BT-Drucksache 18/1991

Einsätze von so genannten stillen SMS, WLAN-Catchern, IMSI-Catchern, Funkzellenabfragen sowie Software zur Bildersuche im ersten Halbjahr 2014

Vom 30. Juni 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1991
18. Wahlperiode 30.06.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Jan Korte, Herbert Behrens, Annette Groth,
Dr. André Hahn, Inge Höger, Ulla Jelpke, Petra Pau, Martina Renner, Dr. Petra Sitte,
Frank Tempel, Kathrin Vogler, Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Einsätze von so genannten stillen SMS, WLAN-Catchern, IMSI-Catchern,
Funkzellenabfragen sowie Software zur Bildersuche im ersten Halbjahr 2014

Berichte über die zunehmende Überwachung und Analyse digitaler Verkehre
untergraben das Vertrauen in die Freiheit des Internet und der Telekommunika-
tion. Aus Antworten der Bundesregierung auf frühere parlamentarische Anfra-
gen geht hervor, dass dies vor allem den polizeilichen Bereich betrifft: Der
Einsatz von stillen SMS, WLAN-Catchern und IMSI-Catchern nimmt stetig zu,
die Ausgaben für Analysesoftware steigen ebenfalls (Telepolis, 5. Mai 2014).
Auch die Fähigkeiten zur Bildersuche in Polizeidatenbanken werden weiterent-
wickelt, beispielsweise nutzt das Bundeskriminalamt immer häufiger die Mög-
lichkeit der Abfrage seiner Datenbestände mittels Aufnahmen aus Über-
wachungskameras. Neuere Meldungen über Fähigkeiten in- und ausländischer
Geheimdienste sind weiterer Anlass zu großer Besorgnis: Britische, US-ameri-
kanische, aber auch deutsche Behörden filtern anlasslos den Telekommunika-
tionsverkehr und durchsuchen diesen nach Schlüsselbegriffen. Der frühere Bun-
desminister des Innern, Dr. Hans-Peter Friedrich, rechtfertigte dies damit, dass es
ein „Supergrundrecht“ auf Sicherheit gebe (Bundestagsdrucksache 17/14714).
Die Fragestellerinnen und Fragesteller sind demgegenüber der Ansicht, dass
Grundrechte nicht hierarchisiert werden können. Um das gestörte Vertrauen in
das Fernmeldegeheimnis wiederherzustellen, fordern die Fragestellerinnen und
Fragesteller die regelmäßige Veröffentlichung entsprechender Informationen,
darunter auch aller Stichworte, die von Behörden, wie dem Bundesnachrichten-
dienst, zur Durchsuchung digitaler Kommunikation genutzt werden.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie oft haben welche Bundesbehörden im ersten Halbjahr 2014 von WLAN-

Catchern Gebrauch gemacht?
a) Wie viele Personen und Ermittlungsverfahren waren jeweils betroffen?
b) Wie viele Betroffene sind hierüber nachträglich benachrichtigt worden?
c) Welche Hard- und Software wird hierfür genutzt, und welche Änderungen

haben sich hierzu gegenüber dem Vorjahr ergeben (Bundestagsdrucksache
17/14714)?

Drucksache 18/1991 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
2. Welche Bundesbehörden haben im ersten Halbjahr 2014 wie oft IMSI-
Catcher eingesetzt?
a) Wie viele Personen und Ermittlungsverfahren waren jeweils betroffen?
b) Wie viele Betroffene sind hierüber nachträglich benachrichtigt worden?
c) Für welche deutschen Firmen bzw. Lizenznehmer ausländischer Produkte

wurden seitens der Bundesregierung im ersten Halbjahr 2014 Ausfuhr-
genehmigungen für IMSI-Catcher in welche Bestimmungsländer erteilt?

3. Wieviele Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen (TKÜ-Maßnah-
men) hat das Bundeskriminalamt im ersten Halbjahr 2014 durchgeführt?
a) Welche Bundesbehörden betreiben an welchen Standorten und in welchen

Abteilungen eigene Server zum Ausleiten bzw. Empfangen von Daten aus
der TKÜ durch Betreiber von Telekommunikationsanlagen, bzw. welche
Änderungen haben sich gegenüber dem Vorjahr ergeben (Bundestags-
drucksache 17/14714)?

b) Welche Gesamtkosten von Auskunftsersuchen für TKÜ entstanden im
ersten Halbjahr 2014?

c) Welche Software zur Überwachung, Ausleitung, Analyse und Verarbei-
tung ausgeforschter digitaler Kommunikation kommt bei den Polizeien
des Bundes sowie den In- und Auslandsgeheimdiensten der Bundesregie-
rung zur Anwendung, und welche Angaben kann die Bundesregierung zu
deren Funktionsweise machen?

4. Inwiefern und auf welche Weise wird der Internetknoten DE-CIX bzw.
andere in Deutschland oder auch im Ausland befindliche, internationale
Schnittstellen von Glasfaserkabeln durch welche Bundesbehörden über-
wacht, bzw. welche Änderungen haben sich gegenüber dem Vorjahr ergeben
(Bundestagsdrucksache 17/14714)?

5. Wie viele Maßnahmen der Funkzellenauswertung haben welche Bundes-
behörden im ersten Halbjahr 2014 vorgenommen (bitte wie auf Bundestags-
drucksache 17/14714 beantworten)?
a) Wie viele Personen und Ermittlungsverfahren waren jeweils betroffen?
b) Wie viele Betroffene sind hierüber nachträglich benachrichtigt worden?
c) Welche Funkzellenabfragen wurden vom Ermittlungsrichter des General-

bundesanwalts beim Bundesgerichtshof gestattet, und im Zusammenhang
mit welchen Ermittlungen fanden diese statt?

6. Inwiefern sind Bundesbehörden des Innern, der Verteidigung, der Finanzen
oder des Bundeskanzleramts mittlerweile in der Lage, Mikrofone von Mobil-
telefonen aus der Ferne zu aktivieren, um diese als Abhöreinrichtungen zu
nutzen, in welchem Umfang wird dies bereits genutzt, und welche Soft- oder
Hardware wird hierfür genutzt?

7. Welche weiteren Hersteller haben im ersten Halbjahr 2014 an polizeiliche
oder geheimdienstliche Bundesbehörden Software zur computergestützten
Bildersuche bzw. zu Bildervergleichen (auch testweise) geliefert, nach wel-
chem Verfahren funktioniert diese, wo wird diese jeweils genutzt bzw.
welche Nutzung ist anvisiert, welche konkreten Behörden bzw. deren Abtei-
lungen sind bzw. wären darüber zugriffsberechtigt, in welchen Ermittlungen
kommen bzw. kämen diese im Einzel- oder Regelfall zur Anwendung, bzw.
welche Änderungen haben sich gegenüber dem Vorjahr ergeben (Bundes-
tagsdrucksache 17/14714)?
a) Welche Kosten sind für Tests oder Beschaffung entsprechender Software

entstanden?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1991
b) Auf welche Datensätze kann die etwaige, neu beschaffte Software zu-
greifen, nach welchem Verfahren funktioniert diese, wo wird diese je-
weils genutzt, welche konkreten Behörden bzw. deren Abteilungen sind
darauf zugriffsberechtigt?

c) Inwiefern kann die Bundesregierung mitteilen, ob die Anwendung von
Software zur computergestützten Bildersuche bzw. zu Bildervergleichen
im Vergleich zum Vorjahr zu- oder abnimmt?

8. Welche Software welcher Hersteller kommt bei Bundesbehörden zur krimi-
nalpolizeilichen Vorgangsverwaltung und Fallbearbeitung zur Anwendung
(bitte nach Vorgangsbearbeitung, kriminalistische Fallbearbeitung auf-
schlüsseln), bzw. welche Änderungen haben sich gegenüber dem Vorjahr er-
geben (Bundestagsdrucksache 17/14714)?
a) Welche Kosten sind Bundesbehörden im Einzelfall und unter Berück-

sichtigung der Arbeitszeit innerhalb der Behörde für die Beschaffung,
Anpassung, den Service und die Pflege der Software entstanden, bzw.
welche Änderungen haben sich gegenüber dem Vorjahr ergeben (Bun-
destagsdrucksache 17/14714)?

b) Welche weiteren Produkte der Firma rola Security Solutions GmbH
(auch „Zusatzmodule“) wurden für welche Behörden und welche Ein-
satzzwecke beschafft, bzw. welche Änderungen haben sich gegenüber
dem Vorjahr ergeben (Bundestagsdrucksache 17/14714)?

c) Inwiefern und wofür werden Anwendungen der rola Security Solutions
GmbH auch bei In- und Auslandsgeheimdiensten der Bundesregierung
genutzt, bzw. welche Änderungen haben sich gegenüber dem Vorjahr er-
geben (Bundestagsdrucksache 17/14714)?

9. Welche neueren Details kann die Bundesregierung zur Einrichtung des
Kompetenzzentrums Informationstechnische Überwachung (CC ITÜ) mit-
teilen (Bundestagsdrucksache 17/14714)?
a) In welcher Höhe ist das CC ITÜ im Jahr 2013 mit Finanzmitteln ausge-

stattet gewesen, und wie ist der Haushaltansatz für das Jahr 2014?
b) Wie verteilen sich die Finanzmittel von 2014 auf die Beschaffung bzw.

Programmierung von Computerspionageprogrammen (staatliche Troja-
ner) sowie andere Soft- und Hardware zur informationstechnischen
Überwachung, und um welche Anwendungen handelt es sich dabei
konkret?

c) Welche Akteure (Ämter, Behörden, Institute, Firmen, Stiftungen etc.)
wurden im ersten Halbjahr 2014 (auch zwischenzeitlich ) in deren Ent-
wicklung und Anwendung eingebunden, bzw. welche Änderungen haben
sich gegenüber dem Vorjahr ergeben (Bundestagsdrucksache 17/14714)?

d) Welche Firmen oder Institute haben in welchem Zusammenhang eine
unterstützende und beratende Funktion wahrgenommen?

10. Welche Bundesbehörden sind derzeit technisch und rechtlich in der Lage,
an Mobiltelefone stille SMS zum Ausforschen des Standortes ihrer Besitze-
rinnen und Besitzer oder zum Erstellen von Bewegungsprofilen zu ver-
schicken?
a) Wie viele stille SMS wurden von den jeweiligen Behörden im ersten

Halbjahr 2014 jeweils versandt (bitte bezüglich des Zollkriminalamts
nach den einzelnen Zollfahndungsämtern aufschlüsseln)?

b) Wie viele Personen und Ermittlungsverfahren waren jeweils betroffen?
c) Wie viele Betroffene sind hierüber nachträglich benachrichtigt worden?

Drucksache 18/1991 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
d) Welche Hard- und Software wird hierfür genutzt, und welche Änderun-
gen haben sich hierzu gegenüber dem Vorjahr ergeben (Bundestags-
drucksache 17/14714)?

11. Welche Treffen des Runden Tischs zur Sicherstellung der Telekommunika-
tionsüberwachung in der Zukunft des Bundesministeriums des Innern (Bun-
destagsdrucksache 17/14832) bzw. seiner Arbeitsgruppen oder Unterar-
beitsgruppen haben im ersten Halbjahr 2014 stattgefunden, wer lud ein und
wer nahm teil?
Welche Herausforderungen, die sich aus den Entwicklungen auf dem Gebiet
der Telekommunikation (TK) für die Nachrichtendienste, Polizei- und
Strafverfolgungsbehörden ergeben, wurden behandelt?

12. Mit welchen konkreten Weiterentwicklungen spezifischer Verfahren,
Markt- und Techniktrendbeobachtungen oder Strategieentwicklungen für
neue Überwachungsansätze war das Strategie- und Forschungszentrum Te-
lekommunikation (SFZ TK) im ersten Halbjahr 2014 befasst?
a) Auf welche Weise und mit welchen Partnerinnen und Partnern arbeitet

das SFZ TK an Technologien zur automatisierten Ausforschung sozialer
Netzwerke, und welche Aufträge an welche Dritten wurden vergeben?

b) Auf welche Weise und mit welchen Partnerinnen und Partnern arbeitet
das SFZ TK an Möglichkeiten zum Umgehen oder Brechen von Ver-
schlüsselungen, und welche Aufträge an welche Dritten wurden verge-
ben?

c) Auf welche Weise und mit welchen Partnerinnen und Partnern arbeitet
das SFZ TK an Möglichkeiten des Abhörens von Cloud-Computing, und
welche Aufträge an welche Dritten wurden vergeben?

13. Nach welchen mehreren Tausend Suchbegriffen durchforstet der Bundes-
nachrichtendienst die digitale Telekommunikation im Rahmen seiner
„Strategischen Fernmeldeaufklärung“ (Bundestagsdrucksache 17/9640)?

Berlin, den 27. Juni 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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