BT-Drucksache 18/2203

Altlasten auf ehemaligen Grundstücken der Treuhandgesellschaft

Vom 16. Juli 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2203
18. Wahlperiode 16.07.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ralph Lenkert, Herbert Behrens, Eva Bulling-Schröter,
Heidrun Bluhm, Dr. André Hahn, Susanna Karawanskij, Katja Kipping,
Kersten Steinke, Dr. Kirsten Tackmann, Frank Tempel, Dr. Axel Troost,
Hubertus Zdebel und der Fraktion DIE LINKE.

Altlasten auf ehemaligen Grundstücken der Treuhandgesellschaft

Nach dem Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes der Bun-
desrepublik Deutschland wurde das Volksvermögen der DDR u. a. durch die
Treuhandanstalt (im folgenden „Treuhand“) privatisiert. Betriebe und Grund-
stücke aus dem Volkseigentum der DDR sollten dabei in ein marktwirtschaft-
liches System überführt werden. Umweltschädliche Altlasten aus teilweise bis
zu 150 Jahren industrieller Nutzung und von Bergbauaktivitäten existieren auf
vielen der in Treuhandbesitz übergegangenen Gebäude und Grundstücke. Viele
dieser Altlasten waren unbekannt. Wäre das bundesdeutsche Altlastenrecht voll-
umfänglich zur Geltung gekommen, so wäre eine Verwertung dieser Grund-
stücke und Gebäude erschwert oder unmöglich geworden. Die Treuhand ver-
pflichtete sich in Privatisierungsverträgen, einen Teil der Kosten für Altlasten-
sanierung zu übernehmen und nachfolgende Eigentümer der Grundstücke von
der Haftung für Altlastensanierungskosten nach der sog. Freistellungsklausel
des Umweltrahmengesetzes der DDR auf Antrag freizustellen. Während so viele
Sanierungsfälle von Bund und Ländern einvernehmlich gelöst wurden, kommt
es bei heute neu entdeckten ökologischen Altlasten auf ehemaligen Flächen der
Treuhand immer wieder zur Frage der Haftung und Kostenübernahme. Insbe-
sondere bei Verkäufen an Privatpersonen und kleine Unternehmen wurden Alt-
lasten in Verträgen oft unberücksichtigt gelassen. Auch bei Grundstücken, die
sich noch heute im Eigentum von Rechtsnachfolgern der Treuhand befinden
(Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH – BVVG –, Bundesanstalt für Im-
mobilienaufgaben – BImA) findet eine notwendige Sanierung von ökologischen
Altlasten teilweise nicht statt, weil die Rechtsnachfolger der Treuhandanstalt
dies verweigern (www.eisenberg.otz.de vom 19. März 2014 „Bei Ex-Deponie an
Königshofener Landstraße deutet sich Bewegung an“). Ein weiteres Problem
stellt der Verkauf von mit Altlasten belasteten Grundstücken an Käufer dar, die
anschließend für lokale Behörden nicht auffindbar sind (z. B. Verkauf der
Deponiefläche bei Gösen im Saale-Holzland-Kreis, www.eisenberg.thüringer-
allgemeine.de vom 26. November 2009 „Ex-Deponie Gösen wird beräumt“).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Grundstücke bei denen Altlasten bekannt waren, wurden durch die

Treuhand jeweils zur weiteren gewerblichen bzw. nicht gewerblichen Nut-
zung veräußert (bitte nach Bundesländern, mit Angabe der bekannten Alt-
lasten aufschlüsseln)?

Drucksache 18/2203 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
2. Wie viele dieser Grundstücke wurden jeweils verkauft, und mit welchem
Gewinn?

3. Wie viele dieser Grundstücke wurden anderweitig veräußert bzw. übertra-
gen, und wie?

4. Welche Sanierungsarbeiten wurden vor der Veräußerung durch die Treu-
hand veranlasst (bitte nach Bundesländern und Sanierungsmaßnahmen auf-
schlüsseln)?

5. In welcher Höhe wurden Folgekosten aufgrund bestehender Altlasten dabei
vor Veräußerung erfasst und in Verkaufsverträgen berücksichtigt (bitte nach
Bundesländern aufschlüsseln)?

6. Gab es nach Kenntnisstand der Bundesregierung Fälle, in denen bekannte
Altlasten bei den Verkäufen unerwähnt blieben (bitte nach Bundesländern
aufschlüsseln)?

7. Hat die Bundesregierung von Fällen Kenntnis, in denen nachträglich Altlas-
ten auf von der Treuhand veräußerten Grundstücken bekannt wurden, erst
nachdem diese veräußert worden sind?
a) Wenn ja, wie viele, und mit welchem Haftungsvolumen?
b) Wenn ja, wer ist für die Beseitigung bzw. Sanierung der Altlasten auf

welcher rechtlichen Grundlage haftbar gemacht worden?
8. Bis zu welcher Höhe können Eigentümerinnen bzw. Eigentümer der von der

Treuhand veräußerten Grundstücke haftbar gemacht werden, falls nachträg-
lich Altlasten auf dem Grundstück bekannt werden?

9. In welcher Höhe ist die öffentliche Hand bislang für die Sanierung von Alt-
lasten auf Grundstücken, die von der Treuhand verkauft worden sind, auf-
gekommen?

10. In welcher Höhe sind private Eigentümerinnen bzw. Eigentümer nach
Kenntnis der Bundesregierung bislang für die Sanierung von Altlasten auf
Grundstücken, die von der Treuhand veräußert worden sind, aufgekom-
men?

11. Hat die Treuhand Sanierungshinweise zu Altlasten bei Verkäufen gegeben,
und wenn ja, wie wurde deren Einhaltung überprüft (bitte nach Einzelfällen
und Bundesländern aufschlüsseln)?

12. Auf welche Weise wurden bestehende Altlasten auf Grundstücken durch die
Treuhand erfasst?

13. Hat die Treuhand sichergestellt, dass alle auf zu veräußernden Grundstücken
bestehenden Altlasten erfasst werden?
Wenn nein, warum nicht?

14. Wie wurde beim Verkauf von Grundstücken, bei denen der Treuhand (bzw.
ihren Rechtsnachfolgern) das Vorhandensein von umweltrelevanten Altlas-
ten bekannt war, sichergestellt, ob die Käufer von den Belastungen Kennt-
nis erhielten?

15. Wurde überprüft, ob die Käufer in der Lage waren, die bekannten Altlasten
ordnungsgemäß sanieren zu können (wenn ja wie, und wenn nein, warum
nicht)?

16. Wie erfolgte diese Überprüfung im Fall des Verkaufes der Deponie Gösen
im Saale-Holzland-Kreis?

17. Nach welchen Kriterien erfolgt eine Sanierung ökologischer Altlasten auf
Grundstücken, die noch im Besitz der Rechtsnachfolger der Treuhand sind?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2203
18. Welche Sanierungsschritte sind für die im Besitz der Rechtsnachfolger der
Treuhand befindlichen Flächen der Deponie Königshofen (Saale-Holzland-
Kreis) geplant, und wann erfolgen diese?
Falls keine geplant sind, wie begründet die BVVG nach Kenntnis der Bun-
desregierung dies?

19. Sind nach Kenntnis der Bundesregierung gerichtliche Verfahren anhängig,
die sich mit Haftungsfragen von Altlastenkosten auf ehemaligen Grund-
stücken der Treuhand (oder ihrer Rechtsnachfolger) befassen?
Wenn ja, wie viele, und mit welchem Haftungsvolumen?

20. Ist es nach Kenntnis der Bundesregierung richtig, dass die BVVG Verträge
über zu veräußernde ehemalige Treuhand-Grundstücke in der Art gestaltet,
dass darin ausgeschlossen wird, dass die BVVG und somit der Bund für
etwaige erst nach der Veräußerung festgestellten Altlasten Haftung über-
nimmt?
Wenn ja, teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass mit einer solchen
Praxis frühere bundesrechtliche Regelungen umgangen werden, und wie
begründet die Bundesregierung ihre diesbezügliche Auffassung?

Berlin, den 16. Juli 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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