BT-Drucksache 18/1714

Ausbau von Körperscannern an Flughäfen

Vom 6. Juni 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1714
18. Wahlperiode 06.06.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jan Korte, Dr. André Hahn, Ulla Jelpke, Kerstin Kassner,
Katrin Kunert, Petra Pau, Harald Petzold (Havelland), Dr. Petra Sitte,
Frank Tempel, Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Ausbau von Körperscannern an Flughäfen

Nach Auswertung der Ergebnisse einer Erprobungsphase verkündete das Bun-
desministerium des Innern Ende August 2011, dass der damalige Bundesinnen-
minister Dr. Hans-Peter Friedrich von der Einführung von Körperscannern ab-
sehen würde, da sie sich nicht als praxistauglich erwiesen hätten.
Drei Jahre später heißt es nun aus dem gleichen Bundesministerium durch die
Sprecherin Pamela Müller-Niese, dass „ein Aufwuchs der Gerätezahlen“ (taz.die
tageszeitung, „Demnächst wird es ernst mit den Körperscannern“, 23. April
2012) geplant sei. Auch von Seiten der Bundespolizei gibt es offenbar wieder
verstärkt Interesse an den Scannern. „Das ist ein Projekt von uns, das wir grund-
sätzlich weiter verfolgen“, hieß es aus dem Bundespolizeipräsidium in Potsdam
(taz.die tageszeitung, „Demnächst wird es ernst mit den Körperscannern“,
23. April 2012).
Nach dem Flop des Pilottests auf dem Hamburger Flughafen im Jahr 2010 be-
fänden sich nunmehr seit dem Jahr 2012 wieder 14 Körperscanner auf vier ver-
schiedenen deutschen Flughäfen in einer Testphase. Die Kosten für ein Gerät der
US-Firma L-3 Communications Security and Detection Systems belaufen sich
dabei laut Medienberichten auf 150 000 Euro (taz.die tageszeitung, „Demnächst
wird es ernst mit den Körperscannern“, 23. April 2014).
Nach Angaben der Bundespolizei seien die Kinderkrankheiten, die noch zu Be-
ginn der Einführung im Jahr 2010 erhebliche Ausmaße hatten, mittlerweile aus-
gemerzt (vgl. taz.die tageszeitung, „Demnächst wird es ernst mit den Körper-
scannern“, 23. April 2012). Damals wurden nicht nur Bedenken hinsichtlich der
Auswirkungen auf die Gesundheit geäußert, sondern es wurde auch die Unzu-
verlässigkeit der Scanner beanstandet. Außerdem lösten die Geräte unnötige
Alarme aus, da beispielsweise auf mehrere Kleidungsschichten und dadurch her-
vorgerufene Falten, Taschentücher und sogar Schweißflecken reagiert wurde.
Solche Fehlalarme hätte es bei 49 Prozent der Kontrollen gegeben. In 15 Pro-
zent der Fälle sei der Alarm berechtigt gewesen, wogegen in 5 Prozent der Fälle
nicht geklärt werden konnte, aus welchem Grund Alarm ausgelöst wurde (vgl.
FOCUS, 31. August 2011).
Neben technischen Problemen gab es auch aus datenschutzrechtlicher Perspek-
tive einige Kritikpunkte. Dazu gehörte unter anderem die Darstellung von rea-
listischen Körperbildern der Passagiere auf den Kontrollmonitoren. Durch den
damaligen Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfrei-
heit, Peter Schaar, wurde zudem bemängelt, dass die Kontrollen für Passagiere
mit medizinischen Hilfsmitteln mehr als unangenehm seien. Peter Schaar kriti-

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sierte, dass die Scanner bei medizinischen Gerätschaften wie künstlichen Darm-
ausgängen oder auch nur beim Tragen einer Windel Alarm schlugen, was häufig
eine Nachkontrolle in „sehr sensiblen Bereichen“ nach sich zog.
Bisher können die Passagiere wählen, ob sie sich von den Körperscannern
durchleuchten lassen oder sich einer Abtastung durch das Flughafenpersonal
unterziehen. Laut der Sprecherin des Bundesministeriums des Innern, Pamela
Müller-Niese, genießen die Körperscanner jedoch „bei den Passagieren eine
hohe Akzeptanz“.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Auf welchen vier deutschen Flughäfen werden derzeit wie viele Körper-

scanner auf welcher gesetzlichen Grundlage eingesetzt?
2. Wie lange werden die Körperscanner bereits eingesetzt, und welche Kosten

sind dabei bisher entstanden (bitte nach Flughafen, Anzahl der Körperscan-
ner, Zeitraum und Kosten aufschlüsseln)?

3. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, wie viele der Passagiere absolut
und prozentual die Körperscanner nutzen (bitte Statistiken anfügen)?

4. Unter wessen Leitung findet die seit dem Jahr 2012 andauernde Erprobung
der Körperscanner statt, durch wen wird sie evaluiert, und zu welchen Er-
gebnissen kam man bisher?

5. Worin besteht das Testsetting genau, und welche Kriterien müssen die Er-
gebnisse erfüllen, um als erfolgreicher Test zu gelten?

6. Handelt es sich bei den eingesetzten Körperscannern um die gleichen Mo-
delle derselben Firma wie die in Hamburg eingesetzten?
Wenn nicht, um welches Modell welcher Firma handelt es sich jeweils (bitte
nach Flughäfen und eingesetzten Modellen aufschlüsseln)?

7. Welche Verbesserungen zeigen die neuen Geräte im Vergleich zu den alten
hinsichtlich
a) ihrer Zuverlässigkeit oder
b) der Effektivität, das heißt der Abfertigungsdauer im Gegensatz zur

manuellen Sicherheitsabfertigung?
8. Welche Defizite zeigen die momentan eingesetzten Körperscanner auf?
9. Erkennen die Geräte medizinische Hilfen wie künstliche Darmausgänge,

Prothesen und Schmuckgegenstände (Piercings etc.), und werden diese
mittlerweile als nicht sicherheitsrelevant eingestuft?

10. Kann die Bundesregierung Auswirkungen auf die Gesundheit sowohl für
Passagiere als auch für das Flughafenpersonal durch die Nutzung von Kör-
perscannern mittlerweile ausschließen?
Wenn ja, wieso?
Wenn nein, wie schätzt die Bundesregierung eine gesundheitliche Gefähr-
dung ein (bitte begründen)?

11. Wurde die Kritik des ehemaligen Bundesbeauftragten für den Datenschutz
und die Informationsfreiheit, Peter Schaar, berücksichtigt?
Wenn ja, wie und in welcher Form?
Wenn nein, warum nicht?

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12. Welche arbeitsrechtlichen Bestimmungen und Aspekte ergeben sich für das
Flughafenpersonal durch die Arbeit mit den Körperscannern beispielsweise
hinsichtlich Arbeits- bzw. Pausenzeiten, Gesundheitschecks und Ähn-
lichem?

13. Welche weiteren Testphasen wurden seit dem Jahr 2010 am Hamburger
Flughafen durchgeführt?
a) Durch wen wurden die Testphasen wo durchgeführt und begleitet?
b) Welche Kosten sind dabei entstanden?
c) Welche konkreten Ergebnisse liegen der Bundesregierung vor?

14. Wie begründet die Bundesregierung ihren Sinneswandel und die geplante
Aufrüstung und Einführung der Körperscanner?

15. Welche Pläne hat die Bundesregierung hinsichtlich der Aufrüstung der Ge-
räte?
a) Ist bereits bekannt, um wie viele Körperscanner an welchen Flughäfen

aufgerüstet werden soll?
b) An welchen Flughäfen sind in welchem Umfang (auch Kosten bitte an-

geben) bauliche Änderungen nötig geworden, und für welche sind solche
Maßnahmen absehbar?

c) Welche Kosten werden dabei jeweils entstehen (bitte jeweils aufschlüs-
seln)?

16. Plant die Bundesregierung eine verbindliche Nutzung der Körperscanner,
und wie wäre diese durchzusetzen?

17. Sieht die Bundesregierung vor dem Hintergrund möglicher zeitlicher oder
sonstiger Nachteile bzw. Schlechterstellungen von Passagieren, die sich
durch das Flughafenpersonal kontrollieren lassen, die Freiwilligkeit bei der
Benutzung der Körperscanner gewährleistet, und wie will sie das in Zukunft
erreichen?

18. Welche Alternativen zu Körperscannern sieht die Bundesregierung zur Er-
höhung der Sicherheit bei Fluggastkontrollen, und welche wurden jemals
erprobt?

19. Wie positioniert sich die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die In-
formationsfreiheit, Andrea Voßhoff, zum Thema Körperscanner, insbeson-
dere zu der geplanten Aufrüstung?

Berlin, den 4. Juni 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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