BT-Drucksache 18/193

Prüfung von weiteren ungeklärten Tötungsdelikten auf einen möglichen rechtsextremen und rassistischen Hintergrund zwischen den Jahren 1990 und 2011 durch die Bundesregierung

Vom 17. Dezember 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 18/193
18. Wahlperiode 17.12.2013
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Martina Renner, Petra Pau, Sevim Dağdelen, Dr. Andre Hahn,
Ulla Jelpke, Katrin Kunert, Harald Petzold (Havelland) und der Fraktion DIE LINKE.

Prüfung von weiteren ungeklärten Tötungsdelikten auf einen möglichen
rechtsextremen und rassistischen Hintergrund zwischen den Jahren 1990
und 2011 durch die Bundesregierung

In den Medien wird darüber berichtet, dass insgesamt „3300 ungeklärte Delikte
durch das Bundeskriminalamt und die für die Polizeiarbeit zuständigen 16 Bun-
desländer überprüft“ werden (Berliner Zeitung, 5. Dezember 2013). Die „Ber-
liner Zeitung“ schreibt: „Die Zahl der Opfer rechtsextremer Gewalt in Deutsch-
land ist möglicherweise 14 mal höher als bisher offiziell angegeben. Die Bun-
desregierung ging bislang von 63 Morden mit rechtsextremistischem Hinter-
grund aus. Nun gibt es aber bei 746 Tötungsdelikten und Tötungsversuchen mit
insgesamt 849 Opfern zwischen 1990 und 2011 laut Bundesinnenministerium
Anhaltspunkte für ein möglicherweise rechtsextremistisches Tatmotiv. (…) Bis
zum Sommer 2014 soll es endgültige Zahlen geben. (…) Woher die jetzt zutage
getretene Differenz rührt, vermochte der Sprecher des Innenministeriums am
Mittwoch nicht genau zu sagen. Augenscheinlich werden aber neuerdings weiter
gefasste Kriterien zugrunde gelegt. So könne man eine Beziehungstat unter
Rechtsextremisten auch deren Gesinnung zuschreiben, sagte der Sprecher.“
(Ebenda.)

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Bei wie vielen der Fälle handelte es sich um vollendete Tötungsdelikte (bitte

nach Tatdatum, Tatort, Bundesland, Täter bzw. Tätern und dessen politisches
Umfeld, Motivation und Opfergruppe aufschlüsseln)?

2. Bei wie vielen der Fälle handelte es sich um versuchte Tötungsdelikte (bitte
nach Tatdatum, Tatort, Bundesland, Täter bzw. Tätern und dessen politisches
Umfeld, Motivation und Opfergruppe aufschlüsseln)?

3. Wie viele und welche Verdachtsfälle von politisch rechts motivierten vollen-
deten und versuchten Tötungsdelikten haben welche Bundesländer an die
„Arbeitsgruppe Fallanalyse“ des Gemeinsamen Abwehrzentrums gegen
Rechtsextremismus und -terrorismus (GAR) übermittelt?

4. Wurde der Kriterienkatalog der Polizeibehörden bei der neuen Suche und Er-
fassung nach bundesweit unentdeckten Gewalttaten von Rechtsextremisten
erweitert, und wenn ja, welche neuen Erfassungskriterien wurden aufgenom-
men (bitte genau auflisten)?

Drucksache 18/193 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
5. Treffen Meldungen in den Medien zu, nach denen dieser neue Kriterienka-
talog vom Bundesministerium des Innern (BMI) oder Bundes- und Länder-
behörden „als Verschlusssache eingestuft und damit für die Öffentlichkeit
nicht zugänglich“ sei (ZEIT ONLINE, 6. Dezember 2013), und wenn ja, wie
wird dies begründet?

6. Wurden bei den Fällen, sofern vorhanden, die gerichtlichen Urteile ausge-
wertet (bitte nach Einzelfällen, in welchen Fällen Urteile vorlagen und in
welchen Fällen diese nunmehr und auch schon bei vorangegangenen Über-
prüfungen zur Bewertung hinzugezogen wurden, auflisten)?

7. Wie bewertet die Bundesregierung heute ihre Angaben bis zum Jahr 2011
gegenüber dem Parlament zu den rechtsextrem und fremdenfeindlich moti-
vierten vollendeten und versuchten Tötungsdelikten (vgl. Antwort der Bun-
desregierung vom 7. Oktober 2009 auf die Große Anfrage „Rechtsextreme
Tötungsdelikte seit 1990 und antisemitisch motivierte Schändungen jüdi-
scher Friedhöfe seit 2000“ – Bundestagsdrucksache 16/14122 – und Ant-
wort der Bundesregierung vom 27. September 2011 auf die Große Anfrage
„Mindestens 137 Todesopfer rechter Gewalt in der Bundesrepublik
Deutschland seit 1990“ – Bundestagsdrucksache 17/7161)?

8. Wie bewertet es die Bundesregierung heute, dass sie in der Antwort vom
27. September 2011 auf die Große Anfrage „Mindestens 137 Todesopfer
rechter Gewalt in der Bundesrepublik Deutschland seit 1990“ (Bundestags-
drucksache 17/7161) es ablehnte, vollende Tötungsdelikte aus dem Zeit-
raum 1990 bis 2008 noch einmal neu zu überprüfen?

9. Wie bewertet es die Bundesregierung heute, dass der Parlamentarische
Staatssekretär beim Bundesminister des Innern Dr. Ole Schröder bei der
Beantwortung der Großen Anfrage „Mindestens 137 Todesopfer rechter Ge-
walt in der Bundesrepublik Deutschland seit 1990“ (Bundestagsdrucksache
17/7161) für die Bundesregierung erklärte, dass die offizielle Statistik
„nicht in Zweifel zu ziehen“ sei (Bundestagsdrucksache 17/7161, S. 21)?

10. Welche in der Großen Anfrage „Mindestens 137 Todesopfer rechter Gewalt
in der Bundesrepublik Deutschland seit 1990“ (Bundestagsdrucksache 17/
7161) von den Fragestellern angeführten Gewalttaten finden sich jetzt unter
den neu auf einen rechten bzw. rassistischen Tatzusammenhang zu überprü-
fenden Fällen?

Berlin, den 17. Dezember 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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