 Jahre nach
dem Beginn des Jugoslawien-Krieges gab der frühere Bundeskanzler Gerhard
Schröder (im Amt von 1998 bis 2005) zu, dass die Bundesrepublik Deutschland
völkerrechtswidrig an diesem Krieg teilgenommen habe (www.ksta.de/politik/-
ukraine-schroeder-vergleicht-krim-mit-kosovo,15187246,26521934.html).
Ende Mai 2014 erhob der amtierende serbische Präsident Tomislav Nikolić die
Forderung, dass die NATO die Republik Serbien für die angerichteten Schäden
entschädigen solle (www.politika.rs/rubrike/tema-dana/Nikolic-trazi-ratnu-
odstetu-od-NATO-a.lt.html). Angesichts des – nach Feststellungen des Amtsge-
richtes Tiergarten im Urteil vom 2. März 2000 (Gz: 239 Drucksache 446/99) und
Beschluss des Landgerichtes Berlin (Gz: 564-81.00) vom 18. August 2001 –
völkerrechtswidrigen Angriffskrieges eine legitime Forderung.
Das Verhältnis von Medien und Politik in Konflikten hat in den vergangenen
25 Jahren einen besonderen Stellenwert erfahren. Moderne Kriege sind propa-
gandistisch begleitet, um eine potenziell kritische Öffentlichkeit von der Not-
wendigkeit eines Krieges und der Kriegsvorbereitung gegen andere Staaten bzw.
gegen dessen Machthaber zu überzeugen. Eine entsprechende Zurichtung der
Öffentlichkeit bildet die Grundvoraussetzung für die Akzeptanz von Kriegsvor-
bereitungen und die Befürwortung militärischer Gewalt zwischen Staaten, deren
Ausübung seit der Gründung der Vereinten Nationen in Artikel 2 Nummer 4 der
UN-Charta ausdrücklich verboten ist. Durch Kriegstreiberei werden Stimmen,
die sich für friedliche und kooperative Konfliktlösungen, Abrüstung und globale
Solidarität zum Schweigen gebracht. Angesichts der immer wiederkehrenden
Kriegsvorbereitungen für die völkerrechtswidrige Gewaltanwendung der
NATO-Staaten gegen Syrien und andere Staaten werden Kontinuitäten in dem
Einsatz von Kriegspropaganda zur Rechtfertigung von Kriegen deutlich. Diese
Propaganda wird häufig erst im Nachhinein von kritischen Journalistinnen und
Journalisten, die den Mut haben, die medialen Begründungen zu hinterfragen,
als Unwahrheit entlarvt. Bislang sind solche Vorgänge jedoch nicht Gegenstand
parlamentarischer Untersuchungen, die die vorsätzliche Verbreitung von Falsch-
informationen als solche bestätigen könnten. Besonders gravierend für die Ver-
hinderung solcher Manipulationen der Öffentlichkeit ist dabei die Tatsache, dass
keine strafrechtlichen Konsequenzen gegenüber den Verantwortlichen, die zum
Krieg aufstacheln und damit an der strafbewährten Vorbereitung eines Angriffs-
krieges aktiv teilnehmen, gezogen werden. Dabei haben deutsche Gerichte

Drucksache 18/2421 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
rechtskräftig festgestellt, dass „[der] Einsatz der Bundeswehr gegen die Bundes-
republik Jugoslawien objektiv rechtswidrig [war], da er dem geltenden Völker-
recht zuwiderlief. Der Verstoß berührte die allgemeinen Regeln des Völker-
rechts. Der Luftkrieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien verletzte das abso-
lute Gewaltverbot aus Art. 2 Nr. 4 UN-Charta.“ (vgl. Urteil vom 2. März 2000
des Amtsgerichtes Tiergarten (Gz: 239 Drucksache 446/99) und Beschluss des
Landgerichtes Berlin (Gz: 564-81.00) vom 18. August 2001). Neben dem Verbot
des Angriffskrieges aus Artikel 26 Absatz 1 des Grundgesetzes hat sich
Deutschland in Artikel 2 des sogenannten Zwei-plus-Vier-Vertrages verpflich-
tet, dass es „keine seiner Waffen jemals einsetzen wird, es sei denn in Überein-
stimmung mit seiner Verfassung und der Charta der Vereinten Nationen“.
In dem Beitrag „Als Beobachter im Kosovo“ von Andreas Schmidt im Schles-
wig-Holstein-Magazin „Zeitreise“ des Norddeutschen Rundfunks (NDR) vom
16. Januar 2012 (www.ndr.de/fernsehen/sendungen/s-h_magazin/zeitreise/
kosovo205.html) erklärte der ehemalige Polizeibeamte Henning Hensch aus
Lütjenburg, der als Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammen-
arbeit (OSZE) in Europa Anfang des Jahres 1999 in Kosovo eingesetzt war, dass
„Kosovo [ein] typisches Beispiel für politisches Verhalten [sei]“. Damit verwies
Henning Hensch auf Aussagen des damaligen Bundesministers der Verteidigung
Rudolf Scharping, welcher während einer Pressekonferenz am 27. April 1999,
drei Monate nach einem Gefecht in dem kosovarischen Dorf Rugovo am 29. Ja-
nuar 1999 zwischen der serbischen Armee und der Terrorgruppe UÇK, Fotos der
OSZE-Beobachter von diesem Gefecht für die Kriegspropaganda der NATO
missbrauchte. Die damalige rot-grüne Bundesregierung legte diese Dokumenta-
tion der OSZE als vermeintliche Beweise für ein Massaker an unschuldigen und
unbewaffneten Zivilisten und als Beleg für die Existenz eines Planes zur Vertrei-
bung der Zivilbevölkerung, die angeblich bereits im Januar 1999 systematisch
und vorsätzlich von Jugoslawien umgesetzt wurde, vor.
Der damalige Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping behauptete auf
einer Pressekonferenz am 27. April 1999, dass die Bilder „deutlich [machen] mit
welcher Brutalität das damals begonnen wurde und seither weitergegangen ist.
Wenn Sie sich mal solche Fotos anschauen, dann werden Sie auch sehr, sehr un-
schwer erkennen können, dass es in gewissen Umfang auch beweissichernd sein
kann. Die Uniformen die Sie da sehen, sind Uniformen der serbischen Spezial-
polizei.“ Das mache nach Aussagen von Bundesverteidigungsminister Rudolf
Scharping deutlich, dass „an solchen Mordtaten Armeekräfte, Spezialpolizei,
später dann auch im Fortgang, nicht nur diese, sondern auch regelrechte Banden
freigelassener Strafgefangener und anderer […] beteiligt“ gewesen seien.
Die Bilder der OSZE-Beobachter wurden, angeblich von einem deutschen Ober-
leutnant heimlich gemacht, der bei der Pressekonferenz nach Aussagen von
Rudolf Scharping nicht teilnehmen konnte, weil er unter dem Eindruck der Bil-
der in psychologischer Behandlung sei. Wie der NDR-Beitrag unter Berufung
auf das Bundesministerium der Verteidigung klarstellte, soll jedoch nie ein deut-
scher Offizier der Bundeswehr in dem Dorf Rugovo gewesen sein.
Diese und andere Behauptungen der Bundesregierung, die geeignet sind, einen
Kriegseintritt der Bundesrepublik Deutschland vor der Bevölkerung zu rechtfer-
tigen, müssen aufgeklärt werden. Der damalige Bundesverteidigungsminister
Rudolf Scharping behauptete in diesem Zusammenhang öffentlich: „[…] wir
wären nie zu militärischen Maßnahmen geschritten, wenn es nicht diese huma-
nitäre Katastrophe im Kosovo mit 250.000 Flüchtlingen innerhalb des Kosovo,
weit über 400.000 Flüchtlingen insgesamt und einer zur Zeit nicht zählbaren
Zahl von Toten [gäbe]“. Der damals leitende OSZE-General Heinz Loquai er-
klärte demgegenüber in der Dokumentation „Es begann mit einer Lüge“ von Jo
Angerer und Mathias Werth (ARD, 8. Februar 2001): „Die Legitimationsgrund-
lage für die deutsche Beteiligung war die sogenannte humanitäre Katastrophe.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2421
Eine solche humanitäre Katastrophe als völkerrechtliche Kategorie, die einen
Kriegseintritt rechtfertigte, lag vor dem Krieg im Kosovo nicht vor.“ Auch
Norma Brown, US-Diplomatin bei der OSZE, erklärte in der Dokumentation:
„Bis zum Beginn der NATO-Luftangriffe gab es keine humanitäre Krise. Sicher,
es gab humanitäre Probleme und viele Vertriebene durch den Bürgerkrieg, aber
das spielte sich so ab: die Leute verließen ihre Dörfer, wenn die Serben eine Ak-
tion gegen die UÇK durchführten und kamen danach wieder zurück. Tatsache
ist, jeder wusste, dass es erst zu einer humanitären Krise kommen würde wenn
die NATO bombardiert. Das wurde diskutiert, in der NATO, OSZE, bei uns vor
Ort und der Bevölkerung.“ Dabei muss hervorgehoben werden, dass die UÇK
bis Februar 1999 vom US State Departement auf einer Liste terroristischer Or-
ganisationen geführt wurde, bis sie anschließend durch die USA aufgerüstet und
ausgebildet wurde und im Zuge der NATO-Luftangriffe gegen Jugoslawien das
Bündnis offen die gewalttätige Politik der UÇK aus der Luft unterstützte. Es gibt
viele Hinweise, dass die UÇK bereits spätestens seit Sommer 1998 von den USA
und verschiedenen europäischen Staaten unterstützt und aufgerüstet wurde.
General Heinz Loquai kritisiert u. a. die Parteinahme der vom US-Diplomaten
William Walker geführten OSZE-Mission für die Seite der UÇK im Herbst
1998, die zur Eskalation des Konfliktes beitragen habe.
Ende Juli 2014 erklärte der Sonderermittler der Europäischen Union, John Clint
Williamson, dass die UÇK Kriegsverbrechen begangen hat. Er berichtete von
ethnischen Säuberungen, Folter, Mord, Entführung, Vergewaltigung und ande-
ren Gräueltaten an Serben und Roma während und nach dem Höhepunkt des be-
waffneten Konfliktes in Jugoslawien in den Jahren 1998 und 1999. Etwa zehn
hochrangige UÇK-Kommandeure könnten bis vermutlich Anfang des Jahres
2015 angeklagt und danach von einem Sondertribunal abgeurteilt werden. Die
Untersuchungen wegen Organhandels würden derzeit ausgeweitet (www.
tagesanzeiger.ch/ausland/europa/Die-Kriegsverbrechen-der-Freiheitskaempfer/
story/24289303). Bereits am 14. Dezember 2010 hatte der Sonderermittler der
Parlamentarischen Versammlung des Europarats, Dick Marty, einen Bericht
vorgelegt, in dem der derzeitige kosovarische Premierminister, Hashim Thaçi,
beschuldigt wurde, in den Drogen- sowie Organhandel und Auftragsmorde
verwickelt gewesen zu sein (www.spiegel.de/politik/ausland/vorwuerfe-im-
europarat-kosovo-premier-tha-i-soll-an-organmafia-beteiligt-sein-a-734741.
html). Dick Martys Bericht belastete auch die albanischen Regierungen Ende
der 90er-Jahre sowie den Geheimdienst des Landes (www.faz.net/aktuell/
politik/ausland/kosovo-die-uck-und-der-organhandel-1626888.html).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Informationen hat die Bundesregierung über den Wahrheitsgehalt der

am 27. April 1999 auf einer Pressekonferenz vom damaligen Bundesvertei-
digungsminister Rudolf Scharping getätigten Aussagen zu den Vorgängen am
29. Januar 1999 in dem Dorf Rugovo, wonach es sich dabei um ein Massaker
an unschuldigen und unbewaffneten Zivilisten gehandelt habe und dies ein
Beleg für die Existenz eines serbischen Planes zur Vertreibung von Albanern
sei, dessen Umsetzung angeblich bereits im Januar 1999 begann, in Verbin-
dung mit der Behauptung „an solchen Mordtaten“ seien serbische „Armee-
kräfte, Spezialpolizei, später dann auch im Fortgang, nicht nur diese, sondern
auch regelrechte Banden freigelassener Strafgefangener und anderer […] be-
teiligt“ gewesen („Als Beobachter im Kosovo“, Beitrag von Andreas
Schmidt im Schleswig-Holstein Magazin „Zeitreise“, NDR 16. Januar 2012
www.ndr.de/fernsehen/sendungen/s-h_magazin/zeitreise/kosovo205.html)?

2. Welche Informationen hat die Bundesregierung über den Wahrheitsgehalt
der am 27. April 1999 auf einer Pressekonferenz vom damaligen Bundes-
verteidigungsminister Rudolf Scharping getätigten Aussagen zu den Vorgän-

Drucksache 18/2421 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
gen am 29. Januar 1999 in dem Dorf Rugovo, wonach die an dieser Presse-
konferenz vorgestellten Bilder, angeblich vor Ort von einem Oberleutnant
der deutschen Bundeswehr aufgenommen wurden („Als Beobachter im
Kosovo“, Beitrag von Andreas Schmidt im Schleswig-Holstein Magazin
„Zeitreise“, NDR 16. Januar 2012 www.ndr.de/fernsehen/sendungen/s-h_
magazin/zeitreise/kosovo197.html)?
a) Welche deutschen Offiziere hielten sich in welcher Funktion und zu wel-

chem Zweck am 29. Januar 1999 in dem Dorf Rugovo auf?
b) Wie schätzt die Bundesregierung die Ereignisse vom 29. Januar 1999 in

Rugovo aus heutiger Sicht ein?
3. Kann die Bundesregierung Angaben der OSZE-Beobachter bestätigen, dass

bis März 1999, also noch vor dem Beginn der NATO-Luftangriffe, im gesam-
ten Kosovo laut dem Bericht, „Es begann mit einer Lüge“ (ARD, 8. Februar
2001) lediglich 39 Personen im Zuge bewaffneter Auseinandersetzungen
starben?

4. Seit welchem konkreten Datum und auf Grundlage welcher konkreten Er-
eignisse ging die Bundesregierung in den Lageberichten des Verteidigungs-
ministeriums (Führungszentrum der Bundeswehr – Lageführung/G1-Info)
von einer humanitären Katastrophe in Jugoslawien aus?

5. Seit wann besaß die Bundesregierung „beweissichernde“ Erkenntnisse über
die Umstände, von wem die Gewalt vor Beginn der NATO-Luftangriffe in
Jugoslawien ausging?

6. Welche konkreten strafrechtlichen Schritte hat die Bundesregierung bis heute
auf nationaler und internationaler Ebene, im Zuge der genannten „beweis-
sichernden“ Erkenntnisse gegen die Verursacher der Gewaltanwendung
unternommen?
Wenn keine strafrechtlichen Schritte unternommen wurden, warum nicht?

7. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, dass im Fußballsta-
dion von Priština ein „Konzentrationslager“ betrieben worden sein soll, was
der damalige Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping in einer TV-
Sendung vom 28. März 1999 in der ARD behauptete: „Viel wichtiger ist die
Frage, was geschieht jetzt im Kosovo, wenn ich höre, dass im Norden von
Priština ein Konzentrationslager eingerichtet wird“?

8. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung, über angebliche Erschießun-
gen von Lehrern und Eltern vor den Augen ihrer Kinder, von denen der da-
malige Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping in einer TV-Sendung
vom 28. März 1999 in der ARD berichtete: „Wenn ich höre, dass man die
Eltern und die Lehrer von Kindern zusammentreibt und die Lehrer vor den
Augen der Kinder erschießt […] dann ist da etwas im Gange wo kein zivili-
sierter Europäer mehr die Augen zumachen darf, außer er wollte in die Fratze
der eigenen Geschichte schauen“?

9. Welche Erkenntnisse oder Beweise hat die Bundesregierung, dass die Aussa-
gen vom damaligen Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping bezüg-
lich der vermeintlichen Existenz eines „KZ“ im Stadion von Priština, auf
Zeugenaussagen beruhen, wie dies von ihm in der Dokumentation „Es be-
gann mit einer Lüge“ behauptet wurde: „das beruht auf Zeugenaussagen, die
sich bezogen auf entsprechende Internierungen in den Gängen des Stadions“?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2421
10. Welche Erkenntnisse oder Beweise hat die Bundesregierung über die plan-
mäßige oder systematische Vertreibung der Zivilbevölkerung aus dem Dorf
Randubrava vor dem Beginn der NATO-Luftangriffe, wie dies vom Bundes-
verteidigungsministerium in seiner Broschüre „Der Kosovo-Konflikt: Eine
Dokumentation des Bundesministeriums der Verteidigung, Stand: 10. Mai
1999“ behauptet wurde?

11. Wann wurde das Dorf Randubrava zum ersten Mal von der Zivilbevölke-
rung, nach dem Beginn der NATO-Luftangriffe, verlassen, und auf wessen
Befehl oder Anordnung hin geschah dies?

12. Welche Erkenntnisse oder Beweise hat die Bundesregierung über die Zer-
störung des Dorfes Sanhovici [Petershitca] vor dem Beginn der NATO-
Luftangriffe durch jugoslawische Armeeeinheiten, deren Häuser, nach
Angaben des Bundesverteidigungsministeriums in seiner Broschüre „Der
Kosovo-Konflikt: Eine Dokumentation des Bundesministeriums der Vertei-
digung, Stand: 10. Mai 1999“ in folgender Form niedergebrannt worden
sein sollen: „Zunächst stellt man [also die Serben] eine brennende Kerze auf
den Boden und dann öffnet man im Keller den Gashahn“?
Verfügt die Bundesregierung über Kenntnisse, wonach die meisten Häuser
im Kosovo nicht unterkellert sind?

13. Inwiefern schätzt die Bundesregierung Aussagen, wie sie von der damali-
gen rot-grünen Bundesregierung, insbesondere vom damaligen Bundes-
ministers des Auswärtigen Joschka Fischer in seiner Rede vom 7. April
1999 getätigt wurden, nach denen ein Krieg gegen Jugoslawien notwendig
sei, um ein neues Auschwitz zu verhindern, als dazu geeignet, um die Rela-
tivierung und Verharmlosung des von Deutschen an den europäischen Juden
verübten Holocaust zu rechtfertigen, ein (vgl.: das Statement des damaligen
Außenministers: „The first is ‚Never Again War.‘ And the second is ,Never
Again Auschwitz.‘ It means standing up against genocide. It’s a contradic-
tion, but we have to live with it.“ in: Newsweek 18. April 1999, www.the-
dailybeast.com/newsweek/1999/04/18/we-have-to-win-this.html)?

14. Wann gedenkt die Bundesregierung, authentische gerichtsmedizinische Do-
kumente zum angeblichen Račak-Massaker vom 15. Januar 1999 endgültig
und uneingeschränkt der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen?

15. Wann gedenkt die Bundesregierung, eine authentische Fassung des Berich-
tes der Kommission finnischer Ärzte unter Vorsitz von Helena Ranta, die im
Auftrag der Europäischen Kommission und der OSZE angefertigt wurde,
endgültig und uneingeschränkt der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen?

16. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass es gemäß den Untersuchungen
der finnischen Ärzte im Hinblick auf das angebliche „Massaker von Račak“
keine Beweise für „Tötungen und Verstümmelungen unbewaffneter Zivilis-
ten“ gibt bzw. dass die aufgefundenen Leichen nicht „aus extremer Nahdis-
tanz erschossen“ wurden (www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,112775,00.
html)?

17. Welche Hinweise hat die Bundesregierung bezüglich der Herkunft der
Opfer, die in Račak gefunden wurden?

18. Seit wann wurden von der damaligen Bundesregierung zunächst politische
und schließlich militärische Vorbereitungen für einen Angriffskrieg gegen
Jugoslawien getroffen (vgl. die Feststellungen des Amtsgerichtes Tiergarten
im Urteil vom 2. März 2000 (Gz: 239 Drucksache 446/99) und Beschluss
des Landgerichtes Berlin (Gz: 564-81.00) vom 18. August 2001)?

Drucksache 18/2421 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
19. Auf Grundlage welcher konkreten Völkerrechtsnorm der UN-Charta hat die
Bundesrepublik Deutschland an dem Krieg gegen die Bundesrepublik Jugo-
slawien teilgenommen bzw. militärische Gewaltmaßnahmen gegen dieses
Land vorgenommen oder unterstützt?

20. Welche Kenntnisse oder Hinweise hat die Bundesregierung über die Folgen
des Einsatzes von Splitterbomben und angereicherter Uranmunition bei den
NATO-Luftangriffen gegen die Bundesrepublik Jugoslawien?

21. Was hat die Bundesregierung bisher unternommen, um die Folgen des – nach
Feststellungen des Amtsgerichtes Tiergarten im Urteil vom 2. März 2000
(Gz: 239 Drucksache 446/99) und Beschluss des Landgerichtes Berlin (Gz:
564-81.00) vom 18. August 2001 – völkerrechtswidrigen Angriffskrieges
und des Einsatzes von Splitterbomben und angereicherter Uranmunition ge-
gen Jugoslawien zu beseitigen?

22. Was hat die Bundesregierung bisher unternommen, um die Opfer des – nach
Feststellungen des Amtsgerichtes Tiergarten im Urteil vom 2. März 2000
(Gz: 239 Drucksache 446/99) und Beschluss des Landgerichtes Berlin (Gz:
564-81.00) vom 18. August 2001 – völkerrechtswidrigen Angriffskrieges in
Jugoslawien zu entschädigen?
Ist der Bundesregierung die Forderung des amtierenden serbischen Präsi-
denten Tomislav Nikolić bekannt, wonach die NATO die Republik Serbien
für die angerichteten Schäden entschädigen solle (www.politika.rs/rubrike/
tema-dana/Nikolic-trazi-ratnu-odstetu-od-NATO-a.lt.html)?

23. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Medienberichter-
stattung vor der Intervention gegen die Bundesrepublik Jugoslawien im Jahr
1999, auch mit Blick auf gegenwärtige Diskussionen über eventuelle Inter-
ventionen in anderen Ländern wie z. B. Syrien?

24. Inwiefern gab es internationale Reaktionen auf die deutsche Beteiligung an
diesem – nach Feststellungen des Amtsgerichtes Tiergarten im Urteil vom
2. März 2000 (Gz: 239 Drucksache 446/99) und Beschluss des Landgerich-
tes Berlin (Gz: 564-81.00) vom 18. August 2001 – völkerrechtswidrigen
Krieg?
Wurde darin international ein Bruch der deutschen Verpflichtungen aus Ar-
tikel 2 des Zwei-plus-Vier-Vertrages gesehen?

25. Was wurde von deutschen Behörden unternommen, um die Verantwort-
lichen für die möglicherweise tatbestandsmäßig erfüllte strafbare Vorberei-
tung eines Angriffskrieges zu ermitteln und zu bestrafen, wie es im Zusam-
menhang mit den Bestimmungen von Artikel 26 Absatz 1 des Grundgeset-
zes und Artikel 2 des Zwei-plus-Vier-Vertrages sowie § 80 des Strafgesetz-
buchs (StGB) vorgesehen ist?

26. Gedenkt die Bundesregierung, sich für die möglicherweise vorsätzlich be-
gangenen Falschinformation der Öffentlichkeit bzw. öffentlich verbreiteten
sogenannten Kriegsunwahrheiten der damaligen Bundesregierung, die – nach
Feststellungen des Amtsgerichtes Tiergarten im Urteil vom 2. März 2000
(Gz: 239 Drucksache 446/99) und Beschluss des Landgerichtes Berlin (Gz:
564-81.00) vom 18. August 2001 – völkerrechtswidrigen Überfall der
NATO-Staaten, darunter der Bundesrepublik Deutschland auf Jugoslawien,
rechtfertigen sollten, auch und gerade gegenüber Serbien zu entschuldigen?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/2421
27. Sind der Bundesregierung die Aussagen von Hannes Swoboda, dem Vorsit-
zenden der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament, bekannt, wonach
„dem Kosovo […] man durch Bomben auf Serbien geholfen [habe] sich ab-
zutrennen von Serbien. Jetzt sagt man ‚Unter keinen Umständen‘, und:
‚Jeder, der der Krim hilft, wird da mit Sanktionen belegt‘. Es kommt schon
eine gewisse Doppeldeutigkeit zum Ausdruck.“ (www.deutschlandfunk.de/
ukraine-eigentlich-unverantwortlich.868.de.html?dram:article_id=279574)?

28. Welche Kenntnisse oder Hinweise hat die Bundesregierung über Fälle von
ethnischen Säuberungen, Folter, Mord, Entführung, Vergewaltigung und an-
deren Gräueltaten an Serben und Roma durch die UÇK und etwaige Nach-
folgeorganisationen während der Jahre 1998 bis 2013 (www.tagesanzeiger.
ch/ausland/europa/Die-Kriegsverbrechen-der-Freiheitskaempfer/story/
24289303)?
a) Seit wann liegen der Bundesregierung diese Erkenntnisse vor?
b) Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus diesen Erkenntnis-

sen?
29. In welcher Art und Weise unterstützt die Bundesregierung die Strafverfol-

gung gegen die hochrangigen UÇK-Kommandeure, und in welcher Art und
Weise unterstützt die Bundesregierung die Einrichtung eines Sondertribu-
nals?

Berlin, den 28. August 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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