BT-Drucksache 18/2251

Entwicklungen in der Leiharbeit

Vom 30. Juli 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2251
18. Wahlperiode 30.07.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Klaus Ernst, Jutta Krellmann, Sabine Zimmermann (Zwickau),
Susanna Karawanskij, Dr. Sahra Wagenknecht und der Fraktion DIE LINKE.

Entwicklungen in der Leiharbeit

Die Koalitionsfraktionen CDU, CSU und SPD haben sich in ihrem Koalitions-
vertrag darauf verständigt, die Arbeitnehmerüberlassung weiterentwickeln zu
wollen. In diesem Zusammenhang sollen u. a. eine Überlassungshöchstdauer
von 18 Monaten und die gleiche Entlohnung wie die Stammbeschäftigten nach
neun Monaten im Entleihbetrieb festgeschrieben werden. Im Folgenden fragen
die Fragesteller die Bundesregierung nach den Entwicklungen in der Leiharbeit,
um die Eignung der geplanten Maßnahmen bewerten zu können.
Die Entwicklung der Leiharbeit wird von vielen als problematisch angesehen.
Leiharbeitsverhältnisse sind häufig prekär. Leiharbeitskräfte haben durch-
schnittlich einen niedrigeren Verdienst und ein höheres Arbeitslosigkeitsrisiko
als regulär Beschäftigte. Zudem sind Substitutionseffekte zu erkennen; reguläre
Beschäftigung wird verdrängt.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie hat sich die Zahl der Verleihunternehmen mit Sitz im Inland und im

europäischen Ausland in den Jahren 2003 bis 2013 nach Kenntnis der Bun-
desregierung entwickelt, die eine unbefristete bzw. befristete Erlaubnis zur
Arbeitnehmerüberlassung in Deutschland haben (bitte jährlich und differen-
ziert nach Staaten darstellen)?

2. Wie viele Leiharbeitskräfte waren nach Kenntnis der Bundesregierung in der
Bundesrepublik Deutschland in den Jahren 2003 bis 2013 tätig (bitte jährlich
ausweisen und nach Bund, Ländern und Kreisen bzw. kreisfreien Städten dif-
ferenzieren)?

3. In welchen zehn Branchen sind nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit
die meisten Leiharbeitskräfte in der Bundesrepublik Deutschland tätig
(sofern möglich, bitte Branche und jahresdurchschnittliche Anzahl der Leih-
arbeitskräfte nennen)?
Für welche dieser Branchen gilt nach Kenntnis der Bundesregierung ein Ta-
rifvertrag, der Branchenzuschläge für Leiharbeitskräfte regelt?

4. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung der Anteil an Vermittlungen
von Arbeitslosen in Leiharbeitsverhältnisse an allen Vermittlungen von Ar-
beitslosen in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse bei
den Arbeitsagenturen und Jobcentern seit dem Jahr 2009 entwickelt (bitte
jährlich ausweisen und nach Bund, Ländern und Kreisen differenzieren)?

Drucksache 18/2251 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
5. Wie viele Leiharbeitsverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland wer-
den nach Kenntnis der Bundesregierung nach weniger als drei Monaten und
mehr als drei Monaten beendet (bitte für den letzten verfügbaren Zeitraum
in absoluten Zahlen und in Prozent angeben), und wie lang ist die durch-
schnittliche Beschäftigungsdauer in der Arbeitnehmerüberlassung?

6. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, wie viele Leiharbeit-
nehmer und Leiharbeitnehmerinnen im Zeitraum von 2003 bis 2013 länger
als neun bzw. 18 Monate in einem Leiharbeitsverhältnis beschäftigt waren
(bitte sowohl die absolute Zahl als auch den Anteil an allen Leiharbeitskräf-
ten nennen)?

7. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, wie viele Leiharbeit-
nehmerinnen und Leiharbeitnehmer derzeit länger als neun bzw. 18 Monate
im selben Entleihbetrieb eingesetzt sind (bitte sowohl die absolute Zahl als
auch den Anteil an allen Leiharbeitskräften nennen)?

8. Wie viele Leiharbeitskräfte würden nach Ansicht der Bundesregierung von
den im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD formulierten Rege-
lungen zur Überlassungshöchstdauer (18 Monate) und zur gleichen Bezah-
lung wie Stammbeschäftigte (nach neun Monaten im Entleihbetrieb) profi-
tieren, wenn diese umgesetzt würden (bitte in absoluten und relativen Wer-
ten angeben)?

9. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Qualifikation von
Leiharbeitskräften und über ihre Tätigkeiten in den Entleihbetrieben (bitte
nach Ost/West, Geschlecht und Alter differenzieren)?

10. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Substitutions- bzw. Ver-
drängungseffekte durch den Einsatz von Leiharbeit, und wie bewertet sie
diese?

11. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, wie viele Beschäf-
tigte der Leiharbeitsbranche in den Jahren 2003 bis 2013 im Anschluss an
ihr Leiharbeitsverhältnis vom Entleihbetrieb übernommen wurden (bitte
nach befristeten und unbefristeten Arbeitsverhältnissen differenzieren; bitte
jährliche Zahlen angeben sowie nach Ost/West, Alter und Geschlecht diffe-
renzieren)?
Kann nach Ansicht der Bundesregierung angesichts dieser Quoten von
einem Klebeeffekt der Leiharbeit gesprochen werden?

12. Wie viele Beschäftigte der Leiharbeitsbranche konnten nach Kenntnis der
Bundesregierung in den Jahren 2003 bis 2013 im Anschluss an ihr Leih-
arbeitsverhältnis in eine reguläre sozialversicherungspflichtige Beschäfti-
gung eintreten (auch außerhalb des Entleihbetriebes, bitte nach befristeten
und unbefristeten Arbeitsverhältnissen differenzieren; bitte jährliche Zahlen
angeben sowie nach Ost/West, Alter und Geschlecht differenzieren; bitte
nach der vorherigen Arbeitsmarktnähe – zuvor regulär Beschäftigte, zuvor
Kurzzeitarbeitslose und zuvor Langzeitarbeitslose – differenzieren)?
Kann angesichts dieser Quoten von einer Brückenfunktion gesprochen wer-
den?

13. Wie vielen zuvor Arbeitslosen ist im Vergleich zur vorherigen Frage ohne
ein vorheriges Leiharbeitsverhältnis der Eintritt in ein sozialversicherungs-
pflichtiges Beschäftigungsverhältnis gelungen?

14. Wie viele der beendeten Leiharbeitsverhältnisse münden in Arbeitslosigkeit
(bitte jeweils jährlich seit dem Jahr 2003 darstellen inklusive der aktuellsten
verfügbaren Zahlen; bitte nach Ost/West, Alter und Geschlecht differenzie-
ren; bitte analog zu Frage 11 auch nach der vorherigen Arbeitsmarktnähe
unterscheiden)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2251
15. Wie hoch ist der Anteil von zuvor Arbeitslosen bei den Einstellungen in der
Leiharbeitsbranche?
Wie hoch ist der Anteil von Langzeit- und wie hoch der Anteil von Kurz-
zeitarbeitslosen (bitte jeweils nach Ost/West, Alter und Geschlecht differen-
zieren)?
Wie bewertet die Bundesregierung diese Zahlen?

16. Wie hoch ist das Arbeitslosigkeits- bzw. Entlassungsrisiko von Leiharbeits-
kräften im Vergleich zu anderen Beschäftigungsformen, und wie bewertet
die Bundesregierung diese Zahlen (bitte nach Ost/West, Alter und Ge-
schlecht differenzieren)?

17. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Anteil der Niedrig-
lohnbeschäftigten in der Leiharbeitsbranche?
Wie hat sich dieser Anteil in den Jahren 1999 bis 2013 entwickelt (bitte jähr-
lich darstellen, bitte nach Ost/West, Alter und Geschlecht differenzieren)?

18. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell der durchschnitt-
liche monatliche Bruttoverdienst von vollzeitbeschäftigten Leiharbeitskräf-
ten (bitte nach Ost/West, Alter und Geschlecht differenzieren), und wie hat
sich dieser seit dem Jahr 1999 entwickelt (bitte jährlich darstellen, falls
möglich; ansonsten bitte vorhandene Daten angeben)?
Wie hat sich im gleichen Zeitraum der durchschnittliche monatliche Brutto-
verdienst von allen sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten
entwickelt?

19. Wie viele Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer erhalten aktuell er-
gänzend zu ihrem Lohn Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetz-
buch (bitte in absoluten und relativen Werten angeben)?
Wie hoch sind die für diese Aufstockungsleistungen verausgabten Kosten
derzeit (bitte nach Bund und Ländern differenzieren)?

20. Wie viele Kontrollen wurden bei in der Bundesrepublik Deutschland tätigen
Verleihunternehmen mit Sitz im Inland und im europäischen Ausland je-
weils in den Jahren 2009 bis 2013 durchgeführt, wie häufig wurden Ver-
stöße festgestellt, und wie viele Bußgelder sowie Freiheitsstrafen wurden
verhängt (bitte jeweils beziffern)?

21. Wie viele Überprüfungen von Verleihfirmen aufgrund eines Verdachts auf
Verstöße gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz bzw. die Genehmi-
gungspflicht hat die Bundesagentur für Arbeit jährlich seit dem Jahr 2000
veranlasst?
Wie viele Fälle gab es, in denen die Genehmigung entzogen wurde?

22. Wie viele der bei der Bundesagentur für Arbeit als offen gemeldeten un-
geförderten Stellen befinden sich nach Kenntnis der Bundesregierung im
Bereich Arbeitnehmerüberlassung (bitte die aktuellsten verfügbaren Daten
ausweisen und sowohl absolute als auch relative Zahlen benennen sowie
nach Bund, Ländern und Kreisen differenzieren)?

23. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über den Umfang des Einsatzes
von Leiharbeitskräften als Streikbrecherinnen und Streikbrecher?

Berlin, den 30. Juli 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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