BT-Drucksache 18/1851

Gefahren durch Atomtransporte in Deutschland

Vom 24. Juni 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1851
18. Wahlperiode 24.06.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Hubertus Zdebel, Caren Lay, Herbert Behrens, Karin Binder,
Ralph Lenkert, Dr. Kirsten Tackmann und der Fraktion DIE LINKE.

Gefahren durch Atomtransporte in Deutschland

Der vom Deutschen Bundestag beschlossene mittelfristige Atomausstieg ändert
nichts daran, dass in der Bundesrepublik Deutschland tagtäglich radioaktives
Material für die Atomindustrie befördert wird – für die Atomkraftwerke sowie
die Atomfabriken in Gronau und Lingen. Zudem dürfen die Urananreicherungs-
anlage Gronau und die Brennelementefabrik Lingen nach dem Willen der Bun-
desregierung zeitlich unbefristet weiterlaufen, wodurch der Atomausstieg nicht
vollendet wird. Die Atomtransporte sind gefährlich: Unter anderem beim Brand
der ATLANTIC CARTIER am 1. Mai 2013 im Hamburger Hafen zeigte sich
die hohe Unfallgefahr bei Atomtransporten, aber auch im Normalbetrieb stellen
die radioaktiven Strahlen eine Gefahr dar.
Auch durch den Nord-Ostsee-Kanal wird regelmäßig radioaktives Material
transportiert. Laut dem aktuellen Jahresbericht der Wasser- und Schifffahrtsver-
waltung des Bundes fuhren im Jahr 2012 fast 35 000 Schiffe durch den Nord-
Ostsee-Kanal. Damit ist dieser Kanal die meistbefahrene Wasserstraße der Welt.
Gerade wegen des vielen Verkehrs kommt es dort häufiger zu Unfällen und sind
die Gefahren besonders groß.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche innerdeutschen sowie grenzüberschreitenden genehmigungs- oder

anzeigepflichtigen Verbringungen von Kernbrenn- und Ausgangsstoffen und
radioaktiven Abfällen/Reststoffen gab es seit Januar 2012 bis heute laut der
Erfassung seitens des Bundesamtes für Strahlenschutz und des Bundesamtes
für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (bitte für jedes Jahr eine tabellarische
Übersicht mit transportgenauer Beschreibung aller elektronisch erfassten An-
gaben zu Stoff, Menge, Behälter, jeweiliger Aktivität der Stoffe und Klassifi-
zierung, Absender, genauem Absenderort, Empfänger, genauem Bestim-
mungsort, Transportdatum – falls unterschiedlich auch Ankunfts- und Start-
datum –, Lieferunternehmen/Antragsteller, Transportmittel, Sicherungskate-
gorie, Route – z. B. benutzte Autobahnen oder Güterbahnhöfe usw. – erstel-
len)?

2. Welche Atomtransporte gab es laut der Erfassung des Eisenbahn-Bundesam-
tes seit Januar 2012 bis dato (bitte für jedes Jahr eine tabellarische Übersicht
mit transportgenauer Beschreibung aller elektronisch erfassten Angaben er-
stellen)?

3. Welche Zwischenhalte gab es jeweils (bitte nach Datum, transportiertem
Stoff, Ort und Dauer des Halts auflisten)?

Drucksache 18/1851 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
4. Wo wechselten transportierte radioaktive Stoffe den Verkehrsträger (bitte
nach Datum, Ort, Dauer des Umschlags und Dauer des Verbleibs an dem Ort
auflisten)?

5. Werden seit dem Brand der ATLANTIC CARTIER am 1. Mai 2013 höhere
Sicherheitsmaßnahmen beim Transport radioaktiver Stoffe verlangt?
Falls ja, welche?
Falls nein, warum nicht?

6. Welche Transporte radioaktiven Materials wurden seit 2000 durch den
Nord-Ostsee-Kanal durchgeführt (bitte für jedes Jahr eine tabellarische
Übersicht mit transportgenauer Beschreibung aller elektronisch erfassten
Angaben zu Stoff, Menge, Behälter, jeweiliger Aktivität der Stoffe und
Klassifizierung, Absender, genauem Absenderort, Empfänger, genauem
Bestimmungsort, Transportdatum – falls unterschiedlich auch Ankunfts-
und Startdatum –, Reederei, Umschlaghafen, Sicherungskategorie erstel-
len)?

7. Wer ist zuständig für die atomrechtliche Aufsicht der Transporte mit radio-
aktiven Stoffen durch den Nord-Ostsee-Kanal?

8. Wer ist zuständig für Sicherheitsvorkehrungen und Kontrollen, ob die Si-
cherheitsbestimmungen eingehalten werden?

9. Welche Behörden werden vorab über die Atomtransporte durch den Nord-
Ostsee-Kanal informiert?

10. Wie oft wurden seit dem Jahr 2000 Kontrollen von Schiffen durchgeführt,
die radioaktive Stoffe an Bord hatten und den Nord-Ostsee-Kanal durch-
querten?

11. Welche Sicherheitsmängel und Pannen gab es bislang bei den Atomtrans-
porten durch den Nord-Ostsee-Kanal (bitte nach Datum, Name des Schiffes,
Art und Umfang der radioaktiven Ladung, Art des Vorfalls, ergriffenen (Ge-
gen-)Maßnahmen aufschlüsseln)?

12. Welche Arten von radioaktiven Stoffen bedürfen für die Passage des Nord-
Ostsee-Kanals einer Genehmigung (bitte nach Art der radioaktiven Stoffe,
Art und Beantragungsfrist der Genehmigung und der jeweils ausstellenden
Behörde aufschlüsseln)?

13. Welche Arten von radioaktiven Stoffen müssen vor der Passage jeweils an-
gemeldet werden (bitte nach Art der radioaktiven Stoffe, der jeweiligen
Meldefrist und der jeweils zuständigen Meldestelle/-behörde aufschlüs-
seln)?

14. Dürfen auch abgebrannte Brennelemente oder andere Formen hochradioak-
tiven Atommülls durch den Nord-Ostsee-Kanal befördert werden?

15. Gibt es für den Nord-Ostsee-Kanal ein Gefahrgut-Informationssystem, wie
es z. B. für den Hamburger Hafen existiert?

16. Wenn ja, wie sieht die Funktionsweise genau aus?
Wenn nein, warum nicht?

17. Welche Sicherheitsvorkehrungen müssen Schiffe mit radioaktiver Ladung
an Bord vor und während der Passage durch den Nord-Ostsee-Kanal tref-
fen?

18. Ist während der gesamten Passage durch den Nord-Ostsee-Kanal ein Lotse
an Bord?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1851
19. Werden die Anrainerkommunen, lokale Feuerwehren oder Krankenhäuser
am Nord-Ostsee-Kanal vor der Passage eines Schiffes mit radioaktiver
Fracht informiert?

20. Wenn ja, wie sieht das Informationsprocedere konkret aus?
Wenn nein, warum nicht?

21. Strebt die Bundesregierung zur Erhöhung der Sicherheit im Nord-Ostsee-
Kanal und auf anderen Kanälen und Flüssen ein Verbot des Transportes von
radioaktiven Stoffen an?

22. Wenn ja, ab wann und in welchem Umfang?
Wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 23. Juni 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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