BT-Drucksache 18/21

EU-Pilotverfahren wegen überlanger Wartezeiten und externer Dienstleister im Visumverfahren

Vom 28. Oktober 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 18/21
18. Wahlperiode 28.10.2013
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Annette Groth, Heike Hänsel, Andrej Hunko,
Ulla Jelpke, Petra Pau, Katrin Werner und der Fraktion DIE LINKE.

EU-Pilotverfahren wegen überlanger Wartezeiten und externer Dienstleister
im Visumverfahren

Die Europäische Kommission teilte der Abgeordneten Sevim Dağdelen in ei-
nem Schreiben vom 9. August 2013 mit, dass sie aufgrund ihrer und weiterer Be-
schwerden wegen zu langer Wartezeiten im Visumverfahren im Dezember 2012
ein so genanntes EU-Pilotverfahren eingeleitet hat, das insgesamt 13 Mitglied-
staaten der Europäischen Union (EU) betrifft (vgl. Süddeutsche Zeitung vom
5. Oktober 2013: „Warten auf ein Visum“). Die Kommission spricht von „ver-
breiteten missbräuchlichen Praktiken“ der Mitgliedstaaten, die überprüft wür-
den. Die Bundesregierung räumte der Kommission gegenüber Probleme ein und
versprach eine Verbesserung der Situation. Bei fortbestehenden Mängeln könnte
jedoch auch ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet werden.
Der EU-Visakodex schreibt eine im Regelfall maximal zweiwöchige Wartezeit
zur Beantragung eines Schengen-Visums vor. Auf Anfragen der Fraktion
DIE LINKE. wurde jedoch bekannt, dass diese Wartezeit bei deutschen Visa-
stellen im Ausland bis zu elf Wochen betrug (vgl. Bundestagsdrucksachen 17/
10022, 17/10479 und 17/12476). Während die Bundesregierung die Missstände
mit saisonalen Engpässen zu erklären versucht (vgl. Bundestagsdrucksache 17/
8221, Antwort zu Frage 10), bestätigt die Kommission in ihrem oben genannten
Schreiben die von der Fragestellerin vertretene Auffassung, wonach systemati-
sche Überschreitungen der zweiwöchigen Frist auch „in bestimmten Perioden
des Jahre nicht hinnehmbar“ sind. Im EU-Visa-Handbuch heißt es entsprechend,
dass Kapazitäten der Konsulate den Reisestoßzeiten anzupassen sind; die Bun-
desregierung hält dies jedoch für unverbindlich (vgl. Bundestagsdrucksache 17/
10479, Antwort zu Frage 9).
Die Bundesregierung hat mehrfach erklärt, sie wolle die Wartezeiten durch den
Einsatz privater Dienstleister bei der Antragsannahme reduzieren (vgl. Bundes-
tagsdrucksache 17/8221, Antwort zu Frage 10). Doch auch nachdem dies in
wichtigen Herkunftsländern erfolgt ist, besteht das Problem von überlangen
Wartezeiten bei der Vorsprache in den Visastellen fort. Laut einer Antwort des
Auswärtigen Amts vom 19. September 2013 (Bundestagsdrucksache 17/14803,
Schriftliche Frage 5) ist dies zum Beispiel in Russland der Fall, obwohl dort der-
zeit keine Hauptreisezeit ist. In Jekaterinburg, Kaliningrad, Moskau und Nowo-
sibirsk betrug die Wartezeit demnach 20 bis 32 Tage, d. h. bis zu viereinhalb Wo-
chen. In Kiew betrug die Wartezeit sechs, in Teheran über vier, in Peking drei-
einhalb und in Kairo über neun Wochen.
Weil der Einsatz externer Dienstleister für Reisende mit Mehrkosten verbunden
ist, soll er nach EU-Recht eigentlich nur als „letztes Mittel“ erfolgen (vgl. Bun-

Drucksache 18/21 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
destagsdrucksache 17/8221). Hiervon kann angesichts der systematischen
Auslagerungsstrategie des Auswärtigen Amts keine Rede sein, zumal es im Zeit-
raum 2009 bis 2012 im Bereich der Visumbearbeitung trotz gestiegener
Antragszahlen keine Aufstockung, sondern eine Reduzierung des Personals gab,
was gegen Artikel 38 Absatz 1 des Visakodex verstößt. In Russland wurden die
Mitarbeiterkapazitäten von 2009 bis 2012 um 15 Prozent zurückgefahren, welt-
weit um 6,4 Prozent (errechnet aus: Bundestagsdrucksachen 17/8221, S. 12f und
17/12755, S. 78).
Die Europäische Kommission hat in einer Mitteilung vom 13. November 2012
(KOM(2012)649 endg.) Vorschläge gemacht, wie das Visumverfahren ver-
einfacht und Wartezeiten verkürzt werden können – der Einsatz externer Dienst-
leister gehört nicht dazu. Stattdessen schlägt die Kommission z. B. den verstärk-
ten Einsatz vertrauenswürdiger Reisebüros (Reisebüroverfahren), die verstärkte
Erteilung von Mehrjahresvisa mit bis zu fünfjähriger Dauer, eine verkürzte Liste
vorzulegender Unterlagen und eine „stärkere konsularische Präsenz“ in den je-
weiligen Ländern vor. Als Vorbild wird Italien genannt, das durch den Ausbau
der konsularischen Vertretungen im Jahr 2011 die Zahl der in China erteilten
Visa gegenüber dem Vorjahr um 100 Prozent steigern konnte. Auch die USA
stockten ihre personellen Kapazitäten in China um 50 Prozent und in Brasilien
um mehr als 100 Prozent auf, Wartezeiten konnten dadurch auf unter zehn Tage
gesenkt werden.
Die Bundesregierung hingegen bedient sich nach Auffassung der Fragesteller
sogar unlauterer Mittel, um Reisende zur Inanspruchnahme der privaten Dienst-
leister zu bewegen. Nach EU-Recht muss eine kostenlose Visabeantragung in
den Visastellen immer gewährleistet sein. Hierüber wird auf den Seiten der deut-
schen Generalkonsulate im Internet zum Teil jedoch nur unzureichend in-
formiert, in Bezug auf die Türkei wird sogar der falsche Eindruck erweckt,
Reisende müssten ihre Schengen-Visa generell beim privaten Dienstleister
beantragen – nur wer im Kleingedruckten nachliest, erhält an versteckter Stelle
einen Hinweis auf die Möglichkeit der weiterhin kostenlosen Antragstellung in
denVisastellen (vgl. www.migazin.de). Parallel zum Einsatz privater Dienstleis-
ter wurden die Bedingungen der Visabeantragung in den Visastellen zum Teil
erheblich verschlechtert. Wer beispielsweise in Istanbul den kostenpflichtigen
Dienstleister nicht nutzen will, kann einen Termin zur Vorsprache in der Visa-
stelle nicht einmal mehr telefonisch vereinbaren, sondern muss dort mittwochs
zwischen 13 und 14 Uhr persönlich vorsprechen, um für einen späteren Tag
einen Termin zu erhalten (www.istanbul.diplo.de).
Mehrere Informationsblätter der deutschen Generalkonsulate in China
(www.china.diplo.de, Abruf am 25. September 2013) enthalten den Hinweis,
dass eine Antragstellung in den Visastellen „nur noch eingeschränkt möglich“
sei – ein klarer Verstoß gegen Artikel 17 Absatz 5 des Visakodex. Zugleich wer-
den saisonale Wartezeiten von „mehreren Wochen“ in Aussicht gestellt, derzeit
betrügen sie „ca. 4 Wochen“; würden keine Termine angezeigt, seien die „Kapa-
zitäten bereits ausgebucht“ – die abschreckende Wirkung solcher Angaben ist
offenkundig. Eine ähnliche Wirkung hat auch die sachlich nicht zu rechtferti-
gende Ungleichbehandlung, dass bei einer Antragstellung über die privaten
Dienstleister bereits beim ersten Visumantrag kein persönliches Erscheinen er-
forderlich ist, bei der Erstvorsprache in den Visastellen hingegen in jedem Fall.
Auf diese Vorzugsbehandlung bei einer Antragstellung über den privaten
Dienstleister wird im Internet durch die deutschen Generalkonsulate stets beson-
ders hingewiesen – mit EU-Recht vereinbar ist diese Ungleichbehandlung zur
Bevorzugung privater Dienstleister nach Ansicht der Fragesteller jedoch nicht.

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Wir fragen die Bundesregierung:
1. In welchen Visastellen wurde im Jahr 2012 bzw. im Jahr 2013 die Regelvor-

gabe einer maximal zweiwöchigen Wartefrist bis zur Vorsprache zur Bean-
tragung eines Schengen-Visums über welche Zeiträume hinweg überschritten
(bitte nach Ländern und gegebenenfalls Visastellen differenzieren und
jeweils den genauen Zeitraum der Überschreitung – mit Datumsangaben –
sowie die jeweilige Höchstwartezeit – in Tagen – nennen)?

2. Wie hat die Bundesregierung jeweils auf die in Frage 1 genannten Über-
schreitungen der Regelvorgabe zur zulässigen Wartezeit reagiert, insbeson-
dere bei Ländern bzw. Visastellen, in denen die Überschreitungen über einen
Zeitraum von über vier Wochen hinweg andauerten (bitte nach Ländern bzw.
Visastellen differenziert beantworten)?

3. Wie sind die derzeitigen Wartezeiten zur Vorsprache in den 20 wichtigsten
Herkunftsländern mit Visumpflicht, und in welchen Visastellen wird derzeit
die 2-Wochen-Regelvorgabe überschritten (bitte jeweils die aktuelle Warte-
dauer in Tagen nennen und angeben, seit wann die Vorgabe überschritten
wird; die Angaben bitte nach Ländern bzw. Visastellen und nach privat und
geschäftlich Reisenden und nach Vorsprache in der Visastelle bzw. beim ex-
ternen Dienstleister differenzieren)?

4. Wie sind die aktuellen Bearbeitungszeiten eines Visumantrags in den
20 wichtigsten Herkunftsländern mit Visumpflicht, in welchen Visastellen
wird derzeit die 15-tägige Zeitvorgabe nach Artikel 23 Absatz 1 des Visa-
kodex überschritten (bitte die jeweilige aktuelle Dauer in Tagen nennen), und
was wurde in diesen Visastellen jeweils zur Verkürzung der Bearbeitungs-
dauer unternommen (die Angaben bitte nach Ländern bzw. Visastellen und
gegebenenfalls auch nach privat und geschäftlich Reisenden differenzieren)?

5. Inwieweit haben sich die Bearbeitungszeiten in Ländern, in denen externe
Dienstleister zur Antragsannahme neu eingesetzt wurden, verlängert, etwa
weil eine in den Hauptreisezeiten gestiegene Antragszahl nicht mehr über
längere Wartezeiten bei der Terminvergabe ausgeglichen werden kann (bitte
ausführen)?

6. Wieso konnte das Auswärtige Amt in einer Sachstandsinformation für den
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union des Deutschen
Bundestages vom 14. Februar 2013 zur Auslagerung der Visaantragsan-
nahme in der Türkei die Auskunft geben, dass nur noch unter 3 Prozent aller
Visaanträge direkt in den Visastellen eingereicht würden, während es am
19. September 2013 in Beantwortung der Schriftlichen Frage 5 auf Bundes-
tagsdrucksache 17/14803 gegenüber der Abgeordneten Sevim Dağdelen
behauptete: „Eine prozentuale Aufschlüsselung nach Anträgen, die über ex-
terne Dienstleister bzw. direkt bei den Visastellen eingereicht werden, erfolgt
nicht“ (bitte nachvollziehbar ausführen)?

7. Wie ist jeweils die prozentuale Verteilung der Antragseinreichung über
Visastellen bzw. private Dienstleister in Ländern, in denen externe Dienst-
leister eingesetzt werden (die Fragesteller gehen angesichts der oben genann-
ten Sachinformation davon aus, dass die Bundesregierung zumindest über
ungefähre Zahlenangaben oder Einschätzungen hierzu verfügt oder sich eine
solche Einschätzung zumindest mit zumutbarem Aufwand verschaffen
könnte und bittet um genauere Erläuterung, falls dies nicht der Fall sein
soll)?

8. Inwieweit ist der Umstand, dass parlamentarische Anfragen zu Visawarte-
zeiten in der Vergangenheit nach Auffassung der Fragesteller mehrfach un-
vollständig oder falsch oder erst nach einer entsprechenden Beschwerde der
Ersten Parlamentarischen Geschäftsführerin der Fraktion DIE LINKE. (vgl.
Schreiben vom 13. Mai 2013 und 7. September 2012) umfassend und im

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Sinne der Fragestellung beantwortet wurden, damit zu erklären, dass die
Bundesregierung womöglich keine genaueren Informationen zu diesem
Thema öffentlich preisgeben wollte, weil sie entsprechende Rügen, Kon-
trollmaßnahmen oder gar ein Vertragsverletzungsverfahren der Europä-
ischen Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland in dieser Ange-
legenheit befürchtet (bitte ausführen)?

9. Wie ist der aktuelle Stand des EU-Pilotverfahrens 4194/12/HOME, welche

weiteren Schritte erwartet die Bundesregierung, und wie will sie den Beden-
ken der Kommission in Bezug auf überlange Wartezeiten entgegentreten
bzw. ein Vertragsverletzungsverfahren verhindern, wenn nach wie vor er-
hebliche Überschreitungen der 2-Wochen-Vorgabe in etlichen Visastellen
vorkommen, wie aus der Antwort vom 19. September 2013 auf die Schrift-
liche Frage 5 auf Bundestagsdrucksache 17/14803 hervorgeht (bitte aus-
führen)?

10. Wie erklärt die Bundesregierung die überlangen Wartezeiten in nahezu allen
Visastellen Russlands (vgl. Antwort vom 19. September 2013 auf die
Schriftliche Frage 5 auf Bundestagsdrucksache 17/14803), obwohl dort der-
zeit keine Hauptreisezeit ist, was ansonsten von der Bundesregierung immer
wieder als Erklärung für Verstöße gegen die 2-Wochen-Vorgabe vorge-
bracht wird, und warum hat der Einsatz externer Dienstleister in Russland
nicht zu einer Reduzierung der Wartezeiten in den Visastellen geführt?

11. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung der Europäischen Kommission
(siehe Vorbemerkung der Fragesteller), dass auch systematische Über-
schreitungen der 2-Wochen-Frist „in bestimmten Perioden des Jahres“ eine
Verletzung von Artikel 9 Absatz 2 des Visakodex darstellen und „nicht hin-
nehmbar“ sind, wenn nein, warum nicht (bitte ausführen), und wenn ja, was
unternimmt sie, um immer wieder vorkommende Verstöße gegen den EU-
Visakodex einzudämmen und vorsorglich zu verhindern?

12. Inwieweit stimmt die Bundesregierung der Einschätzung zu, dass die Redu-
zierung der in der Visabearbeitung eingesetzten Mitarbeiterkapazitäten von
2009 bis 2012 um weltweit 6,4 Prozent bei einer Steigerung der Visazahlen
um 11,4 Prozent – in den wichtigsten Ländern Russland, China und Türkei
hat sich die Arbeitsbelastung in diesem Zeitraum sogar verdoppelt bis ver-
dreifacht (Quellen siehe Vorbemerkung der Fragesteller) –, einen Verstoß
gegen Artikel 38 Absatz 1 des Visakodex darstellt, und haben die jüngst
vorgenommenen Aufstockungen des Personals (bitte noch einmal im Detail
aufführen) dazu geführt, dass zumindest die Bearbeitungskapazitäten des
Jahres 2009 wieder erreicht wurden?
Wenn nein, warum nicht (bitte ausführen)?

13. Wie kann die Behauptung der Bundesregierung zutreffen, externe Dienst-
leister seien z. B. in den wichtigsten Ländern Russland, Türkei und China
als „letztes Mittel“ eingesetzt worden, wenn nicht als „erstes Mittel“ die
Mitarbeiterkapazitäten entsprechend des Anstiegs der Visazahlen erhöht,
sondern im Gegenteil sogar noch gekürzt wurden (Quellen siehe Vorbemer-
kung der Fragesteller, bitte ausführen)?

14. Wie sind die in der Vorbemerkung der Fragesteller zitierten Aussagen in
Hinweisblättern der deutschen Generalkonsulate in Russland (eine Antrag-
stellung in den Visastellen sei „nur noch eingeschränkt möglich“, saisonal
gebe es Wartezeiten von „mehreren Wochen“, wenn keine Termine ange-
zeigt würden, seien die „Kapazitäten bereits ausgebucht“) vereinbar mit den
Vorgaben des EU-Visakodex (insbesondere mit Artikel 9 Absatz 2 und
Artikel 17 Absatz 5; bitte in Auseinandersetzung mit den jeweiligen
Rechtsgrundlagen begründen)?

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15. Wie ist es mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz zu vereinbaren, Visum-
antragstellern generell und selbst bei der Erstvorsprache eine Vertretungs-
möglichkeit oder postalische Erledigung einzuräumen, wenn sie ihren An-
trag über einen externen Dienstleister einreichen, bei einer Erstbeantragung
in den Visastellen hingegen zwingend auf die persönliche Vorsprache der
Betroffenen zu bestehen (hier soll von notwendigen Vorsprachen wegen der
Erfassung biometrischer Daten abgesehen werden und von der immer be-
stehenden Möglichkeit, einzelne Antragsteller in Zweifelsfällen oder für
Nachfragen persönlich vorzuladen)?

16. Kommt es in der Praxis bei der Erstantragstellung in den Visastellen regel-
mäßig zu persönlichen Befragungen der Betroffenen durch Bedienstete der
Visastellen (bitte das übliche Antrags- und Prüfverfahren vor Ort im Detail
darstellen)?
Wenn ja, wieso wird dies gemacht, wenn solche regelmäßigen persönlichen
Befragungen bei einer Erstantragstellung über externe Dienstleister grund-
sätzlich für entbehrlich gehalten werden, und wenn nein, wieso müssen
dann die Erstantragsteller in der Visastelle in jedem Fall persönlich erschei-
nen, und nicht nur in begründeten Zweifelsfällen, wie bei Antragseinrei-
chung über private Dienstleister (bitte ausführen)?

17. Falls die Bundesregierung der Auffassung ist, die geschilderte Ungleichbe-
handlung bei der Vertretungsmöglichkeit folge aus den Regeln des Visako-
dex, wird sie sich für eine entsprechende Änderung bzw. Angleichung der
entsprechenden Regeln bei der bevorstehenden Änderung des Visakodex
einsetzen, so dass – bis auf begründete Einzelfälle – generell eine Vertre-
tungsmöglichkeit oder postalische Erledigung auch bei einem Erstantrag
möglich wird (wenn nein, bitte begründen)?

18. Was entgegnet die Bundesregierung dem Vorwurf, dass die Bedingungen
der Antragstellung in den Visastellen parallel zum Einsatz externer Dienst-
leister verschlechtert wurden (etwa die Terminvergabe in Istanbul, siehe
Vorbemerkung der Fragesteller), um zur Entlastung des eigenen Personals
Betroffene zur Inanspruchnahme der privaten Dienstleister zu bewegen, und
inwieweit sollen auch die werbenden Hinweise im Internet auf eine gene-
relle Vertretungsmöglichkeit bereits bei Erstantragstellung über den priva-
ten Dienstleister diesem Zweck dienen (bitte ausführen)?

19. Ist es zutreffend, dass auch bei Einschaltung externer Dienstleister die zwei-
wöchige Regelwartezeit des Visakodex bei der Antragstellung in den Visa-
stellen weiterhin uneingeschränkt gilt, und wenn nein, warum nicht?

20. Warum wird auf den Internetseiten der deutschen Generalkonsulate bzw. ih-
ren Hinweisblättern nicht darauf hingewiesen, dass auch bei einer kostenlo-
sen Antragstellung in den Visastellen ein Termin im Regelfall innerhalb von
zwei Wochen vergeben werden muss, damit die Betroffenen sich informie-
ren und entscheiden können, ob sie die zusätzlichen Gebühren des privaten
Dienstleisters im konkreten Fall bezahlen wollen und für angemessen halten
oder nicht?

21. Was entgegnet die Bundesregierung dem Vorwurf, dass insbesondere auf
den Internetseiten der Generalkonsulate in der Türkei der falsche Eindruck
erweckt wird, die Betroffenen müssten ihren Visumantrag über den privaten
Dienstleister iDATA stellen (www.istanbul.diplo.de: „Neues Antragsver-
fahren für Visa“ (…) „Die Anträge werden jetzt bei der Firma iDATA ein-
gereicht.“, verlinkt wird: „Anträge für Schengen-Visa nimmt die Firma
iDATA entgegen.“), und ist sie der Auffassung, ein versteckter Hinweis auf
die Möglichkeit einer weiterhin kostenlosen Antragstellung in den Visastel-
len in einem verlinkten Merkblatt unter der Überschrift „Visagebühren“
(und nicht im Abschnitt zum „Antragsverfahren“) genügt, zumal nach den

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Erfahrungen der Fragesteller kaum jemand in der Türkei weiß, dass ein
Schengen-Visum auch weiterhin kostenfrei in den Visastellen beantragt
werden kann (bitte ausführen; die Antwort auf die Schriftliche Frage 9 auf
Bundestagsdrucksache 17/13991 ist nach Auffassung der Fragesteller un-
zureichend)?

22. Welche Weisungen, Rundschreiben, Briefe usw. mit welchem genauen
Inhalt hat das Auswärtige Amt wann zum Thema der Visumbearbeitung,
Vereinfachungen des Verfahrens, Verringerung der Wartezeiten, Vertre-
tungsmöglichkeiten, Einsatz externer Dienstleister im Visumverfahren usw.
in den letzten beiden Jahren versandt bzw. erlassen?

23. Inwieweit verstößt das in Istanbul praktizierte Verfahren, wonach die Be-
troffenen mindestens zweimal in der Visastelle vorsprechen müssen – zu-
nächst, um einen Termin zur Vorsprache dort zu erhalten und dann zur
Vorsprache selbst – zumindest mittelbar gegen Artikel 40 Absatz 4 des
Visakodex, wonach die Wahl der Organisationsform bei der Antragstellung
(Anträge über das Konsulat, Zusammenarbeit der Schengen-Staaten, Ein-
satz externer Dienstleister) nicht dazu führen darf, dass die Betroffenen an
mehr als einer Stelle persönlich vorsprechen müssen, weil diese Norm
offenkundig auch verhindern soll, dass den Betroffenen durch mehrmalige
Vorsprachen ein vermeidbarer erhöhter Aufwand entsteht (bitte ausführlich
begründen), und wie rechtfertigt die Bundesregierung das zeitaufwändige
und für die Betroffenen belastende Terminvergabesystem für die Antrag-
stellung in der Visastelle in Istanbul?

24. Bei welchen weiteren Visastellen weltweit gibt es keine Möglichkeit einer
telefonischen oder elektronischen (Internet-)Terminvereinbarung zur Bean-
tragung eines Schengen-Visums in der Visastelle?

25. Welche Angaben nach Artikel 40 Absatz 5 des Visakodex hat die Bundes-
regierung der Europäischen Kommission über die Ausgestaltung der An-
tragsverfahren in den einzelnen Auslandsvertretungen gemacht, und hat sie
die Europäische Kommission insbesondere darauf hingewiesen, dass mit
dem Einsatz externer Dienstleister die Vorsprachebedingungen in zumin-
dest einzelnen Visastellen verschlechtert wurden (z. B. in Istanbul, siehe
Vorbemerkung der Fragesteller) und dass bei Erstanträgen über die privaten
Dienstleister eine persönliche Vorsprache grundsätzlich nicht mehr verlangt
wird, während dies bei Erstantragstellung in den Visastellen immer der Fall
ist (wenn nein, warum nicht, und wenn ja, wie hat die Kommission hierauf
reagiert)?

26. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus der Beschwerde eines Bürgers gegenüber der Fragestellerin, wonach auf
der Webseite der deutschen Botschaft in Katar zwar auf die Möglichkeit
einer Antragstellung direkt in der Botschaft hingewiesen werde, jedoch sei
hierfür eine Terminvereinbarung über ein privates Service-Center erfor-
derlich (WorldBridge Service), das jedoch keine Termine per E-Mail ver-
gebe, sondern es müsse ein „handwritten appointment slip“ persönlich im
Service-Center abgeholt werden (diese Auskunft liegt der Fragestellerin
vor) – von dem dann aber bei persönlicher Vorsprache im Service-Center
niemand wusste, stattdessen wurde dort die falsche Information gegeben,
eine Visabeantragung sei ohnehin nur über das Service-Center möglich
(zum Aufpreis in Höhe von etwa 30 Euro)?

27. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus der Einschätzung in dem Bericht der Europäischen Kommission vom
13. November 2012 (KOM(2012) 649 endg.), Visaerleichterungen bis zum
Jahr 2015 könnten allein in der Tourismusbranche EU-weit Mehreinnahmen
von bis zu 60 Mrd. Euro und bis zu 500 000 Arbeitsplätze erbringen?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/21
28. Warum setzt die Bundesregierung zur Vereinfachung und Beschleunigung
der Visaverfahren vor allem auf den Einsatz externer Dienstleister, obwohl
dies im in Frage 27 genannten Bericht der Kommission gerade nicht als
empfehlenswerter Weg genannt wird, und warum hält die Bundesregierung
die Vorschläge der Kommission, wie z. B. den verstärkten Einsatz vertrau-
enswürdiger Reisebüros (Reisebüroverfahren), die vermehrte Erteilung von
Mehrjahresvisa mit bis zu fünfjähriger Dauer, eine verkürzte Liste vorzu-
legender Unterlagen und eine stärkere konsularische Präsenz für unzurei-
chend oder/und folgt nicht den im Bericht als vorbildlich genannten Bei-
spielen Italiens und der USA, die ihr Personal zum Teil erheblich aufge-
stockt haben, um Verfahren zu beschleunigen (bitte ausführlich darlegen)?

29. Wie ist der aktuelle Stand der Implementierung des Visainformations-
systems und der Visawarndatei, und welche Erfahrungen oder Probleme
gibt es diesbezüglich, auch hinsichtlich des Datenabgleichs zwischen Visa-
warn- und Anti-Terror-Datei (welche empirischen Daten liegen diesbezüg-
lich vor bzw. werden erfasst)?

Berlin, den 28. Oktober 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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