BT-Drucksache 18/2161

Ergänzende Informationen zur Asylstatistik für das zweite Quartal 2014

Vom 10. Juli 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2161
18. Wahlperiode 10.07.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Sevim Dağdelen, Petra Pau,
Harald Petzold (Havelland), Dr. Petra Sitte, Kersten Steinke, Frank Tempel,
Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Ergänzende Informationen zur Asylstatistik für das zweite Quartal 2014

Die von der Fraktion DIE LINKE. regelmäßig erfragten Informationen zur Asyl-
statistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) beleuchten
ausgewählte Aspekte, die in der medialen Berichterstattung wenig Beachtung
finden.
So ist kaum bekannt, dass die Anerkennungsquote bei inhaltlichen Asylent-
scheidungen weitaus höher liegt, als die offiziellen Zahlen vermuten lassen: Die
so genannte bereinigte Schutzquote, bei der formelle Entscheidungen unberück-
sichtigt bleiben, lag im Jahr 2013 bei 39,3 Prozent – und das, obwohl Flüchtlinge
z. B. aus Serbien oder Mazedonien zu nahezu 100 Prozent abgelehnt wurden.
Hinzu kommen noch Anerkennungen durch die Gerichte: Im Jahr 2013 erwiesen
sich etwa 13 Prozent aller Klagen gegen ablehnende Asylbescheide als begrün-
det, bei Asylsuchenden aus Afghanistan oder dem Iran lag die Erfolgsquote im
Gerichtsverfahren sogar bei etwa 40 Prozent. Das heißt, dass im Ergebnis etwa
jeder zweite inhaltlich geprüfte Asylantrag zu einem Schutzstatus in Deutsch-
land führt.
Bei einem Drittel aller Asylsuchenden war das BAMF im Jahr 2013 der Auf-
fassung, dass ein anderes Land der Europäischen Union (EU) für die Asyl-
prüfung zuständig sei. Übernahmeersuchen wurden vor allem an Polen gerichtet
(39,4 Prozent), danach folgte Italien (16,5 Prozent). Den 35 280 Ersuchen im
Jahr 2013 standen jedoch nur 4 741 tatsächliche Überstellungen gegenüber, das
sind gerade einmal 13,4 Prozent. Bei Ländern wie Italien, Bulgarien, Malta oder
Zypern lag dieser Anteil nur zwischen 7 und 1 Prozent. Viele Betroffene wehren
sich erfolgreich auf gerichtlichem Wege gegen eine Überstellung – wegen er-
heblicher Mängel in den Asylsystemen anderer Mitgliedstaaten oder aufgrund
individueller Besonderheiten – oder aber sie tauchen im Zweifelsfall lieber
unter, als dass sie gegen ihren Willen in ein Land überstellt werden, in dem sie
ein unfaires Asylverfahren, unwürdige Lebensbedingungen, Obdachlosigkeit
oder eine Inhaftierung fürchten müssen. Das Dublin-System produziert somit
eine große Zahl von illegalisierten Schutzsuchenden und erreicht nicht sein vor-
gebliches Ziel, allen Asylsuchenden in der EU ein faires Asylverfahren zu bie-
ten. Innerhalb des BAMF werden trotz der geringen realen Verteilungswirkung
für die zum Teil sehr aufwändigen Dublin-Verfahren zunehmend Personalres-
sourcen gebunden, die weitaus sinnvoller in der regulären Asylprüfung einge-
setzt werden könnten.

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Bei Asylanhörungen wird – mutmaßlich zur Verfahrensbeschleunigung – häufig
gegen den Grundsatz verstoßen, dass die Person, die einen Asylsuchenden an-
gehört hat, auch die entsprechende Asylentscheidung treffen und begründen
sollte. Wegen der großen Bedeutung der persönlichen Glaubwürdigkeit wird
diese Identität zwischen Anhörer und Entscheider vom BAMF grundsätzlich an-
gestrebt. In der Praxis ist dies zum Beispiel bei Asylsuchenden aus den West-
balkanländern nur zu 60 Prozent der Fall.
Eine Möglichkeit zur Einsparung von Arbeitskapazitäten im BAMF wäre der
Verzicht auf massenhafte Widerrufsverfahren – in der EU sieht nur Deutschland
obligatorische Widerrufsprüfungen nach drei Jahren ohne konkreten Anlass vor.
Im Jahr 2013 kam es bei 13 633 Prüfverfahren nur in jedem 20. Fall zu einer Ab-
erkennung eines Flüchtlingsstatus, wobei diese Widerrufe bei einer gericht-
lichen Überprüfung wiederum nur zu 37 Prozent Bestand hatten. Für die Betrof-
fenen – politisch verfolgte und häufig traumatisierte Flüchtlinge – sind die Ver-
fahren dennoch sehr belastend.
Ein behördliches Asylverfahren in Deutschland dauerte im Jahr 2013 im Durch-
schnitt 7,2 Monate. Bei bestimmten Herkunftsländern mit geringen Anerken-
nungsquoten, etwa Serbien und Mazedonien, ist die Verfahrensdauer infolge
von Beschleunigungsmaßnahmen bedeutend kürzer. Umso länger dauern die
Verfahren bei Flüchtlingen mit hohen Anerkennungschancen. Im Jahr 2013
mussten etwa Asylsuchende aus Afghanistan, Pakistan, Eritrea und Somalia
14 bis 17 Monate auf eine Behördenentscheidung warten.
Die Zahl der Asylsuchenden, die über Griechenland nach Deutschland einreisen,
ist über die letzten Jahre stabil geblieben, im Jahr 2013 waren es 3 879 Personen.
Der zuvor beschworene „Pull-Effekt“ durch die Aussetzung von Überstellungen
ist nicht eingetreten, Grenzsicherungsmaßnahmen erschweren eine Weiterflucht
von Griechenland in ein anderes Land der EU.
Vom umstrittenen Asyl-Flughafenverfahren waren im Jahr 2013 972 Asyl-
suchende betroffen, unter ihnen 322 syrische und 114 afghanische Flüchtlinge
sowie 180 unbegleitete Minderjährige. Im Ergebnis wurde 48 dieser Asyl-
suchenden nach einer Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ die Einreise
im Rechtssinne verweigert – wie viele von ihnen tatsächlich ausreisten oder ab-
geschoben wurden oder in Deutschland verbleiben konnten, ist nicht bekannt.
35,4 Prozent aller Asylsuchenden in Deutschland im Jahr 2013 waren Kinder.
2,3 Prozent waren unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, bei denen die berei-
nigte Gesamtschutzquote zwischen 45,9 und 61 Prozent betrug. Ausgerechnet
die Asylverfahren unbegleiteter Minderjähriger dauerten im Jahr 2013 mit
durchschnittlich 11,2 Monaten besonders lange.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie hoch war die Gesamtschutzquote (Anerkennungen nach Artikel 16a des

Grundgesetzes (GG), nach § 60 Absatz 1 des Gesetzes über den Aufenthalt,
die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet
(AufenthG) bzw. der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), subsidiärer
Schutz und Abschiebungshindernisse) in der Entscheidungspraxis des Bun-
desamtes für Migration und Flüchtlinge im zweiten Quartal 2014, und wie
lauten die Vergleichswerte des vorherigen ersten Quartals 2014 (bitte in ab-
soluten Zahlen und in Prozent angeben und für die 15 wichtigsten Herkunfts-
länder gesondert darstellen sowie für jedes dieser Länder in relativen Zahlen
angeben, wie viele Schutz nach Artikel 16a GG, nach § 60 Absatz 1 AufenthG
bzw. der GFK einen subsidiären Schutzstatus bzw. nationalen Abschiebungs-
schutz zugesprochen bekommen haben; bitte in einer weiteren Tabelle nach
Art der Anerkennung differenzieren: Asylberechtigung, internationaler
Flüchtlingsschutz, subsidiärer Schutz, nationale Abschiebungsverbote; bitte
jeweils so differenziert wie möglich darstellen)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2161
2. Wie hoch war in den genannten Zeiträumen jeweils die „bereinigte Gesamt-
schutzquote“, d. h. die Quote der Anerkennungen bezogen auf tatsächlich
inhaltliche und nicht rein formelle (Nicht-)Entscheidungen (bitte wie zuvor
differenzieren)?

3. Wie viele der Anerkennungen nach Artikel 16a GG bzw. nach § 60 Absatz 1
AufenthG bzw. der GFK im zweiten Quartal 2014 beruhten auf staatlicher,
nichtstaatlicher bzw. geschlechtsspezifischer Verfolgung (bitte in absoluten
und relativen Zahlen und noch einmal gesondert nach den 15 wichtigsten
Herkunftsländern angeben)?

4. Wie viele Widerrufsverfahren wurden im zweiten Quartal 2014 eingeleitet
(bitte Gesamtzahlen angeben und nach den verschiedenen Formen der Aner-
kennung und den 15 wichtigsten Herkunftsländern differenzieren, zum Ver-
gleich bitte auch die Werte des vorherigen ersten Quartals 2014 nennen), und
wie viele Entscheidungen in Widerrufsverfahren mit welchem Ergebnis gab
es in diesen Zeiträumen (bitte Gesamtzahlen angeben und nach den verschie-
denen Formen der Anerkennung und den 15 wichtigsten Herkunftsländern
differenzieren, bitte auch die jeweiligen Widerrufsquoten und zum Vergleich
die jeweiligen Werte der vorherigen Quartals nennen)?

5. Wie lange war die durchschnittliche Bearbeitungsdauer bis zu einer behörd-
lichen Entscheidung im zweiten Quartal 2014 (bitte auch die Vergleichswerte
des vorherigen ersten Quartals 2014 nennen), wie lange war die durchschnitt-
liche Bearbeitungsdauer bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung (d. h. in-
klusive eines Gerichtsverfahrens), und wie lange war die durchschnittliche
Bearbeitungszeit bei Asylerstanträgen von unbegleiteten Minderjährigen
(bitte jeweils nach den 15 wichtigsten Herkunftsländern und Erst- und Fol-
geanträgen differenzieren)?

6. Wie viele Verfahren im Rahmen der Dublin-II-Verordnung wurden im zwei-
ten Quartal 2014 eingeleitet (bitte in absoluten Zahlen und in Prozentzahlen
die Relation zu allen Asylerstanträgen sowie die Quote der auf EURODAC-
Treffern basierenden Dublin-Verfahren angeben und zum Vergleich die
Werte des vorherigen ersten Quartals 2014 nennen)?
a) Welche waren in den benannten Zeiträumen die 15 am stärksten betrof-

fenen Herkunftsländer und welche die 15 am stärksten angefragten EU-
Mitgliedstaaten (bitte in absoluten Werten und in Prozentzahlen angeben
sowie in jedem Fall die Zahlen zu Griechenland, Zypern, Malta, Bulgarien
und Ungarn nennen)?

b) Wie viele Dublin-Entscheidungen mit welchem Ergebnis (Zuständigkeit
eines anderen EU-Mitgliedstaats bzw. der Bundesrepublik Deutschland,
Selbsteintritt, humanitäre Fälle, Familienzusammenführung usw.) gab es
in den benannten Zeiträumen (bitte bei der Zahl der Selbsteintritte auch
nach EU-Mitgliedstaaten und Herkunftsländern differenzieren)?

c) Wie viele Überstellungen nach der Dublin-II-Verordnung wurden in den
benannten Zeiträumen vollzogen (bitte in absoluten Werten und in
Prozentzahlen angeben und auch nach den 15 wichtigsten Herkunftslän-
dern und EU-Mitgliedstaaten – in jedem Fall auch Griechenland, Ungarn,
Bulgarien, Zypern und Malta – differenzieren), und wie viele dieser Per-
sonen wurden unter Einschaltung des BAMF, aber ohne Durchführung
eines Asylverfahrens überstellt?

d) Wie viele Dublin-II-Verfahren wurden durch die Bundespolizei aufgrund
bilateraler Verwaltungsvereinbarungen eingeleitet, bzw. wie viele entspre-
chende Überstellungen wurden im fraglichen Zeitraum vollzogen?

Drucksache 18/2161 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
e) Wie viele Asylanträge wurden in den genannten Zeiträumen mit der Be-
gründung einer Nichtzuständigkeit nach der Dublin-II-Verordnung abge-
lehnt oder eingestellt oder als unbeachtlich betrachtet, ohne dass ein Asyl-
verfahren mit inhaltlicher Prüfung durchgeführt wurde (bitte in absoluten
und relativen Zahlen angeben)?

f) In wie vielen Fällen wurde in den genannten Zeiträumen bei Asylsuchen-
den festgestellt, dass eigentlich Griechenland nach der Dublin-II-Verord-
nung zuständig wäre (bitte auch nach den zehn wichtigsten Herkunfts-
ländern differenziert angeben), wie ist der diesbezüglich zuletzt zurück-
gegangene Wert zu erklären (von 692 im vierten Quartal 2013 auf 329 im
ersten Quartal 2014), und welche Informationen liegen insbesondere dazu
vor, wie die Weiterreise von Asylsuchenden von Griechenland in andere
Länder der EU verhindert wird (bitte differenziert ausführen und nach
Einzelmaßnahmen auflisten)?

g) Wie lautet die Antwort zu Frage 5g auf Bundestagsdrucksache 18/1394
nach der Effizienz bzw. Änderungsbedürftigkeit des Dublin-Systems an-
gesichts einer geringen Überstellungquote, wenn bei der Beantwortung
nicht auf die Alternative einer Verteilung nach vorgegebenen Quoten ab-
gestellt wird, sondern zum Vergleich ein Modell herangezogen wird, in
dem die Schutzsuchenden das Aufnahmeland selbst bestimmen können,
so dass es keine ungewollte Binnenwanderung und keine Zwangsvertei-
lungen mehr gibt und sich ergebende Ungleichgewichte vor allem durch
finanzielle Zahlungen ausgeglichen werden (bitte ausführen)?

h) Wenn nach Ansicht der Bundesregierung die Aufgabe des Dublin-Sys-
tems nicht darin liegt, eine Verteilungswirkung zu erzielen, sondern darin,
die Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Einreise der Asylsuchenden
festzustellen (vgl. Bundestagsdrucksache 18/1394, Antwort zu Frage 5h),
läuft dann das geltende Dublin-System vor dem Hintergrund des Hirsi-Ur-
teils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom
23. Februar 2012, wonach Schutzsuchende nicht an den Außengrenzen
der EU zurückgewiesen werden dürfen, darauf hinaus, dass die Mitglied-
staaten mit (in Bezug auf Migrationsrouten relevanten) EU-Landaußen-
grenzen für die große Mehrheit aller Schutzsuchenden zuständig werden,
und welche Informationen liegen der Bundesregierung dazu vor, wie viele
der Schutzsuchenden in die EU bzw. in Deutschland (bitte differenzieren)
legal bzw. illegal eingereist sind bzw. welchen Aufenthaltsstatus sie bei
der Antragstellung hatten bzw. auf welchem Wege (Luft, Land oder Was-
ser, mit oder ohne Hilfe von Dritten) sie eingereist sind (bitte ausführen)?

i) Wie viele Übernahmeersuchen, Zustimmungen bzw. Überstellungen (bitte
differenzieren) im Rahmen des Dublin-Systems gab es im ersten Halbjahr
2014 durch bzw. an Deutschland (bitte auch nach Ländern differenzieren;
bitte wie auf Bundestagsdrucksache 18/1394 zu Frage 15i beantworten,
jedoch zusätzlich die jeweiligen Überstellungsquoten ausweisen)?

j) Wie oft ist im ersten Halbjahr 2014 eine Überstellungsfrist abgelaufen,
ohne dass eine Überstellung trotz Zustimmung zur Rückübernahme vor-
genommen wurde, welche Gründe lagen hierfür vor, und in wie vielen Fäl-
len hatte dies zur Folge, dass Deutschland für die Asylprüfung zuständig
wurde (bitte auch die Vergleichswerte für das Jahr 2013 nennen und je-
weils nach betroffenen Mitgliedstaaten und den zehn wichtigsten Her-
kunftsländern differenzieren)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2161
k) Wie reagiert die Bundesregierung auf Berichte über Menschenrechtsver-
letzungen durch italienische Grenzschützer bzw. Polizisten (www.n-tv.
de, Meldung vom 20. Juni 2014: „Bei Ankunft: Misshandlung“), die er-
folgt sein sollen, um von unerlaubt eingereisten Personen (hier: syrische
Flüchtlinge, die mit den Worten zitiert werden: „Lieber gehe ich zurück
nach Syrien als nach Italien“) gegen ihren Willen Fingerabdrücke für das
EURODAC-System zur Feststellung der Zuständigkeit im Rahmen des
Dublin-Systems zu erhalten, und inwieweit sprechen nicht auch solche
Berichte über polizeiliche Exzesse zur Durchsetzung eines von den Be-
troffenen nicht akzeptierten und als ungerecht empfundenen Verteilungs-
systems für eine Änderung des Dublin-Systems (bitte ausführen; ähn-
liche Berichte gibt es auch zu Bulgarien: „Syrische Flüchtlinge in Bul-
garien: Misshandelt, erniedrigt, im Stich gelassen“; Presseerklärung mit
Fallbeispielen von PRO ASYL und dem Flüchtlingsrat Niedersachsen
vom 23. Mai 2014)?

7. Wie viele Asylanträge wurden im zweiten Quartal 2014 (bitte zum Ver-
gleich auch die Werte des vorherigen ersten Quartals 2014 nennen) nach
§ 14a Absatz 2 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) von Amts wegen für
hier geborene (oder eingereiste) Kinder von Asylsuchenden gestellt, wie
viele Asylanträge wurden in den genannten Zeiträumen von Kindern bzw.
für Kinder unter 16 Jahren bzw. von Jugendlichen zwischen 16 und 18 Jah-
ren bzw. von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen gestellt (bitte je-
weils in absoluten Zahlen und in Prozentzahlen in Relation zur Gesamtzahl
der Asylanträge sowie die Gesamtzahl der Anträge unter 18-Jähriger und
sich überschneidende Teilmengen angeben), und wie hoch waren die jewei-
ligen (auch bereinigten) Gesamtschutzquoten für die genannten Gruppen?

8. Wie viele unbegleitete Minderjährige (d. h. unter 18-Jährige) haben im
zweiten Quartal 2014 einen Asylerstantrag gestellt (bitte nach wichtigsten
Herkunftsländern und Bundesländern aufgliedern), und wie hoch war die
Gesamtschutzquote bei unbegleitet Minderjährigen im genannten Zeitraum
(bitte nach verschiedenen Schutzstatus und wichtigsten Herkunftsländern
differenzieren)?

9. Wie viele unbegleitete Minderjährige wurden im zweiten Quartal 2014 an
welchen Grenzen durch die Bundespolizei aufgegriffen, wie viele von ihnen
wurden an die Jugendämter übergeben, wie viele von ihnen wurden zurück-
gewiesen oder zurückgeschoben (bitte nach den fünf wichtigsten Her-
kunftsländern differenzieren), und ist die Antwort der Bundesregierung auf
Bundestagsdrucksache 18/1394 zu Frage 8 so zu verstehen, dass auch ein-
zelne Bundespolizeidirektionen nicht die Zahl der Aufgegriffenen unter 18
Jahren erfassen, obwohl dies Informationen widerspricht, die den Fragestel-
lern vertraulich zugetragen wurden (bitte erläutern, was die Bundesregie-
rung unternommen hat, um zu erfahren, ob zumindest einzelne Bundes-
polizeidirektionen die Zahl der Aufgegriffenen unter 18 Jahren erfassen und
diese Zahlen gegebenenfalls nachreichen)?

10. Wie viele Asylanträge wurden im zweiten Quartal 2014 bzw. im vorherigen
ersten Quartal 2014 als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt (bitte Anga-
ben differenziert nach den 15 wichtigsten Herkunftsländern machen und zu-
dem jeweils in Relation zur Gesamtzahl der Ablehnungen setzen; außerdem
bitte jeweils so genau wie möglich nach der genauen Rechtsgrundlage dif-
ferenzieren, d. h. nach § 30 Absatz 1, 2, 4 oder 5 bzw. Absatz 3 Nummer 1,
2, 3, 4, 5, 6 oder 7 AsylVfG)?

11. Wie viele so genannte Flughafenverfahren wurden im zweiten Quartal 2014
an welchen Flughafenstandorten mit welchem Ergebnis durchgeführt (bitte
auch Angaben zum Anteil der unbegleiteten Minderjährigen und zu den
zehn wichtigsten Herkunftsländern machen)?

Drucksache 18/2161 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
12. Wie lautet die Statistik zu Rechtsmitteln und Gerichtsentscheidungen im
Bereich Asyl für das bisherige Jahr 2014 (bitte wie auf Bundestagsdruck-
sache 18/1394 zu Frage 11 darstellen, jedoch differenzieren nach zugespro-
chenem internationalem Flüchtlingsschutz – Asyl, GFK – und subsidiärem
Schutz), und welche Angaben zur Dauer des gerichtlichen Verfahrens las-
sen sich machen?

13. Wie viele Asylanhörungen gab es im zweiten Quartal 2014 bzw. im vorhe-
rigen ersten Quartal 2014 (bitte auch nach den 15 wichtigsten Herkunftslän-
dern differenzieren), und welche internen Vorgaben gibt es dazu, wann bzw.
unter welchen Bedingungen begleitete Minderjährige eigenständig ange-
hört werden sollen?

14. Wie waren die Schutzquoten und die Zahl der Schutzgesuche bei Asylsu-
chenden aus Tunesien, Ägypten, Marokko, Syrien und Libyen im zweiten
Quartal 2014 bzw. im vorherigen ersten Quartal 2014?

15. Wie viele Erst- und Folgeanträge (bitte differenzieren) wurden von Staats-
angehörigen aus Serbien, Mazedonien, Montenegro, Albanien und Bosnien
und Herzegowina in den Monaten April, Mai, Juni 2014 gestellt (bitte je-
weils auch den prozentualen Anteil der Roma-Angehörigen nennen), und
wie wurden diese Asylanträge in diesen Monaten jeweils mit welchem Er-
gebnis beschieden?

16. In Bezug auf welche Herkunftsländer werden Asylanträge derzeit prioritär
bearbeitet, welche neuen Informationen gibt es zur Personalsituation, -ent-
wicklung und -planung im BAMF und zu unterstützenden Sondermaßnah-
men, insbesondere im Bereich Asyl, und wie, wann und wo sollen die jüngst
beschlossenen zusätzlichen 300 Stellen im BAMF konkret besetzt werden
(vgl. Antwort zu Frage 15 auf Bundestagsdrucksache 18/1394)?

17. Zu welchem ungefähren Anteil wird nach Einschätzungen von fachkundi-
gen Bediensteten des BAMF derzeit das Prinzip der Einheit von Anhörer
und Entscheider im Asylverfahren in der Praxis gewahrt (soweit möglich
bitte auch nach Ländern differenzieren)?

18. Wie hat sich die Verfahrensdauer bei Asylsuchenden, die nicht aus Ländern
des Westbalkan kommen, im zweiten Quartal 2014 gegenüber dem vorhe-
rigen ersten Quartal 2014 entwickelt, und wie hoch war in diesen Zeiträu-
men die bereinigte Gesamtschutzquote in Bezug auf diese Länder (ohne
Westbalkan)?

19. Wie lange dauern derzeit im Durchschnitt Asylanhörungen, und wie lange
dauern diese bei Asylsuchenden aus Westbalkanländern, aus Syrien bzw.
aus anderen Ländern?

20. Welche Leitsätze und internen Vorgaben gibt es im BAMF dazu, wie das
Vorliegen einer kumulativen Verfolgung geprüft bzw. festgestellt werden
soll (bitte so genau und ausführlich wie möglich ausführen), welche Aus-
oder Fortbildungsmaßnahmen haben stattgefunden (bitte auflisten), um An-
hörer bzw. Entscheider hierfür zu schulen, und inwieweit trifft die Kritik des
Sachverständigen Dr. Reinhard Marx in der Anhörung des Innenausschus-
ses des Deutschen Bundestages vom 23. Juni 2014 zu einem Gesetzentwurf
zu sicheren Herkunftsstaaten (unkorrigiertes Wortprotokoll, S. 50) zu, dass
nach seiner jahrzehntelangen Erfahrung bei Anhörungen die Entscheider
„fixiert auf staatliche Verfolgungen“ seien „und wenn nicht ein Anwalt da-
rauf hinweist und drängt, dass auch andere Verfolgungstatbestände aufge-
nommen werden, bleiben die unterbelichtet, kommen die nicht ins Protokoll
rein“?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/2161
21. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus dem Umstand, dass etwa ein Drittel der Folgeanträge von Asylsuchen-
den aus den Westbalkanländern binnen Jahresfrist nach der Ausreise ge-
stellt werden (Stellungnahme des Präsidenten des BAMF, Dr. Manfred
Schmidt, für eine öffentliche Anhörung des Innenausschusses des Deutsche
Bundestages am 23. Juni 2014, Ausschussdrucksache 18(4)92D, S. 3), und
spricht dies nicht z. B. dafür, dass den Betroffenen eine dauerhafte Rück-
kehr unter menschenwürdigen Bedingungen nicht gelungen ist?
a) Wenn in der genannten Stellungnahme beklagt wird, dass Diskriminie-

rungen von Asylsuchenden aus Westbalkanländern nur „pauschal, aus-
tauschbar und unsubstantiiert“ vorgetragen würden und „die Schwelle
zur Verletzung der Menschenrechte“ bis auf „ganz wenige Ausnahmen
[…] nicht überschritten“ würde (a. a. O., S. 4), welcher Art sind die Vor-
träge (Beispiele: „Wir Roma werden diskriminiert“, „Unsere Kinder
können nicht zur Schule gehen“, „Ich finde keine Arbeit“, „Wir leben in
nur einem Zimmer, ohne Heizung“?), inwieweit werden solche Vor-
träge – auch angesichts der später in der genannten Stellungnahme (S. 7)
wiedergegebenen Einschätzung, wonach die Roma „die am stärksten
diskriminierte Volksgruppe in Serbien“ seien – zum Anlass genommen,
nachzufragen, welche Einschränkungen sozialer, wirtschaftlicher oder
politischer Menschenrechte es bei den Betroffenen insgesamt gibt, und
ab wann wird angenommen, dass „die Schwelle zur Verletzung der Men-
schenrechte“ überschritten ist (bitte ausführen)?

b) Wenn in der genannten Stellungnahme als Gründe, die „viele Roma-Kin-
der vom Schulbesuch abhalten“, „neben ethnischen Vorurteilen und feh-
lender Registrierung“ auch „Sprachprobleme“ genannt werden, bedeutet
dies, dass die entsprechenden Schulen auf die Aufnahme von ausschließ-
lich Romanes sprechenden Kindern nicht vorbereitet sind, und wie wird
dies bewertet (bitte ausführen)?

c) Wie ist die Behauptung in der genannten Stellungnahme, es gebe keine
„gezielte und systematische Verfolgung bestimmter Gruppen wegen
ihrer ethnischen Zugehörigkeit, Religion und politischen Überzeugung
durch staatliche Akteure“ in Serbien und soweit es „Übergriffe und
Repressionen Dritter auf Minderheiten und andere Personengruppen
[…] in Einzelfällen“ gebe, würden die „nationalen Institutionen […]
Sicherheit und Schutz im Sinn von § 3d AsylVfG“ gewährten (S. 8),
damit zu vereinbaren, dass auf derselben Seite Einschätzungen des
European Roma Rights Centre (ERRC) wiedergegeben werden, wonach
Roma von Übergriffen im Polizeigewahrsam überproportional betroffe-
nen seien und serbische Behörden ethnisch motivierte Angriffe gegen
Roma herunterspielten und keine Ermittlungen einleiteten (bitte ausfüh-
ren), und wieso wird in der zitierten Passage nicht darauf eingegangen,
dass es zwischen einer gezielten und systematischen Gruppenverfolgung
und Übergriffen durch Dritte ein weites Feld von Verfolgungshandlun-
gen gibt (etwa durch einzelne Polizisten)?

d) Wenn es in der genannten Stellungnahme heißt, dass etwa die Hälfte der
serbischen Asylsuchenden „soziale und wirtschaftliche Gründe“ genannt
habe und es später ergänzend heißt, dass zusätzlich „die meisten Antrag-
steller auch von Diskriminierung“ berichtet hätten (S. 8), ist die Interpre-
tation zutreffend, dass die meisten dieser Asylsuchenden eine Diskrimi-
nierung hinsichtlich ihrer sozialen und wirtschaftlichen Rechte geltend
gemacht haben (bitte ausführen)?

Drucksache 18/2161 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
e) Wie ist es zu verstehen, wenn in der genannten Stellungnahme als „sons-
tige Gründe“, die „insbesondere im privaten Umfeld angesiedelt“ seien,
z. B. „Nachbarschaftsstreitigkeiten wegen unterschiedlicher Volkszuge-
hörigkeiten“, genannt werden, und inwieweit werden solche Konflikte
nicht als mögliche Verfolgungshandlungen nach Maßgabe von § 3c Num-
mer 3 AsylVfG gewertet (bitte ausführen)?

f) Inwieweit entspricht die statistische Erfassung von vorgetragenen Grün-
den im Rahmen einer Anhörung, unterschieden nach „politische[n]
Gründe[n]“, „soziale[n] und wirtschaftliche[n] Gründe[n]“ und „sons-
tige[n]/private[n] Gründe[n]“ (bzw. welche Kategorien gibt es), dem ge-
änderten Konzept der Verfolgung im Sinne der EU-Qualifikationsricht-
linie, wie es sich in § 3 AsylVfG widerspiegelt (bitte ausführen), und wie
ist die prozentuale Verteilung der vorgebrachten Fluchtgründe im All-
gemeinen bzw. in Hinblick auf die zehn wichtigsten Herkunftsländer
(außer Westbalkan)?

g) Wie ist die gesetzliche Einstufung Mazedoniens als sicher damit verein-
bar, dass es dort nach der genannten Stellungnahme des Präsidenten des
BAMF (S. 12 ff.) zu „Verstößen gegen Menschenrechte“ komme, wobei
„Straflosigkeit beklagt“ werde (S. 12), dass Personen, die wegen Versto-
ßes gegen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen abgeschoben wur-
den, der Reisepass für ein Jahr entzogen werden kann (S. 13), dass „in
wenigen Einzelfällen“ von einer kumulativen Verfolgung von Roma ge-
sprochen werden könne (S. 13), dass „die Gruppe der Roma die am meis-
ten benachteiligte Ethnie in Mazedonien ist und Diskriminierungen in
verschiedenen Bereichen des täglichen Lebens ausgesetzt ist“ (S. 13),
dass „Roma häufiger als andere ethnische Gruppen Opfer von Übergrif-
fen der Polizei und von Mängeln des Justizsystems werden“ (S. 13), dass
Roma „von sozialer Diskriminierung, insbesondere am Arbeitsmarkt
und beim Zugang zu staatlichen Leistungen“ berichten (S. 14), dass
„zwei Drittel der Roma-Familien unterhaltb der Armutsgrenze“ leben
(S. 14), dass „ihre Lebenserwartung um 10 Jahre geringer und die Kin-
dersterblichkeit doppelt so hoch ist wie bei der übrigen Bevölkerung“
(S. 14), dass „die Roma in ihrer Alltagserfahrung Vorurteilen bzw. Dis-
kriminierungen ausgesetzt“ sind (S. 15), dass die „Haftbedingungen […]
nicht den internationalen Standards“ entsprechen und es „Beschwerden
über Misshandlungen durch Polizisten“ gebe, wobei „auch Straflosigkeit
beklagt werde“ (S. 16)?

h) Wie ist die gesetzliche Einstufung Bosnien und Herzegowinas als sicher
damit vereinbar, dass dort nach der genannten Stellungnahme des Präsi-
denten des BAMF (S. 19 ff.) „in Einzelfällen Menschenrechtsverletzun-
gen durch Behörden und Dritte nicht auszuschließen sind“ (S. 19) und es
„Umsetzungsprobleme der Reformen, z. B. in den Bereichen Strafverfol-
gung, Justiz, Korruptionsbekämpfung und ethnische Minderheiten“ gibt
(S. 19), dass es „Probleme in Bezug auf die Gleichbehandlung von An-
gehörigen verschiedener Religionsgemeinschaften und ethnischer Grup-
pen sowie Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen sowie sexuelle
Minderheiten“ gibt (S. 19), dass es bei den Sicherheitsbehörden „Pro-
bleme wie unzulässige Verhörmethoden in einigen Fällen“ gibt (S. 20),
dass viele Roma vertrieben wurden und „nicht an ihren Herkunftsort zu-
rückkehren“ können (S. 20), dass Roma „zu den am meisten gefährdeten
Personengruppen“ zählen und „ihre Lage als prekär beschrieben“ wird
(S. 20), dass „viele Roma […] keine Sozialleistungen“ erhalten, weil sie
die erforderlichen Dokumente „nur schwer oder überhaupt nicht be-
schaffen können“ (S. 20), dass „die Kindersterblichkeit in etwa doppelt
so hoch als bei anderen Bevölkerungsgruppen“ ist (S. 21), dass es „zu
verbalen und körperlichen Übergriffen gegenüber Roma durch Private“

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/2161
kommt, wobei kritisiert wird, „dass die Sicherheitskräfte in Fällen häus-
licher Gewalt und Menschenhandel tatenlos bleiben“ (S. 21), dass es „zu
Diskriminierungen seitens staatlicher Stellen oder nichtstaatlicher Ak-
teure kommen“ kann (S. 22), dass „Benachteiligungen aufgrund der Zu-
gehörigkeit zu einer Bevölkerungsgruppe […] verbreitet“ sind (S. 23),
dass „Verfolgungshandlungen gegen Frauen […] in Betracht“ kommen
und „in Anknüpfung an die Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen
Gruppe erfolgen“ können (S. 23), dass Diskriminierungen Homosexuel-
ler „in der Realität noch weit verbreitet“ sind und die Pressefreiheit „ein-
geschränkt“ wird (S. 23), dass sowohl eine kumulative Verfolgung als
auch bei häuslicher Gewalt die Annahme von Verfolgung bzw. subsidiä-
rem Schutzbedarf „nicht ausgeschlossen“ werden könne (S. 23)?

i) Wieso wird in der Anerkennungspraxis des BAMF laut der genannten
Stellungnahme die Schwelle für eine „Flüchtlingsanerkennung auf der
Grundlage kumulierter Eingriffe […] so gut wie nie erreicht“ (S. 26), ob-
wohl die dort genannte Anforderung, wonach „in der Summe die Be-
nachteiligungen das Leben unmöglich machen bzw. so stark einschrän-
ken, dass dies einem echten Vertreibungsdruck durch Schaffung einer
ausweglosen Lage gleichkommt“ („wobei auch Verletzungen sogenann-
ter wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Rechte – z. B. das Recht auf
Wohnen, Bildung, Arbeit, soziale Sicherung und Gesundheit – zu be-
rücksichtigen“ sind, S. 25), auf die Lage vieler Roma in den Westbal-
kanländern selbst nach den oben zitierten Angaben der genannten Stel-
lungnahme zuzutreffen scheint (bitte ausführen)?

22. Stimmt die Bundesregierung der Auffassung zu, dass bei der Feststellung,
ob ein Herkunftsstaat gesetzlich als „sicher“ eingestuft werden kann bzw.
darf, neben verfassungsrechtlichen auch unionsrechtliche Vorgaben zu be-
achten sind, wobei der unionsrechtliche Verfolgungsbegriff „ungleich wei-
tergehend“ ist als der Begriff der „politischen Verfolgung“ (so der Sachver-
ständige Dr. Reinhard Marx in seiner Stellungnahme auf Ausschussdruck-
sache 18(4)92A, S. 6; wenn nein, bitte begründen)?
a) Wieso fehlt in der Gesetzesbegründung auf Bundestagsdrucksache 18/

1528 jede Auseinandersetzung mit der Frage, ob auch eine kumulative
Verfolgung aufgrund unterschiedlicher Maßnahmen im Rahmen des
Konzepts sicherer Herkunftsstaaten ausgeschlossen werden kann, ob-
wohl gerade die Roma in diesen Ländern unter Diskriminierung und so-
zialen, wirtschaftlichen und politischen Menschenrechtsverletzungen
leiden, und wie lautet die Begründung zu dieser Frage?

b) Was entgegnet die Bundesregierung der Kritik des Hohen Flüchtlings-
kommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) in seiner Stellungnahme
vom 4. April 2014 zum Gesetzentwurf auf Bundestagsdrucksache
18/1528, wonach „grundsätzliche Bedenken“ bestünden, weil „eine
gesetzliche Regelung verwendet [wird], die mit europarechtlichen Vor-
gaben nicht vereinbar ist“ (S. 1), insbesondere sei nicht „anhand der dor-
tigen Rechtslage, der Anwendung der Rechtsvorschriften in einem
demokratischen System und der allgemeinen politischen Lage“ (Anhang I
zur EU-Verfahrensrichtlinie) „nachgewiesen“ worden, dass dort generell
keine Verfolgung oder unmenschliche Behandlung oder willkürliche Ge-
walt droht (S. 2)?

c) Was entgegnet die Bundesregierung der Kritik des UNHCR in seiner
Stellungnahme vom 4. April 2014, wonach sich der Gesetzentwurf
„nicht hinreichend mit allen für eine Bewertung der Sicherheit erforder-
lichen Aspekten über die Situation in den betreffenden Ländern“ aus-
einandersetze, die Bewertung der herangezogenen Berichte nicht trans-
parent sei (S. 1) und der „bloße allgemeine Hinweis“ auf Berichte von

Drucksache 18/2161 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
lokalen Menschenrechtsgruppen und internationalen Organisationen
nicht genüge (S. 4)?

d) Was entgegnet die Bundesregierung der Kritik des UNHCR in seiner
Stellungnahme vom 4. April 2014, dass die „Inanspruchnahme von
UNHCR als Quelle für die der Einstufung zu Grunde gelegten Tatsachen
insofern missverständlich ist, als die in Berichten von UNHCR und Part-
nerorganisationen vorgebrachten problematischen Aspekte insbesondere
in Bezug auf wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte in den ge-
nannten Herkunftsländern gerade nicht ausreichend berücksichtigt
wurden“ (S. 4), und inwieweit ist das vereinbar mit der Maßgabe des
Bundesverfassungsgerichts, wonach auf die Berichte „insbesondere“ des
UNHCR „besonderes Gewicht zu legen“ sei (Urteil vom 14. Mai 1996,
2 BvR 1507/93 und 2 BvR 1508/93, Rn. 27), neben den Berichten des
Auswärtigen Amts, auf die in der Gesetzesbegründung ausführlicher
eingegangen wird?

e) Was entgegnet die Bundesregierung der Kritik der Sachverständigen
Dr. Karin Waringo (Ausschussdrucksache 18(4)92B, S. 36), wonach
selbst die Erkenntnisse des Europäischen Unterstützungsbüros für Asyl-
fragen (EASO) in der Gesetzesbegründung auf Bundestagsdrucksache
18/1528 unzureichend wiedergegeben worden seien, weil dieses erklärt
habe, dass die so genannten „sozialen Probleme“ insbesondere von Roma
in Wirklichkeit mit einer umfassenden Diskriminierung und sozialem
Ausschluss verbunden seien, der einer Verfolgung gleichkommen
könne, so dass eine sorgfältige Analyse aller Faktoren in einem Gesamt-
zusammenhang erfolgen müsse, was einer Einstufung als sicheres Her-
kunftsland wiederspreche?

23. Wie viele Asylsuchende gaben an, traumatisiert zu sein (bitte nach Jahren
seit 2011 auflisten sowie nach den zehn wichtigsten Herkunftsländern und
Erst- und Folgeanträgen differenzieren), und welche Erkenntnisse liege
dazu vor, in wie vielen Fällen dieses Vorbringen bestätigt oder für glaubhaft
erachtet wurde bzw. zu einer Anerkennung eines Schutzstatus führte?

24. In wie vielen Fällen wurde das BAMF bei der Prüfung zielstaatsbezogener
Abschiebungshindernisse nach § 72 Absatz 2 AufenthG im Auftrag der
Ausländerbehörden welcher Bundesländer mit welchem Ergebnis beteiligt
(bitte nach Jahren seit 2011 auflisten sowie zusätzlich nach den zehn wich-
tigsten Herkunftsländern differenzieren)?

25. In wie vielen Fällen stellte die Bundespolizei seit dem Jahr 2000 Anträge
auf Anordnung einer Abschiebungs-, Zurückschiebungs-, Überstellungs-
oder ähnlichen Haft nach einem Aufgriff unerlaubt eingereister Personen,
und wie viele dieser Personen wollten Asyl oder Schutz beantragen (bitte
nach Jahren auflisten und so differenziert wie möglich antworten, d. h. z. B.
nach Herkunftsstaaten und überschrittenen Grenzen differenzieren)?

Berlin, den 9. Juli 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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