BT-Drucksache 18/2160

Proteste gegen und Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte im zweiten Quartal 2014

Vom 16. Juli 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2160
18. Wahlperiode 16.07.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan van Aken, Annette Groth, Dr. André Hahn,
Inge Höger, Andrej Hunko, Katrin Kunert, Petra Pau, Martina Renner,
Frank Tempel, Kathrin Vogler, Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Proteste gegen und Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte im zweiten Quartal 2014

Rassistische Hetze gegen Flüchtlinge und Asylsuchende sind seit Jahren zentra-
les Thema der extremen Rechten und namentlich der NPD. Immer wieder ver-
suchen diese, Ressentiments und Vorurteile gegen Flüchtlinge zu schüren, Pro-
teste gegen geplante Unterkünfte zu initiieren oder vorhandene Proteste in ihrem
Sinne zu instrumentalisieren. Die NPD knüpft damit an vorhandene rassistische
Einstellungen in Teilen der Bevölkerung an, wie sie u. a. in der Langzeitstudie
Deutsche Zustände (Heitmeyer u. a.) nachgewiesen wurden.
Bürgerproteste gegen die Einrichtung von Flüchtlingsunterkünften oder gegen
die Belegung der Heime mit Flüchtlingen werden von der NPD oder anderen
neofaschistischen oder rechtspopulistischen Zusammenschlüssen und Parteien
zum Teil selbst initiiert und koordiniert, zum Teil versuchen sie sich an bereits
bestehende Bürgerinitiativen anzuschließen. Ziel ist es, sich so den Bürgerinnen
und Bürgern als Vertreter der wahren Volksinteressen zu empfehlen. Durch die
Aktivitäten der extremen Rechten haben die Proteste gegen Flüchtlingsunter-
künfte massiv zugenommen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. An welchen Orten hat es nach Kenntnis der Bundesregierung im zweiten

Quartal 2014 Proteste gegen die Unterbringung von Flüchtlingen vor geplan-
ten oder schon bestehenden Flüchtlingsunterkünften sowie vor Wohnungen,
in denen Flüchtlinge untergebracht wurden, gegeben (bitte nach Bundeslän-
dern, Orten und Datum auflisten sowie Anzahl der Teilnehmer auflisten, auch
wenn diese geringer als 20 war)?

2. In welchen der unter Frage 1 genannten Fälle geht die Bundesregierung da-
von aus, dass die Proteste maßgeblich von der NPD bzw. von Kameradschaf-
ten oder anderen rechtsextremen Organisationen (bitte angeben, um welche
es sich handelte) initiiert und gesteuert wurden?

3. An welchen Orten hat sich die NPD, eine ihrer Unterorganisationen oder an-
dere rechtsextreme oder rechtspopulistische Gruppierungen (welche) im
zweiten Quartal 2014 an Protesten gegen geplante oder vorhandene Flücht-
lingsunterkünfte beteiligt?

4. Zu wie vielen Straftaten kam es nach Kenntnis der Bundesregierung in
Zusammenhang mit diesen Protesten, und wie viele davon fallen nach Ein-
schätzung der Sicherheitsbehörden in den Bereich der Politisch motivierten
Kriminalität – rechts (PMK-rechts) (bitte nach Deliktgruppen angeben)?

Drucksache 18/2160 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
5. Zu wie vielen Überfällen, Anschlägen, Sachbeschädigungen, tätlichen An-
griffen auf
a) Flüchtlingsunterkünfte oder von Flüchtlingen bewohnte Wohnungen,
b) geplante bzw. im Bau befindliche Flüchtlingsunterkünfte
kam es nach Kenntnis der Bundesregierung im zweiten Quartal 2014 (bitte
nach Bundesländern, Orten und Datum auflisten)?
Wie viele davon fallen nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden in den
Bereich der PMK-rechts?

6. Welche Delikte wurden dabei jeweils begangen (bitte möglichst genau
unter Angabe verwendeter Waffen oder Gegenstände bzw. direkter körper-
licher Tätlichkeiten oder verbaler Bedrohungen anführen)?

7. Welche Angaben kann die Bundesregierung jeweils zur Zahl der beteiligten
mutmaßlichen Täterinnen und Täter machen?

8. Welche Angaben kann die Bundesregierung jeweils zur Zahl der dabei ver-
letzten Personen (bitte zumindest nach Flüchtlingen und anderen unterglie-
dern) sowie zur Art der Verletzungen machen?

9. Mit welchen der in den Fragen 4 und 5 aufgeführten Fälle hat sich das Ge-
meinsame Abwehrzentrum Rechts (GAR) im zweiten Quartal 2014 befasst
(bitte konkrete Fälle benennen)?

10. Mit welchen der in den Fragen 4 und 5 aufgeführten Fälle hat sich das
Referat Rechtsextremismus beim Generalbundesanwalt beim Bundesge-
richtshof (GBA) befasst, und zu welchen Ergebnissen hat die Befassung
beim GBA geführt?

11. Wie erklärt sich aus Sicht der Bundesregierung die Differenz der von der
Bundesregierung in Bundestagsdrucksache 18/1593 angeführten Fälle von
politischen Delikten im Zusammenhang mit Flüchtlingsunterkünften zu den
von Pro Asyl und der Amadeu Antonio Stiftung erhobenen Zahlen für das
erste Halbjahr 2014 (www.amadeu-antonio-stiftung.de/aktuelles/anschlaege-
uebergriffe-und-hetzveranstaltungen-gegen-fluechtlinge-nehmen-zu/), und
wird die Bundesregierung einzelne hier aufgeführte Fälle noch einmal prü-
fen?

12. Warum sind insbesondere die folgenden, in der genannten Statistik aufge-
führten Vorfälle
a) Angriff von ca. 15 Neonazis in der Nacht auf den 1. Januar 2014 auf eine

Unterkunft in Borna/Sachsen, der auch einen Polizeieinsatz nach sich
zog,

b) Überfall von acht jungen Männern auf eine Roma-Familie am 4. Januar
2014 in Söhre/Niedersachsen, bei denen es sich nach Angaben eines Be-
troffenen um Neonazis gehandelt haben soll,

c) Kundgebung einer mutmaßlich von der NPD beeinflussten Bürgerinitia-
tive am 25. Januar 2014 in Borna/Sachsen gegen eine Unterkunft, an der
sich ca. 100 Rechtsextremisten beteiligt haben,

d) Kundgebung der „Kameradschaft Volkssturm Deutschland“ am 1. Fe-
bruar 2014 in Bochum gegen ein Flüchtlingsheim

nicht in der Auflistung der Bundesregierung enthalten?

Berlin, den 16. Juli 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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