BT-Drucksache 18/2155

Weisungsrecht gegenüber Staatsanwälten

Vom 16. Juli 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2155
18. Wahlperiode 16.07.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Katja Keul, Monika Lazar und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Weisungsrecht gegenüber Staatsanwälten

Die in Wissenschaft und Politik seit Jahren andauernde Diskussion darüber, ob
und inwieweit die bestehenden Regelungen des Gerichtsverfassungsgesetzes
(GVG) zur Weisungsgebundenheit von Staatsanwältinnen und Staatsanwälten
reformiert werden sollten, haben in jüngster Zeit durch den Abhörskandal der
National Security Agency (NSA) neuen Vorschub erhalten. Die infrage stehen-
den Vorschriften im Gerichtsverfassungsgesetz lauten wie folgt:
㤠146 GVG [Weisungsgebundenheit] Die Beamten der Staatsanwaltschaft ha-
ben den dienstlichen Anweisungen ihres Vorgesetzten nachzukommen.
§ 147 GVG [Dienstaufsicht] Das Recht der Aufsicht und Leitung steht zu:
1. dem Bundesminister der Justiz hinsichtlich des Generalbundesanwalts und
der Bundesanwälte;
2. der Landesjustizverwaltung hinsichtlich aller staatsanwaltschaftlichen Be-
amten des betreffenden Landes;
3. dem ersten Beamten der Staatsanwaltschaft bei den Oberlandesgerichten und
den Landgerichten hinsichtlich aller Beamten der Staatsanwaltschaft ihres Be-
zirks.“
Die Einlassungen einzelner Mitglieder der Regierungskoalition zur Frage der
Zukunft der Weisungsgebundenheit von Staatsanwältinnen und Staatsanwälten
sowie des Generalbundesanwalts als politischem Beamten waren zuletzt un-
terschiedlich. Eine eindeutige Positionierung der Bundesregierung zu dieser
Debatte steht nach wie vor aus.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Sieht die Bundesregierung Änderungsbedarf an der nach den §§ 146, 147

GVG bestehenden Weisungsgebundenheit des Generalbundesanwalts gegen-
über dem Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz?
Wenn ja, will sie dieses Weisungsrecht abschaffen?
Wenn nein, warum nicht?

2. Will die Bundesregierung an der Rechtsstellung des Generalbundesanwalts
als politischer Beamter festhalten?
Wenn ja, warum, und wenn nein, warum nicht?

Drucksache 18/2155 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
3. Hält die Bundesregierung die vollständige Gleichstellung der Staatsanwälte
im Hinblick auf ihre Unabhängigkeit mit den Richterinnen und Richtern für
geboten, und wenn ja, warum, und wenn nein, warum nicht?

4. Hält die Bundesregierung die Beschränkung des Weisungsrechtes für erfor-
derlich, und wenn ja, in welcher Hinsicht?

5. Beabsichtigt die Bundesregierung die Abschaffung des externen Weisungs-
rechtes im Einzelfall?
Wenn nein, warum nicht?

6. Hält die Bundesregierung den jetzigen § 146 GVG für verfassungswidrig?
7. Betrachtet die Bundesregierung die Staatsanwaltschaft als Teil der Exeku-

tive oder als Teil der Dritten Gewalt?
8. Hält die Bundesregierung die Unterrichtungspflicht der Staatsanwälte ge-

genüber den Justizministern über einzelne Verfahren für verzichtbar, und
wenn ja, warum, und wenn nein, warum nicht?

9. Ist der Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz verpflichtet,
seine Aufsichtspflichten gegenüber dem Generalbundesanwalt auszuüben?

10. Ist nach Ansicht der Bundesregierung im Hinblick auf die Weisungsgebun-
denheit zu differenzieren zwischen dem Generalbundesanwalt und den
Staatsanwaltschaften der Länder?

11. Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang nach Ansicht der Bundesre-
gierung der besondere Zuständigkeitszuschnitt des Generalbundesanwalts,
der insbesondere Staatsschutzsachen umfasst?

12. Besteht nach Auffassung der Bundesregierung grundsätzlich das Recht des
Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestages,
den Generalbundesanwalt zum Stand der Ermittlungen in einem laufenden
Verfahren zu befragen?

13. Sieht die Bundesregierung in der Befragung des Generalbundesanwalts im
Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestages
eine Überschreitung der Informationsrechte oder den Versuch einer unzu-
lässigen Einflussnahme?

14. Sieht die Bundesregierung den Generalbundesanwalt in der Lage, bei Fra-
gen zu laufenden Ermittlungsverfahren selbst zu entscheiden, welche Infor-
mationen er ohne Gefährdung der Ermittlungen preisgeben kann, und zu
anstehenden Entscheidungen in Ermittlungsverfahren seine Entscheidungs-
kompetenz zu wahren?

15. Vertritt die Bundesregierung die Ansicht, dass das Weisungsrecht des Bun-
desministers der Justiz und für Verbraucherschutz in Einzelfällen auch dann
nicht ausgeübt werden sollte, wenn ein Anfangsverdacht vorliegt, aber den-
noch keine Ermittlungen eingeleitet werden?
Wie begründet sie diese Auffassung, auch im Hinblick auf das in § 152
Absatz 2 der Strafprozessordnung festgeschriebene Legalitätsprinzip?

Berlin, den 16. Juli 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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