BT-Drucksache 18/2004

a) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksachen 18/1528, 18/1766 - Entwurf eines Gesetzes zur Einstufung weiterer Staaten als sichere Herkunftsstaaten und zur Erleichterung des Arbeitsmarktzugangs für Asylbewerber und geduldete Ausländer b) zu dem Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Sevim Dagdelen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 18/1616 - Schutzbedarf von Roma aus Westbalkanstaaten anerkennen

Vom 2. Juli 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2004
18. Wahlperiode 02.07.2014

Bericht*)

des Innenausschusses (4. Ausschuss)

a) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksachen 18/1528, 18/1766 –

Entwurf eines Gesetzes zur Einstufung weiterer Staaten als sichere
Herkunftsstaaten und zur Erleichterung des Arbeitsmarktzugangs für
Asylbewerber und geduldete Ausländer

b) zu dem Antrag der Abgeordneten lla elpke, an orte, Se im Da delen,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.

– Drucksache 18/1616 –

Schutzbedarf von Roma aus Westbalkanstaaten anerkennen

*) Die Beschlussempfehlung wurde auf Drucksache 18/1954 gesondert verteilt.

Drucksache 18/2004 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Nina Warken, Rüdiger Veit, Ulla Jelpke und Luise
Amtsberg

I. Überweisung

Der Gesetzentwurf auf Drucksache 18/1528 wurde in der 40. Sitzung des Deutschen Bundestages am 6. Juni
2014 an den Innenausschuss federführend sowie an den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz und den
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union zur Mitberatung überwiesen. Ebenso beteiligte
sich der Parlamentarische Beirat gutachtlich.
Der Antrag auf Drucksache 18/1616 wurde in der 40. Sitzung des Deutschen Bundestages am 6. Juni 2014
an den Innenausschuss federführend sowie an den Auswärtigen Ausschuss, den Ausschuss für Recht und
Verbraucherschutz und den Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe zur Mitberatung überwie-
sen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Zu a)
Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat in seiner 22. Sitzung am 2. Juli 2014 mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN die Annahme des Gesetzentwurfs empfohlen.
Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union hat in seiner 13. Sitzung am 2. Juli 2014
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, den Gesetzentwurf anzunehmen.
Zu b)
Der Auswärtige Ausschuss hat in seiner 20. Sitzung am 2. Juli 2014 mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die
Ablehnung des Antrags empfohlen.
Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat in seiner 22. Sitzung am 2. Juli 2014 mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN empfohlen, den Antrag abzulehnen.
Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe hat in seiner 16. Sitzung am 2. Juli 2014 mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags empfohlen.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Innenausschuss hat in seiner 13. Sitzung am 4. Juni 2014 einvernehmlich beschlossen, eine öffentliche
Anhörung zu den Drucksachen 18/1528 und 18/1616 durchzuführen. Die öffentliche Anhörung hat der In-
nenausschuss in seiner 15. Sitzung am 23. Juni 2014 durchgeführt. Hinsichtlich des Ergebnisses der Anhö-
rung, an der sich sechs Sachverständige beteiligt haben, wird auf das Protokoll der 15. Sitzung des Innenaus-
schusses vom 23. Juni 2014 (Nummer 18/15) mit den anliegenden Stellungnahmen verwiesen. Die Stellung-
nahme des Parlamentarischen Beirats auf Ausschussdrucksache 18(4)79 hat sowohl bei der Anhörungssit-
zung als auch bei den Beratungen vorgelegen.
Der Innenausschuss hat die Vorlagen in seiner 18. Sitzung am 1. Juli 2014 abschließend beraten. Den Ge-
setzentwurf auf Drucksache 18/1528 empfiehlt der Innenausschuss mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN an-
zunehmen.
Den Antrag auf Drucksache 18/1616 empfiehlt der Innenausschuss mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ab-
zulehnen.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2004

IV. Begründung

Zur Begründung allgemein wird auf Drucksache 18/1528 hingewiesen.
Die Fraktion der CDU/CSU betonte die Dringlichkeit des Gesetzentwurfs. Ein starker Anstieg der Asylbe-
werberzahlen sei zu verzeichnen, eben auch von Menschen aus den Westbalkanstaaten. Die Kommunen
stünden bei der Unterbringungsproblematik mit dem Rücken zur Wand. Deshalb sehe dieser Gesetzentwurf
vor, die Staaten Serbien, Bosnien und Herzegowina und Mazedonien als sichere Herkunftsstaaten nach dem
Asylverfahrensgesetz einzustufen. Die Zahl der anerkannten Schutzbedürftigen unter den Angehörigen dieser
Staaten liege deutlich unter 1 Prozent. Die gesetzliche Vermutung der Verfolgungsfreiheit sei jedoch wider-
legbar, so dass Sachvorträge zu asylrelevanten Tatsachen auch nicht ungeprüft bleiben. So sei sichergestellt,
dass die betroffenen Menschen im Einzelfall nach wie vor Schutz erhalten. Einer Ausdehnung asylrelevanter
Gründe auf Armut und soziale Probleme könne jedoch nicht gefolgt werden. Den Menschen vor Ort sei im
Übrigen durch die geförderte bilaterale Entwicklungszusammenarbeit besser geholfen, wobei die schwierige
wirtschaftliche und gesellschaftliche Lage der Roma in den Westbalkanstaaten unbestritten sei. Die Anhö-
rung hätte ergeben, dass dieser Gesetzentwurf sowohl verfassungs- als auch unionskonform sei. Frankreich
habe diese Länder ebenfalls als sichere Herkunftsstaaten eingestuft und damit positive Erfahrungen gemacht.
Das Gesetz werde eine Signalwirkung entfalten und helfen, die Kommunen zu entlasten.
Die Fraktion der SPD verwies zur Begründung des Gesetzentwurfs auf ihre differenzierenden Darlegungen
in der ersten Lesung. Nach der erfolgten sehr nützlichen Anhörung sei ihr deshalb ein Gesichtspunkt noch
besonders wichtig, hervorgehoben zu werden. Die Schutzquote von Menschen aus den in Rede stehenden
Westbalkanländern habe über viele Jahre hinweg unter 0,5 Prozent gelegen. In der Anhörung sei deutlich
geworden, dass die Entscheidungen des BAMF, d. h. auch die Ablehnungen, von den Gerichten zu über 90
Prozent bestätigt wurden. Dies sei eine hohe zustimmende Quote. Deshalb habe die Fraktion der SPD Zu-
trauen in das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und in die Qualität und Sensibilität der dortigen Be-
arbeiter und Entscheider, dass auch nach der Erklärung zu sichereren Herkunftsstaaten differenziert vorge-
gangen, relevante Sachvorträge sorgfältig geprüft und Schutzbedürftige erfasst werden. Der Vorwurf, dass
durch dieses Gesetz quasi im Schnellverfahren reihenweise Ablehnungen erfolgten, könne demnach so nicht
geteilt werden.
Die Fraktion DIE LINKE. kritisierte dieses Gesetzgebungsverfahren im Schnelldurchlauf massiv. Auch sei
der UNHCR von der Koalition fälschlicherweise für die Gesetzesbegründung missbraucht worden. Der
UNHCR lehne die Einstufung der benannten Länder als sichere Herkunftsstaaten ab. Die Einstufung sei ein
fatales Zeichen und richte sich in erste Linie gegen die Roma als Schutzsuchende. Die alltägliche Diskrimi-
nierungssituation der Roma in diesen Ländern sei dramatisch. Dies hätten auch Sachverständige in der Anhö-
rung nachdrücklich bestätigt. Deutschland habe zudem gegenüber den Roma eine historische Verantwortung.
Diese verbiete es bereits, eine solche Einstufung vorzunehmen. Der Gesetzentwurf reduziere die Verfolgung
auf eine staatlich-politische Verfolgung, lasse aber die kumulativen Verfolgungsgründe der EU-
Qualifikationsrichtlinie unberücksichtigt. Solange es diese aber gebe, dürfe es nicht zu einer Einstufung als
sichere Herkunftsstaaten kommen. Es müsse weiterhin faire Asylverfahren für Menschen aus den Staaten des
Westbalkan geben. Auch nutze die Reduzierung des Arbeitsverbots auf drei Monate für diese Menschen we-
nig, solange die Vorrangprüfung aufrechterhalten bleibe.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lehnt den Gesetzentwurf ebenfalls ab. Verfahrensmäßig sei
diese Gesetzesbehandlung dem Parlament und den üblichen gewissenhaften Beratungsmodalitäten des Innen-
ausschusses nicht angemessen. Die EU-rechtliche Vorgabe einer gründlichen Tatsachenwürdigung sei eben-
falls nicht eingehalten. Diese hätte aber vor einer solchen Einstufung erfolgen müssen. Die Fiktion der siche-
ren Herkunftsstaaten sei ohnehin ein Denkfehler. Kumulative Verfolgungsgründe werden bei diesem Gesetz-
entwurf ausgeblendet. Der fehlende effektive Rechtsschutz sei eines Rechtsstaates nicht würdig. Artikel 16
Grundgesetz werde weiter ausgehöhlt. Die niedrigen Schutzquoten von Menschen aus den Westbalkanlän-
dern als Rechtfertigung für diesen Gesetzentwurf anzuführen sei unredlich, weil diese Folge der selbstge-
schaffenen Fakten durch die vorausgegangene Politik der Bundesregierung sei. Richtig sei auch, dass die
Verbesserung der Reduzierung des Arbeitsverbots auf drei Monate nur dann den Menschen helfe, wenn die
Vorrangprüfung aufgehoben werde. Dem Antrag der Fraktion DIE LINKE. werde zugestimmt.

Berlin, den 1. Juli 2014
Drucksache 18/2004 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Nina Warken
Berichterstatterin

Rüdiger Veit
Berichterstatter

Ulla Jelpke
Berichterstatterin

Luise Amtsberg
Berichterstatterin

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.