BT-Drucksache 18/1710

zu Einsprüchen gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013

Vom 16. Juni 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1710
18. Wahlperiode 16.06.2014

Zweite Beschlussempfehlung
des Wahlprüfungsausschusses

zu Einsprüchen gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

A. Problem
Gemäß Artikel 41 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) ist die Wahlprüfung
Sache des Deutschen Bundestages. Dieser hat nach den Bestimmungen des Wahl-
prüfungsgesetzes (WPrüfG) auf der Grundlage von Beschlussempfehlungen des
Wahlprüfungsausschusses über die Einsprüche gegen die Gültigkeit der Wahl zum
18. Deutschen Bundestag zu entscheiden. Insgesamt sind 223 Wahleinsprüche
eingegangen. Die jetzt zur Beschlussfassung vorgelegten Entscheidungen betreffen
74 Wahlprüfungsverfahren. Die Beschlussempfehlungen zu den weiteren Einsprü-
chen wird der Wahlprüfungsausschuss nach dem Abschluss seiner Beratungen
vorlegen.

B. Lösung
Zurückweisung von 74 Wahleinsprüchen wegen Unbegründetheit.

C. Alternativen
Keine.

D. Kosten
Keine.

Drucksache 18/1710 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
die aus den Anlagen ersichtlichen Beschlussempfehlungen zu Wahleinsprüchen
anzunehmen.

Berlin, den 5. Juni 2014

Der Wahlprüfungsausschuss

Dr. Johann Wadephul
Vorsitzender und Berichterstatter

Ansgar Heveling
Berichterstatter

Bernhard Kaster
Berichterstatter

Dr. Hans-Peter Uhl
Berichterstatter

Florian Post
Berichterstatter

Gabriele Fograscher
Berichterstatterin

Sonja Steffen
Berichterstatterin

Dr. Petra Sitte
Berichterstatterin

Volker Beck (Köln)
Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1710

Inhaltsverzeichnis zum Anlagenteil:

Beschlussempfehlungen zu den einzelnen Wahleinsprüchen

Aktenzeichen Gegenstand Berichterstatter Anlage Seite

WP 2/13
Wählen mit körperlicher Behin-
derung

Abg. Volker Beck (Köln) 1 9

WP 4/13 Einzelbewerber Abg. Gabriele Fograscher 2 11

WP 5/13
Mängel bei der Durchführung
der Wahl

Abg. Dr. Johann Wadephul 3 21

WP 10/13

Wahlvorenthaltung, Nichtein-
tragung in das Wählerverzeich-
nis, Nichtzugang von Brief-
wahlunterlagen, Mängel bei der
Durchführung der Wahl

Abg. Ansgar Heveling 4 23

WP 12/13
Wählen in der Sicherungsver-
wahrung/JVA

Abg. Volker Beck (Köln) 5 25

WP 16/13 Stimmabgabe, Wahlgeheimnis Abg. Sonja Steffen 6 29

WP 17/13
Mängel bei der Durchführung
der Wahl

Abg. Florian Post 7 35

WP 20/13
Nichteintragung in das Wähler-
verzeichnis

Abg. Ansgar Heveling 8 41

WP 22/13 Zählung der Stimmen Abg. Sonja Steffen 9 43

WP 26/13
Einsatz von MdB-Mitarbeitern
im Wahlkampf

Abg. Sonja Steffen 10 47

WP 28/13
Mängel bei der Durchführung
der Wahl

Abg. Florian Post 11 49

WP 29/13
Mängel bei der Durchführung
der Wahl

Abg. Florian Post 12 55

WP 32/13
Einsatz von MdB-Mitarbeitern
im Wahlkampf

Abg. Sonja Steffen 13 63

WP 34/13
Aufstellung von Landeslisten,
Gleichberechtigung

Abg. Volker Beck (Köln) /
Abg. Dr. Hans-Peter Uhl

14 65

WP 35/13
Einreichung eines Kreiswahl-
vorschlages durch eine Partei

Abg. Volker Beck (Köln) /
Abg. Dr. Hans-Peter Uhl

15 67

Drucksache 18/1710 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Aktenzeichen Gegenstand Berichterstatter Anlage Seite

WP 38/13
Mängel bei der Durchführung
der Wahl

Abg. Dr. Petra Sitte 16 71

WP 40/13
Nichteintragung in das Wähler-
verzeichnis

Abg. Ansgar Heveling 17 75

WP 41/13 Wahlstatistik Abg. Dr. Hans-Peter Uhl 18 79

WP 42/13
Mängel bei der Durchführung
der Wahl

Abg. Dr. Petra Sitte 19 83

WP 43/13
Mängel bei der Durchführung
der Wahl

Abg. Dr. Petra Sitte 20 87

WP 45/13
Mängel bei der Durchführung
der Wahl

Abg. Dr. Petra Sitte 21 91

WP 46/13
Mängel bei der Durchführung
der Wahl

Abg. Dr. Petra Sitte 22 93

WP 47/13
Mängel bei der Durchführung
der Wahl

Abg. Dr. Petra Sitte 23 95

WP 48/13
Mängel bei der Durchführung
der Wahl

Abg. Dr. Petra Sitte 24 97

WP 52/13
Mängel bei der Durchführung
der Wahl

Abg. Dr. Petra Sitte 25 99

WP 55/13 Fünf-Prozent-Sperrklausel Abg. Bernhard Kaster 26 101

WP 58/13
Wahlvorenthaltung, Gestaltung
des Stimmzettels (Parteien nicht
aufgeführt)

Abg. Ansgar Heveling 27 103

WP 59/13
Mängel bei der Durchführung
der Wahl

Abg. Florian Post 28 107

WP 62/13
Mängel bei der Durchführung
der Wahl

Abg. Florian Post 29 111

WP 64/13
Gestaltung des Stimmzettels
(Wahlkreisbewerber nicht auf-
geführt)

Abg. Ansgar Heveling 30 115

WP 66/13 Barrierefreiheit des Wahllokals Abg. Volker Beck (Köln) 31 117

WP 67/13
Mängel bei der Durchführung
der Wahl

Abg. Dr. Petra Sitte 32 121

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/1710

Aktenzeichen Gegenstand Berichterstatter Anlage Seite

WP 68/13
Mängel bei der Durchführung
der Wahl

Abg. Florian Post 33 123

WP 69/13
Mängel bei der Durchführung
der Wahl

Abg. Florian Post 34 127

WP 70/13 Wahlvorenthaltung
Abg. Dr. Johann

Wadephul
35 131

WP 71/13
Mängel bei der Durchführung
der Wahl

Abg. Dr. Petra Sitte 36 133

WP 73/13
Behandlung der Briefwahl-
stimmzettel

Abg. Ansgar Heveling 37 135

WP 74/13
Auslandsdeutsche, Nichtzusen-
dung von Wahlunterlagen

Abg. Sonja Steffen 38 137

WP 79/13
Identitätskontrolle im Wahllo-
kal, Listenwahl u. a.

Abg. Dr. Hans-Peter Uhl 39 139

WP 85/13 Wählen in JVA Abg. Volker Beck (Köln) 40 145

WP 86/13
Zählung der Stimmen, Wähler-
beeinflussung

Abg. Sonja Steffen 41 149

WP 87/13
Mängel bei der Durchführung
der Wahl

Abg. Florian Post 42 153

WP 98/13
Mängel bei der Durchführung
der Wahl

Abg. Florian Post 43 161

WP 99/13
Mängel bei der Durchführung
der Wahl

Abg. Florian Post 44 169

WP 101/13
Mängel bei der Durchführung
der Wahl

Abg. Dr. Petra Sitte 45 175

WP 103/13
Mängel bei der Durchführung
der Wahl

Abg. Dr. Petra Sitte 46 177

WP 105/13
Identitätskontrolle im Wahllo-
kal, Listenwahl u. a.

Abg. Dr. Hans-Peter Uhl 47 179

WP 106/13
Identitätskontrolle im Wahllo-
kal, Listenwahl u. a.

Abg. Dr. Hans-Peter Uhl 48 185

WP 107/13
Mängel bei der Durchführung
der Wahl

Abg. Florian Post 49 191

Drucksache 18/1710 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Aktenzeichen Gegenstand Berichterstatter Anlage Seite

WP 109/13
Allgemeine rechtliche und poli-
tische Gründe

Abg. Dr. Hans-Peter Uhl 50 193

WP 110/13 Auslandsdeutsche Abg. Sonja Steffen 51 203

WP 114/13
Identitätskontrolle im Wahllo-
kal, Verfassungskonformität des
Wahlrechts u. a.

Abg. Dr. Hans-Peter Uhl 52 207

WP 115/13
Sitzverteilung, Ausgleichsver-
fahren

Abg. Dr. Hans-Peter Uhl 53 217

WP 116/13 Verwehrung der Stimmabgabe Abg. Gabriele Fograscher 54 221

WP 118/13
Mängel bei der Durchführung
der Wahl

Abg. Florian Post 55 225

WP 125/13 Verwehrung der Stimmabgabe Abg. Volker Beck (Köln) 56 233

WP 127/13 Wahlstatistik Abg. Dr. Hans-Peter Uhl 57 235

WP 132/13 Verwehrung der Stimmabgabe Abg. Gabriele Fograscher 58 241

WP 134/13
Mängel bei der Durchführung
der Wahl

Abg. Dr. Petra Sitte 59 243

WP 139/13 Sonstige Begründungen Abg. Sonja Steffen 60 245

WP 141/13
Nichtzusendung von Briefwahl-
unterlagen

Abg. Ansgar Heveling 61 247

WP 148/13
Mängel bei der Durchführung
der Wahl

Abg. Dr. Petra Sitte 62 249

WP 155/13 Kandidatenaufstellung
Abg. Volker Beck (Köln) /
Abg. Dr. Hans-Peter Uhl

63 251

WP 156/13 Einzelbewerber u. a. Abg. Gabriele Fograscher 64 255

WP 161/13
Späte Zusendung von Brief-
wahlunterlagen

Abg. Ansgar Heveling 65 259

WP 162/13
Allgemeine rechtliche und poli-
tische Vorbehalte

Abg. Sonja Steffen 66 261

WP 165/13 Wahlstatistik Abg. Dr. Hans-Peter Uhl 67 263

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/1710

Aktenzeichen Gegenstand Berichterstatter Anlage Seite

WP 169/13
Allgemeine rechtliche und poli-
tische Vorbehalte

Abg. Gabriele Fograscher 68 265

WP 186/13
Mängel bei der Durchführung
der Wahl

Abg. Gabriele Fograscher 69 269

WP 191/13 Einzelbewerber Abg. Gabriele Fograscher 70 271

WP 192/13
Mängel bei der Durchführung
der Wahl

Abg. Dr. Petra Sitte 71 275

WP 194/13
Nichtzugang von Briefwahlun-
terlagen

Abg. Ansgar Heveling 72 277

WP 195/13 Barrierefreiheit des Wahllokals Abg. Volker Beck (Köln) 73 279

WP 221/13
Mängel bei der Durchführung
der Wahl

Abg. Florian Post 74 285

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/1710

Anlage 1

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

der Frau B. L., 14165 Berlin,

– Az.: WP 2/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Die Einspruchsführerin hat mit einem Schreiben vom 23. September 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag bzw. wegen einer Verletzung ihres subjektiven Wahlrechts beim Wahl-
akt am 22. September 2013 eingelegt.

Sie ist nach eigenen Angaben schwer körperbehindert und kann sich nur mit einem Rollstuhl fortbewegen.
Sie trägt vor, ihr sei am Wahltag erst nach lautstarkem Monieren und Vorzeigen ihres Schwerbehinderten-
ausweises bzw. Androhen der Wahlverweigerung vor allen anwesenden Wahlberechtigten im überfüllten
Wahllokal 307 des Bezirks 06 des Wahlkreises 79 (Berlin – Steglitz-Zehlendorf) die Stimmabgabe nach ihrer
durch die Körperbehinderung bedingten Bedürfnislage ermöglicht worden. Als Linkshänderin mit kompletter
Halbseitenlähmung links sei sie, unabhängig davon, ob sie zuhause per Briefwahl oder in einem Wahllokal
ihre Stimme abgeben wolle, auf Hilfe beim Entfalten des Stimmzettels und beim Schreiben durch Fixierung
des Blattes sowie beim Falten des Schriftstatements und beim zielsicheren feinmotorischen Schlitzeinwurf
mit zwangsumgewöhnter Hand angewiesen. Ihr 18-jähriger wahlberechtigter Sohn habe sie begleitet, um ihr
die beschriebenen Hilfestellungen zu ermöglichen. Dies sei ihm unter Hinweis auf das Wahlgeheimnis von
der Wahlleiterin und den Helfern anfänglich verwehrt worden. Ihr Sohn habe separat vor ihr geheim gewählt,
so dass sie ihn in keiner Weise bei seiner eigenen Entscheidung habe beeinflussen können. Sie habe ihm
wiederum aus freien Stücken gestattet, ihre Wahlentscheidung einzusehen. Sie sehe nicht, was hiergegen
einzuwenden sei.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages der Einspruchsführerin wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Die Landeswahlleiterin des Landes Berlin hat zum Vorbringen der Einspruchsführerin am 6. Februar 2014
wie folgt Stellung genommen:

Wie ihr das zuständige Bezirkswahlamt mitgeteilt habe, habe die für die Ausgabe der Stimmzettel zuständige
Wahlhelferin das Ausmaß der Einschränkungen der Wählerin bei der Stimmabgabe nicht richtig eingeschätzt.
Nachdem die Vorsteherin des Wahllokals auf die Situation aufmerksam geworden sei und erkannt habe, dass
die Einspruchsführerin Hilfe beim Ankreuzen des Stimmzettels benötige, habe sie die Wahl mit Unterstüt-
zung des Sohnes zugelassen. Wahlvorsteherinnen und Wahlvorsteher sowie die Schriftführerinnen und
Schriftführer (einschließlich der Vertretungen) erhielten eine besondere Schulung. Dabei sei auch der Um-
gang mit Menschen mit Behinderungen Schulungsinhalt. Die gewonnenen Erkenntnisse und Handlungswei-
sen habe der Vorstand vor Beginn der Wahlhandlung an die anderen Mitglieder im Wahlvorstand weiterzu-
geben. Zusätzlich sei in Berlin für die Schulung der Wahlhelfenden ein Schulungsvideo zur Verfügung ge-
stellt worden, in dem auch besonders auf den Umgang mit Menschen mit Behinderungen eingegangen werde.
Trotzdem sei es beim Einsatz der ehrenamtlichen Wahlhelferinnen und Wahlhelfer leider nicht völlig auszu-
schließen, dass es zu Fehlern oder Missverständnissen im Umgang mit Wahlberechtigten komme.

Die Einspruchsführerin hat sich zu der ihr übersandten Stellungnahme nicht geäußert.

Drucksache 18/1710 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet.

Zwar hat ein Mitglied des Wahlvorstandes der Einspruchsführerin zunächst entgegen dem eindeutigen Wort-
laut des § 33 Absatz 2 des Bundeswahlgesetzes und des § 57 Absatz 1 der Bundeswahlordnung nicht gestat-
tet, ihren Sohn bei der Stimmabgabe als Hilfsperson in Anspruch zu nehmen. Selbst wenn man in Rechnung
stellt, dass die Hilfebedürftigkeit nicht in jedem Fall sofort erkennbar ist, ist das von der Einspruchsführerin
geschilderte Geschehen bedauerlich. Nach ihrem Protest und dem Eingreifen der Vorsteherin des Wahllokals
hat die Einspruchsführerin schließlich aber doch ihre Stimme mithilfe ihres Sohnes abgeben dürfen. Insofern
lag im Ergebnis kein Wahlfehler vor. Die Einspruchsführerin ist ihres Wahlrechts nicht beraubt und darin
auch nicht anderweitig verletzt worden, so ärgerlich und unverständlich das Vorgehen des Wahlvorstands für
sie auch war. Der Wahlprüfungsausschuss erwartet, dass derartige Vorkommnisse bei künftigen Wahlen –
auch durch eine präzise Schulung der Wahlvorstände – unterbleiben.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/1710

Anlage 2

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn J.-E. H., 14480 Potsdam

– Az.: WP 4/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 5. Juni 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit einem Schreiben vom 23. September 2013 hat der Einspruchsführer Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Er trägt mehrere Sachverhalte vor, aus denen sich seiner Ansicht nach Wahlfehler ergeben:

1. Er habe per E-Mail rechtzeitig und korrekt alle notwendigen Formulare für Unterstützungsunterschriften
für eine Kandidatur als Einzelbewerber bei der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag im Wahlkreis 61 (Pots-
dam – Potsdam-Mittelmark II – Teltow-Fläming II) angefordert. Er habe der Wahlbehörde in derselben E-
Mail zudem mitgeteilt, dass die Angabe des genannten Wahlkreises korrekt und von ihm beabsichtigt sei,
dass die angegebene Adresse die Anschrift seines Hauptwohnsitzes sei, dass er über keinen weiteren als die
angegebenen Vornamen verfüge und dass er „H.“ als Kennwort für den Wahlvorschlag wählen wolle. Die
Wahlbehörde habe ihm aber die erbetenen Unterlagen nicht zugesandt.

2. Am Wahltag hätten vor den Wahllokalen der Wahlbezirke 7104 und 7105 in der Neuen Grundschule Pots-
dam, Flotowstraße 10, 14480 Potsdam, Wahlplakate unter anderem der Wahlbewerberin der SPD in inflatio-
närer Anzahl direkt an den Straßenlaternen am Gehweg vor der Grundschule gehangen. Sie seien örtlich zu
nah an den Wahllokalen aufgehängt gewesen.

3. Die Landeswahlleiterin von Mecklenburg-Vorpommern habe ihm in einem Schreiben (zunächst per E-
Mail vom 29. Januar 2013) mitgeteilt, dass sie im Interesse einer ordnungsgemäßen Wahlvorbereitung allen
Kreiswahlleitern der Bundestagswahlkreise in Mecklenburg-Vorpommern sowie dem Bundeswahlleiter und
den übrigen Landeswahlleitern dieses Schreiben nachrichtlich zukommen lassen werde. Einige Kreiswahllei-
ter der Bundestagswahlkreise in Mecklenburg-Vorpommern hätten wiederum an die Landeswahlleiterin ge-
schrieben und dabei seinen Namen verwendet, ohne dass er damit einverstanden gewesen sei.

4. Die Verfahrensweise bei einer Anforderung von Formblättern für Unterstützungsvorschriften für einen
Kreiswahlvorschlag sei bei den Kreiswahlleitern der Bundestagswahlkreise für die Wahl zum 18. Deutschen
Bundestag unterschiedlich und damit rechts- und verfassungswidrig geregelt.

5. Der Einspruchsführer ist der Bitte des Ausschusssekretariats vom 25. September 2013 nicht nachgekom-
men, sein Vorbringen bezüglich der Landeswahlleiterin Mecklenburg-Vorpommern zu konkretisieren. Statt-
dessen übersandte er mit zwei Faxen vom 5. Oktober 2013 mehrere Ausdrucke von Internetseiten, auf denen
über „Unstimmigkeiten“ bei der Bundestagswahl berichtet wird: In einem Aufzug auf dem Essener Universi-
tätscampus seien 26 Säcke voller Stimmzettel gefunden worden. Weder die Polizei noch die Staatsanwalt-
schaft gingen von einer Wahlmanipulation aus. Der Wahlkreis 120 in Essen habe neu ausgezählt werden
müssen. In Hamburg hätten plötzlich 100 000 Briefwahlstimmen gefehlt, wobei der Landeswahlleiter von
einem Darstellungsfehler gesprochen habe. Andernorts seien über 70 Prozent der Zweitstimmen zwischen-
zeitlich für ungültig erklärt worden. Nachdem im Wahlkreis 120 in Essen in 23 Stimmbezirken Unstimmig-

Drucksache 18/1710 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

keiten festgestellt worden seien, sei eine Nachzählung des gesamten Wahlkreises beschlossen worden. Im
Wahllokal „am Wesselswerth“ in Werden sei Frau V. die Stimmabgabe verwehrt worden. Im Wählerver-
zeichnis sei fälschlicherweise vermerkt gewesen, dass sie angeblich schon gewählt habe. In einem Wahllokal
im „Pflegehaus St. Augustinus“ in Heidhausen hätte Herr W. F. erneut seine Stimme abgeben können, ob-
wohl er bereits per Briefwahl abgestimmt habe. Er habe diese Möglichkeit aber nicht wahrgenommen. In
Ratzeburg seien 200 ungeöffnete Briefwahlumschläge in einer Postfiliale „liegen geblieben“ und erst am
Montag nach der Wahl zugestellt worden. Der Grund für diese Panne sei unklar. In Mainz, Hamburg, Frank-
furt am Main und Göttingen habe es Berichte über Bürger gegeben, die ihre angeforderten Briefwahlunterla-
gen nie erhalten hätten. In Köln hätten Dutzende Briefwähler ihre Unterlagen doppelt bekommen; der Grund
dafür sei eine Maschinenstörung in einer Druckerei gewesen. In Bochum seien im Briefwahlverfahren die
Stimmzettel von benachbarten Wahlkreisen vertauscht worden. Nach Angaben der Stadt sei die Zahl der
betroffenen Wähler aber zu gering gewesen, um das Ergebnis zu beeinflussen. Auch in Duisburg seien fal-
sche Unterlagen versandt worden. An Dutzende Briefwähler in Oberhausen seien Wahlscheine aus dem Jahr
2009 verschickt worden. Ein Mitarbeiter des Wahlamts habe wohl in einen Karton gegriffen, der veraltete
Stimmzettel als Lehrmaterial für Schulen enthalten habe.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Der Landeswahlleiter des Landes Brandenburg hat zu dem Vorbringen des Einspruchsführers soweit es
seinen Zuständigkeitsbereich (Wahlbehörde der Landeshauptstadt Potsdam und Wahlkreis 61) betrifft, am 6.
Februar 2014 wie folgt Stellung genommen:

1. Der Einspruchsführer habe aktenkundig bei der Wahlbehörde der Landeshauptstadt Potsdam am 10. Januar
2013 per E-Mail um Übersendung aller für eine Kandidatur als Einzelbewerber bei der Bundestagswahl 2013
notwendigen Formulare und Formblätter gebeten. Mit einer E-Mail vom 14. Januar 2013 habe der zuständige
Kreiswahlleiter die Anlagen 13, 15 und 16 zu § 34 der Bundeswahlordnung (BWO) dem Einspruchsführer
übermittelt und gebeten, diese unterschrieben bei ihm einzureichen. Der Kreiswahlleiter habe dem Ein-
spruchsführer mitgeteilt, dass dieser anschließend die vorbereiteten Formblätter für die Unterstützungsunter-
schriften erhalten werde. Der Einspruchsführer habe unter Hinweis auf seine abweichenden Erfahrungen
noch am gleichen Tag per E-Mail den Kreiswahlleiter erneut gebeten, die Formblätter für die Unterstüt-
zungsunterschriften sofort zu übersenden. Auf diese Bitte hätten die Wahlbehörde und der Kreiswahlleiter
nicht reagiert.

Die Vorgehensweise des Kreiswahlleiters, dem Einspruchsführer die Formblätter für Unterstützungsunter-
schriften nach Anlage 14 zu § 34 Absatz 4 BWO erst nach Vorlage der ausgefüllten Anlagen 13, 15 und 16
zu § 34 BWO bereitzustellen, finde im Wortlaut des § 34 Absatz 4 Nr. 1 BWO keine Stütze. Insoweit liege
ein Fehler vor.

Der Einspruchsführer habe in den folgenden sechs Monaten bis zum Einreichungsschluss für Wahlvorschläge
am 15. Juli 2013 in der Sache keinen Kontakt mehr zur Wahlbehörde oder zum Kreiswahlleiter aufgenom-
men. Dies lasse den Schluss zu, dass der Einspruchsführer seine ursprünglich beabsichtigte Kandidatur nicht
mehr ernsthaft weiterverfolgt habe, insbesondere habe er keinen Wahlvorschlag eingereicht und die Vorge-
hensweise des Kreiswahlleiters gegenüber dem Wahlausschuss oder gegenüber dem Büro des Landeswahllei-
ters (nicht) kritisiert. Zu berücksichtigen sei weiterhin, dass die Landeswahlleiterin des Landes Mecklenburg-
Vorpommern mit Schreiben vom 31. Januar 2013 den Bundeswahlleiter und alle Landeswahlleiter darüber
informiert habe, dass sich der Einspruchsführer an die Kreiswahlleiter mehrerer Bundestagswahlkreise in
Mecklenburg-Vorpommern mit der Bitte gewandt habe, ihm Unterlagen für die Einreichung eines Kreis-
wahlvorschlages als Einzelbewerber zu übersenden.

Aus seiner, des Landeswahlleiters Sicht, sei eine Auswirkung auf die Verteilung der Sitze im Bundestag nicht
gegeben.

2. Die Wahllokale zu den Wahlbezirken 7104 und 7105 hätten sich beide in der Neuen Grundschule Potsdam
befunden. Um in die Wahllokale zu gelangen, hätten die Wähler erst über den Schulhof gehen und von hinten
den Eingang des Schulgebäudes betreten müssen. Auf dem gesamten Schulgelände und am Schulgebäude
habe es keine Wahlplakate gegeben. Aufgrund der Distanz zwischen der öffentlichen Straße und dem Ein-
gang zum Schulgebäude stelle die Wahlwerbung im Bereich der öffentlichen Straße keinen Verstoß gegen §

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/1710

32 Absatz 1 des Bundeswahlgesetzes (BWG) dar. Die Wahlwerbung sei nicht „unmittelbar“ vor dem Zugang
zumWahlgebäude angebracht gewesen.

Der Landeswahlleiter Rheinland-Pfalz hat zu dem Vorbringen, soweit es seinen Zuständigkeitsbereich
betrifft, am 31. März 2014 wie folgt Stellung genommen:

Er habe die Stadtverwaltung Mainz um Stellungnahme zu den vom Einspruchsführer vorgetragenen Vorfäl-
len gebeten. Der Stellungnahme der Stadt Mainz schließe er sich an. Diese habe ausgeführt, dass ihr keine
Berichte von Bürgern oder Medien, welcher Art auch immer, bekannt seien, die zum Inhalt hätten, dass ange-
forderte Briefwahlunterlagen bei Bürgern nicht angekommen seien. Im Rahmen des Tagesgeschäftes träten
bei jeder Wahl Fälle auf, in denen Wählerinnen und Wähler mit eidesstattlicher Versicherung erklärten, keine
Briefwahlunterlagen erhalten zu haben, und diese sodann Ersatzunterlagen ausgestellt bekämen. Es sei aber
kein Fall bekannt, in dem auch die Ersatzunterlagen nicht angekommen wären. Beschwerden seien jedenfalls
nicht vorgetragen worden. Eine marginale Anzahl von Briefwahlunterlagen sei von der Post zurückgeschickt
worden mit dem Vermerk „Empfänger nicht zu ermitteln“ oder ähnliches. Durch Eigenrecherche hätten diese
Briefe von der Botenmeisterei zugestellt werden können.

Die Landeswahlleiterin des Landes Nordrhein-Westfalen hat zu dem Vorbringen des Einspruchsführers,
soweit es ihren Zuständigkeitsbereich betrifft, am 4. April 2014 wie folgt Stellung genommen:

Der Einspruchsführer habe aus Anlass der Bundestagswahl 2013 per E-Mail bei einer Vielzahl von Kreis-
wahlleiterinnen und Kreiswahlleitern seine Kandidatur angekündigt und um Übersendung der entsprechenden
Formblätter – insbesondere für die Sammlung von Unterstützungsunterschriften – gebeten. Diese habe sie
veranlasst, mit einer E-Mail vom 17. Mai 2013 die Kreiswahlleitungen darauf hinzuweisen, dass nach § 20
Absatz 1 Satz 1 des Bundeswahlgesetzes jeder Bewerber nur in einem Wahlkreis und hier nur in einem
Kreiswahlvorschlag benannt werden könne. Insofern sei also zu prüfen gewesen, ob der Bewerber glaubhaft
machen könne, dass er nur im jeweiligen Wahlkreis anzutreten gedenke. Solange es an dieser Glaubhaft-
machung gefehlt habe – und damit an der Ernsthaftigkeit der Bewerbung – habe von der Übersendung von
Vordrucken abgesehen werden sollen. Der Einspruchsführer habe von einer Bewerbung für einen Wahlkreis
in Nordrhein-Westfalen abgesehen.

Die Stadt Köln habe die Produktion und den Versand von Briefwahlunterlagen bereits seit den 90er Jahren an
externe Dienstleister ausgelagert. Hintergrund sei die steigende Zahl der Briefwahlanträge, die verwaltungs-
intern nicht mehr habe bewältigt werden können. So sei die Zahl der Briefwähler in Köln von 136 603 (Bun-
destagswahl 2009) auf nunmehr 169 574 gestiegen. Aufgrund von Bürgeranfragen sei bekannt geworden,
dass Wählerinnen und Wähler auf ihren Briefwahlantrag hin die entsprechenden Unterlagen in doppelter
Form erhalten hätten. Eine Recherche bei dem beauftragten Unternehmen habe zu dem Ergebnis geführt, dass
zwischen 40 und 502 Wahlberechtigte des Wahlkreises 95 (Köln II) möglicherweise die Briefwahlunterlagen
doppelt erhalten hätten. Die zweifache Produktion nebst Versand sei durch menschliches Fehlverhalten ver-
ursacht worden. Ein Mitarbeiter habe entgegen der bestehenden Anweisung die Datei mit den zu druckenden
Datensätzen getrennt und auf zwei getrennten Maschinen verarbeitet. Da die Anschriften der möglicherweise
betroffenen Wahlberechtigten vorgelegen hätten, seien diese persönlich angeschrieben und darauf hingewie-
sen worden, dass nur ein Satz Briefwahlunterlagen genutzt werden dürfe. Parallel sei umfangreiche Pressear-
beit geleistet und die Bevölkerung informiert worden. Daneben seien ein Info-Telefon eingerichtet und damit
den Betroffenen unmittelbare Ansprechpartner genannt worden. Durch weitere organisatorische Maßnahmen
am Wahltag habe sichergestellt werden können, dass keine Wählerin und kein Wähler eine doppelte Stimm-
abgabe vorgenommen habe. Davon abgesehen, habe der Gewinner des Direktmandates im betroffenen Wahl-
kreis einen Stimmenvorsprung von 9 022 Stimmen erzielt, so dass die Unstimmigkeiten auch vor diesem
Hintergrund keinen Einfluss auf das Gesamtergebnis hätten haben können.

In Bochum seien durch menschliches Versagen versehentlich Briefwahlunterlagen für einen benachbarten
Wahlkreis in nicht bekanntem Umfang versandt worden. Betroffen gewesen seien die Wahlkreise 140 (Bo-
chum I) und 141 (Herne – Bochum II). Da die Empfänger der fehlerhaften Unterlagen nicht adressenmäßig
hätten erfasst werden können, habe die Stadt Bochum unmittelbar die Presse informiert. Daraufhin hätten
sich 1 118 Bürgerinnen und Bürger noch vor der Wahl beim Wahlbüro gemeldet. Von diesen hätten 168
einen falschen Stimmzettel erhalten bzw. diesen bereits mit den Briefwahlunterlagen wieder zurückgesandt.
In diesen Fällen seien korrekte Stimmzettel ausgegeben bzw. die Wahlscheine ungültig gemacht und neue
ausgestellt worden. Bei der Auszählung der Briefwahlstimmen seien im Wahlkreis 140 insgesamt 592 falsche
Stimmzettel und im Wahlkreis 141 insgesamt 10 falsche Stimmzettel festgestellt worden. In diesen insgesamt

Drucksache 18/1710 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

602 Fällen sei dadurch die Zweitstimme ungültig gewesen. Da im Wahlkreis 140 der Gewinner des Direkt-
mandats einen Stimmenvorsprung von 12 990 Stimmen erzielt habe, hätten diese ungültigen Erststimmen
keinen Einfluss auf das Gesamtergebnis der Erststimmen gehabt. Gleiches gelte für den Wahlkreis 141, wo
die Gewinnerin einen Vorsprung von 22 803 Stimmen erzielt habe.

Am Morgen nach der Wahl seien von der benachrichtigten Polizei in einem Personenaufzug eines Gebäudes
der Universität Duisburg-Essen insgesamt 26 versiegelte und mit Nummern von Essener Wahlbezirken be-
schriftete Säcke aufgefunden worden. In den Säcken hätten sich ausgefüllte Stimmzettel der Bundestagswahl
befunden. Die Säcke seien zunächst sichergestellt und später dem Wahlamt der Stadt Essen übergeben wor-
den. In dem Gebäude seien die Briefwahlunterlagen zentral ausgezählt worden. Alle Stimmzettel seien bei
der Auszählung und der Ermittlung des vorläufigen Ergebnisses ordnungsgemäß berücksichtigt worden.
Nach Abschluss der Auszählung seien insgesamt 92 Säcke mit Briefwahlunterlagen mittels Aufzugs nach
unten verbracht und in Fahrzeuge verladen worden. Dabei seien 26 Säcke im Aufzug verblieben. Das Wah-
lamt Essen habe keinerlei Manipulation an den Säcken festgestellt.

Ausweislich der ihr, der Landeswahlleiterin, vorliegenden Stellungnahme des zuständigen Kreiswahlleiters
Essen sei der geschilderte Fall der Frau V. dort nicht bekannt. Die entsprechende Wahlniederschrift habe
keine diesbezügliche Eintragung enthalten. Eine Befragung des zuständigen Schriftführers habe ergeben, dass
nach seiner Erinnerung Frau V. am Vormittag unter Vorlage ihres Ausweises ihre Stimme abgegeben habe.
Am Nachmittag sei das Ehepaar V. dann noch gemeinsam mit den Benachrichtigungskarten erschienen. Da
für Frau V. bereits eine Stimmabgabe vermerkt gewesen sei, sei sie richtigerweise abgewiesen worden. Herr
V. habe seine Stimme abgeben dürfen.

In Oberhausen seien durch menschliches Versagen versehentlich Briefwahlunterlagen der Bundestagswahl
2009 an etwa 30 Briefwählerinnen und Briefwähler versandt worden. Betroffen gewesen sei der Wahlkreis
117 (Oberhausen – Wesel III). Da die Empfänger der fehlerhaften Unterlagen adressenmäßig nicht zu ermit-
teln gewesen seien, sei intensive Pressearbeit betrieben und die Bevölkerung entsprechend informiert worden.
Daraufhin hätten sich 20 Wahlberechtigte gemeldet, deren Unterlagen ausgetauscht worden seien. Da im
Wahlkreis 117 der Gewinner des Direktmandats einen Vorsprung von 18 533 Stimmen erzielt habe, hätten
eventuell ungültige Erststimmen keinen Einfluss auf das Gesamtergebnis der Erststimmen gehabt.

Der Einspruchsführer mache sich eine Veröffentlichung aus dem Internet zu eigen, wonach in Detmold eine
nicht unerhebliche Differenz zwischen dem vorläufigen und dem endgültigen Wahlergebnis bestanden haben
solle. Hierzu habe der zuständige Kreiswahlleiter für den Wahlbezirk ausgeführt, dass ins Internet ein nicht-
amtliches „Kontrollformular“ eines Wahlbeobachters eingestellt worden sei. Dieses „Kontrollformular“ habe
die Stimmenauszählung in einem Wahllokal der Stadt Detmold im Wahlkreis 136 (Höxter – Lippe I) doku-
mentiert. Da aufgrund des veröffentlichen vorläufigen Ergebnisses der Stadt Detmold Wahlbetrug vorgewor-
fen worden sei, habe der Kreiswahlleiter die erneute Auszählung des Wahlbezirks am 25. September 2013
veranlasst. Die seitens des Beobachters kritisierten und in dem Wahleinspruch nun aufgegriffenen Abwei-
chungen hätten sich dabei nicht bestätigt. Es bleibe unklar, warum der Wahlbeobachter am Wahlabend derar-
tige Abweichungen habe feststellen können.

Insgesamt sei festzuhalten, dass der Wahleinspruch zwar vereinzelte Unregelmäßigkeiten aufzeige, jedoch
aufgrund fehlender Mandatsrelevanz letztlich unbegründet sei.

Die Landeswahlleiterin des Landes Schleswig-Holstein hat zu dem Vorbringen, das ihren Zuständigkeits-
bereich betrifft, am 8. April 2014 im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Es werde vorgetragen, dass es zur Bundestagswahl 2013 zu Pannen bei der Durchführung der Briefwahl ge-
kommen sei. Der Einspruchsführer nehme zur Begründung insofern Bezug auf eine Presseberichterstattung in
„SPIEGEL online“ vom 27. September 2013. Danach seien in Ratzeburg 200 ungeöffnete Briefwahlum-
schläge in einer Postfiliale liegengeblieben. Damit entspreche der Vortrag des Einspruchsführers vollinhalt-
lich den Wahleinsprüchen WP 28/13 und WP 118/13. Sie nehme auf die betreffende Stellungnahme Bezug.

Diese Stellungnahme lautet:

Nach Ermittlungen stelle sich der Fall der in Ratzeburg angeblich verschwundenen Wahlbriefe so dar: Am
Montag, dem 23. September 2013, sei das Wahlamt der Stadt Ratzeburg (Wahlkreis 10, Herzogtum
Lauenburg – Stormarn-Süd) von einem Mitarbeiter der Deutschen Post AG/Filiale Ratzeburg telefonisch
darüber unterrichtet worden, dass in der Postfiliale noch über 200 Wahlbriefe lägen, die vom Wahlamt nicht

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15 – Drucksache 18/1710

abgeholt worden seien. Er habe am Samstag vergeblich versucht, das Wahlamt zu erreichen. Die Wahlbriefe
seien am Montag nach der Wahl vom Wahlamt bei der Postfiliale abgeholt, als verspätet eingegangen ange-
sehen und deshalb auch nicht nachträglich ausgewertet worden. Sie lagern derzeit verpackt und ungeöffnet
im Wahlamt der Stadt Ratzeburg.

Der Bürgermeister der Stadt Ratzeburg habe vorgetragen, dass die Stadt Ratzeburg bei der Deutschen Post
AG ein Postfach unterhalte. Die dort gelagerte Post werde täglich von einem städtischen Mitarbeiter abge-
holt. Bei großen Sendungen oder Überfüllung des Postfaches sei im Postfach ein Hinweis enthalten, dass
weitere Sendungen in der Postfiliale unter Aufsicht der Postbediensteten lagern und von ihnen ausgehändigt
würden. Am Freitag, dem 20. September 2013, sei das Postfach der Stadt Ratzeburg von einer Mitarbeiterin
des Wahlamtes geleert worden; ein Hinweis auf weiter lagernde Wahlbriefe sei nicht enthalten gewesen.
Auch habe es anlässlich eines Kontaktes mit Postmitarbeitern in der Postfiliale am Freitag nach 12.00 Uhr
ebenfalls keine Hinweise auf noch lagernde Wahlbriefe gegeben. Die Deutsche Post AG habe im Laufe der
Woche vor der Wahl einen allgemeinen Hinweis auf möglicherweise am Samstag vor der Wahl sich im Post-
fach befindende Wahlbriefe gegeben. Das Postfach der Stadt Ratzeburg sei am Samstag zwischen 12.00 Uhr
und 13.00 Uhr von einem Mitarbeiter des Wahlamtes kontrolliert worden; Wahlbriefe oder ein Hinweis auf
gelagerte Wahlbriefe seien im Postfach nicht enthalten gewesen. Auch im Rahmen der zwischen dem Bun-
desinnenministerium und der Deutschen Post AG vertraglich vereinbarten zusätzlichen Sonntagszustellung
habe es keine Hinweise auf in der Postfiliale oder im städtischen Postfach gelagerte Wahlbriefe gegeben. Von
weiteren Wahlbriefen habe die Stadt Ratzeburg bis zum Schluss der Wahlzeit keine Kenntnis gehabt.

Sie, die Landeswahlleiterin, habe bereits unmittelbar nach der Wahl die Deutsche Post AG, Vertriebsdirekti-
on ÖS Nord, Hamburg, um eine schriftliche Äußerung gebeten. Die Post habe sich nicht in der Lage gesehen,
schriftlich Stellung zu nehmen. Stattdessen sei nur auf eine aufgrund eines Telefonats zwischen der Presse-
agentur dpa und dem Leiter der Pressestelle Nord der Deutschen Post AG am 27. September 2013 erschiene-
ne dpa-Meldung verwiesen worden. Auch habe es seitens der Postfiliale Ratzeburg keine schriftliche Erklä-
rung gegeben.

Laut der dpa-Meldung werde aus Sicht der Deutschen Post AG die Sachlage gegensätzlich dargestellt. Da-
nach habe das Wahlamt seit dem 17. September 2013 keine Wahlpost von der Postfiliale Ratzeburg mehr
abgeholt. Auf eine in das Postfach eingelegte Mitteilung mit dem Hinweis auf noch lagernde Wahlbriefe habe
die Stadt Ratzeburg nicht reagiert.

Aufgrund aller ihr zur Verfügung stehender Informationen könne die Einlassung der Deutschen Post AG sie,
die Landeswahlleiterin, nicht zu überzeugen. Vor allem die Aussage, seit dem 17. September 2013 seien
keine Wahlbriefe mehr abgeholt worden, erscheine aus ihrer Sicht vor dem Hintergrund des sich regelmäßig
zu jeder Wahl wiederholenden und standardisierten Ablaufs des Briefwahlverfahrens unverständlich. Insbe-
sondere halte sie es für sehr unwahrscheinlich, dass eine Gemeindebehörde – insbesondere in der letzten
Woche vor der Wahl, in der erfahrungsgemäß regelmäßig das Briefwahlaufkommen hoch ist – ihr Postfach
nicht regelmäßig kontrolliere. Die vom Wahlamt der Stadt Ratzeburg geschilderte Vorgehensweise am Sams-
tag vor der Wahl entspreche im Übrigen auch ihren Hinweisen zur Briefwahl, die sie den Wahlbehörden im
Erlasswege regelmäßig zur Vorbereitung des Wahltages gebe.

Von daher könne sie, die Landeswahlleiterin, aufgrund der detaillierten und für sie auch plausiblen Darstel-
lung des Bürgermeisters der Stadt Ratzeburg ein Fehlverhalten der Stadt nicht festzustellen. Die am Montag,
dem 23. September 2013, in den „Machtbereich“ der Stadt Ratzeburg gelangten Wahlbriefe seien, weil von
der Deutschen Post AG ein Hinweis auf dort lagernde Wahlbriefe nicht rechtzeitig (das heißt bis zum Schluss
der Wahlzeit, 22. September 2013, 18.00 Uhr) gegeben wurde, als verspätet eingegangen und damit als nicht
abgegeben zu werten gewesen. Ein Wahlfehler sei für sie nicht erkennbar.

Zur Stellungnahme des Landeswahlleiters des Landes Brandenburg hat sich der Einspruchsführer am 9.
März 2014 geäußert:

1. Seinerseits sei bis zum Einreichungsschluss für die Wahlvorschläge am 15. Juli 2013 zur Wahlbehörde
oder zum Kreiswahlleiter kein Kontakt mehr aufgenommen worden, da er – offensichtlich irrtümlich – von
einer rechtmäßigen Verfahrensweise und einer rechtmäßigen Auskunft/Antwort des Kreiswahlleiters des
Wahlkreises 61 bei der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag ausgegangen sei. Die Tatsache, dass die Vorge-
hensweise des Kreiswahlleiters, ihm die Formblätter für Unterstützungsunterschriften nach Anlage 14 zu § 34
Absatz 4 BWO erst nach Vorlage der ausgefüllten Anlagen 13,15, und 16 zu § 34 BWO bereitzustellen, im

Drucksache 18/1710 – 16 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Wortlaut des § 34 Absatz 4 Nr. 1 keine Stütze finde – wie vom Landeswahlleiter des Landes Brandenburg
ausgeführt – sei auch seinerseits angenommen und „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewer-
tet“ worden. Ferner könne die Tatsache, dass er bis zum Einreichungsschluss für die Wahlvorschläge am 15.
Juli 2013 zur Wahlbehörde oder zum Kreiswahlleiter kein Kontakt mehr aufgenommen habe, nicht pauschal
zu der Schlussfolgerung führen, er hätte seine ursprünglich beabsichtigte Kandidatur nicht mehr ernsthaft
verfolgt. Eine mögliche Einreichung bzw. Abgabe der Formblätter für Unterstützungsunterschriften als Ein-
zelbewerber wäre seinerseits gewiss nur in dem Wahlkreis erfolgt, in dem die erfolgreichste Sammlung an
Formblättern für Unterstützungsunterschriften erfolgt wäre. Ergänzend wolle er ausführen: Eine mehrfache
Einreichung bzw. Abgabe der Formblätter für Unterstützungsunterschriften als Einzelbewerber in einem bzw.
mehreren Wahlkreises wäre nicht erfolgt und sei von ihm auch niemals beabsichtigt gewesen.

2. Nicht ausschließlich, aber ebenfalls möglich gewesen sei der Zugang zu den beiden Wahllokalen – auch
wenn offiziell nicht gewünscht und offiziell nicht beabsichtigt – mindestens zeitweise durch Eingänge der
Neuen Grundschule Potsdam an der Flotowstraße. Die Wahlwerbung sei "unmittelbar" zum Zugang zum
Wahlgebäude angebracht gewesen, da das Wahlgebäude bzw. der Ort des Wahllokals als Ganzes zu definie-
ren sei. Die Tatsache, dass der Zugang zu den Wahllokalen 7104 und 7105 über den Schulhof und den hinte-
ren Eingang der Schule erfolgt sei bzw. erfolgen sollte, tangiere nicht ansatzweise das Vorhandensein von
unzulässiger Wahlwerbung und somit einen Verstoß gegen § 32 Absatz 1 BWG. Die Tatsache, dass der Zu-
gang zu den Wahllokalen 7104 und 7105 über den Schulhof und den hinteren Eingang der Schule erfolgt sei
bzw. erfolgen sollte, sei peripher zum Sachverhalt zu betrachten.

Zu den weiteren, ihm übersandten Stellungnahmen von Landeswahlleitern hat sich der Einspruchsführer
nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vorbringen des Einspruchsführers lässt sich kein die Un-
gültigkeit der Bundestagswahl 2013 begründender Wahlfehler entnehmen.

1. Ein Wahlfehler liegt nicht darin, dass der Kreiswahlleiter dem Einspruchsführer nur einen Teil der erbete-
nen Unterlagen übersandte und ihm mitteilte, er werde ihm die Formblätter für Unterstützungsunterschriften
nach Anlage 14 zu § 34 Absatz 4 BWO erst nach Vorlage der ausgefüllten Anlagen 13, 15 und 16 zu § 34
BWO bereitstellen. Zwar findet dieses Vorgehen keine Stütze im Gesetz. Der Kreiswahlleiter hat gemäß § 34
Absatz 4 Nr. 1 BWO die Formblätter auf Anforderung kostenfrei zu liefern. Allerdings hat der Einspruchs-
führer, nachdem sein Protest keine Wirkung zeigte, seine Kandidatur als Einzelbewerber – trotz des großen
zeitlichen Abstands zwischen seiner Kontaktaufnahme mit dem Wahlleiter im Januar 2013 und dem Abgabe-
schluss für Kreiswahlvorschläge im Juli 2013 – auf sich beruhen lassen und auch die bereits erhaltenen For-
mulare bzw. Formblätter nicht eingereicht. Eine Beschwerde beim Landeswahlleiter oder ähnliches unter-
blieb. Das Vorgehen des Kreiswahlleiters hat folglich die Kandidatur des Einspruchsführers im Wahlkreis 61
nicht verhindert.

2. In dem Umstand, dass an der öffentlichen Straße vor dem Schulgelände der Neuen Grundschule Potsdam
Wahlplakate der SPD hingen, liegt kein Wahlfehler. § 32 Absatz 1 BWG verbietet jede Beeinflussung der
Wähler durch Wort, Ton, Schrift oder Bild sowie jede Unterschriftensammlung in und an dem Gebäude, in
dem sich der Wahlraum befindet, sowie unmittelbar vor dem Zugang zu dem Gebäude. In und an der Schule
hingen keine Wahlplakate. Auch unmittelbar vor dem Zugang zu dem Gebäude befanden sich keine. Die
Grenzen des unmittelbaren Zugangsbereichs sind jeweils im Einzelfall anhand der konkreten örtlichen Situa-
tion zu beurteilen (vgl. Hahlen, in: Schreiber, Bundeswahlgesetz, 9. Auflage 2013, § 32 Rn. 1). Entscheidend
ist, dass die Wahlberechtigten das Wahlgebäude bzw. Wahllokal betreten können, ohne direkt zuvor durch
Wahlwerbung oder sonstige Aktionen massiv beeinflusst oder gar behindert zu werden (vgl. Hahlen, in:
Schreiber, a. a. O.). Die Schule und somit die Wahlräume konnten nicht direkt von der Straße aus, an der
Plakate hingen, betreten werden. Stattdessen musste erst der Schulhof überquert werden, um dann die Schule
(von der Straße aus gesehen) von hinten betreten zu können. Zwischen den Plakaten und beiden Wahllokalen
lag mithin ein recht großer Abstand, der eine direkte Beeinflussung der Wähler ausschloss. Nach der Spruch-
praxis des Wahlprüfungsausschusses ist für den Zugangsbereich eine generell zu beachtende „befriedete Zo-
ne“ von etwa zehn bis 20 Metern bis zum Wahllokal als nicht antastbarer Sperrbereich notwendig, aber auch

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 17 – Drucksache 18/1710

ausreichend (vgl. Bundestagsdrucksachen 13/2800, Anlage 2, 9 und 17; 13/3035, Anlage 1; 14/1560, Anlage
84; 16/1800, Anlagen 29 bis 31). Vorliegend ist nicht ersichtlich, dass dieser Abstand unterschritten wurde.

3. Inwieweit in der Unterrichtung aller Kreiswahlleiter der Bundestagswahlkreise in Mecklenburg-
Vorpommern und des Bundeswahlleiters sowie der übrigen Landeswahlleitungen durch die Landeswahlleite-
rin Mecklenburg-Vorpommern ein Wahlfehler liegen soll, wird aus dem Vortrag des Einspruchsführers nicht
deutlich, obwohl er ausdrücklich aufgefordert worden ist, seinen Vortrag insoweit zu konkretisieren.

4. Die Behauptung des Einspruchsführers, die Verfahrensweise bei einer Anforderung von Formblättern für
Unterstützungsvorschriften für einen Kreiswahlvorschlag sei bei den Kreiswahlleitern der Bundestagswahl-
kreise für die Wahl zum 18. Deutschen Bundestag unterschiedlich und damit rechts- und verfassungswidrig
geregelt gewesen, lässt sich nicht nachvollziehen. Es bleibt unklar, inwiefern unterschiedliche Vorgehenswei-
sen bzw. Regelungen bestanden haben sollen. Wahlbeanstandungen, die über nicht belegte Vermutungen
oder die bloße Andeutung der Möglichkeit von Wahlfehlern nicht hinausgehen und einen konkreten, der
Überprüfung zugänglichen Tatsachenvortrag nicht enthalten, müssen als unsubstantiiert zurückgewiesen
werden (Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlagen 283 bis 285; 15/1850, Anlage 25; 15/2400, Anlage 9;
17/1000, Anlagen 13 und 19; 18/1160, Anlagen 3, 6, 83; BVerfGE 48, 271 [276]; 66, 369 [379]; 85, 148
[159]; 122, 304 [309]; Hahlen, in: Schreiber, § 49 Rn. 25).

5. Auch die vom Einspruchsführer unter Bezugnahme auf Internetberichte erwähnten „Unstimmigkeiten“
führen nicht zur Ungültigkeit der Bundestagswahl. Vorab ist zu bemerken, dass der bloße Verweis auf dem
Einspruch beigefügte Medienberichte grundsätzlich nicht für einen substantiierten eigenen Vortrag ausreicht.
Abgesehen davon ergeben sich aus dem Vorbringen des Einspruchsführers keine mandatsrelevanten Wahl-
fehler.

a) In Hamburg sind – wie auch den vom Einspruchsführer herangezogenen Medienberichten aus dem Internet
zu entnehmen ist – keine Briefwahlstimmen verloren gegangen. Das Statistische Amt für Hamburg und
Schleswig-Holstein hat in einer auch im Internet abrufbaren Pressemitteilung vom 25. September 2013
(www.statistik-nord.de) erklärt, dass in der am 23. September 2013 veröffentlichten Wahlanalyse zum vor-
läufigen Ergebnis der Bundestagswahl in Hamburg die Zahl der Briefwählerinnen und -wähler nicht korrekt
ausgewiesen worden sei. Eine Überprüfung habe ergeben, dass die entsprechende Abfrage der Datenbank für
das vorläufige Wahlergebnis versehentlich so programmiert worden sei, dass nicht alle Briefwahlbezirke
einbezogen worden seien. Auf die Zusendung von 301 884 Briefwahlunterlagen hin hätten 268 504 Wähle-
rinnen und Wähler von ihrem Wahlrecht per Brief Gebrauch gemacht, nicht wie ursprünglich angegeben
198 739 Wahlberechtigte. Die Befürchtung, Briefwahlstimmen könnten unberücksichtigt geblieben sein,
treffe nicht zu. Diese Vermutung sei dadurch entstanden, dass der Zahl der ausgegebenen Briefwahlunterla-
gen (Wahlschein, Stimmzettel und Umschläge) von 301 884 eine Zahl von 198 739 Briefwählern gegenüber-
gestellt worden sei. Zur Erläuterung dieser Differenz hat das Statistische Amt auf drei Ursachen hingewiesen:
Die Überprüfung habe ergeben, dass die Zahl der Briefwählerinnen und -wähler infolge der fehlerhaften Ab-
frage der Datenbank um rund 70 000 zu niedrig angegeben worden sei. Sie sei auf 268 504 korrigiert worden.
Des Weiteren gehörten zu den 301 884 ausgegebenen Wahlscheinen auch solche, die die Stimmabgabe in
einem anderen Wahllokal als in dem eigenen ermöglichen sollten, z. B. in einem barrierefreien Wahllokal.
Schließlich sei zu berücksichtigen, dass erfahrungsgemäß rund fünf bis zehn Prozent der ausgegebenen
Briefwahlunterlagen nicht rechtzeitig und vollständig zurückliefen. Die Gründe hierfür seien vielfältig und
lägen z. B. im zu späten Erhalt, der Nichtnutzung oder der zu späten Rücksendung der Briefwahlunterlagen.
Darüber hinaus fänden solche Wahlbriefe keinen Eingang in die Zählung der Briefwähler, die aus formalen
Gründen zurückzuweisen seien, z. B. weil der Wahlschein fehle oder nicht unterschrieben sei. Der Wahlprü-
fungsausschuss und der Deutsche Bundestag folgen dieser schlüssigen Darstellung.

b) Auch im Fall der über 200 Wahlbriefe, die in Ratzeburg nicht in die Auszählung der Briefwahlstimmen
einbezogen wurden, weil sie dem Wahlamt nicht vorlagen, liegt kein Wahlfehler vor. Gemäß § 36 Absatz 1
Satz 1 BWG hat der Wähler bei der Briefwahl dem Kreiswahlleiter des Wahlkreises, in dem der Wahlschein
ausgestellt worden ist, im verschlossenen Wahlbriefumschlag seinen Wahlschein und (in einem besonderen
Stimmzettelumschlag) seinen Stimmzettel so rechtzeitig zu übersenden, dass der Wahlbrief spätestens am
Wahltage bis 18.00 Uhr eingeht. Wenn – wie vorliegend – Briefwahlvorstände für einzelne oder mehrere
Gemeinden innerhalb eines Wahlkreises gebildet worden sind, müssen die Wahlbriefe nach § 36 Absatz 3
BWG in Verbindung mit § 66 Absatz 2 Satz 2 der Bundeswahlordnung (BWO) bei der Gemeinde eingehen,
die die Wahlscheine ausgestellt hat, hier also der Stadt Ratzeburg. Bedient sich der Wahlleiter beim Zustell-

Drucksache 18/1710 – 18 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

postamt eines Postfaches, gehen die Wahlbriefe mit der Einsortierung in dieses Fach ein (vgl. Hahlen, in:
Schreiber, § 36 Rn. 11). Werden sie wegen Überfüllung des Faches anderweitig deponiert, hängt der rechtzei-
tige Eingang davon ab, ob der Empfänger vom Postunternehmen darauf hingewiesen wurde, wo die Wahl-
briefe abgeholt werden können Hahlen, in: Schreiber, a. a. O.). Die Verantwortung dafür, dass der Wahlbrief
der zuständigen Stelle rechtzeitig zum Ende der Wahlzeit vorliegt, und das Risiko einer verspäteten Ankunft
des Wahlbriefes, das bei einer Übermittlung per Post nie völlig auszuschließen ist, trägt grundsätzlich der
Wahlberechtigte, selbst wenn ihn persönlich kein Verschulden trifft (vgl. Hahlen, in: Schreiber, § 36 Rn. 12).
Wann sich die über 200 Wahlbriefe wo befanden, ist unklar. Es steht fest, dass sie sich vor dem 23. Septem-
ber 2013 im „Machtbereich“ der Deutschen Post AG befunden haben. Unklar ist allerdings, ob sie sich im
Postfach der Stadt Ratzeburg befanden oder an einem anderen Ort in der Postfiliale. Auch die Frage, ob es
Hinweise oder keine Hinweise von Postmitarbeitern auf Wahlbriefe gegeben habe, ist ungeklärt. Die Aussa-
gen der Stadt und der Deutschen Post AG widersprechen sich insoweit. Die Unklarheiten können aber – so
unbefriedigend das sein mag – dahinstehen.

Sofern die Verantwortung für den verspäteten Eingang der Wahlbriefe bei der Deutschen Post AG liegen
sollte, läge schon kein Wahlfehler vor. Wahlfehler sind dann gegeben, wenn die rechtlichen Regelungen über
die Vorbereitung und Durchführung der Wahl nicht eingehalten werden. Nach ständiger Praxis des Wahlprü-
fungsausschusses und nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts können solche Wahl-
fehler in erster Linie den amtlichen Wahlorganen gemäß § 8 BWG unterlaufen; Dritte können Wahlfehler nur
insoweit begehen, als sie unter Bindung an wahlgesetzliche Anforderungen kraft Gesetzes Aufgaben bei der
Organisation der Wahl erfüllen (vgl. Bundestagsdrucksachen 14/2761, Anlagen 24 und 27; 16/3600, Anlage
18; 17/1000, Anlagen 3, 15 und 22; 17/2250, Anlage 20; 17/6300, Anlage 40; BVerfGE 89, 243 [251]). Bei
der Deutschen Post AG handelt es sich indessen um eine juristische Person des Privatrechts, die weder ein
amtliches Wahlorgan im Sinne von § 8 BWG ist noch kraft Gesetzes Aufgaben bei der Vorbereitung und
Durchführung der Wahl erfüllt (vgl. Bundestagsdrucksachen 14/2761, Anlage 24; 16/3600, Anlage 18;
17/1000, Anlage 3; 17/2250, Anlage 20).

Sofern die Verantwortung für den verspäteten Eingang der Wahlbriefe bei der Stadt Ratzeburg liegen sollte,
läge zwar ein Wahlfehler vor. Dieser führte aber nicht zur Ungültigkeit der Wahl. Nach ständiger Recht-
sprechung des Bundesverfassungsgerichts, der sich der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag
stets angeschlossen haben, können nur solche Wahlfehler die Gültigkeit der Bundestagswahl beeinträchtigen,
die auf die Sitzverteilung von Einfluss sind oder sein können (vgl. nur BVerfGE 89, 243 [254]; Bundestags-
drucksachen 16/900, Anlage 20; 17/1000, Anlagen 10, 15, 19 und 20; 17/2200, Anlagen 5, 12 und 25;
17/2250, Anlagen 18 und 22; 17/3100, Anlage 21). An dem Gewinn des Direktmandats durch den Wahl-
kreisbewerber der CDU hätten die mehr als 200 nicht gezählten Briefwahlstimmen, selbst wenn sie alle für
die zweitplatzierte Wahlkreisbewerberin der SPD abgegeben worden wären, nichts geändert, da der CDU-
Bewerber einen Vorsprung von 19 205 Stimmen erzielte. Auch an der Sitzverteilung auf die Landeslisten
hätte sich nichts geändert.

c) Hinsichtlich angeblich nicht erhaltener Briefwahlunterlagen in Mainz, Frankfurt am Main und Göttingen
liegt kein Wahlfehler vor. Der Einspruchsführer bezieht sich nur auf angebliche Berichte anderer, die er aber
nicht durch eigenen Tatsachenvortrag weiter untermauert. Sein Vorbringen ist daher insoweit bereits
unsubstantiiert. Darüber hinaus sind nach Mitteilung des Landeswahlleiters Rheinland-Pfalz solche Behaup-
tungen für Mainz auch nicht zu verifizieren.

Im einzigen in den Medienberichten genannten konkreten Fall, der Nichtzustellung der in Göttingen bean-
tragten Briefwahlunterlagen an Frau O., liegt ebenfalls kein Wahlfehler vor. Nach ständiger Entscheidungs-
praxis des Deutschen Bundestages in Wahlprüfungsangelegenheiten trägt der Wahlberechtigte, der von der
durch den Gesetzgeber eingeräumten Möglichkeit der Briefwahl Gebrauch macht und seine Wahlunterlagen
nicht persönlich bei der Gemeinde abholt, das Risiko, dass die Unterlagen ihn aufgrund des Transports nicht
oder nicht rechtzeitig erreichen. Die Gemeindebehörde trifft hier keine „Bringschuld“, sondern lediglich eine
„Schickschuld“. Sie hat das ihrerseits Erforderliche getan, wenn sie die Unterlagen ordnungsgemäß und
rechtzeitig ausgestellt und auf ihre Kosten versandt hat (vgl. Bundestagsdrucksachen 15/1850, Anlage 27;
15/4750, Anlage 6; 16/3600, Anlagen 20, 25 und 26; 17/1000, Anlagen 3, 4, 6 und 7; 17/2250, Anlagen 7, 16
und 19; 17/3100, Anlage 21; 17/4600, Anlage 20). Vorliegend hat die Stadt Göttingen die Briefwahlunterla-
gen am 11. September 2013 an die von Frau O. angegebene Anschrift in 49696 Peheim versandt. Es bestand
keine Pflicht zu prüfen, ob Peheim ein Ortsteil von Molbergen und die Versandadresse zu ändern ist, zumal
eine Zustellung auch von Faktoren abhängen kann, auf welche die versendende Gemeinde keinen Einfluss

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 19 – Drucksache 18/1710

hat – z. B. die Kennzeichnung eines Briefkastens oder die Befähigung des Postdienstleisters zur Adresszu-
ordnung. Die Briefwahlunterlagen versendende Gemeinde darf sich an die Angaben des bzw. der Wahlbe-
rechtigten halten; dies gilt insbesondere dann, wenn – wie hier – der Versand nicht an die Meldeanschrift bei
der versendenden Gemeinde, sondern an eine von dem bzw. der Wahlberechtigten gewählte Adresse erfolgt.
Im Übrigen hätte Frau O. bis 12.00 Uhr am Tag vor der Wahl, also dem 21. September 2013, gemäß § 28
Absatz 10 Satz 2 BWO einen neuen Wahlschein beantragen können, wenn sie glaubhaft versichert hätte, dass
sie die beantragten Briefwahlunterlagen mit dem Wahlschein nicht erhalten hat.

d) Hinsichtlich der im Wahlkreis 95 (Köln III) möglicherweise in 40 bis 502 Fällen doppelt versandten
Briefwahlunterlagen liegt kein Wahlfehler vor. Zwar liegt ein Verstoß gegen wahlrechtliche Vorgaben vor
und ist ein solches Versehen aus Sicht des Wahlprüfungsausschusses sehr ärgerlich sowie künftig durch eine
bessere Organisation zu vermeiden. Jedoch hat die Stadt Köln alles Erdenkliche unternommen, um ihr Ver-
säumnis zu beheben und eine doppelte Stimmabgabe zu verhindern. Zunächst hat sie die möglicherweise
betroffenen Wahlberechtigten persönlich angeschrieben und darauf hingewiesen, dass nur ein Satz Brief-
wahlunterlagen genutzt werden dürfe. Daneben hat sie die Bevölkerung durch umfangreiche Pressearbeit und
ein Info-Telefon unterrichtet. Schließlich wurde durch weitere organisatorische Maßnahmen am Wahltag
sichergestellt, dass niemand seine Stimme doppelt abgegeben hat. Selbst wenn ein Wahlfehler vorgelegen
hätte, hätte dieser – wie oben dargelegt – nur dann die Gültigkeit der Bundestagswahl beeinträchtigt, wenn er
auf die Sitzverteilung von Einfluss war oder hätte sein können. Angesichts des Vorsprungs des erstplatzierten
Wahlkreisbewerbers von 9 022 Stimmen hätte der Wahlfehler keinen Einfluss auf die Sitzverteilung im 18.
Deutschen Bundestag gehabt oder haben können. Dies gilt auch für die Stimmenverteilung auf die Landeslis-
ten der Parteien. Die an der Sitzverteilung gemäß § 6 BWG teilnehmenden Parteien erhielten folgende Zweit-
stimmenzahl: 3 776 563 (CDU), 3 028 282 (SPD), 760 642 (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und 582 925 (Die
Linke). Selbst wenn 502 Wahlberechtigte – was auszuschließen ist – doppelt gewählt hätten, würde keine
Partei mehr oder weniger Listenmandate erhalten. Die aufgrund der Fünf-Prozent-Hürde nicht an der Sitzver-
teilung teilnehmenden Parteien, etwa die „Alternative für Deutschland“ oder die FDP würden bundesweit
auch dann nicht an der Sitzverteilung teilhaben, wenn bis zu 502 Stimmen wegen einer Doppelwahl für un-
gültig erklärt würden.

e) Es stellt zwar einen höchst ärgerlichen und künftig zu vermeidenden Wahlfehler dar, dass mehreren Wahl-
berechtigten in den zwei Wahlkreisen 140 und 141 teilweise Briefwahlunterlagen für den benachbarten (Bo-
chumer) Wahlkreis zugesandt wurden. Die Erststimmen derjenigen 602 Briefwähler, die einen – für den je-
weiligen Wahlkreis – falschen Stimmzettel zurückgesandt hatten, waren gemäß § 39 Absatz 1 Satz 2 BWG
ungültig. Im Wahlkreis 140 waren 592 und im Wahlkreis 141 10 Stimmzettel betroffen. Eine entscheidende,
die Sitzverteilung im 18. Deutschen Bundestag berührende (s. o.) Auswirkung auf das Erststimmenergebnis
in beiden Wahlkreisen und damit die Vergabe des jeweiligen Direktmandats hatte das Versehen indessen
nicht: Im Wahlkreis 140 hatte der Erstplatzierte einen Vorsprung von 12 990 Stimmen vor dem zweitplatzier-
ten Bewerber; im Wahlkreis 141 erzielte die erstplatzierte Bewerberin einen Vorsprung von 23.803 Stimmen
vor der zweitplatzierten Kandidatin.

f) Auch in Duisburg wurde ärgerlicherweise gegen wahlrechtliche Vorgaben verstoßen, als 405 Wahlberech-
tigten in den beiden Wahlkreisen 115 und 116 Briefwahlunterlagen für den benachbarten (Duisburger) Wahl-
kreis zugesandt wurden. Die Stadt Duisburg konnte allerdings die Adressaten der fehlerhaften Unterlagen
ermitteln und hat diese angeschrieben sowie das weitere Vorgehen erklärt. Außerdem wurde die Presse in-
formiert. Es ist also davon auszugehen, dass die Wahlberechtigten die falschen Unterlagen austauschen lie-
ßen. Ob gleichwohl einige Wahlberechtigte doch mit den – für den jeweiligen Wahlkreis – nicht passenden
Stimmzetteln wählten, lässt sich angesichts des Wahlgeheimnisses naturgemäß nicht ermitteln. In einem
solchen Fall wäre die Erststimme gemäß § 39 Absatz 1 Satz 2 BWG ungültig gewesen. Indessen hatte das
Versehen keine mandatsrelevante Auswirkung auf das Erststimmenergebnis in beiden Wahlkreisen und damit
die Vergabe des jeweiligen Direktmandats: Im Wahlkreis 115 hatte die erstplatzierte Bewerberin der SPD
einen Vorsprung von 17 302 Stimmen vor dem zweitplatzierten Bewerber der CDU; im Wahlkreis 116 er-
zielte der erstplatzierte Direktkandidat der SPD einen Vorsprung von 14.105 Stimmen vor dem zweitplatzier-
ten Kandidaten der CDU.

g) In Oberhausen, im Wahlkreis 117, ist es zwar ebenfalls zu einem ärgerlichen und künftig zu vermeidenden
Verstoß gegen wahlrechtliche Vorgaben gekommen, als Briefwahlunterlagen der Bundestagswahl 2009 an
etwa 30 Briefwählerinnen und Briefwähler versandt wurden. Die Ausgabe falscher Stimmzettel widersprach
§ 30 Absatz 2 Nr. 1 BWG und § 45 Absatz 1 Nr. 1 BWO, wonach die Stimmzettel die in dem betreffenden

Drucksache 18/1710 – 20 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Wahlkreis zugelassenen Kreiswahlvorschläge enthalten müssen. Wenn die falschen Stimmzettel genutzt
worden wären, hätte dies gemäß § 39 Absatz 1 Nr. 1 BWG zur Ungültigkeit der Erst- und Zweitstimme ge-
führt. Es ist aber unsicher, ob überhaupt falsche Stimmzettel benutzt worden sind. Immerhin wurden in 20
Fällen die Briefwahlunterlagen ausgetauscht. Ob in den übrigen etwa zehn Fällen Stimmen fälschlicherweise
als gültig gewertet worden sind, ist nicht zu ermitteln. Es dürfte aber ausgeschlossen sein. So trat der Wahl-
kreisbewerber der SPD im Jahr 2013 zum ersten Mal an. Jeder Stimmzettel mit einem anderen Namen des
Direktkandidaten der SPD wäre bei der Auszählung also aufgefallen, zumal der SPD-Bewerber die Liste der
Wahlkreisbewerber auf dem Stimmzettel anführte. Unterstellt man gleichwohl, dass ein Wahlfehler vorliegt,
so wäre dieser nicht mandatsrelevant, da er auf die Sitzverteilung im 18. Deutschen Bundestag keinen Ein-
fluss hatte bzw. hätte haben können. Im Wahlkreis 117 erreichte der Gewinner des Direktmandats einen Vor-
sprung von 18 533 Stimmen gegenüber der zweitplatzierten Bewerberin, so dass die eventuell ungültigen
etwa zehn Erststimmen keinen Einfluss auf das Gesamtergebnis der Erststimmen und die Sitzverteilung im
18. Deutschen Bundestag gehabt hätten. Auch das Ergebnis für die Landeslisten – auf das weiter oben bereits
hingewiesen wurde – wäre bei einer eventuellen Ungültigkeit von Zweitstimmen nur geringfügig und ohne
Einfluss auf die Sitzverteilung tangiert worden.

h) Die aus Essen geschilderten Vorgänge erfüllen nicht den Tatbestand eines Wahlfehlers.

aa) Der Einspruchsführer weist zwar auf die in einem Fahrstuhl auf dem Universitätscampus in Essen am
Montagmorgen nach der Wahl entdeckten Säcke mit ausgezählten Briefwahlstimmzetteln hin. Auch teilt er
zutreffend mit, dass eine Unregelmäßigkeit vom Wahlamt und der Polizei nicht festgestellt werden konnte.
Einen Fehler bemängelt er aber insoweit nicht. Unabhängig davon hat ein solcher auch nicht vorgelegen. Die
gefundenen 26 Säcke waren ein Teil der 92 Säcke, in denen die zuvor in dem Gebäude zentral ausgezählten
Briefwahlstimmzettel verpackt wurden. Sie wurden beim Verladen bedauerlicherweise in dem Aufzug ver-
gessen und nach ihrem Auffinden dem Wahlamt der Stadt Essen übergeben. Das Vorkommnis mag zwar
verwundern, hatte auf das Wahlergebnis aber keinen Einfluss. Denn alle Stimmzettel wurden bei der Auszäh-
lung und der Ermittlung des vorläufigen Ergebnisses ordnungsgemäß berücksichtigt, und zwar vor dem Auf-
finden der Säcke im Aufzug.

bb) Der vom Einspruchsführer genannten Frau V. wurde das Wahlrecht nicht vorenthalten. Sie hatte bereits
am Vormittag des Wahltages unter Vorlage ihres Ausweises ihre Stimme abgegeben. Als sie am Nachmittag
erneut ihre Stimme abgeben wollte, wurde ihr dieses Ansinnen rechtmäßigerweise verwehrt. Ihr Ehemann,
der am Vormittag noch nicht gewählt hatte, durfte am Nachmittag seine Stimme abgeben.

cc) Anders als der Einspruchsführer behauptet, hat der von ihm erwähnte Herr W. F. nicht doppelt seine
Stimme abgeben können. Dies war rechtlich und tatsächlich ausgeschlossen. Herr F. hatte die Briefwahl be-
antragt und die entsprechenden Unterlagen erhalten. Im Wählerverzeichnis war daher ordnungsgemäß der
Sperrvermerk „W“ (= Wahlschein erhalten) enthalten. Herr F. hätte somit nur unter Vorlage des Wahlschei-
nes im Wahllokal wählen können.

dd) In der vom Einspruchsführer angeführten Neuauszählung der Stimmen in einem Essener Wahlkreis liegt
kein Wahlfehler. Im Gegenteil hat der Kreiswahllausschuss für den Wahlkreis 120, der einen Teil von Essen
umfasst, aufgrund des überaus knappen Stimmenunterschiedes und weiterer Vorkommnisse bei der Durch-
führung der Wahl ausnahmsweise eine vollständige Nachzählung aller abgegebenen Stimmen beschlossen.
Dadurch wurde sichergestellt, dass sich alle gültigen Stimmen im Wahlergebnis nunmehr wiederfinden.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 21 – Drucksache 18/1710

Anlage 3

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn W. H., 38259 Salzgitter,

– Az.: WP 5/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit einem Schreiben vom 23. September 2013 hat der Einspruchsführer Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt. Er hat seinen Vortrag durch weitere
Schreiben ergänzt.

1. Er rügt erstens einen angeblichen Manipulationsversuch. Dieser soll sich bei der Briefwahl eines Bekann-
ten im Gemeindeamt der Samtgemeinde Randolfshausen/Ebergötzen abgespielt haben. Der Bekannte habe
nur die Zweitstimme abgeben wollen und die Aufsichtsperson im Briefwahllokal gefragt, ob das zulässig sei.
Diese habe das verneint und mitgeteilt, man müsse beide Stimmen, also auch die Erststimme, abgeben. Trotz
Protests sei die Aufsichtsperson bei ihrer Ansicht geblieben. Erst der herbeigerufene Vorgesetzte habe dann
die Auffassung des Bekannten bestätigt. Der Einspruchsführer befürchtet, dass auch an der Briefwähler von
der genannten Aufsichtsperson die gleiche falsche Auskunft erhalten hätten.

2. Der Einspruchsführer glaubt zweitens, in der Berichterstattung im Fernsehen Hinweise auf eine Manipula-
tion des Wahlergebnisses zulasten der Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) erkennen zu können. Im
Fernsehen sei bis Mitternacht ständig über die Veränderungen der Wahlergebnisse berichtet worden. Die
Ergebnisse hätten sich bei allen Parteien ständig geändert, nur nicht bei der AfD. Das könne ein rein rechne-
rischer Zufall sein, aber auch auf bösartige Manipulation hindeuten.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Die Niedersächsische Landeswahlleiterin hat zu dem Vorbringen des Einspruchsführers am 6. Februar
2014, soweit es ihren Zuständigkeitsbereich betrifft, im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Sie habe den Kreiswahlleiter des Wahlkreises 53 (Göttingen) hierzu um Stellungnahme gebeten. Dieser habe
ihr mitgeteilt, dass es zutreffend sei, dass die Bedienstete der Samtgemeinde Randolfshausen den vom Ein-
spruchsführer dargestellten Hinweis erteilt habe. Allerdings seien zu diesem Zeitpunkt keine weiteren Wähle-
rinnen und Wähler in dem Raum gewesen. Die Aussage sei durch den Vorgesetzten der Bediensteten, der
hinzugerufen worden sei, unverzüglich korrigiert worden, so dass es im Ergebnis zu keiner Falschberatung
gekommen sei. Im Übrigen solle die Mitarbeiterin auf die Rechtslage hingewiesen worden sein. Weitere Fälle
dieser Art habe es nach Angaben des Kreiswahlleiters nicht gegeben. Die Aussage der Samtgemeindebe-
diensteten sei zwar unzutreffend gewesen. Da sie jedoch rechtzeitig korrigiert worden sei, sei es auch ersicht-
lich zu keinem Wahlfehler gekommen. Sie, die Landeswahlleiterin, halte den Einspruch daher für unbegrün-
det.

Der Einspruchsführer hat sich zu der ihm übersandten Stellungnahme nicht geäußert.

Drucksache 18/1710 – 22 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vortrag des Einspruchsführers lässt sich kein Verstoß
gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

1. Zwar war die Auskunft der Samtgemeindemitarbeiterin unzutreffend, da gemäß § 4 des Bundeswahlgeset-
zes jeder Wähler zwei Stimmen hat und es ihm freisteht, beide oder eine oder keine abzugeben. Aber da die
Fehlinformation durch den Vorgesetzten umgehend und vor der Stimmabgabe korrigiert worden ist, ist sie
folgenlos geblieben.

2. Die vom Einspruchsführer gerügte Fernsehberichterstattung am Wahlabend begründet keinen Wahlfehler,
da sie nicht die Vorbereitung, Durchführung und Organisation der Wahl betrifft. Die Fernsehsender berichten
nur über die Wahl. Die von ihnen veröffentlichten Prognosen und Hochrechnungen werden durch private
Meinungsforschungsinstitute, die die Sender selbst beauftragen, erstellt. Sie haben – anders als die Bekannt-
gabe des vorläufigen amtlichen Endergebnis durch den Bundeswahlleiter gemäß § 71 Abs. 5 der Bundes-
wahlordnung (BWO) und die Feststellung des endgültigen amtlichen Endergebnisses durch den Bundeswahl-
ausschuss gemäß § 42 des Bundeswahlgesetzes und § 78 BWO – keinen offiziellen Charakter. Überdies
ergibt sich aus dem Vortrag des Einspruchsführers nicht nachvollziehbar, inwieweit das Ergebnis der AfD
manipuliert worden sein soll. Der Einspruchsführer hätte nachvollziehbar darlegen müssen, aus welchem
Geschehen sich seiner Ansicht nach ein die Gültigkeit der Wahl berührender Fehler ergibt (vgl. etwa Bundes-
tagsdrucksachen 15/1150, Anlage 5; 17/1000, Anlagen 13 und 19; 17/2250, Anlage 11; BVerfGE 40, 11
[30]). Er hat aber nur einen nicht belegten Verdacht geäußert. Wahlbeanstandungen, die über nicht belegte
Vermutungen oder die bloße Andeutung der Möglichkeit von Wahlfehlern nicht hinausgehen und einen kon-
kreten, der Überprüfung zugänglichen Tatsachenvortrag nicht enthalten, müssen als unsubstantiiert zurück-
gewiesen werden (vgl. etwa Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlagen 283 bis 285; 15/1850, Anlage 25;
15/2400, Anlage 9; 17/1000, Anlagen 13 und 19; 17/2250, Anlage 11; 17/4600, Anlage 29; BVerfGE 48, 271
[276]; 66, 369 [379]; 85, 148 [159]; 122, 304 [309]; Hahlen, in: Schreiber, Bundeswahlgesetz, 9. Auflage,
2013, § 49 Rn. 25).

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 23 – Drucksache 18/1710

Anlage 4

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn J. S., 65589 Hadamar,

– Az.: WP 10/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Schreiben vom 23. September 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag bzw. wegen der Verletzung seines subjektiven Wahlrechts beim Wahl-
akt am 22. September 2013 eingelegt.

Der Einspruchsführer trägt vor, er sei um 17:00 Uhr im Wahllokal 10 des Wahlbezirks 10 der Stadt Hadamar
erschienen, um seine Stimme abzugeben. Eine Wahlbenachrichtigung habe er nicht erhalten; nach Auskunft
des Wahlvorstandes sei er im Wählerverzeichnis nicht aufgeführt gewesen. Er habe daraufhin angeregt, ma-
nuell unter Vorlage seines mitgeführten Reisepasses ins Wählerverzeichnis eingetragen zu werden. Er sei
allen Personen, die vor Ort gewesen seien, bekannt, habe sich aber gleichwohl ausgewiesen und vor Zeugen
angeboten, eine eidesstattliche Versicherung abzugeben, dass er in keinem anderen Wahllokal seine Stimme
abgegeben habe. Der Wahlvorstand habe versucht, den städtischen Wahlleiter zu erreichen. Nachdem dies
nicht gelungen sei, habe der Wahlvorstand entschieden, dass er nicht wählen dürfe. Er, der Einspruchsführer,
sehe sich in seinen Rechten gemäß § 1 Absatz 2 Satz 2 des Wahlprüfungsgesetzes (WPrüfG) verletzt und
beantrage, dies festzustellen.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Der Landeswahlleiter für Hessen hat zu dem Vorbringen des Einspruchsführers am 10. Februar 2014 wie
folgt Stellung genommen:

Nach § 14 Absatz 1 des Bundeswahlgesetzes (BWG) könne bei der Bundestagswahl nur wählen, wer in ein
Wählerverzeichnis eingetragen sei oder einen Wahlschein habe. Sofern ein Wähler nicht in das Wählerver-
zeichnis eingetragen sei und keinen Wahlschein habe, müsse er nach § 56 Absatz 6 Satz 1 Nr. 1 der Bundes-
wahlordnung (BWO) vom Wahlvorstand zurückgewiesen werden. Nach der als Anlage beigefügten Stellung-
nahme des Kreiswahlleiters des Wahlkreises 178 vom 22. Januar 2014 sei der Einspruchsführer nicht in das
Wählerverzeichnis des Wahlbezirks 10 der Stadt Hadamar eingetragen gewesen und habe auch keinen Wahl-
schein gehabt. Die Zurückweisung des Einspruchsführers durch den Wahlvorstand sei danach zu Recht er-
folgt.

Ein Wahlfehler liege auch nicht darin, dass der Einspruchsführer nicht von Amts wegen in das Wählerver-
zeichnis der Stadt Hadamar aufgenommen worden sei. Der Einspruchsführer sei ausweislich der beigefügten
Meldebescheinigung des Magistrats der Stadt Hadamar vom 15. Januar 2014 in der Stadt Hadamar nur mit
einer Nebenwohnung gemeldet; für eine Hauptwohnung sei er in der Stadt Fürth gemeldet. Der Statuswech-
sel sei nach der Meldebescheinigung am 1. Juli 2013 erfolgt. In das Wählerverzeichnis würden von Amts
wegen alle Wahlberechtigten eingetragen, die am 35. Tage vor der Wahl bei der Meldebehörde für eine
Wohnung gemeldet seien, § 16 Absatz 1 Nr. 1 BWO. Bei mehreren Wohnungen sei nach §§ 16 Absatz 6, 17
Absatz 1 Nr. 1 BWO die Hauptwohnung maßgebend. Am 35. Tag vor der Wahl (also am 18. August 2013)
sei der Einspruchsführer bei der Stadt Hadamar nur noch mit einer Nebenwohnung gemeldet gewesen. Die

Drucksache 18/1710 – 24 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Eintragung des Einspruchsführers von Amts wegen in ein Wählerverzeichnis und die nach § 19 Absatz 1
BWO vorgesehene Benachrichtigung über die Eintragung hätten danach nur durch die Stadt Fürth erfolgen
können. Ein Antrag auf Eintragung in das Wählerverzeichnis der Stadt Hadamar sei vom Einspruchsführer
innerhalb der Frist des § 18 Absatz 1 Satz 1 BWO nicht gestellt worden. Sofern der Einspruchsführer vortra-
ge, dass er im Wahlraum beim Wahlvorstand einen Antrag auf Eintragung in das Wählerverzeichnis gestellt
habe, so sei dieser Antrag nach § 18 Absatz 1 Satz 1 BWO schon nicht fristgerecht und zudem bei einer un-
zuständigen Stelle gestellt worden; zudem wäre eine Eintragung in das Wählerverzeichnis aufgrund der feh-
lenden Hauptwohnung in der Stadt Hadamar auch nicht möglich gewesen.

Der Einspruchsführer hat sich zu der ihm übersandten Stellungnahme nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vortrag des Einspruchsführers lässt sich kein Verstoß
gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

Gemäß § 14 Absatz 1 des Bundeswahlgesetzes kann nur wählen, wer in ein Wählerverzeichnis eingetragen
ist oder einen Wahlschein besitzt. Beides war beim Einspruchsführer nicht der Fall. Daher war er gemäß § 56
Absatz 6 Satz 1 Nr. 2 BWO vom Wahlvorstand zurückzuweisen. Eine manuelle Eintragung ins Wählerver-
zeichnis unter Vorlage des Reisepasses, aufgrund persönlicher Bekanntheit mit dem Wahlvorstand oder nach
Abgabe einer Versicherung an Eides statt, in keinem anderen Wahllokal gewählt zu haben, kennt das Wahl-
recht nicht. Allenfalls ist die Erteilung eines Wahlscheins am Wahltag bis 15.00 Uhr möglich, wenn der
Wahlwillige eine Benachrichtigung erhalten hat, ins Wählerverzeichnis eingetragen zu sein. Eine solche Be-
nachrichtigung hat der Einspruchsführer aber nicht bekommen; zudem betrat er das Wahllokal erst gegen
17.00 Uhr.

Auch die nicht gegebene Eintragung des Einspruchsführers in das Wählerverzeichnis der Stadt Hadamar
stellt keinen Wahlfehler dar. Wie der Landeswahlleiter dargelegt hat, war der Einspruchsführer am gemäß §
16 Absatz 1 Nr. 1 BWO maßgeblichen 35. Tag vor der Wahl, dem 18. August 2013, bei der Meldebehörde in
Fürth mit der Haupt- und in Hadamar nur mit einer Nebenwohnung gemeldet (wie es nachweislich zumindest
auch noch am 15. Januar 2014 der Fall war). Er hätte daher gar nicht in das Wählerverzeichnis der Stadt
Hadamar eingetragen werden dürfen, da bei mehreren Wohnungen nach den §§ 16 Absatz 6, 17 Absatz 1 Nr.
1 BWO die Hauptwohnung maßgebend ist. Der „Antrag“ beim Wahlvorstand wurde nicht nur bei einer ört-
lich und sachlich unzuständigen Stelle, sondern nach § 18 Absatz 1 Satz 1 BWO auch nicht fristgemäß ge-
stellt.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 25 – Drucksache 18/1710

Anlage 5

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn T. M.-F., 79104 Freiburg,

– Az.: WP 12/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Schreiben vom 23. September 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Er rügt, wie schon in früheren Wahleinsprüchen, dass für Strafgefangene in keinem Bundesland ein Wahllo-
kal eingerichtet worden sei, obwohl ein Bedürfnis hierfür bestanden habe und ernstliche Sicherheitsbedenken
nicht vorgelegen hätten. Zudem bemängelt er, dass in keiner deutschen Anstalt für Sicherungsverwahrung ein
beweglicher Wahlvorstand eingesetzt worden sei. Außerdem beanstandet er, dass keinem im geschlossenen
Vollzug untergebrachten Sicherungsverwahrten in der Bundesrepublik Deutschland ein Ausgang oder eine
Ausführung in das örtliche, gemeindliche Wahllokal bewilligt worden sei. Er befinde sich in der Justizvoll-
zugsanstalt (JVA) Freiburg in Sicherungsverwahrung und habe dasselbe erlebt.

Alle Sicherungsverwahrten seien von der unmittelbaren und geheimen Wahl ausgeschlossen worden. Hierin
liege ein Verfassungsverstoß. Das Bundesverfassungsgericht habe am 4. Mai 2011 geurteilt (BVerfGE 128,
326), dass das Leben in der Sicherungsverwahrung demjenigen in Freiheit anzugleichen sei und lediglich
Sicherheitsgründe zu Rechtsbeschränkungen führen dürften. Es sei aber nichts dafür ersichtlich, dass es aus
Sicherheitsgründen erforderlich gewesen sei, allen Sicherungsverwahrten in der Bundesrepublik Deutsch-
land, und damit auch denjenigen in der JVA Freiburg, das Wahlrecht faktisch abzuerkennen. Die Anstalten
seien verpflichtet gewesen, für jeden Sicherungsverwahrten, auch den Einspruchsführer, zu prüfen, ob ein
Ausgang oder eine Ausführung möglich sei, hätten dies aber unterlassen.

Die Landeswahlleiterin des Landes Baden-Württemberg hat zu dem Einspruch am 3. Februar 2014 wie
folgt Stellung genommen:

Nach § 8 der Bundeswahlordnung (BWO) sollten für die Stimmabgabe unter anderem in Justizvollzugsan-
stalten bei entsprechendem Bedürfnis und soweit möglich bewegliche Wahlvorstände gebildet werden. Eine
generelle Verpflichtung der Wahlbehörden zur Einrichtung einer Gelegenheit zur Urnenwahl in Justizvoll-
zugsanstalten sähen die Wahlvorschriften allerdings nicht vor. Wegen des Grundsatzes, dass jeder Wahlbe-
rechtigte nur in dem Wahlkreis wählen könne, in dessen Wählerverzeichnis er geführt werde (§ 14 Absatz 2
des Bundeswahlgesetzes [BWG]), sei die Wahl vor einem beweglichen Wahlvorstand nicht für alle sich in
einer JVA aufhaltenden Wahlberechtigten möglich. § 64 Absatz 1 BWO sehe zwar vor, dass die Gemeinde-
behörde bei entsprechendem Bedürfnis und soweit möglich Gelegenheit geben solle, dass die in sozialthera-
peutischen Anstalten und Justizvollzugsanstalten anwesenden Wahlberechtigten, die einen für den Wahlkreis
gültigen Wahlschein besitzen, in der Anstalt vor einem beweglichen Wahlvorstand wählten. Das bedeute
jedoch zugleich, dass alle dort anwesenden Wahlberechtigten, die in den Wählerverzeichnissen anderer
Wahlkreise geführt werden, insbesondere weil sie dort zum Stichtag für die Eintragung ins Wählerverzeich-
nis gemeldet waren (vgl. § 16 Absatz 1 BWO), ihre Stimme nicht vor dem beweglichen Wahlvorstand abge-
ben könnten. Diese Wahlberechtigten seien, soweit sie nicht dort an der Urnenwahl teilnehmen könnten, wo
sie im Wählerverzeichnis eingetragen seien, in jedem Fall auf die Stimmabgabe per Briefwahl verwiesen.

Drucksache 18/1710 – 26 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Davon abgesehen räume die Regelung, wie sich auch aus der Entscheidungspraxis des Wahlprüfungsaus-
schusses des Deutschen Bundestags ergebe, den Gemeindebehörden einen großen Entscheidungsspielraum
ein (Bundestagsdrucksachen 14/2761, Anlage 15; 15/2400, Anlage 6; 15/4750, Anlage 9; 16/3600 Anlage 39,
17/2200 Anlage 3, 17/6300 Anlage 3 sowie Landtagsdrucksache 15/641 und Beschluss des Staatsgerichtshofs
Baden-Württemberg vom 22. Mai 2012, Az. GR (V) 2/11). Denn gemäß §§ 8 und 64 BWO sei Vorausset-
zung für die Bildung eines beweglichen Wahlvorstands, dass ein Bedürfnis für dessen Einrichtung besteht
und die Einrichtung auch möglich ist. In Anbetracht des gleichwohl nicht unerheblichen organisatorischen
Aufwands, der stets geringen Wahlbeteiligung unter den Gefangenen und Sicherungsverwahrten und der
gesetzlich vorgesehenen, verfassungskonformen sowie in der Praxis bewährten Möglichkeit der Briefwahl
habe aus Sicht des Justizvollzugs – wie bereits schon bei vorangegangenen Parlamentswahlen – kein Bedürf-
nis für die Einrichtung beweglicher Wahlvorstände bestanden. Daher seien die Justizvollzugsanstalten auch
nicht an die Gemeindebehörden wegen der Einrichtung beweglicher Wahlvorstände herangetreten.

Mit dem Urteil vom 4. Mai 2011 habe das Bundesverfassungsgericht die Erforderlichkeit eines Abstands der
Ausgestaltung des Vollzugs der Sicherungsverwahrung von derjenigen des Vollzugs von Strafhaft als eine
der Anforderungen an die gesetzgeberische Neukonzeption des Vollzugs der Sicherungsverwahrung formu-
liert. Konkreter sollten über den unabdingbaren Entzug der äußeren Freiheit hinausgehende weitere Belas-
tungen im Vollzug der Sicherungsverwahrung vermieden werden; zudem müsse die Perspektive der Wieder-
erlangung der Freiheit sichtbar die Praxis der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung bestimmen. Diese
Vorgaben habe der Landtag von Baden-Württemberg mit einem Gesetz zur Schaffung einer grundrechtskon-
formen Rechtsgrundlage für den Vollzug der Sicherungsverwahrung in Baden-Württemberg vom 14. No-
vember 2012 umgesetzt. Das Gesetz sei am 1. Juni 2013 in Kraft getreten. Das Recht des Vollzugs der Siche-
rungsverwahrung sei im Justizvollzugsgesetzbuch, Buch 5, neu geregelt.

Bei der Gewährung vollzugsöffnender Maßnahmen – wie Ausgang oder Ausführung – handele es sich um
eine einzelfallbezogene Vollzugsentscheidung, die entsprechend der in § 11 Absatz 2 und 3 des Justizvoll-
zugsgesetzbuches, Buch 5, formulierten Voraussetzungen unter Berücksichtigung der Sicherheitsinteressen
der Allgemeinheit und der Ziele des Vollzugs – namentlich der Minderung der Gefährlichkeit der Siche-
rungsverwahrten für die Allgemeinheit und der Befähigung Sicherungsverwahrter, künftig in sozialer Ver-
antwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen – getroffen werde. Das Abstandsgebot finde dabei seinen
gesetzlichen Niederschlag darin, dass vollzugsöffnende Maßnahmen zugunsten Sicherungsverwahrter anders
als im Falle Strafgefangener unter Berücksichtigung der Vollzugsziele zu gewähren seien, sobald und soweit
zwingende Gründe nicht entgegenstünden, insbesondere konkrete Anhaltspunkte die Gefahr begründeten,
dass die Untergebrachten sich dem Vollzug der Sicherungsverwahrung entzögen oder die vollzugsöffnenden
Maßnahmen zur Begehung erheblicher Straftaten missbrauchen würden. Weiter sei darauf hinzuweisen, dass
das Abstandsgebot zum Strafvollzug insgesamt zu betrachten sei. Es sei nicht verletzt, wenn in einem Detail-
bereich die Gegebenheiten in der Sicherungsverwahrung gleich oder vielleicht sogar etwas ungünstiger seien
als im Strafvollzug. Auf die Teilnahme an der Bundestagswahl gewendet bedeute dies, dass ein Anspruch auf
Ausführung zur Wahl aus dem Abstandsgebot nicht abgeleitet werden könne. Eine Gleichstellung zum Straf-
vollzug in diesem Punkt sei unschädlich. Abgesehen davon sei anzumerken, dass es einer Vollzugseinrich-
tung organisatorisch faktisch unmöglich wäre, die entsprechende Zahl von Ausführungen am Wahlsonntag
abzuwickeln.

Auch sofern Sicherungsverwahrten nach diesen Vorgaben aus Vollzugsgründen keine vollzugsöffnenden
Maßnahmen oder keine Ausführung zur Teilnahme an der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag in dem für sie
zuständigen Wahlbezirk gewährt worden seien, sei ihre Teilnahme an der Wahl angesichts der gesetzlich
vorgesehenen alternativen Möglichkeit der Briefwahl in verfassungskonformer Weise gesichert gewesen.

Der Einspruchsführer hat sich zu der ihm übersandten Stellungnahme am 26. März 2014 geäußert:

Es liege durchaus ein, wenn auch wohl nicht mandatsrelevanter, Wahlfehler darin, dass zumindest keinem
Sicherungsverwahrten, so auch ihm nicht, die Teilnahme an der Wahl in einem Wahllokal gestattet worden
sei, denn die von der Landeswahlleiterin vorgetragenen Argumente überzeugten nicht. Das Urteil des Bun-
desverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 binde unmittelbar, vgl. § 31 des Bundesverfassungsgerichtsgeset-
zes, die Länder wie den Bund, und zwar die Exekutive wie die Legislative. Da danach Einschränkungen jeg-
licher Handlungsmöglichkeiten der Verwahrten nur noch und einzig dann zulässig seien, wenn diese aus
Sicherheitsgründen unabweisbar sind, hätte es für jeden einzelnen Verwahrten einer gesonderten Prüfung
bedurft, ob eine Ausführung, das heißt unter Bewachung von Beamten, ins Wahllokal möglich gewesen wäre,

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 27 – Drucksache 18/1710

zumindest hätte jedoch zwingend ein Wahllokal in den Haftanstalten für die Verwahrten eingerichtet werden
müssen. Da es die Haftanstalten faktisch in der Hand hätten, durch manipulatives Verhalten ein „Bedürfnis“
für die Errichtung eines beweglichen Wahlvorstands zu unterlaufen, bzw. ihnen dabei die Städte und Ge-
meinden zur Hand gingen, weil sie den Aufwand scheuten für die „Kriminellen und Verbrecher“ – denn das
sei die Argumentation, die man zu hören bekomme, wenn man dem Personal zusichere, es nicht namentlich
zu zitieren –, sollte der Bundestag endlich aufhören, es hinzunehmen, wenn hier die Bundeswahlordnung
unterlaufen werde. In einem demokratischen Staat sei es eben die Regel, vor Ort in einem Wahllokal zu wäh-
len; auch weiterhin sei die Briefwahl die Ausnahme. Und niemand stelle sicher, dass die JVA die Wahlbriefe
nicht doch öffne oder unterschlage oder diese auf dem Postwege abhanden kämen. Nur bei einer Wahl in
einem Wahllokal sei die Stimmabgabe „sicher“. Vor dem Hintergrund der erwähnten Entscheidung des Bun-
desverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 ergäben sich auch Folgerungen für die Teilnahme an Wahlen; denn
es sei vornehmstes Recht eines jeden Bürgers und einer jeden Bürgerin, sich an Wahlen zu beteiligen. Wenn
schon bei diesem für eine Demokratie konstitutiven Akt der Bundestag sich weigern sollte, das Urteil des
Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 zu beachten, sollte man den Begriff der „Demokratie“ tunlichst
aus dem Grundgesetz streichen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vortrag des Einspruchsführers lässt sich kein Verstoß
gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

1. Hinsichtlich der – schon nicht hinreichend substantiierten, weil nicht näher belegten – Rüge des Ein-
spruchsführers, für Strafgefangene sei in keinem Bundesland ein Wahllokal eingerichtet worden und in kei-
ner Anstalt für Sicherungsverwahrung sei ein beweglicher Wahlvorstand eingesetzt worden, liegt kein Wahl-
fehler vor.

Die Wahlvorschriften sehen keine generelle Verpflichtung der Wahlbehörden zur Einrichtung einer Gelegen-
heit zur Urnenwahl in Justizvollzugsanstalten vor. Wegen des Grundsatzes, dass jeder Wahlberechtigte nur in
dem Wahlkreis wählen kann, in dessen Wählerverzeichnis er geführt wird (§ 14 Absatz 2 BWG), ist dies
nicht einmal ohne Weiteres für alle sich in einer Justizvollzugsanstalt aufhaltenden Wahlberechtigten mög-
lich.

§ 64 Absatz 1 BWO sieht zwar vor, dass die Gemeindebehörde bei entsprechendem Bedürfnis und soweit
möglich Gelegenheit geben soll, dass die in sozialtherapeutischen Anstalten und Justizvollzugsanstalten an-
wesenden Wahlberechtigten, die einen für den Wahlkreis gültigen Wahlschein besitzen, in der Anstalt vor
einem beweglichen Wahlvorstand wählen. Sofern ein solches Bedürfnis besteht, ist gemäß § 64 Absatz 2
BWO ein Wahllokal in der Anstalt einzurichten. § 64 Absatz 1 BWO besagt aber auch, dass alle in der An-
stalt anwesenden Wahlberechtigten, die in den Wählerverzeichnissen anderer Wahlkreise geführt werden,
insbesondere weil sie dort zum Stichtag für die Eintragung ins Wählerverzeichnis gemeldet waren (vgl. § 16
Absatz 1 BWO), ihre Stimme nicht vor dem beweglichen Wahlvorstand abgeben können. Diese Wahlberech-
tigten sind, soweit sie nicht dort an der Urnenwahl teilnehmen können, wo sie im Wählerverzeichnis einge-
tragen sind, in jedem Fall auf die Stimmabgabe per Briefwahl verwiesen.

Davon abgesehen räumt die Regelung, wie der Wahlprüfungsausschuss in ständiger Entscheidungspraxis
feststellt, den Gemeindebehörden einen großen Entscheidungsspielraum ein (vgl. Bundestagsdrucksachen
14/2761 Anlage 15, 15/2400 Anlage 6, 16/3600 Anlage 39; 17/2200, Anlage 3, 17/6300, Anlagen 3, 8 und 9).
Denn gemäß §§ 8 und 64 BWO ist Voraussetzung für die Bildung eines beweglichen Wahlvorstands, dass ein
Bedürfnis für dessen Einrichtung besteht und die Einrichtung auch möglich ist. Das Bedürfnis für die Bildung
eines beweglichen Wahlvorstands ergibt sich nicht bereits aus der Tatsache, dass in einer Justizvollzugsan-
stalt meist zahlreiche Wahlberechtigte inhaftiert sind. Denn zum einen steht damit nicht zugleich fest, dass
diese auch die oben dargelegten Voraussetzungen für die Wahl vor dem beweglichen Wahlvorstand erfüllen.
Zum anderen ist bei der Entscheidung über das Vorliegen eines entsprechenden Bedürfnisses zu berücksich-
tigen, dass stets die Möglichkeit der Briefwahl besteht (vgl. Seifert, Bundeswahlrecht, 3. Auflage 1976, § 60
BWO Nr. 1). Aus Sicht des Wahlprüfungsausschusses besteht seit Einführung der Briefwahl keine zwingen-
de Notwendigkeit, bewegliche Wahlvorstände in Justizvollzugsanstalten einzurichten, sofern nicht besondere
Gründe vorliegen (vgl. Bundestagsdrucksache 17/2200, Anlage 3). Dass eine Briefwahl – auch von Strafge-

Drucksache 18/1710 – 28 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

fangenen oder Sicherungsverwahrten – weniger „sicher“ wäre, als eine Urnenwahl, erschließt sich dem
Wahlprüfungsausschuss nicht.

Auch die Frage, ob die Einrichtung eines beweglichen Wahlvorstands überhaupt möglich ist, ist von der Ge-
meindebehörde zu beurteilen, die mit Unterstützung der Leitung der JVA die Stimmabgabe vor einem be-
weglichen Wahlvorstand zu organisieren hat (vgl. § 64 Absätze 2 und 3 in Verbindung mit § 62 Absatz 3 und
§ 61 Absätze 6 bis 8 BWO). Hierbei können personelle und organisatorische Gegebenheiten, insbesondere
auch Sicherheitserwägungen, eine Rolle spielen. Nur wenn die genannten Voraussetzungen, also ein Bedürf-
nis und auch die Möglichkeit der Einrichtung eines beweglichen Wahlvorstands, vorliegen, gilt als Rechts-
folge, dass die Gemeindebehörde Gelegenheit zur Wahl vor einem beweglichen Wahlvorstand geben soll.
Dies ergibt sich jedoch aus dem Vorbringen des Einspruchsführers nicht. Vielmehr hat aus Sicht des Justiz-
vollzugs Baden-Württemberg in Anbetracht des nicht unerheblichen organisatorischen Aufwands, der stets
geringen Wahlbeteiligung unter den Gefangenen und Sicherungsverwahrten und der gesetzlich vorgesehenen
verfassungskonformen (vgl. BVerfGE 21, 200 [205]; 59, 119 [125]) sowie in der Praxis bewährten Brief-
wahlmöglichkeit – wie bereits schon bei vorangegangenen Parlamentswahlen – kein Bedürfnis für die Ein-
richtung beweglicher Wahlvorstände bestanden, weshalb die Justizvollzugsanstalten auch nicht an die Ge-
meindebehörden wegen der Einrichtung beweglicher Wahlvorstände herangetreten sind.

In der beschriebenen, auf geltendem Recht beruhenden Vorgehensweise der Wahlbehörden liegt – anders als
der Einspruchsführer meint – kein Ausschluss aller Sicherungsverwahrten von der unmittelbaren und gehei-
men Wahl und damit auch kein Verfassungsverstoß. Alle Sicherungsverwahrten konnten ihr Wahlrecht, zu-
mindest im Wege der mit der Urnenwahl gleichrangigen Briefwahl, wahrnehmen. Es ist nicht ersichtlich,
dass die Unmittelbarkeit der Wahl oder das Wahlgeheimnis beeinträchtigt worden wären.

2. Soweit der Einspruchsführer behauptet, keinem im geschlossenen Vollzug untergebrachten Sicherungs-
verwahrten in der Bundesrepublik Deutschland sei ein Ausgang oder eine Ausführung in das örtliche,
gemeindliche Wahllokal bewilligt worden und ihm sei dasselbe widerfahren, ist – davon abgesehen, dass die
Behauptung des Einspruchsführers in Bezug auf andere Sicherungsverwahrte erneut nicht belegt ist – kein
Wahlfehler erkennbar. Der Einspruchsführer trägt nicht vor, dass ihm oder anderen die Möglichkeit der
Briefwahl genommen worden sei. Somit konnten er und andere Sicherungsverwahrte ihr Wahlrecht ausüben.
Ein Ausgang oder eine Ausführung waren für die Briefwahl nicht notwendig. Deswegen liegt in ihrer Nicht-
bewilligung auch kein Wahlfehler und erst recht kein Verfassungsverstoß.

Aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 (BVerfGE 128, 326) folgt nichts Gegentei-
liges. Das Gericht hatte gefordert, dass sich der Vollzug der Sicherungsverwahrung stärker als bisher von der
Strafhaft unterscheiden müsse (sog. Abstandsgebot). Da Sicherungsverwahrte inhaftiert blieben, obwohl sie
ihre Strafe bereits vollständig verbüßt hätten, müsse der Vollzug der Sicherungsverwahrung stärker als bisher
freiheitsorientiert und therapiegerichtet ausgestaltet werden. Die Länder, darunter Baden-Württemberg, haben
entsprechende Gesetze erlassen. Ein Anspruch auf Ausgang oder Ausführung aus Anlass der Wahl lässt sich
aus dem Urteil und insbesondere aus dem Abstandsgebot nicht ableiten. Eine Gleichstellung zum Strafvoll-
zug in diesem Punkt ist nicht zu beanstanden, davon abgesehen, dass es einer Vollzugseinrichtung organisa-
torisch faktisch unmöglich sein dürfte, die entsprechende Zahl von Ausführungen am Wahlsonntag abzuwi-
ckeln.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 29 – Drucksache 18/1710

Anlage 6

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn G. A., 35460 Staufenberg,

– Az.: WP 16/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 5. Juni 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Schreiben vom 24. September 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag und wegen Verletzung seines subjektiven Wahlrechts beim Wahlakt am
22. September 2013 eingelegt.

Er rügt Vorgänge bei der Stimmabgabe bei der Bundestagswahl und der Hessischen Landtagswahl im Wahl-
lokal im Kindergarten in Staufenberg-Treis. Nach dem Ausfüllen der beiden Stimmzettel habe er diese in die
Wahlurne stecken wollen. Eine hinter der Urne befindliche Dame habe ihn energisch angewiesen, die Stimm-
zettel getrennt in eine Wahlurne und in eine blaue „Mülltonne“ zu werfen. Ihm sei nicht ganz klar gewesen,
was er da tue, zumal beide Behälter nicht beschriftet gewesen seien. In dem Durcheinander habe sich einer
der beiden Stimmzettel entfaltet, auch weil er reflexartig habe schauen wollen, welcher Stimmzettel es sei. Er
sei energisch aufgefordert worden, endlich den Stimmzettel einzuwerfen. Dritte hätten seiner Meinung nach
erkennen können, wie der Zettel ausgefüllt gewesen sei. Der Wahlvorgang sei nicht geheim und der Ablauf
undurchsichtig gewesen. Man habe nicht erkennen können, was mit gegebenenfalls falsch eingeworfenen
Stimmzetteln geschehen sei. Er frage sich, ob der „Mülleimer“ als Wahlurne habe herhalten dürfen. Außer-
dem liege ein Verstoß gegen die (hessische) „Verordnung über die gleichzeitige Durchführung von Land-
tagswahlen mit Bundestagswahlen“ vor. Gemäß deren § 9 sei für die Landtagswahl die für die Bundestags-
wahl verwendete Wahlurne mitzubenutzen. Eine Trennung der Stimmzettel für beide Wahlen dürfe gemäß
demWahlerlass Nr. B 16/L13 vom 27. August 2013 erst nach dem Ende der Wahlhandlung erfolgen.

Er sehe sich in seinem Recht auf geheime Wahl verletzt.

Der Landeswahlleiter für Hessen hat zu dem Vorbringen des Einspruchsführers am 10. Februar 2014 im
Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Der Kreiswahlleiter des Wahlkreises 173 (Gießen) habe bestätigt, dass in der Stadt Staufenberg in allen all-
gemeinen Wahlbezirken für die Bundestags- und Landtagswahl zur Beschleunigung der Auszählung getrenn-
te Wahlurnen verwendet worden seien. Nach Informationen durch den Magistrat der Stadt Staufenberg seien
die Wähler vor dem Einwurf der Stimmzettel in die jeweiligen Wahlurnen aufgefordert worden, die Stimm-
zettel für die Wahlen zu trennen und sie in die für jede Wahl gekennzeichnete Wahlurne zu werfen. In den
Fällen, in denen Wähler die Stimmzettel für beide Wahlen ineinander gefaltet hätten, seien sie aufgefordert
worden, die Stimmzettel in der Wahlkabine zu trennen und einzeln zu falten. Der Einspruchsführer sei mehr-
fach von der Wahlvorsteherin des Wahlbezirks aufgefordert worden, seine Stimmzettel in der Wahlkabine zu
trennen. Diesen Hinweis habe er missachtet und seine Stimmzettel außerhalb der Wahlkabine getrennt und
jeweils wieder neu gefaltet. Danach habe er kritisiert, dass die Mitglieder des Wahlvorstands die Kennzeich-
nung auf den Stimmzetteln hätten erkennen können.

Der Einspruch sei unbegründet. In der Faltung des Stimmzettels für die Bundestagswahl außerhalb der Wahl-
kabine und der fehlenden Zurückweisung des Wählers durch den Wahlvorstand liege ein Wahlfehler, der
allerdings keinen Einfluss auf die Mandatsverteilung im 18. Deutschen Bundestag habe. Nach § 56 Absatz 2

Drucksache 18/1710 – 30 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Satz 1 der Bundeswahlordnung (BWO) begebe sich der Wähler in die Wahlkabine, kennzeichne dort seinen
Stimmzettel und falte ihn dort in der Weise, dass seine Stimmabgabe nicht erkennbar ist. Nach dem aus-
drücklichen Wortlaut der Vorschrift und dem durch sie bezweckten Schutz des Wahlgeheimnisses müsse der
Stimmzettel in der Wahlkabine gefaltet werden. Sofern der Wähler seinen Stimmzettel außerhalb der Wahl-
kabine gefaltet habe, müsse er vom Wahlvorstand nach § 56 Absatz 6 Satz 1 Nr. 4 BWO zurückgewiesen
werden; dem Wähler sei in diesem Fall nach § 56 Absatz 8 BWO auf Verlangen ein neuer Stimmzettel aus-
zuhändigen, nachdem er den alten Stimmzettel im Beisein eines Mitglieds des Wahlvorstands vernichtet
habe. Der Einspruchsführer habe die Stimmzettel für die Bundestags- und Landtagswahl ineinander gefaltet
und sie außerhalb der Wahlkabine getrennt und erneut gefaltet. Er hätte daher vom Wahlvorstand für die
Bundestagswahl nach § 56 Absatz 6 Satz 1 Nr. 4 BWO zurückgewiesen werden müssen. Dass der Ein-
spruchsführer nicht ausdrücklich vorgetragen habe, bei welchem Stimmzettel eine Kenntnisnahme durch den
Wahlvorstand möglich gewesen sei, sei unerheblich, da § 56 Absatz 6 Satz 1 BWO allein darauf abstelle,
dass der Stimmzettel für die Bundestagswahl außerhalb der Wahlkabine gefaltet wurde. Auch der Umstand,
dass der Einspruchsführer den Hinweisen des Wahlvorstands nicht gefolgt sei und die Stimmzettel freiwillig
außerhalb der Wahlkabine getrennt habe, sei unerheblich, da die Einhaltung des Wahlgeheimnisses zwingend
sei und nicht zur Disposition des Wählers stehe. Auf die Verteilung der nach Landeslisten zu besetzenden
Sitze habe der Wahlfehler aufgrund der hohen Stimmendifferenz zwischen den Wahlvorschlägen aber keine
Auswirkungen. Auch für das Ergebnis im Wahlkreis 173 habe der Wahlfehler keine Auswirkungen, da der in
diesem Wahlkreis obsiegende Wahlkreisbewerber der CDU gegenüber den anderen Bewerbern mindestens
einen Stimmenvorsprung von 13 763 Stimmen habe. Es bestehe danach keine in greifbare Nähe gerückte
Möglichkeit einer Mandatsrelevanz.

Der Einspruchsführer sei allerdings durch die nicht erfolgte Zurückweisung durch den Wahlvorstand in sei-
nen Rechten verletzt worden. Eine Verletzung des aktiven Wahlrechts des Einspruchsführers sei nicht erfolgt,
da sein Stimmzettel wegen der fehlenden Zurückweisung in die Stimmermittlung eingegangen sei. Doch sei
durch die unterbliebene Zurückweisung in das Recht des Einspruchsführers auf eine geheime Wahl nach
Artikel 38 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG), § 1 Absatz 1 Satz 2 des Bundeswahlgesetzes (BWG)
eingegriffen worden.

Aus dem Vortrag des Einspruchsführers, dass der Wahlvorgang nicht geheim und es auch nicht transparent
gewesen sei, was mit falsch eingeworfenen Stimmzetteln passiere, sei ein Wahlfehler nicht ersichtlich. Der
Substantiierungspflicht genüge der Vortrag des Einspruchsführers nicht, da er nur pauschal behaupte, dass
die Wahl nicht geheim gewesen sei. Hinsichtlich des von ihm behaupteten intransparenten Verfahrens über
falsch eingeworfene Stimmzettel trage der Einspruchsführer keine konkreten Tatsachen vor; er behaupte auch
nicht, dass es überhaupt zu fehlerhaften Einwürfen in die Wahlurnen gekommen sei. Zudem habe der Magist-
rat der Stadt Staufenberg mitgeteilt, dass alle Wahlvorstände in den allgemeinen Wahlbezirken die Wähler
vor der Stimmabgabe aufgefordert hätten, die Stimmzettel getrennt in die für jede Wahl gekennzeichnete
Urne einzuwerfen. Anhaltspunkte, dass überhaupt Stimmzettel in die falsche Wahlurne geworfen worden
seien, bestünden nicht.

Auch in der Verwendung von getrennten Wahlurnen für die Bundestags- und Landtagswahl in den allgemei-
nen Wahlbezirken der Stadt Staufenberg liege kein Wahlfehler. Nach § 51 Absatz 1 BWO sorge die Gemein-
de für die erforderlichen Wahlurnen; die Wahlurne müsse nach Absatz 2 der Vorschrift mit einem Deckel
versehen sein, und ihre innere Höhe solle in der Regel 90 cm, der Abstand jeder Wand von der gegenüberlie-
genden mindestens 35 cm betragen. Zudem müsse die Wahlurne einen Spalt haben, der nicht breiter als 2 cm
sein dürfe, und sie müsse verschließbar sein. Für die Bundestagswahl habe in allen allgemeinen Wahlbezir-
ken der Stadt Staufenberg eine Wahlurne zur Verfügung gestanden. Der vom Einspruchsführer vorgetragene
Verstoß gegen § 9 Absatz 1 Satz 1 der Verordnung über die gleichzeitige Durchführung von Landtagswahlen
mit Bundestagswahlen vom 4. Juni 2013 (GVBl. S. 378), nach welchem für die Landtagswahl die Wahlurne
der Bundestagswahl mitbenutzt werde, betreffe nur die Landtagswahl und nicht die Bundestagswahl. Mit der
Frage, ob die verwendeten Wahlurnen überhaupt den gesetzlichen Vorgaben entsprochen hätten, erfülle der
Einspruchsführer die ihm im Wahlprüfungsverfahren obliegende Substantiierungspflicht nicht, da für die
Begründung eines Wahleinspruchs die bloße Andeutung der Möglichkeit von Wahlfehlern oder die Äußerung
einer bloßen Vermutung nicht ausreiche. Im Übrigen habe der Kreiswahlleiter bestätigt, dass die von der
Stadt Staufenberg eingesetzten Wahlurnen für die Bundestagswahl den Vorgaben des § 51 Absatz 2 BWO
entsprochen hätten.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 31 – Drucksache 18/1710

Der Einspruchsführer hat dazu mit Schreiben vom 15. März 2014 im Wesentlichen wie folgt Stellung ge-
nommen:

Anders als der Landeswahlleiter sehe er, dass der Verstoß gegen § 9 Absatz 1 der Verordnung über die
gleichzeitige Durchführung von Landtagswahlen mit Bundestagswahlen nicht nur die Landtagswahl betreffe.
Durch den Verstoß gegen die Vorschrift werde der gesamte Wahlvorgang verändert und ebenso die Ermitt-
lung des Ergebnisses der Wahlen. Der Gesetzgeber habe sich auf ein Verfahren zur Durchführung der Wah-
len festgelegt. Es könne nicht Aufgabe einer einzelnen Verwaltung sein, nach Belieben zu agieren, nur um
eine schnellere Ergebnisermittlung zu erreichen. Dies gehe wie in seinem Fall voll zulasten der Wähler. Trotz
der Verwendung von zwei Urnen sei Staufenberg Letzter gewesen. Die praktische Umsetzung habe da wohl
erhebliche Probleme bereitet (wie sich aus einem angehängten Artikel der Online-Ausgabe der „Gießener
Zeitung“ ergebe).

Nach Abänderung des Wahlvorganges wäre eine Anweisung mit ausdrücklichem Hinweis an die Wähler, die
Stimmzettel einzeln getrennt zu falten, erforderlich gewesen. Dies sei dem Schreiben des Magistrats der Stadt
Staufenberg nicht zu entnehmen. Hier werde nur auf die allgemeine „Bestimmungslage“ beim Falten außer-
halb der Kabine verwiesen. Auch ihm gegenüber sei kein Hinweis erfolgt. Der Wahlerlass des Hessischen
Ministeriums des Innern und für Sport sehe nur eine Empfehlung an die Wähler vor, die Stimmzettel in der
Wahlkabine einzeln so zu falten, dass die Kennzeichnung nicht zu erkennen sei. Es handele sich dabei um
eine Empfehlung, da der Erlass nur von der Verwendung einer gemeinsamen Urne ausgehe. Gleichzeitig
besage er, dass das gemeinsame Falten der Wahlzettel und das Einwerfen ausdrücklich erlaubt gewesen sei-
en. Dies sei verhindert worden. Auch wäre es erforderlich gewesen, entsprechend zu regeln, wie für die Wäh-
ler die Urnen erkennbar seien. Eine (solche) Regelung liege nicht vor. Zwar werde von einer gekennzeichne-
ten Urne im Schreiben des Magistrats gesprochen, doch sei für ihn keine Kennzeichnung erkennbar gewesen.
Es sei bisher nicht ausgeführt worden, wie die Urnen für die Landtags- bzw. Bundestagswahl gekennzeichnet
gewesen seien. Nach seiner Ansicht sei ein geführter Stimmzetteleinwurf anhand der unterschiedlichen Ge-
staltung der Stimmzettel erfolgt. Eine mehrfache Aufforderung durch die Wahlvorsteherin, die Wahlkabine
aufzusuchen, um die Stimmzettel zu trennen, sei nicht erfolgt. Die Vorsteherin habe hinter den Urnen gestan-
den und ihn aufgefordert und dirigiert, die Stimmzettel zu entfalten und in die richtige Urne zu werfen. Die
Vorsteherin habe die Urnen zum Einwurf freigegeben. Der Landeswahlleiter stelle in seinem Schreiben im-
mer wieder darauf ab, dass nicht genügend substantiierte Tatsachen für eine Nachprüfung vorhanden seien.
Dem Bürger und Wähler sei es nicht immer möglich, diese vorzutragen. Dennoch sehe er genügend vorgetra-
gene Tatsachen, die das Bild einer Verwaltung widerspiegelten, die sich aus „niederen ,Beweggründen“ über
alles hinweggesetzt habe. Eine umfassende Überprüfung der gesamten Wahlunterlagen und des Ergebnisses
beider Wahlen halte er daher für zwingend angezeigt.

Entscheidungsgründe

I.

Der Einspruch ist unzulässig, soweit der Einspruchsführer Vorkommnisse bei der Hessischen Landtagswahl
rügt. Zwar fand die Wahl am selben Tag wie die Bundestagswahl statt und wird vom Einspruchsführer aus
denselben Gründen angegriffen. Doch erstreckt sich das Wahlprüfungsverfahren beim Deutschen Bundestag
nach Artikel 41 des Grundgesetzes und § 1 Absatz 1 des Wahlprüfungsgesetzes nicht auf Landtagswahlen.
Hierfür stehen eigene Wahlprüfungsverfahren, im vorliegenden Fall gemäß Artikel 78 der Hessischen Ver-
fassung, zur Verfügung. Würde der Deutsche Bundestag auch die Hessische Landtagswahl vom
22. September 2013 in seine Prüfung einbeziehen, verstieße dies gegen die verfassungsrechtliche Kompe-
tenzverteilung zwischen dem Bund und dem Land Hessen.

II.

Soweit der Einspruch zulässig ist, ist er unbegründet. Dem Vorbringen des Einspruchsführers lässt sich kein
Verstoß gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein die Gültigkeit der Bundestagswahl oder eine Verlet-
zung des subjektiven Wahlrechts begründender Wahlfehler entnehmen.

1. Zwar stellt es einen Wahlfehler dar, dass der Wahlvorstand den Stimmzettel des Einspruchsführers für die
Bundestagswahl, den dieser außerhalb der Wahlkabine zunächst entfaltet und dann wieder gefaltet hatte,
entgegen § 56 Absatz 6 Satz 1 Nr. 4 BWO nicht zurückgewiesen hat. Aufgrund welcher Umstände das Ent-

Drucksache 18/1710 – 32 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

falten und das erneute Falten geschahen, ist unerheblich. Der Stimmzettel hätte zurückgewiesen werden müs-
sen. Auf die Gültigkeit der Bundestagswahl hat der Wahlfehler aber keinen Einfluss. Nach ständiger Recht-
sprechung des Bundesverfassungsgerichts, der sich der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag
schon früher stets angeschlossen haben, können nämlich nur solche Wahlfehler die Gültigkeit der Bundes-
tagswahl beeinträchtigen, die auf die Sitzverteilung von Einfluss sind oder sein können (vgl. nur BVerfGE
89, 243 [254]; Bundestagsdrucksachen 16/900, Anlage 20; 17/1000, Anlagen 10, 15, 19 und 20; 17/2200,
Anlagen 5, 12 und 25; 17/2250, Anlagen 18 und 22; 17/3100, Anlage 21). Davon abgesehen, dass der Ein-
spruchsführer auf Verlangen ohnehin einen neuen Stimmzettel für die Bundestagswahl erhalten hätte und
dann seine Stimme hätte abgegeben können, hat die Stimme des Einspruchsführers das Ergebnis der Bundes-
tagswahl nur so geringfügig verändert, dass ein Einfluss auf die Sitzverteilung im 18. Deutschen Bundestag
auszuschließen ist. Auch die Nichtabgabe der Stimme hätte nichts am Sieg des Wahlkreisbewerbers der CDU
im Wahlkreis 173 geändert, da dieser gegenüber den anderen Bewerbern mindestens einen Stimmenvor-
sprung von 13.763 Stimmen erzielt hat. Die Stimmabgabe hatte auch auf die Verteilung der nach Landeslis-
ten zu besetzenden Sitze aufgrund der hohen Stimmendifferenz zwischen den Wahlvorschlägen keine Aus-
wirkung.

Der Wahlfehler stellt keine subjektive Rechtsverletzung des Einspruchsführers beim Wahlakt dar. Insbeson-
dere lässt sich nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen, dass das Recht des Einspruchsführers auf ge-
heime Wahl gemäß Artikel 38 Absatz 1 Satz 1 GG, § 1 Absatz 1 Satz 1 und § 33 BWG verletzt worden ist.
Denn es lässt sich nicht mit hinreichender Sicherheit aufklären, ob wirklich jemand das Stimmverhalten des
Einspruchsführers auf dessen Stimmzettel erkennen konnte. Wenn dies nachweisbar wäre, wäre des Weiteren
die Frage zu diskutieren, ob in einer Nicht-Zurückweisung eines außerhalb der Wahlkabine entfalteten
Stimmzettels eine subjektive Rechtsverletzung liegen kann. Immerhin konnte der Einspruchsführer – wenn
auch unter Verstoß gegen gesetzliche Vorgaben – sein Stimmrecht ausüben.

2. Im Übrigen ist die Behauptung des Einspruchsführers, die Wahl sei nicht geheim gewesen, nicht hinrei-
chend konkret. Der Einspruchsführer hätte nachvollziehbar darlegen müssen, aus welchem Geschehen sich
seiner Ansicht nach ein die Gültigkeit der Wahl berührender Wahlfehler ergibt (vgl. etwa Bundestagsdruck-
sachen 15/1150, Anlage 5; 17/1000, Anlagen 13 und 19; 17/2250, Anlage 11; 18/1160, Anlagen 3, 6, 83;
BVerfGE 40, 11 [30]). Er hätte beispielsweise nachvollziehbar ausführen müssen, dass Stimmzettel falsch
eingeworfen wurden und dann belastbar darlegen müssen, inwieweit der Umgang mit solchen Stimmzetteln
undurchsichtig war. Indessen hat der Einspruchsführer keine konkreten Tatsachen vorgetragen und offenge-
lassen, ob es überhaupt zu fehlerhaften Einwürfen in die Wahlurnen gekommen ist. Wahlbeanstandungen, die
über nicht belegte Vermutungen oder die bloße Andeutung der Möglichkeit von Wahlfehlern nicht hinausge-
hen und einen konkreten, der Überprüfung zugänglichen Tatsachenvortrag nicht enthalten, müssen als
unsubstantiiert zurückgewiesen werden (Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlagen 283 bis 285; 15/1850,
Anlage 25; 15/2400, Anlage 9; 17/1000, Anlagen 13 und 19; 18/1160, Anlagen 3, 6, 83; BVerfGE 48, 271
[276]; 66, 369 [379]; 85, 148 [159]; 122, 304 [309]; Hahlen, in: Schreiber, § 49 Rn. 25).

3. Der Rüge des Einspruchsführers, man habe nicht erkennen können, was mit gegebenenfalls falsch einge-
worfenen Stimmzetteln geschehen sei, lässt sich ebenfalls kein Wahlfehler entnehmen. Auch sie ist als
unsubstantiiert zurückzuweisen.

4. Der Einspruchsführer behauptet zwar, dass ein „Mülleimer“ als Wahlurne genutzt worden sei. Belege für
diese Behauptung bringt er aber nicht bei. Sein Vorbringen ist auch insoweit unsubstantiiert. Im Gegenteil zu
seiner Äußerung haben die von der Stadt Staufenberg eingesetzten Wahlurnen für die Bundestagswahl nach
Angaben des Kreiswahlleiters den Vorgaben des § 51 Absatz 2 BWO entsprochen. Danach muss eine Wahl-
urne mit einem Deckel versehen sein; ihre innere Höhe soll in der Regel 90 cm, der Abstand jeder Wand von
der gegenüberliegenden mindestens 35 cm betragen. Es besteht kein Anlass daran zu zweifeln, dass diese
Vorgaben in der Stadt Staufenberg nicht eingehalten worden sind. Die mögliche äußere Anmutung einer
Wahlurne ist nicht relevant, sofern nicht der Eindruck vermittelt wird, die Stimme werde ungezählt „ent-
sorgt“ oder Ähnliches. Hierfür fehlt aber vorliegend jeder Beleg.

5. Der vom Einspruchsführer behauptete Verstoß gegen § 9 Absatz 1 Satz 1 der hessischen Verordnung über
die gleichzeitige Durchführung von Landtagswahlen mit Bundestagswahlen, wonach für die Landtagswahl
die Wahlurne der Bundestagswahl mitzubenutzen ist, stellt möglicherweise einen – hier aus verfassungsrecht-
lichen Gründen nicht zu überprüfenden (siehe I.) – Fehler der Landtagswahl, aber keinen Fehler der Bundes-
tagswahl dar. Das Bundeswahlrecht schreibt nur vor, dass für die Stimmabgabe im Wahllokal Wahlurnen

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 33 – Drucksache 18/1710

vorhanden sein müssen (vgl. § 56 Absatz 1 BWO), die gemäß § 56 Absatz 4 Satz 2 BWO zwingend von den
Wählern zu nutzen sind. Was das Landesrecht für gleichzeitige Wahlen oder Abstimmungen auf Landesebe-
ne anordnet, ist für die Bundestagswahl unerheblich, sofern die Vorschriften des Bundeswahlrechts für die
Wahlvorbereitung und -durchführung beachtet werden. Dies war vorliegend der Fall.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 35 – Drucksache 18/1710

Anlage 7

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn P. S., 45130 Bochum,

– Az.: WP 17/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 25. September 2013 hat der Einspruchsführer Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl
zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Er trägt einleitend vor, die Willenserklärung jedes Wahlberechtigten bei einer Bundestagswahl müsse sich zu
100 Prozent im amtlichen Wahlergebnis widerspiegeln. Die Abgeordneten müssten in allgemeiner, unmittel-
barer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt werden. Dies sei bei der Bundestagswahl am 22. Septem-
ber 2013 nicht der Fall gewesen. Petra Hinz, eine Bundestagskandidatin der SPD in Essen, habe ihren Wahl-
kreis mit einem Rückstand von drei Stimmen auf den CDU-Bewerber Matthias Hauer verloren. Am
23. September 2013 sei im WDR-Fernsehen berichtet worden, dass gegebenenfalls die Stimmen neu ausge-
zählt werden müssten. Der Einspruchsführer fragt, ob eine nachträgliche Prüfung von Wahlergebnissen da-
von abhänge, ob das Ergebnis knapp ist. Dann würden letztendlich alle Ergebnisse aller Wahlbezirke in Frage
gestellt und geringfügige Fehlertoleranzen in Kauf genommen. Schon die Möglichkeit, dass die Zählung der
Stimmen nicht korrekt sein könnte, könne er nicht akzeptieren. Bei einer Bundestagswahl dürfe es nicht mög-
lich sein, die Wahl auch nur um eine Stimme zu manipulieren oder aus mangelnder Sorgfalt zu verfälschen.
Ansonsten werde der Wille des wählenden Volkes nicht korrekt wiedergegeben.

Zur Begründung, warum die Bundestagswahl für ungültig erklärt werden müsse, führt der Einspruchsführer
mehrere Gründe auf:

1. Er bemängelt, in den Wahllokalen erfolge keine Identitätskontrolle der Wahlwilligen anhand eines Licht-
bildausweises. Im Wahllokal 817 in Essen habe es jedenfalls keine solche Kontrolle gegeben. Seine Internet-
recherchen hätten ergeben, dass dies bundesweit so gewesen sei. Wenn aber jemand die Wahlbenachrichti-
gungskarte eines Nichtwählers an sich nehme und seine Identität vor dem Wahlakt nicht überprüft werde,
könne er aber unter Umständen mehrfach wählen. Dass z. B. auf dem Land viele Wähler den Wahlhelfern
persönlich bekannt seien oder zweimaliges Wählen derselben Person sicherlich auffalle, widerlege nicht die
Vermutung, dass manche mehrfach gewählt hätten, zumal die Wahlhelfer wechselten und man mit verschie-
denen Wahlbenachrichtigungen ggf. auch in verschiedenen Wahllokalen wählen könne. Daher sei davon
auszugehen, dass manche mehrfach gewählt hätten. Das Wahlergebnis sei daher als fehlerhaft zu beurteilen.

2. Bei der Wahl werde in den Wahllokalen vermerkt, wer gewählt habe. Ob jemand gewählt habe oder nicht,
dürfe wegen des Wahlgeheimnisses aber nicht sichtbar dokumentiert werden. Da Wahlhelfer bzw. Wahlver-
antwortliche nach Schließung der Wahllokale Einblick in die „Nichtwähler-Listen“ nehmen könnten, liege
ein Verstoß gegen das Wahlgeheimnis vor.

3. Bei der Auszählung der Erststimmen in dem Wahlkreis, in dem Frau Petra Hinz und Herr Matthias Hauer
kandidiert hätten, habe die Auszählung der ca. 78.000 Stimmen einen Vorsprung von drei Stimmen für Herrn
Hauer gegeben. Statistisch sei es eher wahrscheinlich, dass man sich bei dieser Menge geringfügig verzählt
habe, als dass die Zählung exakt wäre. Eine Plausibilitätskontrolle aus zwei autarken Systemen müsse unbe-
dingt stattfinden. Das Vier-Augen-Prinzip genüge sicherlich nicht, zumal er glaube, dass bei dem ganzen

Drucksache 18/1710 – 36 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Zeitdruck auch eine solche Kontrolle unterblieben sei. Für diese These spreche, dass man im WDR-
Fernsehen über eine Nachzählung diskutiere.

4. Bei der Briefwahl könnten die Identität und das Formular gefälscht werden.

5. Der Einspruchsführer zitiert aus einer Internetseite, auf der von eklatanten Fehlern bei der Stimmenzählung
die Rede ist. In Bochum, Essen, Detmold, Meppen oder Waltrop würden „groteske Irrläufer“ gemeldet. In
Bochum hätten die Briefwähler erneut zur Wahl aufgerufen werden müssen. Einige habe der Aufruf nicht
erreicht, so dass 600 Stimmen „in den Müll gewandert“ seien.

6. Mit einer als „mathematischer Beweis“ betitelten Rechnung möchte der Einspruchsführer darlegen, dass
seine Stimme schon dann, wenn ein Wähler bei der Bundestagswahl am 22. September 2013 fälschlicherwei-
se mehrfach wählen konnte, nicht mehr „das Gewicht 1“ hatte und damit der Gleichheitsgrundsatz verletzt
sei.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Die Landeswahlleiterin des Landes Nordrhein-Westfalen hat zu dem Vorbringen des Einspruchsführers
am 14. Februar 2014 im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Aufgrund des überaus knappen Stimmenunterschiedes und weiterer Vorkommnisse bei der Durchführung der
Wahl in Essen habe der Kreiswahlausschuss eine vollständige Nachzählung aller abgegebenen Stimmen be-
schlossen. Dieses Vorgehen stelle eine Ausnahme dar und erscheine nachvollziehbar, diene es doch der Si-
cherstellung eines korrekt ermittelten Wahlergebnisses. Abgesehen davon gelte, dass aufgrund des in der
Regel deutlichen Stimmenunterschiedes bei den Wahlkreisbewerberinnen und -bewerbern kleinere Zählfehler
nicht ins Gewicht fielen. Es verstehe sich von selbst, dass Zählfehler durch wechselseitige Kontrollen der
Wahlvorstandsmitglieder bereits im Wahllokal vermieden werden sollten. Auch prüfe der Kreiswahlleiter die
vorgelegten Niederschriften auf ihre Richtigkeit hin. Es sei jedoch zu berücksichtigen, dass an allen Stellen
letztlich Menschen den Zählvorgang manuell durchführten, wobei es gelegentlich zu Fehlern kommen könne.
Diese seien jedoch – wie dargestellt – in der Regel wegen der großen Stimmenunterschiede unproblematisch.

Der Einspruchsführer rüge, dass eine Identitätskontrolle mittels Personalausweis nicht stattgefunden habe und
daher einzelne Wählerinnen und Wähler die Möglichkeit gehabt hätten, mehrfach Stimmen abzugeben. Hier-
zu sei festzuhalten, dass das Bundeswahlgesetz eine generelle Prüfung der Identität durch Vorlage des Perso-
nalausweises nicht vorsehe. Nach § 34 Absatz 2 des Bundeswahlgesetzes (BWG) in Verbindung mit § 56
Absatz 3 der Bundeswahlordnung (BWO) habe sich der Wähler nur auf Verlangen auszuweisen; dies insbe-
sondere dann, wenn eine Wahlbenachrichtigung nicht vorgelegt werde. Ergänzend sei anzumerken, dass sich
Personen, die unbefugt unter anderem Namen wählten, einer Wahlfälschung nach § 107a des Strafgesetzbu-
ches strafbar machten. Diese Strafandrohung dürfte präventiv eine „falsche Wahl“ ausschließen.

Der Einspruchsführer rüge, dass die Wählerverzeichnisse bei Nichtwählern keinen Stimmabgabevermerk
nach Wahlende aufwiesen und daher auf die bewusste Entscheidung einzelner Wählerinnen und Wähler ge-
schlossen werden könne, keine Stimme abzugeben. Die Wählerverzeichnisse dienten der ordnungsgemäßen
Durchführung der Wahl. Nach § 56 Absatz 4 Satz 3 BWO vermerke der Schriftführer die Stimmabgabe im
Wählerverzeichnis in der dafür vorgesehenen Spalte. Hieraus ergebe sich im Umkehrschluss, dass ein solcher
Vermerk bei den „Nichtwählerinnen und -wählern“ fehle. Dies sei jedoch aufgrund der gesetzlichen Grund-
lage nicht zu beanstanden. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass die Wählerverzeichnisse nach § 89 Absatz
1 BWO gegen Einsichtnahme durch Unbefugte zu schützen und gemäß § 90 Absatz 2 BWO in der Regel
nach Ablauf von sechs Monaten nach der Wahl vernichtet würden.

Der Einspruchsführer rüge die manuelle Stimmenauszählung und rege eine „Plausibilitätskontrolle bestehend
aus zwei autarken Systemen“ an. Es bleibe unklar, was hier gemeint sei. Ergänzend werde darauf hingewie-
sen, dass Wahlgeräte aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 13. März 2009 (2 BvC
3/07 und 2 BvC 4/07) nicht genutzt werden dürften.

Befürchtungen, dass die Identität und das Formular bei Briefwahlen gefälscht werden könnten, könnte der
Einspruchsführer aus verschiedenen Presseartikeln ableiten. Ihr, der Landeswahlleiterin des Landes
Nordrhein-Westfalen, lägen jedoch keine Erkenntnisse über mögliche Fälschungen von (Brief-)
Wahlunterlagen vor.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 37 – Drucksache 18/1710

Man gehe davon aus, dass eine Stellungnahme zu dem Punkt „Mathematischer Beweis“ verzichtbar sei.

Die Niedersächsische Landeswahlleiterin hat zu dem Vorbringen, soweit es ihren Zuständigkeitsbereich
betrifft, am 6. März 2014 im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Sie habe den Kreiswahlleiter des Wahlkreises 31 (Mittelems) hierzu um Stellungnahme gebeten. Dieser habe
ihr mitgeteilt, dass bei der Stimmenauszählung des Meppener Wahlbezirks 104 ein Wahlbeobachter der AfD
anwesend gewesen sei, was auch in der Wahlniederschrift vermerkt worden sei. Die Auszählung der Stimm-
zettel sei ohne Probleme verlaufen. Allerdings habe es zunächst einen Fehler bei der Eintragung der Zweit-
stimmen in die sog. Schnellmeldung gegeben. Insgesamt seien 713 gültige Stimmabgaben gezählt worden, in
die Schnellmeldung seien aber nur 697 Stimmen eingetragen worden. Daher sei vor Ort diese Differenz
nochmals überprüft worden, Dabei habe man festgestellt, dass nur 15 anstatt 31 Zweitstimmen für die AfD in
die Schnellmeldung eingetragen worden seien. Hierbei solle es sich gerade nicht um für ungültig erklärte
Zweitstimmen, sondern um ein Übersehen dieses Stimmen gehandelt haben. Dieser Fehler sei umgehend
korrigiert worden. Das korrekte Ergebnis des Wahlbezirks sei dann der Stadt Meppen anhand der Schnell-
meldung telefonisch übermittelt und dann auch im vorläufigen Wahlergebnis berücksichtigt worden. Aus der
Stellungnahme des Kreiswahlleiters werde deutlich, dass bereits der Vortrag des Einspruchsführers vom
Sachverhalt her nicht zutreffend sei. Es seien gerade keine Stimmen für die AfD in dem genannten Wahlbe-
zirk in Meppen unberücksichtigt geblieben. Es habe auch keinen Zählfehler, sondern nur einen Übertragungs-
fehler gegeben, der rechtzeitig noch vor Absetzen der Schnellmeldung habe korrigiert werden können. Die
Stimmen für die AfD seien daher im Wahlergebnis ordnungsgemäß berücksichtigt worden. Ein Wahlfehler
sei demnach nicht ersichtlich.

Der Einspruchsführer hat sich zu der ihm übersandten Stellungnahme nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vorbringen des Einspruchsführers lässt sich kein die Gül-
tigkeit der Bundestagswahl 2013 berührender Wahlfehler entnehmen.

1. Es entspricht geltendem Recht, dass sich nicht alle Wahlberechtigten im Wahlraum ausweisen mussten
(vgl. etwa Bundestagsdrucksachen 15/1150 Anlagen 31 und 33; 16/900, Anlagen 21 und 22; 16/3600, Anlage
32; 16/5700, Anlagen 8 und 22; 17/2250, Anlagen 2 bis 4, 8, 10, 13, 15, 17, 20). Ausweisen müssen sich
nach § 59 Satz 1 BWO die Inhaber von Wahlscheinen. Ansonsten hat sich der Wahlberechtigte nach § 56
Absatz 3 Satz 2 BWO nur auf Verlangen des Wahlvorstandes auszuweisen. Der Wahlvorstand verlangt dies
insbesondere dann, wenn der Wähler seine Wahlbenachrichtigung nicht vorlegt. Ist der Name des Wählers im
Wählerverzeichnis aufgeführt, die Wahlberechtigung festgestellt und besteht außerdem kein Anlass zur Zu-
rückweisung des Wählers, gibt der Wahlvorsteher die Wahlurne frei (§ 56 Absatz 4 Satz 1 BWO). In der
Regel ist somit die Vorlage der Wahlbenachrichtigung zur Feststellung der Identität ausreichend. Diese Art
der Kontrolle bietet hinreichend Gewähr dafür, dass die Identität der Wählerinnen und Wähler überprüft und
Manipulationen durch eine mehrfache Teilnahme an der Wahl verhindert werden.

Hinsichtlich einer Mehrfachwahl äußert der Einspruchsführer bloße Vermutungen, die durch nichts belegt
sind. Derartige Wahlbeanstandungen, die über nicht belegte Vermutungen oder die bloße Andeutung der
Möglichkeit von Wahlfehlern nicht hinausgehen und einen konkreten, der Überprüfung zugänglichen Tatsa-
chenvortrag nicht enthalten, sind als unsubstantiiert zurückzuweisen (Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anla-
gen 283 bis 285; 15/1850, Anlage 25; 15/2400, Anlage 9; 17/1000, Anlagen 13 und 19; BVerfGE 48, 271
[276]; 66, 369 [379]; 85, 148 [159]; 122, 304 [309]; Hahlen, in: Schreiber, Bundeswahlgesetz, 9. Auflage
2013, § 49 Rn. 25).

Soweit der Einspruchsführer in der bestehenden Rechtslage einen Verstoß gegen die in Artikel 38 Absatz 1
des Grundgesetzes verankerten Grundsätze der freien und geheimen Wahl zu erkennen meint, ist zu beachten,
dass der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag in ständiger Praxis im Rahmen eines Wahlprü-
fungsverfahrens die Verfassungsmäßigkeit von Wahlrechtsvorschriften nicht überprüfen (vgl. zuletzt etwa
Bundestagsdrucksache 16/1800, Anlagen 26 bis 28 mit weiteren Nachweisen; 17/1000, Anlagen 5 und 11;
17/2200, Anlagen 1, 13 bis 15, 17 bis 20, 23 und 24; 17/3100, Anlagen 15, 19, 20, 22 bis 30, 32, 34 bis 36;
17/4600, Anlagen 10, 12, 13, 32, 38, 40 bis 43 mit weiteren Nachweisen; 17/6300, Anlage 19).

Drucksache 18/1710 – 38 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

2. Auch das Erstellen eines Wahlvermerks entspricht geltendem Recht. Gemäß § 56 Absatz 4 Satz 3 BWO
vermerkt der Schriftführer die Stimmabgabe neben dem Namen des Wählers im Wählerverzeichnis in der
dafür bestimmten Spalte. Aufgrund dieses Vermerks im Wählerverzeichnis wird verhindert, dass jemand
mehrfach wählt, indem er später wieder das Wahllokal aufsucht und nochmals seine Stimme abgibt. Der
Deutsche Bundestag hat bereits mehrfach zu früheren Wahlen die Überzeugung vertreten, dass hierin weder
eine Verletzung datenschutzrechtlicher Bestimmungen noch des Wahlgeheimnisses liegt, weil die Kenntnis
von der Wahlteilnahme eines bestimmten Wählers keine Schlüsse darüber ermöglicht, welchem Wahlvor-
schlag er seine Stimme gegeben hat (vgl. Bundestagsdrucksachen 10/3029, Anlage 5; 14/1560, Anlage 48;
16/3600; Anlage 9; 17/2250, Anlage 6). Diese Ansicht wird auch in der maßgeblichen Literatur vertreten
(vgl. nur Hahlen, in: Schreiber, § 34 Rn. 6).

Davon abgesehen, dass – wie oben gesagt – der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag in
ständiger Praxis im Rahmen eines Wahlprüfungsverfahrens die Verfassungsmäßigkeit von Wahlrechtsvor-
schriften nicht überprüfen und eine derartige Kontrolle stets dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten wird,
ist die geltende Rechtslage verfassungskonform. Insbesondere stellt sie keinen Verstoß gegen das Wahlge-
heimnis im Sinne des Artikels 38 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes dar. Dies hat der Wahlprüfungsaus-
schuss bereits mehrfach festgestellt (vgl. schon Bundestagsdrucksachen 10/3029, Anlage 5; 14/1560, Anlage
48; 16/3600, Anlage 9). Zwar kann mithilfe des mit Stimmabgabevermerken versehenen Wählerverzeichnis-
ses festgestellt werden, wer nicht gewählt hat und unterliegt grundsätzlich auch die Frage der Teilnahme oder
Nichtteilnahme an der Wahl dem Wahlgeheimnis. Allerdings bringt die Natur des Wahlrechts es mit sich,
dass nicht jeder Wahlrechtsgrundsatz in „voller Reinheit“ verwirklicht werden kann (BVerfGE 3, 19 [24 f.]).

Einschränkungen des Grundsatzes der geheimen Wahl sind deshalb zulässig, wenn für sie ein sachlich zurei-
chend tragfähiger und zur Verfolgung der mit der Regelung verbundenen Zwecke geeigneter und erforderli-
cher, mithin ein zwingender Grund angeführt werden kann (vgl. BVerfGE 1, 208 [249 ff.]; 82, 322 [338]).
Das ist hier der Fall. Durch den Stimmabgabevermerk und die Abgabe der Wahlbenachrichtigung soll ver-
hindert werden, dass ein Wähler mehrfach wählt (siehe oben).

3. Die Ausführungen des Einspruchsführers zur Prüfung durch „zwei autarke Systeme“ sind nicht nachvoll-
ziehbar. Sofern er insoweit eine Rechtsänderung anstrebt, wäre der Einspruch insofern unzulässig. Im Übri-
gen ist es im Wahlkreis 120 (Mülheim – Essen I) nach einer Entscheidung des Kreiswahlausschusses zu einer
vollständigen Nachzählung aller abgegebenen Stimmen gekommen. Diese Auszählung hat einen Vorsprung
des CDU-Bewerbers von 93 Stimmen ergeben.

4. Auch hinsichtlich der Briefwahl liegt kein Wahlfehler vor. Der Einspruchsführer trägt keine konkreten
Tatsachen vor, die auf einen Verstoß gegen Vorschriften für die Vorbereitung oder Durchführung der Wahl
hinweisen. Damit der Wahlprüfungsausschuss einem behaupteten Wahlfehler nachgehen oder gar sein Vor-
liegen feststellen kann, reicht es jedoch nicht aus, dass dargelegt wird, dass die Gefahr von Wahlfehlern be-
stehen könnte. Vielmehr muss unter Angabe konkreter, der Überprüfung zugänglicher Tatsachen dargelegt
werden, dass sich diese Gefahr auch realisiert hat, das heißt, dass ein Wahlfehler nicht nur möglich war, son-
dern auch aufgetreten ist. Dies folgt daraus, dass gemäß § 2 Absatz 1 und 3 Wahlprüfungsgesetz die Wahl-
prüfung nicht von Amts wegen, sondern nur auf zu begründenden Einspruch erfolgt (vgl. Bundestagsdruck-
sache 17/2200, Anlage 16 mit weiteren Nachweisen; 17/6300, Anlage 19). Da aber nur tatsächliche Wahlfeh-
ler die Gültigkeit der Wahl beeinflussen können, müssen auch die in der Begründung vorgetragenen Tatsa-
chen mehr als nur die Gefahr von Wahlfehlern substantiieren. Dies gilt selbst dann, wenn die Substantiierung
für den einzelnen Bürger schwierig oder gar unmöglich ist (vgl. Bundestagsdrucksachen 16/1800, Anlage 26;
17/2200, Anlage 16; 17/6300, Anlage 19; BVerfGE 66, 369 [379]). Andererseits besteht für den Wahlprü-
fungsausschuss weder eine Verpflichtung noch eine tatsächliche Möglichkeit, bloß vermuteten Wahlfehlern
durch umfangreiche Ermittlungen und Erhebungen selbst nachzugehen. Schließlich ist nicht nur die Urnen-,
sondern auch die Briefwahl durch das Gebot der höchstpersönlichen Ausübung des Wahlrechts gemäß § 14
Absatz 4 BWG und die Strafbarkeit des unbefugten Wählens gemäß § 107a StGB aus Sicht des Deutschen
Bundestages in ausreichender Weise gegen den von dem Einspruchsführer befürchteten Wahlbetrug gesi-
chert.

5. Aus dem Vortrag des Einspruchsführers zu Fehlern in Bochum, Essen, Detmold, Meppen und Waltrop
lässt sich kein die Gültigkeit der Bundestagswahl 2013 berührender Wahlfehler entnehmen. Vorab ist zu
bemerken, dass der bloße Verweis auf eine Internetseite – die jederzeit veränderbar ist – grundsätzlich nicht
für einen substantiierten eigenen Vortrag ausreicht, selbst wenn – wie hier – kleinere, überschriftartige Ver-

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 39 – Drucksache 18/1710

satzstücke des Webseiteninhalts in die Einspruchsschrift übernommen werden. Abgesehen davon ergibt sich,
sofern die wenig konkreten Einwände überhaupt aufklärbar waren, Folgendes:

a) Zwar wurde in Meppen am Wahlabend zunächst eine zu geringe Zahl der für die AfD abgegebenen gülti-
gen Zweitstimmen in die Schnellmeldung eingetragen. Aber dieses Versehen wurde noch rechtzeitig vor
Absetzen der Schnellmeldung korrigiert. Alle Stimmen für die AfD wurden berücksichtigt. Das Versehen
blieb damit folgenlos. Das korrekte Ergebnis des Wahlbezirks ist dann der Stadt Meppen anhand der
Schnellmeldung telefonisch übermittelt und dann auch im vorläufigen sowie endgültigen Wahlergebnis be-
rücksichtigt worden. Die Stimmenzahl für die AfD spiegelt sich also im Meppener Wahlergebnis korrekt
wider.

b) In Bochum sind – wie sich aus Stellungnahmen der Landeswahlleiterin des Landes Nordrhein-Westfalen
zu mehreren Wahleinsprüchen gegen die Bundestagswahl 2013 ergibt – mehreren Wahlberechtigten in den
zwei Wahlkreisen 140 und 141 teilweise Briefwahlunterlagen für den benachbarten (Bochumer) Wahlkreis
zugesandt worden. Dies stellt einen höchst ärgerlichen und künftig zu vermeidenden Wahlfehler dar. Die
Erststimmen derjenigen 602 Briefwähler, die einen – für den jeweiligen Wahlkreis – falschen Stimmzettel
zurückgesandt hatten, waren gemäß § 39 Absatz 1 Satz 2 BWG ungültig. Im Wahlkreis 140 waren nach An-
gaben der Landeswahlleiterin 592 und im Wahlkreis 141 10 Stimmzettel betroffen. Jedoch beeinträchtigt ein
Wahlfehler nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der sich der Wahlprüfungsaus-
schuss und der Deutsche Bundestag schon früher stets angeschlossen haben, nur dann die Gültigkeit der Bun-
destagswahl, wenn er auf die Sitzverteilung von Einfluss war oder hätte sein können (vgl. nur BVerfGE 89,
243 [254]; Bundestagsdrucksachen 16/900, Anlage 20; 17/1000, Anlagen 10, 15, 19 und 20; 17/2200, Anla-
gen 5, 12 und 25; 17/2250, Anlagen 18 und 22; 17/3100, Anlage 21). Daran fehlt es hier: Auf das Erststim-
menergebnis in beiden Wahlkreisen wirkte sich das Versehen nicht aus: Im Wahlkreis 140 hatte der Erstplat-
zierte einen Vorsprung von 12.990 Stimmen vor dem zweitplatzierten Bewerber; im Wahlkreis 141 erzielte
die erstplatzierte Bewerberin einen Vorsprung von 23.803 Stimmen vor der zweitplatzierten Kandidatin.

6. Da es im Vortrag des Einspruchsführers an jedem Beleg für eine Wahlfälschung durch mehrfache Stimm-
abgabe fehlt, ist – nach den unter 4. aufgestellten Grundsätzen – auf seine mathematischen Erwägungen nicht
weiter einzugehen.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 41 – Drucksache 18/1710

Anlage 8

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn Dr. G. D., 16321 Bernau,

– Az.: WP 20/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Schreiben vom 26. September 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Er habe am Wahltag seine Stimme im zuständigen Wahllokal Bernau-Schönow abgeben wollen. Dort habe
man ihm erklärt, sein Name sei im Wählerverzeichnis nicht auffindbar. Eine Rückfrage des Wahlleiters beim
städtischen Meldeamt habe ergeben, dass er auch dort nicht verzeichnet sei. Daraufhin sei ihm die Stimmab-
gabe verweigert worden. Seit dem Jahr 2000 sei er in Bernau gemeldet. Seine Anschrift habe sich seitdem
nicht verändert; er habe sich auch nicht um- oder abgemeldet.

Der Landeswahlleiter des Landes Brandenburg hat zu dem Vorbringen des Einspruchsführers am 6. Feb-
ruar 2014 im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Ursächlich für die nicht erfolgte Eintragung des Einspruchsführers in das Wählerverzeichnis des Wahlbezirks
32 – „Bibliothek im Gemeindezentrum Schönow“ – sei nach einer Erklärung der Stadt Bernau seine nicht
korrekte melderechtliche Erfassung durch eine Berliner Meldebehörde. Der Einspruchsführer sei am Wahltag
fälschlicherweise in Berlin und nicht in Bernau gemeldet gewesen.

Das wahlrechtliche Verfahren im Vorfeld der Bundestagswahl allgemein und die konkreten Entscheidungen
des Wahlvorstandes des Wahlbezirkes 32 sowie der Wahlbehörde Bernau im Einzelfall seien wahlrechtlich
nicht zu beanstanden. Ein Wahlfehler sei nicht ersichtlich. Der den korrekten Entscheidungen zugrunde lie-
gende Fehler der Meldebehörde in Berlin hätte nur korrigiert werden können, wenn der Einspruchsführer
nach dem Ausbleiben seiner Wahlbenachrichtigung eine Korrektur des Wählerverzeichnisses und des Melde-
registers in Bernau veranlasst hätte. Wer verabsäume, rechtzeitig eine Eintragung in das Wählerverzeichnis
zu beantragen oder Einspruch gegen das Wählerverzeichnis einzulegen, wer sich also nicht um die Wahr-
nehmung des Wahlrechts kümmere, müsse die aus einer Nichteintragung in das Wählerverzeichnis resultie-
rende Folge tragen, dass am Wahltag keine Möglichkeit der Wahlteilnahme (mehr) bestehe.

Der Einspruchsführer hat sich zu der ihm übersandten Stellungnahme nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vortrag des Einspruchsführers lässt sich kein Verstoß
gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

Gemäß § 14 Absatz 1 des Bundeswahlgesetzes (BWG) kann nur wählen, wer in ein Wählerverzeichnis einge-
tragen ist oder einen Wahlschein besitzt. Beides war beim Einspruchsführer nicht der Fall. Daher war er ge-
mäß § 56 Absatz 6 Satz 1 Nr. 2 der Bundeswahlordnung (BWO) vomWahlvorstand zurückzuweisen.

Drucksache 18/1710 – 42 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Ein Wahlfehler liegt auch nicht darin, dass der Einspruchsführer zu Unrecht nicht im Wählerverzeichnis ein-
getragen war. Zwar treffen den Wähler im Vorfeld der Wahl grundsätzlich keine Obliegenheiten. Er kann
darauf vertrauen, dass die Wahlbehörden ordnungsgemäß arbeiten. So sind die Gemeinden gemäß § 17 Satz 1
BWG in Verbindung mit den §§ 14 ff. BWO verpflichtet, das Wählerverzeichnis zu führen. Aber im Falle
des unrichtigen Wählerverzeichnisses treffen auch den Wähler Obliegenheiten. Der Gesetzgeber hat den
Umstand vorhergesehen, dass es angesichts der Menge an Meldedaten, aus denen die Wählerverzeichnisse
erstellt werden, auch bei der nötigen Sorgfalt zu fehlerhaften Eintragungen bzw. Nichteintragungen kommen
kann. Da eine fehlerhafte Eintragung bzw. Nichteintragung wie vorliegend zur Folge haben kann, dass je-
mand nicht wählen darf, hat der Gesetzgeber Vorkehrungen getroffen, dass unrichtige oder unvollständige
Eintragungen berichtigt werden können: Gemäß § 17 Satz 2 BWG hat jeder Wahlberechtigte das Recht, an
den Werktagen vom 20. bis zum 16. Tag vor der Wahl während der allgemeinen Öffnungszeiten (§ 21 Absatz
1 BWO) die Richtigkeit oder Vollständigkeit der zu seiner Person eingetragenen Daten zu überprüfen. Wer
das Wählerverzeichnis für unrichtig oder unvollständig hält, kann gemäß § 22 Absatz 1 BWO innerhalb der
Einsichtsfrist Einspruch (bzw. gegen einen abgewiesenen Einspruch: Beschwerde) einlegen und das Register
gemäß § 23 Absatz 1 BWO berichtigen lassen. (Außerhalb der Frist kann die Gemeinde, wenn das Verzeich-
nis offensichtlich unrichtig oder unvollständig ist, den Mangel gemäß § 23 Absatz 2 BWO auch von Amts
wegen beheben, was aber voraussetzt, dass sie von ihm Kenntnis erhält, etwa durch den Wahlwilligen.) Die
Voraussetzungen des Einsichts- und des Einspruchsrechts muss die betreffende Gemeinde gemäß § 20 Ab-
satz 1 BWO spätestens am 24. Tag vor der Wahl öffentlich bekannt machen. Die vom Gesetzgeber veranker-
ten Vorkehrungen setzen also ein Tätigwerden des Wahlwilligen – Einsichtnahme und gegebenenfalls Ein-
spruch – voraus. Hierin liegt eine gesetzlich verankerte Obliegenheit des Wählers. Unrichtigkeiten des Wäh-
lerverzeichnisses sind also wahlprüfungsrechtlich nur relevant, wenn sie zuvor im vorgesehenen Einspruchs-
und Beschwerdeverfahren gerügt werden (vgl. Hahlen, in: Schreiber, Bundeswahlgesetz, 9. Auflage 2013, §
17 Rn. 6). Vorliegend hat der Einspruchsführer keinen Einblick in das Wählerverzeichnis genommen und
auch keinen Einspruch eingelegt. Da er seinen Obliegenheiten nicht nachgekommen ist, begründet die Un-
richtigkeit des Wählerverzeichnisses keinen Wahlfehler.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 43 – Drucksache 18/1710

Anlage 9

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn Dr. L. B., 45470 Mülheim an der Ruhr,

– Az.: WP 22/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 5. Juni 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit einer E-Mail vom 23. September 2013 und einem Fax vom 25. September 2013 hat der Einspruchsführer
Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Er trägt vor, er habe am Wahltag einer Stimmauszählung in Mülheim an der Ruhr beigewohnt. Er vermute
eine gravierende Zuverlässigkeitslücke im Auszählungsverfahren. Diese Lücke treffe entscheidend kleine
Parteien mit Stimmanteilen unter fünf Prozent, weil sie sich vorwiegend bei Nachkommastellen im Ergebnis
auswirke. In dem von ihm aufgesuchten Wahllokal seien die Stimmzettel zu mehreren Stapeln aufgeschichtet
gewesen. Jeder Stapel sei von jeweils einer Person ausgezählt worden. Die Einzelergebnisse seien dann an
den Wahlvorsteher zur Niederschrift gemeldet worden. Eine zweite, kontrollierende Zählung durch eine an-
dere Person habe jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, als er das Wahllokal verlassen habe, nicht stattgefunden.
Um herauszufinden, ob danach noch eine Zweitauszählung erfolgt sei, habe er am Folgetag beim Wahlamt
der Stadt Mülheim angerufen. Man habe ihm mitgeteilt, dass eine einmalige Auszählung der Stimmzettel
genüge, falls niemand Fragen habe oder Klärungsbedarf sehe.

Bei 90 000 Wahllokalen und überschlägig 45 Millionen abgegebenen Stimmen, so der Einspruchsführer,
reiche eine einzige nicht richtig gezählte Stimme pro Wahllokal und Partei, um das Ergebnis eine Partei
fälschlicherweise um 0,2 Prozent zu senken. Eine Partei sei am 22. September 2013 im Gesamtergebnis tat-
sächlich um 0,2 Prozent unter der Fünf-Prozent-Hürde geblieben. Parteien mit Zweitstimmenanteilen unter
fünf Prozent scheiterten bei der Bundestagswahl gelegentlich an Zehntelprozenten und vielleicht an den nicht
überprüften Auszählungen durch Einzelpersonen. Die Praxis, keine zweite Auszählung vorzunehmen, sei
womöglich weit verbreitet. Das könne kein sachgerechtes Behördenhandeln sein. Eine obligatorische Gegen-
kontrolle durch eine zweite Auszählung sei angesichts des erheblichen Gewichts einzelner Stimmen unab-
dingbar.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Die Landeswahlleiterin des Landes Nordrhein-Westfalen hat zu dem Vorbringen des Einspruchsführers
am 14. Februar 2014 im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Der geschilderte Vorgang dürfte sich nach der Recherche des zuständigen Kreiswahlleiters des Wahlkreises
118 (Mülheim – Essen I) im Wahllokal des Wahlbezirks 052 ereignet haben. Der Schriftführer des betroffe-
nen Wahllokals habe auf Nachfrage angegeben, dass er sich an einen Herrn – vermutlich der Einspruchsfüh-
rer – gut erinnere, der zu Beginn der Ermittlung des Wahlergebnisses anwesend gewesen sei. Dieser sei be-
reits bei seiner Stimmabgabe mit Wahlschein dadurch aufgefallen, dass er um Tipps bat, wen er wählen solle.
Dem Schriftführer sei jedoch bekannt gewesen, dass er einen entsprechenden Hinweis nicht habe geben dür-
fen. Nach Schließung der Wahlhandlung sei bei der Zählung der abgegebenen Stimmzettel und der Stimmab-
gabevermerke im Wählerverzeichnis der betreffende Herr wieder anwesend gewesen. Er habe jedoch bereits
vor der eigentlichen Auszählung der Stimmen das Wahllokal schon wieder verlassen. Der Wahlvorsteher

Drucksache 18/1710 – 44 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

habe ausgeführt, dass die Auszählung der Stimmen nach den gesetzlichen Vorschriften erfolgt und insbeson-
dere das „Vier-Augen-Prinzip“ immer eingehalten worden sei. Auch er habe sich erinnert, dass der anwesen-
de Herr nur kurz im Wahllokal geblieben sei. Er habe jedoch nicht mehr angeben können, wann genau dieser
das Wahllokal wieder verlassen habe.

Der vom Einspruchsführer erwähnte Anruf beim Rats- und Rechtsamt der Stadt Mülheim an der Ruhr sei den
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht erinnerlich und daher auch nicht als besonderes Vorkommnis notiert
worden.

Nach der Berichterstattung habe das Vorgehen des Wahlvorstandes des Wahlbezirkes 052 den rechtlichen
Vorgaben entsprochen und sei folglich nicht zu beanstanden. Gemäß § 69 Absatz 4 der Bundeswahlordnung
(BWO) erfolge die Auszählung der nach den Absätzen 2 ff. gebildeten Stapel durch je zwei vom Wahlvor-
steher bestimmte Beisitzer nacheinander und unter gegenseitiger Kontrolle. Dies sähen auch die Leitfäden der
Stadt Mülheim an der Ruhr vor. So werde beispielsweise in Ziffer 9.2.2 Absatz 4 des Leitfadens zur Urnen-
wahl im Hinblick auf die Zählung der übereinstimmend gültigen oder ungültigen Stimmen Folgendes ausge-
führt: „Je zwei vom Wahlvorsteher bestimmte Beisitzer zählen nacheinander die vom Wahlvorsteher und
dem Stellvertreter geprüften Stimmzettelstapel (gültige Stimmen) unter gegenseitiger Kontrolle und ermitteln
so die Zahl der für die einzelnen Wahlvorschläge abgegebenen gültigen Stimmen. Ergeben sich zahlenmäßi-
ge Abweichungen, sind die Zählungen vollständig – also beide nacheinander – zu wiederholen.“ Möglich sei,
dass der Einspruchsführer das Geschehen falsch bewertet habe, denn der Zählung der Stimmen gehe gemäß §
68 BWO die Zählung der Wähler voraus. Gemäß § 68 Satz 2 BWO würden die Stimmzettel der Wahlurne
entnommen, entfaltet und gezählt. Diesbezüglich sehe weder die Bundeswahlordnung noch der Leitfaden zur
Urnenwahl der Stadt Mülheim an der Ruhr eine Zählung durch zwei Beisitzer unter gegenseitiger Kontrolle
vor. Die Kontrolle der Richtigkeit der Zählung erfolge an dieser Stelle gemäß § 68 Satz 3 BWO sowie gemäß
Ziffer 9.1. des Leitfadens zur Urnenwahl der Stadt Mülheim an der Ruhr durch einen Abgleich mit der Zahl
der Stimmabgabevermerke im Wählerverzeichnis und der Zahl der eingenommenen Wahlscheine. Bei der
abschließenden Zählung der Stimmen sei der vermutliche Einspruchsführer – wie geschildert – nicht mehr
anwesend gewesen.

Es sei somit von einem verfahrenskonformen Auszählvorgang auszugehen.

Der Einspruchsführer hat sich zu der ihm übersandten Stellungnahme am 25. März 2014 geäußert:

Die Stellungnahme beruhe auf einer falschen Recherche der Landeswahlleiterin. Diese habe ein Wahllokal
als betreffendes ausgemacht, das ersichtlich falsch sei. In diesem Wahllokal solle ein Herr nach seiner dorti-
gen Stimmabgabe noch einmal zur Auszählung wiedergekommen sein, und in diesem Wahllokal habe es laut
Landeswahlleiterin keine Fehler gegeben. Das von ihm, dem Einspruchsführer, aufgesuchte Lokal sei deswe-
gen ein anderes, da er der betreffende Herr nicht gewesen sein könne, denn er habe schon per Briefwahl ge-
wählt gehabt. Er habe das Wahllokal im Seniorenzentrum „Dimbeck“ in Mülheim an der Ruhr geprüft. Hier
sei „frei-Hand“ durch Einzelzähler gezählt worden und nicht mit gegenseitiger Kontrolle. Er habe das Zähl-
ergebnis und seine Eintragung in die Ergebnisliste abgewartet und sei dann gegangen. Er wisse nicht, ob nach
seinem Weggang und dem Eintrag in die Liste womöglich noch einmal durchgezählt worden sei. Deswegen
habe er im Wahlamt der Stadt am nächsten Tag angerufen, um diese etwaige Usance zu erfragen. Er hege an
der Lauterkeit der Beteiligten keine Zweifel. Da aber bereits 1,5 Stimmen pro Wahllokal bundesweit ausge-
reicht hätten, um eine Partei nicht in den Bundestag zu senden und sich die „Dramatik“ eines Einzuges oder
Nicht-Einzuges somit hinter der Kommastelle abspiele, seien besondere Präzision und das genaue Einhalten
der Vorschriften erforderlich. In jedem Fall sei in dem geprüften Wahllokal nicht unter gegenseitiger Kon-
trolle gezählt worden. Er bitte, alle Beteiligten dieses Wahllokals dienstlich zu befragen, um seine Beobach-
tung zu bestätigen.

Die Landeswahlleiterin des Landes Nordrhein-Westfalen hat am 13. Mai 2014 zu der Gegenäußerung des
Einspruchsführers im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Ihr liege eine ergänzende Stellungnahme des Wahlleiters der Stadt Mühlheim vor. Dieser berichte, dass auch
die weiteren Mitglieder des Wahlvorstandes des Wahlbezirks 055 – des stellvertretenden Wahlvorstehers und
dreier Beisitzer/-innen – angegeben hätten, dass am Wahlabend kein Bürger bei der Auszählung in diesem
Wahlbezirk anwesend gewesen sei. Die Auszählung solle im Übrigen nach den wahlrechtlichen Vorgaben
erfolgt sein. Da der Einspruchsführer nach eigener Aussage nicht bei der Auszählung im Wahlbezirk 052
anwesend gewesen sei, sondern in einem anderen Bezirk gewesen sein solle – es müsse sich um den Wahlbe-

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 45 – Drucksache 18/1710

zirk 055 handeln, da nur dessen Wahllokal noch in dem angrenzenden Gebäudekomplex gelegen habe –, dort
aber nach Aussage der Mitglieder des Wahlvorstandes kein Bürger der Auszählung beigewohnt habe, könne
er, der Wahlleiter der Stadt Mühlheim, den Sachverhalt nicht weiter aufklären. Weitere Recherchen würden
deshalb nicht mehr erfolgen, zumal anzumerken sei, dass selbst wenn ein Wahlvorstand sich möglicherweise
nicht streng an die wahlrechtlichen Vorgaben einer Auszählung gehalten habe, nicht automatisch ein Zählfeh-
ler unterstellt werden könne. Darüber hinaus würde bei einer Auszählung der Stimmen für die einzelnen Par-
teien, die nicht noch einmal „zähltechnisch gegenkontrolliert“ würden, ein Zählfehler bei einer Partei oder
mehreren Parteien letztendlich dann auffallen, wenn das Gesamtergebnis in sich nicht plausibel sei. Dies
würde definitiv zu einer neuen Auszählung aller Stimmen führen. Im Ergebnis bleibe festzuhalten, dass selbst
bei einem angeblich nicht korrekten Auszählvorgang in dem betroffenen Wahlbezirk kein Wahlfehler vorlie-
ge, der in irgendeiner Weise ergebnis- bzw. mandatsrelevant gewesen sei, zumal die Ergebnisse in beiden
Wahlbezirken plausibel gewesen seien. Die aus der vermeintlich nicht korrekten Auszählung folgenden An-
nahmen des Einspruchsführers seien somit rein hypothetisch. Für einen Fehler bei der Auszählung gebe es
keinerlei Anhaltspunkte.

Der Einspruchsführer hat sich zu der ihm übersandten Stellungnahme nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vortrag des Einspruchsführers lässt sich kein Verstoß
gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

Die Auszählung im Wahlbezirk 052 in Mülheim an der Ruhr ist entsprechend den Vorgaben der Bundes-
wahlordnung verlaufen. Zunächst wurden die Wähler gemäß § 68 BWO gezählt und das Ergebnis in der
Wahlniederschrift vermerkt; eine zweite Zählung zur Kontrolle ist diesbezüglich nicht vorgeschrieben. Da-
nach wurden die Stimmen gemäß § 69 BWO gezählt. § 69 Absatz 4 BWO sieht, ebenso wie Ziffer 9.2.2 Ab-
satz 4 des städtischen Leitfadens zur Urnenwahl, das Vier-Augen-Prinzip vor, das nach Angaben des zustän-
digen Kreiswahlleiters beachtet wurde. Anhaltspunkte für ein anderes Vorgehen liegen nicht vor. In welchem
Wahlbezirk der Einspruchsführer gewählt hat und Unregelmäßigkeiten beobachtet haben will, bleibt auch
nach eingehender Sachverhaltsaufklärung unklar: Sollte der Einspruchsführer im Wahllokal des Wahlbezirks
052 anwesend gewesen sein – was er allerdings bestreitet –, so hat er möglicherweise, wie der zuständige
Schriftführer vermutet, nur der Zählung der Wähler, nicht aber der Zählung der Stimmen beigewohnt. Der
Einspruchsführer räumt selbst ein, nicht bis zum Ende der Zählung – welcher, sagt er nicht – im Wahllokal
gewesen zu sein. Alternativ käme nur eine Anwesenheit im Wahllokal des Wahlbezirks 055 infrage; dort hat
aber nach Angaben des Wahlvorstandes kein Bürger der Auszählung beigewohnt. Ob es ein Telefonat des
Einspruchsführers mit dem städtischen Rechts- und Wahlamt gegeben hat und welchen Inhalt dies hatte, ist
für die tatsächliche und rechtliche Beurteilung ohne Belang.

Für die Vermutung des Einspruchsführers, es sei womöglich weit verbreitet, keine zweite (überprüfende)
Auszählung der Stimmzettel vorzunehmen, gibt es keine Belege. Angesichts des klaren Wortlauts des § 69
Absatz 4 BWO ist das Gegenteil der Fall. Auch würden Zählfehler hinsichtlich der Stimmen einer Partei oder
mehrerer Parteien dann auffallen, wenn das Gesamtergebnis in sich nicht plausibel wäre. Wahlbeanstandun-
gen, die über nicht belegte Vermutungen oder die bloße Andeutung der Möglichkeit von Wahlfehlern nicht
hinausgehen und einen konkreten, der Überprüfung zugänglichen Tatsachenvortrag nicht enthalten, müssen
als unsubstantiiert zurückgewiesen werden (Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlagen 283, 284, 285;
15/1850, Anlage 25; 15/2400, Anlage 9; 17/1000, Anlagen 13 und 19; 18/1160, Anlagen 3, 6 und 83; BVerf-
GE 48, 271 [276]; 66, 369 [379]; 85, 148 [159]; 122, 304 [309]; Hahlen, in: Schreiber, Bundeswahlgesetz, 9.
Auflage 2013, § 49 Rn. 25).

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 47 – Drucksache 18/1710

Anlage 10

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn W. P., 04349 Leipzig,

– Az.: WP 26/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 5. Juni 2014 beschlossen,,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Schreiben vom 25. September 2013 Einspruch gegen die Wahl zum
18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Er trägt vor, Bundestagsabgeordnete hätten ihre wissenschaftlichen Mitarbeiter vor der Bundestagswahl fast
ausschließlich für den Wahlkampf, etwa zum Plakate-Kleben und Verteilen von Flugblättern, eingesetzt.
Manche Abgeordneten hätten sogar Mitarbeiter extra aus Berlin in ihren Wahlkreis „beordert“. Dies hätten
z. B. Recherchen des ARD-Magazins „Report Mainz“ ergeben. Nach dem Abgeordnetengesetz dürften die
wissenschaftlichen Mitarbeiter den Abgeordneten aber nur bei der parlamentarischen Arbeit helfen. Parteiar-
beit und Wahlkampf gehörten nicht zu ihren Aufgaben. Ein Wahlkampfeinsatz von Abgeordnetenmitarbei-
tern sei eine illegale Parteienfinanzierung, weil die Parteien entsprechende Aufwendungen ersparten. Der
finanzielle Vorteil solle mindestens 15 Mio. Euro betragen. Der Mitarbeitereinsatz verschaffe den im Deut-
schen Bundestag oder einem Landtag vertretenen Parteien nicht zu rechtfertigende Vorteile gegenüber den
nicht im Bundestag oder einem Landesparlament vertretenen Parteien. Insofern sei die von § 5 des Parteien-
gesetzes verlangte Gleichbehandlung im Wahlkampf nicht gewährleistet gewesen.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vortrag des Einspruchsführers lässt sich kein Verstoß
gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

Davon abgesehen, dass der pauschale Verweis auf einen Fernsehbeitrag den im Rahmen der Wahlprüfung
erforderlichen substantiierten Vortrag des Einspruchsführers nicht ersetzen kann, lässt sich dem Beitrag und
dem weiteren durch Tatsachen nicht näher erhärteten Vorbringen des Einspruchsführers nicht entnehmen, ob,
wie und von wem Abgeordnetenmitarbeiter im Rahmen des Wahlkampfs zur Bundestagswahl 2013 bezahlt
worden sind. Aus dem Wahlkampfeinsatz allein ergibt sich nämlich noch nicht dessen unzulässige Bezah-
lung.

Der Wahlprüfungsausschuss unterstreicht, dass es Abgeordnetenmitarbeitern wie anderen Bürgern auch er-
laubt ist, Wahlkampf zu machen. Ein Wahlkampfeinsatz kann ehrenamtlich, also unentgeltlich geschehen. Er
kann auch vergütet werden, etwa aus der Parteikasse oder aus dem privaten Vermögen des Abgeordneten.
Dies alles ist ohne Weiteres rechtlich zulässig. Unzulässig ist allein die Vergütung einer Parteitätigkeit (auch
Wahlkampftätigkeit) eines Abgeordnetenmitarbeiters mithilfe der Mitarbeiterpauschale nach § 12 Absatz 3
Satz 1 des Abgeordnetengesetzes (vgl. Braun/Jantsch/Klante, Abgeordnetengesetz, 2002, § 12 Rn. 44).

Drucksache 18/1710 – 48 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Der Einspruchsführer hat nicht dargetan, dass Wahlkampfeinsätze tatsächlich mithilfe der Mitarbeiterpau-
schale – was gemäß § 12 Absatz 3 des Abgeordnetengesetzes unzulässig wäre – vergütet worden sind. Auch
die von Parteien dadurch angeblich ersparten Aufwendungen in Höhe von 15 Millionen Euro sind durch
nichts belegt.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 49 – Drucksache 18/1710

Anlage 11

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn A. P., 12051 Berlin,

– Az.: WP 28/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Schreiben vom 25. September 2013 Einspruch gegen die Wahl zum
18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Er rügt, dass nach Presseberichten mehrfach Wahlbriefe verschwunden und teilweise in Mülltonnen gefunden
worden seien.

Nach einer schriftlichen Bitte des Ausschusssekretariats vom 1. Oktober 2013, seinen Vortrag zu konkretisie-
ren, hat der Einspruchsführer seinen Vortrag mit Schreiben vom 9. Oktober 2013 um drei Artikel aus Online-
Medien ergänzt. In den Beiträgen wird über 100 000 möglicherweise verschwundene Briefwahlstimmen in
Hamburg, 200 ungeöffnete Briefwahlumschläge in Ratzeburg, nicht zugesandte Briefwahlunterlagen in
Mainz, Hamburg, Frankfurt und Göttingen, doppelt versandte Briefwahlunterlagen in Köln, vertauschte
Briefwahlstimmzettel in Bochum und veraltete Stimmzettel in Oberhausen berichtet.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Die Landeswahlleiterin des Landes Nordrhein-Westfalen hat zu dem Vorbringen des Einspruchsführers,
soweit es ihren Zuständigkeitsbereich betrifft, am 14. Februar 2014 im Wesentlichen wie folgt Stellung ge-
nommen:

Die Stadt Köln habe die Produktion und den Versand von Briefwahlunterlagen bereits seit den 90er Jahren an
externe Dienstleister ausgelagert. Hintergrund sei die steigende Zahl der Briefwahlanträge, die verwaltungs-
intern nicht mehr habe bewältigt werden können. So sei die Zahl der Briefwähler in Köln von 136 603 (Bun-
destagswahl 2009) auf nunmehr 169 574 gestiegen. Aufgrund von Bürgeranfragen sei bekannt geworden,
dass Wählerinnen und Wähler auf ihren Briefwahlantrag hin die entsprechenden Unterlagen in doppelter
Form erhalten hätten. Eine Recherche bei dem beauftragten Unternehmen habe zu dem Ergebnis geführt, dass
zwischen 40 und 502 Wahlberechtigte des Wahlkreises 95 (Köln III) möglicherweise die Briefwahlunterla-
gen doppelt erhalten hätten. Die zweifache Produktion nebst Versand sei durch menschliches Fehlverhalten
verursacht worden. Ein Mitarbeiter habe entgegen der bestehenden Anweisung die Datei mit den zu drucken-
den Datensätzen getrennt und auf zwei getrennten Maschinen verarbeitet. Da die Anschriften der möglicher-
weise betroffenen Wahlberechtigten vorgelegen hätten, seien diese persönlich angeschrieben und darauf hin-
gewiesen worden, dass nur ein Satz (Briefwahlunterlagen) genutzt werden dürfe. Parallel sei umfangreiche
Pressearbeit geleistet und die Bevölkerung informiert worden. Daneben seien ein Info-Telefon eingerichtet
und damit den Betroffenen unmittelbare Ansprechpartner genannt worden. Durch weitere organisatorische
Maßnahmen am Wahltag habe sichergestellt werden können, dass keine Wählerin und kein Wähler eine dop-
pelte Stimmabgabe vorgenommen habe. Davon abgesehen, habe der Gewinner des Direktmandates im betrof-
fenen Wahlkreis einen Stimmenvorsprung von 9 022 Stimmen erzielt, so dass die Unstimmigkeiten auch vor
diesem Hintergrund keinen Einfluss auf das Gesamtergebnis hätten haben können.

Drucksache 18/1710 – 50 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

In Bochum seien durch menschliches Versagen versehentlich Briefwahlunterlagen für einen benachbarten
Wahlkreis in nicht bekanntem Umfang versandt worden. Betroffen gewesen seien die Wahlkreise 140 (Bo-
chum I) und 141 (Herne – Bochum II). Da die Empfänger der fehlerhaften Unterlagen nicht adressenmäßig
hätten erfasst werden können, habe die Stadt Bochum unmittelbar die Presse informiert. Daraufhin hätten
sich 1 118 Bürgerinnen und Bürger noch vor der Wahl beim Wahlbüro gemeldet. Von diesen hätten 168
einen falschen Stimmzettel erhalten bzw. diesen bereits mit den Briefwahlunterlagen wieder zurückgesandt.
Im letzteren Fall seien korrekte Stimmzettel ausgegeben bzw. die Wahlscheine ungültig gemacht und neue
ausgestellt worden. Bei der Auszählung der Briefwahlstimmen seien im Wahlbezirk 140 insgesamt 592 fal-
sche Stimmzettel und im Wahlbezirk 141 insgesamt 10 falsche Stimmzettel festgestellt worden. In diesen 602
Fällen sei dadurch die Erststimme ungültig gewesen. Da im Wahlkreis 140 der Gewinner des Direktmandats
einen Vorsprung von 12 990 Stimmen erzielt habe, hätten diese ungültigen Erststimmen keinen Einfluss auf
das Gesamtergebnis der Erstimmen gehabt. Gleiches gelte für den Wahlkreis 141, wo die Gewinnerin des
Direktmandats einen Vorsprung von 23 803 Stimmen erzielt habe.

In Oberhausen seien durch menschliches Versagen versehentlich Briefwahlunterlagen der Bundestagswahl
2009 an etwa 30 Briefwählerinnen und Briefwähler versandt worden. Betroffen gewesen sei der Wahlkreis
117 (Oberhausen – Wesel III). Da die Empfänger der fehlerhaften Unterlagen adressenmäßig nicht zu ermit-
teln gewesen seien, sei intensive Pressearbeit betrieben und die Bevölkerung entsprechend informiert worden.
Daraufhin hätten sich 20 Wahlberechtigte gemeldet, deren Unterlagen ausgetauscht worden seien. Da im
Wahlkreis 117 der Gewinner des Direktmandats einen Vorsprung von 18 533 Stimmen erzielt habe, hätten
eventuell ungültige Erststimmen keinen Einfluss auf das Gesamtergebnis der Erststimmen gehabt.

Die Landeswahlleiterin des Landes Schleswig-Holstein hat zu dem Vortrag des Einspruchsführers, soweit
es ihren Zuständigkeitsbereich betrifft, am 18. Februar 2014 wie folgt Stellung genommen:

Nach ihren Ermittlungen stelle sich der Fall der in Ratzeburg angeblich verschwundenen Wahlbriefe so dar:
Am Montag, dem 23. September 2013, sei das Wahlamt der Stadt Ratzeburg (Wahlkreis 10, Herzogtum
Lauenburg – Stormarn-Süd) von einem Mitarbeiter der Deutschen Post AG/Filiale Ratzeburg telefonisch
darüber unterrichtet worden, dass in der Postfiliale noch über 200 Wahlbriefe lägen, die vom Wahlamt nicht
abgeholt worden seien. Dieser habe am Samstag vergeblich versucht, das Wahlamt zu erreichen. Die Wahl-
briefe seien am Montag nach der Wahl vom Wahlamt bei der Postfiliale abgeholt, als verspätet eingegangen
angesehen und deshalb auch nicht nachträglich ausgewertet worden. Sie lagerten derzeit verpackt und unge-
öffnet im Wahlamt der Stadt Ratzeburg.

Der Bürgermeister der Stadt Ratzeburg habe vorgetragen, dass die Stadt Ratzeburg bei der Deutschen Post
AG ein Postfach unterhalte. Die dort gelagerte Post werde täglich von einem städtischen Mitarbeiter abge-
holt. Bei großen Sendungen oder Überfüllung des Postfaches sei im Postfach ein Hinweis enthalten, dass
weitere Sendungen in der Postfiliale unter Aufsicht der Postbediensteten lagern und von ihnen ausgehändigt
würden. Am Freitag, dem 20. September 2013, sei das Postfach der Stadt Ratzeburg von einer Mitarbeiterin
des Wahlamtes geleert worden; ein Hinweis auf weiter lagernde Wahlbriefe sei nicht enthalten gewesen.
Auch habe es anlässlich eines Kontaktes mit Postmitarbeitern in der Postfiliale am Freitag nach 12.00 Uhr
ebenfalls keine Hinweise auf noch lagernde Wahlbriefe gegeben. Die Deutsche Post AG habe im Laufe der
Woche vor der Wahl einen allgemeinen Hinweis auf möglicherweise am Samstag vor der Wahl sich im Post-
fach befindende Wahlbriefe gegeben. Das Postfach der Stadt Ratzeburg sei am Samstag zwischen 12.00 Uhr
und 13.00 Uhr von einem Mitarbeiter des Wahlamtes kontrolliert worden; Wahlbriefe oder ein Hinweis auf
gelagerte Wahlbriefe seien im Postfach nicht enthalten gewesen. Auch im Rahmen der zwischen dem Bun-
desinnenministerium und der Deutschen Post AG vertraglich vereinbarten zusätzlichen Sonntagszustellung
habe es keine Hinweise auf in der Postfiliale oder im städtischen Postfach gelagerte Wahlbriefe gegeben. Von
weiteren Wahlbriefen habe die Stadt Ratzeburg bis zum Schluss der Wahlzeit keine Kenntnis gehabt.

Sie, die Landeswahlleiterin, habe bereits unmittelbar nach der Wahl die Deutsche Post AG, Vertriebsdirekti-
on ÖS Nord, Hamburg, um eine schriftliche Äußerung gebeten. Die Post habe sich nicht in der Lage gesehen,
schriftlich Stellung zu nehmen. Stattdessen sei nur auf eine aufgrund eines Telefonats zwischen der Presse-
agentur dpa und dem Leiter der Pressestelle Nord der Deutschen Post AG am 27. September 2013 erschiene-
ne dpa-Meldung verwiesen worden. Auch habe es seitens der Postfiliale Ratzeburg keine schriftliche Erklä-
rung gegeben.

Laut der dpa-Meldung werde aus Sicht der Deutschen Post AG die Sachlage gegensätzlich dargestellt. Da-
nach habe das Wahlamt seit dem 17. September 2013 keine Wahlpost von der Postfiliale Ratzeburg mehr

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 51 – Drucksache 18/1710

abgeholt. Auf eine in das Postfach eingelegte Mitteilung mit dem Hinweis auf noch lagernde Wahlbriefe habe
die Stadt Ratzeburg nicht reagiert.

Aufgrund aller ihr zur Verfügung stehender Informationen könne die Einlassung der Deutschen Post AG sie,
die Landeswahlleiterin, nicht zu überzeugen. Vor allem die Aussage, seit dem 17. September 2013 seien
keine Wahlbriefe mehr abgeholt worden, erscheine aus ihrer Sicht vor dem Hintergrund des sich regelmäßig
zu jeder Wahl wiederholenden und standardisierten Ablaufs des Briefwahlverfahrens unverständlich. Insbe-
sondere halte sie es für sehr unwahrscheinlich, dass eine Gemeindebehörde – insbesondere in der letzten
Woche vor der Wahl, in der erfahrungsgemäß regelmäßig das Briefwahlaufkommen hoch sei – ihr Postfach
nicht regelmäßig kontrolliere. Die vom Wahlamt der Stadt Ratzeburg geschilderte Vorgehensweise am Sams-
tag vor der Wahl entspreche im Übrigen auch ihren Hinweisen zur Briefwahl, die sie den Wahlbehörden im
Erlasswege regelmäßig zur Vorbereitung des Wahltages gebe.

Von daher könne sie, die Landeswahlleiterin, aufgrund der detaillierten und für sie auch plausiblen Darstel-
lung des Bürgermeisters der Stadt Ratzeburg ein Fehlverhalten der Stadt nicht festzustellen. Die am Montag,
dem 23. September 2013, in den „Machtbereich“ der Stadt Ratzeburg gelangten Wahlbriefe seien, weil von
der Deutschen Post AG ein Hinweis auf dort lagernde Wahlbriefe nicht rechtzeitig (das heißt bis zum Schluss
der Wahlzeit, 22. September 2013, 18.00 Uhr) gegeben wurde, als verspätet eingegangen und damit als nicht
abgegeben zu werten gewesen. Ein Wahlfehler sei für sie nicht erkennbar.

Die Niedersächsische Landeswahlleiterin hat zu dem Einspruchsgegenstand, soweit er ihren Zuständig-
keitsbereich betrifft, am 6. März 2014 im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Der Einspruchsführer habe aus dem Nachrichtenmagazin „Focus“ zitiert. Darin werde über einen Fall aus der
Stadt Göttingen im Wahlkreis 53 (Göttingen) berichtet, wonach eine Frau M. O. seit dem 9. September 2013
vergeblich auf ihren Wahlschein und die Briefwahlunterlagen gewartet haben solle, die sie am selben Tag
dort beantragt habe. Am 16. September 2013 habe man ihr mitgeteilt, dass alles korrekt bearbeitet worden sei
und der Fehler wohl bei der Post liegen würde.

Sie, die Landeswahlleiterin, habe den Kreiswahlleiter des Wahlkreises 53 hierzu um Stellungnahme gebeten.
Dieser habe mitgeteilt, dass Frau O. im Online-Antragsformular der Stadt Göttingen die Wahlunterlagen am
9. September 2013 beantragt habe. Die Unterlagen seien dem Postdienstleister „C.“ am 10. September 2013
übergeben und laut Stempel am 11. September 2013 an die von Frau O. angegebene Anschrift in 49696
Peheim versandt worden. Die Unterlagen seien am 19. September 2013 als unzustellbar zurückgekommen.
Aufgrund ihrer, der Landeswahlleiterin, eigenen Erkenntnisse könnte dies möglicherweise daran liegen, dass
die von Frau O. angegebene Adresse in dieser Form nicht korrekt sei. Der Ort Peheim sei nur ein Ortsteil der
Gemeinde Molbergen. Wahrscheinlich hätte die von Frau O. angegebene Adresse auf Molbergen lauten müs-
sen. Dies könne im Ergebnis jedoch dahinstehen, da insoweit kein mandatsrelevanter Wahlfehler vorliege,
wie der Wahlprüfungsausschuss des Deutschen Bundestages bereits in ständiger Spruchpraxis entschieden
habe, dass in solchen Fällen diejenige Person, die den Wahlschein und die Briefwahlunterlagen beantrage,
auch das Beförderungsrisiko vom Gemeindebüro zu der angegebenen Adresse trage. Sie, die Landeswahllei-
terin, halte den Wahleinspruch daher für unbegründet.

Der Einspruchsführer hat sich zu den ihm übersandten Stellungnahmen nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vorbringen des Einspruchsführers lässt sich kein die Gül-
tigkeit der Bundestagswahl 2013 berührender Wahlfehler entnehmen.

1. Im Fall der angeblich verloren gegangenen Briefwahlstimmen in Hamburg liegt kein Wahlfehler vor. Das
Statistische Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein hat in einer auch im Internet abrufbaren Pressemittei-
lung vom 25. September 2013 (www.statistik-nord.de) erklärt, dass in der am 23. September 2013 veröffent-
lichten Wahlanalyse zum vorläufigen Ergebnis der Bundestagswahl in Hamburg die Zahl der Briefwählerin-
nen und -wähler nicht korrekt ausgewiesen worden sei. Eine Überprüfung habe ergeben, dass die entspre-
chende Abfrage der Datenbank für das vorläufige Wahlergebnis versehentlich so programmiert worden sei,
dass nicht alle Briefwahlbezirke einbezogen worden seien. Auf die Zusendung von 301 884 Briefwahlunter-
lagen hin hätten 268 504 Wählerinnen und Wähler von ihrem Wahlrecht per Brief Gebrauch gemacht, nicht
wie ursprünglich angegeben 198 739 Wahlberechtigte. Die Befürchtung, Briefwahlstimmen könnten unbe-

Drucksache 18/1710 – 52 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

rücksichtigt geblieben sein, treffe nicht zu. Diese Vermutung sei dadurch entstanden, dass der Zahl der aus-
gegebenen Briefwahlunterlagen (Wahlschein, Stimmzettel und Umschläge) von 301 884 eine Zahl von
198 739 Briefwählern gegenübergestellt worden sei. Zur Erläuterung dieser Differenz hat das Statistische
Amt auf drei Ursachen hingewiesen: Die Überprüfung habe ergeben, dass die Zahl der Briefwählerinnen und
-wähler infolge der fehlerhaften Abfrage der Datenbank um rund 70 000 zu niedrig angegeben worden sei.
Sie sei auf 268 504 korrigiert worden. Des Weiteren gehörten zu den 301 884 ausgegebenen Wahlscheinen
auch solche, die die Stimmabgabe in einem anderen Wahllokal als in dem eigenen ermöglichen sollten, z. B.
in einem barrierefreien Wahllokal. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass erfahrungsgemäß rund fünf bis
zehn Prozent der ausgegebenen Briefwahlunterlagen nicht rechtzeitig und vollständig zurückliefen. Die
Gründe hierfür seien vielfältig und lägen z. B. im zu späten Erhalt, der Nichtnutzung oder der zu späten
Rücksendung der Briefwahlunterlagen. Darüber hinaus fänden solche Wahlbriefe keinen Eingang in die Zäh-
lung der Briefwähler, die aus formalen Gründen zurückzuweisen seien, z. B. weil der Wahlschein fehle oder
nicht unterschrieben sei. Der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag folgen dieser schlüssigen
Darstellung.

2. Auch im Fall der über 200 Wahlbriefe, die in Ratzeburg nicht in die Auszählung der Briefwahlstimmen
einbezogen wurden, weil sie demWahlamt nicht vorlagen, liegt kein Wahlfehler vor.

Gemäß § 36 Absatz 1 Satz 1 des Bundeswahlgesetzes (BWG) hat der Wähler bei der Briefwahl dem Kreis-
wahlleiter des Wahlkreises, in dem der Wahlschein ausgestellt worden ist, im verschlossenen Wahlbriefum-
schlag seinen Wahlschein und (in einem besonderen Stimmzettelumschlag) seinen Stimmzettel so rechtzeitig
zu übersenden, dass der Wahlbrief spätestens am Wahltage bis 18.00 Uhr eingeht. Wenn – wie vorliegend –
Briefwahlvorstände für einzelne oder mehrere Gemeinden innerhalb eines Wahlkreises gebildet worden sind,
müssen die Wahlbriefe nach § 36 Absatz 3 BWG in Verbindung mit § 66 Absatz 2 Satz 2 der Bundeswahl-
ordnung (BWO) bei der Gemeinde eingehen, die die Wahlscheine ausgestellt hat, hier also der Stadt Ratze-
burg. Bedient sich der Wahlleiter beim Zustellpostamt eines Postfaches, gehen die Wahlbriefe mit der Einsor-
tierung in dieses Fach ein (vgl. Hahlen, in: Schreiber, Bundeswahlgesetz, 9. Auflage 2013, Rn. 11). Werden
sie wegen Überfüllung des Faches anderweitig deponiert, hängt der rechtzeitige Eingang davon ab, ob der
Empfänger vom Postunternehmen darauf hingewiesen wurde, wo die Wahlbriefe abgeholt werden können
Hahlen, in: Schreiber, a. a. O.). Die Verantwortung dafür, dass der Wahlbrief der zuständigen Stelle rechtzei-
tig zum Ende der Wahlzeit vorliegt, und das Risiko einer verspäteten Ankunft des Wahlbriefes, das bei einer
Übermittlung per Post nie völlig auszuschließen ist, trägt grundsätzlich der Wahlberechtigte, selbst wenn ihn
persönlich kein Verschulden trifft (vgl. Hahlen, in: Schreiber, Rn. 12). Wann sich die über 200 Wahlbriefe
wo befanden, ist unklar. Es steht fest, dass sie sich vor dem 23. September 2013 im „Machtbereich“ der
Deutschen Post AG befunden haben. Unklar ist allerdings, ob sie sich im Postfach der Stadt Ratzeburg be-
fanden oder an einem anderen Ort in der Postfiliale. Auch die Frage, ob es Hinweise oder keine Hinweise von
Postmitarbeitern auf Wahlbriefe gegeben habe, ist ungeklärt. Die Aussagen der Stadt und der Deutschen Post
AG widersprechen sich insoweit. Die Unklarheiten können aber – so unbefriedigend das sein mag – dahin-
stehen.

Sofern die Verantwortung für den verspäteten Eingang der Wahlbriefe bei der Deutschen Post AG liegen
sollte, läge schon kein Wahlfehler vor. Wahlfehler sind dann gegeben, wenn die rechtlichen Regelungen über
die Vorbereitung und Durchführung der Wahl nicht eingehalten werden. Nach ständiger Praxis des Wahlprü-
fungsausschusses und nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts können solche Wahl-
fehler in erster Linie den amtlichen Wahlorganen gemäß § 8 BWG unterlaufen; Dritte können Wahlfehler nur
insoweit begehen, als sie unter Bindung an wahlgesetzliche Anforderungen kraft Gesetzes Aufgaben bei der
Organisation der Wahl erfüllen (vgl. Bundestagsdrucksachen 14/2761, Anlagen 24 und 27; 16/3600, Anlage
18; 17/1000, Anlagen 3, 15 und 22; 17/2250, Anlage 20; 17/6300, Anlage 40; BVerfGE 89, 243 [251]). Bei
der Deutschen Post AG handelt es sich indessen um eine juristische Person des Privatrechts, die weder ein
amtliches Wahlorgan im Sinne von § 8 BWG ist noch kraft Gesetzes Aufgaben bei der Vorbereitung und
Durchführung der Wahl erfüllt (vgl. Bundestagsdrucksachen 14/2761, Anlage 24; 16/3600, Anlage 18;
17/1000, Anlage 3; 17/2250, Anlage 20).

Sofern die Verantwortung für den verspäteten Eingang der Wahlbriefe bei der Stadt Ratzeburg liegen sollte,
läge zwar ein Wahlfehler vor. Dieser führte aber nicht zur Ungültigkeit der Wahl. Nach ständiger Recht-
sprechung des Bundesverfassungsgerichts, der sich der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag
stets angeschlossen haben, können nur solche Wahlfehler die Gültigkeit der Bundestagswahl beeinträchtigen,
die auf die Sitzverteilung von Einfluss sind oder sein können (vgl. nur BVerfGE 89, 243 [254]; Bundestags-

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 53 – Drucksache 18/1710

drucksachen 16/900, Anlage 20; 17/1000, Anlagen 10, 15, 19 und 20; 17/2200, Anlagen 5, 12 und 25;
17/2250, Anlagen 18 und 22; 17/3100, Anlage 21). An dem Gewinn des Direktmandats durch den Wahl-
kreisbewerber der CDU hätten die mehr als 200 nicht gezählten Briefwahlstimmen, selbst wenn sie alle für
die zweitplatzierte Wahlkreisbewerberin der SPD abgegeben worden wären, nichts geändert, da der CDU-
Bewerber einen Vorsprung von 19.205 Stimmen erzielte. Auch an der Sitzverteilung auf die Landeslisten
hätte sich nichts geändert.

3. Hinsichtlich angeblich nicht erhaltener Briefwahlunterlagen in Mainz, Frankfurt am Main, Göttingen und
Hamburg liegt ebenfalls kein Wahlfehler vor. Der Einspruchsführer bezieht sich insoweit lediglich pauschal
auf Medienberichte und nennt keine weiteren Tatsachen, welche die dort genannten Darstellungen untermau-
ern. Sein Vorbringen ist daher bereits unsubstantiiert.

Im einzigen in den Medienberichten genannten konkreten Fall, der Nichtzustellung der in Göttingen bean-
tragten Briefwahlunterlagen an Frau O. liegt ebenfalls kein Wahlfehler vor. Nach ständiger Entscheidungs-
praxis des Deutschen Bundestages in Wahlprüfungsangelegenheiten trägt der Wahlberechtigte, der von der
durch den Gesetzgeber eingeräumten Möglichkeit der Briefwahl Gebrauch macht und seine Wahlunterlagen
nicht persönlich bei der Gemeinde abholt, das Risiko, dass die Unterlagen ihn aufgrund des Transports nicht
oder nicht rechtzeitig erreichen. Die Gemeindebehörde trifft hier keine „Bringschuld“, sondern lediglich eine
„Schickschuld“. Sie hat das ihrerseits Erforderliche getan, wenn sie die Unterlagen ordnungsgemäß und
rechtzeitig ausgestellt und auf ihre Kosten versandt hat (vgl. Bundestagsdrucksachen 15/1850, Anlage 27;
15/4750, Anlage 6; 16/3600, Anlagen 20, 25 und 26; 17/1000, Anlagen 3, 4, 6 und 7; 17/2250, Anlagen 7, 16
und 19; 17/3100, Anlage 21; 17/4600, Anlage 20). Vorliegend hat die Stadt Göttingen die Briefwahlunterla-
gen am 11. September 2013 an die von Frau O. angegebene Anschrift in 49696 Peheim versandt. Es bestand
keine Pflicht zu prüfen, ob Peheim ein Ortsteil von Molbergen und die Versandadresse zu ändern ist, zumal
eine Zustellung auch von Faktoren abhängen kann, auf welche die versendende Gemeinde keinen Einfluss
hat – z. B. die Kennzeichnung eines Briefkastens oder die Befähigung des Postdienstleisters zur Adresszu-
ordnung. Die Briefwahlunterlagen versendende Gemeinde darf sich an die Angaben des bzw. der Wahlbe-
rechtigten halten; dies gilt insbesondere dann, wenn – wie hier – der Versand nicht an die Meldeanschrift bei
der versendenden Gemeinde, sondern an eine von dem bzw. der Wahlberechtigten gewählte Adresse erfolgt.
Im Übrigen hätte Frau O. bis 12.00 Uhr am Tag vor der Wahl, also dem 21. September 2013, gemäß § 28
Absatz 10 Satz 2 BWO einen neuen Wahlschein beantragen können, wenn sie glaubhaft versichert hätte, dass
sie die beantragten Briefwahlunterlagen mit dem Wahlschein nicht erhalten hat.

4. Auch hinsichtlich der im Wahlkreis 95 (Köln III) möglicherweise in 40 bis 502 Fällen doppelt versandten
Briefwahlunterlagen liegt kein Wahlfehler vor. Zwar wurde zunächst gegen wahlrechtliche Vorgaben versto-
ßen. Ein solches Versehen ist aus Sicht des Wahlprüfungsausschusses sehr ärgerlich sowie künftig durch eine
bessere Organisation zu vermeiden. Jedoch hat die Stadt Köln dann alles Erdenkliche unternommen, um ihr
Versäumnis zu beheben und eine doppelte Stimmabgabe zu verhindern. Zunächst hat sie die möglicherweise
betroffenen Wahlberechtigten persönlich angeschrieben und darauf hingewiesen, dass nur ein Satz Brief-
wahlunterlagen genutzt werden dürfe. Daneben hat sie die Bevölkerung durch umfangreiche Pressearbeit und
ein Info-Telefon unterrichtet. Schließlich wurde durch weitere organisatorische Maßnahmen am Wahltag
sichergestellt, dass niemand seine Stimme doppelt abgegeben hat. Selbst wenn ein Wahlfehler vorgelegen
hätte, hätte dieser – wie bereits oben dargelegt – nur dann die Gültigkeit der Bundestagswahl beeinträchtigt,
wenn er auf die Sitzverteilung von Einfluss war oder hätte sein können. Angesichts des Vorsprungs des
erstplatzierten Wahlkreisbewerbers von 9 022 Stimmen hätte der Wahlfehler keinen Einfluss auf die Sitzver-
teilung im 18. Deutschen Bundestag gehabt oder haben können. Dies gilt auch für die Stimmenverteilung auf
die Landeslisten der Parteien. Die an der Sitzverteilung gemäß § 6 BWG teilnehmenden Parteien erhielten
folgende Zweitstimmenzahl: 3 776 563 (CDU), 3 028 282 (SPD), 760 642 (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
und 582 925 (Die Linke.). Selbst wenn 502 Wahlberechtigte – was auszuschließen ist – doppelt gewählt hät-
ten, würde keine Partei mehr oder weniger Listenmandate erhalten. Die aufgrund der Fünf-Prozent-Hürde
nicht an der Sitzverteilung teilnehmenden Parteien, etwa die „Alternative für Deutschland“ oder die FDP
würden bundesweit auch dann nicht an der Sitzverteilung teilhaben, wenn bis zu 502 Stimmen wegen einer
Doppelwahl für ungültig erklärt würden.

5. Es stellt zwar einen höchst ärgerlichen und künftig zu vermeidenden Wahlfehler dar, dass mehreren Wahl-
berechtigten in den zwei Wahlkreisen 140 und 141 teilweise Briefwahlunterlagen für den benachbarten (Bo-
chumer) Wahlkreis zugesandt wurden. Die Erststimmen derjenigen 602 Briefwähler, die einen – für den je-
weiligen Wahlkreis – falschen Stimmzettel zurückgesandt hatten, waren gemäß § 39 Absatz 1 Satz 2 BWG

Drucksache 18/1710 – 54 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

ungültig. Im Wahlkreis 140 waren 592 und im Wahlkreis 141 10 Stimmzettel betroffen. Auf das Erststim-
menergebnis in beiden Wahlkreisen und damit die Vergabe des jeweiligen Direktmandats, also die Sitzvertei-
lung im 18. Deutschen Bundestag und damit die Gültigkeit der Bundestagswahl 2013 (s. o.), wirkte sich das
Versehen indessen nicht aus: Im Wahlkreis 140 hatte der Erstplatzierte einen Vorsprung von 12.990 Stimmen
vor dem zweitplatzierten Bewerber; im Wahlkreis 141 erzielte die erstplatzierte Bewerberin einen Vorsprung
von 23.803 Stimmen vor der zweitplatzierten Kandidatin.

6. In Oberhausen, im Wahlkreis 117, ist es zwar ebenfalls zu einem ärgerlichen und künftig zu vermeidenden
Verstoß gegen wahlrechtliche Vorgaben gekommen, als Briefwahlunterlagen der Bundestagswahl 2009 an
etwa 30 Briefwählerinnen und Briefwähler versandt wurden. Die Ausgabe falscher Stimmzettel widersprach
§ 30 Absatz 2 Nr. 1 BWG und § 45 Absatz 1 Nr. 1 BWO, wonach die Stimmzettel die in dem betreffenden
Wahlkreis zugelassenen Kreiswahlvorschläge enthalten müssen. Wenn die falschen Stimmzettel genutzt
worden wären, hätte dies gemäß § 39 Absatz 1 Nr. 1 BWG zur Ungültigkeit der Erst- und Zweitstimme ge-
führt. Es ist aber unsicher, ob überhaupt falsche Stimmzettel benutzt worden sind. Immerhin wurden in 20
Fällen die Briefwahlunterlagen ausgetauscht. Ob in den übrigen etwa zehn Fällen Stimmen fälschlicherweise
als gültig gewertet worden sind, kann aber dahinstehen. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesver-
fassungsgerichts, der sich der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag schon früher stets ange-
schlossen haben, können – wie oben dargelegt – nur solche Wahlfehler die Gültigkeit der Bundestagswahl
beeinträchtigen, die auf die Sitzverteilung von Einfluss sind oder sein können. Daran fehlt es vorliegend: Im
Wahlkreis 117 erreichte der Gewinner des Direktmandats einen Vorsprung von 18.533 Stimmen gegenüber
der zweitplatzierten Bewerberin, so dass die eventuell ungültigen etwa zehn Erststimmen keinen Einfluss auf
das Gesamtergebnis der Erststimmen und die Sitzverteilung im 18. Deutschen Bundestag gehabt hätten oder
hätten haben können. Auch das Ergebnis für die Landeslisten wäre bei einer eventuellen Ungültigkeit von
Zweitstimmen nur geringfügig und ohne Einfluss auf die Sitzverteilung tangiert worden.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 55 – Drucksache 18/1710

Anlage 12

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

1. der Frau L. L., 78050 Villingen-Schwenningen,
2. des Herrn D. L., ebenda,

– Az.: WP 29/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit einer E-Mail vom 30. September 2013 und einem Schreiben vom 1. Oktober 2013 haben die Einspruchs-
führer Einspruch gegen die Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Die Einspruchsführer rügen mehrere (angebliche) Vorkommnisse bei der Bundestagswahl 2013:

1. Die Gemeinde Villingen-Schwenningen habe die Urnenwahlbezirke rechtswidrig von 95 auf 62 reduziert.
Dadurch sei die Wahl unangemessen erschwert worden.

2. Bei ihrer Stimmabgabe sei ihnen aufgefallen, dass der Wahlvorstand, dessen Platz überdies nicht von allen
Seiten zugänglich gewesen sei, angesichts der vielen im Wahllokal befindlichen Menschen die Situation und
den Raum sowie insbesondere die Wahlkabinen nicht habe überblicken können. Eine junge Dame ohne
Wahlschein, die sich ausgewiesen habe, sei barsch und ohne weitere Hilfestellung zurückgewiesen worden.
Umstehende Leute hätten dadurch personenbezogene Daten mitbekommen. Der Einspruchsführer zu 2. sei
durch nachfolgende Personen zum Ausfüllen des Stimmzettels gedrängt worden. Wahlrechtsgrundsätzen wie
Wahlfreiheit und Wahlgeheimnis sei nicht Genüge getan worden. Die Vorgaben der §§ 46 ff. der Bundes-
wahlordnung (BWO) seien nicht beachtet worden. Das Prozedere der Stimmabgabe sei regelwidrig gewesen.
§ 56 BWO sei nicht entsprochen worden, und eine ordnungsgemäße Kontrolle der Stimmabgabe habe nicht
stattgefunden. Es wäre durchaus möglich gewesen, pro Person mehrere Stimmzettel einzuwerfen.

3. Die Wahl sei unzulässig beeinflusst worden, da in Medien und Internetportalen Prognosen rechtswidrig
veröffentlicht worden seien. „Exit Polls“ hätten vor der Schließung der Wahllokale den Weg an die Öffent-
lichkeit gefunden.

4. Möglicherweise seien die Briefwahlbezirke in Villingen-Schwenningen regelwidrig geändert bzw. so zu-
geordnet worden, dass eine klare Ausweisung der örtlichen Wahlbeteiligung verhindert worden sei. In den
örtlichen Medien sei die Wahlbeteiligung für den Stadtteil Villingen mit 53,5 Prozent und für den Stadtteil
Schwenningen mit 49,3 Prozent angegeben worden, während die Wahlbeteiligung im Bund bei 71,5 Prozent
und im Land Baden-Württemberg bei 74,3 Prozent liege. Wie insbesondere die räumliche Zuordnung der
Briefwahlbezirke in Villingen-Schwenningen erfolgt sei, sei für die Bürger nicht nachvollziehbar.

5. Im Stadtteil Schwenningen sei die Tür zu einem Wahllokal nach Medienberichten gegen 11.50 Uhr ver-
schlossen gewesen. Auf der „Suche nach Orientierung“ seien drei ältere Leute zu einem gegenüberliegenden
Gebäude gelaufen, an dessen Giebelseite ein Hinweis „Wahllokal“ angebracht gewesen sei. Doch auch dort
habe sich keine Tür öffnen lassen, weshalb die drei potenziellen Wähler als Nichtwähler frustriert das Gelän-
de verlassen hätten. In anderen Wahllokalen sei es laut einem Zeitungsartikel zu einem sehr sorglosen Um-
gang mit Stimmzetteln gekommen, die Fehler begünstigt hätten. Die als Wahlhelfer eingesetzten Personen
seien nicht ausreichend geschult und überfordert gewesen. Darüber hätten sich einige Personen aufgeregt. In
einem Leserkommentar eines „langjährigen Wahlvorstands“ (über Personen, die das Briefwahlergebnis bean-

Drucksache 18/1710 – 56 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

standeten) heiße es: „Die Motzer bzw. Störer hätte ich rausgeworfen und wenn sie nicht gegangen wären,
hätte ich die Polizei gerufen.“ Dieser demokratiefeindliche Geist zeige sich in vielen Handlungsweisen der
„V[illingen-]S[chwenningen]-Verwaltungsorgane“.

6. Die Einspruchsführer verweisen zudem auf eine Webadresse (URL), über die ein nur im Internet veröffent-
lichten Medienbericht über angebliche „Pannen“ bei der Briefwahl erreichbar ist.

7. Die Einspruchsführer bringen ergänzend den „Vorbehalt der Verfassungswidrigkeit, bezogen auf das neue
Wahlrecht“, zum Ausdruck.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages der Einspruchsführer wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

Die Landeswahlleiterin des Landes Baden-Württemberg hat zu dem Einspruch am 10. Februar 2014 im
Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Nach § 2 Absatz 3 des Bundeswahlgesetzes (BWG) werde jeder Wahlkreis für die Stimmabgabe in Wahlbe-
zirke eingeteilt. Die Stadt Villingen-Schwenningen mit rund 82 000 Einwohnern sei nach § 12 Absatz 1 Satz
2 der Bundeswahlordnung (BWO) in mehrere Wahlbezirke einzuteilen. Die Gemeindebehörde bestimme
nach § 12 Absatz 1 Satz 3 BWO, welche Wahlbezirke zu bilden sind. Die Soll-Regelung des § 12 Absatz 2
BWO, wonach kein Wahlbezirk mehr als 2 500 Einwohner, d. h. in etwa nicht mehr als 1.700 Wahlberechtig-
te haben solle, sei bei der Reduzierung bzw. Neueinteilung der Wahlbezirke beachtet worden. Ebenso wie die
Regelung, dass die Zahl der Wahlberechtigten eines Wahlbezirks nicht so gering sein dürfe, dass erkennbar
wird, wie einzelne Wahlberechtigte gewählt haben. Darüber hinaus habe die Stadt Villingen-Schwenningen
versichert, dass – trotz Reduzierung der Wahlbezirke – die Teilnahme an der Wahl nicht erschwert worden
sei. Zu Wahlräumen seien möglichst verkehrsgünstige und zentrale Räumlichkeiten bestimmt worden. Für
die Einspruchsführer habe sich durch den neuen Zuschnitt der Wahlbezirke der Fußweg von der Wohnung
bis zum Wahlraum im Übrigen von bisher ca. 450 Metern auf ca. 350 Meter reduziert (wie eine beiliegende
Skizze zeige).

Wie von den Einspruchsführern vorgetragen, treffe es zwar zu, dass eine Wählerin vom Wahlvorstand zu-
rückgewiesen worden sei, weil sie keinen Wahlschein habe vorlegen können. Die Aussage der Einspruchs-
führer, dass dies barsch erfolgt sei, werde seitens der Wahlleitung der Stadt Villingen-Schwenningen aber
zurückgewiesen. Zutreffend sei auch der Vortrag der Einspruchsführer, dass sich zum Zeitpunkt ihrer Stimm-
abgabe im Wahlraum Wählerschlangen gebildet hätten. Entsprechend der gesetzlichen Regelung (§ 56 Ab-
satz 4 BWO) werde im Wahlraum mit personenbezogenen Daten diskret umgegangen. Soweit es jedoch –
wie im vorliegend geschilderten Einzelfall – erforderlich sei, die Wahlberechtigung festzustellen, könne –
insbesondere bei großem Andrang im Wahllokal – nicht ausgeschlossen werden, dass gegebenenfalls ein
Dritter personenbezogene Daten mithöre. In diesem Fall dürften die Mitglieder des Wahlvorstandes nach §
56 Absatz 4 Satz 4 BWO Angaben zur Person des Wählers ausnahmsweise verlautbaren. Der von den Ein-
spruchsführern genannte Wahlraum sei am Wahltag von Mitarbeitern der Wahlorganisation aufgesucht wor-
den. Nach der Stellungnahme der Stadt Villingen-Schwenningen hätten sowohl der Wahlraum als auch die
Wahlkabinen vom Tisch des Wahlvorstandes gut überblickt werden können. Soweit die Einspruchsführer
vortrügen, der Tisch des Wahlvorstandes sei nicht von allen Seiten zugänglich gewesen, weshalb ein Verstoß
gegen die Regelung des § 52 BWO vorläge, sei seitens der Wahlleitung der Stadt Villingen-Schwenningen
zwar eingeräumt worden, dass sich neben dem Tisch des Wahlvorstandes ein quer gestellter Tisch befunden
habe. Der Wahltisch sei aber von allen Seiten zugänglich gewesen und das Wahlgeschehen am Wahltisch
habe von der Öffentlichkeit verfolgt werden können. Im Rahmen der Vorbereitung von Wahlen – so auch bei
der Bundestagswahl 2013 – schule die Stadtverwaltung Villingen Schwenningen nicht nur die Wahlvorsteher
und deren Stellvertreter, sondern auch die Schriftführer und deren Stellvertreter. Die Wahlhandlung, die
Stimmabgabe im Wahlraum und insbesondere die Stimmabgabe mit Wahlschein würden im Rahmen der
Schulungen detailliert erörtert. Im Hinblick darauf könne das Vorbringen der Einspruchsführer, es habe die
Möglichkeit bestanden, mehrere Stimmzettel in die Wahlurne zu werfen, nicht nachvollzogen werden. Jedem
Wähler werde lediglich ein Stimmzettel ausgehändigt. Im Übrigen habe zur Verhinderung einer „Mehrfach-
wahl“ der Schriftführer bei jedem Wähler die Tatsache der Stimmabgabe in der dafür bestimmten Spalte im
Wählerverzeichnis zu vermerken (§ 56 Absatz 4 Satz 3 BWO). Ein Wähler, bei dessen Namen im Wähler-
verzeichnis sich ein Stimmabgabevermerk befinde (§ 56 Absatz 4 Satz 3 BWO), sei zurückzuweisen, es sei
denn, er weise nach (etwa durch notarielle Erklärung oder Zeugenaussage), dass er noch nicht gewählt habe
(§ 56 Absatz 6 Satz 1 Nr. 3 BWO). Der Stimmabgabevermerk habe bis zum Beweis des Gegenteils die Ver-

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 57 – Drucksache 18/1710

mutung der Richtigkeit für sich. Allerdings sei es jedem Wähler freigestellt, den in der Wahlkabine ausgefüll-
ten Stimmzettel nicht abzugeben. In diesem Fall erfolge kein Stimmabgabevermerk.

Die Veröffentlichung von Prognosen in Medien und Internetportalen und infolge dessen eine mögliche Be-
einflussung des Wählerverhaltens liege nicht im Verantwortungsbereich der Wahlleitungen auf Wahlkreis-
bzw. Landesebene.

Für die Bundestagswahl 2013 seien in der Stadt Villingen-Schwenningen acht Briefwahlbezirke auf der Basis
der allgemeinen Wahlbezirke gebildet worden. In der Wahlbekanntmachung vom 6. September 2013 habe
die Stadt Villingen-Schwenningen darauf hingewiesen, zu welcher Zeit und an welchen Orten die Briefwahl-
vorstände zur Ermittlung des Briefwahlergebnisses zusammentreten würden (§ 8 Absatz 3 BWG in Verbin-
dung mit § 7 Nr. 5 und § 48 BWO, § 1 Absatz 3 der Verordnung der Landesregierung zur Übertragung von
Zuständigkeiten nach dem Bundeswahlgesetz sowie Anlage 27 zu § 48 Absatz 1 BWO). Entgegen den Aus-
führungen der Einspruchsführer hätten die Bürger von Villingen-Schwenningen somit die Möglichkeit ge-
habt, von den Räumlichkeiten Kenntnis zu erlangen. Es treffe zu, dass die Briefwahlvorstände in der Stadt
Villingen-Schwenningen im Vergleich zur Bundestagswahl 2009 um vier reduziert worden seien. Diese Ent-
scheidung stehe im pflichtgemäßen Ermessen der Kreiswahlleitung, die die Anordnung über die Zahl der
Briefwahlvorstände anlässlich der Bundestagswahl 2013 getroffen habe. Der Vortrag der Einspruchsführer,
die Reduzierung sei regelwidrig erfolgt, sei somit unzutreffend.

Nach der Schilderung des Wahlvorstehers des betreffenden Wahllokals sei die Tür zum Wahlraum versehent-
lich zugefallen, nachdem ein Wähler den Raum verlassen habe. Dem Wahlvorstand sei dies zunächst nicht
aufgefallen, da eine Wählerin zur gleichen Zeit einen Schwächeanfall erlitten habe. Die Tür zum Wahlraum
sei sogleich mit Bemerken des Vorkommnisses wieder geöffnet worden. Es habe sich um einen äußerst kur-
zen Zeitraum gehandelt, in dem die Tür verschlossen gewesen sei. Dies sei dem Wahlvorstand von Wählern,
die namentlich nicht bekannt seien, bestätigt worden. Wie auf dem (der Stellungnahme) beigefügten Foto
sichtbar, befinde sich direkt neben dem Eingang des Wahlgebäudes leicht zugänglich ein ebenerdiges Fens-
ter, durch welches man den Wahlraum und den Wahlvorstand habe sehen können. Durch Klopfen hätte man
sich leicht bemerkbar machen und Zutritt zum Wahlraum verschaffen können. Der Zutritt des Wahlraumes
sei somit gewährleistet gewesen.

Auch erwiesen sich die von den Einspruchsführern vorgetragenen Unregelmäßigkeiten bei der Stimmenaus-
zählung als unzutreffend. Es sei zwar richtig, dass die Wahlhandlung in dem genannten Wahlraum von einer
Gruppe von Männern beobachtet, durch Zwischenrufe gestört und der Vorwurf der Wahlmanipulation erho-
ben worden sei. Als dem städtischen Wahlleiter und einer Wahlsachbearbeiterin diese Informationen zuteil
geworden seien, hätten sie sofort den Wahlraum aufgesucht. Währenddessen habe ein leitender Mitarbeiter
der Wahlzentrale die Auszählung beaufsichtigt und erneut das Auszählungsergebnis überprüft. Die erneute
Auszählung habe keine Abweichung von dem ermittelten Ergebnis ergeben; Unstimmigkeiten seien nicht
festgestellt worden.

Die von den Einspruchsführern erwähnten Pannen bei der Briefwahl hätten in Baden-Württemberg keine
Relevanz.

Die Einspruchsführer haben sich zu der ihnen übersandten Stellungnahme am 27. März 2014 im Wesentli-
chen wie folgt geäußert:

Ihr Vortrag zur Reduzierung der Urnenwahlbezirke habe sich bestätigt. Gerügt worden sei die Wahler-
schwernis, die durch die Reduzierung zum Tragen gekommen sei, nicht ihr individueller Weg zum Wahllo-
kal. Verwiesen werde auf einen (tabellarisch dargestellten) Städtevergleich, wonach in Villingen-
Schwenningen 0,53 Urnen, in Konstanz aber z. B. 1,17 Urnen pro Quadratkilometer vorhanden gewesen
seien. Ein ganzer Stadtbezirk, nämlich Villingen-Schwenningen-Zollhaus, sei ohne Wahllokal gewesen.
Durch die wenig überlegte Reduzierung der Räumlichkeiten sei es zu weiteren Wahlbehinderungen gekom-
men, wie mangelnde Ausschilderung, nicht behindertengerechte Örtlichkeiten, z. B. habe ihr Wahllokal im
Untergeschoss gelegen, das nur durch 18 Treppen(stufen) fußläufig zu erreichen gewesen sei.

Die (in § 56 BWO vorgesehene) „Urnenfreigabe“ – eine zwingende Kontrolle – habe es nicht gegeben. Mit
dem Vorzeigen der „Wahlberechtigung“, Abhaken in der „Wahlteilnehmerliste“ und Aushändigung des
„Wahlscheines“ habe die Tätigkeit der „Wahlmitarbeiter/-innen“ geendet, das heißt mit dem Aushändigen
des „Wahlscheines“ habe man ohne weitere Kontrolle vorausgesetzt, dass der Stimmzettel seinen Weg in die
Urne finde. Auch aus der Stellungnahme der Landeswahlleiterin gehe hervor, dass hier nicht ordnungsgemäß

Drucksache 18/1710 – 58 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

gearbeitet worden sei: „Im Übrigen hat zur Verhinderung der ‚Mehrfachwahl‘ der Schriftführer bei jedem
Wähler die Tatsache der Stimmabgabe in der dafür bestimmten Spalte zu vermerken (§ 56 Absatz 4 Satz 3
BWO).“ Die Feststellung der Landeswahlleiterin zur „Rechtsbindung“ der Wahl sei bei ihrer, der Einspruchs-
führer, Stimmabgabe nicht erfüllt worden: „Allerdings ist es jedem Wähler freigestellt, den in der Wahlkabi-
ne ausgefüllten Stimmzettel nicht abzugeben. In diesem Fall erfolgt kein Stimmabgabevermerk.“ Da die Ur-
nenfreigabe so nicht praktiziert und der Stimmabgabevermerk im Voraus vollzogen worden sei, sei die Wahl
rechtswidrig zustande gekommen. § 56 BWO sei nicht beachtet worden, was nur ein Mosaikstein in der Rei-
he der Mangelhaftigkeit der Wahldurchführung sei. Nach dem Ausfüllen des Stimmzettels und dem Verlas-
sen der Wahlkabine habe er, der Einspruchsführer zu 2., im Wahllokal Bekannte getroffen, mit denen er für
ein kurzes Gespräch den Raum verlassen habe, mitsamt seinem Stimmzettel, den er noch nicht in die Wahl-
urne geworfen habe. Danach habe er den Wahlraum wieder betreten und den Stimmzettel ohne weitere Kon-
trolle und Nachfrage in die Wahlurne einwerfen können.

Der Vortrag zur unzulässigen Wählerbeeinflussung werde aufrechterhalten. Die mögliche Beeinflussung
könne nicht durch einseitige, interessengeprägte Äußerungen aus der Welt geschafft werden.

Der Sachstand zur regelwidrigen Änderung bzw. Zuordnung der Briefwahlbezirke sei nicht zufriedenstellend
beantwortet worden. Die Einwände würden weiterhin gelten.

Die Landeswahlleiterin habe zu dem Vorfall, dass die Eingangstür eines Wahllokals eine Zeitlang geschlos-
sen gewesen sei, ausgeführt: „Nach der Schilderung des Wahlvorstehers war die Tür zum Wahlraum verse-
hentlich zugefallen, nachdem ein Wähler den Raum verlassen hat. Dem Wahlvorstand war dies zunächst
nicht aufgefallen, da eine Wählerin zur gleichen Zeit einen Schwächeanfall erlitt.“ In dieser Äußerung steck-
ten mehrere Versäumnisse in der Wahldurchführung: mangelnde Ausschilderung, nicht geeigneter Raum,
geschlossenes Wahllokal, fehlende Übersicht des Wahlvorstandes. Der „Schwächeanfall“ einer Wählerin sei
offensichtlich eine Schutzbehauptung. Die Landeswahlleiterin sei nicht auf die gravierende Wahlverhinde-
rung eingegangen, dass drei Leute aufgrund eines falschen Hinweises an einem Hausgiebel versucht hätten,
in einem anderen Gebäude zu wählen. Die Ausführungen der Landeswahlleiterin und der Stadtverwaltung zu
Bürgern, die im Wahllokal wegen angeblicher Unstimmigkeiten bei der Auszählung Alarm geschlagen hät-
ten, entsprächen keiner ordnungsgemäßen Aufgabenbewältigung. Man sollte jene, die ihre Bürgerrechte
wahrnähmen und berechtigten Tadel äußerten, ernster nehmen und ihnen mit mehr Respekt begegnen. Die
Unregelmäßigkeiten seien erheblich, das Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip leide auch durch beschönigen-
de bzw. mangelnde Aufklärung. Die Öffentlichkeit sei nicht „gegeben“ gewesen, und in der Auszählungsart
lägen offenkundig Mängel, die nicht gebührend aus der Welt geschafft worden seien, was erschwerend hin-
zukomme.

Wegen der Einzelheiten der Gegenäußerung der Einspruchsführer, die zum Teil den Einspruchsvortrag wie-
derholt, wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vortrag der Einspruchsführer lässt sich kein Verstoß ge-
gen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

1. Die Verringerung der Urnenwahlbezirke und der Briefwahlbezirke war – entgegen der Ansicht der Ein-
spruchsführer – wahlrechtskonform.

a) Die Gemeinde Villingen-Schwenningen entsprach bei der Reduzierung der Urnenwahlbezirke den Vorga-
ben, die § 2 Absatz 3 BWG und § 12 BWO für die Einteilung der Wahlbezirke aufstellen. Als Gemeinde mit
rund 85.000 und damit mehr als 2 500 Einwohnern, durfte Villingen-Schwenningen gemäß § 12 Absatz 1
BWO entscheiden, welche – und wie viele – Wahlbezirke zu bilden sind. Dabei wurde auch die Vorgabe des
§ 12 Absatz 2 BWO beachtet, demzufolge kein Wahlbezirk mehr als 2 500 Einwohner haben soll und die
Zahl eines Wahlbezirks nicht so gering sein darf, dass erkennbar wird, wie einzelne Wahlberechtigte gewählt
haben. Die Einspruchsführer haben nicht vorgetragen, inwiefern mit der Reduzierung eine unangemessene
Erschwerung der Wahl verbunden gewesen sein soll. Die Landeswahlleiterin hat vielmehr dargelegt, dass
sich im Fall der Einspruchsführer die Entfernung vom Wohnort zum Wahllokal durch den neuen Zuschnitt
sogar verringert hat.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 59 – Drucksache 18/1710

b) Auch die Reduzierung der Briefwahlbezirke war rechtmäßig. Die acht Briefwahlbezirke in der Stadt
Villingen-Schwenningen für die Bundestagswahl 2013 wurden auf der Basis der allgemeinen Wahlbezirke
gebildet. Entgegen den Ausführungen der Einspruchsführer konnten die Bürgerinnen und Bürger von
Villingen-Schwenningen von den Räumlichkeiten auch Kenntnis erlangen. Die Stadt hat in der Wahlbe-
kanntmachung vom 6. September 2013 darauf hingewiesen, zu welcher Zeit und an welchen Orten die
Briefwahlvorstände zur Ermittlung des Briefwahlergebnisses zusammentreten würden (vgl. § 8 Absatz 3
BWG in Verbindung mit § 7 Nr. 5 und § 48 BWO, § 1 Absatz 3 der Verordnung der Landesregierung zur
Übertragung von Zuständigkeiten nach dem Bundeswahlgesetz sowie Anlage 27 zu § 48 Absatz 1 BWO).
Die Vermutung der Einspruchsführer, möglicherweise seien die Briefwahlbezirke in Villingen-Schwenningen
regelwidrig geändert bzw. so zugeordnet worden, dass eine klare Ausweisung der örtlichen Wahlbeteiligung
verhindert werde, ist durch nichts belegt. Die Nennung der Wahlbeteiligung in den beiden Stadtteilen
Villingen und Schwenningen hilft insoweit ebenfalls nicht weiter.

2. Die von den Einspruchsführern geschilderten Vorgänge in ihrem Wahllokal geben keinen Grund zur Bean-
standung.

a) Der Wahlraum war – entgegen ihrem Vortrag – ordnungsgemäß. Der Einwand, es sei gegen die Vorgaben
des § 52 BWO verstoßen worden, weil der Tisch, an dem der Wahlvorstand Platz nahm, nicht von allen Sei-
ten zugänglich gewesen sei, trägt nicht. Er wird von den Einspruchsführern auch nicht näher untermauert.
Vielmehr stellte sich die Lage nach einer Ortsbegehung durch Mitarbeiter der Wahlorganisation am Wahltag
so dar, dass der Tisch des Wahlvorstandes von allen Seiten zugänglich war. Der Wahlvorstand konnte von
seinem Platz aus – wie es § 50 Absatz 1 Satz 2 BWO verlangt – die Wahlkabinen überblicken. Ihre gegentei-
lige Behauptung belegen die Einspruchsführer nicht.

b) Die Einspruchsführer bemängeln zwar die große Anzahl an Wahlwilligen, die sich Wahllokal befunden
haben. Es erschließt sich aber nicht, inwiefern in diesem Umstand ein Wahlfehler liegen soll. Ein großer
Andrang ist an Wahltagen nicht außergewöhnlich, sondern Ausdruck des starken Interesses, das Bundestags-
wahlen bei vielen Bürgerinnen und Bürgern hervorrufen. Dass jemand in dem betreffenden Wahllokal wegen
dessen Ausgestaltung bzw. der großen Anzahl an Wahlwilligen nicht habe wählen können oder Ähnliches,
tragen die Einspruchsführer nicht vor.

c) Auch hinsichtlich des Vortrages, der Einspruchsführer zu 2. sei durch nachfolgende Personen zum Ausfül-
len des Stimmzettels gedrängt worden, ist kein Wahlfehler erkennbar. Die Einspruchsführer machen nicht
deutlich, welcher Art das Drängen gewesen ist, ob es sich etwa nur um eine einmalige oder eine wiederholte
Aufforderung oder gar eine aggressive Nötigung gehandelt hat. Es ist nicht erkennbar, dass der Wahlvorstand
seine ihm nach § 55 Satz 1 BWO zukommende Aufgabe vernachlässigt hat, für Ruhe und Ordnung im Wahl-
lokal zu sorgen.

d) Zwar trifft es zu, dass eine Bürgerin vom Wahlvorstand zurückgewiesen wurde, weil sie keinen Wahl-
schein vorlegen konnte. Dies war aber rechtmäßig. Denn gemäß § 14 Absatz 1 BWG darf wählen, wer in ein
Wählerverzeichnis eingetragen ist oder einen Wahlschein besitzt. Da die betreffende Wahlwillige offenbar
nicht im Wählerverzeichnis stand und auch keinen Wahlschein vorwies, war sie gemäß § 56 Absatz 6 Satz 1
Nr. 1 BWO vomWahlvorstand zurückzuweisen. Ob diese Zurückweisung „barsch“ erfolgte oder nicht, ist für
ihre Rechtmäßigkeit ohne Belang. Dass in diesem Fall möglicherweise Dritte personenbezogene Daten mit-
gehört haben, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Denn die Mitglieder des Wahlvorstandes dürfen gemäß § 56
Absatz 4 Satz 4 BWO Angaben zur Person eines Wählers bzw. einer Wählerin so verlautbaren, dass sie von
sonstigen im Wahlraum Anwesenden zur Kenntnis genommen werden können, wenn die Feststellung der
Wahlberechtigung es erfordert. Im geschilderten Fall war eine solche Verlautbarung nötig, um die Frage der
Wahlberechtigung zu klären, und damit zulässig. Eine völlig geräuschlose Klärung solcher wichtigen und im
betreffenden Fall auch strittigen Fragen erscheint schwer vorstellbar.

e) Die Behauptung der Einspruchsführer, es habe die Möglichkeit bestanden, mehrere Stimmzettel in die
Wahlurne zu werfen, wird durch nichts belegt. Sie bleibt eine bloße Vermutung. Auch wenn der Einspruchs-
führer zu 2. nach eigener Aussage den Stimmzettel nach dem Ausfüllen und einem kurzzeitigen Verlassen
des Wahlraumes in die Urne einwarf, beweist dies nicht die Möglichkeit einer Mehrfachwahl. Diese wurde
vielmehr dadurch verhindert, dass jedem Wähler gemäß § 56 Absatz 1 Satz 1 BWO nur ein Stimmzettel aus-
gehändigt und die Stimmabgabe gemäß § 56 Absatz 4 Satz 3 BWO im Wählerverzeichnis vermerkt wurde.
Wahlbeanstandungen, die über nicht belegte Vermutungen oder die bloße Andeutung der Möglichkeit von
Wahlfehlern nicht hinausgehen und einen konkreten, der Überprüfung zugänglichen Tatsachenvortrag nicht

Drucksache 18/1710 – 60 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

enthalten, müssen als unsubstantiiert zurückgewiesen werden (Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlagen 283
bis 285; 15/1850, Anlage 25; 15/2400, Anlage 9; 17/1000, Anlagen 13 und 19; BVerfGE 48, 271 [276]; 66,
369 [379]; 85, 148 [159]; 122, 304 [309]; Hahlen, in: Schreiber, Bundeswahlgesetz, 9. Auflage 2013, § 49
Rn. 25).

3. Es trifft zwar zu, dass die Ergebnisse von Wahltagsbefragungen durch Meinungsforschungsinstitute („Exit
Polls“) in einem dem Bundeswahlleiter bekannten Fall vor der Schließung der Wahllokale den Weg in eine
Zeitung gefunden haben. Derartige Vorkommnisse sind gemäß § 49a Absatz 1 Satz 2 BWG Ordnungswid-
rigkeiten und bußgeldbewehrt. Ein Wahlfehler liegt in dem Vorkommnis aber nicht. Denn ein Wahlfehler
liegt nur vor, wenn die rechtlichen Regelungen über die Vorbereitung und Durchführung der Wahl nicht
eingehalten werden. Nach ständiger Praxis des Wahlprüfungsausschusses und nach ständiger Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts können solche Wahlfehler in erster Linie den amtlichen Wahlorganen gemäß
§ 8 BWG unterlaufen; Dritte können Wahlfehler nur insoweit begehen, als sie unter Bindung an wahlgesetz-
liche Anforderungen kraft Gesetzes Aufgaben bei der Organisation der Wahl erfüllen (vgl. Bundestagsdruck-
sachen 14/2761, Anlagen 24 und 27; 16/3600, Anlage 18; 17/1000, Anlagen 3, 15 und 22; 17/2250, Anlage
20; 17/6300, Anlage 40; BVerfGE 89, 243 [251]). Bei der betreffenden Zeitung bzw. dem sie herausgeben-
den Verlag handelt es sich indessen um eine privatrechtliche Gesellschaft, die weder ein amtliches Wahlor-
gan im Sinne von § 8 BWG ist noch kraft Gesetzes Aufgaben bei der Vorbereitung und Durchführung der
Wahl erfüllt (vgl. Bundestagsdrucksachen 14/2761, Anlage 24; 16/3600, Anlage 18; 17/1000, Anlage 3;
17/2250, Anlage 20). Ihr Verhalten kann keine Wahlfehler verursachen.

4. Soweit die Einspruchsführer, unter Bezugnahme auf Medienberichte, beanstanden, im Stadtteil Schwen-
ningen sei die Tür zu einem Wahllokal gegen 11.50 Uhr verschlossen gewesen, ist vorab zu bemerken, dass
der bloße Verweis auf dem Einspruch beigefügte Medienberichte grundsätzlich nicht für einen substantiierten
eigenen Vortrag ausreicht. Abgesehen davon ergibt sich aus dem betreffenden Vorbringen der Einspruchs-
führer kein mandatsrelevanter Wahlfehler. Zwar stand die Tür des betreffenden Wahllokals während eines
kurzen Zeitraums nicht offen. Dies widersprach aber nicht § 31 BWG in Verbindung mit § 54 BWO, wonach
jedermann während der Wahlhandlung (die von 8.00 bis 18.00 Uhr dauert) sowie der Ermittlung und Fest-
stellung des Wahlergebnisses Anspruch auf Zutritt zum Wahlraum hat, soweit das ohne Störung des Wahlge-
schäfts möglich ist. Denn während der äußerst kurzen Zeit, in der die Tür des Wahlraumes nicht offen stand,
wäre es allen, die Zutritt begehrten, leicht möglich gewesen, sich durch das ebenerdige Fenster des Wahlrau-
mes bemerkbar zu machen und so Zugang zu erhalten. können. Der Vortrag zu drei älteren Bürgern, die –
offenbar weil die Tür verschlossen war – zu einem anderen Gebäude gelaufen seien und schließlich nicht
gewählt hätten, ist nicht hinreichend konkret. Auch diesen Wahlberechtigten hätte die geschilderte Möglich-
keit offengestanden, sich bemerkbar zu machen. Warum sie dies nicht taten, lässt sich nicht klären.

5. Die von den Einspruchsführern vorgetragenen Unregelmäßigkeiten bei der Stimmenauszählung treffen
nicht zu. Die Behauptung, in einigen Wahllokalen sei es zu einem sehr sorglosen Umgang mit Stimmzetteln
gekommen, der Fehler begünstigt habe, und die als Wahlhelfer eingesetzten Personen seien nicht ausreichend
geschult und überfordert gewesen, stützt sich nur auf Medienberichte und ist durch nichts belegt. Die Be-
hauptung genügt nicht den Anforderungen an einen substantiierten Sachvortrag im Wahlprüfungsverfahren
und ist daher unbeachtlich. Dasselbe gilt für den Umgang mit Personen, die in einem Wahllokal den Wahl-
vorgang beobachtet, durch Zwischenrufe gestört und den Vorwurf der Wahlmanipulation erhoben haben.
Gemäß § 31 Satz 2 BWG und § 54 BWO darf der Wahlvorstand Störer des Wahlraumes verweisen. Auf
Auszählungsfehler, welche die Störer offenbar beanstandeten, gibt es keinen Hinweis. Die erneute Auszäh-
lung hat keine Abweichung von dem ermittelten Ergebnis ergeben.

6. Es fehlt auch an einem substantiierten Sachvortrag, soweit die Einspruchsführer pauschal auf eine Webad-
resse verweisen, über die ein nur im Internet veröffentlichten Medienbericht über angebliche „Pannen“ bei
der Briefwahl erreichbar ist. Der bloße Verweis auf eine Internetseite genügt den Anforderungen an einen
hinreichend substantiierten Sachvortrag nicht. Denn der Inhalt von Internetseiten kann jederzeit verändert
werden. Unter Umständen kann dann im Wahlprüfungsverfahren nicht mehr nachvollzogen werden, welchen
Inhalt die Internetseite hatte, als der auf sie verweisende Wahleinspruch verfasst wurde.

7. Soweit die Einspruchsführer pauschal das „neue Wahlrecht“ für verfassungswidrig halten, ist dieser Vor-
trag nicht substantiiert genug. Ohnehin überprüfen der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag
in ständiger Praxis im Rahmen eines Wahlprüfungsverfahrens die Verfassungsmäßigkeit von Wahlrechtsvor-
schriften nicht. Eine derartige Kontrolle ist stets dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten worden (vgl.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 61 – Drucksache 18/1710

zuletzt etwa Bundestagsdrucksachen 16/1800, Anlagen 26 bis 28 mit weiteren Nachweisen; 17/1000, Anla-
gen 5 und 11; 17/2200, Anlagen 1, 13 bis 15, 17 bis 20, 23 und 24; 17/3100, Anlagen 15, 19, 20, 22 bis 30,
32, 34 bis 36; 17/4600, Anlagen 10, 12, 13, 32, 38, 40 bis 43 mit weiteren Nachweisen; 17/6300, Anlage 19).

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 63 – Drucksache 18/1710

Anlage 13

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn U. B., 10117 Berlin,

– Az.: WP 32/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 5. Juni 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Schreiben vom 1. Oktober 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Er trägt vor, Abgeordnete aller Fraktionen der bereits im 17. Deutschen Bundestag vertretenen Parteien hät-
ten nach Recherchen des ARD-Magazins „Report Mainz“ ihre vom Parlament bezahlten wissenschaftlichen
Mitarbeiter im Wahlkampf 2013 eingesetzt: zum Plakate-Kleben und Verteilen von Flugblättern oder für die
gesamte Wahlkampforganisation. Es sei nicht auszuschließen, dass neben den in der Sendung namentlich
genannten noch weitere Abgeordnete des „alten“ Bundestages ihren Wahlkampf auf diese Weise
(mit)finanziert und so bereits dort einen erheblichen Vorteil gegenüber denjenigen Parlamentariern erzielt
hätten, welche sich nicht derartiger Mittel bedienten. Darüber hinaus seien die Parteien im Wahlkampf erheb-
lich benachteiligt worden, welche bisher nicht im Bundestag vertreten waren und daher nicht auf eine derarti-
ge Wahlkampffinanzierung hätten zurückgreifen können. Der verschaffte (finanzielle) Wahlkampfvorteil
habe auch Einfluss auf die Sitzverteilung im 18. Deutschen Bundestag, da in der Öffentlichkeit präsentere
Abgeordnete und Parteien eher gewählt würden als unbekannte Bewerber bzw. Parteien und die Präsenz in
der Öffentlichkeit direkt davon abhänge, in welcher Höhe finanzielle Mittel für den Wahlkampf zur Verfü-
gung stünden.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vortrag des Einspruchsführers lässt sich kein Verstoß
gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

Davon abgesehen, dass der pauschale Verweis auf einen Fernsehbeitrag den im Rahmen der Wahlprüfung
erforderlichen substantiierten Vortrag des Einspruchsführers nicht ersetzen kann, lässt sich dem Beitrag und
dem weiteren durch Tatsachen nicht näher erhärteten Vorbringen des Einspruchsführers nicht entnehmen, ob,
wie und von wem Abgeordnetenmitarbeiter im Rahmen des Wahlkampfs zur Bundestagswahl 2013 bezahlt
worden sind. Aus dem Wahlkampfeinsatz allein ergibt sich nämlich noch nicht dessen unzulässige Bezah-
lung.

Der Wahlprüfungsausschuss unterstreicht, dass es Abgeordnetenmitarbeitern wie anderen Bürgern auch er-
laubt ist, Wahlkampf zu machen. Ein Wahlkampfeinsatz kann ehrenamtlich, also unentgeltlich geschehen. Er
kann auch vergütet werden, etwa aus der Parteikasse oder aus dem privaten Vermögen des Abgeordneten.
Dies alles ist ohne Weiteres rechtlich zulässig. Unzulässig ist allein die Vergütung einer Parteitätigkeit (auch
Wahlkampftätigkeit) eines Abgeordnetenmitarbeiters mithilfe der Mitarbeiterpauschale nach § 12 Absatz 3
Satz 1 des Abgeordnetengesetzes (vgl. Braun/Jantsch/Klante, Abgeordnetengesetz, 2002, § 12 Rn. 44).

Drucksache 18/1710 – 64 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Der Einspruchsführer hat nicht dargetan, dass Wahlkampfeinsätze tatsächlich mithilfe der Mitarbeiterpau-
schale – was gemäß § 12 Absatz 3 des Abgeordnetengesetzes unzulässig wäre – vergütet worden sind. Auch
die von Parteien dadurch angeblich ersparten Aufwendungen in Höhe von 15 Millionen Euro sind durch
nichts belegt.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 65 – Drucksache 18/1710

Anlage 14

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn Dr. D. P., 49610 Quakenbrück,

– Az.: WP 34/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einer E-Mail und einem Schreiben vom 4. Oktober 2013 Einspruch gegen die
Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt. Er hat seinen Vortrag
durch ein Schreiben vom 6. November 2013 wiederholt.

Der Einspruchsführer hält die Zusammensetzung des Bundestages für verfassungswidrig. Die Landeslisten
der Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Partei „Die Linke“ bevorteilten in unzulässiger Weise
Frauen. So fordere das Frauenstatut in der Satzung der Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN z. B., die besse-
ren „ungeradzahligen“ Plätze auf den Landeslisten immer mit Frauen zu besetzen. Für männliche Bewerber
blieben nur die schlechteren Plätze, die sie darüber hinaus gegebenenfalls in Kampfabstimmungen gegen
weibliche Kandidatinnen behaupten müssten. Die Benachteiligung von Männern lasse sich generell wissen-
schaftlich nachweisen. Die geschilderte Situation verstoße gegen Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes (GG),
wonach beide Geschlechter gleich zu behandeln seien.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers, insbesondere hinsichtlich seiner mathemati-
schen Betrachtungen, wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vortrag des Einspruchsführers lässt sich kein Verstoß
gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

Nach inzwischen ständiger Spruchpraxis des Deutschen Bundestages in Wahlprüfungsangelegenheiten gilt
für Frauenquoten in Parteisatzungen Folgendes: Zwar bestehen gegen solche Quoten insbesondere im Hin-
blick auf die Wahlgleichheit aus Artikel 38 Absatz 1 Satz 1 GG und das Gleichbehandlungsgebot des Arti-
kels 3 Absatz 2 Satz 1 GG verfassungsrechtliche Bedenken, die nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen
sind. Im Ergebnis ist aber wegen der Regelung des Artikels 3 Absatz 2 Satz 2 GG nicht von der wahlrechtli-
chen Unzulässigkeit der Frauenquoten auszugehen (hierzu näher Bundestagsdrucksachen 13/3927, Anlagen
15 und 21; 14/1560, Anlage 82; 15/2400, Anlage 14; 16/3600, Anlage 6).

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 67 – Drucksache 18/1710

Anlage 15

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn U. W., 27472 Cuxhaven,

– Az.: WP 35/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Schreiben vom 23. September 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt. Er hat seinen Vortrag mit einem
Schreiben vom 24. September 2013 erweitert.

1. Der Einspruchsführer hält die Wahl der Abgeordneten der CDU aus Niedersachsen aus mehreren Gründen
für ungültig:

a) Die Kreiswahlvorschläge und der Landeslistenvorschlag seien von einer Organisation namens „CDU in
Niedersachsen“ eingereicht worden. Es gebe aber keinen CDU-Landesverband für das ganze Land Nieder-
sachsen, sondern die drei selbstständigen Landesverbände Braunschweig, Hannover und Oldenburg. Diese
seien drei vollgültige Landesverbände im Sinne der CDU-Bundessatzung. Es bestehe somit keine „einheitli-
che Landesorganisation“ im Sinne von § 34 Absatz 2 Satz 2 und § 39 Absatz 2 Satz 2 der Bundeswahlord-
nung (BWO). Daher wären für die Einreichung von Wahlvorschlägen entsprechend § 7 Absatz 2 des Partei-
engesetzes (PartG) die nächstniederen Gebietsverbände, eben die drei Landesverbände, zuständig gewesen.
Der Fehler bei der Einreichung der Wahlvorschläge sei mandatsrelevant, da bei getrennt aufgestellten Lan-
deslisten sicherlich andere Kandidaten nominiert worden wäre als auf der „gesamt-niedersächsischen“ Lan-
desliste. Ebenso wären auch andere Wahlkreiskandidaten aufgestellt worden. Denn in den Landesvorständen
seien die Erwägungen, wer als Wahlkreiskandidat und wer als Listenkandidat aufgestellt werden solle, eng
miteinander verbunden.

Er habe deswegen beim Kreiswahlleiter und bei der Landeswahlleiterin fristgerecht Einspruch gegen die
Zulassung dieser Kreiswahlvorschläge und der Landesliste erhoben. Diesen Einsprüchen sei nicht gefolgt
worden. Stattdessen hätten die Landeswahlleiterin und auch der Bundeswahlleiter die Wahlvorschläge der
CDU in Niedersachsen unbeanstandet gelassen. Hiergegen richte sich sein Einspruch.

Der Fehler sei insofern mandatsrelevant, als bei getrennt beschlossenen Landeslisten dieser drei Landesver-
bände sicherlich andere Kandidaten aufgestellt worden wären als bei der jetzigen „gesamt-niedersächsischen“
Landesliste. Ebenso wären auch andere Wahlkreiskandidaten aufgestellt worden. Denn in den Landesvor-
ständen seien die Erwägungen, wer als Wahlkreiskandidat und wer als Listenkandidat vorgeschlagen werden
solle, eng miteinander verbunden.

b) § 10 der Verfahrensordnung der CDU zur Aufstellung von Kandidaten für die Wahl zum Deutschen Bun-
destag räume dem jeweiligen Kreisvorstand das Recht zur Entscheidung darüber ein, ob ein Wahlkreisbewer-
ber von einer Wahlkreismitgliedervollversammlung oder einer Wahlkreisdelegiertenversammlung nominiert
wird. Wenn mehrere Kreisverbände betroffen seien und diese sich nicht einigen könnten, entscheide der Lan-
des- bzw. Bezirksvorstand. Dies bedeute, dass der Kreisvorstand auswähle und den Bewerber bestimme und
die Versammlung den Bewerber nur noch nominieren oder ablehnen könne. Es sei nicht vorgesehen, dass aus
der Versammlung heraus ein weiterer Kandidat vorgeschlagen werden könne. Durch die geschilderte Rege-
lung werde § 21 Absatz 1 Satz 1 des Bundeswahlgesetzes (BWG) verletzt. Die daraus resultierende Rechts-

Drucksache 18/1710 – 68 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

widrigkeit der Satzung wirke sich auch auf die Landesliste der CDU aus, da auf dieser in aller Regel nur
Wahlkreisbewerber stünden. Indirekt bestimmten die Kreisvorstände damit auch die Besetzung der Landes-
liste. Der Hamburgische Verfassungsgerichtshof habe am 4. Mai 1993 die Bürgerschaftswahl vom 2. Juni
1991 für ungültig erklärt, da den CDU-Parteitagsdelegierten vor dieser Wahl ebenfalls eine „fertige“, unab-
änderliche Liste vorgelegt worden sei.

2. Der Einspruchsführer schlägt zwei Gesetzesänderungen vor: Gegen die Zulassung einer Partei solle schon
vor der Wahl eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht möglich werden, und in der Bundeswahlord-
nung (§§ 34, 39) solle auf den unklaren Begriff der einheitlichen Landesorganisation verzichtet werden.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Die Niedersächsische Landeswahlleiterin hat zu dem Einspruch am 6. März 2014 im Wesentlichen wie
folgt Stellung genommen:

Entsprechende Beschwerden habe der Einspruchsführer bereits gegen die Zulassung der Kreiswahlvorschläge
wie auch der Landesliste beim Niedersächsischen Landeswahlausschuss bzw. dem Bundeswahlausschuss
erhoben. Diese Beschwerden seien seinerzeit im Hinblick auf die Regelungen des § 26 Absatz 2 BWG bzw. §
28 Absatz 2 BWG jeweils als unzulässig verworfen worden.

Gemäß § 20 Absatz 2 BWG seien Kreiswahlvorschläge vom Vorstand des Landesverbandes oder, wenn Lan-
desverbände nicht bestehen, von den Vorständen der nächstniedrigen Gebietsverbände, in deren Bereich der
Wahlkreis liegt, persönlich und handschriftlich zu unterzeichnen. Entsprechendes gelte gemäß § 27 Absatz 1
BWG für die Einreichung einer Landesliste.

An der Verbandskompetenz der CDU in Niedersachsen im Sinne der §§ 20 und 27 BWG habe sie, die Lan-
deswahlleiterin, keinen Zweifel: Gemäß § 17 Absatz 1 Satz des Statuts der CDU seien die Landesverbände
die Organisationen der CDU in den Ländern der Bundesrepublik Deutschland. Daneben bestünden die Lan-
desverbände Braunschweig, Hannover und Oldenburg, die an historische Gegebenheiten anknüpften, als
regionale Untergliederungen der CDU in Niedersachsen. Nach § 1 Absatz 2 der Satzung der CDU in Nieder-
sachsen wolle die CDU in Niedersachsen als den drei Landesverbänden übergeordneter Gebietsverband im
Sinne des § 7 PartG die in § 1 des Bundesstatuts festgelegten Ziele im Lande Niedersachsen verwirklichen.

Die CDU in Niedersachsen sei damit zuständig im Sinne der §§ 20 und 27 BWG und zur Einreichung der
Kreiswahlvorschläge und der Landesliste befugt gewesen. Entsprechend der Verfahrensordnung für die Auf-
stellung der Bewerber der CDU zur Wahl des Deutschen Bundestages (vgl. insbesondere §§ 1 und 2) sei die
Aufstellung der Bewerber für die Landesliste durch eine Landesvertreterversammlung der CDU in Nieder-
sachsen erfolgt. Sie begegne auch bezüglich aller weiteren Erfordernisse, insbesondere auch im Hinblick auf
die Regelungen des § 21 Absatz 3 BWG keinen rechtlichen Bedenken. Ihr, der Landeswahlleiterin, lägen
keine Erkenntnisse vor, dass die elementaren Verfahrensgrundsätze des § 21 Absatz 3 BWG bei der Kandida-
tenaufstellung der CDU in Niedersachsen verletzt worden seien. Hierzu habe auch der Einspruchsführer
nichts Konkretes vorgetragen. Allein die – gerade auch vom Gesetzgeber vorgesehene – Möglichkeit, dass
Bewerberinnen und Bewerber von Kreiswahlvorschlägen auch auf der Landesliste kandidieren könnten, kön-
ne daher schon nicht zu einer Verletzung elementarer Verfahrensgrundsätze führen.

Sie könne daher keinen mandatsrelevanten Wahlfehler zu erkennen und halte den Wahleinspruch für unbe-
gründet.

Der Einspruchsführer hat sich zu der Stellungnahme am 20. März 2014 geäußert und seine Darstellung im
Wesentlichen wiederholt.

Entscheidungsgründe

I.

Der Einspruch ist unzulässig, soweit er zwei Gesetzesvorschläge enthält. Denn ein Einspruch ist gemäß § 1
Absatz 1 des Wahlprüfungsgesetzes nur statthaft, wenn er die Gültigkeit der Wahlen zum Deutschen Bundes-
tag und die Verletzung von Rechten bei der Vorbereitung oder Durchführung der Wahl, soweit sie der Wahl-
prüfung nach Artikel 41 des Grundgesetzes unterliegen, zum Gegenstand hat. Gesetzesvorschlägen fehlt

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 69 – Drucksache 18/1710

dieser Bezug zur Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag oder einer möglichen Rechtsverletzung
bei der Vorbereitung und Durchführung dieser Wahl.

II.

Soweit der Einspruch zulässig ist, ist er unbegründet. Dem Vortrag des Einspruchsführers lässt sich kein
Verstoß gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

Die Entscheidungen des Kreiswahlausschusses und des Landeswahlausschusses gemäß § 26 bzw. § 28 BWG
waren rechtmäßig. Eine „Beanstandung“ der Wahlvorschläge – deren Unterlassung der Einspruchsführer rügt
– durch die Landeswahlleiterin oder den Bundeswahlleiter gesetzlich gar nicht vorgesehen.

Die durch die CDU in Niedersachsen eingereichte Landesliste und die von ihr eingereichten Kreiswahlvor-
schläge waren gültig und zur Wahl zuzulassen. Auch die Wahl der Abgeordneten, die aufgrund eines Kreis-
wahlvorschlages oder der Landesliste der CDU Niedersachsen in den 18. Deutschen Bundestag gewählt wor-
den sind, war daher rechtmäßig.

1. Die CDU in Niedersachsen besaß (und besitzt) – entgegen der Auffassung des Einspruchsführers – das
Wahlvorschlagsrecht (die Verbandskompetenz) im Sinne der §§ 20 und 27 BWG. Kreiswahlvorschläge von
im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien sind gemäß § 20 Absatz 2 Satz 1 BWG vom Vorstand des
Landesverbandes oder, wenn Landesverbände nicht bestehen, von den Vorständen der nächstniedrigen Ge-
bietsverbände, in deren Bereich der Wahlkreis liegt, persönlich und handschriftlich zu unterzeichnen. Für die
Einreichung einer Landesliste gilt gemäß § 27 Absatz 1 Satz 2 BWG Entsprechendes. § 34 Absatz 2 Sätze 1
und 2 bzw. § 39 Absatz 2 Sätze 1 und 2 BWO wiederholen die Aussage der genannten Vorschriften des Bun-
deswahlgesetzes. Sie konkretisieren sie dahingehend, dass die Vorstände der nächstniedrigen Gebietsverbän-
de nur dann zum Zuge kommen, wenn in einem Bundesland kein Landesverband und auch keine einheitliche
Landesorganisation besteht.

Die CDU in Niedersachsen ist ein Landesverband im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 und des § 27 Absatz 1
Satz 2 BWG. Zwar existieren in Niedersachsen gemäß § 17 Absatz 1 Satz 2 des Statuts der CDU die drei
Landesverbände Braunschweig, Hannover und Oldenburg. Diese sind jedoch, trotz ihres Namens, keine Lan-
desverbände im Sinne des Bundeswahlgesetzes. Sie könnten auch – anders als der Einspruchsführer meint –
keine getrennten Landeslisten beschließen und vorschlagen. Denn im Wahlrecht des Bundes findet die föde-
rale Struktur der Bundesrepublik Deutschland ihren Niederschlag. Es gibt keine bundeseinheitlichen Listen,
sondern Landeslisten (vgl. § 1 Absatz 2, § 6 und § 27 BWG). Der Zuschnitt der Wahlkreise muss die Gren-
zen der Bundesländer beachten; die Grenzen eines Bundeslandes überschreitende Wahlkreise sind gemäß § 3
Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 BWG unzulässig. Dementsprechend knüpfen die Vorschriften zum Wahlvorschlags-
recht auf der Wahlkreis- und der Landesebene an die Landesverbände oder, wenn diese nicht bestehen, an die
nächstniedrigen Gebietsverbände an. Vorrangig besitzt demnach diejenige Parteiorganisation, die landesweit
agiert, das Wahlvorschlagsrecht. Erst wenn eine solche nicht besteht, muss auf die nächstniedrigen Organisa-
tionen zurückgegriffen werden. Dies zeigt sich deutlich in § 34 Absatz 2 und § 39 Absatz 2 BWO, die – wie
oben erwähnt – statt eines (ausdrücklich so firmierenden) Landesverbandes auch eine einheitliche Landesor-
ganisation genügen lassen. In Niedersachsen ist ein Rückgriff auf die innerhalb dieses Bundeslandes beste-
henden Landesverbände nicht nötig, weil mit der CDU in Niedersachsen eine landesweit agierende Organisa-
tionseinheit besteht. Dies zeigen auch § 17 Absatz 1 Satz 2 des Statuts der CDU, wonach die CDU in Nieder-
sachsen aus den Landesverbänden Braunschweig, Hannover und Oldenburg besteht, und § 1 Absatz 2 der
Satzung der CDU in Niedersachsen, demzufolge die CDU in Niedersachsen als den drei Landesverbänden
übergeordneter Gebietsverband im Sinne des § 7 PartG die in § 1 des Bundesstatuts festgelegten Ziele im
Lande Niedersachsen verwirklichen will. Auch im Schrifttum wird zu Recht den nächstniedrigen Gebietsver-
bänden – etwa gleichberechtigten Landesverbänden auf dem Gebiet eines Bundeslandes – erst dann das
Wahlvorschlagsrecht zugesprochen, wenn eine einheitliche Landesorganisation fehlt (vgl. Hahlen, in: Schrei-
ber, Bundeswahlgesetz, 9. Auflage 2013, § 20 Rn. 5).

Aus § 7 Absatz 2 PartG folgt nicht, dass die CDU in Niedersachsen nicht das Vorschlagsrecht gehabt hätte.
Die Vorschrift besitzt wahlrechtlich keine Bedeutung. Sie ist nur parteienrechtlich von Belang und zwar
dann, wenn das Parteiengesetz – wie in §§ 6 Absatz 3 Satz 1, 23a Absatz 4, 24 Absatz 1 oder § 29 Absatz 1
PartG – spezielle Regelungen in Bezug auf die Landesverbände enthält (vgl. Morlok, Parteiengesetz, 2. Auf-
lage 2013, § 7 Rn. 10).

Drucksache 18/1710 – 70 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

2. Die CDU in Niedersachsen hat die Wahlvorschläge entsprechend § 34 bzw. § 39 BWO und damit form-
und fristgerecht eingereicht. Wie dargestellt, ist die CDU in Niedersachsen die einheitliche Landesorganisati-
on der CDU in diesem Bundesland. Ihre Wahlvorschläge durften daher von drei Mitgliedern ihres Vorstandes
unterzeichnet werden, wie es § 34 Absatz 2 bzw. § 39 Absatz 2 BWO fordern. Eine Unterzeichnung durch
die Vorstände der nächstniedrigen Gebietsverbände, etwa der drei Landesverbände Hannover, Oldenburg und
Braunschweig gemäß den § 20 Absatz 2 Satz 1 BWG in Verbindung mit § 34 Absatz 2 Satz 2 BWO bzw.
§ 39 Absatz 2 Satz 2 BWO war nicht nötig. Die weiteren Formvorschriften und die nötigen Fristen wurden
ebenfalls gewahrt. Gegenteiliges trägt der Einspruchsführer insoweit auch nicht vor.

3. Entgegen der Annahme des Einspruchsführers ergibt sich aus § 10 der Verfahrensordnung der CDU zur
Aufstellung von Kandidaten für die Wahl zum Deutschen Bundestag weder die Rechtswidrigkeit der Aufstel-
lung der Wahlkreisbewerber noch die Rechtswidrigkeit der Aufstellung der Landesliste der CDU in Nieder-
sachsen. § 10 räumt dem jeweiligen Kreisvorstand das Recht zur Entscheidung darüber ein, ob ein Wahl-
kreisbewerber von einer Wahlkreismitgliedervollversammlung oder einer Wahlkreisdelegiertenversammlung
nominiert wird. Genau dies wird den Parteien für die Aufstellung von Wahlkreisbewerbern durch § 21 Absatz
1 Satz 1 BWG und für die Aufstellung einer Landesliste durch § 27 Absatz 5 in Verbindung mit § 21 Absatz
1 Satz 1 BWG eröffnet: Gemäß § 21 Absatz 1 Satz 1 BWG kann als Bewerber einer Partei in einem Kreis-
wahlvorschlag nur benannt werden, wer nicht Mitglied einer anderen Partei ist und in einer Mitgliedersamm-
lung zur Wahl eines Wahlkreisbewerbers oder in einer besonderen oder allgemeinen Vertreterversammlung
hierzu gewählt worden ist. Für die Ausstellung einer Landesliste gilt über § 27 Absatz 5 BWG Entsprechen-
des. Zum Vorschlagsrecht ergibt sich aus § 10 der Verfahrensordnung der CDU zur Aufstellung von Kandi-
daten für die Wahl zum Deutschen Bundestag nichts. Insbesondere lässt sich daraus – entgegen der Darstel-
lung des Einspruchsführers – nicht entnehmen, dass der jeweilige Kreisvorstand die Bewerber auswählte und
die Versammlung den Bewerber nur noch nominieren oder ablehnen konnte. Auswirkungen auf die Landes-
liste der CDU in Niedersachsen folgen aus § 10 erst recht nicht.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71 – Drucksache 18/1710

Anlage 16

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn Dr. H. H. T., 99096 Erfurt,

– Az.: WP 38/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Schreiben vom 29. September 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt. Er hat seinen Vortrag mit einem
Schreiben vom 16. November 2013 erweitert.

1. Der Einspruchsführer zweifelt das in der Regionalpresse veröffentlichte Ergebnis der Bundestagswahl im
Wahlbezirk 0113 in Erfurt („Louise-Mücke-Stift“) an. Es sei im Vergleich mit den übrigen Wahlergebnissen
in Erfurt nicht plausibel und in hohem Maße unwahrscheinlich: Nach dem Gesamtergebnis der Stadt Erfurt
hätten die Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) 6,4 Prozent und die „Freien Wähler“ 1,5 Prozent erhal-
ten. In den 120 einzelnen städtischen Wahlbezirken, mit Ausnahme des Bezirks 113, liege die AfD zwischen
3,8 Prozent und 10,1 Prozent; die Freien Wähler lägen zwischen 0,4 Prozent und 3,7 Prozent. Im Wahlbezirk
0113 hätten die AfD 0,1 Prozent (eine Stimme) und die Freien Wähler 6 Prozent (43 Stimmen) erhalten. Die
AfD habe dort demnach 1/38 des AfD-Prozentanteils im nächsthöheren Wahlbezirk mit 3,8 Prozent und 1/64
des durchschnittlichen Erfurter Prozentanteils für die AfD erhalten. Er beantrage eine Nachzählung im Wahl-
bezirk 0113.

2. Der Einspruchsführer bezweifelt auch das im Internet durch das Thüringer Landesamt für Statistik veröf-
fentlichte Ergebnis der Bundestagswahl im Wahlbezirk 28 in Weimar („C.-A.-Musäus-Schule“). Die betref-
fenden Zahlen seien im Vergleich mit den zu den übrigen Wahlergebnissen in Weimar nicht plausibel und in
hohem Maße unwahrscheinlich: Nach dem Gesamtergebnis der Stadt Weimar habe die AfD 4,7 Prozent der
Zweitstimmen erhalten. In den 60 einzelnen städtischen Wahlbezirken, mit Ausnahme des Bezirks 28, liege
die AfD zwischen 2,6 Prozent und 7,9 Prozent. Im Wahlbezirk 28 habe die AfD von 378 gültigen Stimmen
keine einzige erhalten. Dieses Ergebnis sei völlig ausgeschlossen, da es jeder statistischen Wahrscheinlichkeit
und dem praktischen Menschenverstand widerspreche. Er wundere sich darüber, dass bei der doch sicher
erfolgten Plausibilitätskontrolle der Ergebnisse im Wahlbezirk, im Wahlkreis und im Statistischen Landesamt
diese Diskrepanz nicht aufgefallen sei. Er beantrage eine Nachzählung im Wahlbezirk 28.

3. Der Einspruchsführer meint, es gebe noch weitere Auffälligkeiten bei den Wahlergebnissen für die AfD.
Diese habe in Thüringen durchschnittlich 6,2 Prozent der Zweitstimmen erreicht. In mehreren, vom Ein-
spruchsführer im Detail aufgelisteten, Fällen, in denen für alle Parteien insgesamt mindestens 100 gültige
Zweitstimmen abgegeben worden seien, habe die AfD weniger als 1 Prozent erhalten, z. B. null von 214
Stimmen in Herbsleben oder zwei von 235 Stimmen in Bachfeld. Eine größere Zahl von Wahlbezirken sei in
der „Excel“-Tabelle des Statistischen Landesamtes doppelt aufgeführt.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Der Landeswahlleiter des Freistaates Thüringen hat zu dem Vorbringen des Einspruchsführers mit Schrei-
ben vom 6. Februar und 28. März 2014 wie folgt Stellung genommen:

Drucksache 18/1710 – 72 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Aus den Niederschriften der Wahlvorstände gingen keinerlei Widersprüche bezüglich des veröffentlichten
Wahlergebnisses hervor, so dass von einer korrekten Ermittlung des Wahlergebnisses in den beiden Wahlbe-
zirken ausgegangen werden müsse. Des Weiteren zeigten die Ausführungen des Kreiswahlleiters auch bei
anderen Parteien (NPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) hohe Differenzen bei den Zweitstimmenergebnis-
sen in den Wahlbezirken. Auch seien bislang beim Kreis- oder Landeswahlleiter keine berechtigten Zweifel
(z. B. durch Anwesenheit von Vertretern der AfD bei der öffentlichen Auszählung) als Beweis dargelegt
worden.

In der dem Schreiben des Landeswahlleiters beigefügten Stellungnahme des Kreiswahlleiters des Wahlkrei-
ses 193 (Erfurt – Weimar – Weimarer Land II) vom 28. Januar 2014 wird im Wesentlichen Folgendes ausge-
führt:

Die Niederschrift des Wahlbezirks 0113 in Erfurt enthalte keinerlei Unregelmäßigkeiten. Das angegebene
Wahlergebnis für die Erst- und Zweitstimme sei in sich rechnerisch korrekt. Eine tiefergehende Nachprüfung
durch den Kreiswahlausschuss anhand der vorgelegten Wahlniederschrift sei nicht angezeigt gewesen. Beim
Wahlvorsteher, seinem Stellvertreter und dem Schriftführer handele es sich um Mitarbeiter der Stadtverwal-
tung Erfurt, die schon bei vielen Wahlen in dieser Funktion tätig gewesen seien und über ein fundiertes Wis-
sen verfügten.

Wie aus der folgenden Tabelle zu ersehen sei, lägen im Wahlkreis 193 selbst für Parteien mit einem hohen
Wahlergebnis (z. B. der CDU mit 34,5 Prozent) über 30 Prozentpunkte Differenz zwischen dem höchsten und
dem niedrigsten Wahlbezirksergebnis. Ähnlich hohe Differenzen wie bei der AfD seien auch bei der NDP
und bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu verzeichnen.

Partei
Wahlergebnis für die Zweitstimme imWahlkreis 193

Durchschnitt Kleinster Wert Größter Wert

CDU 34,5 20,95 53,56

Die Linke. 23 10,61 41,45

SPD 17,6 5,61 25,25

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 8,5 0,86 26,43

AfD 6,1 0 15,65

Piraten 3,1 0 10,22

FDP 2,6 0 6,83

NPD 2,3 0 15,45

Freie Wähler 1,3 0 6,35

Eine Nachzählung sei nicht begründet.

Der Einspruchsführer hat sich zu der Stellungnahme des Landeswahlleiters am 19. März 2014 im Wesentli-
chen wie folgt geäußert:

Leider werde nicht ausreichend auf seine wohlbegründeten Einwände eingegangen; der zuständige Kreis-
wahlleiter nehme nur zu Erfurt Stellung, zu Weimar nicht. Der Landeswahlleiter habe als Anlagen die Wahl-
niederschriften des Wahlbezirks 0113 in Erfurt und des Wahlbezirks 28 in Weimar beigefügt. Aus diesen
Niederschriften seien „keinerlei Widersprüche bzgl. des veröffentlichten Wahlergebnisses“ in beiden Wahl-
bezirken hervorgegangen. Es sei nicht ausreichend, die Wahlniederschriften einzusehen, man müsse auch die
Zähllisten überprüfen. Der Kreiswahlleiter des Wahlkreises 192 habe dies (in einem anderen Wahlprüfungs-
verfahren) getan und dabei festgestellt, dass die Zweitstimmen für die AfD und die Freien Wähler in falsche

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 73 – Drucksache 18/1710

Zeilen eingetragen gewesen seien. So habe die falsche Zuordnung von über 100 Stimmen für vier Parteien in
einem Wahlbezirk in Arnstadt korrigiert werden können. Der AfD hätten 80 Stimmen statt einer zugeordnet
werden können, den Freien Wählern 21 Stimmen statt einer. Der Kreiswahlleiter habe das Versehen bedauert,
die volle Verantwortung für das fehlerhafte Wahlergebnis übernommen und alle anderen Wahlergebnisse in
Arnstadt einer Plausibilitätskontrolle unterzogen, die keine weiteren Auffälligkeiten ergeben habe. Er, der
Einspruchsführer, beantrage, dass der Wahlprüfungsausschuss den Kreiswahlleiter des Wahlkreises 193 in
den beiden „extrem auffälligen“ Wahlbezirken in Erfurt und Weimar zur Überprüfung der Zähllisten veran-
lasse. Dabei sollten unabhängige Persönlichkeiten anwesend sein. Wenn sich dadurch – wie in Arnstadt –
eine Klärung ergebe, bräuchten die Stimmen nicht erneut ausgezählt zu werden, andernfalls aber doch.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vortrag des Einspruchsführers lässt sich kein Verstoß
gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

Hinsichtlich aller von ihm bemängelten Wahlergebnisse im Wahlbezirk 0113 in Erfurt, im Wahlbezirk 28 in
Weimar und an weiteren Orten in Thüringen hätte der Einspruchsführer nachvollziehbar darlegen müssen,
aus welchem Geschehen sich seiner Ansicht nach ein die Gültigkeit der Wahl berührender Wahlfehler ergibt
(vgl. etwa Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlage 5; 17/1000, Anlagen 13 und 19; 17/2250, Anlage 11;
BVerfGE 40, 11 [30]). Stattdessen hat er die bloße Vermutung geäußert, es könne zu Unregelmäßigkeiten
gekommen sein. Das Wahlergebnis im gesamten Wahlkreis 193, zu dem unter anderem Erfurt und Weimar
gehören, zeigt aber nicht nur für die AfD oder die Freien Wähler, sondern auch für alle anderen Parteien zum
Teil hohe Unterschiede bei den Zweitstimmen in einzelnen Wahlbezirken. Dies ist in allen Wahlbezirken und
bei allen Wahlen zu beobachten und hängt unter anderem mit der Bevölkerungsstruktur zusammen. Die Zu-
stimmung für die einzelnen Parteien ist regional unterschiedlich verteilt. Alle Parteien erfreuen sich in man-
chen Wahlbezirken einer höheren Zustimmung – vielleicht auch wegen der regionalen Herkunft eines Kandi-
daten –, in anderen wiederum nicht. Auch dass die AfD in einigen Wahlbezirken keine Zweitstimmen erhal-
ten hat, ist eine Folge der unterschiedlichen Zustimmung und nicht unglaubhaft oder außergewöhnlich, wie
das Beispiel etwa der Piraten oder der FDP zeigt. Dass es in Arnstadt zu einem Versehen beim Eintrag in die
Wahlniederschrift gekommen ist, bedeutet nicht, dass dies auch in Erfurt oder Weimar so gewesen ist. Wahl-
beanstandungen, die über nicht belegte Vermutungen oder die bloße Andeutung der Möglichkeit von Wahl-
fehlern nicht hinausgehen und einen konkreten, der Überprüfung zugänglichen Tatsachenvortrag nicht enthal-
ten, müssen als unsubstantiiert zurückgewiesen werden (Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlagen 283 bis
285; 15/1850, Anlage 25; 15/2400, Anlage 9; 17/1000, Anlagen 13 und 19; BVerfGE 48, 271 [276]; 66, 369
[379]; 85, 148 [159]; 122, 304 [309]; Hahlen, in: Schreiber, Bundeswahlgesetz, 9. Auflage 2013, § 49 Rn.
25).

Die vorstehenden Erwägungen gelten auch für die weiteren vom Einspruchsführer behaupteten und nicht
näher untermauerten „Auffälligkeiten“ des Ergebnisses der AfD an weiteren Orten in Thüringen.

Selbst wenn – hypothetisch – für die AfD oder die Freien Wähler abgegebene Zweitstimmen in den beiden
Wahlbezirken in Erfurt und Weimar falsch zugeordnet worden wären, würde dies die Gültigkeit der Bundes-
tagswahl nicht berühren. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der sich der Wahl-
prüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag schon früher stets angeschlossen haben, können nämlich nur
solche Wahlfehler die Gültigkeit der Bundestagswahl beeinträchtigen, die auf die Sitzverteilung von Einfluss
sind oder sein können (vgl. nur BVerfGE 89, 243 [254]; Bundestagsdrucksachen 16/900, Anlage 20;
17/1000, Anlagen 10, 15, 19 und 20; 17/2200, Anlagen 5, 12 und 25; 17/2250, Anlagen 18 und 22; 17/3100,
Anlage 21). Das Zweitstimmenergebnis der AfD und der Freien Wähler wäre auch dann nur geringfügig
verändert worden, wenn – rein theoretisch – in beiden Wahlbezirken alle Wahlberechtigten die AfD bzw. die
Freien Wähler gewählt hätten. Im Erfurter Wahlbezirk 0113 wurden 722 Wähler und im Weimarer Wahlbe-
zirk 28 387 Wähler vermerkt. Insgesamt 1.109 Zweitstimmen mehr hätten weder der AfD noch den Freien
Wählern genügt, um die gemäß § 6 Absatz 3 des Bundeswahlgesetzes bundesweit geltende Fünf-Prozent-
Hürde zu überspringen und damit in den 18. Deutschen Bundestag einzuziehen. Aus diesem Grund ist es
nicht erforderlich, den ohnehin zureichend aufgeklärten Sachverhalt weiter zu ermitteln und den Kreiswahl-
leiter zu bitten, auch noch die Zähllisten der beiden genannten Wahllokale auf etwaige Fehler zu untersuchen.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 75 – Drucksache 18/1710

Anlage 17

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn D. J. S., 80469 München,

– Az.: WP 40/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 5. Juni 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Schreiben vom 26. September 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Er meint, durch Behörden an der Ausübung des aktiven Wahlrechts gehindert worden zu sein. Am 19. Au-
gust 2013 sei er von Stuttgart nach München gezogen. Zuvor habe er sich beim Bürgerbüro in Stuttgart-West
erkundigt, was alles zu erledigen sei. Ihm sei mitgeteilt worden, er müsse sich nur in München ummelden.
Dies habe er am 21. August 2013 erledigt. Weder an seinem alten noch an seinem neuen Wohnort habe ihn
jemand darauf aufmerksam gemacht, dass er selbst etwas über die Ummeldung hinaus hätte unternehmen
müssen, um an der Bundestagswahl teilnehmen zu dürfen. Er habe trotz Nachsendeauftrags auch keine
Wahlbenachrichtigung erhalten. Im für seine Adresse zuständigen Wahllokal in der Klenzestraße in München
sei ihm am Wahltag die Teilnahme verwehrt worden, da er nicht in das Wählerverzeichnis eingetragen gewe-
sen sei. Die zuständige Wahlleiterin in München habe ihm dies telefonisch bestätigt und ihm empfohlen,
gleich nach Stuttgart zu fahren. Eine solche spontane Reise sei ihm als Vater zweier kleiner Kinder nicht
möglich gewesen. Es sei ihm nicht einsichtig, warum er, obwohl er lückenlos gemeldet (gewesen) sei, nicht
von den Behörden darüber informiert worden sei, was zu tun sei, um von seinem Wahlrecht Gebrauch zu
machen. Er könne auch nicht nachvollziehen, warum dieses behördliche Versäumnis nicht am Wahltag habe
geheilt werden können. Durch Absprache der Wahlbehörden am alten und am neuen Wohnort hätte eine un-
zulässige zweifache Stimmabgabe in Stuttgart und in München ohne Weiteres ausgeschlossen werden kön-
nen. Da in seinem Bekanntenkreis ein vergleichbarer Fall aufgetreten sei, gehe er davon aus, dass es eine
hohe Dunkelziffer von Personen gebe, die aufgrund behördlichen Versagens von der Bundestagswahl ausge-
schlossen worden seien. Dies sei in einer Demokratie nicht hinnehmbar.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Die Landeswahlleiterin des Landes Baden-Württemberg hat zu dem Einspruch am 6. Februar 2014 im
Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Soweit der Einspruchsführer ein Fehlverhalten der Stadt Stuttgart geltend mache, könne ein Wahlfehler nicht
festgestellt werden. Nach Auskunft der Stadt Stuttgart sei der Einspruchsführer am Stichtag 18. August 2013
(35. Tag vor der Wahl) in Stuttgart mit Hauptwohnsitz gemeldet gewesen und sei laut Einwohnermelderegis-
ter sein Wohnungswechsel nach München am 20. August 2013 erfolgt. Entsprechend dem Eintrag im Melde-
register, Stand vom 18. August 2013, sei die Eintragung des Einspruchsführers in das Wählerverzeichnis des
für ihn zuständigen Wahlbezirks der Stadt Stuttgart von Amts wegen erfolgt. Die Wahlbenachrichtigungen
seien vom eingeschalteten Rechenzentrum am 19. August 2013 der Post zur Zustellung übergeben worden.

Das Vorgehen der Stadt Stuttgart habe somit in vollem Umfang den gesetzlichen Vorgaben der §§ 17 Absatz
1 des Bundeswahlgesetzes (BWG), § 14, § 16 Absatz 1 Nr. 1, § 17 Absatz 1 Nr. 1 und § 19 Absatz 1 der
Bundeswahlordnung (BWO) entsprochen.

Drucksache 18/1710 – 76 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Eine dem § 16 Absatz 3 Satz 3 BWO entsprechende Pflicht der Fortzugsgemeinde, in Fällen des Wohnungs-
wechsels eines von Amts wegen eingetragenen Wahlberechtigten zwischen dem 35. und 20. Tag vor der
Wahl (zwischen dem 18. August und 2. September 2013) über die Möglichkeit zu informieren, auf Antrag in
das Wählerverzeichnis des Zuzugsortes eingetragen zu werden, um damit am neuen Wohnort wählen zu kön-
nen, sähen die gesetzlichen Regelungen des Bundestagswahlrechts für die Fortzugsgemeinde zu Recht nicht
vor. Dies schließe zwar nicht aus, dass einem Wahlberechtigten auf entsprechende Frage nach den Modalitä-
ten der Ausübung seines Wahlrechts auch die Fortzugsgemeinde eine zutreffende Information erteilen müsse.
Die vom Einspruchsführer – wie von ihm selbst vorgetragen – gestellte Frage, was alles zu erledigen sei,
lasse aber nicht den Schluss zu, er habe, über die im Übrigen zutreffend beantworteten melderechtlichen
Aspekte hinaus, auch Informationen zum Wahlrecht erhalten wollen. Zudem bleibe nach seinem Vortrag
offen, zu welchem Zeitpunkt er sich beim Bürgerbüro in Stuttgart-West erkundigt habe und ob dieses zudem
Kenntnis über den konkreten Umzugstermin gehabt habe. Auch nachdem sich der Gesprächsinhalt seitens der
Stadt Stuttgart nicht mehr verifizieren lasse, könne ein Fehlverhalten der Stadt Stuttgart wegen unvollständi-
ger Information nicht festgestellt werden. Hinzu komme, dass sich das Bürgerbüro auch darauf habe verlas-
sen dürfen, dass gegebenenfalls für die Zuzugsgemeinde bestehenden Belehrungspflichten entsprochen wer-
de.

Was den Verbleib der Wahlbenachrichtigung betreffe, sei dieser seitens der Stadt Stuttgart ebenfalls nicht
mehr aufklärbar. Die Stadt Stuttgart habe aber darauf hingewiesen, dass sie durch entsprechende Pressearbeit
z. B. über ihr Amtsblatt stets darauf hinweise, dass bei Nichterhalt der Wahlbenachrichtigung mit ihr Kontakt
aufgenommen werden solle und nicht die Wahlbenachrichtigung, sondern die Eintragung in das Wählerver-
zeichnis Voraussetzung für die Ausübung des Wahlrechts sei, dann aber der Pass oder der Personalausweis in
den Wahlraum mitgebracht werden müsse.

Der Nichterhalt der Wahlbenachrichtigung der Stadt Stuttgart dürfte sicherlich mit eine Ursache dafür gewe-
sen sein, dass der Einspruchsführer irrtümlich geglaubt habe, in München wählen zu können. Da er nach
seinen Angaben aber auch von der Zuzugsgemeinde keine Wahlbenachrichtigung erhalten habe, hätte es
nahegelegen, anstatt bis zum Wahltag abzuwarten, sich vorab beim Wahlamt in Stuttgart und/oder in Mün-
chen kundig zu machen. Auch wenn dann die Frist für die Eintragung in das Wählerverzeichnis der Zuzugs-
gemeinde verstrichen gewesen wäre, hätte er gegebenenfalls per Briefwahl seine Stimme in Baden-
Württemberg abgeben können. Jedenfalls dieses Versäumnis müsse sich der Einspruchsführer zurechnen
lassen.

Die vom Einspruchsführer eingeforderten Kulanzregelungen sehe im Übrigen das Wahlrecht, um eine ord-
nungsgemäße Durchführung der Wahl durch die Wahlorganisation zu garantieren, zu Recht nicht vor.

Der Kreiswahlleiter der in München gelegenen Wahlkreise 218-221 hat sich zu dem Vorbringen am 9.
April 2014 wie folgt geäußert:

Der Einspruchsführer sei mit dem Meldedatum 20. August 2013 nach München gezogen. Die Ummeldung
selbst habe am 21. August 2013 stattgefunden. Das Wählerverzeichnis für die Bundestagswahl sei mit dem
Stichtag 18. August 2013 für alle Personen, die zu diesem Zeitpunkt in München gemeldet und wahlberech-
tigt waren, angelegt worden. Damit habe der Einspruchsführer nicht von Amts wegen im Wählerverzeichnis
der Stadt München stehen können, sondern sei in das Stuttgarter Wählerverzeichnis aufgenommen worden.
Dort hätte er auch die Möglichkeit zur Teilnahme an der Briefwahl gehabt. Am 20. August 2013 sei fristge-
recht die Bekanntmachung über das Recht auf Einsichtnahme in das Wählerverzeichnis der Stadt München
gemäß § 20 Absatz 1 BWO erfolgt. Die Bekanntmachung sei nicht nur durch Aushang und im Amtsblatt der
Stadt München erfolgt, sondern sie sei auch im Internet einsehbar gewesen. Außerdem seien mehrfache In-
formationen an bzw. durch die Presseorgane mit dem Hinweis erfolgt, sich an das Wahlamt zu wenden, wenn
keine Wahlbenachrichtigung zugestellt wurde. Die Einsichtnahme in das Wählerverzeichnis sei in der Zeit
vom 2. bis zum 6. September 2013 möglich gewesen. Eine Vorsprache oder ein schriftlicher Antrag des Ein-
spruchsführers auf Aufnahme in das Wählerverzeichnis der Stadt München habe jedoch bis zum Wahltag
nicht vorgelegen. Am Wahltag selbst sei eine Änderung des Wählerverzeichnisses gemäß § 23 BWO recht-
lich nicht mehr möglich gewesen. Die gesetzlich vorgeschriebenen Informationen seien durch die Bekannt-
machung fristgerecht erfolgt. Außerdem hätten in allen Bürgerbüros zusätzliche Informationsschreiben be-
züglich der Bundestagswahl ausgelegen, mit denen auf den erforderlichen Antrag zur Aufnahme in das Wäh-
lerverzeichnis bei einer Um- oder Anmeldung in München nach dem 18. August 2013 hingewiesen worden
sei. Das Versäumnis des Einspruchsführers, einen rechtzeitigen Antrag zu stellen, sei dem Wahlamt der Stadt

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 77 – Drucksache 18/1710

München daher nicht anzulasten. Auch liege kein Fehler in der melderechtlichen Erfassung vor. Das Wähler-
verzeichnis sei korrekt gewesen. Es habe keine andere Entscheidung getroffen werden können.

Der Einspruchsführer hat sich zu den ihm übersandten Stellungnahmen nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vortrag des Einspruchsführers lässt sich kein Verstoß
gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

1. Dem Einspruchsführer wurde das Wahlrecht nicht genommen. Er war am 35. Tag vor der Bundestagswahl,
dem 18. August 2013, in Stuttgart mit Hauptwohnsitz gemeldet. Daher war er gemäß § 16 Absatz 1 Nr. 1 in
Verbindung mit § 17 Absatz 1 Nr. 1 BWO in das dortige Wählerverzeichnis einzutragen und somit in Stutt-
gart wahlberechtigt. Denn gemäß § 14 Absatz 1 BWG darf wählen, wer ins Wählerverzeichnis eingetragen ist
oder einen Wahlschein besitzt. Selbst wenn der Einspruchsführer entgegen § 19 Absatz 1 BWO keine Wahl-
benachrichtigung erhalten haben sollte, stellt dies keinen Wahlfehler dar, da der Einspruchsführer auch ohne
Wahlbenachrichtigung hätte wählen dürfen. Allenfalls hätte er sich gemäß § 56 Absatz 3 Satz 2 BWO über
seine Person ausweisen müssen. Auch die Briefwahl wäre dem Einspruchsführer nach einem entsprechenden
Antrag gemäß § 25 Absatz 1 BWO möglich gewesen.

2. Ein Verstoß gegen § 16 Absatz 3 Satz 3 BWO liegt nicht vor. Nach dieser Vorschrift hatte die Zuzugsge-
meinde – hier die Stadt München – die Pflicht, den Einspruchsführer wie andere Neubürger darüber zu beleh-
ren, dass er in das Wählerverzeichnis des Münchener Wahlbezirks, in den er zugezogen war, nach § 16 Ab-
satz 3 Satz 1 BWO nur auf Antrag einzutragen sei. Der Einspruchsführer hätte sich jedenfalls durch die im
Wahlamt der Stadt München ausliegenden Informationsschreiben darüber unterrichten können, dass er zur
Aufnahme in das Wählerverzeichnis bei einer Um- oder Anmeldung in München nach dem 18. August 2013
einen Antrag hätte stellen müssen. Einen mündlichen Hinweis durch städtische Bedienstete bei der Anmel-
dung verlangt § 16 Absatz 3 Satz 3 BWO nicht.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 79 – Drucksache 18/1710

Anlage 18

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

1. der Frau C. W.-D., 28279 Bremen,
2. des Herrn H. D., ebenda,

– Az.: WP 41/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Die Einspruchsführer haben mit einem Schreiben vom 29. September 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit
der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Sie rügen, dass in ihrem Wahllokal – wie schon bei der Bundestagswahl 2009 – eine repräsentative Wahlsta-
tistik durchgeführt worden ist. Mit der Art, wie über die Teilnahme an der repräsentativen Wahlstatistik un-
terrichtet werde – nämlich durch eine Amtliche Bekanntmachung in einer Tageszeitung und einen DIN-A3-
Ausdruck an der Tür zumWahllokal – seien sie nicht einverstanden. Zudem zweifelten sie die mathematische
Zufallsstichprobe zur Auswahl der Wahlbezirke an. Wenn aus 80.000 Urnenwahlbezirken zufällig 2 500
Stichproben ausgewählt würden, sei für ihr Wahllokal nur für jede zweiunddreißigste Bundestagswahl mit
einer Teilnahme an den wahlstatistischen Erhebungen zu rechnen. Die Wahrscheinlichkeit für eine zweimali-
ge zufällige Auswahl desselben Wahllokals liege bei etwa 0,1 Prozent.

Sie fühlten sich bei der ordnungsgemäßen Ausübung ihres Wahlrechts gemäß Artikel 38 des Grundgesetzes
(GG) behindert. Die Wahlen seien nicht mehr gleich im Sinne der Verfassung: Denn während ein Wahlbe-
rechtigter bei einer Stimmabgabe ohne Teilnahme an den wahlstatistischen Erhebungen einen beliebigen
Stimmzettel erhalte, der nicht markiert sein dürfe, bekomme er bei einer Stimmabgabe unter Teilnahme an
den wahlstatistischen Erhebungen einen bestimmten markierten Stimmzettel zugeteilt und solle sich zusätz-
lich über die Wahlstatistik informieren. Überdies gelte das Wahlstatistikgesetz nicht allgemein, sondern be-
vorzuge entgegen Artikel 3 GG Menschen mit bestimmten Wohnorten. Gemäß § 3 des Wahlstatistikgesetzes
(WStatG) seien wahlstatistische Erhebungen bei Wahlbezirken mit weniger als 400 Wahlberechtigten von
vornherein ausgeschlossen. Außerdem sei die Auswahl der Stichprobenwahlbezirke im Einvernehmen des
Bundeswahlleiters mit den Landeswahlleitern und Statistikämtern der Länder nicht zufällig. Daher würden
einige Wahlberechtigte nie von wahlstatistischen Erhebungen erfasst und andere zur Teilnahme daran ge-
zwungen. Die Einspruchsführer fordern eine Änderung des Wahlstatistikgesetzes.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages der Einspruchsführer wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

Der Landeswahlleiter für Bremen hat zu dem Vorbringen der Einspruchsführer am 6. Februar 2014 im
Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Die Auswahl der Bezirke durch den Bundeswahlleiter im Einvernehmen mit dem Landeswahlleiter und dem
Statistischen Landesamt sichere einerseits eine möglichst hohe Repräsentativität der Stichprobe und die Ein-
haltung der Randbedingungen. Damit könne sie nicht ausschließlich zufällig sein. Im Übrigen sei eine Zufäl-
ligkeit nicht vorgeschrieben. Die Zufallsstichprobe stelle in der Auswahl nur einen möglichen (aber sinnvol-
len und deshalb im Rahmen der Randbedingungen praktizierten) Teil der Stichprobenauswahl dar. Es sei
darüber hinaus keinesfalls vorgeschrieben, die Auswahl zu jeder Wahl erneut durch Zufallsauswahl vorzu-
nehmen. Vielmehr könnten die Wahlbezirke der vorigen Wahl wieder verwendet werden. Dies sei der zeitli-
chen Vergleichbarkeit, der organisatorischen Umsetzung und der Repräsentativität bereits ausgewählter Be-

Drucksache 18/1710 – 80 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

zirke wegen sogar anzustreben. Mit der am 14. September 2013 in den Tageszeitungen der Stadt Bremen
(„Weser-Kurier“ und „Bremer Nachrichten“) und auch auf der Homepage www.wahlen.bremen.de erschie-
nenen Bekanntmachung seien die Stichprobenwahlbezirke veröffentlicht worden. Am Wahltag selbst sei eine
optisch auffällige Bekanntmachung der Kreiswahlleiterin in den betroffenen Wahlbezirken ausgehängt wor-
den. Die Wahlvorstände hätten das Faltblatt des Bundeswahlleiters vorrätig gehabt. § 3 WStatG sehe einen
Hinweis „in geeigneter Form“ vor. Dabei sei in Bremen der bundeseinheitlichen Verfahrensweise gefolgt
worden. Eine weitere Information über die Wahlbenachrichtigung wäre zwar grundsätzlich möglich; hierbei
sei allerdings abzuwägen, ob das bei den bereits vorgeschriebenen Informationen sinnvoll sei. Die Wahlbe-
nachrichtigung wäre damit für den Wahlberechtigten noch unübersichtlicher und gegebenenfalls müsste die
kleine Schriftgröße noch weiter verringert werden. Die angegebene „Entnahme“ bereits übergebener Wahlun-
terlagen erscheine schleierhaft und müsse aus Sicht des Landeswahlleiters ohne Kommentierung bleiben. Die
Wahlhelfer sollten im Wahllokal nur entsprechende Stimmzettel vorrätig gehabt haben. Etwas anderes sei
nicht zu seiner Kenntnis gelangt. Zusammenfassend lasse sich feststellen: Die Vorgaben des Wahlstatistikge-
setzes seien eingehalten worden. Eine Einschränkung der Rechte der Einspruchsführer sei nicht zu erkennen.

Der Bundeswahlleiter hat zur Frage der Stichprobenauswahl am 7. Februar 2014 wie folgt Stellung genom-
men:

Die Entscheidung, ob aus fachlicher Sicht die Ziehung einer neuen Stichprobe (mit dann neuen Stichproben-
wahlbezirken) erforderlich sei, treffe der Bundeswahlleiter vor jeder Wahl mit den Landeswahlleitern im
Einvernehmen. Nachdem für die Bundestagswahl 2009 die Stichprobe neu gezogen worden sei, habe man
entschieden, dass dies für die Bundestagswahl 2013 nicht erforderlich sei. Andernfalls wäre eine neue, bun-
desweite Ziehung durch den Bundeswahlleiter erfolgt. Aus diesem Grund seien die Wahlbezirke bei den
beiden Wahlen überwiegend identisch. Nähere allgemeine Ausführungen zur Stichprobenziehung fänden sich
in der Veröffentlichung des Bundeswahlleiters zur Wahl zum 18. Deutschen Bundestag, Heft 4, 2014, S. 100.

Ihr Inhalt lautet:

„Die Auswahl der Stichprobenwahlbezirke erfolgte durch eine Ziehung nach dem Zufallsprinzip auf Basis
mathematischer Grundsätze. Dadurch sind zum einen die Objektivität des Auswahlvorgangs und die daraus
resultierende Akzeptanz der Stichprobe sichergestellt. Zum anderen kann nur so die Präzision der Ergebnisse
zuverlässig abgeschätzt werden. Als Auswahlgrundlage für die Ziehung der Stichprobenwahlbezirke diente
grundsätzlich die allgemeine Wahlstatistik zur Bundestagswahl 2005. Lediglich für das Bundesland Berlin
wurde auf eine modifizierte Auswahlgrundlage zurückgegriffen, bei der die Ergebnisse der Bundestagswahl
2005 auf den völligen Neuzuschnitt der Wahlbezirke zur Bundestagswahl 2009 umgerechnet wurden. Die
Auswahlsätze bzw. der auf die einzelnen Länder entfallende Stichprobenumfang orientiert sich hauptsächlich
an verfügbaren Kapazitäten sowie organisatorisch-technischen Gesichtspunkten und wurde gegenüber frühe-
ren repräsentativen Wahlstatistiken weitestgehend beibehalten. […] Stichprobenmethodisch gesehen liegt
eine geschichtete einfache Zufallsauswahl vor. Dies bedeutet, dass die Auswahlgrundlage vor der Ziehung
der Stichprobe in Schichten unterteilt wird. Jede dieser Schichten bildet für sich genommen eine eigene Aus-
wahlgrundlage aus der unabhängig von den übrigen Schichten eine Teilstichprobe gezogen wird. Die Verei-
nigung aller so erhaltenen Teilstichproben bildet dann die Stichprobe der Wahlbezirke für die repräsentative
Wahlstatistik. Eine solche Schichtung dient hauptsächlich der Präzisionssteigerung der Ergebnisse gegenüber
einer einfachen Zufallsauswahl. Die Konstruktion der Schichtung erfolgte in einem hierarchischen Verfahren.
Da die Stichprobenziehung für jedes Bundesland separat durchgeführt werden sollte, erfolgte zunächst eine
Zerlegung der Auswahlgrundlage nach den Bundesländern und der Art der Wahlbezirke (Urnenwahlbe-
zirk/Briefwahlbezirk). Innerhalb der so erhaltenen Kreuzkombinationen aus Bundesland und Wahlbezirksart
wurden dann durch den Einsatz von Verfahren aus dem Bereich der Clusteranalyse weitere Schichtstufen
gebildet, indem solche Wahlbezirke zusammengefasst wurden, die sich bezüglich der (geeignet standardisier-
ten) Zahl an gültigen Zweitstimmen für die Parteien CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CSU, Die
Linke und FDP möglichst ähnlich sind. Die Anzahl der gebildeten Schichten wurde dabei über das Zusam-
menwirken von Stichprobenumfang, Präzisionsvorgaben und den Verhältnissen in der Auswahlgrundlage
austariert. Das Aufteilungsverfahren des Stichprobenumfangs eines Bundeslandes auf die gebildeten Schich-
ten entspricht weitgehend einer proportionalen Aufteilung mit Standard-Rundung. Für Änderungen in den
Abgrenzungen der Wahlbezirke zwischen dem Gebietsstand der Auswahlgrundlage (Bundestagswahl 2005)
und der Bundestagswahl 2013 wurden eindeutige Nachfolgeregelungen gegeben. Eine nachträgliche Ergän-
zungsstichprobe von neuen Wahlbezirken aus Gebieten, die in der Auswahlgrundlage noch zu keinem Wahl-
bezirk gehörten, war nicht erforderlich.“

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 81 – Drucksache 18/1710

Entscheidungsgründe

I.

Der Einspruch ist unzulässig, soweit die Einspruchsführer eine Reform des Wahlstatistikgesetzes begehren.
Gemäß § 1 Absatz 1 des Wahlprüfungsgesetzes ist ein Einspruch nämlich nur insoweit statthaft, als er die
Gültigkeit der Wahlen zum Deutschen Bundestag und die Verletzung von Rechten bei der Vorbereitung oder
Durchführung der Wahl, soweit sie der Wahlprüfung nach Artikel 41 GG unterliegen, zum Gegenstand hat.
Das Begehren der Einspruchsführer, das Wahlstatistikgesetz zu ändern, weist keinen Bezug zur Gültigkeit
der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag oder einer möglichen Rechtsverletzung bei der Vorbereitung und
Durchführung dieser Wahl auf.

II.

Soweit er zulässig ist, ist der Einspruch unbegründet. Dem Vortrag der Einspruchsführer lässt sich kein Ver-
stoß gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

1. Die Stichprobenauswahl und die Informationen über die wahlstatistischen Erhebungen waren rechtmäßig.

a) Die Stichprobenauswahl folgte dem Wahlstatistikgesetz. Gemäß § 3 Satz 1 WStatG hatte der Bundeswahl-
leiter im Einvernehmen mit den Landeswahlleitern und den statistischen Ämtern der Länder die Auswahl der
Stichproben zu treffen und dabei die Kriterien nach § 3 Sätze 2 bis 4 WStatG zu beachten. Dies ist gesche-
hen. Wenngleich das Gesetz das Zufallsprinzip nicht (ausdrücklich) vorschreibt, wurde es nach den Ausfüh-
rungen des Bundeswahlleiters der Stichprobenauswahl für die Bundestagswahl 2009 und 2013 zugrunde
gelegt. Dass die für die Bundestagswahl 2009 festgelegten Stichproben im Wesentlichen auch für die Bun-
destagswahl 2013 genutzt wurden, ist nicht rechtsfehlerhaft. Die nunmehr gewonnenen Daten sind geeignet,
dem Zweck zu dienen, den das Wahlstatistikgesetz verfolgt. Ohnehin bedeutet es für die Wähler keinen
Nachteil, wenn ihr Wahllokal Teil der Stichprobe ist. Insbesondere wird weder der Wahlvorgang als solcher
verlangsamt noch wird das Wahlgeheimnis dadurch tangiert. Letzteres hat der Wahlprüfungsausschuss schon
mehrfach festgestellt (vgl. Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlagen 14 bis 17 und 32; 15/2400, Anlage 1;
16/3600, Anlagen 15 und 16; 17/100, Anlage 5; 17/2250, Anlagen 5 und 12; 17/3100, Anlage 33).

b) Auch die Art der Unterrichtung über die Teilnahme an der repräsentativen Wahlstatistik ist nicht zu bean-
standen. Gemäß § 3 Satz 5 WStatG sind die Wahlberechtigten in geeigneter Weise darauf hinzuweisen, dass
der Wahlbezirk oder der Briefwahlbezirk in eine repräsentative Wahlstatistik einbezogen ist. Wie dies zu
erfolgen hat, sagt das Gesetz nicht. Allerdings reicht es aus, zumindest die Wahlberechtigten der betroffenen
Wahllokale durch amtliche Bekanntmachungen vor und in den betroffenen Wahllokalen oder Auslage eines
Merkblatts in ausreichender Stückzahl in den Wahllokalen zu unterrichten (vgl. Hahlen, in: Schreiber, Bun-
deswahlgesetz, 9. Auflage 2013, Anhang 5 – Erläuterungen zur Wahlstatistik – Rn. 15). Eine weitergehende
Benachrichtigung, etwa in der Wahlbenachrichtigung, ist nicht erforderlich (vgl. Bundestagsdrucksachen
16/3600, Anlage 16; 17/2250, Anlage 12; Hahlen, in: Schreiber, a. a. O.). In dem vorliegenden Fall wurde
den genannten Anforderungen genügt. Zusätzlich erfolgte eine Bekanntmachung in Bremer Tageszeitungen
und auf der Homepage www.wahlen.bremen.de.

2. Soweit die Einspruchsführer die Verfassungswidrigkeit des Wahlstatistikgesetzes wegen Verstoßes gegen
die Wahlrechtsgleichheit gemäß Artikel 38 Absatz 1 Satz 1 GG rügen, ist zu beachten, dass der Wahlprü-
fungsausschuss und der Deutsche Bundestag in ständiger Praxis im Rahmen eines Wahlprüfungsverfahrens
die Verfassungsmäßigkeit von Wahlrechtsvorschriften nicht überprüfen. Eine derartige Kontrolle ist stets
dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten worden (vgl. zuletzt etwa Bundestagsdrucksachen 16/1800, An-
lagen 26 bis 28 mit weiteren Nachweisen; 17/1000, Anlagen 5 und 11; 17/2200, Anlagen 1, 13 bis 15, 17 bis
20, 23 und 24; 17/3100, Anlagen 15, 19, 20, 22 bis 30, 32, 34 bis 36; 17/4600, Anlagen 10, 12, 13, 32, 38, 40
bis 43 mit weiteren Nachweisen; 17/6300, Anlage 19). Abgesehen davon sind die verfassungsrechtlichen
Bedenken der Einspruchsführer unbegründet. Es widerspricht nicht dem Grundsatz der gleichen Wahl aus
Artikel 38 Absatz 1 Satz 1 GG, dass aufgrund der verschiedenen Kennzeichnungen die Wähler nicht unter
gleichen Bedingungen wählen konnten. Denn entscheidend ist, dass unabhängig davon, ob die Einspruchs-
führer an der Durchführung der repräsentativen Wahlstatistik teilnahmen oder nicht und mit welchem Kenn-
zeichen ihre Stimmzettel versehen waren, jeder Wähler im Hinblick auf die Wahlentscheidung die gleichen
Optionen hatte und weder Zähl- noch Erfolgswert seiner Stimme durch die Durchführung der Wahlstatistik
berührt wurden (vgl. Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlagen 14 und 17; 16/3600, Anlage 15; 17/1000,

Drucksache 18/1710 – 82 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Anlage 5; 17/2250, Anlage 5; 17/3100, Anlage 33). Daher ist es auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstan-
den, dass Menschen, die in Wahlbezirken mit weniger als 400 Wahlberechtigten leben, wegen der Vorgaben
des § 3 Satz 3 WStatG von wahlstatistischen Erhebungen bei Wahlbezirken von vornherein ausgeschlossen
sind, und dass die Stichprobenauswahl gemäß § 3 WStatG nicht dem Zufallsprinzip folgt.

Gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Artikel 3 Absatz 1 GG wurde – entgegen der Ansicht der Ein-
spruchsführer – ebenfalls nicht verstoßen. Die in Artikel 38 Absatz 1 Satz 1 GG verankerte Wahlrechts-
gleichheit ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (nur) ein Anwendungsfall des
allgemeinen Gleichheitssatzes (vgl. BVerfGE 36, 139 [141]; allgemein zum Verhältnis des Wahlrechts zum
allgemeinen Gleichheitssatz BVerfGE 1, 208 [242]). Ein Verstoß gegen die Wahlrechtsgleichheit ist daher
zugleich eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes (vgl. BVerfGE 1, 208 [242], 34, 81 [98] mit
weiteren Nachweisen). Umgekehrt können Wahlrechtsvorschriften, die nicht gegen Artikel 38 Absatz 1 Satz
1 GG verstoßen, auch nicht Artikel 3 Absatz 1 GG verletzen. So liegt es hier.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 83 – Drucksache 18/1710

Anlage 19

Beschlussempfehlung

Zu den Wahleinsprüchen

der Frau J. B.-H., 27726 Worpswede

– Az.: WP 42/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Die Einspruchsführerin hat mit einem Schreiben vom 24. September 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

1. Sie rügt, die Gemeinde Worpswede habe die Wahlbenachrichtigungskarten für die Landratswahl und die
Bundestagswahl an die falsche Adresse gesandt. Es sei zu vermuten, dass die falsche Anschrift sich auch im
Wählerverzeichnis finde.

2. Überdies sei die Bundestagswahl 2013 wie alle bis zum 7. Mai 1956 zurückliegenden Wahlen von Anfang
an nichtig. Das Bundesverfassungsgericht habe am 25. Juli 2012 entschieden, dass jegliche Wahlen seit dem
Jahr 1956 „nicht verfassungskonform vom verfassungsgemäßen Gesetzgeber durchgeführt“ worden seien.
Alle nach 1956 gewählten Bundestag und Bundesregierungen seien nicht legitimiert (gewesen) und alle ihre
Maßnahmen wie z. B. die Gesetzgebung nichtig. Sie könnten auch aktuell nicht gesetzgeberisch tätig werden.
Auch das Bundesverfassungsgericht habe keine Befugnis (besessen), den verfassungswidrigen Zustand zu
heilen.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages der Einspruchsführerin wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Die Niedersächsische Landeswahlleiterin hat zu dem Einspruch am 6. März im Wesentlichen wie folgt
Stellung genommen:

Sie habe die Kreiswahlleiterin des Wahlkreises 34 (Osterholz-Verden) hierzu um Stellungnahme gebeten.
Diese habe ihr mitgeteilt, dass das Anwesen der Einspruchsführerin (und des Einspruchsführers zum Akten-
zeichen WP 43/13) zunächst die Hausnummer 2 A getragen habe. Da diese Hausnummer jedoch doppelt
vergeben gewesen sei, habe sich die Gemeinde Worpswede dazu entschieden, das Anwesen nunmehr mit der
Hausnummer 32 zu versehen. Diese Änderung sei ab dem 1. Juni 2013 bestandskräftig geworden, da gegen
den entsprechenden Bescheid kein Rechtsbehelf eingelegt worden sei. Allerdings sei die Änderung der Haus-
nummer zwischen dem Bauamt und dem Wahlamt der Gemeinde nicht rechtzeitig kommuniziert worden, so
dass auf der Wahlbenachrichtigung noch die alte Hausnummer aufgedruckt gewesen sei. Die Wahlbenach-
richtigungen seien der Einspruchsführerin (und dem Einspruchsführer zum Aktenzeichen WP 43/13) jedoch
trotz der falschen Hausnummer zugegangen. Dies werde dadurch belegt, dass der Einspruchsführer (zum
Aktenzeichen WP 43/13) sich am 12. September 2013 bei der Gemeinde beschwert und gleichzeitig Kopien
der Wahlbenachrichtigungen eingereicht habe. Von der Beantragung von Wahlscheinen und Briefwahlunter-
lagen sei nach der Stellungnahme der Kreiswahlleiterin offensichtlich kein Gebrauch gemacht worden.

Gemäß § 14 des Bundeswahlgesetzes (BWG) könne wählen, wer im Wählerverzeichnis eingetragen sei. Al-
lein die Wahlbenachrichtigung sei – entgegen der Annahme der Einspruchsführerin (und des Einspruchsfüh-
rers zum Aktenzeichen WP 43/13) – keine Voraussetzung für die Ausübung des Wahlrechts, sie diene viel-
mehr der Sicherheit für die wahlberechtigte Person über die Eintragung in das Wählerverzeichnis. Entschei-

Drucksache 18/1710 – 84 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

dend sei vielmehr die Eintragung in das Wählerverzeichnis. Aufgrund der Wahlbenachrichtigung könne und
dürfe die wahlberechtigte Person davon ausgehen, dass sie in das Wählerverzeichnis eingetragen sei. Erhalte
sie jedoch keine Wahlbenachrichtigung, müsse sie die aus einer eventuellen Nichteintragung in das Ver-
zeichnis und aus dem Unterlassen eines Einspruchs gegen das Wählerverzeichnis wegen Unrichtigkeit oder
Unvollständigkeit innerhalb der Einsichtsfrist nach § 22 Absätze 1 und 2 der Bundeswahlordnung (BWO)
resultierende Folge des Ausschlusses von der Wahlteilnahme tragen. Die Einspruchsführerin (und der Ein-
spruchsführer zum Aktenzeichen WP 43/13) seien – was unstreitig sei – in das Wählerverzeichnis eingetra-
gen und wahlberechtigt gewesen. Sie hätten offensichtlich sogar die Wahlbenachrichtigungen erhalten, da sie
diese ansonsten nicht in Kopie der Gemeinde Worpswede hätten übersenden können. Das Wählerverzeichnis
sei auch insoweit richtig gewesen, als dass die Einspruchsführerin (und der Einspruchsführer zum Aktenzei-
chen WP 43/13) als wahlberechtigt, lediglich mit der falschen Hausnummer eingetragen gewesen seien. Im
Übrigen hätten sie bei Zweifeln an der Richtigkeit des Wählerverzeichnisses gemäß § 17 Absatz 1 BWG in
der Zeit vom 2. bis 6. September 2013 die Möglichkeit der Einsichtnahme gehabt. Die Einspruchsführerin
(und der Einspruchsführer zum Aktenzeichen WP 43/13) hätten bei Abwesenheit am Wahltag auch im Rah-
men einer Briefwahl gemäß § 36 BWG an der Bundestagswahl teilnehmen können. Hiervon hätten sie aber
offensichtlich keinen Gebrauch gemacht.

Einen Wahlfehler könne sie, die Landeswahlleiterin, demnach nicht erkennen. Sie halte den Einspruch daher
für unbegründet.

Die Einspruchsführerin hat sich zu der ihr übersandten Stellungnahme nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

I.

Der Einspruch ist unzulässig, soweit die Einspruchsführerin rügt, dass die Wahlbenachrichtigung für die
Landratswahl an die falsche Adresse gesandt worden sei. Selbst wenn diese Wahl am selben Tag wie die
Bundestagswahl stattgefunden haben sollte, erstreckt sich das Wahlprüfungsverfahren beim Deutschen Bun-
destag nach Artikel 41 des Grundgesetzes nicht auf Kommunalwahlen. Hierfür stehen eigene Wahlprüfungs-
verfahren, im vorliegenden Fall gemäß §§ 46 ff. des Niedersächsischen Kommunalwahlgesetzes, zur Verfü-
gung.

II.

Soweit der Einspruch zulässig ist, ist er unbegründet. Dem Vortrag der Einspruchsführerin lässt sich kein
Verstoß gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

1. Die Wahlbenachrichtigung wurde an die richtige Anschrift gesandt, obwohl sie noch auf die alte Haus-
nummer lautete. Dies zeigt der Umstand, dass der Einspruchsführer zum Wahleinspruch mit dem Aktenzei-
chen WP 43/13 sich am 12. September 2013 bei der Gemeinde beschwerte und gleichzeitig Kopien der
Wahlbenachrichtigungen an sich und die Einspruchsführerin einreichte. Selbst wenn die Einspruchsführerin
keine Wahlbenachrichtigung erhalten hätte, bedeutete dies keinen Wahlfehler. Der Erhalt einer Wahlbenach-
richtigung ist nicht Voraussetzung dafür, sein Wahlrecht ausüben zu können. Nach § 14 Absatz 1 BWG darf
wählen, wer in ein Wählerverzeichnis eingetragen ist oder einen Wahlschein hat. Die Einspruchsführerin war
unstreitig ins Wählerverzeichnis eingetragen. Die Wahlberechtigung dient zwar als Identitätsnachweis (vgl.
Hahlen, in: Schreiber, Bundeswahlgesetz, 9. Auflage 2013, § 14 Rn. 10). Ihre Vorlage zur Stimmabgabe im
Wahllokal ist jedoch nicht erforderlich (vgl. Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlage 7; 17/2250, Anlage
18). Durch Vorlage ihres Personalausweises oder eines sonstigen amtlichen Papiers (vgl. § 56 Absatz 3 der
Bundeswahlordnung) hätte die Einspruchsführerin grundsätzlich in dem für sie zuständigen Wahllokal am
Wahltag ihr Wahlrecht ausüben können.

2. Bezüglich der vermeintlichen Nichtigkeit des Bundeswahlgesetzes ist zunächst darauf hinzuweisen, dass
der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag in ständiger Praxis im Rahmen eines Wahlprü-
fungsverfahrens die Verfassungsmäßigkeit von Wahlrechtsvorschriften nicht überprüfen. Eine derartige Kon-
trolle ist stets dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten worden (vgl. zuletzt etwa Bundestagsdrucksachen
16/1800, Anlagen 26 bis 28 mit weiteren Nachweisen; 17/1000, Anlagen 5 und 11; 17/2200, Anlagen 1, 13
bis 15, 17 bis 20, 23 und 24; 17/3100, Anlagen 15, 19, 20, 22 bis 30, 32, 34 bis 36; 17/4600, Anlagen 10, 12,
13, 32, 38, 40 bis 43 mit weiteren Nachweisen; 17/6300, Anlage 19).

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 85 – Drucksache 18/1710

Gleichwohl kann das Vorbringen der Einspruchsführerin nicht unwidersprochen bleiben: Aus dem von ihr
genannten Urteil des Bundesverfassungsgerichts folgt nicht die Unwirksamkeit aller bis zum 7. Mai 1956
zurückliegenden Wahlen. Daher geht auch ihr Vorbringen zur angeblich nicht vorhandenen Legitimation
aller nach 1956 gewählten Bundestage und Bundesregierungen sowie zur Nichtigkeit all ihrer Gesetze und
sonstigen Handlungen fehl. In seiner Entscheidung vom 25. Juli 2012 (BVerfGE 131, 316) hat das Bundes-
verfassungsgericht nicht geurteilt, jegliche Wahlen seit dem Jahr 1956 seien „nicht verfassungskonform vom
verfassungsgemäßen Gesetzgeber durchgeführt“ worden. Das Gericht hat lediglich das durch das Neunzehnte
Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes vom 25. November 2011 neu gestaltete Verfahren der Vertei-
lung der (Landes-)Listenmandate gemäß § 6 des Bundeswahlgesetzes für verfassungswidrig bzw. nichtig
erklärt. Eine Aufhebung des Bundeswahlgesetzes in Gänze, gar eine rückwirkende, hatte das Urteil nicht zur
Folge. Der Gesetzgeber hat im Übrigen auf die Einwände des Gerichts reagiert und das Sitzverteilungsver-
fahren auf die Landeslisten durch das Zweiundzwanzigste Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes
vom 3. Mai 2013 (Bundesgesetzblatt I S. 1082) neu und aus Sicht des Wahlprüfungsausschusses und des
Deutschen Bundestages verfassungskonform geregelt.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 87 – Drucksache 18/1710

Anlage 20

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn Prof. Dr. T. H., 27726 Worpswede,

– Az.: WP 43/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Schreiben vom 24. September 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

1. Er rügt, die Gemeinde Worpswede habe die Wahlbenachrichtigungskarten für die Landratswahl und die
Bundestagswahl an die falsche Adresse gesandt. Es sei zu vermuten, dass die falsche Anschrift sich auch im
Wählerverzeichnis finde.

2. Überdies sei die Bundestagswahl 2013 wie alle bis zum 7. Mai 1956 zurückliegenden Wahlen von Anfang
an nichtig. Das Bundesverfassungsgericht habe am 25. Juli 2012 entschieden, dass jegliche Wahlen seit dem
Jahr 1956 „nicht verfassungskonform vom verfassungsgemäßen Gesetzgeber durchgeführt“ worden seien.
Alle nach 1956 gewählten Bundestag und Bundesregierungen seien nicht legitimiert (gewesen) und alle ihre
Maßnahmen wie z. B. die Gesetzgebung nichtig. Sie könnten auch aktuell nicht gesetzgeberisch tätig werden.
Auch das Bundesverfassungsgericht habe keine Befugnis (besessen), den verfassungswidrigen Zustand zu
heilen.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Die Niedersächsische Landeswahlleiterin hat zu dem Einspruch am 6. März im Wesentlichen wie folgt
Stellung genommen:

Sie habe die Kreiswahlleiterin des Wahlkreises 34 (Osterholz-Verden) hierzu um Stellungnahme gebeten.
Diese habe ihr mitgeteilt, dass das Anwesen des Einspruchsführers (und der Einspruchsführerin zum Akten-
zeichen WP 42/13) zunächst die Hausnummer 2 A getragen habe. Da diese Hausnummer jedoch doppelt
vergeben gewesen sei, habe sich die Gemeinde Worpswede dazu entschieden, das Anwesen nunmehr mit der
Hausnummer 32 zu versehen. Diese Änderung sei ab dem 1. Juni 2013 bestandskräftig geworden, da gegen
den entsprechenden Bescheid kein Rechtsbehelf eingelegt worden sei. Allerdings sei die Änderung der Haus-
nummer zwischen dem Bauamt und dem Wahlamt der Gemeinde nicht rechtzeitig kommuniziert worden, so
dass auf der Wahlbenachrichtigung noch die alte Hausnummer aufgedruckt gewesen sei. Die Wahlbenach-
richtigungen seien dem Einspruchsführer (und der Einspruchsführerin zum Aktenzeichen WP 42/13) jedoch
trotz der falschen Hausnummer zugegangen. Dies werde dadurch belegt, dass der Einspruchsführer sich am
12. September 2013 bei der Gemeinde beschwert und gleichzeitig Kopien der Wahlbenachrichtigungen ein-
gereicht habe. Von der Beantragung von Wahlscheinen und Briefwahlunterlagen sei nach der Stellungnahme
der Kreiswahlleiterin offensichtlich kein Gebrauch gemacht worden.

Gemäß § 14 des Bundeswahlgesetzes (BWG) könne wählen, wer im Wählerverzeichnis eingetragen sei. Al-
lein die Wahlbenachrichtigung sei – entgegen der Annahme des Einspruchsführers (und der Einspruchsführe-
rin zum Aktenzeichen WP 42/13) – keine Voraussetzung für die Ausübung des Wahlrechts, sie diene viel-
mehr der Sicherheit für die wahlberechtigte Person über die Eintragung in das Wählerverzeichnis. Entschei-

Drucksache 18/1710 – 88 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

dend sei vielmehr die Eintragung in das Wählerverzeichnis. Aufgrund der Wahlbenachrichtigung könne und
dürfe die wahlberechtigte Person davon ausgehen, dass sie in das Wählerverzeichnis eingetragen sei. Erhalte
sie jedoch keine Wahlbenachrichtigung, müsse sie die aus einer eventuellen Nichteintragung in das Ver-
zeichnis und aus dem Unterlassen eines Einspruchs gegen das Wählerverzeichnis wegen Unrichtigkeit oder
Unvollständigkeit innerhalb der Einsichtsfrist nach § 22 Absätze 1 und 2 der Bundeswahlordnung (BWO)
resultierende Folge des Ausschlusses von der Wahlteilnahme tragen. Der Einspruchsführer (und die Ein-
spruchsführerin zum Aktenzeichen WP 42/13) seien – was unstreitig sei – in das Wählerverzeichnis eingetra-
gen und wahlberechtigt gewesen. Sie hätten offensichtlich sogar die Wahlbenachrichtigungen erhalten, da sie
diese ansonsten nicht in Kopie der Gemeinde Worpswede hätten übersenden können. Das Wählerverzeichnis
sei auch insoweit richtig gewesen, als dass der Einspruchsführer (und die Einspruchsführerin zum Aktenzei-
chen WP 42/13) als wahlberechtigt, lediglich mit der falschen Hausnummer eingetragen gewesen seien. Im
Übrigen hätten sie bei Zweifeln an der Richtigkeit des Wählerverzeichnisses gemäß § 17 Absatz 1 BWG in
der Zeit vom 2. bis 6. September 2013 die Möglichkeit der Einsichtnahme gehabt. Der Einspruchsführer und
die Einspruchsführerin zum Aktenzeichen WP 42/13) hätten bei Abwesenheit am Wahltag auch im Rahmen
einer Briefwahl gemäß § 36 BWG an der Bundestagswahl teilnehmen können. Hiervon hätten sie aber offen-
sichtlich keinen Gebrauch gemacht.

Einen Wahlfehler könne sie, die Landeswahlleiterin, demnach nicht erkennen. Sie halte den Einspruch daher
für unbegründet.

Der Einspruchsführer hat sich zu der ihm übersandten Stellungnahme nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

I.

Der Einspruch ist unzulässig, soweit der Einspruchsführer rügt, dass die Wahlbenachrichtigung für die Land-
ratswahl an die falsche Adresse gesandt worden sei. Selbst wenn diese Wahl am selben Tag wie die Bundes-
tagswahl stattgefunden haben sollte, erstreckt sich das Wahlprüfungsverfahren beim Deutschen Bundestag
nach Artikel 41 des Grundgesetzes nicht auf Kommunalwahlen. Hierfür stehen eigene Wahlprüfungsverfah-
ren, im vorliegenden Fall gemäß §§ 46 ff. des Niedersächsischen Kommunalwahlgesetzes, zur Verfügung.

II.

Soweit der Einspruch zulässig ist, ist er unbegründet. Dem Vortrag des Einspruchsführers lässt sich kein
Verstoß gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

1. 1. Die Wahlbenachrichtigung wurde an die richtige Anschrift gesandt, obwohl sie noch auf die alte Haus-
nummer lautete. Dies zeigt der Umstand, dass der Einspruchsführer sich am 12. September 2013 bei der Ge-
meinde beschwerte und gleichzeitig Kopien der Wahlbenachrichtigungen an sich und die Einspruchsführerin
zum Wahleinspruch mit dem Aktenzeichen WP 43/13 einreichte. Selbst wenn der Einspruchsführer keine
Wahlbenachrichtigung erhalten hätte, bedeutete dies keinen Wahlfehler. Der Erhalt einer Wahlbenachrichti-
gung ist nicht Voraussetzung dafür, sein Wahlrecht ausüben zu können. Nach § 14 Absatz 1 BWG darf wäh-
len, wer in ein Wählerverzeichnis eingetragen ist oder einen Wahlschein hat. Der Einspruchsführer war un-
streitig ins Wählerverzeichnis eingetragen. Die Wahlberechtigung dient zwar als Identitätsnachweis (vgl.
Hahlen, in: Schreiber, Bundeswahlgesetz, 9. Auflage 2013, § 14 Rn. 10). Ihre Vorlage zur Stimmabgabe im
Wahllokal ist jedoch nicht erforderlich (vgl. Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlage 7; 17/2250, Anlage
18). Durch Vorlage seines Personalausweises oder eines sonstigen amtlichen Papiers (vgl. § 56 Absatz 3 der
Bundeswahlordnung) hätte der Einspruchsführer grundsätzlich in dem für ihn zuständigen Wahllokal am
Wahltag sein Wahlrecht ausüben können.

2. Bezüglich der vermeintlichen Nichtigkeit des Bundeswahlgesetzes ist zunächst darauf hinzuweisen, dass
der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag in ständiger Praxis im Rahmen eines Wahlprü-
fungsverfahrens die Verfassungsmäßigkeit von Wahlrechtsvorschriften nicht überprüfen. Eine derartige Kon-
trolle ist stets dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten worden (vgl. zuletzt etwa Bundestagsdrucksachen
16/1800, Anlagen 26 bis 28 mit weiteren Nachweisen; 17/1000, Anlagen 5 und 11; 17/2200, Anlagen 1, 13
bis 15, 17 bis 20, 23 und 24; 17/3100, Anlagen 15, 19, 20, 22 bis 30, 32, 34 bis 36; 17/4600, Anlagen 10, 12,
13, 32, 38, 40 bis 43 mit weiteren Nachweisen; 17/6300, Anlage 19).

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89 – Drucksache 18/1710

Gleichwohl kann das Vorbringen des Einspruchsführers nicht unwidersprochen bleiben: Aus dem von ihm
genannten Urteil des Bundesverfassungsgerichts folgt nicht die Unwirksamkeit aller bis zum 7. Mai 1956
zurückliegenden Wahlen. Daher geht auch sein Vorbringen zur angeblich nicht vorhandenen Legitimation
aller nach 1956 gewählten Bundestage und Bundesregierungen sowie zur Nichtigkeit all ihrer Gesetze und
sonstigen Handlungen fehl. In seiner Entscheidung vom 25. Juli 2012 (BVerfGE 131, 316) hat das Bundes-
verfassungsgericht nicht geurteilt, jegliche Wahlen seit dem Jahr 1956 seien „nicht verfassungskonform vom
verfassungsgemäßen Gesetzgeber durchgeführt“ worden. Das Gericht hat lediglich das durch das Neunzehnte
Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes vom 25. November 2011 neu gestaltete Verfahren der Vertei-
lung der (Landes-)Listenmandate gemäß § 6 des Bundeswahlgesetzes für verfassungswidrig bzw. nichtig
erklärt. Eine Aufhebung des Bundeswahlgesetzes in Gänze, gar eine rückwirkende, hatte das Urteil nicht zur
Folge. Der Gesetzgeber hat im Übrigen auf die Einwände des Gerichts reagiert und das Sitzverteilungsver-
fahren auf die Landeslisten durch das Zweiundzwanzigste Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes
vom 3. Mai 2013 (Bundesgesetzblatt I S. 1082) neu und aus Sicht des Wahlprüfungsausschusses und des
Deutschen Bundestages verfassungskonform geregelt.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 91 – Drucksache 18/1710

Anlage 21

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn D. F., 30519 Hannover,

– Az.: WP 45/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Schreiben vom 3. Oktober 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Er trägt vor, viele Tausend Menschen hätten die angeforderten Briefwahlunterlagen nicht erhalten. Somit
seien sie ohne Stimme geblieben, z. B. auch seine Mutter. In den sozialen Netzwerken fänden sich genug
Beweise, dass es in einigen Wahlkreisen zu kleineren, teilweise sogar größeren Pannen bei der Stimmauszäh-
lung gekommen sei. Beispielsweise sei ein Meppener Wahllokal stichprobenartig untersucht worden. Diese
Prüfung habe ergeben, dass die Hälfte der Zweitstimmen für die Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD)
nicht berücksichtigt worden sei.

Mit Schreiben des Ausschusssekretariats vom 7. Oktober 2013 wurde der Einspruchsführer gebeten, mitzutei-
len, durch welche konkreten Umstände er die Wahlrechtsvorschriften verletzt sehe und insbesondere zu
schildern, wo Briefwahlunterlagen verschwunden seien. Er hat darauf nicht reagiert.

Die Niedersächsische Landeswahlleiterin hat zu dem Vorbringen, soweit es ihren Zuständigkeitsbereich
betrifft, am 6. März 2014 im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Sie habe den Kreiswahlleiter des Wahlkreises 31 (Mittelems) hierzu um Stellungnahme gebeten. Dieser habe
ihr mitgeteilt, dass bei der Stimmenauszählung des Meppener Wahlbezirks 104 ein Wahlbeobachter der AfD
anwesend gewesen sei, was auch in der Wahlniederschrift vermerkt worden sei. Die Auszählung der Stimm-
zettel sei ohne Probleme verlaufen. Allerdings habe es zunächst einen Fehler bei der Eintragung der Zweit-
stimmen in die sog. Schnellmeldung gegeben. Insgesamt seien 713 gültige Stimmabgaben gezählt worden, in
die Schnellmeldung seien aber nur 697 Stimmen eingetragen worden. Daher sei vor Ort diese Differenz
nochmals überprüft worden, Dabei habe man festgestellt, dass nur 15 anstatt 31 Zweitstimmen für die AfD in
die Schnellmeldung eingetragen worden seien. Hierbei solle es sich gerade nicht um für ungültig erklärte
Zweitstimmen, sondern um ein Übersehen dieses Stimmen gehandelt haben. Dieser Fehler sei umgehend
korrigiert worden. Das korrekte Ergebnis des Wahlbezirks sei dann der Stadt Meppen anhand der Schnell-
meldung telefonisch übermittelt und dann auch im vorläufigen Wahlergebnis berücksichtigt worden. Aus der
Stellungnahme des Kreiswahlleiters werde deutlich, dass bereits der Vortrag des Einspruchsführers vom
Sachverhalt her nicht zutreffend sei. Es seien gerade keine Stimmen für die AfD in dem genannten Wahlbe-
zirk in Meppen unberücksichtigt geblieben. Es habe auch keinen Zählfehler, sondern nur einen Übertragungs-
fehler gegeben, der rechtzeitig noch vor Absetzen der Schnellmeldung habe korrigiert werden können. Die
Stimmen für die AfD seien daher im Wahlergebnis ordnungsgemäß berücksichtigt worden. Ein Wahlfehler
sei demnach nicht ersichtlich.

Der Einspruchsführer hat sich zu der ihm übersandten Stellungnahme nicht geäußert.

Drucksache 18/1710 – 92 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vortrag des Einspruchsführers lässt sich kein Verstoß
gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

1. In Bezug auf die angeblich in Tausenden von Fällen nicht erhaltenen Briefwahlunterlagen bleibt der Ein-
spruchsführer im Ungefähren. Er nennt keine Namen und keine Adressen oder Städte, in denen eine Zusen-
dungen unterblieben sein soll, auch nicht hinsichtlich seiner Mutter. Die Angaben des Einspruchsführers
machen es unmöglich, nachzuvollziehen, wo sich das gerügte Geschehen zugetragen haben soll, und entspre-
chende Sachverhaltsaufklärung zu betreiben. Auch hinsichtlich angeblicher Pannen bei der Stimmauszählung
belässt es der Einspruchsführer bei einem pauschalen Verweis auf soziale Netzwerke, ohne aber ins Detail zu
gehen. Wahlbeanstandungen, die über nicht belegte Vermutungen oder die bloße Andeutung der Möglichkeit
von Wahlfehlern nicht hinausgehen und einen konkreten, der Überprüfung zugänglichen Tatsachenvortrag
nicht enthalten, müssen als unsubstantiiert zurückgewiesen werden (Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anla-
gen 283 bis 285; 15/1850, Anlage 25; 15/2400, Anlage 9; 17/1000, Anlagen 13 und 19; BVerfGE 48, 271
[276]; 66, 369 [379]; 85, 148 [159]; 122, 304 [309]; Hahlen, in: Schreiber, Bundeswahlgesetz, 9. Auflage
2013, § 49 Rn. 25).

2. In der Stadt Meppen wurde lediglich am Wahlabend zunächst eine zu geringe Zahl der für die AfD abge-
gebenen gültigen Zweitstimmen in die Schnellmeldung eingetragen. Dieses Versehen wurde noch rechtzeitig
vor Absetzen der Schnellmeldung korrigiert. Alle Stimmen für die AfD wurden berücksichtigt. Das Versehen
blieb damit folgenlos. Das korrekte Ergebnis des Wahlbezirks ist dann der Stadt Meppen anhand der
Schnellmeldung telefonisch übermittelt und dann auch im vorläufigen sowie endgültigen Wahlergebnis be-
rücksichtigt worden. Die Stimmenzahl für die AfD spiegelt sich also im Meppener Wahlergebnis korrekt
wider.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 93 – Drucksache 18/1710

Anlage 22

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn M. N., 90574 Roßtal,

– Az.: WP 46/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Schreiben vom 4. Oktober 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Er trägt vor, viele Tausend Menschen hätten die angeforderten Briefwahlunterlagen nicht erhalten und seien
somit ohne Stimme geblieben. Er selbst habe keine Wahlbenachrichtigung erhalten. Die Unwissenheit darü-
ber, dass man auch ohne diese Benachrichtigung wählen könne, könne bei anderen zur Folge gehabt haben,
dass sie gar nicht erst gewählt hätten. Ferner fänden sich in den sozialen Netzwerken genug Beweise, dass es
in einigen Wahlkreisen zu kleineren, teilweise sogar größeren Pannen bei der Stimmauszählung gekommen
sei.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Mit Schreiben vom 7. Oktober 2013 wurde der Einspruchsführer gebeten, mitzuteilen, durch welche konkre-
ten Umstände er die Wahlrechtsvorschriften verletzt sehe und insbesondere zu schildern, wo Briefwahlunter-
lagen verschwunden seien. Er hat darauf nicht reagiert.

Die Gemeinde Markt Roßtal hat zu dem Vorbringen des Einspruchsführers, soweit es ihre Zuständigkeit
betrifft, am 20. März 2014 wie folgt Stellung genommen:

Die Wahlbenachrichtigungen für die Bundestagswahl 2013 seien in Roßtal durch Austräger zugestellt wor-
den. Die Zustellung sei bis längstens 29. August 2013 erfolgt. Die Austräger seien angewiesen worden, die
Wahlbenachrichtigungen nicht zusammen mit Werbeprospekten und nur in Briefkästen einzuwerfen, an de-
nen der Name des oder der Wahlberechtigten angebracht sei. Nicht zustellbare Wahlbenachrichtigungen hät-
ten die Austräger wieder an die Gemeinde zurückgeben müssen. Die Wahlbenachrichtigung des Einspruchs-
führers sei nicht in den Rücklauf gekommen. Somit sei sie ihm ordnungsgemäß zugestellt worden.

Der Einspruchsführer hat sich zu der ihm übersandten Stellungnahme nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vortrag des Einspruchsführers lässt sich kein Verstoß
gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

1. Der Vortrag des Einspruchsführers, er habe keine Wahlbenachrichtigung erhalten, weist nicht auf einen
Wahlfehler hin. Zum einen befand sich die Wahlbenachrichtigung des Einspruchsführers nicht im Rücklauf
und ist ihm also offensichtlich zugestellt worden. Zum anderen ist der Erhalt einer Wahlbenachrichtigung
nicht Voraussetzung dafür, sein Wahlrecht ausüben zu können – wie der Vortrag des Einspruchsführers selbst
andeutet. Nach § 14 Absatz 1 des Bundeswahlgesetzes darf wählen, wer in ein Wählerverzeichnis eingetra-

Drucksache 18/1710 – 94 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

gen ist oder einen Wahlschein hat. Seinen Eintrag ins Wählerverzeichnis bestreitet der Einspruchsführer
nicht. Die Wahlberechtigung dient zwar als Identitätsnachweis (vgl. Hahlen, in: Schreiber, Bundeswahlge-
setz, 9. Auflage 2013, § 14 Rn. 10). Ihre Vorlage zur Stimmabgabe im Wahllokal ist jedoch nicht erforderlich
(vgl. Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlage 7; 17/2250, Anlage 18). Durch Vorlage seines Personalaus-
weises oder eines sonstigen amtlichen Papiers (vgl. § 56 Absatz 3 der Bundeswahlordnung) hätte der Ein-
spruchsführer grundsätzlich in dem für ihn zuständigen Wahllokal am Wahltag sein Wahlrecht ausüben kön-
nen.

2. In Bezug auf die angeblich in Tausenden von Fällen nicht erhaltenen Briefwahlunterlagen bleibt der Ein-
spruchsführer im Ungefähren. Er nennt keine Namen und keine Adressen oder Städte, in denen eine Zusen-
dung unterblieben sein soll. Die Angaben des Einspruchsführers machen es unmöglich, nachzuvollziehen, wo
sich das gerügte Geschehen zugetragen haben soll, und entsprechende Sachverhaltsaufklärung zu betreiben.
Seine Vermutung, Unwissenheit darüber, dass man auch ohne die Wahlbenachrichtigung wählen könne, kön-
ne bei anderen zur Folge gehabt haben, dass sie gar nicht erst gewählt hätten, ist ebenfalls durch nichts be-
legt. Auch hinsichtlich angeblicher Pannen bei der Stimmauszählung belässt es der Einspruchsführer bei
einem pauschalen Verweis auf soziale Netzwerke, ohne aber ins Detail zu gehen. Wahlbeanstandungen, die
über nicht belegte Vermutungen oder die bloße Andeutung der Möglichkeit von Wahlfehlern nicht hinausge-
hen und einen konkreten, der Überprüfung zugänglichen Tatsachenvortrag nicht enthalten, müssen als
unsubstantiiert zurückgewiesen werden (Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlagen 283 bis 285; 15/1850,
Anlage 25; 15/2400, Anlage 9; 17/1000, Anlagen 13 und 19; BVerfGE 48, 271 [276]; 66, 369 [379]; 85, 148
[159]; 122, 304 [309]; Hahlen, in: Schreiber, § 49 Rn. 25).

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 95 – Drucksache 18/1710

Anlage 23

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

der Frau S. E., 90574 Roßtal,

– Az.: WP 47/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Die Einspruchsführerin hat mit einem Schreiben vom 4. Oktober 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Sie trägt vor, viele Tausend Menschen hätten die angeforderten Briefwahlunterlagen nicht erhalten und seien
somit ohne Stimme geblieben. Sie selbst habe keine Wahlbenachrichtigung erhalten. Die Unwissenheit darü-
ber, dass man auch ohne diese Benachrichtigung wählen könne, könne bei anderen zur Folge gehabt haben,
dass sie gar nicht erst gewählt hätten. Ferner fänden sich in den sozialen Netzwerken genug Beweise, dass es
in einigen Wahlkreisen zu kleineren, teilweise sogar größeren Pannen bei der Stimmauszählung gekommen
sei.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages der Einspruchsführerin wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Mit Schreiben vom 7. Oktober 2013 wurde die Einspruchsführerin gebeten, mitzuteilen, durch welche kon-
kreten Umstände sie die Wahlrechtsvorschriften verletzt sehe und insbesondere zu schildern, wo Briefwahl-
unterlagen verschwunden seien. Sie hat darauf nicht reagiert.

Die Gemeinde Markt Roßtal hat zu dem Vorbringen der Einspruchsführerin, soweit es ihre Zuständigkeit
betrifft, am 29. Januar 2014 wie folgt Stellung genommen:

Die Wahlbenachrichtigungen für die Bundestagswahl 2013 seien in Roßtal durch Austräger zugestellt wor-
den. Die Zustellung sei bis längstens 29. August 2013 erfolgt. Die Austräger seien angewiesen worden, die
Wahlbenachrichtigungen nicht zusammen mit Werbeprospekten und nur in Briefkästen einzuwerfen, an de-
nen der Name des oder der Wahlberechtigten angebracht sei. Nicht zustellbare Wahlbenachrichtigungen hät-
ten die Austräger wieder an die Gemeinde zurückgeben müssen. Die Wahlbenachrichtigung der Einspruchs-
führerin sei nicht in den Rücklauf gekommen. Somit sei sie ihr ordnungsgemäß zugestellt worden.

Die Einspruchsführerin hat sich zu der ihr übersandten Stellungnahme nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vortrag der Einspruchsführerin lässt sich kein Verstoß
gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

1. Der Vortrag der Einspruchsführerin, sie habe keine Wahlbenachrichtigung erhalten, weist nicht auf einen
Wahlfehler hin. Zum einen befand sich die Wahlbenachrichtigung der Einspruchsführerin nicht im Rücklauf
und ist ihr also offensichtlich zugestellt worden. Zum anderen ist der Erhalt einer Wahlbenachrichtigung
nicht Voraussetzung dafür, sein Wahlrecht ausüben zu können – wie der Vortrag der Einspruchsführerin
selbst andeutet. Nach § 14 Absatz 1 des Bundeswahlgesetzes darf wählen, wer in ein Wählerverzeichnis ein-

Drucksache 18/1710 – 96 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

getragen ist oder einen Wahlschein hat. Ihren Eintrag ins Wählerverzeichnis bestreitet der Einspruchsführer
nicht. Die Wahlberechtigung dient zwar als Identitätsnachweis (vgl. Hahlen, in: Schreiber, Bundeswahlge-
setz, 9. Auflage 2013, § 14 Rn. 10). Ihre Vorlage zur Stimmabgabe im Wahllokal ist jedoch nicht erforderlich
(vgl. Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlage 7; 17/2250, Anlage 18). Durch Vorlage seines Personalaus-
weises oder eines sonstigen amtlichen Papiers (vgl. § 56 Absatz 3 der Bundeswahlordnung) hätte die Ein-
spruchsführerin grundsätzlich in dem für sie zuständigen Wahllokal am Wahltag ihr Wahlrecht ausüben kön-
nen.

2. In Bezug auf die angeblich in Tausenden von Fällen nicht erhaltenen Briefwahlunterlagen bleibt die Ein-
spruchsführerin im Ungefähren. Sie nennt keine Namen und keine Adressen oder Städte, in denen eine Zu-
sendung unterblieben sein soll. Die Angaben der Einspruchsführerin machen es unmöglich, nachzuvollzie-
hen, wo sich das gerügte Geschehen zugetragen haben soll, und entsprechende Sachverhaltsaufklärung zu
betreiben. Ihre Vermutung, Unwissenheit darüber, dass man auch ohne die Wahlbenachrichtigung wählen
könne, könne bei anderen zur Folge gehabt haben, dass sie gar nicht erst gewählt hätten, ist ebenfalls durch
nichts belegt. Auch hinsichtlich angeblicher Pannen bei der Stimmauszählung belässt es die Einspruchsführe-
rin bei einem pauschalen Verweis auf soziale Netzwerke, ohne aber ins Detail zu gehen. Wahlbeanstandun-
gen, die über nicht belegte Vermutungen oder die bloße Andeutung der Möglichkeit von Wahlfehlern nicht
hinausgehen und einen konkreten, der Überprüfung zugänglichen Tatsachenvortrag nicht enthalten, müssen
als unsubstantiiert zurückgewiesen werden (Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlagen 283 bis 285; 15/1850,
Anlage 25; 15/2400, Anlage 9; 17/1000, Anlagen 13 und 19; BVerfGE 48, 271 [276]; 66, 369 [379]; 85, 148
[159]; 122, 304 [309]; Hahlen, in: Schreiber, § 49 Rn. 25).

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 97 – Drucksache 18/1710

Anlage 24

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn Dr. W. N., 90574 Roßtal,

– Az.: WP 48/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Schreiben vom 3. Oktober 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Er trägt vor, viele Tausend Menschen hätten die angeforderten Briefwahlunterlagen nicht erhalten und seien
somit ohne Stimme geblieben. Sein Sohn und auch sein Bruder hätten keine Wahlbenachrichtigung erhalten.
Die Unwissenheit darüber, dass man auch ohne diese Benachrichtigung wählen könne, könne bei anderen zur
Folge gehabt haben, dass sie gar nicht erst gewählt hätten. Ferner fänden sich in den sozialen Netzwerken
genug Beweise, dass es in einigen Wahlkreisen zu kleineren, teilweise sogar größeren Pannen bei der Stimm-
auszählung gekommen sei.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Mit Schreiben vom 7. Oktober 2013 wurde der Einspruchsführer gebeten, mitzuteilen, durch welche konkre-
ten Umstände er die Wahlrechtsvorschriften verletzt sehe und insbesondere zu schildern, wo Briefwahlunter-
lagen verschwunden seien. Er hat darauf nicht reagiert.

Die Gemeinde Markt Roßtal hat zu dem Vorbringen des Einspruchsführers, soweit es ihre Zuständigkeit
betrifft, am 29. Januar 2014 wie folgt Stellung genommen:

Die Wahlbenachrichtigungen für die Bundestagswahl 2013 seien in Roßtal durch Austräger zugestellt wor-
den. Die Zustellung sei bis längstens 29. August 2013 erfolgt. Die Austräger seien angewiesen worden, die
Wahlbenachrichtigungen nicht zusammen mit Werbeprospekten und nur in Briefkästen einzuwerfen, an de-
nen der Name des oder der Wahlberechtigten angebracht sei. Nicht zustellbare Wahlbenachrichtigungen hät-
ten die Austräger wieder an die Gemeinde zurückgeben müssen. Die Wahlbenachrichtigung des Einspruchs-
führers, seines Bruders und seines Sohnes seien nicht in den Rücklauf gekommen. Somit seien diese ord-
nungsgemäß zugestellt worden.

Der Einspruchsführer hat sich zu der ihm übersandten Stellungnahme nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vortrag des Einspruchsführers lässt sich kein Verstoß
gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

1. Der Vortrag des Einspruchsführers, er sein Bruder und sein Sohn hätten keine Wahlbenachrichtigung er-
halten, weist nicht auf einen Wahlfehler hin. Zum einen befanden sich die Wahlbenachrichtigung des Ein-
spruchsführers, seines Bruders und seines Sohnes nicht im Rücklauf und sind ihnen also offensichtlich zuge-

Drucksache 18/1710 – 98 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

stellt worden. Zum anderen ist der Erhalt einer Wahlbenachrichtigung nicht Voraussetzung dafür, sein Wahl-
recht ausüben zu können – wie der Einspruchsführer selbst andeutet. Nach § 14 Absatz 1 des Bundeswahlge-
setzes darf wählen, wer in ein Wählerverzeichnis eingetragen ist oder einen Wahlschein hat. Seinen Eintrag
ins Wählerverzeichnis bestreitet der Einspruchsführer nicht. Die Wahlberechtigung dient zwar als Identitäts-
nachweis (vgl. Hahlen, in: Schreiber, Bundeswahlgesetz, 9. Auflage 2013, § 14 Rn. 10). Ihre Vorlage zur
Stimmabgabe im Wahllokal ist jedoch nicht erforderlich (vgl. Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlage 7;
17/2250, Anlage 18). Durch Vorlage seines Personalausweises oder eines sonstigen amtlichen Papiers (vgl.
§ 56 Absatz 3 der Bundeswahlordnung) hätte der Einspruchsführer grundsätzlich in dem für ihn zuständigen
Wahllokal am Wahltag sein Wahlrecht ausüben können.

2. In Bezug auf die angeblich in Tausenden von Fällen nicht erhaltenen Briefwahlunterlagen bleibt der Ein-
spruchsführer im Ungefähren. Er nennt keine Namen und keine Adressen oder Städte, in denen eine Zusen-
dung unterblieben sein soll. Die Angaben des Einspruchsführers machen es unmöglich, nachzuvollziehen, wo
sich das gerügte Geschehen zugetragen haben soll, und entsprechende Sachverhaltsaufklärung zu betreiben.
Seine Vermutung, Unwissenheit darüber, dass man auch ohne die Wahlbenachrichtigung wählen könne, kön-
ne bei anderen zur Folge gehabt haben, dass sie gar nicht erst gewählt hätten, ist ebenfalls durch nichts be-
legt. Auch hinsichtlich angeblicher Pannen bei der Stimmauszählung belässt es der Einspruchsführer bei
einem pauschalen Verweis auf soziale Netzwerke, ohne aber ins Detail zu gehen. Wahlbeanstandungen, die
über nicht belegte Vermutungen oder die bloße Andeutung der Möglichkeit von Wahlfehlern nicht hinausge-
hen und einen konkreten, der Überprüfung zugänglichen Tatsachenvortrag nicht enthalten, müssen als
unsubstantiiert zurückgewiesen werden (Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlagen 283 bis 285; 15/1850,
Anlage 25; 15/2400, Anlage 9; 17/1000, Anlagen 13 und 19; BVerfGE 48, 271 [276]; 66, 369 [379]; 85, 148
[159]; 122, 304 [309]; Hahlen, in: Schreiber, § 49 Rn. 25).

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 99 – Drucksache 18/1710

Anlage 25

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

1. des Herrn F. H., 84172 Buch am Erlbach
2. des Herrn R. H., ebenda,
3. der Frau W. H., ebenda,
4. der Frau K. H., ebenda,
5. der Frau F. H., ebenda,

– Az.: WP 52/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Die Einspruchsführer haben mit einem Schreiben vom 4. Oktober 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Die Einspruchsführer nehmen in ihrem Schreiben pauschal Bezug auf eine Internetseite, die eine „Petition“
für Neuwahlen enthält. Darin wird unter anderem behauptet, dass viele Tausend Menschen die angeforderten
Briefwahlunterlagen nicht erhalten hätten und somit ohne Stimme geblieben seien. Ferner fänden sich in den
sozialen Netzwerken genug Beweise, dass es in einigen Wahlkreisen zu kleineren, teilweise sogar größeren
Pannen bei der Stimmauszählung gekommen sei. Beispielsweise sei ein Meppener Wahllokal stichprobenar-
tig untersucht worden. Diese Prüfung habe ergeben, dass die Hälfte der Zweitstimmen für die Partei „Alter-
native für Deutschland“ (AfD) nicht berücksichtigt worden sei.

Die Einspruchsführer fordern, ein „unabhängiges Land“ zur Wahlprüfung mit einzubeziehen, sowie die
Richtlinien zur Wahlprüfung zu verschärfen „(Kugelschreiber, Ausweiskontrollen)“.

Mit einem Schreiben vom 9. Oktober 2013 wurden die Einspruchsführer gebeten, mitzuteilen, durch welche
konkreten Umstände sie die Wahlrechtsvorschriften verletzt sähen. Sie haben darauf nicht reagiert.

Die Niedersächsische Landeswahlleiterin hat zu demjenigen Einspruchsgegenstand, der ihren Zuständig-
keitsbereich berührt, am 6. März 2014 im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Sie habe den Kreiswahlleiter des Wahlkreises 31 (Mittelems) hierzu um Stellungnahme gebeten. Dieser habe
ihr mitgeteilt, dass bei der Stimmenauszählung des Meppener Wahlbezirks 104 ein Wahlbeobachter der AfD
anwesend gewesen sei, was auch in der Wahlniederschrift vermerkt worden sei. Die Auszählung der Stimm-
zettel sei ohne Probleme verlaufen. Allerdings habe es zunächst einen Fehler bei der Eintragung der Zweit-
stimmen in die sog. Schnellmeldung gegeben. Insgesamt seien 713 gültige Stimmabgaben gezählt worden, in
die Schnellmeldung seien aber nur 697 Stimmen eingetragen worden. Daher sei vor Ort diese Differenz
nochmals überprüft worden, Dabei habe man festgestellt, dass nur 15 anstatt 31 Zweitstimmen für die AfD in
die Schnellmeldung eingetragen worden seien. Hierbei solle es sich gerade nicht um für ungültig erklärte
Zweitstimmen, sondern um ein Übersehen dieses Stimmen gehandelt haben. Dieser Fehler sei umgehend
korrigiert worden. Das korrekte Ergebnis des Wahlbezirks sei dann der Stadt Meppen anhand der Schnell-
meldung telefonisch übermittelt und dann auch im vorläufigen Wahlergebnis berücksichtigt worden. Aus der
Stellungnahme des Kreiswahlleiters werde deutlich, dass bereits der Vortrag des Einspruchsführers vom
Sachverhalt her nicht zutreffend sei. Es seien gerade keine Stimmen für die AfD in dem genannten Wahlbe-
zirk in Meppen unberücksichtigt geblieben. Es habe auch keinen Zählfehler, sondern nur einen Übertragungs-
fehler gegeben, der rechtzeitig noch vor Absetzen der Schnellmeldung habe korrigiert werden können. Die

Drucksache 18/1710 – 100 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Stimmen für die AfD seien daher im Wahlergebnis ordnungsgemäß berücksichtigt worden. Ein Wahlfehler
sei demnach nicht ersichtlich.

Die Einspruchsführer haben sich zu der ihnen übersandten Stellungnahme nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

I.

Der Einspruch ist unzulässig, soweit die Einspruchsführer fordern, ein „unabhängiges Land“ zur Wahlprü-
fung mit einzubeziehen, sowie die Richtlinien zur Wahlprüfung zu verschärfen. Ein Einspruch ist gemäß § 1
Absatz 1 des Wahlprüfungsgesetzes nur statthaft, soweit er die Gültigkeit der Wahlen zum Deutschen Bun-
destag und die Verletzung von Rechten bei der Vorbereitung oder Durchführung der Wahl, soweit sie der
Wahlprüfung nach Artikel 41 des Grundgesetzes unterliegen, zum Gegenstand hat. Vorschläge zur Gestal-
tung oder Änderung des Wahlprüfungsverfahrens haben keinen Bezug zur Gültigkeit der zurückliegenden
Wahl oder einer möglichen Rechtsverletzung bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahl.

II.

Soweit der Einspruch zulässig ist, ist er unbegründet. Dem Vortrag der Einspruchsführer lässt sich kein Ver-
stoß gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

Vorab ist zu bemerken, dass der bloße Verweis auf eine Internetseite – gerade weil Internetseiten jederzeit
veränderbar sind – grundsätzlich nicht für einen substantiierten eigenen Vortrag ausreicht. Abgesehen davon
ergeben sich aus dem Vorbringen der Einspruchsführer, soweit sie auf eine Petitionsseite Bezug nehmen,
keine mandatsrelevanten Wahlfehler.

1. In Bezug auf die angeblich in Tausenden von Fällen nicht erhaltenen Briefwahlunterlagen bleiben die Ein-
spruchsführer im Ungefähren. Sie nennen keine Namen und keine Adressen oder Städte, in denen eine Zu-
sendung unterblieben sein soll. Die Angaben der Einspruchsführer machen es unmöglich, nachzuvollziehen,
wo sich das gerügte Geschehen zugetragen haben soll, und entsprechende Sachverhaltsaufklärung zu betrei-
ben. Auch hinsichtlich angeblicher Pannen bei der Stimmauszählung belassen es die Einspruchsführer bei
einem pauschalen Verweis auf soziale Netzwerke, ohne aber ins Detail zu gehen. Wahlbeanstandungen, die
über nicht belegte Vermutungen oder die bloße Andeutung der Möglichkeit von Wahlfehlern nicht hinausge-
hen und einen konkreten, der Überprüfung zugänglichen Tatsachenvortrag nicht enthalten, müssen als
unsubstantiiert zurückgewiesen werden (Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlagen 283 bis 285; 15/1850,
Anlage 25; 15/2400, Anlage 9; 17/1000, Anlagen 13 und 19; BVerfGE 48, 271 [276]; 66, 369 [379]; 85, 148
[159]; 122, 304 [309]; Hahlen, in: Schreiber, § 49 Rn. 25).

2. In der Stadt Meppen wurde lediglich am Wahlabend zunächst eine zu geringe Zahl der für die AfD abge-
gebenen gültigen Zweitstimmen in die Schnellmeldung eingetragen. Dieses Versehen wurde noch rechtzeitig
vor Absetzen der Schnellmeldung korrigiert. Alle Stimmen für die AfD wurden berücksichtigt. Das Versehen
blieb damit folgenlos. Das korrekte Ergebnis des Wahlbezirks ist dann der Stadt Meppen anhand der
Schnellmeldung telefonisch übermittelt und dann auch im vorläufigen sowie endgültigen Wahlergebnis be-
rücksichtigt worden. Die Stimmenzahl für die AfD spiegelt sich also im Meppener Wahlergebnis korrekt
wider.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 101 – Drucksache 18/1710

Anlage 26

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn A. S., 38889 Blankenburg,

– Az.: WP 55/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Schreiben vom 4. Oktober 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt. Er hat seinen Vortrag durch Schrei-
ben vom 19. Dezember 2013, 6., 14. und 23. Januar sowie 13. Februar 2014 erweitert.

Er meint, die Vorbereitung und die Durchführung der Wahl verletzten vorrangiges europäisches Recht. Das
Verfassungsprinzip der Wahlrechtsgleichheit gelte für die nationale und die europäische Rechtsebene. Die
Ausübung von Staatsgewalt auf europäischer Ebene vollziehe sich – abgesehen vom im Anfangsstadium
befindlichen Europäischen Parlament – durch die Repräsentanten der Mitgliedstaaten. Diese leiteten ihr
Mandat aus dem Auftrag des nationalen Souveräns ab. Die Ausübung der Staatsgewalt in der Europäischen
Union (EU) durch gewählte Repräsentanten müsse den europarechtlichen Anforderungen an ein gleiches
Wahlrecht genügen. Der Souverän der EU sei nicht identisch mit dem Souverän eines EU-Mitgliedstaates, so
dass nationales Recht, z. B. die Fünf-Prozent-Klausel, nachrangig sei. Einschränkungen bei der Stimmabgabe
zur Konstituierung der Repräsentanten für die Ausübung europäischer Staatsgewalt könnten nur insoweit
zulässig sein, wie sie alle Mitglieder des EU-Souveräns in gleicher Weise träfen. Wenn 290 000 Wähler in
Luxemburg oder Malta durch die aus ihrer Stimmabgabe hervorgegangenen Repräsentanten auf die Aus-
übung der Staatsgewalt in der EU Einfluss nehmen könnten, demgegenüber aber 2,9 Millionen EU-Bürgern,
nämlich den Wählern der Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD), wegen der Fünf-Prozent-Klausel, eine
solche Teilhabe verwehrt bleibe, sei das europarechtliche Gleichheitsgebot verletzt. Die deutsche Sperrklau-
sel sei also europarechtswidrig und infolge des Vorrangs des EU-Rechts nach deutschem Recht verfassungs-
widrig.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vortrag des Einspruchsführers lässt sich kein Verstoß
gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

Die Fünf-Prozent-Klausel in § 6 Absatz 3 des Bundeswahlgesetzes verstößt nicht gegen das Europarecht. Das
Recht für die Wahl der nationalen Parlamente in der Europäischen Union ist nämlich ausschließlich Sache
der Mitgliedstaaten. Sie allein sind dafür zuständig, den Inhalt ihrer Verfassung festzulegen und zu bestim-
men, wie die Ämter in Verfassungsorganen vergeben werden. Die Europäische Union besitzt insoweit keine
Befugnisse. Da das Wahlrecht für den Deutschen Bundestag in der ausschließlichen Kompetenz der Bundes-
republik Deutschland liegt, kann es nicht gegen europäisches Recht verstoßen.

Im Übrigen fehlt es sogar für die Wahlen zum Europäischen Parlament an einem einheitlichen, in allen Mit-
gliedstaaten gleichen Wahlrecht. Insoweit gibt der Beschluss und Akt des Rates zur Einführung allgemeiner

Drucksache 18/1710 – 102 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

unmittelbarer Wahlen der Abgeordneten des Europäischen Parlaments vom 20. September 1976 (Bundesge-
setzblatt 1977 II S. 733/734), zuletzt geändert durch Beschluss des Rates vom 25. Juni 2002 und 23. Septem-
ber 2002 (Bundesgesetzblatt 2003 II S. 810; 2004 II S. 520), der sog. Direktwahlakt, einen Gestaltungsrah-
men für den Erlass nationaler Wahlrechtsvorschriften vor, die selbst aber wiederum den verfassungsrechtli-
chen Bindungen des jeweiligen Mitgliedstaates unterliegen (vgl. BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2014, Az. 2
BvE 2/13 u. a.).

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 103 – Drucksache 18/1710

Anlage 27

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

der Frau S. B., 04329 Leipzig,

– Az.: WP 58/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Die Einspruchsführerin hat mit einem Schreiben vom 30. September 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt. Sie hat ihren Vortrag durch ein
Schreiben vom 14. Oktober 2013 erweitert.

Die Einspruchsführerin trägt vor, sie habe, nachdem sie Ende August 2013 ihren Wohnsitz aus dem Land-
kreis Hameln-Pyrmont nach Leipzig verlegt habe, nicht (mehr) an der Landratswahl in ihrer ursprünglichen
Heimat, sondern nur noch an der Bundestagswahl im Wahlkreis 46 (Hameln-Pyrmont – Holzminden) teil-
nehmen dürfen. Eine Eintragung ins Leipziger Wählerverzeichnis habe nicht stattgefunden. Die Wahlbenach-
richtigung sei ihr zu spät an ihrem neuen Wohnort zugegangen. Die Einspruchsführerin rügt überdies, dass
nicht alle zur Bundestagswahl zugelassenen Parteien auf dem Stimmzettel gestanden hätten.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages der Einspruchsführerin wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Die Niedersächsische Landeswahlleiterin hat zu dem Einspruch, soweit er ihren Zuständigkeitsbereich
betrifft, am 6. März 2014 im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Sie habe den Kreiswahlleiter des Wahlkreises 46 (Hameln-Pyrmont – Holzminden) um Stellungnahme gebe-
ten. Dieser habe ihr mitgeteilt, dass sich die Einspruchsführerin am 30. August 2013 mit alleiniger Wohnung
bei der Stadt Leipzig mit dem Einzugsdatum 29. August 2013 angemeldet habe. Zum Zeitpunkt der Aufstel-
lung des Wählerverzeichnisses am 18. August 2013 sei die Einspruchsführerin noch in der Stadt Hessisch
Oldendorf gemeldet gewesen, so dass eine Eintragung in das dortige Wählerverzeichnis sowie auch die Ver-
sendung der Wahlbenachrichtigung von dort erfolgt sei. Die Einspruchsführerin habe dann bei der Stadt Hes-
sisch Oldendorf einen Wahlschein und Briefwahlunterlagen beantragt und diese am 13. September 2013
erhalten.

Die Eintragung einer wahlberechtigten Person in das Wählerverzeichnis der Gemeinde erfolge gemäß § 16
Absatz 1 der Bundeswahlordnung (BWO) am 35. Tag vor der Wahl am Ort der Hauptwohnung. Verlege eine
in das Wählerverzeichnis eingetragene Person ihren Wohnort und melde sich vor Beginn der
Einsichtnahmefrist für das Wählerverzeichnis (ab dem 20. Tag vor der Wahl) am Zuzugsort an, werde sie
gemäß § 16 Absatz 3 Satz 1 BWO nur auf Antrag in das Wählerverzeichnis des Zuzugsortes eingetragen.
Hierüber sei die wahlberechtigte Person bei der Anmeldung zu belehren (§ 16 Absatz 3 Satz 3 BWO). Die
Einspruchsführerin habe sich unstreitig am 30. August 2013, also am 25. Tag vor der Wahl, umgemeldet.
Daher wäre eine Eintragung in das Wählerverzeichnis des Zuzugsortes auf Antrag noch möglich gewesen.
Ob die nach § 16 Absatz 3 Satz 1 BWO vorgesehene Belehrung erfolgt sei, könne sie, die Landeswahlleite-
rin, – schon mangels Zuständigkeit – nicht beurteilen. Offensichtlich habe sich die Einspruchsführerin aber
nicht in das Wählerverzeichnis der Stadt Leipzig eintragen lassen, Ansonsten wäre es wohl nicht möglich
gewesen, dass sie noch bei der Stadt Hessisch Oldendorf einen Wahlschein und Briefwahlunterlagen bean-
tragt und erhalten hätte. Es sei daher zutreffend gewesen, dass die Einspruchsführerin in das Wählerverzeich-

Drucksache 18/1710 – 104 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

nis der Stadt Hessisch Oldendorf eingetragen gewesen ist. Im Übrigen hätte die Einspruchsführerin bei Zwei-
feln die Möglichkeit der Einsichtnahme in das Wählerverzeichnis gemäß § 17 Absatz 2 des Bundeswahlge-
setzes (BWG) gehabt. Auch hiervon habe sie offensichtlich keinen Gebrauch gemacht.

Soweit sich die Einspruchsführerin gegen den verspäteten Zugang der Wahlbenachrichtigung wende, sei
festzuhalten, dass diese keine Voraussetzung für die Ausübung des Wahlrecht sei, sie diene vielmehr der
Sicherheit für die wahlberechtigte Person über die Eintragung in das Wählerverzeichnis. Entscheidend sei
vielmehr die Eintragung in das Wählerverzeichnis. Aufgrund der Wahlbenachrichtigung könne und dürfe die
wahlberechtigte Person davon ausgehen, dass sie in das Wählerverzeichnis eingetragen sei. Erhalte sie jedoch
keine Wahlbenachrichtigung, müsse sie die aus einer eventuellen Nichteintragung in das Verzeichnis und aus
dem Unterlassen eines Einspruchs gegen das Wählerverzeichnis wegen Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit
innerhalb der Einsichtsfrist nach § 22 Absätze 1 und 2 BWO resultierende Folge des Ausschlusses von der
Wahlteilnahme tragen.

Ein Wahlfehler sei demnach nicht ersichtlich. Sie, die Landeswahlleiterin, halte den Einspruch daher für
unbegründet.

Die Einspruchsführerin hat sich zu der ihr übersandten Stellungnahme nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

I.

Der Einspruch ist unzulässig, soweit die Einspruchsführerin rügt, dass sie nicht an der Landratswahl im
Landkreis Hameln-Pyrmont habe teilnehmen dürfen. Zwar fand die Wahl am selben Tag wie die Bundes-
tagswahl statt. Doch erstreckt sich das Wahlprüfungsverfahren beim Deutschen Bundestag nach Artikel 41
des Grundgesetzes nicht auf Kommunalwahlen. Hierfür stehen eigene Wahlprüfungsverfahren, im vorliegen-
den Fall gemäß §§ 46 ff. des Niedersächsischen Kommunalwahlgesetzes, zur Verfügung.

II.

Soweit der Einspruch zulässig ist, ist er unbegründet. Dem Vortrag der Einspruchsführerin lässt sich kein
Verstoß gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

1. Es war rechtmäßig, dass die Einspruchsführerin im Wählerverzeichnis der Stadt Hessisch Oldendorf stand
und im Wahlkreis 46 an der Bundestagswahl teilnehmen durfte. Gemäß § 14 Absatz 1 BWG kann wählen,
wer im Wählerverzeichnis steht oder einen Wahlschein besitzt. Eine wahlberechtigte Person wird gemäß § 16
Absatz 1 Nr. 1 BWO in das Wählerverzeichnis der Gemeinde eingetragen, in der sie am 35. Tag vor der
Wahl mit einer Wohnung gemeldet ist. An diesem Datum war die Einspruchsführerin in Hessisch Oldendorf
gemeldet. Wenn sie in Leipzig hätte wählen wollen, hätte die Ummeldung gemäß § 16 Absatz 3 Satz 1 BWO
vor Beginn der Einsichtsfrist für das Wählerverzeichnis (vgl. § 17 Absatz 1 Satz 2 BWG), also bis einschließ-
lich zum 21. Tag vor der Wahl (vgl. § 18 Absatz 1 BWO), erfolgen und die Einspruchsführerin einen ent-
sprechenden Antrag stellen müssen. Die Ummeldung erfolgte am 30. August 2013, also dem 25. Tag vor der
Wahl. Einen Antrag stellte die Einspruchsführerin jedoch nicht. Ob sie über die Möglichkeit der Antragstel-
lung – wie es § 16 Absatz 3 Satz 3 BWO entsprochen hätte – durch Mitarbeiter der Stadt Leipzig belehrt
wurde oder nicht, kann aber dahinstehen. Denn sofern das Wählerverzeichnis unrichtig oder unvollständig
sein soll, muss der Wähler bzw. die Wählerin selbst tätig werden und zunächst Einsicht in das Wählerver-
zeichnis gemäß § 21 Absatz 1 BWO nehmen sowie sodann gemäß § 22 Absatz 1 BWO innerhalb der Ein-
sichtsfrist Einspruch (bzw. gegen einen abgewiesenen Einspruch: Beschwerde) einlegen und das Register
gemäß § 23 Absatz 1 BWO berichtigen lassen. (Außerhalb der Frist kann die Gemeinde, wenn das Verzeich-
nis offensichtlich unrichtig oder unvollständig ist, den Mangel gemäß § 23 Absatz 2 BWO auch von Amts
wegen beheben, was aber voraussetzt, dass sie von ihm Kenntnis erhält, etwa durch einen Wahlwilligen.)
Insoweit treffen auch die Wahlberechtigten Obliegenheiten. Unrichtigkeiten des Wählerverzeichnisses sind
also wahlprüfungsrechtlich nur relevant, wenn sie zuvor im vorgesehenen Einspruchs- und Beschwerdever-
fahren gerügt werden (vgl. Hahlen, in: Schreiber, Bundeswahlgesetz, 9. Auflage 2013, § 17 Rn. 6). Vorlie-
gend hat die Einspruchsführerin keinen Einblick ins Wählerverzeichnis genommen und auch keinen Ein-
spruch eingelegt. Sie kann sich folglich nicht darauf berufen, dieses habe nicht den Tatsachen entsprochen.

2. Der Vortrag der Einspruchsführerin, sie habe ihre Wahlbenachrichtigung zu spät an ihrem neuen Wohnort
Leipzig erhalten, weist nicht auf einen Wahlfehler hin. Der Erhalt einer Wahlbenachrichtigung ist nicht Vo-

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 105 – Drucksache 18/1710

raussetzung dafür, sein Wahlrecht ausüben zu können – wie der Vortrag der Einspruchsführerin selbst andeu-
tet. Nach § 14 Absatz 1 des Bundeswahlgesetzes darf wählen, wer in ein Wählerverzeichnis eingetragen ist
oder einen Wahlschein hat. Ihren Eintrag ins Wählerverzeichnis bestreitet der Einspruchsführer nicht. Die
Wahlberechtigung dient zwar als Identitätsnachweis (vgl. Hahlen, in: Schreiber, § 14 Rn. 10). Ihre Vorlage
zur Stimmabgabe im Wahllokal ist jedoch nicht erforderlich (vgl. Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlage 7;
17/2250, Anlage 18). Durch Vorlage seines Personalausweises oder eines sonstigen amtlichen Papiers (vgl.
§ 56 Absatz 3 der Bundeswahlordnung) hätte die Einspruchsführerin grundsätzlich in dem für sie zuständigen
Wahllokal am Wahltag ihr Wahlrecht ausüben können.

3. Auch die Kandidatenauswahl begründet keinen Wahlfehler. § 2 BWG schreibt eine Direktwahl in 299
Wahlkreisen und eine Listenwahl in den 16 Bundesländern vor. Gemäß § 27 BWG können die Parteien Vor-
schläge für Landeslisten einreichen; sie müssen dies also nicht tun. Kleinere Parteien verzichten oftmals, aus
verschiedenen Gründen, auf eine Kandidatur in allen Bundesländern. So war es auch bei der Bundestagswahl
2013. Nicht alle 35 zugelassenen Parteien sind, noch dazu in jedem Bundesland, zur Wahl angetreten. Daher
gab es hinsichtlich der Landeslisten Abweichungen zwischen den Bundesländern. Die Wahlbehörden haben
auf die freie Entscheidung der Parteien, wo und wie sie kandidieren, keinen Einfluss.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 107 – Drucksache 18/1710

Anlage 28

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn C. G., 48565 Steinfurt,

– Az.: WP 59/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Schreiben vom 4. Oktober 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Er meint, es habe bei der Wahl mehrere Ungereimtheiten gegeben, über die in verschiedenen Medien berich-
tet werde. In Hamburg seien ca. 100 000 Briefwahlstimmen verschwunden. In Essen seien 26 Säcke mit aus-
gefüllten Stimmzetteln in einem Aufzug vergessen worden. Mehrmals scheine es trotz sehr knapper Ergeb-
nisse nicht zu Neuauszählungen gekommen zu sein. Zudem würden Wahlbeobachter von teilweise erhebli-
chen Diskrepanzen zwischen den gezählten und den veröffentlichten Stimmen berichten. Es gebe Berichte,
dass Wähler ihre Stimme im Wahllokal nicht hätten abgeben dürfen, da sie fälschlicherweise als Briefwähler
verzeichnet gewesen seien. In seinem Wahllokal habe keine Identitätsprüfung stattgefunden. Jemand anderes
hätte also problemlos mit der Wahlbenachrichtigungskarte des Einspruchsführers wählen können. Es würde
kaum auffallen, wenn Wahlbenachrichtigungskarten von Nichtwählern gefälscht würden, um mit ihnen eine
weitere Stimme abgeben zu können.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Mit Schreiben des Ausschusssekretariats vom 9. Oktober 2013 ist der Einspruchsführer aufgefordert worden,
konkrete Umstände mitzuteilen, durch die er die Wahlrechtsvorschriften verletzt sehe. Darauf hat er nicht
reagiert.

Die Landeswahlleiterin des Landes Nordrhein-Westfalen hat zu dem Vorfall in Essen mit Schreiben vom
20. März 2014 wie folgt Stellung genommen:

Am Morgen nach der Wahl seien von der benachrichtigten Polizei in einem Personenaufzug eines Gebäudes
der Universität Duisburg-Essen insgesamt 26 versiegelte und mit Nummern von Essener Wahlbezirken be-
schriftete Säcke aufgefunden worden. In den Säcken hätten sich ausgefüllte Stimmzettel der Bundestagswahl
befunden. Die Säcke seien zunächst sichergestellt und später dem Wahlamt der Stadt Essen übergeben wor-
den. In dem Gebäude seien die Briefwahlunterlagen zentral ausgezählt worden. Alle Stimmzettel seien bei
der Auszählung und der Ermittlung des vorläufigen Ergebnisses ordnungsgemäß berücksichtigt worden.
Nach Abschluss der Auszählung seien insgesamt 92 Säcke mit Briefwahlunterlagen mittels Aufzugs nach
unten verbracht und in Fahrzeuge verladen worden. Dabei seien 26 Säcke im Aufzug verblieben. Das Wah-
lamt Essen habe keinerlei Manipulation an den Säcken festgestellt.

Der Einspruchsführer rüge, dass eine Identitätskontrolle (in den Wahllokalen) mittels Personalausweis nicht
stattgefunden habe und daher einzelne Wählerinnen und Wähler die Möglichkeit gehabt hätten, mehrfach
Stimmen abzugeben. Hierzu sei festzuhalten, dass das Bundeswahlgesetz eine generelle Prüfung der Identität
durch Vorlage des Personalausweises nicht vorsehe. Nach § 34 Absatz 2 des Bundeswahlgesetzes in Verbin-
dung mit § 56 Absatz 3 der Bundeswahlordnung (BWO) habe sich der Wähler nur auf Verlangen auszuwei-

Drucksache 18/1710 – 108 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

sen; dies insbesondere dann, wenn eine Wahlbenachrichtigung nicht vorgelegt werde. Würde eine generelle
Ausweispflicht eingeführt werden, sei damit zu rechnen, dass eine nicht unerhebliche Zahl der Wählerinnen
und Wähler den Ausweis nicht immer bei sich führe. Würde man diese Bürger fortschicken, um einen Aus-
weis zu holen, dürften etliche nicht mehr ins Wahllokal zurückkehren. Dies wäre einer möglichst hohen
Wahlbeteiligung und dem Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl abträglich. Ergänzend sei anzumerken, dass
sich Personen, die unbefugt unter anderem Namen wählen, wegen Wahlfälschung nach § 107a des Strafge-
setzbuches strafbar machen könnten. Diese Strafdrohung dürfte präventiv eine „falsche Wahl“ weitgehend
ausschließen.

Insgesamt sei festzuhalten, dass der Wahleinspruch zwar vereinzelte Unregelmäßigkeiten aufzeige, jedoch
insbesondere aufgrund fehlender Mandatsrelevanz letztlich unbegründet sei.

Der Einspruchsführer hat sich zu der ihm übersandten Stellungnahme nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vortrag des Einspruchsführers lässt sich kein Verstoß
gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

1. Im Fall der angeblich verloren gegangenen Briefwahlstimmen in Hamburg liegt kein Wahlfehler vor. Das
Statistische Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein hat in einer auch im Internet abrufbaren Pressemittei-
lung vom 25. September 2013 (www.statistik-nord.de ) erklärt, dass in der am 23. September 2013 veröffent-
lichten Wahlanalyse zum vorläufigen Ergebnis der Bundestagswahl in Hamburg die Zahl der Briefwählerin-
nen und -wähler nicht korrekt ausgewiesen worden sei. Eine Überprüfung habe ergeben, dass die entspre-
chende Abfrage der Datenbank für das vorläufige Wahlergebnis versehentlich so programmiert worden sei,
dass nicht alle Briefwahlbezirke einbezogen worden seien. Auf die Zusendung von 301 884 Briefwahlunter-
lagen hin hätten 268 504 Wählerinnen und Wähler von ihrem Wahlrecht per Brief Gebrauch gemacht, nicht
wie ursprünglich angegeben 198 739 Wahlberechtigte. Die Befürchtung, Briefwahlstimmen könnten unbe-
rücksichtigt geblieben sein, treffe nicht zu. Diese Vermutung sei dadurch entstanden, dass der Zahl der aus-
gegebenen Briefwahlunterlagen (Wahlschein, Stimmzettel und Umschläge) von 301 884 eine Zahl von
198 739 Briefwählern gegenübergestellt worden sei. Zur Erläuterung dieser Differenz hat das Statistische
Amt auf drei Ursachen hingewiesen: Die Überprüfung habe ergeben, dass die Zahl der Briefwählerinnen und
-wähler infolge der fehlerhaften Abfrage der Datenbank um rund 70 000 zu niedrig angegeben worden sei.
Sie sei auf 268 504 korrigiert worden. Des Weiteren gehörten zu den 301 884 ausgegebenen Wahlscheinen
auch solche, die die Stimmabgabe in einem anderen Wahllokal als in dem eigenen ermöglichen sollten, z. B.
in einem barrierefreien Wahllokal. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass erfahrungsgemäß rund fünf bis
zehn Prozent der ausgegebenen Briefwahlunterlagen nicht rechtzeitig und vollständig zurücklaufen. Die
Gründe hierfür seien vielfältig und lägen z. B. im zu späten Erhalt, der Nichtnutzung oder der zu späten
Rücksendung der Briefwahlunterlagen. Darüber hinaus fänden solche Wahlbriefe keinen Eingang in die Zäh-
lung der Briefwähler, die aus formalen Gründen zurückzuweisen seien, z. B. weil der Wahlschein fehle oder
nicht unterschrieben sei. Der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag folgen dieser schlüssigen
Darstellung.

2. Hinsichtlich der in einem Fahrstuhl auf dem Essener Universitätscampus aufgefundenen Stimmzettelsäcke
ist, nach der konkreten Schilderung des Sachverhalts durch die Landeswahlleiterin, kein Wahlfehler erkenn-
bar. Die 26 in einem Fahrstuhl aufgefundenen Säcke waren ein Teil der 92 Säcke, in denen die zuvor in dem
Gebäude zentral ausgezählten Briefwahlstimmzettel verpackt wurden. Sie wurden beim Verladen bedauerli-
cherweise in dem Aufzug vergessen und nach ihrem Auffinden dem Wahlamt der Stadt Essen übergeben.
Das Vorkommnis mag zwar zunächst etwas verwundern, hatte auf das Wahlergebnis aber keinen Einfluss.
Denn alle Stimmzettel wurden bei der Auszählung und der Ermittlung des vorläufigen Ergebnisses ord-
nungsgemäß berücksichtigt, und zwar vor dem Auffinden der Säcke im Aufzug.

3. Es entspricht geltendem Recht, dass sich nicht alle Wahlberechtigten im Wahlraum ausweisen mussten
(vgl. etwa Bundestagsdrucksachen 15/1150 Anlagen 31 und 33; 16/900, Anlagen 21 und 22; 16/3600, Anlage
32; 16/5700, Anlagen 8 und 22; 17/2250, Anlagen 2 bis 4, 8, 10, 13, 15, 17, 20). Ausweisen müssen sich
nach § 59 Satz 1 BWO die Inhaber von Wahlscheinen. Ansonsten hat sich der Wahlberechtigte nach § 56
Absatz 3 Satz 2 BWO nur auf Verlangen des Wahlvorstandes auszuweisen. Der Wahlvorstand verlangt dies
insbesondere dann, wenn der Wähler seine Wahlbenachrichtigung nicht vorlegt. Ist der Name des Wählers im

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 109 – Drucksache 18/1710

Wählerverzeichnis aufgeführt, die Wahlberechtigung festgestellt und besteht außerdem kein Anlass zur Zu-
rückweisung des Wählers, gibt der Wahlvorsteher die Wahlurne frei (§ 56 Absatz 4 Satz 1 BWO). In der
Regel ist somit die Vorlage der Wahlbenachrichtigung zur Feststellung der Identität ausreichend. Diese Art
der Kontrolle bietet hinreichend Gewähr dafür, dass die Identität der Wählerinnen und Wähler überprüft und
Manipulationen durch eine mehrfache Teilnahme an der Wahl verhindert werden. Soweit der Einspruchsfüh-
rer in der bestehenden Rechtslage einen Verstoß gegen die in Artikel 38 Absatz 1 des Grundgesetzes veran-
kerten Grundsätze der freien und geheimen Wahl zu erkennen meint, ist zu beachten, dass der Wahlprüfungs-
ausschuss und der Deutsche Bundestag in ständiger Praxis im Rahmen eines Wahlprüfungsverfahrens die
Verfassungsmäßigkeit von Wahlrechtsvorschriften nicht überprüfen (vgl. zuletzt etwa Bundestagsdrucksache
16/1800, Anlagen 26 bis 28 mit weiteren Nachweisen; 17/1000, Anlagen 5 und 11; 17/2200, Anlagen 1, 13
bis 15, 17 bis 20, 23 und 24; 17/3100, Anlagen 15, 19, 20, 22 bis 30, 32, 34 bis 36; 17/4600, Anlagen 10, 12,
13, 32, 38, 40 bis 43 mit weiteren Nachweisen; 17/6300, Anlage 19).

4. Das übrige Vorbringen, mehrmals scheine es trotz sehr knapper Ergebnisse nicht zu Neuauszählungen
gekommen zu sein und Wahlbeobachter würden von teilweise erheblichen Diskrepanzen zwischen den ge-
zählten und den veröffentlichten Stimmen berichten, ist nicht ausreichend substantiiert. Der Einspruchsführer
hätte nachvollziehbar darlegen müssen, aus welchem Geschehen sich seiner Ansicht nach ein die Gültigkeit
der Wahl berührender Wahlfehler ergibt (vgl. etwa Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlage 5; 17/1000,
Anlagen 13 und 19; 17/2250, Anlage 11; BVerfGE 40, 11 [30]). Dies hat er trotz einer Konkretisierungsbitte
des Ausschusssekretariats unterlassen. Einspruchsvorbringen, das über Vermutungen oder die bloße Andeu-
tung der Möglichkeit von Wahlfehlern nicht hinausgehen und einen konkreten, der Überprüfung zugängli-
chen Tatsachenvortrag nicht enthält, muss als unsubstantiiert zurückgewiesen werden (Bundestagsdrucksa-
chen 15/1150, Anlagen 283 bis 285; 15/1850, Anlage 25; 15/2400, Anlage 9; 17/1000, Anlagen 13 und 19;
BVerfGE 48, 271 [276]; 66, 369 [379]; 85, 148 [159]; 122, 304 [309]; Hahlen, in: Schreiber, Bundeswahlge-
setz, 9. Auflage 2013, § 49 Rn. 25).

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 111 – Drucksache 18/1710

Anlage 29

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn T. S., 16928 Groß Pankow,

– Az.: WP 62/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Schreiben vom 4. Oktober 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Er rügt mehrere (angebliche) Vorkommnisse: Im Wahlbezirk Detmold seien für die SPD 92 Stimmen ver-
merkt worden; amtlich veröffentlicht worden seien aber 241 Stimmen. Der Anteil der Partei „Alternative für
Deutschland“ (AfD) sei in diesem Wahlbezirk demzufolge von 6,5 Prozent auf 5,25 Prozent gefallen. Die
Auszählung habe 568 Wahlberechtigte ergeben; veröffentlicht worden seien aber 722. In Hamburg seien
100 000 Stimmen verschwunden. Einige Düsseldorfer hätten ihre Briefwahlunterlagen gleich mehrmals er-
halten. In einem Bochumer Stimmbezirk seien mit 491 von 689 kurzerhand 71,26 Prozent aller Zweitstim-
men für ungültig erklärt worden. Daraufhin sei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit 23,74 Prozent zum Wahl-
sieger des Stimmbezirks erklärt worden. Eine Nachzählung in Essen habe ebenfalls ein verändertes Ergebnis
zur Folge gehabt. In einem Fahrstuhl auf dem Universitätscampus in Essen seien 26 Säcke mit Stimmzetteln
gefunden worden. Viele Tausend Menschen hätten die angeforderten Briefwahlunterlagen nicht erhalten und
seien somit ohne Stimme geblieben.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Die Landeswahlleiterin des Landes Nordrhein-Westfalen hat zu dem Einspruch, soweit er ihren Zustän-
digkeitsbereich betrifft, am 17. Februar 2014 wie folgt Stellung genommen:

Der Einspruchsführer rüge nicht unerhebliche Differenzen zwischen dem vorläufigen und dem endgültigen
Wahlergebnis. Hierzu habe der zuständige Kreiswahlleiter für den Wahlbezirk ausgeführt, dass ins Internet
ein nichtamtliches „Kontrollformular“ eines Wahlbeobachters eingestellt worden sei. Dieses „Kontrollformu-
lar“ dokumentiere die Stimmenauszählung in einem Wahllokal der Stadt Detmold im Wahlkreis 136 (Höxter
– Lippe I). Da aufgrund des veröffentlichten vorläufigen Ergebnisses der Stadt Detmold Wahlbetrug vorge-
worfen worden sei, habe der Kreiswahlleiter die erneute Auszählung des Wahlbezirks am 25. September
2013 veranlasst. Die seitens des Beobachters kritisierten und in dem Wahleinspruch nun aufgegriffenen Ab-
weichungen hätten sich dabei nicht bestätigt. Es bleibe unklar, warum der Wahlbeobachter am Wahlabend
derartige Abweichungen habe feststellen können.

Bei der Vorbereitung der Bundestagswahl seien in Düsseldorf mehrfach Briefwahlunterlagen an Wählerinnen
und Wähler versandt worden. Betroffen gewesen sei der Wahlkreis 106 (Düsseldorf I). Auslöser sei ein tech-
nisches Problem beim beauftragten IT-Dienstleister gewesen. Am 2. September (2013) sei es innerhalb von
neun Minuten zweimal zu einem Ausfall und automatischen Neustart eines Drucker-Servers gekommen.
Durch den automatischen Neustart seien die in diesem kurzen Zeitraum erstellten Wahlscheine zur Bundes-
tagswahl doppelt, in einigen Fällen dreifach, ausgedruckt und verschickt worden. Es habe sich insgesamt um
123 Fälle gehandelt. Die Stadt Düsseldorf habe unmittelbar eine Presseerklärung herausgegeben und die
betroffenen Wählerinnen und Wähler aufgefordert, die mehrfach erhaltenen Wahlunterlagen zurückzusenden.

Drucksache 18/1710 – 112 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Daneben habe das Amt für Statistik und Wahlen umgehend alle theoretisch betroffenen Briefwahlbezirke
ermittelt und darin die roten Wahlbriefe bis zum Wahltag, 18.00 Uhr, separiert, um mehrfach zurückgesandte
Briefwahlunterlagen zu identifizieren und auszusortieren. Dabei seien für insgesamt 20 Wähler doppelt oder
auch dreifach zurückgesandte Briefwahlunterlagen herausgefiltert worden. Diese mehrfach zurückgesandten
Unterlagen seien den entsprechenden Briefwahlvorständen am Wahlsonntag zur Entscheidung übergeben.
Alle Briefwahlvorstände seien dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass diese Wahlunterlagen zurückzuwei-
sen seien. Alle Wahlvorstände in den Urnenwahlbezirken des Bundestagswahlkreises 106 seien schriftlich
und in der Schulung mündlich aufgefordert worden, bei allen Wählern mit einem Wahlschein mit dem
Druckdatum 2. September 2013 das Amt für Statistik und Wahlen anzurufen und den Wahlschein überprüfen
zu lassen. Der Wähler mit Wahlschein sollte nur zur Wahl zugelassen werden, wenn eine Freigabe durch das
Amt für Statistik und Wahlen erfolgt sei. Doppelte Stimmabgabe in den Wahllokalen konnten somit ebenfalls
ausgeschlossen werden. Unberücksichtigt dessen habe der Gewinner des Direktmandates im betroffenen
Wahlkreis 106 einen Stimmenvorsprung von 30.475 Stimmen erzielt, so dass die Unregelmäßigkeiten auch
vor diesem Hintergrund keinen Einfluss auf das Gesamtergebnis der Erststimmen hätten haben können.

Der Einspruchsführer rüge die hohe, später korrigierte Prozentzahl an ungültigen Zweitstimmen in einem
Wahlbezirk. Hierzu führe der zuständige Kreiswahlleiter in seiner Stellungnahme aus: Bei der Stimmenaus-
zählung am Sonntagabend (Wahlabend) habe für den Wahlbezirk 4401 des Wahlkreises 141 (Herne – Bo-
chum II) bei mehrfachen Schnellmeldungen kein plausibles Ergebnis festgestellt werden. Da nicht damit zu
rechnen gewesen sei, dass in absehbarer Zeit die Differenzen hätten aufgeklärt werden können, sei um 22.15
Uhr entschieden worden, diesen Bezirk am Montag durch Mitarbeiter des Wahlbüros komplett neu auszuzäh-
len. Da für die noch am Sonntagabend erforderliche Meldung des vorläufigen Ergebnisses an die Landes-
wahlleitung aber auch für diesen Wahlbezirk ein – zumindest vorläufiges – Wahlergebnis einzutragen gewe-
sen sei, habe sich die Wahlleitung dazu entschlossen, die bis dahin sicher richtig ausgezählten Stimmen aus-
zuweisen und die noch nicht geklärten zunächst als ungültige Stimmen einzutragen. Dadurch sei sicherge-
stellt gewesen, dass zunächst ein vorläufiges Ergebnis vorgelegen habe, keine falschen Stimmenzuordnungen
zu den Kandidaten oder Parteien ausgewiesen worden seien und umgehend am Montag auch für den betref-
fenden Wahlbezirk die korrekten Zahlen vorgelegen hätten. Die Vorgehensweise des Kreiswahlleiters sei
unbefriedigend. Dies gelte umso mehr, als dass am Wahlabend keine entsprechende Information der Landes-
wahlleitung erfolgte. Hier hätte eine ordnungsgemäße Nachzählung noch in der Wahlnacht erfolgen müssen.
Sie, die Landeswahlleiterin, habe den Kreiswahlleiter gebeten, dafür Sorge zu tragen, dass sich ein solcher
Vorfall nicht wiederhole.

Der Einspruchsführer wende sich auch allgemein gegen etwaige Unkorrektheiten bei der Ermittlung des Er-
gebnisses der Bundestagswahl. Er ziele dabei auf die besondere Situation in Essen ab. Hierzu sei Folgendes
festzuhalten: Um absichtliche oder unabsichtliche Fehler bei der Ergebnisfeststellung zu verhindern, seien die
dabei einzuhaltenden Abläufe durch Bundeswahlgesetz und Bundeswahlordnung detailliert vorgeschrieben.
Dies betreffe auch die Dokumentation durch daran beteiligte und besonders verpflichtete Wahlorgane, deren
lückenlose Vornahme durch entsprechende Anlagen zur Bundeswahlordnung gewährleistet werden solle. Zu
der in diesem Zusammenhang angesprochenen Nachzählung des Wahlergebnisses im Wahlkreis 120 (Mül-
heim – Essen I) sei festzuhalten, dass die Feststellung des Wahlergebnisses im Wahlkreis durch den Kreis-
wahlausschuss – nach Vorbereitung durch den zuständigen Kreiswahlleiter – erfolgt sei. Aufgrund des über-
aus knappen Stimmenunterschiedes und weiterer Vorkommnisse bei der Durchführung der Wahl in Essen
habe der Kreiswahlausschuss eine vollständige Nachzählung aller abgegebenen Stimmen beschlossen. Dieses
Vorgehen stelle eine Ausnahme dar und erscheine nachvollziehbar, diene es doch der Sicherstellung eines
korrekt ermittelten Wahlergebnisses. Abgesehen davon gelte, dass aufgrund des in der Regel deutlichen
Stimmenunterschiedes bei den Wahlkreisbewerberinnen und Wahlkreisbewerbern kleinere Zählfehler nicht
ins Gewicht fielen. Es verstehe sich von selbst, dass Zählfehler durch wechselseitige Kontrollen der Wahl-
vorstandsmitglieder bereits im Wahllokal vermieden werden sollten. Auch prüfe der Kreiswahlleiter die vor-
gelegten Niederschriften auf ihre Richtigkeit hin. Es sei jedoch zu berücksichtigen, dass an allen Stellen letzt-
lich Menschen den Zählvorgang manuell durchführten, wobei es gelegentlich zu Fehlern kommen könne.
Diese seien jedoch – wie dargestellt – in der Regel wegen der großen Stimmenunterschiede unproblematisch.

Am Morgen nach der Wahl seien von der benachrichtigten Polizei in einem Personenaufzug eines Gebäudes
der Universität Duisburg-Essen insgesamt 26 versiegelte und mit Nummern von Essener Wahlbezirken be-
schriftete Säcke aufgefunden worden. In den Säcken hätten sich ausgefüllte Stimmzettel der Bundestagswahl
befunden. Die Säcke seien zunächst sichergestellt und später dem Wahlamt der Stadt Essen übergeben wor-

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 113 – Drucksache 18/1710

den. In dem Gebäude seien die Briefwahlunterlagen zentral ausgezählt worden. Alle Stimmzettel seien bei
der Auszählung und der Ermittlung des vorläufigen Ergebnisses ordnungsgemäß berücksichtigt worden.
Nach Abschluss der Auszählung seien insgesamt 92 Säcke mit Briefwahlunterlagen mittels Aufzugs nach
unten verbracht und in Fahrzeuge verladen worden. Dabei seien 26 Säcke im Aufzug verblieben. Das Wah-
lamt Essen habe keinerlei Manipulation an den Säcken festgestellt.

Fälle, in denen angeforderte Briefwahlunterlagen nicht eingegangen seien, seien ihr, der Landeswahlleiterin,
nur vereinzelt berichtet worden. Hierzu sei festzuhalten, dass beim Versand großer Briefmengen wie bei der
Bundestagswahl regelmäßig einige Unterlagen nicht den Empfänger erreichten. Dies könne unterschiedliche
Gründe haben, wie z. B. schlechte Ausschilderung der Briefkästen oder menschliches Versagen auf Seiten
der mit dem Versand der Unterlagen beauftragten Firmen. Derartige Fälle seien – bei aller Sorgfalt – nicht
gänzlich auszuschließen. Es obliege aber dem Wähler, bei der Wahlbehörde gegebenenfalls in einem ange-
messenen Zeitabstand nachzufragen, ob die Unterlagen versandt worden seien. Auf diese Weise ließen sich
die meisten Fälle durch Neuausstellung von Wahlunterlagen beheben.

Der Einspruchsführer hat sich zu der ihm übersandten Stellungnahme nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vorbringen des Einspruchsführers lässt sich kein die Gül-
tigkeit der Bundestagswahl 2013 berührender Wahlfehler entnehmen.

1. Die vom Einspruchsführer behaupteten Abweichungen zwischen ausgezählten und veröffentlichten Stim-
men und Wählern in Detmold hat es nicht gegeben. Vielmehr wurden die Stimmen zur Kontrolle sogar erneut
ausgezählt, ohne dass sich eine Unrichtigkeit des Ergebnisses gezeigt hätte.

2. Im Fall der angeblich verloren gegangenen Briefwahlstimmen in Hamburg liegt kein rechtswidriges Ver-
halten vor. Das Statistische Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein hat in einer auch im Internet abrufba-
ren Pressemitteilung vom 25. September 2013 (www.statistik-nord.de) erklärt, dass in der am 23. September
2013 veröffentlichten Wahlanalyse zum vorläufigen Ergebnis der Bundestagswahl in Hamburg die Zahl der
Briefwählerinnen und -wähler nicht korrekt ausgewiesen worden sei. Eine Überprüfung habe ergeben, dass
die entsprechende Abfrage der Datenbank für das vorläufige Wahlergebnis versehentlich so programmiert
worden sei, dass nicht alle Briefwahlbezirke einbezogen worden seien. Auf die Zusendung von 301 884
Briefwahlunterlagen hin hätten 268 504 Wählerinnen und Wähler von ihrem Wahlrecht per Brief Gebrauch
gemacht, nicht wie ursprünglich angegeben 198 739 Wahlberechtigte. Die Befürchtung, Briefwahlstimmen
könnten unberücksichtigt geblieben sein, treffe nicht zu. Diese Vermutung sei dadurch entstanden, dass der
Zahl der ausgegebenen Briefwahlunterlagen (Wahlschein, Stimmzettel und Umschläge) von 301 884 eine
Zahl von 198 739 Briefwählern gegenübergestellt worden sei. Zur Erläuterung dieser Differenz hat das Sta-
tistische Amt auf drei Ursachen hingewiesen: Die Überprüfung habe ergeben, dass die Zahl der Briefwähle-
rinnen und -wähler infolge der fehlerhaften Abfrage der Datenbank um rund 70 000 zu niedrig angegeben
worden sei. Sie sei auf 268 504 korrigiert worden. Des Weiteren gehörten zu den 301 884 ausgegebenen
Wahlscheinen auch solche, die die Stimmabgabe in einem anderen Wahllokal als in dem eigenen ermögli-
chen sollten, z. B. in einem barrierefreien Wahllokal. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass erfahrungsge-
mäß rund fünf bis zehn Prozent der ausgegebenen Briefwahlunterlagen nicht rechtzeitig und vollständig zu-
rückliefen. Die Gründe hierfür seien vielfältig und lägen z. B. im zu späten Erhalt, der Nichtnutzung oder der
zu späten Rücksendung der Briefwahlunterlagen. Darüber hinaus fänden solche Wahlbriefe keinen Eingang
in die Zählung der Briefwähler, die aus formalen Gründen zurückzuweisen seien, z. B. weil der Wahlschein
fehle oder nicht unterschrieben sei. Der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag folgen dieser
schlüssigen Darstellung.

3. Es trifft zu, dass in Düsseldorf (im Wahlkreis 106) mehrere Wahlberechtigte – nach Auskunft der Landes-
wahlleiterin 123 Personen – jeweils zwei oder drei Wahlscheine erhalten haben. Dies verstieß gegen die
wahlrechtlichen Vorgaben. Dieser Verstoß wurde aber durch verschiedene organisatorische Maßnahmen der
Stadt Düsseldorf korrigiert. Die Stadt hat dafür Sorge getragen, dass eine Doppel- oder Dreifachwahl – und
damit letztlich ein Wahlfehler – verhindert wurde: Sie hat eine Presseerklärung herausgegeben und die be-
troffenen Wählerinnen und Wähler aufgefordert, die mehrfach erhaltenen Wahlunterlagen zurückzusenden.
Daneben ermittelte das Amt für Statistik und Wahlen umgehend alle theoretisch betroffenen Briefwahlbezir-
ke und separierte die dazugehörigen roten Wahlbriefe bis zum Wahltag, 18.00 Uhr, um mehrfach zurückge-

Drucksache 18/1710 – 114 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

sandte Briefwahlunterlagen zu identifizieren und auszusortieren. Dabei wurden für insgesamt 20 Wähler
doppelt oder auch dreifach zurückgesandte Briefwahlunterlagen herausgefiltert. Diese mehrfach zurückge-
sandten Unterlagen wurden von den zuständigen Briefwahlvorständen am Wahlsonntag ordnungsgemäß
zurückgewiesen. Alle Wahlvorstände in den Urnenwahlbezirken des Bundestagswahlkreises 106 wurden
schriftlich und in der Schulung mündlich aufgefordert, bei allen Wählern mit einem Wahlschein mit dem
Druckdatum 2. September 2013 das Amt für Statistik und Wahlen anzurufen und den Wahlschein überprüfen
zu lassen. Wähler mit Wahlschein wurden nur zur Wahl zugelassen, wenn eine Freigabe durch das Amt für
Statistik und Wahlen erfolgte. Folglich konnte eine doppelte oder dreifache Stimmabgabe bei der Briefwahl
und bei der Urnenwahl ausgeschlossen werden. Überdies können nach ständiger Rechtsprechung des Bun-
desverfassungsgerichts, der sich der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag schon früher stets
angeschlossen haben, nur solche Wahlfehler die Gültigkeit der Bundestagswahl beeinträchtigen, die auf die
Sitzverteilung von Einfluss sind oder sein können (vgl. nur BVerfGE 89, 243 [254]; Bundestagsdrucksachen
16/900, Anlage 20; 17/1000, Anlagen 10, 15, 19 und 20; 17/2200, Anlagen 5, 12 und 25; 17/2250, Anlagen
18 und 22; 17/3100, Anlage 21). An einem solchen (potenziellen) Einfluss fehlt es vorliegend: Der Gewinner
des Direktmandates im betroffenen Wahlkreis erzielte einen Stimmenvorsprung von 30.475 Stimmen vor
dem zweitplatzierten Bewerber, so dass die Unregelmäßigkeiten auch vor diesem Hintergrund keinen Ein-
fluss auf das Gesamtergebnis der Erststimmen hatten oder hätten haben können.

4. Es stellt zwar einen höchst ärgerlichen und künftig zu vermeidenden Wahlfehler dar, dass mehreren Wahl-
berechtigten in den zwei Wahlkreisen 140 und 141 teilweise Briefwahlunterlagen für den benachbarten (Bo-
chumer) Wahlkreis zugesandt wurden. Die Erststimmen derjenigen 602 Briefwähler, die einen – für den je-
weiligen Wahlkreis – falschen Stimmzettel zurückgesandt hatten, waren gemäß § 39 Absatz 1 Satz 2 BWG
ungültig. Im Wahlkreis 140 waren 592 und im Wahlkreis 141 10 Stimmzettel betroffen. Auf das Erststim-
menergebnis in beiden Wahlkreisen und damit die Vergabe des jeweiligen Direktmandats, also die Sitzvertei-
lung im 18. Deutschen Bundestag und damit die Gültigkeit der Bundestagswahl 2013 (s. o.), wirkte sich das
Versehen indessen nicht aus: Im Wahlkreis 140 hatte der Erstplatzierte einen Vorsprung von 12.990 Stimmen
vor dem zweitplatzierten Bewerber; im Wahlkreis 141 erzielte die erstplatzierte Bewerberin einen Vorsprung
von 23.803 Stimmen vor der zweitplatzierten Kandidatin.

5. Die aus Essen geschilderten Vorgänge erfüllen nicht den Tatbestand eines Wahlfehlers.

a) Die vom Einspruchsführer genannte Neuauszählung der Stimmen in einem Essener Wahlkreis war rechts-
konform. Der Kreiswahllausschuss hat für den Wahlkreis 120, der einen Teil von Essen umfasst, aufgrund
des überaus knappen Stimmenunterschiedes und weiterer Vorkommnisse bei der Durchführung der Wahl
ausnahmsweise eine vollständige Nachzählung aller abgegebenen Stimmen beschlossen. Dadurch wurde
sichergestellt, dass sich alle gültigen Stimmen im Wahlergebnis nunmehr wiederfinden.

b) Der Einspruchsführer weist zwar auf die in einem Fahrstuhl auf dem Universitätscampus in Essen am
Montagmorgen nach der Wahl entdeckten Säcke mit ausgezählten Briefwahlstimmzetteln hin. Auch teilt er
zutreffend mit, dass eine Unregelmäßigkeit vom Wahlamt und der Polizei nicht festgestellt werden konnte.
Einen Fehler bemängelt er aber insoweit nicht. Unabhängig davon, hat ein solcher auch nicht vorgelegen. Die
gefundenen 26 Säcke waren ein Teil der 92 Säcke, in denen die zuvor in dem Gebäude zentral ausgezählten
Briefwahlstimmzettel verpackt wurden. Sie wurden beim Verladen bedauerlicherweise in dem Aufzug ver-
gessen und nach ihrem Auffinden dem Wahlamt der Stadt Essen übergeben. Das Vorkommnis mag zwar
zunächst verwundern, hatte auf das Wahlergebnis aber keinen Einfluss. Denn alle Stimmzettel wurden bei der
Auszählung und der Ermittlung des vorläufigen Ergebnisses ordnungsgemäß berücksichtigt, und zwar vor
dem Auffinden der Säcke im Aufzug.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 115 – Drucksache 18/1710

Anlage 30

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

der Frau M. B., 1079 MC Amsterdam (NL),

– Az.: WP 64/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 5. Juni 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Die Einspruchsführerin hat mit einem Schreiben vom 8. Oktober 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Sie habe per Briefwahl an der Bundestagswahl teilgenommen. Ihr Wahlkreis sei Lörrach-Müllheim (282).
Dort sei Herr Wolfgang Fuhl als Direktkandidat für die Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) angetre-
ten. Auf ihrem Stimmzettel habe die AfD jedoch nicht auf der Liste für die Erststimme, sondern nur auf der
Liste für die Zweitstimme gestanden.

Die Landeswahlleiterin des Landes Baden-Württemberg hat dazu am 23. März 2014 im Wesentlichen wie
folgt Stellung genommen:

Der zulässige Einspruch sei unbegründet. Wie auf dem (der Stellungnahme beigefügten) Stimmzettel für die
Wahl zum Deutschen Bundestag im Wahlkreis 282 am 22. September 2013 ersichtlich, sei für die AfD als
(mit der Erststimme wählbarer) Kreiswahlvorschlag Herr Wolfgang Fuhl aufgeführt. Nach § 30 Absatz 3
Satz 3 des Bundeswahlgesetzes (BWG) richte sich die Reihenfolge der Kreiswahlvorschläge nach der Rei-
henfolge der entsprechenden Landeslisten. Da die Partei mit der Landesliste unter Nummer 15 aufgeführt sei,
sei der Kreiswahlvorschlag entsprechend zu reihen. Die Parteien Nummer 8 bis 14 hätten bei der Erststimme
eine sog. Leernummer erhalten, da für sie kein Kreiswahlvorschlag zugelassen worden sei. An diese Leer-
nummern schließe sich der Kreiswahlvorschlag der AfD an. Möglicherweise habe die Einspruchsführerin
daher den Bewerber übersehen.

Die Einspruchsführerin hat sich zu der ihr übersandten Stellungnahme nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vortrag der Einspruchsführerin lässt sich kein Verstoß
gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

Anders als von ihr bemängelt, war Herr Wolfgang Fuhl als Wahlkreisbewerber (Direktkandidat) der AfD auf
dem Stimmzettel aufgeführt und damit wählbar. Da sich die Reihenfolge der Landeslisten von Parteien ge-
mäß § 30 Absatz 3 Satz 1 BWG nach der Zahl der Zweitstimmen richtet, die sie bei der letzten Bundestags-
wahl im Land erreicht haben, und alle übrigen Landeslisten sich gemäß § 30 Absatz 3 Satz 2 BWG in alpha-
betischer Reihenfolge anschließen, war die Landesliste der AfD unter Nummer 15 aufgeführt. Da die Reihen-
folge der Kreiswahlvorschläge (Direktkandidaten) sich gemäß § 30 Absatz 3 Satz 3 BWG nach der Reihen-
folge der entsprechenden Landesliste richtet, stand auch der Direktkandidat der AfD, Herr Fuhl, relativ weit
unten auf dem Stimmzettel. Gerade er war aber auf dem aufgefalteten Stimmzettel nicht zu übersehen, denn
unmittelbar vor und nach seinem Namen standen keine Direktkandidaten.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 117 – Drucksache 18/1710

Anlage 31

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn K. H., 01990 Ortrand,

– Az.: WP 66/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 5. Juni 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Schreiben vom 25. September 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Er trägt vor, Bürgern im Wahlkreis 65 (Elbe-Elster – Oberspreewald-Lausitz II) sei der Zugang zu Wahlloka-
len nicht ermöglicht worden. Bürger seien sogar wieder weggeschickt worden, da ein barrierefreier Zugang
nicht möglich gewesen sei. Die Briefwahl sei möglich, aber keine Pflicht. Außerdem sei in den Wahlbenach-
richtigungen nicht auf vorhandene Barrieren, verbunden mit einem Vorschlag, die Briefwahl zu nutzen, hin-
gewiesen worden. Das Grundgesetz verlange den freien Zugang zu (barrierefreien) Wahlen.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Der Einspruchsführer hat seinem Schreiben einen Brief des Kreiswahlleiters für den Wahlkreis 65 vom 30.
September 2013 beigefügt. Darin heißt es im Wesentlichen:

Gemäß § 19 Absatz 1 der Bundeswahlordnung (BWO) müssten Angaben zur Barrierefreiheit auf den Wahl-
benachrichtigungen sowie Wahlbekanntmachungen der Gemeindebehörden enthalten sein. Sei kein barrieref-
reier Wahlraum zu benennen, so könne mittels Beantragung eines Wahlscheines in einem anderen Wahlraum
innerhalb des Wahlkreises bzw. durch Briefwahl gewählt werden. Neben den Auskünften zu barrierefreien
Wahlräumen sei mittlerweile auch die Telefonnummer des Behinderten- und Sehbehindertenverbandes Bran-
denburg e. V. vermerkt, wohin sich Bürger bei Bedarf zwecks Unterstützung wenden könnten. Die Kommu-
nen seien angehalten, in öffentlichen Gebäuden die Barrierefreiheit zu gewährleisten. Dies erfordere zum Teil
umfangreiche finanzielle Mittel, die nicht sofort dafür bereitstünden. Der Prozess der flächendeckenden Be-
reitstellung barrierefreier Räume werde sich über Jahre hinziehen. In einigen Kommunen stünden keine eige-
nen Objekte zur Verfügung. Sie würden von privaten Unternehmen für den Wahltag angemietet. Von priva-
ten Eigentümern sei die Herstellung der Barrierefreiheit nicht einforderbar. Der Landkreis Oberspreewald-
Lausitz stelle im Zuge der im Haushalt geplanten Maßnahmen zunehmend die Barrierefreiheit her. Dies treffe
für Schulgebäude wie Verwaltungsgebäude gleichermaßen zu. In kreiseigenen Schulen würden auch Räume
für den Wahltag auf Antrag der Kommunen bereitgestellt. Natürlich könne durch geeignete Maßnahmen der
jeweiligen Wahlbehörde den in der (vom Einspruchsführer angeführten) Presse als Beispiel aufgeführten
Problemen entgegengewirkt werden. Wie man dem betreffenden Artikel habe entnehmen können, seien für
die nächste Wahl bereits Schlussfolgerungen gezogen worden. Im Wahlkreis 65 seien per 2. September 2013
152 barrierefreie Wahllokale gezählt worden (von 347 Urnenwahlbezirken). Dies sei ein Anteil von 43,8
Prozent. Aus der ihm, dem Kreiswahlleiter, vorliegenden Übersicht werde deutlich, dass die größeren Städte
einen wesentlich höheren Anteil aufwiesen als kleinere Kommunen. Das Amt Ortrand habe leider kein
barrierefreies Wahllokal ausgewiesen. Hier bestehe Nachholbedarf. Trotzdem habe jeder Bürger die Mög-
lichkeit, sein Wahlrecht anderweitig wahrzunehmen.

Drucksache 18/1710 – 118 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Der Landeswahlleiter des Landes Brandenburg hat zu dem Vorbringen des Einspruchsführers am 6. und
27. Februar 2014 im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Bezüglich der Bundestagswahl lege § 46 Absatz 1 BWO fest, dass die Gemeindebehörde für jeden Wahlbe-
zirk einen Wahlraum bestimme: „Soweit möglich, stellen die Gemeinden Wahlräume in Gemeindegebäuden
zur Verfügung. Die Wahlräume sollen nach den örtlichen Verhältnissen so ausgewählt und eingerichtet wer-
den, dass allen Wahlberechtigten, insbesondere behinderten und anderen Menschen mit Mobilitätsbeeinträch-
tigung, die Teilnahme an der Wahl möglichst erleichtert wird. Die Gemeindebehörden teilen frühzeitig und in
geeigneter Weise mit, welche Wahlräume barrierefrei sind.“ Die kommunalen Wahlbehörden in Brandenburg
seien bemüht, möglichst viele Wahlräume zu bestimmen, bei denen einerseits eine Barrierefreiheit und ande-
rerseits eine möglichst geringe Entfernung zwischen Wohnort und Wahlraum gewährleistet sei. Dabei be-
stünden aber insbesondere in großflächigen Ämtern, kleinen Gemeinden und kleinen Ortsteilen ohne moder-
ne behindertengerechte öffentliche Gebäude faktische Grenzen. Im Land Brandenburg seien daher 1.792 von
insgesamt 3.312 Wahllokalen barrierefrei gewesen. Die gleichberechtigte Teilhabe behinderter Menschen
und von Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigung an der Bundestagswahl 2013 sei durch die Regelungen der
§§ 25 ff. und 66 BWO dennoch gewährleistet gewesen. So hätten Wahlberechtigte nach der Beantragung und
Ausstellung eines Wahlscheins entweder an der Urnenwahl in einem beliebigen anderen Wahllokal des
Wahlkreises teilnehmen oder sich für die Briefwahl entscheiden können. Eine diesbezügliche Belehrung habe
die Wahlbenachrichtigung enthalten. Ein Rechtsanspruch, dass ausnahmslos jedes für die Bundestagswahl
bestimmte Wahllokal barrierefrei sein müsse, bestehe nicht. Ein Wahlfehler liege diesbezüglich nicht vor.

Nach Übersendung eines Musters der vom Amt Ortrand versandten Wahlbenachrichtigung durch den zustän-
digen Kreiswahlleiter müsse er, der Landeswahlleiter, feststellen, dass die Wahlbenachrichtigung nicht voll-
ständig den Bestimmungen des § 19 Absatz 1 BWO entsprochen habe. Sie habe den nach § 19 Absatz 1 Satz
2 Nr. 7 BWO vorgesehenen Hinweis enthalten, wo Wahlberechtigte Informationen über barrierefreie Wahl-
räume und Hilfsmittel erhalten könnten, aber nicht die nach § 19 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 BWO erforderliche
Angabe, ob der jeweilige konkrete Wahlraum barrierefrei sei oder nicht. Dieser Fehler habe aber keine Aus-
wirkungen auf die Verteilung der Sitze im Bundestag gehabt.

Der Einspruchsführer hat sich zu der ihm übersandten Stellungnahme am 12. März 2014 geäußert:

Mit keinem Wort gehe der Landeswahlleiter auf die konkrete Situation in der Stadt Ortrand ein. 200 Meter
vom Ortrander Rathaus entfernt gebe es ein Altenpflegeraum mit großem Empfangsraum, natürlich
barrierefrei. Gegenüber dem Rathaus befinde sich eine Gaststätte, deren Gastraum zu DDR-Zeiten als barrie-
refreier Wahlraum genutzt worden sei, und es gebe barrierefreie Gebäude in kommunalem Besitz wie die
Turnhalle neben der Schule oder einen Sportkomplex am Fußballplatz.

Wegen des weiteren Inhalts der Gegenäußerung wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

Der Landeswahlleiter des Landes Brandenburg hat zu der Gegenäußerung am 10. April 2014 Stellung
genommen:

Nach Mitteilung der örtlichen Wahlbehörde seien die für die Bundestagswahl 2013 bestimmten Wahllokale
in der Stadt Ortrand unter dem Gesichtspunkt der Kontinuität ausgewählt worden. Die Wahl sei in beiden
Wahllokalen durchgeführt worden, in denen die Bürger seit jeher ihre Stimme hätten abgeben können. Die
Ausführungen des Einspruchsführers seien inhaltlich und rechtlich nicht geeignet, die bereits mitgeteilte
Rechtsauffassung zu dem Wahleinspruch abzuändern. Abschließend wolle er, der Landeswahlleiter, darauf
hinweisen, dass bei den Europa- und Kommunalwahlen am 25. Mai 2014 sämtliche Wahllokale des Amtes
Ortrand barrierefrei gestaltet würden.

Der Einspruchsführer hat sich hierzu am 18. April 2014 geäußert und seine Kritik aufrechterhalten.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vorbringen des Einspruchsführers lässt sich kein die Gül-
tigkeit der Bundestagswahl 2013 berührender Wahlfehler entnehmen.

1. Soweit der Einspruchsführer rügt, dass Wahlräume im Wahlkreis 65 für mobilitätsbeeinträchtigte Wähler
nicht ohne Unterstützung zugänglich gewesen seien, liegt kein Wahlfehler vor, wenngleich die Bedeutung
der Barrierefreiheit von Wahllokalen angesichts des Verfassungsgrundsatzes der Allgemeinheit der Wahl

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 119 – Drucksache 18/1710

nicht genug betont werden kann. Der Wahlprüfungsausschuss hat bereits in der Vergangenheit einen verfas-
sungsrechtlichen Anspruch auf einen barrierefreien Zugang zum Wahllokal verneint (vgl. Bundestagsdruck-
sachen 14/1560, Anlage 59; 17/3100, Anlage 9). Gemäß § 46 Absatz 1 Satz 3 BWO sollen (nicht: müssen)
die Wahlräume nach den örtlichen Verhältnissen so ausgewählt und eingerichtet werden, dass allen Wahlbe-
rechtigten, insbesondere behinderten und anderen Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigung, die Teilnahme
an der Wahl möglichst erleichtert wird. Die Einrichtung von Wahlräumen, die nur über (mehrere) Treppen
oder nicht ohne Unterstützung zugänglich sind, stellt nicht von vornherein einen Wahlfehler dar (vgl. Bun-
destagsdrucksachen 14/1560, Anlage 59; 17/3100, Anlage 9). Bei der Auswahl der Wahlräume handelt es
sich um eine Ermessensentscheidung der Gemeindebehörde, in die diese alle in Betracht kommenden Aspek-
te einzubeziehen und gegeneinander abzuwägen hat, damit allen Wahlberechtigten die Teilnahme an der
Wahl nach Möglichkeit erleichtert wird. Hierbei sind die Interessen behinderter Menschen in besonderem
Maße zu berücksichtigen. Daneben sind auch Aspekte wie etwa die – in der Vorschrift ausdrücklich genann-
ten – örtlichen Verhältnisse zu berücksichtigen, also etwa die Erreichbarkeit, das Platzangebot und mögliche
Kosten (vgl. Bundestagsdrucksache 15/4750, Anlage 14). Anhaltspunkte für einen Ermessensfehler der Ge-
meindebehörden im Wahlkreis 65 und insbesondere des Amtes Ortrand vermag der Wahlprüfungsausschuss
nicht zu erkennen. Wie der Kreiswahlleiter dargelegt hat, bemüht sich der Landkreis fortwährend, die Barrie-
refreiheit in Schul- und Verwaltungsgebäuden herzustellen. Auch können die Gemeinden auf Antrag Räume
in kreiseigenen Schulen als Wahllokale nutzen. Die finanziellen Mittel erlauben es jedoch leider nicht, schon
heute überall barrierefreie Wahlräume anzubieten.

2. Für seine Behauptung, dass Bürger wieder weggeschickt worden seien, da ein barrierefreier Zugang nicht
möglich gewesen sei, bringt der Einspruchsführer keine Belege. Insofern ist sein Vortrag als unsubstantiiert
zurückzuweisen (Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlagen 283 bis 285; 15/1850, Anlage 25; 15/2400, An-
lage 9; 17/1000, Anlagen 13 und 19; 18/1160, Anlagen 3, 6, 83; BVerfGE 48, 271 [276]; 66, 369 [379]; 85,
148 [159]; 122, 304 [309]; Hahlen, in: Schreiber, Bundeswahlgesetz, 9. Auflage 2013, § 49 Rn. 25).

3. Die dem Einspruchsführer vom Amt Ortrand übersandte Wahlbenachrichtigung war fehlerhaft. Sie ent-
sprach nicht vollständig den Bestimmungen der Bundeswahlordnung. Zwar enthielt sie den nach § 19 Absatz
1 Satz 2 Nr. 7 BWO vorgeschriebenen Hinweis, wo Wahlberechtigte Informationen über barrierefreie Wahl-
räume und Hilfsmittel erhalten können, aber nicht die nach § 19 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 BWO erforderliche
Angabe, ob der jeweilige konkrete Wahlraum barrierefrei sei oder nicht. Doch bleibt die Gültigkeit der Bun-
destagswahl 2013 von diesem Wahlfehler unbeeinflusst. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfas-
sungsgerichts, der sich der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag stets angeschlossen haben,
können nämlich nur solche Wahlfehler die Gültigkeit der Bundestagswahl beeinträchtigen, die auf die Sitz-
verteilung von Einfluss sind oder sein können (vgl. nur BVerfGE 89, 243 [254]; Bundestagsdrucksachen
16/900, Anlage 20; 17/1000, Anlagen 10, 15, 19 und 20; 17/2200, Anlagen 5, 12 und 25; 17/2250, Anlagen
18 und 22; 17/3100, Anlage 21). Sofern die falsche Angabe den Einspruchsführer von der Briefwahl oder der
Wahl mit Wahlschein in einem anderen Wahllokal und damit letztlich von der Stimmabgabe abgehalten hat,
hätten die beiden Stimmen des Einspruchsführers das Ergebnis der Bundestagswahl nur so geringfügig ver-
ändert, dass ein Einfluss auf die Sitzverteilung im 18. Deutschen Bundestag ausgeschlossen werden kann.

4. Auch wenn der Wahleinspruch letztlich unbegründet ist, unterstreicht der Wahlprüfungsausschuss gleich-
wohl die besondere Bedeutung der Auswahl und Einrichtung barrierefreier Wahlräume, um die Teilnahme an
der Wahl auch für Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigung so einfach wie möglich zu gestalten. Er erwartet
deshalb, dass die Wahlbehörden möglichst nur barrierefreie Wahlräume auswählen und einrichten sowie sich
weiter um eine zielgenaue und adressatenangemessene Information der Wählerinnen und Wähler hierüber
bemühen.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 121 – Drucksache 18/1710

Anlage 32

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn O. D., 21107 Hamburg,

– Az.: WP 67/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Schreiben vom 10. Oktober 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Er trägt vor, viele Tausend Menschen hätten die angeforderten Briefwahlunterlagen nicht erhalten und seien
somit ohne Stimme geblieben. Ferner fänden sich in den sozialen Netzwerken genug Beweise, dass es in
einigen Wahlkreisen zu kleineren, teilweise sogar größeren Pannen bei der Stimmauszählung gekommen sei.
Beispielsweise sei ein Meppener Wahllokal stichprobenartig untersucht worden. Diese Prüfung habe ergeben,
dass die Hälfte der Zweitstimmen für die Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) nicht berücksichtigt
worden sei.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Mit Schreiben vom 14. Oktober 2013 wurde der Einspruchsführer gebeten, mitzuteilen, durch welche konkre-
ten Umstände er die Wahlrechtsvorschriften verletzt sehe und insbesondere zu schildern, wo Briefwahlunter-
lagen verschwunden und „Wahlpannen“ passiert seien. Er hat darauf nicht reagiert.

Die Niedersächsische Landeswahlleiterin hat zu demjenigen Einspruchsgegenstand, der ihren Zuständig-
keitsbereich berührt, am 6. März 2014 im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Sie habe den Kreiswahlleiter des Wahlkreises 31 (Mittelems) hierzu um Stellungnahme gebeten. Dieser habe
ihr mitgeteilt, dass bei der Stimmenauszählung des Meppener Wahlbezirks 104 ein Wahlbeobachter der AfD
anwesend gewesen sei, was auch in der Wahlniederschrift vermerkt worden sei. Die Auszählung der Stimm-
zettel sei ohne Probleme verlaufen. Allerdings habe es zunächst einen Fehler bei der Eintragung der Zweit-
stimmen in die sog. Schnellmeldung gegeben. Insgesamt seien 713 gültige Stimmabgaben gezählt worden, in
die Schnellmeldung seien aber nur 697 Stimmen eingetragen worden. Daher sei vor Ort diese Differenz
nochmals überprüft worden, Dabei habe man festgestellt, dass nur 15 anstatt 31 Zweitstimmen für die AfD in
die Schnellmeldung eingetragen worden seien. Hierbei solle es sich gerade nicht um für ungültig erklärte
Zweitstimmen, sondern um ein Übersehen dieses Stimmen gehandelt haben. Dieser Fehler sei umgehend
korrigiert worden. Das korrekte Ergebnis des Wahlbezirks sei dann der Stadt Meppen anhand der Schnell-
meldung telefonisch übermittelt und dann auch im vorläufigen Wahlergebnis berücksichtigt worden. Aus der
Stellungnahme des Kreiswahlleiters werde deutlich, dass bereits der Vortrag des Einspruchsführers vom
Sachverhalt her nicht zutreffend sei. Es seien gerade keine Stimmen für die AfD in dem genannten Wahlbe-
zirk in Meppen unberücksichtigt geblieben. Es habe auch keinen Zählfehler, sondern nur einen Übertragungs-
fehler gegeben, der rechtzeitig noch vor Absetzen der Schnellmeldung habe korrigiert werden können. Die
Stimmen für die AfD seien daher im Wahlergebnis ordnungsgemäß berücksichtigt worden. Ein Wahlfehler
sei demnach nicht ersichtlich.

Der Einspruchsführer hat sich zu der ihm übersandten Stellungnahme nicht geäußert.

Drucksache 18/1710 – 122 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vortrag des Einspruchsführers lässt sich kein Verstoß
gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

1. In Bezug auf die angeblich in Tausenden von Fällen nicht erhaltenen Briefwahlunterlagen bleibt der Ein-
spruchsführer im Ungefähren. Er nennt keine Namen und keine Adressen oder Städte, in denen eine Zusen-
dung unterblieben sein soll. Die Angaben des Einspruchsführers machen es unmöglich, nachzuvollziehen, wo
sich das gerügte Geschehen zugetragen haben soll, und entsprechende Sachverhaltsaufklärung zu betreiben.
Auch hinsichtlich angeblicher Pannen bei der Stimmauszählung belässt es der Einspruchsführer bei einem
pauschalen Verweis auf soziale Netzwerke, ohne aber ins Detail zu gehen. Wahlbeanstandungen, die über
nicht belegte Vermutungen oder die bloße Andeutung der Möglichkeit von Wahlfehlern nicht hinausgehen
und einen konkreten, der Überprüfung zugänglichen Tatsachenvortrag nicht enthalten, müssen als
unsubstantiiert zurückgewiesen werden (Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlagen 283 bis 285; 15/1850,
Anlage 25; 15/2400, Anlage 9; 17/1000, Anlagen 13 und 19; BVerfGE 48, 271 [276]; 66, 369 [379]; 85, 148
[159]; 122, 304 [309]; Hahlen, in: Schreiber, § 49 Rn. 25).

2. Entgegen der Darstellung des Einspruchsführers wurden in Meppen alle Zweitstimmen für die AfD im
Wahlergebnis berücksichtigt. Zwar wurde am Wahlabend zunächst eine zu geringe Zahl der für die AfD ab-
gegebenen gültigen Zweitstimmen in die Schnellmeldung eingetragen. Dieses Versehen wurde jedoch noch
rechtzeitig vor Absetzen der Schnellmeldung korrigiert. Das Versehen blieb damit folgenlos. Das korrekte
Ergebnis des Wahlbezirks ist dann der Stadt Meppen anhand der Schnellmeldung telefonisch übermittelt und
dann auch im vorläufigen sowie endgültigen Wahlergebnis berücksichtigt worden.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 123 – Drucksache 18/1710

Anlage 33

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn D. K., 63073 Offenbach,

– Az.: WP 68/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Schreiben vom 10. Oktober 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Er rügt mehrere (angebliche) Vorkommnisse: Im Wahlbezirk Detmold liege die Zahl der der SPD „zugestan-
denen“ Stimmen höher als die Stimmenzahl, die ein Wahlbeobachter für diese Partei ermittelt habe. In Ham-
burg seien 100.000 Briefwahlstimmzettel verschwunden. In Meppen seien die Stimmen für die Partei „Alter-
native für Deutschland“ (AfD) für ungültig erklärt worden. In Essen sei die Nachzählung durch das Wahlamt
verweigert worden, obwohl es nur drei Stimmen Unterschied zwischen den CDU- und SPD-Kandidaten ge-
geben habe. Ebenfalls in Essen seien 26 Säcke mit Briefwahlstimmzetteln gefunden worden, die zwar ausge-
zählt, aber nicht an das Wahlamt weitergeleitet worden seien. In Bochum seien 71,26 Prozent aller Zweit-
stimmen für ungültig erklärt worden.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Die Landeswahlleiterin des Landes Nordrhein-Westfalen hat zu dem Einspruch, soweit er ihren Zustän-
digkeitsbereich betrifft, am 17. Februar 2014 wie folgt Stellung genommen:

Der Einspruchsführer rüge nicht unerhebliche Differenzen zwischen dem vorläufigen und dem endgültigen
Wahlergebnis. Hierzu habe der zuständige Kreiswahlleiter für den Wahlbezirk ausgeführt, dass ins Internet
ein nichtamtliches „Kontrollformular“ eines Wahlbeobachters eingestellt worden sei. Dieses „Kontrollformu-
lar“ dokumentiere die Stimmenauszählung in einem Wahllokal der Stadt Detmold im Wahlkreis 136 (Höxter
– Lippe I). Da aufgrund des veröffentlichten vorläufigen Ergebnisses der Stadt Detmold Wahlbetrug vorge-
worfen worden sei, habe der Kreiswahlleiter die erneute Auszählung des Wahlbezirks am 25. September
2013 veranlasst. Die seitens des Beobachters kritisierten und in dem Wahleinspruch nun aufgegriffenen Ab-
weichungen hätten sich dabei nicht bestätigt. Es bleibe unklar, warum der Wahlbeobachter am Wahlabend
derartige Abweichungen habe feststellen können.

Der Einspruchsführer behaupte, dass die Nachzählung der Stimmen in Essen durch das dortige Wahlamt
verweigert worden sei. Diese Aussage entspreche nicht den Tatsachen. Die Stimmennachzählung in Essen sei
Gegenstand umfangreicher – auch überörtlicher – Berichterstattung in den Medien gewesen. Allgemein sei
zur Nachzählung in Essen Folgendes anzumerken: Um absichtliche oder unabsichtliche Fehler bei der Ergeb-
nisfeststellung zu verhindern, seien die dabei einzuhaltenden Abläufe durch Bundeswahlgesetz und Bundes-
wahlordnung detailliert vorgeschrieben. Dies betreffe auch die Dokumentation durch daran beteiligte und
besonders verpflichtete Wahlorgane, deren lückenlose Vornahme durch entsprechende Anlagen zur Bundes-
wahlordnung gewährleistet werden solle. Zu der in diesem Zusammenhang angesprochenen Nachzählung des
Wahlergebnisses im Wahlkreis 120 (Mülheim – Essen I) sei festzuhalten, dass die Feststellung des Wahler-
gebnisses im Wahlkreis durch den Kreiswahlausschuss – nach Vorbereitung durch den zuständigen Kreis-
wahlleiter – erfolgt sei. Aufgrund des überaus knappen Stimmenunterschiedes und weiterer Vorkommnisse

Drucksache 18/1710 – 124 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

bei der Durchführung der Wahl in Essen (siehe den nächsten Absatz) habe der Kreiswahlausschuss eine voll-
ständige Nachzählung aller abgegebenen Stimmen beschlossen. Dieses Vorgehen stelle eine Ausnahme dar
und erscheine nachvollziehbar, diene es doch der Sicherstellung eines korrekt ermittelten Wahlergebnisses.
Abgesehen davon gelte, dass aufgrund des in der Regel deutlichen Stimmenunterschiedes bei den Wahlkreis-
bewerberinnen und Wahlkreisbewerbern kleinere Zählfehler nicht ins Gewicht fielen. Es verstehe sich von
selbst, dass Zählfehler durch wechselseitige Kontrollen der Wahlvorstandsmitglieder bereits im Wahllokal
vermieden werden sollten. Auch prüfe der Kreiswahlleiter die vorgelegten Niederschriften auf ihre Richtig-
keit hin. Es sei jedoch zu berücksichtigen, dass an allen Stellen letztlich Menschen den Zählvorgang manuell
durchführten, wobei es gelegentlich zu Fehlern kommen könne. Diese seien jedoch – wie dargestellt – in der
Regel wegen der großen Stimmenunterschiede unproblematisch.

Am Morgen nach der Wahl seien von der benachrichtigten Polizei in einem Personenaufzug eines Gebäudes
der Universität Duisburg-Essen insgesamt 26 versiegelte und mit Nummern von Essener Wahlbezirken be-
schriftete Säcke aufgefunden worden. In den Säcken hätten sich ausgefüllte Stimmzettel der Bundestagswahl
befunden. Die Säcke seien zunächst sichergestellt und später dem Wahlamt der Stadt Essen übergeben wor-
den. In dem Gebäude seien die Briefwahlunterlagen zentral ausgezählt worden. Alle Stimmzettel seien bei
der Auszählung und der Ermittlung des vorläufigen Ergebnisses ordnungsgemäß berücksichtigt worden.
Nach Abschluss der Auszählung seien insgesamt 92 Säcke mit Briefwahlunterlagen mittels Aufzugs nach
unten verbracht und in Fahrzeuge verladen worden. Dabei seien 26 Säcke im Aufzug verblieben. Das Wah-
lamt Essen habe keinerlei Manipulation an den Säcken festgestellt.

Der Einspruchsführer rüge die hohe, später korrigierte Prozentzahl an ungültigen Zweitstimmen in einem
Wahlbezirk in Bochum. Hierzu führe der zuständige Kreiswahlleiter in seiner Stellungnahme aus: Bei der
Stimmenauszählung am Sonntagabend (Wahlabend) habe für den Wahlbezirk 4401 des Wahlkreises 141
(Herne – Bochum II) bei mehrfachen Schnellmeldungen kein plausibles Ergebnis festgestellt werden können.
Da nicht damit zu rechnen gewesen sei, dass in absehbarer Zeit die Differenzen hätten aufgeklärt werden
können, sei um 22.15 Uhr entschieden worden, diesen Bezirk am Montag durch Mitarbeiter des Wahlbüros
komplett neu auszuzählen. Da für die noch am Sonntagabend erforderliche Meldung des vorläufigen Ergeb-
nisses an die Landeswahlleitung aber auch für diesen Wahlbezirk ein – zumindest vorläufiges – Wahlergeb-
nis einzutragen gewesen sei, habe sich die Wahlleitung dazu entschlossen, die bis dahin sicher richtig ausge-
zählten Stimmen auszuweisen und die noch nicht geklärten zunächst als ungültige Stimmen einzutragen.
Dadurch sei sichergestellt gewesen, dass zunächst ein vorläufiges Ergebnis vorgelegen habe, keine falschen
Stimmenzuordnungen zu den Kandidaten oder Parteien ausgewiesen worden seien und umgehend am Montag
auch für den betreffenden Wahlbezirk die korrekten Zahlen vorgelegen hätten. Die Vorgehensweise des
Kreiswahlleiters sei unbefriedigend. Dies gelte umso mehr, als dass am Wahlabend keine entsprechende In-
formation der Landeswahlleitung erfolgte. Hier hätte eine ordnungsgemäße Nachzählung noch in der Wahl-
nacht erfolgen müssen. Sie, die Landeswahlleiterin, habe den Kreiswahlleiter gebeten, dafür Sorge zu tragen,
dass sich ein solcher Vorfall nicht wiederhole.

Die Niedersächsische Landeswahlleiterin hat zu demjenigen Einspruchsgegenstand, der ihren Zuständig-
keitsbereich berührt, am 6. März 2014 im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Sie habe den Kreiswahlleiter des Wahlkreises 31 (Mittelems) hierzu um Stellungnahme gebeten. Dieser habe
ihr mitgeteilt, dass bei der Stimmenauszählung des Meppener Wahlbezirks 104 ein Wahlbeobachter der AfD
anwesend gewesen sei, was auch in der Wahlniederschrift vermerkt worden sei. Die Auszählung der Stimm-
zettel sei ohne Probleme verlaufen. Allerdings habe es zunächst einen Fehler bei der Eintragung der Zweit-
stimmen in die sog. Schnellmeldung gegeben. Insgesamt seien 713 gültige Stimmabgaben gezählt worden, in
die Schnellmeldung seien aber nur 697 Stimmen eingetragen worden. Daher sei vor Ort diese Differenz
nochmals überprüft worden, Dabei habe man festgestellt, dass nur 15 anstatt 31 Zweitstimmen für die AfD in
die Schnellmeldung eingetragen worden seien. Hierbei solle es sich gerade nicht um für ungültig erklärte
Zweitstimmen, sondern um ein Übersehen dieser Stimmen gehandelt haben. Dieser Fehler sei umgehend
korrigiert worden. Das korrekte Ergebnis des Wahlbezirks sei dann der Stadt Meppen anhand der Schnell-
meldung telefonisch übermittelt und dann auch im vorläufigen Wahlergebnis berücksichtigt worden. Aus der
Stellungnahme des Kreiswahlleiters werde deutlich, dass bereits der Vortrag des Einspruchsführers vom
Sachverhalt her nicht zutreffend sei. Es seien gerade keine Stimmen für die AfD in dem genannten Wahlbe-
zirk in Meppen unberücksichtigt geblieben. Es habe auch keinen Zählfehler, sondern nur einen Übertragungs-
fehler gegeben, der rechtzeitig noch vor Absetzen der Schnellmeldung habe korrigiert werden können. Die

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 125 – Drucksache 18/1710

Stimmen für die AfD seien daher im Wahlergebnis ordnungsgemäß berücksichtigt worden. Ein Wahlfehler
sei demnach nicht ersichtlich.

Der Einspruchsführer hat sich zu den ihm übersandten Stellungnahmen nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vorbringen des Einspruchsführers lässt sich kein die Gül-
tigkeit der Bundestagswahl 2013 berührender Wahlfehler entnehmen.

1. Im Wahlbezirk Detmold war die Zahl der für die SPD ausgezählten Stimmen korrekt. Die erneute Auszäh-
lung des von Unstimmigkeiten angeblich betroffenen Wahlbezirks räumt den Verdacht aus, der sich allein
auf ein im Internet zu findendes Foto eines „Kontrollformulars“ eines privaten Wahlbeobachters gründet.

2. Auch im Fall der angeblich verloren gegangenen Briefwahlstimmen in Hamburg liegt kein Wahlfehler vor.
Das Statistische Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein hat in einer auch im Internet abrufbaren Presse-
mitteilung vom 25. September 2013 (www.statistik-nord.de) erklärt, dass in der am 23. September 2013 ver-
öffentlichten Wahlanalyse zum vorläufigen Ergebnis der Bundestagswahl in Hamburg die Zahl der Briefwäh-
lerinnen und -wähler nicht korrekt ausgewiesen worden sei. Eine Überprüfung habe ergeben, dass die ent-
sprechende Abfrage der Datenbank für das vorläufige Wahlergebnis versehentlich so programmiert worden
sei, dass nicht alle Briefwahlbezirke einbezogen worden seien. Auf die Zusendung von 301 884 Briefwahlun-
terlagen hin hätten 268 504 Wählerinnen und Wähler von ihrem Wahlrecht per Brief Gebrauch gemacht,
nicht wie ursprünglich angegeben 198 739 Wahlberechtigte. Die Befürchtung, Briefwahlstimmen könnten
unberücksichtigt geblieben sein, treffe nicht zu. Diese Vermutung sei dadurch entstanden, dass der Zahl der
ausgegebenen Briefwahlunterlagen (Wahlschein, Stimmzettel und Umschläge) von 301 884 eine Zahl von
198 739 Briefwählern gegenübergestellt worden sei. Zur Erläuterung dieser Differenz hat das Statistische
Amt auf drei Ursachen hingewiesen: Die Überprüfung habe ergeben, dass die Zahl der Briefwählerinnen und
-wähler infolge der fehlerhaften Abfrage der Datenbank um rund 70 000 zu niedrig angegeben worden sei.
Sie sei auf 268 504 korrigiert worden. Des Weiteren gehörten zu den 301 884 ausgegebenen Wahlscheinen
auch solche, die die Stimmabgabe in einem anderen Wahllokal als in dem eigenen ermöglichen sollten, z. B.
in einem barrierefreien Wahllokal. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass erfahrungsgemäß rund fünf bis
zehn Prozent der ausgegebenen Briefwahlunterlagen nicht rechtzeitig und vollständig zurückliefen. Die
Gründe hierfür seien vielfältig und lägen z. B. im zu späten Erhalt, der Nichtnutzung oder der zu späten
Rücksendung der Briefwahlunterlagen. Darüber hinaus fänden solche Wahlbriefe keinen Eingang in die Zäh-
lung der Briefwähler, die aus formalen Gründen zurückzuweisen seien, z. B. weil der Wahlschein fehle oder
nicht unterschrieben sei. Der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag folgen dieser schlüssigen
Darstellung.

3. Entgegen der Darstellung des Einspruchsführers wurden in Meppen die Stimmen für die AfD nicht für
ungültig erklärt. Die Stimmenzahl für die AfD spiegelt sich im Meppener Wahlergebnis korrekt wider. Zwar
wurde am Wahlabend zunächst eine zu geringe Zahl der für die AfD abgegebenen gültigen Zweitstimmen in
die Schnellmeldung eingetragen. Dieses Versehen wurde jedoch noch rechtzeitig vor Absetzen der Schnell-
meldung korrigiert. Alle Stimmen für die AfD wurden berücksichtigt. Das Versehen blieb damit folgenlos.
Das korrekte Ergebnis des Wahlbezirks ist dann der Stadt Meppen anhand der Schnellmeldung telefonisch
übermittelt und dann auch im vorläufigen sowie endgültigen Wahlergebnis berücksichtigt worden.

4. Aus dem Vorbringen des Einspruchsführers zum Wahlablauf in der Stadt Essen ergibt sich kein Wahlfeh-
ler.

a) Entgegen der Behauptung des Einspruchsführers ist die Nachzählung nicht verweigert worden. Im Gegen-
teil hat der Kreiswahllausschuss für den Wahlkreis 120, der einen Teil von Essen umfasst, aufgrund des über-
aus knappen Stimmenunterschiedes und weiterer Vorkommnisse bei der Durchführung der Wahl ausnahms-
weise eine vollständige Nachzählung aller abgegebenen Stimmen beschlossen. Dadurch wurde sichergestellt,
dass sich alle gültigen Stimmen im Wahlergebnis nunmehr wiederfinden.

b) Der Einspruchsführer weist zwar auf die in einem Fahrstuhl auf dem Universitätscampus in Essen am
Montagmorgen nach der Wahl entdeckten Säcke mit ausgezählten Briefwahlstimmzetteln hin. Auch teilt er
zutreffend mit, dass eine Unregelmäßigkeit vom Wahlamt und der Polizei nicht festgestellt werden konnte.
Einen Fehler bemängelt er aber insoweit nicht. Unabhängig davon, hat ein solcher auch nicht vorgelegen. Die

Drucksache 18/1710 – 126 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

gefundenen 26 Säcke waren ein Teil der 92 Säcke, in denen die zuvor in dem Gebäude zentral ausgezählten
Briefwahlstimmzettel verpackt wurden. Sie wurden beim Verladen bedauerlicherweise in dem Aufzug ver-
gessen und nach ihrem Auffinden dem Wahlamt der Stadt Essen übergeben. Das Vorkommnis mag zwar
zunächst verwundern, hatte auf das Wahlergebnis aber keinen Einfluss. Denn alle Stimmzettel wurden bei der
Auszählung und der Ermittlung des vorläufigen Ergebnisses ordnungsgemäß berücksichtigt, und zwar vor
dem Auffinden der Säcke im Aufzug.

5. Es stellt zwar einen höchst ärgerlichen und künftig zu vermeidenden Wahlfehler dar, dass mehreren Wahl-
berechtigten in den zwei Wahlkreisen 140 und 141 teilweise Briefwahlunterlagen für den benachbarten (Bo-
chumer) Wahlkreis zugesandt wurden. Die Erststimmen derjenigen 602 Briefwähler, die einen – für den je-
weiligen Wahlkreis – falschen Stimmzettel zurückgesandt hatten, waren gemäß § 39 Absatz 1 Satz 2 BWG
ungültig. Im Wahlkreis 140 waren 592 und im Wahlkreis 141 10 Stimmzettel betroffen. Auf das Erststim-
menergebnis in beiden Wahlkreisen und damit die Vergabe des jeweiligen Direktmandats, also die Sitzvertei-
lung im 18. Deutschen Bundestag und damit die Gültigkeit der Bundestagswahl 2013 (s. o.), wirkte sich das
Versehen indessen nicht aus: Im Wahlkreis 140 hatte der Erstplatzierte einen Vorsprung von 12.990 Stimmen
vor dem zweitplatzierten Bewerber; im Wahlkreis 141 erzielte die erstplatzierte Bewerberin einen Vorsprung
von 23.803 Stimmen vor der zweitplatzierten Kandidatin.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 127 – Drucksache 18/1710

Anlage 34

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

1. des Herrn A. D., 90552 Röthenbach an der Pegnitz,
2. der Frau M. D., ebenda,

– Az.: WP 69/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Die Einspruchsführer haben mit Schreiben vom 9. Oktober 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl
zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Sie rügen mehrere (angebliche) Vorkommnisse: Im Wahlbezirk Detmold-Pivitsheide sei Wahlbetrug nach-
gewiesen worden. Ein Wahlbeobachter habe für die SPD z. B. 92 Stimmen vermerkt; amtlicherseits veröf-
fentlicht worden seien aber 241 Stimmen. Der Anteil der Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) sei folg-
lich von 6,5 Prozent auf 5,25 Prozent gefallen. Die Hamburger CDU vermisse 100 000 Briefwahlstimmzettel.
In Meppen seien die Zweitstimmen für die AfD einfach für ungültig erklärt worden. Nur bei wenigen Wäh-
lern sei die Identität mithilfe eines Ausweises überprüft worden. Auf „Facebook“ fänden sich einige Hundert
Nutzerkommentare, die bestätigten, dass man ohne Kontrolle habe wählen können. Die Wahlbenachrichti-
gungen seien nicht einmal ansatzweise fälschungssicher. Unklar sei bisher auch, was mit den „Stimmenrech-
ten“ der Nichtwähler passiert sei.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages der Einspruchsführer wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

Die Landeswahlleiterin des Landes Nordrhein-Westfalen hat zu dem Einspruch, soweit er ihren Zustän-
digkeitsbereich betrifft, am 17. Februar 2014 wie folgt Stellung genommen:

Die Einspruchsführer rügten nicht unerhebliche Differenzen zwischen dem vorläufigen und dem endgültigen
Wahlergebnis. Hierzu habe der zuständige Kreiswahlleiter für den Wahlbezirk ausgeführt, dass ins Internet
ein nichtamtliches „Kontrollformular“ eines Wahlbeobachters eingestellt worden sei. Dieses „Kontrollformu-
lar“ dokumentiere die Stimmenauszählung in einem Wahllokal der Stadt Detmold im Wahlkreis 136 (Höxter
– Lippe I). Da aufgrund des veröffentlichten vorläufigen Ergebnisses der Stadt Detmold Wahlbetrug vorge-
worfen worden sei, habe der Kreiswahlleiter die erneute Auszählung des Wahlbezirks am 25. September
2013 veranlasst. Die seitens des Beobachters kritisierten und in dem Wahleinspruch nun aufgegriffenen Ab-
weichungen hätten sich dabei nicht bestätigt. Es bleibe unklar, warum der Wahlbeobachter am Wahlabend
derartige Abweichungen habe feststellen können.

Die Einspruchsführer rügten, dass eine Identitätskontrolle mittels Personalausweis nicht stattgefunden habe.
Hierzu sei festzuhalten, dass das Bundeswahlgesetz (BWG) eine generelle Prüfung der Identität durch Vorla-
ge des Personalausweises nicht vorsehe. Nach § 34 Absatz 2 BWG in Verbindung mit § 56 Absatz 3 der
Bundeswahlordnung (BWO) habe sich der Wähler nur auf Verlangen auszuweisen; dies insbesondere dann,
wenn eine Wahlbenachrichtigung nicht vorgelegt werde. Würde eine generelle Ausweispflicht eingeführt
werden, sei damit zu rechnen, dass eine nicht unerhebliche Zahl der Wählerinnen und Wähler den Ausweis
nicht immer bei sich führe. Würde man diese Bürger zurückschicken, um einen Ausweis zu holen, dürften
etliche nicht mehr ins Wahllokal zurückkehren. Dies wäre einer möglichst hohen Wahlbeteiligung und dem
Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl abträglich. Ergänzend sei anzumerken, dass sich Personen, die unbe-

Drucksache 18/1710 – 128 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

fugt unter anderem Namen wählten, wegen einer Wahlfälschung nach § 107a des Strafgesetzbuches strafbar
machten. Diese Strafandrohung dürfte präventiv eine „falsche Wahl“ weitgehend ausschließen.

Die Niedersächsische Landeswahlleiterin hat zu demjenigen Einspruchsgegenstand, der ihren Zuständig-
keitsbereich berührt, am 6. März 2014 im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Sie habe den Kreiswahlleiter des Wahlkreises 31 (Mittelems) hierzu um Stellungnahme gebeten. Dieser habe
ihr mitgeteilt, dass bei der Stimmenauszählung des Meppener Wahlbezirks 104 ein Wahlbeobachter der AfD
anwesend gewesen sei, was auch in der Wahlniederschrift vermerkt worden sei. Die Auszählung der Stimm-
zettel sei ohne Probleme verlaufen. Allerdings habe es zunächst einen Fehler bei der Eintragung der Zweit-
stimmen in die sog. Schnellmeldung gegeben. Insgesamt seien 713 gültige Stimmabgaben gezählt worden, in
die Schnellmeldung seien aber nur 697 Stimmen eingetragen worden. Daher sei vor Ort diese Differenz
nochmals überprüft worden, Dabei habe man festgestellt, dass nur 15 anstatt 31 Zweitstimmen für die AfD in
die Schnellmeldung eingetragen worden seien. Hierbei solle es sich gerade nicht um für ungültig erklärte
Zweitstimmen, sondern um ein Übersehen dieser Stimmen gehandelt haben. Dieser Fehler sei umgehend
korrigiert worden. Das korrekte Ergebnis des Wahlbezirks sei dann der Stadt Meppen anhand der Schnell-
meldung telefonisch übermittelt und dann auch im vorläufigen Wahlergebnis berücksichtigt worden. Aus der
Stellungnahme des Kreiswahlleiters werde deutlich, dass bereits der Vortrag des Einspruchsführers vom
Sachverhalt her nicht zutreffend sei. Es seien gerade keine Stimmen für die AfD in dem genannten Wahlbe-
zirk in Meppen unberücksichtigt geblieben. Es habe auch keinen Zählfehler, sondern nur einen Übertragungs-
fehler gegeben, der rechtzeitig noch vor Absetzen der Schnellmeldung habe korrigiert werden können. Die
Stimmen für die AfD seien daher im Wahlergebnis ordnungsgemäß berücksichtigt worden. Ein Wahlfehler
sei demnach nicht ersichtlich.

Die Einspruchsführer haben sich zu den ihnen übersandten Stellungnahmen nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vortrag der Einspruchsführer lässt sich kein Verstoß ge-
gen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

1. Der Vorwurf des Wahlbetruges in Detmold-Pivitsheide ist durch nichts belegt. Die Zahl der für die SPD
ausgezählten Stimmen war korrekt. Die erneute Auszählung des von Unstimmigkeiten angeblich betroffenen
Wahlbezirks räumt den Verdacht aus, der sich allein auf ein im Internet zu findendes Foto eines „Kontroll-
formulars“ eines privaten Wahlbeobachters gründet.

2. Im Fall der angeblich verloren gegangenen Briefwahlstimmen in Hamburg liegt kein Wahlfehler vor. Das
Statistische Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein hat in einer auch im Internet abrufbaren Pressemittei-
lung vom 25. September 2013 (www.statistik-nord.de) erklärt, dass in der am 23. September 2013 veröffent-
lichten Wahlanalyse zum vorläufigen Ergebnis der Bundestagswahl in Hamburg die Zahl der Briefwählerin-
nen und -wähler nicht korrekt ausgewiesen worden sei. Eine Überprüfung habe ergeben, dass die entspre-
chende Abfrage der Datenbank für das vorläufige Wahlergebnis versehentlich so programmiert worden sei,
dass nicht alle Briefwahlbezirke einbezogen worden seien. Auf die Zusendung von 301 884 Briefwahlunter-
lagen hin hätten 268 504 Wählerinnen und Wähler von ihrem Wahlrecht per Brief Gebrauch gemacht, nicht
wie ursprünglich angegeben 198 739 Wahlberechtigte. Die Befürchtung, Briefwahlstimmen könnten unbe-
rücksichtigt geblieben sein, treffe nicht zu. Diese Vermutung sei dadurch entstanden, dass der Zahl der aus-
gegebenen Briefwahlunterlagen (Wahlschein, Stimmzettel und Umschläge) von 301 884 eine Zahl von
198 739 Briefwählern gegenübergestellt worden sei. Zur Erläuterung dieser Differenz hat das Statistische
Amt auf drei Ursachen hingewiesen: Die Überprüfung habe ergeben, dass die Zahl der Briefwählerinnen und
-wähler infolge der fehlerhaften Abfrage der Datenbank um rund 70 000 zu niedrig angegeben worden sei.
Sie sei auf 268 504 korrigiert worden. Des Weiteren gehörten zu den 301 884 ausgegebenen Wahlscheinen
auch solche, die die Stimmabgabe in einem anderen Wahllokal als in dem eigenen ermöglichen sollten, z. B.
in einem barrierefreien Wahllokal. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass erfahrungsgemäß rund fünf bis
zehn Prozent der ausgegebenen Briefwahlunterlagen nicht rechtzeitig und vollständig zurückliefen. Die
Gründe hierfür seien vielfältig und lägen z. B. im zu späten Erhalt, der Nichtnutzung oder der zu späten
Rücksendung der Briefwahlunterlagen. Darüber hinaus fänden solche Wahlbriefe keinen Eingang in die Zäh-
lung der Briefwähler, die aus formalen Gründen zurückzuweisen seien, z. B. weil der Wahlschein fehle oder

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 129 – Drucksache 18/1710

nicht unterschrieben sei. Der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag folgen dieser schlüssigen
Darstellung.

3. Entgegen der Darstellung der Einspruchsführer wurden in Meppen die Stimmen für die AfD nicht für un-
gültig erklärt. Die Stimmenzahl für die AfD spiegelt sich im Meppener Wahlergebnis korrekt wider. Zwar
wurde am Wahlabend zunächst eine zu geringe Zahl der für die AfD abgegebenen gültigen Zweitstimmen in
die Schnellmeldung eingetragen. Dieses Versehen wurde jedoch noch rechtzeitig vor Absetzen der Schnell-
meldung korrigiert. Alle Stimmen für die AfD wurden berücksichtigt. Das Versehen blieb damit folgenlos.
Das korrekte Ergebnis des Wahlbezirks ist dann der Stadt Meppen anhand der Schnellmeldung telefonisch
übermittelt und dann auch im vorläufigen sowie endgültigen Wahlergebnis berücksichtigt worden.

4. Es entspricht geltendem Recht, dass sich nicht alle Wahlberechtigten im Wahlraum ausweisen mussten
(vgl. etwa Bundestagsdrucksachen 15/1150 Anlagen 31 und 33; 16/900, Anlagen 21 und 22; 16/3600, Anlage
32; 16/5700, Anlagen 8 und 22; 17/2250, Anlagen 2 bis 4, 8, 10, 13, 15, 17, 20). Ausweisen müssen sich
nach § 59 Satz 1 BWO die Inhaber von Wahlscheinen. Ansonsten hat sich der Wahlberechtigte nach § 56
Absatz 3 Satz 2 BWO nur auf Verlangen des Wahlvorstandes auszuweisen. Der Wahlvorstand verlangt dies
insbesondere dann, wenn der Wähler seine Wahlbenachrichtigung nicht vorlegt. Ist der Name des Wählers im
Wählerverzeichnis aufgeführt, die Wahlberechtigung festgestellt und besteht außerdem kein Anlass zur Zu-
rückweisung des Wählers, gibt der Wahlvorsteher die Wahlurne frei (§ 56 Absatz 4 Satz 1 BWO). In der
Regel ist somit die Vorlage der Wahlbenachrichtigung zur Feststellung der Identität ausreichend. Diese Art
der Kontrolle bietet hinreichend Gewähr dafür, dass die Identität der Wählerinnen und Wähler überprüft und
Manipulationen durch eine mehrfache Teilnahme an der Wahl verhindert werden. Soweit der Einspruchsfüh-
rer in der bestehenden Rechtslage einen Verstoß gegen die in Artikel 38 Absatz 1 des Grundgesetzes veran-
kerten Grundsätze der freien und geheimen Wahl zu erkennen meint, ist zu beachten, dass der Wahlprüfungs-
ausschuss und der Deutsche Bundestag in ständiger Praxis im Rahmen eines Wahlprüfungsverfahrens die
Verfassungsmäßigkeit von Wahlrechtsvorschriften nicht überprüfen (vgl. zuletzt etwa Bundestagsdrucksache
16/1800, Anlagen 26 bis 28 mit weiteren Nachweisen; 17/1000, Anlagen 5 und 11; 17/2200, Anlagen 1, 13
bis 15, 17 bis 20, 23 und 24; 17/3100, Anlagen 15, 19, 20, 22 bis 30, 32, 34 bis 36; 17/4600, Anlagen 10, 12,
13, 32, 38, 40 bis 43 mit weiteren Nachweisen; 17/6300, Anlage 19). Im Übrigen beweisen Behauptungen
auf „Facebook“ nicht, dass es tatsächlich zu verbotenen und strafbaren Mehrfachwahlen gekommen ist.

5. Die Einspruchsführer stellen nur fest, dass Wahlbenachrichtigungen gefälscht werden könnten. Sie tragen
weder vor, dass es zu Fälschungen gekommen ist, noch welche Auswirkungen auf das Ergebnis diese gehabt
haben könnten. Der weitere Vortrag zu den „Stimmrechten“ der Nichtwähler ist nicht nachvollziehbar.
Wahlbeanstandungen, die über nicht belegte Vermutungen oder die bloße Andeutung der Möglichkeit von
Wahlfehlern nicht hinausgehen und einen konkreten, der Überprüfung zugänglichen Tatsachenvortrag nicht
enthalten, müssen als unsubstantiiert zurückgewiesen werden (Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlagen 283
bis 285; 15/1850, Anlage 25; 15/2400, Anlage 9; 17/1000, Anlagen 13 und 19; BVerfGE 48, 271 [276]; 66,
369 [379]; 85, 148 [159]; 122, 304 [309]; Hahlen, in: Schreiber, Bundeswahlgesetz, 9. Auflage 2013, § 49
Rn. 25).

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 131 – Drucksache 18/1710

Anlage 35

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

der Frau M. N., 16341 Panketal,

– Az.: WP 70/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Die Einspruchsführerin hat mit einem Schreiben vom 10. Oktober 2013 Einspruch wegen einer Verletzung
ihres subjektiven Wahlrechts beim Wahlakt am 22. September 2013 eingelegt.

Die Einspruchsführerin trägt vor, sie habe ihren Ehemann auf ihren Stimmzettel schauen lassen, weil sie eine
freie Stelle bei der Auflistung der Direktkandidaten nicht habe deuten können. Daraufhin habe Herr G., ein
Wahlhelfer, ihren ausgefüllten Stimmzettel eingezogen und ihr auch einen neuen verweigert.

In einem von der Einspruchsführerin beigefügten Schreiben hat die Kreiswahlleiterin des Wahlkreises 59
(Märkisch-Oderland – Barnim II) am 2. Oktober 2013 zu dem Vorgang wie folgt Stellung genommen:

Grundsätzlich habe der Wahlvorstand das Recht, einen Wähler zurückzuweisen, wenn er seinen Stimmzettel
außerhalb der Wahlkabine gekennzeichnet habe; den Stimmzettel nicht oder nicht so gefaltet habe, dass der
Inhalt der Wahlentscheidung verdeckt sei oder mit einem äußerlich sichtbaren, das Wahlgeheimnis offen-
sichtlich gefährdenden Kennzeichen versehen sei; für den Wahlvorstand erkennbar mehrere oder einen nicht
amtlich hergestellten Stimmzettel abgeben oder einen weiteren Gegenstand in die Wahlurne werfen wolle
(§ 56 Absatz 6 [Satz 1] Nr. 4 bis 6 der Bundeswahlordnung [BWO]). Habe jedoch ein Wähler seinen Stimm-
zettel verschrieben oder versehentlich unbrauchbar gemacht oder werde der Wähler nach § 56 Absatz 6 [Satz
1] Nr. 4 bis 6 BWO zurückgewiesen, so sei ihm auf Verlangen ein neuer Stimmzettel auszuhändigen, nach-
dem er den alten Stimmzettel im Beisein eines Mitglieds des Wahlvorstandes vernichtet habe (§ 56 Absatz 8
BWO).

Der Landeswahlleiter des Landes Brandenburg hat zu dem Vorbringen der Einspruchsführerin am 6. Feb-
ruar 2014 im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Der Sachverhaltsdarstellung der Einspruchsführerin widerspreche die Wahlbehörde nach Rücksprache mit
dem betroffenen Mitglied des Wahlvorstandes und Einsicht in die Wahlniederschrift. Der betroffene stellver-
tretende Wahlvorsteher habe erklärt, dass die Einspruchsführerin nach der Zurückweisung wegen des Versto-
ßes gegen das Wahlgeheimnis ihren Stimmzettel eigenhändig vernichtet habe. Ein Mitglied des Wahlvor-
standes habe diesen dann lediglich entsorgt. Ein neuer Stimmzettel sei der Einspruchsführerin nicht ausge-
händigt worden, weil sie keinen verlangt habe. Die Wahlniederschrift enthalte nur die folgende Aufzeich-
nung: „Verletzung des Wahlgeheimnisses durch 2 Wähler! Stimmzettel nicht angenommen.“ Eine verlässli-
che Klärung des Sachverhaltes sei aufgrund der widersprüchlichen Darstellungen nicht möglich. Nur in dem
Fall, dass der Einspruchsführerin trotz Aufforderung kein neuer Stimmzettel ausgehändigt worden sein sollte,
würde ein Verstoß gegen § 56 Absatz 8 BWO vorliegen.

Die Einspruchsführerin hat sich zu der ihr übersandten Stellungnahme nicht geäußert.

Drucksache 18/1710 – 132 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Aufgrund der einander widersprechenden Sachverhalts-
darstellungen der Einspruchsführerin und des Wahlvorstandes lässt sich ein Verstoß gegen Wahlrechtsvor-
schriften und damit ein Wahlfehler sowie eine Verletzung des subjektiven Wahlrechts der Einspruchsführerin
nicht mit der notwendigen Sicherheit feststellen.

Nachdem die Einspruchsführerin ihrem Ehemann, was unstrittig ist, ihren Stimmzettel gezeigt hatte, war sie
gemäß § 56 Absatz 6 BWO vom Wahlvorstand zurückzuweisen. Ihr Stimmzettel durfte nicht in die Urne
geworfen werden. Die streitige Frage, wer den Stimmzettel vernichtet hat, kann dahinstehen. Allerdings hätte
ihr gemäß § 56 Absatz 8 BWO auf ihr Verlangen – nach Vernichtung des alten Stimmzettels –ein neuer
Stimmzettel ausgehändigt werden müssen. Ob die Einspruchsführerin diesen Wunsch geäußert hat, ist indes-
sen umstritten und lässt sich nicht mehr aufklären. Nur falls die Einspruchsführerin trotz ihres Verlangens
keinen neuen Stimmzettel erhalten hätte, läge ein Wahlfehler vor. Zugleich läge eine Verletzung des subjek-
tiven Wahlrechts der Einspruchsführerin beim Wahlakt vor.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 133 – Drucksache 18/1710

Anlage 36

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn S. Sch., 55758 Bruchweiler,

– Az.: WP 71/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Schreiben vom 9. Oktober 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Er trägt vor, viele Tausend Menschen hätten die angeforderten Briefwahlunterlagen nicht erhalten und seien
somit ohne Stimme geblieben. Ferner fänden sich in den sozialen Netzwerken genug Beweise, dass es in
einigen Wahlkreisen zu kleineren, teilweise sogar größeren Pannen bei der Stimmauszählung gekommen sei.
Beispielsweise sei ein Meppener Wahllokal stichprobenartig untersucht worden. Diese Prüfung habe ergeben,
dass die Hälfte der Zweitstimmen für die Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) nicht berücksichtigt
worden sei.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Mit einem Schreiben vom 15. Oktober 2013 ist der Einspruchsführer gebeten worden, mitzuteilen, durch
welche konkreten Umstände er die Wahlrechtsvorschriften verletzt sehe und insbesondere zu schildern, wo
Briefwahlunterlagen verschwunden und „Wahlpannen“ passiert seien. Er hat darauf nicht reagiert.

Die Niedersächsische Landeswahlleiterin hat zu demjenigen Einspruchsgegenstand, der ihren Zuständig-
keitsbereich berührt, am 6. März 2014 im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Sie habe den Kreiswahlleiter des Wahlkreises 31 (Mittelems) hierzu um Stellungnahme gebeten. Dieser habe
ihr mitgeteilt, dass bei der Stimmenauszählung des Meppener Wahlbezirks 104 ein Wahlbeobachter der AfD
anwesend gewesen sei, was auch in der Wahlniederschrift vermerkt worden sei. Die Auszählung der Stimm-
zettel sei ohne Probleme verlaufen. Allerdings habe es zunächst einen Fehler bei der Eintragung der Zweit-
stimmen in die sog. Schnellmeldung gegeben. Insgesamt seien 713 gültige Stimmabgaben gezählt worden, in
die Schnellmeldung seien aber nur 697 Stimmen eingetragen worden. Daher sei vor Ort diese Differenz
nochmals überprüft worden, Dabei habe man festgestellt, dass nur 15 anstatt 31 Zweitstimmen für die AfD in
die Schnellmeldung eingetragen worden seien. Hierbei solle es sich gerade nicht um für ungültig erklärte
Zweitstimmen, sondern um ein Übersehen dieses Stimmen gehandelt haben. Dieser Fehler sei umgehend
korrigiert worden. Das korrekte Ergebnis des Wahlbezirks sei dann der Stadt Meppen anhand der Schnell-
meldung telefonisch übermittelt und dann auch im vorläufigen Wahlergebnis berücksichtigt worden. Aus der
Stellungnahme des Kreiswahlleiters werde deutlich, dass bereits der Vortrag des Einspruchsführers vom
Sachverhalt her nicht zutreffend sei. Es seien gerade keine Stimmen für die AfD in dem genannten Wahlbe-
zirk in Meppen unberücksichtigt geblieben. Es habe auch keinen Zählfehler, sondern nur einen Übertragungs-
fehler gegeben, der rechtzeitig noch vor Absetzen der Schnellmeldung habe korrigiert werden können. Die
Stimmen für die AfD seien daher im Wahlergebnis ordnungsgemäß berücksichtigt worden. Ein Wahlfehler
sei demnach nicht ersichtlich.

Drucksache 18/1710 – 134 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Der Einspruchsführer hat sich zu der ihm übersandten Stellungnahme nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vortrag des Einspruchsführers lässt sich kein Verstoß
gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

1. In Bezug auf die angeblich in Tausenden von Fällen nicht erhaltenen Briefwahlunterlagen bleibt der Ein-
spruchsführer im Ungefähren. Er nennt keine Namen und keine Adressen oder Städte, in denen eine Zusen-
dung unterblieben sein soll. Die Angaben des Einspruchsführers machen es unmöglich, nachzuvollziehen, wo
sich das gerügte Geschehen zugetragen haben soll, und entsprechende Sachverhaltsaufklärung zu betreiben.
Auch hinsichtlich angeblicher Pannen bei der Stimmauszählung belässt es der Einspruchsführer bei einem
pauschalen Verweis auf soziale Netzwerke, ohne aber ins Detail zu gehen. Wahlbeanstandungen, die über
nicht belegte Vermutungen oder die bloße Andeutung der Möglichkeit von Wahlfehlern nicht hinausgehen
und einen konkreten, der Überprüfung zugänglichen Tatsachenvortrag nicht enthalten, müssen als
unsubstantiiert zurückgewiesen werden (Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlagen 283 bis 285; 15/1850,
Anlage 25; 15/2400, Anlage 9; 17/1000, Anlagen 13 und 19; BVerfGE 48, 271 [276]; 66, 369 [379]; 85, 148
[159]; 122, 304 [309]; Hahlen, in: Schreiber, § 49 Rn. 25).

2. In der Stadt Meppen wurde lediglich am Wahlabend zunächst eine zu geringe Zahl der für die AfD abge-
gebenen gültigen Zweitstimmen in die Schnellmeldung eingetragen. Dieses Versehen wurde noch rechtzeitig
vor Absetzen der Schnellmeldung korrigiert. Alle Stimmen für die AfD wurden berücksichtigt. Das Versehen
blieb damit folgenlos. Das korrekte Ergebnis des Wahlbezirks ist dann der Stadt Meppen anhand der
Schnellmeldung telefonisch übermittelt und dann auch im vorläufigen sowie endgültigen Wahlergebnis be-
rücksichtigt worden. Die Stimmenzahl für die AfD spiegelt sich also im Meppener Wahlergebnis korrekt
wider.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 135 – Drucksache 18/1710

Anlage 37

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn G. v. V., 97096 Würzburg,

– Az.: WP 73/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Schreiben vom 23. September 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Er rügt, in 90 Prozent aller bayerischen Kommunen werde das durch Artikel 38 des Grundgesetzes (GG)
geschützte Wahlgeheimnis wie folgt verletzt: Die in den Rathäusern eintreffenden Briefwahlstimmzettel
würden gemäß der Bayerischen Wahlordnung lediglich unter Verschluss gehalten; in der Praxis würden sie in
einem Schrank oder im Schreibtisch des Bürgermeisterzimmers aufbewahrt. Bis zur Auszählung am Wahl-
sonntag hätten zig Personen Zugang zu diesen Briefwahlstimmzetteln: der Bürgermeister, seine Sekretärin,
der geschäftsleitende Beamte und Reinigungskräfte. Für all diese Personen sei es ein Leichtes, mit einem
einfachen „Dietrich“ die entsprechende Schranktür zu öffnen. Es sei auch problemlos möglich, sich in jedem
Rathaus vor und nach der Wahl mit neuen Stimmzetteln und Umschlägen zu versehen, da diese nicht abge-
zählt würden. Die Geheimhaltung sei mit der gerügten Verfahrensweise nicht gewährleistet. Der Manipulati-
on seien Tür und Tor geöffnet.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Die Landeswahlleiterin des Freistaates Bayern hat zu dem Vorbringen des Einspruchsführers am 6. Februar
2014 im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Nach § 74 Absätze 1 bis 4 der Bundeswahlordnung (BWO) sammele die Gemeinde die Wahlbriefe ungeöff-
net und halte sie unter Verschluss; die Wahlbriefe würden den für die Auszählung zuständigen Gemeinden
und anschließend den Briefwahlvorständen zugeleitet. Die Aufbewahrung in einer (versiegelten) Wahlurne
(entsprechend den Stimmzetteln bei der Wahl im Wahllokal, vgl. § 33 Absatz 1 Satz 2 des Bundeswahlgeset-
zes [BWG]) sei im Bundeswahlgesetz oder in der Bundeswahlordnung zwar nicht vorgeschrieben, werde von
den Gemeinden aber häufig praktiziert. Mit diesen Regelungen seien eine ordnungsgemäße Briefwahl sowie
eine sichere Aufbewahrung der Wahlbriefe gewährleistet, weil unbefugte Personen ohne Verletzung von
Strafvorschriften keinen Zugang zu den einzelnen Wahlbriefen und damit keine Manipulationsmöglichkeiten
hätten. Verbindliche Regelungen über die Benutzung einer versiegelten Wahlurne und den Einwurf der
Wahlbriefe „unter Zeugen“ sehe das Bundeswahlrecht nicht vor. Die Regelungen zur Aufbewahrung der
Wahlbriefe genügten im Übrigen auch den verfassungsrechtlichen Erfordernissen (vgl. auch BayVerfGH 58,
56 [69 f.], zu einer entsprechenden Beanstandung der Landtagswahl 2003 durch den Einspruchsführer). Die
Wahlbeanstandung des Einspruchsführers sei unbegründet. Ein Wahlfehler bei der Aufbewahrung der Wahl-
briefe sei nicht festzustellen.

Drucksache 18/1710 – 136 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Entscheidungsgründe

I.

Die Zulässigkeit des Einspruchs ist zweifelhaft, da der Einspruchsführer keine Wohnungsanschrift angegeben
hat, unter der er tatsächlich zu erreichen ist, sondern lediglich ein Postfach. Zwar wird die Angabe einer so
genannten ladungsfähigen Anschrift vom Wortlaut des Wahlprüfungsgesetzes nicht ausdrücklich verlangt.
Dies ist jedoch auch im Falle der Zivilprozess- und der Verwaltungsgerichtsordnung nicht anders. Gleich-
wohl ist für beide Prozessarten anerkannt, dass eine ordnungsgemäße Klageerhebung zumindest im Regelfall
die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift voraussetzt (vgl. Bundestagsdrucksache 16/1800, Anlage 57 und
die dort angeführten Nachweise; 16/3600, Anlage 27; 17/1000, Anlage 5) und dass die Angabe eines Post-
fachs diesem Erfordernis grundsätzlich nicht genügt (vgl. BVerwG, NJW 1999, S. 2608 [2609]; Greger, in:
Zöller, Zivilprozessordnung, 30. Auflage 2013, § 253 Rn. 8; Geisler, in: Prütting/Gehrlein [Hrsg.], ZPO, 5.
Auflage 2013, § 253 Rn. 11; Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 19. Auflage 2013, § 82 Rn. 4).
Wahlprüfungsausschuss und Deutscher Bundestag haben die Frage, ob diese Grundsätze auch im Wahlprü-
fungsverfahren gelten, bislang offengelassen (vgl. Bundestagsdrucksachen 16/1800, Anlage 58; 17/1000,
Anlage 5). Die Zweifelsfrage kann im vorliegenden Verfahren jedoch unbeantwortet bleiben, da der Ein-
spruch jedenfalls unbegründet ist.

II.

Der Einspruch ist unbegründet, da sich aus dem Vortrag des Einspruchsführers kein Verstoß gegen Wahl-
rechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler ergibt.

Die Wahlbriefe wurden entsprechend den wahlrechtlichen Vorschriften aufbewahrt. Gemäß § 74 Absatz 1
BWO hat die für den Eingang der Wahlbriefe zuständige Stelle die Wahlbriefe ungeöffnet zu sammeln und
unter Verschluss zu halten. Die zuständige Stelle hat dann die Wahlbriefe auf die einzelnen Briefwahlvor-
stände gemäß § 74 Absatz 2 BWO zu verteilen. Weitere Anforderungen stellt das Bundeswahlrecht nicht auf.
Insbesondere ist die Aufbewahrung in einer (versiegelten) Wahlurne nicht vorgeschrieben. Sie kann gleich-
wohl sinnvoll sein und wird nach Auskunft der Landeswahlleiterin des Freistaates Bayern (dort) auch häufig
praktiziert. Auch der Einwurf der Wahlbriefe „unter Zeugen“ in eine solche Urne kennt das Bundeswahlrecht
nicht. Für den vom Einspruchsführer unterstellten laschen Umgang mit den Wahlbriefen oder für die von ihm
für möglich gehaltene Manipulation gibt es keine Belege. Es trifft schon nicht zu, dass bis zur Auszählung
„zig Personen“ Zugang zu den Briefwahlstimmzetteln hätten oder sich diesen „leicht“ verschaffen könnten.
Überdies erfüllt die Veränderung oder Vernichtung von Wahlbriefen den Tatbestand der Wahlfälschung und
wird gemäß § 107a StGB bestraft.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 137 – Drucksache 18/1710

Anlage 38

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

1. des Herrn F. S., 67610 La Wantzenau (F),
2. des Herrn A. S., ebenda,

– Az.: WP 74/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Die Einspruchsführer haben mit Schreiben vom 6. Oktober 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl
zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Sie tragen vor, sie hätten im Juli 2013 das deutsche Generalkonsulat in Straßburg über das Kontaktformular
angeschrieben und um Übersendung der Briefwahlunterlagen für den Einspruchsführer zu 1. gebeten. Gleich-
zeitig hätten sie beantragt, für den Einspruchsführer zu 2. alle für eine Eintragung ins Wählerverzeichnis
notwendigen Schritte zu unternehmen, damit er an der Wahl teilnehmen könne. Das Generalkonsulat sei nicht
tätig geworden und habe auf telefonische Nachfrage mitgeteilt, dass es nunmehr zu spät sei, noch etwas zu
veranlassen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Aus dem Vortrag der Einspruchsführer lässt sich kein Verstoß
gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

Die Einspruchsführer haben sich mit ihren Anträgen an eine nicht zuständige Stelle gewandt. Das deutsche
Generalkonsulat in Straßburg konnte weder eine Eintragung in ein Wählerverzeichnis veranlassen noch
Briefwahlunterlagen versenden. Zuständig für die Führung der Wählerverzeichnisse sind gemäß § 17 Absatz
1 Satz 1 des Bundeswahlgesetzes (BWG) in Verbindung mit § 14 der Bundeswahlordnung (BWO) die Ge-
meinden. Deutsche Staatsangehörige, die – wie wohl die Einspruchsführer – ihren gewöhnlichen Aufenthalt
außerhalb der Bundesrepublik Deutschland haben, werden auf Antrag gemäß § 16 Absatz 2 Nr. 2 BWO von
der Gemeindebehörde ins Wählerverzeichnis eingetragen. Zuständig ist in diesen Fällen die Gemeinde in der
Bundesrepublik Deutschland, in der der Wahlberechtigte nach seiner Erklärung vor seinem Fortzug aus dem
Wahlgebiet zuletzt gemeldet war, wenn er im Wahlgebiet nie gemeldet war, die Gemeinde, der er nach seiner
Erklärung im Sinne des § 12 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 BWG am engsten verbunden ist.

Für die Erteilung von Wahlscheinen, die für die Briefwahl erforderlich und Bestandteil der Briefwahlunterla-
gen sind, sowie für die Versendung der Briefwahlunterlagen sind die Gemeinden gemäß § 27 Absatz 1 Satz 1
BWO und § 28 Absatz 4 BWO ebenfalls zuständig. Voraussetzung für die Erteilung eines Wahlscheins ist
gemäß § 26 BWO allerdings die Eintragung des Wahlberechtigten in das Wählerverzeichnis einer Gemeinde.

Es wäre sicherlich wünschenswert gewesen, dass das deutsche Generalkonsulat in Straßburg die Einspruchs-
führer kurz auf die Rechtslage (und insbesondere die eigene Unzuständigkeit) hingewiesen hätte. Allerdings
hat es auf seiner Internetseite darüber unterrichtet, dass Auskünfte zu Rechtsfragen seit dem 23. Juli 2012 von
der deutschen Botschaft in Paris erteilt werden. Auf der dortigen Internetseite wurden die nötigen Informati-
onen und weiterführende Links zur Bundestagswahl 2013 für Wahlwillige vorgehalten. Es wäre den Ein-

Drucksache 18/1710 – 138 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

spruchsführern also ohne Weiteres möglich gewesen, sich an die richtige Stelle zu wenden, um an der Bun-
destagswahl teilnehmen zu können.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 139 – Drucksache 18/1710

Anlage 39

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn G. S., 16928 Reckenthin,

– Az.: WP 79/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Fax vom 17. Oktober 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl
zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt. Er hat seinen Vortrag durch ein Fax vom
12. März 2014 erweitert.

Er bezweifelt die Rechtsgültigkeit der Wahl. Zur Begründung führt er Folgendes aus:

1. Der Personalausweis oder Reisepass sei kein Nachweis dafür, dass man wahlberechtigt sei, da das „Reichs-
und Staatsangehörigkeitsrecht“ keine Einbürgerung durch bloße Aushändigung eines deutschen Personal-
ausweises oder Reisepasses kenne. Von ihm sei vor der Stimmabgabe das Vorzeigen eines Ausweisdoku-
ments nicht verlangt worden.

2. Die Listenwahl sei grundgesetzwidrig, da die Abgeordneten nicht – wie es Artikel 38 Absatz 1 des Grund-
gesetzes (GG) vorschreibe – unmittelbar gewählt würden, sondern vielmehr die Parteien als Mittler aufträten,
die ihre eigenen Kandidaten bestimmten.

3. Es sei zu „Wahlpannen“ gekommen: In Meppen seien 16 Zweitstimmen für die Partei „Alternative für
Deutschland“ (AfD) nicht berücksichtigt worden, wie freiwillige Wahlbeobachter herausgefunden hätten. In
Detmold seien für die SPD statt der 92 ausgezählten Stimmen 241 Stimmen „veröffentlicht“ worden. In
Hamburg hätten 100.000 Briefwahlstimmen gefehlt. In Bochum seien Briefwahlscheine des Wahlkreises
Bochum I an Wähler des Wahlkreises Bochum II verschickt worden; 600 Wahlberechtigte habe die Stadt
Bochum aber nicht erreichen können.

4. Der Einspruchsführer vermutet Manipulation zulasten der AfD, die er durch Umfrageergebnisse und ver-
meintliche Merkwürdigkeiten bei den Zwischenergebnissen in Gemeinden als nachgewiesen ansieht.

5. Koalitionen seien nicht gewählt worden. Koalitionsverhandlungen und Sondierungsgespräche bedeuteten
Wahlbetrug.

6. Deutschland sei im Jahr 1990 nicht im Sinne von Artikel 23 GG (alte Fassung) vereinigt worden, und nicht
alle Deutschen innerhalb der „Grenzen des Deutschen Reiches vom 31. Dezember 1937“ seien wahlberech-
tigt und wählbar gewesen. Die Bundesrepublik Deutschland existiere seit dem Jahr 1990 nicht mehr, sondern
allenfalls eine „Regierung des vereinten Deutschland“. Der Einspruchsführer zitiert ferner eine von ihm ver-
sandte E-Mail, in der die Verfassungswidrigkeit des Bundeswahlgesetzes behauptet wird. Es gebe bis heute
kein gültiges Wahlgesetz.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Die Landeswahlleiterin des Landes Nordrhein-Westfalen hat zu dem Einspruch, soweit er ihren Zustän-
digkeitsbereich betrifft, am 17. Februar 2014 wie folgt Stellung genommen:

Drucksache 18/1710 – 140 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Der Einspruchsführer rüge nicht unerhebliche Differenzen zwischen dem vorläufigen und dem endgültigen
Wahlergebnis. Hierzu habe der zuständige Kreiswahlleiter für den Wahlbezirk ausgeführt, dass ins Internet
ein nichtamtliches „Kontrollformular“ eines Wahlbeobachters eingestellt worden sei. Dieses „Kontrollformu-
lar“ dokumentiere die Stimmenauszählung in einem Wahllokal der Stadt Detmold im Wahlkreis 136 (Höxter
– Lippe I). Da aufgrund des veröffentlichten vorläufigen Ergebnisses der Stadt Detmold Wahlbetrug vorge-
worfen worden sei, habe der Kreiswahlleiter die erneute Auszählung des Wahlbezirks am 25. September
2013 veranlasst. Die seitens des Beobachters kritisierten und in dem Wahleinspruch nun aufgegriffenen Ab-
weichungen hätten sich dabei nicht bestätigt. Es bleibe unklar, warum der Wahlbeobachter am Wahlabend
derartige Abweichungen habe feststellen können.

In Bochum seien durch menschliches Versagen versehentlich Briefwahlunterlagen für einen benachbarten
Wahlkreis in nicht bekanntem Umfang versandt worden. Betroffen gewesen seien die Wahlkreise 140 (Bo-
chum I) und 141 (Herne – Bochum II). Da die Empfänger der fehlerhaften Unterlagen nicht adressenmäßig
hätten erfasst werden können, habe die Stadt Bochum unmittelbar die Presse informiert. Daraufhin hätten
sich 1 118 Bürgerinnen und Bürger noch vor der Wahl beim Wahlbüro gemeldet. Von diesen hätten 168
einen falschen Stimmzettel erhalten bzw. diesen bereits mit den Briefwahlunterlagen wieder zurückgesandt.
In diesen Fällen seien korrekte Stimmzettel ausgegeben bzw. die Wahlscheine ungültig gemacht und neue
ausgestellt worden. Bei der Auszählung der Briefwahlstimmen seien im Wahlkreis 140 insgesamt 592 falsche
Stimmzettel und im Wahlkreis 141 insgesamt 10 falsche Stimmzettel festgestellt worden. In diesen insgesamt
602 Fällen sei dadurch die Zweitstimme ungültig gewesen. Da im Wahlkreis 140 der Gewinner des Direkt-
mandats einen Stimmenvorsprung von 12 990 Stimmen erzielt habe, hätten diese ungültigen Erststimmen
keinen Einfluss auf das Gesamtergebnis der Erststimmen gehabt. Gleiches gelte für den Wahlkreis 141, wo
die Gewinnerin einen Vorsprung von 22 803 Stimmen erzielt habe.

Der Einspruchsführer rüge die hohe, später korrigierte Prozentzahl an ungültigen Zweitstimmen in einem
Detmolder Wahlbezirk. Hierzu führe der zuständige Kreiswahlleiter in seiner Stellungnahme aus: Bei der
Stimmenauszählung am Sonntagabend (Wahlabend) habe für den Wahlbezirk 4401 im Wahlkreis 141 bei
mehrfachen Schnellmeldungen kein plausibles Ergebnis festgestellt werden. Da nicht damit zu rechnen ge-
wesen sei, dass in absehbarer Zeit die Differenzen hätten aufgeklärt werden können, sei um 22.15 Uhr ent-
schieden worden, diesen Bezirk am Montag durch Mitarbeiter des Wahlbüros komplett neu auszuzählen. Da
für die noch am Sonntagabend erforderliche Meldung des vorläufigen Ergebnisses an die Landeswahlleitung
aber auch für diesen Wahlbezirk ein – zumindest vorläufiges – Wahlergebnis einzutragen gewesen sei, habe
sich die Wahlleitung dazu entschlossen, die bis dahin sicher richtig ausgezählten Stimmen auszuweisen und
die noch nicht geklärten zunächst als ungültige Stimmen einzutragen. Dadurch sei sichergestellt gewesen,
dass zunächst ein vorläufiges Ergebnis vorgelegen habe, keine falschen Stimmenzuordnungen zu den Kandi-
daten oder Parteien ausgewiesen worden seien und umgehend am Montag auch für den betreffenden Wahlbe-
zirk die korrekten Zahlen vorgelegen hätten. Die Vorgehensweise des Kreiswahlleiters sei unbefriedigend.
Dies gelte umso mehr, als dass am Wahlabend keine entsprechende Information der Landeswahlleitung er-
folgte. Hier hätte eine ordnungsgemäße Nachzählung noch in der Wahlnacht erfolgen müssen. Sie, die Lan-
deswahlleiterin, habe den Kreiswahlleiter gebeten, dafür Sorge zu tragen, dass sich ein solcher Vorfall nicht
wiederhole.

Fälle, in denen angeforderte Briefwahlunterlagen nicht eingegangen seien, seien ihr, der Landeswahlleiterin,
nur vereinzelt berichtet worden. Hierzu sei festzuhalten, dass beim Versand großer Briefmengen wie bei der
Bundestagswahl regelmäßig einige Unterlagen nicht den Empfänger erreichten. Dies könne unterschiedliche
Gründe haben, wie z. B. schlechte Ausschilderung der Briefkästen oder menschliches Versagen auf Seiten
der mit dem Versand der Unterlagen beauftragten Firmen. Derartige Fälle seien – bei aller Sorgfalt – nicht
gänzlich auszuschließen. Es obliege aber dem Wähler, bei der Wahlbehörde gegebenenfalls in einem ange-
messenen Zeitabstand nachzufragen, ob die Unterlagen versandt worden seien. Auf diese Weise ließen sich
die meisten Fälle durch Neuausstellung von Wahlunterlagen beheben.

Zu den weiteren Ausführungen des Einspruchsführers im Eingang und am Schluss seines Schreibens werde
eine Stellungnahme für entbehrlich gehalten.

Die Niedersächsische Landeswahlleiterin hat zu dem Vorbringen, soweit es ihren Zuständigkeitsbereich
betrifft, am 6. März 2014 im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Sie habe den Kreiswahlleiter des Wahlkreises 31 (Mittelems) hierzu um Stellungnahme gebeten. Dieser habe
ihr mitgeteilt, dass bei der Stimmenauszählung des Meppener Wahlbezirks 104 ein Wahlbeobachter der AfD

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 141 – Drucksache 18/1710

anwesend gewesen sei, was auch in der Wahlniederschrift vermerkt worden sei. Die Auszählung der Stimm-
zettel sei ohne Probleme verlaufen. Allerdings habe es zunächst einen Fehler bei der Eintragung der Zweit-
stimmen in die sog. Schnellmeldung gegeben. Insgesamt seien 713 gültige Stimmabgaben gezählt worden, in
die Schnellmeldung seien aber nur 697 Stimmen eingetragen worden. Daher sei vor Ort diese Differenz
nochmals überprüft worden, Dabei habe man festgestellt, dass nur 15 anstatt 31 Zweitstimmen für die AfD in
die Schnellmeldung eingetragen worden seien. Hierbei solle es sich gerade nicht um für ungültig erklärte
Zweitstimmen, sondern um ein Übersehen dieses Stimmen gehandelt haben. Dieser Fehler sei umgehend
korrigiert worden. Das korrekte Ergebnis des Wahlbezirks sei dann der Stadt Meppen anhand der Schnell-
meldung telefonisch übermittelt und dann auch im vorläufigen Wahlergebnis berücksichtigt worden. Aus der
Stellungnahme des Kreiswahlleiters werde deutlich, dass bereits der Vortrag des Einspruchsführers vom
Sachverhalt her nicht zutreffend sei. Es seien gerade keine Stimmen für die AfD in dem genannten Wahlbe-
zirk in Meppen unberücksichtigt geblieben. Es habe auch keinen Zählfehler, sondern nur einen Übertragungs-
fehler gegeben, der rechtzeitig noch vor Absetzen der Schnellmeldung habe korrigiert werden können. Die
Stimmen für die AfD seien daher im Wahlergebnis ordnungsgemäß berücksichtigt worden. Ein Wahlfehler
sei demnach nicht ersichtlich.

Der Einspruchsführer hat sich zu den ihm übersandten Stellungnahmen nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vortrag des Einspruchsführers lässt sich kein die Gültig-
keit der Bundestagswahl 2013 berührender Wahlfehler entnehmen.

1. Die Behauptung des Einspruchsführers, unter Verweis auf das „Reichs- und Staatsangehörigkeitsrecht“,
ein Personalausweis oder Reisepass sei kein Nachweis für die Wahlberechtigung, beweist keinen Wahlfehler.
Denn gemäß § 14 Absatz 1 des Bundeswahlgesetzes (BWG) kann wählen, wer in ein Wählerverzeichnis
eingetragen ist oder einen Wahlschein hat. Die Wahlberechtigung hängt also prinzipiell nicht von Ausweis-
papieren ab. Die Stimmabgabe im Wahllokal erfolgt gemäß dem in § 56 der Bundeswahlordnung (BWO)
vorgesehenen Ablauf. Dabei kann der Wahlvorstand die Vorlage der Wahlbenachrichtigung anordnen (§ 56
Absatz 1 BWO) sowie verlangen, dass der Wähler sich über seine Person ausweist, insbesondere wenn er
seine Wahlbenachrichtigung nicht vorlegt (§ 56 Absatz 3 BWO). Die Vorlage eines Nachweises über die
Staatsangehörigkeit, die der Einspruchsführer fordert, ist hingegen nicht vorgesehen, ein derartiges Verlangen
durch den Wahlvorstand wäre sogar unzulässig. Insofern war es auch kein Wahlfehler, dass sich der Ein-
spruchsführer im Wahllokal nicht ausweisen musste.

2. Die Wahl der Listenbewerber gemäß § 27 Abs. 3 BWG nach sog. starren Listen stellt keinen Wahlfehler
dar. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag in stän-
diger Praxis im Rahmen eines Wahlprüfungsverfahrens die Verfassungsmäßigkeit der für die Wahl geltenden
Rechtsvorschriften nicht überprüfen. Eine derartige Kontrolle ist stets dem Bundesverfassungsgericht vorbe-
halten worden (vgl. zuletzt Bundestagsdrucksachen 16/1800, Anlagen 26 bis 28; 17/1000, Anlagen 5 und 11;
17/2200, Anlagen 1, 13 bis 15, 17 bis 20, 23 und 24; 17/3100, Anlagen 15, 19, 20, 22 bis 30, 32, 34 bis 36;
17/4600, Anlagen 10, 12, 13, 32, 38, 40 bis 43 mit weiteren Nachweisen). Unabhängig davon hegen der
Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag in ständiger Entscheidungspraxis keine Zweifel an der
Verfassungsmäßigkeit des § 27 Abs. 3 BWG (vgl. etwa Bundestagsdrucksachen 15/1850, Anlage 9, 16, 31
und 34; 17/3100, Anlage 34; 17/6300, Anlage 35). Die Regelung verstößt nicht gegen die in Artikel 38 Abs.
1 niedergelegten Wahlgrundsätze, namentlich nicht gegen den Grundsatz der unmittelbaren oder der gleichen
Wahl. Denn die Zurechnung der abgegebenen Wählerstimmen auf die einzelnen Wahlvorschläge vollzieht
sich von der Stimmabgabe an ohne Zwischenschaltung eines von dem der Wählerinnen und Wähler abwei-
chenden Willens (vgl. Hahlen, in: Schreiber, Bundeswahlgesetz, 9. Auflage 2013, § 27 Rn. 4). Auch lässt
sich dem Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit nicht entnehmen, dass einer Wählerin oder einem Wähler, die
oder der eine Präferenz für einen bestimmten Kandidaten hat, die Möglichkeit eröffnet werden müsste, die
Zweitstimme (nur) für diesen Listenbewerber abzugeben (Hahlen, in: Schreiber, § 27 Rn. 12). Dies ist sach-
gerecht, denn im Gegensatz zur Erststimmenwahl, bei der die Wahlkreisbewerber im Vordergrund der Wahl-
entscheidung stehen, kommt es bei der Landeslistenwahl nach dem gesetzgeberischen Grundgedanken für die
Wählerin oder den Wähler entscheidend auf die von ihr oder ihm favorisierte – durch eine bestimmte Partei
vertretene – politische Programmatik an, für deren Repräsentation die auf der Liste nominierten Bewerber ein
Wählermandat anstreben (vgl. Strelen, in: Schreiber, § 4 Rn. 3). Auch das Bundesverfassungsgericht hat die

Drucksache 18/1710 – 142 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Verfassungskonformität des Systems der starren Listen in ständiger Rechtsprechung bestätigt (vgl. BVerfGE
3, 45 [50 f.]; 7, 63 [67 ff.]; 21, 355 [355 f.]; 47, 253 [283]; 122, 304 [314]).

3. Die vom Einspruchsführers angeführten Vorkommnisse erfüllen nicht den Tatbestand eines die Gültigkeit
der Bundestagswahl 2013 berührenden Wahlfehlers.

a) In der Stadt Meppen wurde lediglich am Wahlabend zunächst eine zu geringe Zahl der für die AfD abge-
gebenen gültigen Zweitstimmen in die Schnellmeldung eingetragen. Dieses Versehen wurde noch rechtzeitig
vor Absetzen der Schnellmeldung korrigiert wurde. Alle Stimmen für die AfD wurden berücksichtigt. Das
Versehen blieb damit folgenlos. Das korrekte Ergebnis des Wahlbezirks ist dann der Stadt Meppen anhand
der Schnellmeldung telefonisch übermittelt und dann auch im vorläufigen sowie endgültigen Wahlergebnis
berücksichtigt worden. Die Stimmenzahl für die AfD spiegelt sich also im Meppener Wahlergebnis korrekt
wider.

b) Die vom Einspruchsführer behaupteten Abweichungen zwischen ausgezählten und veröffentlichten Stim-
men in Detmold bestanden nicht. Vielmehr wurden die Stimmen zur Kontrolle sogar erneut ausgezählt, ohne
dass sich eine Unrichtigkeit des Ergebnisses gezeigt hätte.

c) Auch im Fall der angeblich verloren gegangenen Briefwahlstimmen in Hamburg liegt kein Wahlfehler vor.
Das Statistische Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein hat in einer auch im Internet abrufbaren Presse-
mitteilung vom 25. September 2013 (www.statistik-nord.de) erklärt, dass in der am 23. September 2013 ver-
öffentlichten Wahlanalyse zum vorläufigen Ergebnis der Bundestagswahl in Hamburg die Zahl der Briefwäh-
lerinnen und -wähler nicht korrekt ausgewiesen worden sei. Eine Überprüfung habe ergeben, dass die ent-
sprechende Abfrage der Datenbank für das vorläufige Wahlergebnis versehentlich so programmiert worden
sei, dass nicht alle Briefwahlbezirke einbezogen worden seien. Auf die Zusendung von 301 884 Briefwahlun-
terlagen hin hätten 268 504 Wählerinnen und Wähler von ihrem Wahlrecht per Brief Gebrauch gemacht,
nicht wie ursprünglich angegeben 198 739 Wahlberechtigte. Die Befürchtung, Briefwahlstimmen könnten
unberücksichtigt geblieben sein, treffe nicht zu. Diese Vermutung sei dadurch entstanden, dass der Zahl der
ausgegebenen Briefwahlunterlagen (Wahlschein, Stimmzettel und Umschläge) von 301 884 eine Zahl von
198 739 Briefwählern gegenübergestellt worden sei. Zur Erläuterung dieser Differenz hat das Statistische
Amt auf drei Ursachen hingewiesen: Die Überprüfung habe ergeben, dass die Zahl der Briefwählerinnen und
-wähler infolge der fehlerhaften Abfrage der Datenbank um rund 70 000 zu niedrig angegeben worden sei.
Sie sei auf 268 504 korrigiert worden. Des Weiteren gehörten zu den 301 884 ausgegebenen Wahlscheinen
auch solche, die die Stimmabgabe in einem anderen Wahllokal als in dem eigenen ermöglichen sollten, z. B.
in einem barrierefreien Wahllokal. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass erfahrungsgemäß rund fünf bis
zehn Prozent der ausgegebenen Briefwahlunterlagen nicht rechtzeitig und vollständig zurückliefen. Die
Gründe hierfür seien vielfältig und lägen z. B. im zu späten Erhalt, der Nichtnutzung oder der zu späten
Rücksendung der Briefwahlunterlagen. Darüber hinaus fänden solche Wahlbriefe keinen Eingang in die Zäh-
lung der Briefwähler, die aus formalen Gründen zurückzuweisen seien, z. B. weil der Wahlschein fehle oder
nicht unterschrieben sei. Der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag folgen dieser schlüssigen
Darstellung.

d) Soweit der Einspruchsführer auf Auszählungsprobleme in Bochum hinweist, ist festzustellen, dass es im
Wahlbezirk 4401 im Wahlkreis 141 ärgerlicherweise nicht möglich war, am Wahlabend ein korrektes Wahl-
ergebnis zu ermitteln. Die Entscheidung des Kreiswahlleiters, die Auszählung aufgrund der aufgetretenen
Differenzen abzubrechen und am Montag, dem 23. September 2013, eine komplette Neuauszählung vorzu-
nehmen, widersprach § 67 BWO, wonach die Auszählung im Anschluss an die Wahlhandlung ohne Unter-
brechung stattzufinden hat. Die ordnungsgemäße Nachzählung hätte – worauf die Landeswahlleiterin des
Landes Nordrhein-Westfalen zutreffend hinweist – noch in der Wahlnacht erfolgen müssen. Eine Aussetzung
oder Unterbrechung stellt einen schwerwiegenden Wahlverstoß dar (vgl. Hahlen, in: Schreiber, § 37 Rn. 2).
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der sich der Wahlprüfungsausschuss und der
Deutsche Bundestag schon früher stets angeschlossen haben, können aber nur solche Wahlfehler die Gültig-
keit der Bundestagswahl beeinträchtigen, die auf die Sitzverteilung von Einfluss sind oder sein können (vgl.
nur BVerfGE 89, 243 [254]; Bundestagsdrucksachen 16/900, Anlage 20; 17/1000, Anlagen 10, 15, 19 und
20; 17/2200, Anlagen 5, 12 und 25; 17/2250, Anlagen 18 und 22; 17/3100, Anlage 21). Daran fehlt es vorlie-
gend. Der Wahlfehler hat sich auf die Sitzverteilung im 18. Deutschen Bundestag nicht ausgewirkt bzw. hätte
sich darauf nicht auswirken können. Denn die Sitzverteilung geschah aufgrund des amtlichen Endergebnis-
ses. In dieses wiederum sind die aufgrund der Neuauszählung ermittelten (korrekten) Zahlen eingeflossen.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 143 – Drucksache 18/1710

4. Bezüglich der angeblichen Manipulation zulasten der AfD belässt es der Einspruchsführer bei Vermutun-
gen. Da er diese nicht belegt, ist das Vorbringen insoweit als unsubstantiiert zurückzuweisen.

5. Anders als der Einspruchsführer vermutet, sind Koalitionen, mit vorausgehenden Sondierungsgesprächen,
in einer Mehrparteiendemokratie, wie sie das Grundgesetz vorsieht, der Normalfall und nicht „Wahlbetrug“.
Sie bedeuten keinen Wahlfehler, sondern eine zulässige und von der Verfassung gewollte Wahlfolge.

6. Die Ausführungen des Einspruchsführers zur Wiedervereinigung, den Grenzen Deutschlands sowie zur
angeblichen Verfassungswidrigkeit und Ungültigkeit des Wahlgesetzes sind nicht geeignet, einen Wahlfehler
zu belegen. Ein Verstoß gegen wahlrechtliche Vorschriften ist nicht erkennbar. Die Thesen des Einspruchs-
führers sind aus Sicht des Wahlprüfungsausschusses und des Deutschen Bundestages nicht nachvollziehbar;
auf eine weitere inhaltliche Auseinandersetzung wird im Rahmen des Wahlprüfungsverfahrens verzichtet.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 145 – Drucksache 18/1710

Anlage 40

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn S. M., 14979 Großbeeren/13507 Berlin,

– Az.: WP 85/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 5. Juni 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit Schreiben vom 5. Oktober 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl zum
18. Deutschen Bundestag bzw. wegen einer Verletzung seines subjektiven Wahlrechts beim Wahlakt am 22.
September 2013 eingelegt.

Er trägt vor, er verbüße zur Zeit eine Haftstrafe im Berliner Strafvollzug. Er sei im Juli 2013 von der Justiz-
vollzugsanstalt (JVA) Berlin-Tegel in die JVA Heidering in Großbeeren verlegt worden. Die Vollzugsbehör-
de habe seinen Hauptwohnsitz entsprechend umgemeldet. Dies habe aber § 12 des Melderechtsrahmengeset-
zes widersprochen, wonach der Hauptwohnsitz dort liege, wo eine Familie ihre vorwiegend benutzte Woh-
nung habe. Dies sei in seinem Fall Berlin-Spandau. Durch die Ummeldung nach Brandenburg habe er nicht
so wählen können, wie es ihm normalerweise möglich gewesen wäre. Er habe mit der Erststimme einen Ab-
geordneten des Landkreises Teltow-Fläming wählen müssen, obwohl er den von ihm bevorzugten Direktkan-
didaten des Wahlkreises Berlin-Spandau, in dem seine Ehefrau wohne und deswegen sein Lebensmittelpunkt
liege, hätte unterstützen wollen. Durch die fehlerhafte Ummeldung sei er in seinem Wahlrecht, in erster Linie
bezüglich der Erststimme, behindert worden.

Die Landeswahlleiterin des Landes Berlin hat zu dem Vorbringen des Einspruchsführers am 7. Februar
2014 wie folgt Stellung genommen:

Die rechtlichen Grundlagen für die Eintragung von Gefangenen der JVA Heidering seien das Melderechts-
rahmengesetz und das Gesetz über das Meldewesen im Land Brandenburg (BbgMeldeG). Nach § 12 Absatz
3 Satz 5 BbgMeldeG sei die Leitung der JVA Heidering verpflichtet, die An- und Abmeldung durchzuführen.
Nach dem mit der Gemeinde Großbeeren vereinbarten Verfahren erhalte die Meldebehörde nach Aufnahme
eines Gefangenen eine Kopie des Personalblatts, aus dem sich der aktuelle Aufenthaltsort und die letzte Mel-
deadresse ergäben. Zu einer Erklärung zum Hauptwohnsitz bei mehreren Wohnungen sei die JVA Heidering
weder befugt noch verpflichtet. Die entsprechende Prüfung und Entscheidung nehme die Meldebehörde in
eigener Zuständigkeit vor.

Der Einspruchsführer hat sich zu der ihm übersandten Stellungnahme am 22. März 2014 im Wesentlichen
wie folgt geäußert:

Die Stellungnahme lasse außer Acht, dass es sich bei der JVA Heidering um eine Haftanstalt des Landes
Berlin unter den Gesetzen des Landes Berlin handele. Dort würden ausschließlich Berliner Strafgefangene
untergebracht, die nichts mit dem Land Brandenburg bzw. der Gemeinde Großbeeren zu tun hätten. Die Ab-
meldung von Amts wegen von einer Hauptwohnung (bei ihm im Stadtbezirk Spandau) sei ohne seine Zu-
stimmung gar nicht möglich. Leider habe er bei der Bundestagswahl nicht einen für seinen Wahlkreis ange-
tretenen Volksvertreter wählen können, außerdem habe er nicht am Volksentscheid für das „Energienetz
Berlin“ teilnehmen können. Für einen Berliner in einer Berliner JVA sei es aber ein Grundrecht, in seinem
Wahlkreis zu wählen. Er sei zwangsweise zum Bürger eines anderen Bundeslandes gemacht worden. Das sei

Drucksache 18/1710 – 146 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

weder logisch noch in irgendeiner Weise mit dem grundgesetzlich vorgeschriebenen Resozialisierungsgebot
vereinbar. Es handele sich um einen schweren Verfassungsbruch.

Der Landeswahlleiter des Landes Brandenburg hat zu dem Einspruch am 16. April 2014 Stellung ge-
nommen:

Nach Angaben der Gemeinde Großbeeren (in einem der Stellungnahme beigefügten Schreiben) habe die
Mitteilung der JVA Heidering an die Meldebehörde der Gemeinde Großbeeren keine (vorgesehene) Informa-
tion darüber enthalten, dass der Einspruchsführer eine in Berlin lebende Ehefrau habe. Deshalb habe die
Wahlbehörde von der Anwendbarkeit des § 12 Absatz 4 Nr. 3 des Bundeswahlgesetzes (BWG) ausgehen
müssen und den Einspruchsführer im Vorfeld der Bundestagswahl gemäß § 16 Absatz 1 Nr. 4 BWO in das
Wählerverzeichnis der Gemeinde Großbeeren eingetragen sowie ihm gemäß § 19 Absatz 1 BWO eine ent-
sprechende Wahlbenachrichtigung übersandt. Leider habe der Einspruchsführer diese Wahlbenachrichtigung
nicht zum Anlass genommen, die Melde- und Wahlbehörde Großbeeren auf die in Berlin bestehende Haupt-
wohnung aufmerksam zu machen. Dies wäre ihm aber möglich und zumutbar gewesen, so dass die melde-
rechtlich fehlerhafte Festlegung seiner Hauptwohnung und die sich daraus ergebende Folge der förmlichen
Wahlberechtigung (und tatsächlichen Wahlteilnahme) in Großbeeren vom Einspruchsführer zu tragen seien.
Die Meldebehörde der Gemeinde Großbeeren habe die Meldeverhältnisse aufgrund der mit dem Wahlein-
spruch dort bekannt gewordenen familiären Gegebenheiten inzwischen korrigiert.

Der Einspruchsführer hat sich zu der ihm übersandten Stellungnahme am 16. Mai 2014 im Wesentlichen
wie folgt geäußert:

Er habe tatsächlich (am 23. August 2013) eine Wahlbenachrichtigung der Gemeinde Großbeeren erhalten.
Am selben Tag und an den Folgetagen habe er sich dafür eingesetzt, in Berlin statt in Brandenburg wählen zu
dürfen. Beispielsweise habe er im Wahlamt angerufen, um den Sachverhalt zu klären. Am 25. August 2013
habe er Widerspruch beim Wahlamt Berlin-Spandau eingelegt. Trotzdem habe er die Wahlunterlagen aus
Großbeeren erhalten. Im Vorfeld habe er bereits Petitionen in Berlin eingelegt und sich unter anderem gegen
die falsche Anmeldung in Brandenburg gewendet. Auch habe er die Senatsverwaltung über das Problem
informiert. Parallel habe seine Frau mit den Wahlämtern und Meldebehörden Kontakt aufgenommen. Am 15.
August 2013 sei das Wahlamt Berlin-Spandau schriftlich – nach einem vorherigen Telefonat – kontaktiert
worden. Er habe sogar kurz nach der Verlegung in die JVA Heidering einen Antrag bei der Anstaltsleitung
gestellt, die Anmeldung (in Großbeeren) zu korrigieren. Keine der beteiligten Behörden könne sich darauf
berufen, nichts gewusst zu haben. Es liege ein eindeutiger Verfassungsverstoß vor. Die Meldebehörde Groß-
beeren habe nach seinem Widerspruch die Ummeldung rückgängig gemacht und ihn rückwirkend zum 1.
September 2013 abgemeldet.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vorbringen des Einspruchsführers lässt sich nicht mit der
erforderlichen Sicherheit ein Verstoß gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein die Gültigkeit der Bun-
destagswahl oder eine Verletzung des subjektiven Wahlrechts begründender Wahlfehler entnehmen.

Zwar war die Eintragung des Einspruchsführers in das Melderegister und in das Wählerverzeichnis der Ge-
meinde Großbeeren rechtswidrig. Doch treffen (auch) den Wähler im Falle eines unrichtigen Wählerver-
zeichnisses gewisse Obliegenheiten, deren Nichtbefolgung einen Wahlfehler ausschließt. Unrichtigkeiten des
Wählerverzeichnisses sind wahlprüfungsrechtlich nämlich nur relevant, wenn sie zuvor im vorgesehenen
Einspruchs- und Beschwerdeverfahren gerügt werden (vgl. Hahlen, in: Schreiber, Bundeswahlgesetz, 9. Auf-
lage 2013, § 17 Rn. 6). Ob der Einspruchsführer, nachdem er die Wahlbenachrichtigung von der Gemeinde
Großbeeren erhielt, dort eine Änderung des Wählerverzeichnisses angeregt hat, lässt sich nicht sicher feststel-
len. Er selbst hat ausgeführt, sich gleich nach dem Erhalt darum bemüht zu haben, in Berlin statt in Branden-
burg wählen zu dürfen. Die Gemeinde Großbeeren wiederum hat ausgeführt, dass er sich nicht an sie ge-
wandt habe.

Selbst wenn sich der Einspruchsführer erfolglos an die Gemeinde Großbeeren gewandt hat und damit ein
Wahlfehler vorliegen würde, hätte dieser keinen Einfluss auf die Gültigkeit der Bundestagswahl 2013. Denn
nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der sich der Wahlprüfungsausschuss und der
Deutsche Bundestag schon früher stets angeschlossen haben, können nur solche Wahlfehler die Gültigkeit der

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 147 – Drucksache 18/1710

Bundestagswahl beeinträchtigen, die auf die Sitzverteilung von Einfluss sind oder sein können (vgl. nur
BVerfGE 89, 243 [254]; Bundestagsdrucksachen 16/900, Anlage 20; 17/1000, Anlagen 10, 15, 19 und 20;
17/2200, Anlagen 5, 12 und 25; 17/2250, Anlagen 18 und 22; 17/3100, Anlage 21). Die Stimme des Ein-
spruchsführers hätte das Ergebnis der Bundestagswahl indessen nur so geringfügig verändert, dass ein Ein-
fluss auf die Sitzverteilung im 18. Deutschen Bundestag auszuschließen ist.

Da ein objektiver Wahlrechtsverstoß nicht sicher feststellbar ist, scheidet aus denselben Gründen auch eine
Verletzung des subjektiven Wahlrechts des Einspruchsführers aus Artikel 38 Absatz 1 Satz 1 GG aus.

Der Wahlprüfungsausschuss empfiehlt dem Bundesminister des Innern die zuständigen Meldebehörden darauf
hinzuweisen, das Melderecht bei Strafgefangenen richtig anzuwenden und über die Rechtslage entsprechend
aufzuklären.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 149 – Drucksache 18/1710

Anlage 41

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn W. A., 45279 Essen,

– Az.: WP 86/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Fax und einem Schreiben vom 22. Oktober 2013 Einspruch gegen die
Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Er rügt mehrere (angebliche) Vorkommnisse:

1. Im Wahlkreis 120 (Essen III) habe zunächst der Kandidat der CDU, Herr Matthias Hauer, mit drei Stim-
men vorn gelegen. Nachdem insbesondere in ca. jedem achten Wahlbezirk Unregelmäßigkeiten und Unstim-
migkeiten bei den Wahlniederschriften festgestellt worden seien, sei in den betroffenen Wahlbezirken eine
Neuauszählung erfolgt. Nun habe die SPD-Kandidatin, Frau Petra Hinz, eine Mehrheit von 31 Stimmen ge-
habt. Danach habe der „Wahlausschuss der Stadt Essen“ angeordnet, im gesamten Wahlkreis 120 neu auszu-
zählen. Infolgedessen sei für den CDU-Kandidaten eine Mehrheit von 93 Stimmen ermittelt worden. Er fra-
ge, welche Unstimmigkeiten es denn in ca. jedem achten Wahlbezirk gegeben habe, dass eine Neuauszählung
vorgenommen worden sei. Er gehe davon aus, dass auch die Wahlkreise 118 (Mülheim – Essen I) und 119
(Essen II) von ähnlichen Fehlern betroffen seien.

2. Das Wahllokal „Adelkampschule“ im Wahlkreis 120 sei erst mit einer Verspätung von 29 Minuten geöff-
net worden, da die Vorsitzende des Wahlvorstandes, die den Schlüssel für die Wahlurne gehabt habe, ver-
schlafen habe. Daraufhin seien etliche eigentlich wahlwillige Bürger verärgert wieder „von dannen“ gezogen.

3. Nur neun Tage nach der Bundestagswahl habe der Stadtkämmerer, welcher der CDU angehöre, eine Haus-
haltssperre für die Stadt Essen verhängt. Er, der Einspruchsführer, gehe davon aus, dass dem Kämmerer, dem
Oberbürgermeister und Wahlleiter sowie anderen parteigebundenen Ratsmitgliedern bereits seit längerer Zeit
die prekäre Finanzlage bekannt gewesen sein müsse. Offenbar sei die Haushaltssperre aus wahltaktischen
Gründen bis zu einem Termin nach der Wahl hinausgezögert worden, um den Wählern in den Wahlkreisen
118 bis 120 wahlentscheidende Informationen vorzuenthalten und dadurch die Wahl unzulässig zu beeinflus-
sen. Auch die Gewinner der Direktmandate in den Wahlkreisen 119 – Dirk Heidenblut – und 120 – Matthias
Hauer – seien als Ratsherren für die Haushaltsplanung der Stadt Essen mit verantwortlich gewesen; ersterer
als stellvertretendes Mitglied im Haupt- und Finanzausschuss, letzterer als Mitglied im Unterausschuss Fi-
nanzen und Beteiligungen. Die Bundestagswahl wäre in den drei Essener Wahlkreisen anders ausgegangen,
wenn vor der Wahl die wahre Finanzlage öffentlich bekannt gewesen wäre.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Die Landeswahlleiterin des Landes Nordrhein-Westfalen hat zu dem Vorbringen mit Schreiben vom 20.
März 2014 im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Der Einspruchsführer unterstelle dem Wahlleiter der Stadt Essen nach (unsachgemäßen) Gründen für eine
Neuauszählung im Wahlkreis 120 gesucht zu haben, da allein das ursprüngliche, sehr knappe Wahlergebnis
hierfür nicht ausgereicht habe. Für diese Unterstellung seien keinerlei Anhaltspunkte erkennbar. Vielmehr sei

Drucksache 18/1710 – 150 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

festzuhalten, dass die ordnungsgemäße Ermittlung von Wahlergebnissen Vorrang habe. Um absichtliche oder
unabsichtliche Fehler bei der Ergebnisfeststellung zu verhindern, seien die dabei einzuhaltenden Abläufe
durch Bundeswahlgesetz und Bundeswahlordnung detailliert vorgeschrieben. Dies betreffe auch die Doku-
mentation durch daran beteiligte und besonders verpflichtete Wahlorgane, deren lückenlose Vornahme durch
entsprechende Anlagen zur Bundeswahlordnung gewährleistet werden solle. Zu der angesprochenen Nach-
zählung des Wahlergebnisses im Wahlkreis 120 sei festzuhalten, dass die Feststellung des Wahlergebnisses
im Wahlkreis durch den Kreiswahlausschuss – nach Vorbereitung durch den zuständigen Kreiswahlleiter –
erfolgt sei. Aufgrund des überaus knappen Stimmenunterschiedes und weiterer Vorkommnisse bei der
Durchführung der Wahl in Essen (verspätete Öffnung eines Wahllokals, Auffinden von 26 Säcken mit [be-
reits berücksichtigten] Stimmzetteln am Tag nach der Wahl) habe der Kreiswahlausschuss eine vollständige
Nachzählung aller abgegebenen Stimmen beschlossen. Dieses Vorgehen stelle eine Ausnahme dar und er-
scheine in diesem Fall aufgrund der besonderen Umstände nachvollziehbar; es habe der Sicherstellung eines
korrekt ermittelten Wahlergebnisses gedient.

Zu der vom Einspruchsführer angeführten verspäteten Öffnung eines Essener Wahllokals sei festzuhalten,
dass das Wahllokal geöffnet, jedoch die Wahlurne selbst – worin sich die Wahlunterlagen befunden hätten –
verschlossen gewesen sei. Den Schlüssel zur Wahlurne habe die Wahlvorsteherin gehabt, die etwa 30 Minu-
ten zu spät eingetroffen sei. Dem Einspruchsführer sei beizupflichten, dass dies zu vermeiden sei. Gleichwohl
seien derartige Vorkommnisse aufgrund des „menschlichen Faktors“ nicht ausschließbar. Es sei zudem da-
rauf hinzuweisen, dass belegbare Auswirkungen auf die Stimmabgabe nicht feststellbar seien.

Der Einspruchsführer sei der Auffassung, dass durch den Kämmerer der Stadt Essen und durch den Oberbür-
germeister (zugleich Wahlleiter) wahlrelevante Informationen über die Haushaltslage der Stadt Essen bis
nach der Wahl zurückgehalten worden seien. Er gehe davon aus, dass das Wahlergebnis – insbesondere in
Bezug auf die Erststimmen – anders geläutet hätte, wenn die Haushaltslage bekannt gewesen wäre. Zunächst
sei anzumerken, dass die Haushaltssituation der Stadt Essen bei der Bundestagswahl eher eine untergeordnete
Rolle hinsichtlich der Wahlentscheidung der Wählerinnen und Wähler gespielt haben dürfte. Darüber hinaus
sei festzuhalten, dass der Einspruchsführer sowohl das Verhalten des SPD-Oberbürgermeisters als auch das
des CDU-Kämmerers bemängele. Es handele sich danach um eine „parteiübergreifende Rüge“. Es hätten aber
auch einerseits ein SPD-Kandidat im Wahlkreis 119 und andererseits ein CDU-Kandidat im Wahlkreis 120
die Direktmandate errungen – dies jeweils mit deutlichen Stimmenvorsprüngen vor weiteren Direktkandida-
ten anderer Parteien. Vor dem Hintergrund dieser Gesamtkonstellation bleibe unklar, inwieweit die Ver-
schleierung der Situation – so diese denn überhaupt vorgelegen habe – das Wahlergebnis hätte beeinflussen
können.

Insgesamt sei festzuhalten, dass der Wahleinspruch zwar vereinzelte Unregelmäßigkeiten aufzeige, zumin-
dest jedoch aufgrund fehlender Mandatsrelevanz unbegründet sei.

Der Essener Stadtkämmerer ist mit einer umfangreichen Stellungnahme vom 21. März 2013 dem Vorbrin-
gen des Einspruchsführers entgegengetreten, die Haushaltssperre sei aus wahltaktischen Gründen bis zu ei-
nem Termin nach der Wahl hinausgezögert worden, um den Wählern in den Wahlkreisen 118 bis 120 wahl-
entscheidende Informationen vorzuenthalten und dadurch die Wahl unzulässig zu beeinflussen. Hinsichtlich
ihres Inhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

Der Einspruchsführer hat sich zu der ihm übersandten Stellungnahme der Landeswahlleiterin nicht geäu-
ßert.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vortrag des Einspruchsführers lässt sich kein Verstoß
gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

1. Zunächst ist schon zweifelhaft, ob der Einspruchsführer die Anordnung des Kreiswahlausschusses, alle
abgegebenen Stimmen im Wahlkreis 120 – ausnahmsweise – neu auszuzählen, für fehlerhaft hält. Davon
abgesehen, war die Anordnung aufgrund des überaus knappen Stimmenunterschiedes zwischen den Wahl-
kreisbewerbern der CDU und der SPD sowie weiterer Vorkommnisse bei der Durchführung der Wahl in
Essen (verspätete Öffnung eines Wahllokals, Auffinden von 26 Säcken mit bereits berücksichtigten Stimm-
zetteln am Tag nach der Wahl) rechtmäßig und zweckmäßig, um ein korrektes Wahlergebnis zu ermitteln.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 151 – Drucksache 18/1710

2. Die Vermutung des Einspruchsführer, die Wahlkreise 118 und 119 seien von ähnlichen Fehlern betroffen
wie der Wahlkreis 120, wird durch nichts belegt. Der Einspruchsführer hätte nachvollziehbar darlegen müs-
sen, aus welchem Geschehen sich seiner Ansicht nach ein die Gültigkeit der Wahl berührender Wahlfehler
ergibt (vgl. etwa Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlage 5; 17/1000, Anlagen 13 und 19; 17/2250, Anlage
11; BVerfGE 40, 11 [30]). Dies hat er unterlassen. Wahlbeanstandungen, die über nicht belegte Vermutungen
oder die bloße Andeutung der Möglichkeit von Wahlfehlern nicht hinausgehen und einen konkreten, der
Überprüfung zugänglichen Tatsachenvortrag nicht enthalten, müssen als unsubstantiiert zurückgewiesen
werden (Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlagen 283 bis 285; 15/1850, Anlage 25; 15/2400, Anlage 9;
17/1000, Anlagen 13 und 19; BVerfGE 48, 271 [276]; 66, 369 [379]; 85, 148 [159]; 122, 304 [309]; Hahlen,
in: Schreiber, Bundeswahlgesetz, 9. Auflage 2013, § 49 Rn. 25).

3. Das Wahllokal „Adelkampschule“ im Wahlkreis 120 war zwar rechtzeitig um acht Uhr geöffnet. Für etwa
30 Minuten war aber die Wahlurne verschlossen, welche die Wahlunterlagen enthielt, da die Wahlvorstehe-
rin, die den Schlüssel für die Urne bei sich führte, ca. 30 Minuten zu spät eintraf. Dieses ärgerliche und künf-
tig zu vermeidende Vorkommnis widersprach § 6 Absatz 6 Satz 2 der Bundeswahlordnung (BWO), wonach
der Wahlvorstand am Wahltage rechtzeitig vor Beginn der Wahlzeit im Wahlraum zusammentritt, und § 47
Absatz 1 BWO, wonach die Wahl von 8.00 bis 18.00 Uhr dauert. Doch führen diese Wahlfehler (vgl. From-
mer/Engelbrecht, Bundeswahlrecht, 2013, § 47 BWO Rn. 2), nicht zu einer Ungültigkeit der Bundestags-
wahl. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der sich der Wahlprüfungsaus-
schuss und der Deutsche Bundestag schon früher stets angeschlossen haben, können nur solche Wahlfehler
die Gültigkeit der Bundestagswahl beeinträchtigen, die auf die Sitzverteilung von Einfluss sind oder sein
können (vgl. nur BVerfGE 89, 243 [254]; Bundestagsdrucksachen 16/900, Anlage 20; 17/1000, Anlagen 10,
15, 19 und 20; 17/2200, Anlagen 5, 12 und 25; 17/2250, Anlagen 18 und 22; 17/3100, Anlage 21). Ein Ein-
fluss auf die Stimmabgabe und erst recht auf die Sitzverteilung steht nicht fest.

4. Den Ausführungen des Einspruchsführers zur neun Tage nach der Bundestagswahl verhängten Haushalts-
sperre für die Stadt Essen lässt sich kein Wahlfehler entnehmen. Im Wahlprüfungsverfahren geht es allein um
die Anwendung der Wahlvorschriften im weiteren Sinne, also die Vorbereitung und Durchführung der Wahl.
Ob und wie politische Themen bekannt gewesen oder diskutiert worden sind, ist politisch (etwa in der Stadt-
verordnetenversammlung) zu klären und von den Verantwortlichen politisch zu bewältigen. Wahlprüfungs-
rechtlich sind politische Fragestellungen unerheblich. Sie berühren weder die Gültigkeit der Bundestagswahl
noch das den einzelnen Bürgern zustehende Wahlrecht.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 153 – Drucksache 18/1710

Anlage 42

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn H. R., 90409 Nürnberg,

– Az.: WP 87/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Fax vom 18. Oktober 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl
zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt. Er hat seinen Vortrag mit Schreiben vom
19. November und 2. Dezember 2013 sowie 6. Februar 2014 erweitert.

Der Einspruchsführer rügt mehrere (angebliche) Vorkommnisse: In Hamburg seien etwa 100 000 Briefwahl-
stimmen verschwunden. In derselben Stadt hätten 18 Wahlbezirke dem Landeswahlleiter ein Ergebnis ge-
meldet, das vom Durchschnitt extrem abweiche bzw. wonach kleine Parteien keine einzige Zweitstimme
erhalten hätten. In sieben Hamburger Bezirksämtern hätten den Behörden die roten Briefwahlumschläge
gefehlt. Viele Wähler hätten ihren Wahlzettel erst am Freitag vor der Bundestagswahl erhalten. In Berlin
hätten viele Wahllokale erst spät am Nachmittag geöffnet, unter anderem weil der Schlüssel nicht auffindbar
gewesen sei. Personalausweise hätten in Berlin oftmals nicht vorgezeigt werden müssen; Wahlbeobachter
hätten „sitzen bleiben“ müssen oder seien des Wahllokals verwiesen worden. In einem Wahllokal in Meppen
sei etwa die Hälfte der für „Kleinparteien“ abgegebenen Zweitstimmen grundlos für ungültig erklärt worden.
Ein Politikforscher gehe nach zahlreichen Hinweisen von Bürgern davon aus, dass etwa zehn Prozent der
Stimmen für kleine Parteien nicht gezählt worden seien. Ein Zeuge habe berichtet, dass der Wahlvorstand
null Stimmen in die Ergebnisliste habe eintragen lassen, obwohl 65 Stimmen für eine kleine Partei gezählt
worden seien. Die Zweitstimmenabgabe der ca. 6,5 Millionen Analphabeten sei ungeklärt. Behörden aus
„Eckleben“ gestünden Fehler ein. In mehreren Bundesländern hätten sich Bürger beschwert, keine Brief-
wahlunterlagen erhalten zu haben. In Köln hätten mehrere Bürger ihre Briefwahlunterlagen doppelt zuge-
schickt bekommen. In Oberhausen hätten zahlreiche Briefwähler veraltete Unterlagen – nach Angaben der
Stadtverwaltung solche aus dem Jahr 2009 – erhalten. Im Wahlkreis Bochum I seien die Stimmen von 600
Briefwählern für ungültig erklärt worden. Diese Wähler hätten fälschlicherweise Stimmzettel aus dem Wahl-
kreis Herne-Bochum II bekommen. Die Stadt Würzburg habe zu dünne Wahlbenachrichtigungskarten ver-
schickt. Die Post habe das zu kleine Format erst verspätet zustellen können; für Briefwähler sei die Zeit
knapp geworden. Zweitstimmen seien (generell) teilweise falsch zugeordnet worden. In Duisburg hätten 30
Wahlhelfer aus acht Wahllokalen ihren Posten amWahlabend vorzeitig verlassen.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers, insbesondere seines Sachvortrages vom 2.
Dezember 2013, wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

Die Stadt Würzburg hat zu dem Vorbringen des Einspruchsführers, soweit ihre Zuständigkeit betroffen ist,
am 21. Januar 2014 wie folgt Stellung genommen:

Die Einlassungen des Einspruchsführers könne man nicht nachvollziehen. Die Stadt Würzburg lasse die
Wahlbenachrichtigungen über die Anstalt für kommunale Datenverarbeitung in Bayern erstellen. Von dort
seien die postalischen Bestimmungen erfragt und bayernweit die Wahlbenachrichtigungen erstellt und größ-
tenteils über die Deutsche Post AG versandt worden. Eine relativ kleine Anzahl (ca. 20 bis 40 Stück) der ca.

Drucksache 18/1710 – 154 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

100 000 Wahlbenachrichtigungen seien durch die Sortiermaschinen der Deutschen Post AG beschädigt, von
der Stadt Würzburg neu erstellt und dann versandt worden. Der überwiegende Teil der Wahlbenachrichtigun-
gen sei unbeschädigt und im Original in Würzburg ausgeliefert worden.

Der Landeswahlleiter der Freien und Hansestadt Hamburg hat zu dem Einspruch, soweit darin die Wahl-
durchführung in Hamburg gerügt wird, am 3. Februar 2014 wie folgt Stellung genommen:

Die Behauptung, es seien in Hamburg etwa 100 000 Briefwahlstimmen verschwunden, sei unzutreffend.
Richtig sei, dass aufgrund einer unvollständigen statistischen Auswertung in der Wahlanalyse zum vorläufi-
gen Ergebnis die Anzahl der Briefwählerinnen und Briefwähler um rund 70 000 zu niedrig angegeben wor-
den sei, was zu der öffentlich geäußerten Vermutung geführt habe, es seien rund 100 000 Briefwahlstimmen
verschwunden. Der statistische Auswertungsfehler sei erkannt, korrigiert und die Öffentlichkeit informiert
worden (wie sich aus einer der Stellungnahme beigefügten Pressemitteilung des Statistischen Amts für Ham-
burg und Schleswig-Holstein vom 25. September 2013 ergebe).

Die Behauptung, dass 18 Wahlbezirke in Hamburg ein Ergebnis an den Landeswahlleiter gemeldet hätten,
dass vom Durchschnitt extrem abweiche bzw. kleine Parteien keine einzige Zweitstimme erhalten hätten, sei
unsubstantiiert. In dem Vortrag würden weder die konkreten Wahlbezirke und die betreffenden Parteien be-
nannt, noch werde der Maßstab für die Qualifizierung als „extreme Abweichung“ angegeben. Ungeachtet
dessen ließe sich allein darauf, dass bei 18 von rund 1 800 Wahlbezirken eine deutliche Abweichung von
dem durchschnittlichen Ergebnis vorliege bzw. Parteien mit einem sehr geringen Gesamtstimmenanteil keine
Zweistimme erzielt hätten, kein begründeter Zweifel an der Ordnungsgemäßheit der Wahl stützen.

Die schlichte Behauptung, es hätten in den sieben Bezirksämtern Hamburgs rote Briefwahlumschläge gefehlt,
weshalb viele Wählerinnen und Wähler ihren „Wahlzettel“ erst am Freitag vor der Bundestagswahl erhalten
hätten, sei unrichtig. Die Ausstattung mit roten Wahlbriefumschlägen sei auskömmlich gewesen; der nach-
stehenden Tabelle sei aufgeschlüsselt nach Bezirken die Zahl der ausgestellten Wahlscheine und die Ausstat-
tung mit roten Briefwahlumschlägen zu entnehmen.

Bezirk Ausgestellte Wahlscheine Ausstattung rote Briefwahlum-
schläge

Hamburg-Mitte 31 241 38 000

Altona 48 667 60 000

Eimsbüttel 53 065 70 000

Hamburg-Nord 58 500 80 000

Wandsbek 76 533 100 000

Bergedorf 17 335 28 000

Harburg 21 461 25 000

Die Landeswahlleiterin des Landes Berlin hat zu dem Einspruch, soweit darin die Durchführung der Bun-
destagswahl in Berlin bemängelt wird, am 7. Februar 2014 wie folgt Stellung genommen:

Ihre Rückfrage bei den zuständigen Bezirksämtern habe ergeben, dass von den 1.709 Wahllokalen in Berlin
lediglich die beiden Wahllokale in der „Melanchthon-Schule“ in Berlin-Marzahn-Hellersdorf aufgrund eines
fehlenden Schlüssels nicht pünktlich um 8.00 Uhr, sondern erst eine Dreiviertelstunde später hätten geöffnet
werden können. In dieser Zeit seien etwa 25 Wahlberechtigte erschienen, die über den Sachverhalt informiert
worden seien und nach Öffnung der Wahllokale gewählt hätten.

Nach § 56 Absatz 3 der Bundeswahlordnung (BWO) sei die Vorlage des Personalausweises nicht zwingend
vorgeschrieben. Bei Wahlberechtigten, die dem Wahlvorstand bekannt seien, könne es tatsächlich vorkom-
men, dass die Vorlage der Wahlbenachrichtigung ausreiche.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 155 – Drucksache 18/1710

Die Wahlhandlung sowie die Ermittlung und Feststellung des Ergebnisses werde in Berlin bei jeder Wahl
von zahlreichen Personen beobachtet, insbesondere von Vertretern der Medien und der Zivilgesellschaft und
auch von Privatpersonen. Nach § 54 BWO habe jedermann zum Wahlraum Zutritt, soweit das ohne Störung
des Wahlgeschäftes möglich sei. Wenn der Wahlvorstand eine Störung feststelle, könne es in Einzelfällen
dazu kommen, dass eine Person des Raumes verwiesen werde. In einem Fall im Bezirk Lichtenberg sei eine
Person nach einem Wortgefecht mit dem Wahlvorstand und nach Einschaltung der Polizei während der
Wahlhandlung aus dem Wahlraum verwiesen worden. Diese Person sei später nicht zur Auszählung der
Stimmen zugelassen worden. Der Kreiswahlleiter habe nach der Wahl eine öffentliche Nachzählung dieses
Wahlbezirks durchführen lassen. Bei dieser Nachzählung sei auch der Wahlbeobachter anwesend gewesen,
dem amWahltag der Zutritt verweigert worden war.

Die Landeswahlleiterin des Landes Nordrhein-Westfalen hat zu dem Einspruch, soweit er ihren Zustän-
digkeitsbereich betrifft, am 17. Februar 2014 wie folgt Stellung genommen:

Fälle, in denen angeforderte Briefwahlunterlagen nicht eingegangen seien, seien ihr, der Landeswahlleiterin,
nur vereinzelt berichtet worden. Hierzu sei festzuhalten, dass beim Versand großer Briefmengen wie bei der
Bundestagswahl regelmäßig einige Unterlagen nicht den Empfänger erreichten. Dies könne unterschiedliche
Gründe haben, wie z. B. eine schlechte Ausschilderung der Briefkästen oder menschliches Versagen auf Sei-
ten der mit dem Versand der Unterlagen beauftragten Firmen. Derartige Fälle seien – bei aller Sorgfalt –
nicht gänzlich auszuschließen. Es obliege aber dem Wähler, bei der Wahlbehörde gegebenenfalls in einem
angemessenen Zeitabstand nachzufragen, ob die Unterlagen versandt worden seien. Auf diese Weise ließen
sich die meisten Fälle durch die Neuausstellung von Wahlunterlagen beheben.

Die Stadt Köln habe die Produktion und den Versand von Briefwahlunterlagen bereits seit den 90er Jahren an
externe Dienstleister ausgelagert. Hintergrund sei die steigende Zahl der Briefwahlanträge, die verwaltungs-
intern nicht mehr habe bewältigt werden können. So sei die Zahl der Briefwähler in Köln von 136 603 (Bun-
destagswahl 2009) auf nunmehr 169 574 gestiegen. Aufgrund von Bürgeranfragen sei bekannt geworden,
dass Wählerinnen und Wähler auf ihren Briefwahlantrag hin die entsprechenden Unterlagen in doppelter
Form erhalten hätten. Eine Recherche bei dem beauftragten Unternehmen habe zu dem Ergebnis geführt, dass
zwischen 40 und 502 Wahlberechtigte des Wahlkreises 95 (Köln II) möglicherweise die Briefwahlunterlagen
doppelt erhalten hätten. Die zweifache Produktion nebst Versand sei durch menschliches Fehlverhalten ver-
ursacht worden. Ein Mitarbeiter habe entgegen der bestehenden Anweisung die Datei mit den zu druckenden
Datensätzen getrennt und auf zwei getrennten Maschinen verarbeitet. Da die Anschriften der möglicherweise
betroffenen Wahlberechtigten vorgelegen hätten, seien diese persönlich angeschrieben und darauf hingewie-
sen worden, dass nur ein Satz Briefwahlunterlagen genutzt werden dürfe. Parallel sei umfangreiche Pressear-
beit geleistet und die Bevölkerung informiert worden. Daneben seien ein Info-Telefon eingerichtet und damit
den Betroffenen unmittelbare Ansprechpartner genannt worden. Durch weitere organisatorische Maßnahmen
am Wahltag habe sichergestellt werden können, dass keine Wählerin und kein Wähler eine doppelte Stimm-
abgabe vorgenommen habe. Davon abgesehen, habe der Gewinner des Direktmandates im betroffenen Wahl-
kreis einen Stimmenvorsprung von 9 022 Stimmen erzielt, so dass die Unstimmigkeiten auch vor diesem
Hintergrund keinen Einfluss auf das Gesamtergebnis hätten haben können.

In Oberhausen seien durch menschliches Versagen versehentlich Briefwahlunterlagen der Bundestagswahl
2009 an etwa 30 Briefwählerinnen und Briefwähler versandt worden. Betroffen gewesen sei der Wahlkreis
117 (Oberhausen – Wesel III). Da die Empfänger der fehlerhaften Unterlagen adressenmäßig nicht zu ermit-
teln gewesen seien, sei intensive Pressearbeit betrieben und die Bevölkerung entsprechend informiert worden.
Daraufhin hätten sich 20 Wählerinnen und Wähler gemeldet, deren Unterlagen ausgetauscht worden seien.
Da im Wahlkreis 117 der Gewinner des Direktmandats einen Stimmenvorsprung von 18 553 Stimmen erzielt
habe, hätten eventuell ungültige Erststimmen keinen Einfluss auf das Gesamtergebnis der Erststimmen ge-
habt.

In Bochum seien durch menschliches Versagen versehentlich Briefwahlunterlagen für einen benachbarten
Wahlkreis in nicht bekanntem Umfang versandt worden. Betroffen gewesen seien die Wahlkreise 140 (Bo-
chum I) und 141 (Herne – Bochum II). Da die Empfänger der fehlerhaften Unterlagen nicht adressenmäßig
hätten erfasst werden können, habe die Stadt Bochum unmittelbar die Presse informiert. Daraufhin hätten
sich 1 118 Bürgerinnen und Bürger noch vor der Wahl beim Wahlbüro gemeldet. Von diesen hätten 168
einen falschen Stimmzettel erhalten bzw. diesen bereits mit den Briefwahlunterlagen wieder zurückgesandt.
In diesen Fällen seien korrekte Stimmzettel ausgegeben bzw. die Wahlscheine ungültig gemacht und neue

Drucksache 18/1710 – 156 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

ausgestellt worden. Bei der Auszählung der Briefwahlstimmen seien im Wahlkreis 140 insgesamt 592 falsche
Stimmzettel und im Wahlkreis 141 insgesamt 10 falsche Stimmzettel festgestellt worden. In diesen insgesamt
602 Fällen sei dadurch die Zweitstimme ungültig gewesen. Da im Wahlkreis 140 der Gewinner des Direkt-
mandats einen Stimmenvorsprung von 12 990 Stimmen erzielt habe, hätten diese ungültigen Erststimmen
keinen Einfluss auf das Gesamtergebnis der Erststimmen gehabt. Gleiches gelte für den Wahlkreis 141, wo
die Gewinnerin einen Vorsprung von 22 803 Stimmen erzielt habe.

Der Einspruchsführer gebe an, dass in Duisburg am Wahlabend mehrere Wahlfehler ihren Posten vorzeitig
verlassen hätten. Hierzu führe der zuständige Kreiswahlleiter in seiner Stellungnahme aus, dass es richtig sei,
dass bei der Auszählung der Bundestagswahl Probleme aufgetreten seien und teilweise Wahlvorstandsmit-
glieder nach der Auszählung, aber vor dem Feststehen eines schlüssigen Ergebnisses der Auszählung das
Wahllokal verlassen hätten. In diesen Fällen seien die Auszählungsergebnisse mit Unterstützung von Mitar-
beitern des Wahlamtes durch eine vollständige Neuauszählung aller Stimmzettel der entsprechenden Wahl-
bezirke ermittelt worden. Zu den Gründen für das vorzeitige Verlassen habe der Wahlleiter mitgeteilt, dass
einige Wahlvorstandsmitglieder davon ausgegangen seien, dass mit der Übermittlung der Schnellmeldung
ihre Tätigkeit beendet sei. Sie hätten daher das Ende der Übermittlung nicht mehr abgewartet. Mit einem
Fehler in der Schnellmeldung, der eine Neuauszählung erforderlich gemacht habe, hätten sie offenbar nicht
gerechnet. Teilweise seien diese Probleme vermutlich auf Missverständnisse im Zusammenhang mit den
Schulungen zurückzuführen. Sie, die Landeswahlleiterin, habe den Kreiswahlleiter gebeten, auf diesen Um-
stand bei zukünftigen Schulungen sein besonderes Augenmerk zu legen.

Die Niedersächsische Landeswahlleiterin hat zu dem Vorbringen, soweit es ihren Zuständigkeitsbereich
betrifft, am 6. März 2014 im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Sie habe den Kreiswahlleiter des Wahlkreises 31 (Mittelems) hierzu um Stellungnahme gebeten. Dieser habe
ihr mitgeteilt, dass bei der Stimmenauszählung des Meppener Wahlbezirks 104 ein Wahlbeobachter der AfD
anwesend gewesen sei, was auch in der Wahlniederschrift vermerkt worden sei. Die Auszählung der Stimm-
zettel sei ohne Probleme verlaufen. Allerdings habe es zunächst einen Fehler bei der Eintragung der Zweit-
stimmen in die sog. Schnellmeldung gegeben. Insgesamt seien 713 gültige Stimmabgaben gezählt worden, in
die Schnellmeldung seien aber nur 697 Stimmen eingetragen worden. Daher sei vor Ort diese Differenz
nochmals überprüft worden, Dabei habe man festgestellt, dass nur 15 anstatt 31 Zweitstimmen für die AfD in
die Schnellmeldung eingetragen worden seien. Hierbei solle es sich gerade nicht um für ungültig erklärte
Zweitstimmen, sondern um ein Übersehen dieses Stimmen gehandelt haben. Dieser Fehler sei umgehend
korrigiert worden. Das korrekte Ergebnis des Wahlbezirks sei dann der Stadt Meppen anhand der Schnell-
meldung telefonisch übermittelt und dann auch im vorläufigen Wahlergebnis berücksichtigt worden. Aus der
Stellungnahme des Kreiswahlleiters werde deutlich, dass bereits der Vortrag des Einspruchsführers vom
Sachverhalt her nicht zutreffend sei. Es seien gerade keine Stimmen für die AfD in dem genannten Wahlbe-
zirk in Meppen unberücksichtigt geblieben. Es habe auch keinen Zählfehler, sondern nur einen Übertragungs-
fehler gegeben, der rechtzeitig noch vor Absetzen der Schnellmeldung habe korrigiert werden können. Die
Stimmen für die AfD seien daher im Wahlergebnis ordnungsgemäß berücksichtigt worden. Ein Wahlfehler
sei demnach nicht ersichtlich.

Entscheidungsgründe

I.

Der Einspruch ist hinsichtlich des Sachvortrages des Einspruchsführers vom 2. Dezember 2013 wegen
Verfristung unzulässig. Gemäß § 2 Absatz 4 Satz 1 des Wahlprüfungsgesetzes müssen Wahleinsprüche bin-
nen einer Frist von zwei Monaten nach dem Wahltag beim Deutschen Bundestag eingehen. Für die Wahl
zum 18. Deutschen Bundestag lief die Einspruchsfrist, die eine nicht verlängerbare Ausschlussfrist ist, am 22.
November 2013 um 24 Uhr ab. Diese Frist gilt nicht nur für den ersten Einspruchsschriftsatz, sondern auch
für den gesamten folgenden Sachvortrag. Nach Fristablauf kann der Anfechtungsgegenstand eines bereits
eingelegten Einspruchs nicht mehr erweitert werden (vgl. etwa Bundestagsdrucksachen 14/1560, Anlage 30;
17/4600, Anlage 29; Winkelmann, Wahlprüfungsgesetz, 2012, § 2 Rn. 10).

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 157 – Drucksache 18/1710

II.

Soweit der Einspruch zulässig ist, ist er unbegründet. Dem Vorbringen des Einspruchsführers lässt sich kein
die Gültigkeit der Bundestagswahl 2013 berührender Wahlfehler entnehmen.

1. In Hamburg sind nicht – wie der Einspruchsführer behauptet – etwa 100 000 Briefwahlstimmen ver-
schwunden. Vielmehr wurde aufgrund einer unvollständigen statistischen Auswertung in der Wahlanalyse
zum vorläufigen Ergebnis die Anzahl der Briefwählerinnen und Briefwähler um rund 70 000 zu niedrig an-
gegeben. Dieser statistische Auswertungsfehler ist ausweislich der Pressemitteilung des Statistischen Amts
für Hamburg und Schleswig-Holstein vom 25. September 2013 erkannt und korrigiert worden. Die weitere
Behauptung, dass 18 Wahlbezirke in Hamburg ein Ergebnis an den Landeswahlleiter gemeldet hätten, dass
vom Durchschnitt extrem abweiche bzw. kleine Parteien keine einzige Zweitstimme erhalten hätten, ist
unsubstantiiert und zurückzuweisen. Der Einspruchsführer nennt keine konkreten Wahlbezirke bzw. betrof-
fenen Parteien. Auch bleibt offen, inwiefern es „extreme“ Abweichungen gegeben haben soll. Die schlichte
Behauptung, es hätten in den sieben Bezirksämtern Hamburgs rote Briefwahlumschläge gefehlt, weshalb
viele Wählerinnen und Wähler ihren „Wahlzettel“ erst am Freitag vor der Bundestagswahl erhalten hätten,
ist, wie die Aufstellung des Landeswahlleiters zeigt, unrichtig. Die Ausstattung mit roten Wahlbriefumschlä-
gen war auskömmlich.

2. Auch die zumWahlablauf in Berlin vorgetragenen Sachverhalte lassen keinen Wahlfehler erkennen.

a) Zunächst trifft es nicht zu, dass viele Berliner Wahllokale erst spät am Nachmittag geöffnet worden sein
sollen. Zwar wurden die beiden Wahllokale in der „Melanchthon-Schule“ in Berlin-Marzahn-Hellersdorf
aufgrund eines fehlenden Schlüssels nicht pünktlich um 8.00 Uhr, sondern erst eine Dreiviertelstunde später
geöffnet. Allerdings hatte die ärgerliche verspätete Öffnung nicht zur Folge, dass jemand von der Stimmab-
gabe abgehalten worden wäre. Die rund 25 Wahlberechtigten, die zunächst die Wahllokale nicht betreten
konnten, haben nach einer Information über den Sachverhalt und nach Öffnung der beiden Wahllokale ge-
wählt.

b) Anders als der Einspruchsführer meint, entspricht es außerdem geltendem Recht, dass sich nicht alle
Wahlberechtigten im Wahlraum ausweisen mussten (vgl. etwa Bundestagsdrucksachen 15/1150 Anlagen 31
und 33; 16/900, Anlagen 21 und 22; 16/3600, Anlage 32; 16/5700, Anlagen 8 und 22; 17/2250, Anlagen 2 bis
4, 8, 10, 13, 15, 17, 20). Ausweisen müssen sich nach § 59 Satz 1 BWO die Inhaber von Wahlscheinen. An-
sonsten hat sich der Wahlberechtigte nach § 56 Absatz 3 Satz 2 BWO nur auf Verlangen des Wahlvorstandes
auszuweisen. Der Wahlvorstand verlangt dies insbesondere dann, wenn der Wähler seine Wahlbenachrichti-
gung nicht vorlegt. Ist der Name des Wählers im Wählerverzeichnis aufgeführt, die Wahlberechtigung fest-
gestellt und besteht außerdem kein Anlass zur Zurückweisung des Wählers, gibt der Wahlvorsteher die
Wahlurne frei (§ 56 Absatz 4 Satz 1 BWO). In der Regel ist somit die Vorlage der Wahlbenachrichtigung zur
Feststellung der Identität ausreichend. Diese Art der Kontrolle bietet hinreichend Gewähr dafür, dass die
Identität der Wählerinnen und Wähler überprüft und Manipulationen durch eine mehrfache Teilnahme an der
Wahl verhindert werden. Soweit der Einspruchsführer in der bestehenden Rechtslage einen Verstoß gegen die
in Artikel 38 Absatz 1 GG verankerten Grundsätze der freien und geheimen Wahl zu erkennen meint, ist zu
beachten, dass der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag in ständiger Praxis im Rahmen eines
Wahlprüfungsverfahrens die Verfassungsmäßigkeit von Wahlrechtsvorschriften nicht überprüfen (vgl. zuletzt
etwa Bundestagsdrucksache 16/1800, Anlagen 26 bis 28 mit weiteren Nachweisen; 17/1000, Anlagen 5 und
11; 17/2200, Anlagen 1, 13 bis 15, 17 bis 20, 23 und 24; 17/3100, Anlagen 15, 19, 20, 22 bis 30, 32, 34 bis
36; 17/4600, Anlagen 10, 12, 13, 32, 38, 40 bis 43 mit weiteren Nachweisen; 17/6300, Anlage 19).

c) Auch stimmt es nicht, dass Wahlbeobachter „sitzen bleiben“ mussten oder des Wahllokals verwiesen wor-
den sind. Nähere Belege bringt der Einspruchsführer insoweit nicht bei. Entgegen seiner Darstellung wurde
die Bundestagswahl 2013 von vielen Menschen beobachtet. Verweise kamen nahezu nicht vor. Nur im Be-
zirk Lichtenberg musste jemand nach einem Wortgefecht mit dem Wahlvorstand und nach Einschaltung der
Polizei während der Wahlhandlung aus dem Wahlraum verwiesen werden. Dies war durch § 31 des Bundes-
wahlgesetzes (BWG) gedeckt, wonach der Wahlvorstand Personen, die die Ordnung und Ruhe stören, aus
dem Wahlraum verweisen kann. Rechtmäßigerweise wurde die betreffende Person später auch nicht zur Aus-
zählung der Stimmen zugelassen, da eine erneute Störung zu erwarten war. Bei einer öffentlichen Nachzäh-
lung dieses Wahlbezirks durfte die betreffende Person wieder anwesend sein.

Drucksache 18/1710 – 158 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

3. In Meppen sind – entgegen der Behauptung des Einspruchsführers – nicht etwa die Hälfte der für „Klein-
parteien“ abgegebenen Zweitstimmen grundlos für ungültig erklärt worden. In Wahrheit wurde in einem
Wahlbezirk am Wahlabend zunächst eine zu geringe Zahl der für die AfD abgegebenen gültigen Zweitstim-
men in die Schnellmeldung eingetragen. Dieses Versehen wurde noch rechtzeitig vor Absetzen der Schnell-
meldung korrigiert. Alle Stimmen für die AfD wurden berücksichtigt. Das Versehen blieb damit folgenlos.
Das korrekte Ergebnis des Wahlbezirks ist dann der Stadt Meppen anhand der Schnellmeldung telefonisch
übermittelt und dann auch im vorläufigen sowie endgültigen Wahlergebnis berücksichtigt worden. Die
Stimmenzahl für die AfD spiegelt sich also im Meppener Wahlergebnis korrekt wider.

4. In Oberhausen, im Wahlkreis 117, ist es zwar zu einem ärgerlichen und künftig zu vermeidenden Verstoß
gegen wahlrechtliche Vorgaben gekommen, als Briefwahlunterlagen der Bundestagswahl 2009 an etwa 30
Briefwählerinnen und Briefwähler versandt wurden. Die Ausgabe falscher Stimmzettel widersprach § 30
Absatz 2 Nr. 1 BWG und § 45 Absatz 1 Nr. 1 BWO, wonach die Stimmzettel die in dem betreffenden Wahl-
kreis zugelassenen Kreiswahlvorschläge enthalten müssen. Wenn die falschen Stimmzettel genutzt worden
wären, hätte dies gemäß § 39 Absatz 1 Nr. 1 BWG zur Ungültigkeit der Erst- und Zweitstimme geführt. Es ist
aber unsicher, ob überhaupt falsche Stimmzettel benutzt worden sind. Immerhin wurden in 20 Fällen die
Briefwahlunterlagen ausgetauscht. Ob in den übrigen etwa zehn Fällen Stimmen fälschlicherweise als gültig
gewertet worden sind, kann indessen dahinstehen. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfas-
sungsgerichts, der sich der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag schon früher stets ange-
schlossen haben, können nur solche Wahlfehler die Gültigkeit der Bundestagswahl beeinträchtigen, die auf
die Sitzverteilung von Einfluss sind oder sein können (vgl. nur BVerfGE 89, 243 [254]; Bundestagsdrucksa-
chen 16/900, Anlage 20; 17/1000, Anlagen 10, 15, 19 und 20; 17/2200, Anlagen 5, 12 und 25; 17/2250, An-
lagen 18 und 22; 17/3100, Anlage 21). Im Wahlkreis 117 erreichte der Gewinner des Direktmandats einen
Vorsprung von 18.533 Stimmen gegenüber der zweitplatzierten Bewerberin, so dass die eventuell ungültigen
etwa zehn Erststimmen keinen Einfluss auf das Gesamtergebnis der Erststimmen und die Sitzverteilung im
18. Deutschen Bundestag gehabt hätten oder hätten haben können. Auch das Ergebnis für die Landeslisten
wäre bei einer eventuellen Ungültigkeit von Zweitstimmen nur geringfügig und ohne Einfluss auf die Sitzver-
teilung tangiert worden.

5. Es stellt zwar einen höchst ärgerlichen und künftig zu vermeidenden Wahlfehler dar, dass mehreren Wahl-
berechtigten in den zwei Wahlkreisen 140 und 141 teilweise Briefwahlunterlagen für den benachbarten (Bo-
chumer) Wahlkreis zugesandt wurden. Die Erststimmen derjenigen 602 Briefwähler, die einen – für den je-
weiligen Wahlkreis – falschen Stimmzettel zurückgesandt hatten, waren gemäß § 39 Absatz 1 Satz 2 BWG
ungültig. Im Wahlkreis 140 waren 592 und im Wahlkreis 141 10 Stimmzettel betroffen. Auf das Erststim-
menergebnis in beiden Wahlkreisen und damit die Vergabe des jeweiligen Direktmandats, also die Sitzvertei-
lung im 18. Deutschen Bundestag und damit die Gültigkeit der Bundestagswahl 2013 (s. o.), wirkte sich das
Versehen indessen nicht aus: Im Wahlkreis 140 hatte der Erstplatzierte einen Vorsprung von 12.990 Stimmen
vor dem zweitplatzierten Bewerber; im Wahlkreis 141 erzielte die erstplatzierte Bewerberin einen Vorsprung
von 23.803 Stimmen vor der zweitplatzierten Kandidatin.

6. Unzutreffend ist die Behauptung des Einspruchsführers, die Stadt Würzburg habe zu dünne Wahlbenach-
richtigungskarten verschickt, und die Post habe das zu kleine Format erst verspätet zustellen können. Die
Stadt Würzburg hat den Ablauf der Erstellung und Versendung der Wahlbenachrichtigungen im Detail ge-
schildert. Über Probleme bei der Zustellung, die angesichts der großen Zahl an Benachrichtigungskarten
hätten auffallen müssen, ergibt sich daraus nichts. Von zu dünnen Wahlbenachrichtigungskarten kann daher
keine Rede sein.

7. Es stellt keinen Wahlfehler dar, dass in Duisburg in mehreren Fällen Wahlvorstandsmitglieder, das jewei-
lige Wahllokal, dem sie zugeteilt waren, nach der Auszählung verlassen haben, bevor ein schlüssiges Ergeb-
nis der Auszählung feststand. Bei der Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses sollen gemäß § 6
Absatz 8 Satz 2 BWO alle Mitglieder des Wahlvorstandes – also der Wahlvorsteher, alle Beisitzer und der
Schriftführer (vgl. Frommer/Engelbrecht, Bundeswahlrecht, 2013, § 6 BWO Rn. 9) – anwesend sein, müssen
es aber nicht. Damit der Wahlvorstand bei der Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses beschlussfä-
hig ist, müssen gemäß § 6 Absatz 9 Satz 1 BWO der Wahlvorsteher und der Schriftführer bzw. ihre Stellver-
treter sowie drei Beisitzer anwesend sein. Fehlende Beisitzer sind indessen gemäß § 6 Absatz 9 Satz 2 BWO
durch andere Wahlberechtigte zu ersetzen. Im vorliegenden Fall wurden die fehlenden Wahlvorstandsmit-
glieder durch Gemeindemitarbeiter ersetzt, wodurch die Beschlussfähigkeit gewahrt war. Einfluss auf die
Sitzverteilung im 18. Deutschen Bundestag hatte das frühzeitige Verlassen von Wahlräumen durch einige

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 159 – Drucksache 18/1710

Wahlvorstandsmitglieder ohnehin nicht. Gleichwohl erwarten der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche
Bundestag, dass derartige Probleme bei künftigen Bundestagswahlen nicht mehr auftreten. Der für Duisburg
zuständige Kreiswahlleiter ist aufgefordert, die Wahlvorstandsmitglieder künftig deutlich auf die Dauer ihres
Amtes hinzuweisen.

8. Die Einlassung des Einspruchsführers, ein Politikforscher gehe nach zahlreichen Hinweisen von Bürgern
davon aus, dass etwa zehn Prozent der Stimmen für kleine Parteien nicht gezählt worden seien, ist nicht
nachvollziehbar, davon abgesehen, dass eine Vermutung eines ungenannten Wissenschaftlers noch keinen
Wahlfehler begründen kann. Eben sowenig konkret ist der Hinweis auf den Bericht eines „Zeugen“, wonach
ein Wahlvorstand null Stimmen in die Ergebnisliste habe eintragen lassen, obwohl 65 Stimmen für eine klei-
ne Partei gezählt worden seien. Insoweit fehlen für eine Überprüfung der Name der Gemeinde und der betrof-
fenen Partei. Bezüglich der Zweitstimmenabgabe der – vom Einspruchsführer vermuteten – „ca. 6,5 Millio-
nen Analphabeten“ belässt er es bei dem Hinweis, diese sei ungeklärt – ohne zu sagen, was daraus folgt.
Auch der Verweis auf Behörden aus (dem nicht existierenden Ort) „Eckleben“, die Fehler eingestünden, ist
nicht nachvollziehbar. Auch die Behauptung des Einspruchsführers, generell seien Zweitstimmen teilweise
falsch zugeordnet worden, ist durch nichts belegt. Schließlich ist auch seine Behauptung, in mehreren Bun-
desländern hätten sich Bürger beschwert, keine Briefwahlunterlagen erhalten zu haben, nicht nachvollzieh-
bar. Für alle diese Behauptungen gilt: Der Einspruchsführer hätte nachvollziehbar darlegen müssen, aus wel-
chem Geschehen sich seiner Ansicht nach ein die Gültigkeit der Wahl berührender Wahlfehler ergibt (vgl.
etwa Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlage 5; 17/1000, Anlagen 13 und 19; 17/2250, Anlage 11; BVerf-
GE 40, 11 [30]). Dies hat er unterlassen und stattdessen bloße Vermutungen geäußert. Wahlbeanstandungen,
die über nicht belegte Vermutungen oder die bloße Andeutung der Möglichkeit von Wahlfehlern nicht hin-
ausgehen und einen konkreten, der Überprüfung zugänglichen Tatsachenvortrag nicht enthalten, müssen als
unsubstantiiert zurückgewiesen werden (Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlagen 283 bis 285; 15/1850,
Anlage 25; 15/2400, Anlage 9; 17/1000, Anlagen 13 und 19; BVerfGE 48, 271 [276]; 66, 369 [379]; 85, 148
[159]; 122, 304 [309]; Hahlen, in: Schreiber, Bundeswahlgesetz, 9. Auflage 2013, § 49 Rn. 25).

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 161 – Drucksache 18/1710

Anlage 43

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn M. B., Hongkong (VRC),

– Az.: WP 98/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit einem Schreiben vom 4. Oktober 2013 hat der Einspruchsführer Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl
zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Er rügt mehrere Sachverhalte:

1. Viele Tausend Menschen hätten die rechtzeitig angeforderten Briefwahlunterlagen nicht erhalten und seien
somit ohne Stimme geblieben. Sein Sohn sei ebenfalls betroffen.

2. In vielen Wahlkreisen seien Wahlpannen aufgedeckt worden: In Meppen sei die Hälfte der Zweitstimmen
für die Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) bei der ersten Auszählung nicht berücksichtigt worden. In
einem kleineren Wahlkreis in Frankfurt seien null Stimmen für die AfD gezählt worden, was einem Wähler,
die die AfD gewählt habe, aufgefallen sei. Nach dessen Reklamation sei aufgedeckt worden, dass 32 Stim-
men für die AfD anderen Parteien zugeschrieben worden seien. In Bremerhaven-Wulsdorf seien etwa 400
Wahlbenachrichtigungen verschwunden. In drei Passauer Wahlbezirken habe die AfD nach der ersten Aus-
zählung null Stimmen erhalten; später sei aufgedeckt worden, dass die Stimmen für die AfD der Marxistisch-
Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) zugeschrieben worden seien. Wegen der verspäteten Öffnung
eines Essener Wahllokals hätten einige Wähler ihre Stimme nicht abgegeben. In einem Essener Wahlkreis
seien die Stimmen nicht mit eindeutigem Ergebnis ausgezählt worden. Nach der ersten Zählung habe die
CDU drei Stimmen vor der SPD gelegen; nach der zweiten Zählung habe die SPD 31 Stimmen Vorsprung
gehabt. Ein „Zuständiger“ im Paderborner Einwohnermeldeamt solle am Wahltag nach 22 Uhr während eines
Telefonats Zahlen auf dem „Auswerteformular“ ausgebessert haben. Die Zahl der ungültigen Stimmen sei
von 38 auf 57, die der gültigen Stimmen von 1 139 auf 1 120 und die Gesamtzahl der abgegebenen Stimmen
von 1 237 auf 1 177 geändert worden. Ein für das Wahllokal 232 in Detmold erstellter „Kontrollschein“ wei-
se unter „Auszählung“ 92 Stimmen für die SPD auf; veröffentlicht worden seien aber 241 Stimmen für die
SPD. In Bochum-Langendreer seien bei der ersten Auszählung 71,26 Prozent der abgegebenen Stimmen für
ungültig erklärt worden; die SPD habe bei 16,67 Prozent und die CDU bei einem niedrigen (einstelligen)
Prozentsatz gelegen. Nach einer zweiten Auszählung seien es nur noch 1,89 Prozent ungültige Stimmen ge-
wesen; SPD und CDU hätten 35,8 Prozent bzw. 22,93 Prozent erzielt. Im Saarland und in Hessen habe es
durchschnittlich doppelt so viele ungültige Stimmen wie in der übrigen Bundesrepublik gegeben.

3. Die öffentliche Meinung sei massiv von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ARD und ZDF so-
wie den Meinungsforschungsinstituten zugunsten von CDU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und zulasten der kleineren Parteien, insbesondere der AfD, beeinflusst worden. Dies entspreche nicht dem
Auftrag der öffentlich-rechtlichen Sender. Auch habe die Konrad-Adenauer-Stiftung im Auftrag der CDU
gegen die AfD Stellung bezogen, was nicht zu ihren Aufgaben gehöre. Die Sender und die Meinungsfor-
schungsinstitute sollten sich künftig zwei Wochen vor einer Wahl zurückhalten. Die Bundesregierung müsse
darauf hinarbeiten, dass unbewiesene falsche Unterstellungen von Medien gegenüber Parteien zukünftig un-
terblieben.

Drucksache 18/1710 – 162 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

4. Außerdem benachteilige die Gestaltung der Stimmzettel, auf denen die etablierten Parteien ganz oben
stünden, kleinere Wettbewerber. Ferner seien die Parteien, die auf der zweiten Hälfte des Stimmzettels gelis-
tet waren, dadurch benachteiligt worden, dass viele Wähler diese Parteien gar nicht wahrgenommen hätten.
Um solche Folgen zu vermeiden, solle zumindest die Reihenfolge auf den Stimmzetteln geändert und etwa
durch eine alphabetische Reihung oder das Los zustande kommen. Des Weiteren sei es wohl „Zufall“, dass
bei einem vor einem Wahllokal ausgehängten Musterwahlschein das Wort „Muster“ direkt über den Namen
des AfD-Kandidaten gedruckt worden sei.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Die Stadt Passau hat zu dem Einspruch, soweit ihre Zuständigkeit betroffen ist, am 25. Januar 2014 im We-
sentlichen wie folgt Stellung genommen:

Passau sei für die Bundestagswahl 2013 in 44 allgemeine Stimmbezirke eingeteilt gewesen; es seien 16
Briefwahlbezirke gebildet worden. Die Wahlvorstände der allgemeinen Briefwahlbezirke und die Briefwahl-
vorstände hätten nach Feststellung ihres Ergebnisses die gemäß § 71 Absatz 2 der Bundeswahlordnung
(BWO) aufgeführten Daten als Schnellmeldungen auf einem Vordruck per Telefon an die städtische Annah-
mestelle übermittelt; diese habe sie an die Dateneingabestelle weitergegeben, wo sie in einem Wahlpro-
gramm erfasst worden seien. Nach Zusammenstellung aller Schnellmeldungen seien diese an den Kreiswahl-
leiter weitergeleitet worden. Es sei richtig, dass es bei den Übermittlungen der Schnellmeldungen bei den
Wahllokalen „Volksschule St. Nikola“, „Gasthaus Sailerwöhr“ und „Städtische Musikschule“ bei den Wahl-
vorschlägen Nr. 16 (AfD) und Nr. 15 (MLPD) zu Übermittlungs- bzw. Eingabefehlern dahingehend gekom-
men sei, dass man in der Zeile offensichtlich verrutscht sei und die Zweitstimmen in diesen drei Wahllokalen
irrtümlich ins Eingabefeld bei der MLPD eingetragen worden seien, obwohl sie bei der AfD hätten eingege-
ben werden sollen. Dieser Fehler sei auch bei der Weitergabe der Schnellmeldung an den Kreiswahlleiter
nicht erkannt worden, insbesondere da es sich ja um keine Ergebnisermittlungs- bzw. Auszählfehler, sondern
um Übermittlungs- bzw. Eingabefehler gehandelt habe und sich somit keine Summenabweichungen ergeben
hätten. Da die „Passauer Neue Presse“ in ihrer Montagsausgabe offensichtlich die Schnellmeldungsergebnis-
se veröffentlicht habe, seien diese Fehler auch in dieser Veröffentlichung noch vorhanden gewesen. Nach
Feststellung des Ergebnisses und nach der telefonischen Übermittlung der Schnellmeldung hätten die Wahl-
vorsteher die Wahlniederschriften mit den dazugehörigen Anlagen an die Annahmestelle der Stadt Passau
übergeben. Die Eingabe des endgültigen Wahlergebnisses sei direkt aus der Niederschrift der ermittelten
Ergebnisse in den Wahlbezirken und Briefwahlvorständen erfolgt, aber natürlich zeitlich versetzt zu den tele-
fonischen Übermittlungen der Schnellmeldungen. In diesen Niederschriften sei der Fehler nicht aufgetaucht,
da der Auszählvorgang und die Ergebnisermittlung ordnungsgemäß und richtig gewesen seien. In den Nie-
derschriften seien auch die Zweitstimmen in den drei Wahlbezirken ordnungsgemäß der AfD und nicht – so
wie irrtümlich in der Schnellmeldung geschehen – der MLPD zugeordnet. Die Stadt Passau habe alle Wahl-
niederschriften und deren Anlagen auf Vollständigkeit und Ordnungsmäßigkeit geprüft. Es hätten sich kei-
nerlei Bedenken hinsichtlich einer sachlichen Unrichtigkeit des Auszählvorgangs und der Ermittlung des
Ergebnisses in den drei Wahlbezirken ergeben. Die Wahlunterlagen seien auch vom Kreiswahlleiter geprüft
worden; der Kreiswahlausschuss habe in seiner Sitzung auch keinerlei Bedenken hinsichtlich der drei Wahl-
bezirke in der Ergebnisermittlung angemeldet.

Die Landeswahlleiterin des Saarlandes hat zu dem Vorbringen, soweit es ihren Zuständigkeitsbereich be-
trifft, am 30. Januar 2014 wie folgt Stellung genommen:

Nach dem endgültigen Ergebnis der Bundestagswahl 2013 seien bundesweit 1,5 Prozent der Erststimmen und
1,3 Prozent der Zweitstimmen als ungültig bewertet worden. Im Saarland seien 2,7 der Erststimmen und 2,6
Prozent der Zweitstimmen ungültig gewesen. Da der Einspruchsführer keine konkreten Fehler bei der Bewer-
tung oder Zählung der ungültigen Stimmabgaben, insbesondere bei der Anwendung des § 39 Absätze 1 bis 3
des Bundeswahlgesetzes (BWG) vortrage, sei ihr weder eine Aufklärung des Sachverhaltes noch eine Bewer-
tung möglich. Bei der Durchführung der Bundestagswahl im Saarland seien ihr grundsätzliche Probleme bei
der Bewertung und Zählung der Stimmabgaben nicht bekannt geworden. Die diesbezüglichen Ergebnisse der
repräsentativen Wahlstatistik zur Bundestagswahl 2013 (vgl. Heft 4 des Bundeswahlleiters zur Wahl des 18.
Deutschen Bundestages am 22. September 2013, S. 97 mit Angaben zum Saarland) ließen vermuten, dass es
sich zu einem nicht unerheblichen Teil um bewusst ungültige Stimmabgaben handele.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 163 – Drucksache 18/1710

Der Landeswahlleiter für Bremen hat zu dem Vorbringen, soweit es seinen Zuständigkeitsbereich (Bre-
merhaven-Wulsdorf) betrifft, am 6. Februar 2014 wie folgt Stellung genommen:

Dass einzelne Wahlbenachrichtigungen nicht zugestellt würden, sei leider bei jeder Wahl festzustellen. Dabei
müsse aber berücksichtigt werden, dass sie eine Information und keine zur Wahlrechtsausübung zwingend
notwendige Bescheinigung darstellten. Die am 24. August 2013 in der „Nordsee-Zeitung“ und auf der
Homepage www.wahlen.bremen.de veröffentlichte Bekanntmachung habe die Bürgerinnen und Bürger auf-
gefordert, sich bei ihrer Gemeindebehörde zu melden, sofern sie bis zum 1. September 2013 keine Wahlbe-
nachrichtigung erhalten hätten. In dem angegebenen Fall habe die Gemeindebehörde (Bürger- und Ord-
nungsamt) durch Anrufe von Bürgerinnen und Bürgern des betroffenen Ortsteils erfahren, dass sie die Wahl-
benachrichtigungen nicht erhalten hätten. Das Bürger- und Ordnungsamt habe dadurch und nach Rückspra-
che mit dem Postdienstleister ermitteln können, dass in einem Zustellbezirk (zwei betroffenen Wahlbezirken)
die Zustellung nur mangelhaft gewesen sei. Insgesamt seien 372 Wahlberechtigte betroffen gewesen. Den
Betroffenen sei unverzüglich eine nachgedruckte Wahlbenachrichtigung mit einem erklärenden Anschreiben
zugesandt worden. Sollten wider Erwarten dabei einzelne Wahlberechtigte nicht erfasst gewesen sein, hätten
diese prinzipiell die Möglichkeit gehabt, bei der Gemeindebehörde zu erfragen, ob sie in das Wählerver-
zeichnis aufgenommen seien und wo ihr Wahllokal sei. Zusammenfassend lasse sich feststellen: Die Nicht-
benachrichtigung von 372 Wahlberechtigten sei ein bedauerlicherweise vorkommender Sonderfall im Mas-
sengeschäft der Wahlorganisation gewesen. Die Betroffenen seien umgehend informiert worden. Keine
Wahlberechtigten seien, nur weil sie die Wahlbenachrichtigung nicht erhalten hätten, von der Wahl ausge-
schlossen gewesen. Ihnen habe die Wahl im Wahllokal mit Ausweisdokument oder die formlose Beantragung
der Briefwahl offen gestanden.

Der Landeswahlleiter für Hessen hat zu dem Vorbringen, soweit es die Wahldurchführung in Hessen be-
trifft, am 10. Februar im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Der Magistrat der Stadt Frankfurt am Main habe mitgeteilt, dass im Rahmen der Prüfung der Wahlnieder-
schriften beim Wahlvorschlag der AfD bei den Zweitstimmen durch den Kreiswahlausschuss folgende Kor-
rekturen vorgenommen worden seien:

Wahlkreis 182 (Frankfurt am Main I):

Wahlbezirk 191-03 „Elisabethenschule-Außenstelle, Holzhausenstraße 98“: – 1 Stimme,

Wahlbezirk 552-02 „Gemeindezentrum St. Hedwig“: + 1 Stimme.

Wahlkreis 183 (Frankfurt am Main II):

Wahlbezirk 332-04 „Bürgermeister-Gräf-Haus, Hühnerweg 22-24“: + 1 Stimme,

Wahlbezirk 680-11 „Schule am Ried, Barbarossastraße 65“: + 13 Stimmen.

Die Berichtigungen hätten auf unrichtigen telefonischen Durchsagen des Wahlbezirksergebnisses am Wahl-
abend bzw. auf einer unrichtigen Auszählung des Wahlbezirkes 680-11 beruht. Der Kreiswahlausschuss sei
nach § 76 Absatz 2 Satz 2 BWO befugt, rechnerische Berichtigungen des Wahlergebnisses vorzunehmen und
über die Ungültigkeit abgegebener Stimmen abweichend zu beschließen. Ein mandatsrelevanter Wahlfehler
sei danach nicht ersichtlich und werde vom Einspruchsführer auch nicht geltend gemacht.

Der Vortrag des Einspruchsführers hinsichtlich nicht zugestellter Briefwahlunterlagen sei unsubstantiiert, da
er nur pauschal behaupte, dass Briefwahlunterlagen nicht zugestellt worden seien. Hinsichtlich des Vortrages,
dass auch sein Sohn keine Briefwahlunterlagen bekommen hätte, trage er keine Tatsachen vor, die einer
Überprüfung zugänglich wären. Im Übrigen trage nach ständiger Entscheidungspraxis des Deutschen Bun-
destages in Wahlprüfungsangelegenheiten der Wahlberechtigte, der von der durch den Gesetzgeber einge-
räumten Möglichkeit der Briefwahl Gebrauch mache und seine Wahlunterlagen nicht persönlich bei der Ge-
meinde abhole (vgl. § 28 Absatz 5 BWO), alleine das Risiko, dass die Unterlagen ihn aufgrund des Trans-
ports nicht oder nicht rechtzeitig erreichten. Nach § 28 Absatz 4 Satz 1 BWO würden Wahlschein und Brief-
wahlunterlagen dem Wahlberechtigten an seine Wohnanschrift übersandt oder amtlich überbracht, soweit
sich aus dem Antrag keine andere Anschrift oder die Abholung der Unterlagen ergebe. Danach habe die Ge-
meindebehörde das ihrerseits Erforderliche getan, wenn sie die Unterlagen ordnungsgemäß und rechtzeitig
ausgestellt und auf ihre Kosten versandt habe.

Drucksache 18/1710 – 164 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Auch der Vortrag, dass in Hessen gegenüber anderen Bundesländern doppelt so viele ungültige Stimmen
ermittelt worden seien, begründe keinen Wahlfehler. Zudem sei auch die Zahl der in Hessen ermittelten un-
gültigen Stimmen im Vergleich zu anderen Bundesländern nicht doppelt so hoch. So seien in Hessen 2,8
Prozent ungültige Erststimmen ermittelt worden; im Saarland seien 2,7 Prozent, in Rheinland-Pfalz 2,3 Pro-
zent und in Brandenburg 2,1 Prozent ungültige Stimmen ermittelt worden.

Der Vortrag des Einspruchsführers, dass auf dem Musterstimmzettel eines Wahlraums das Wort „Muster“ in
dunkler Schrift direkt über dem Namen des Bewerbers der AfD gedruckt gewesen sei, sei unsubstantiiert, da
der Einspruchsführer nicht angegeben habe, in welchem Wahlbezirk ein entsprechender Musterstimmzettel
verwendet worden sei. Obwohl der Einspruchsführer angebe, dass er wahlberechtigter Deutscher in der Stadt
Maintal sei, habe er insbesondere nicht dargelegt, dass ein entsprechender Musterstimmzettel in einem Wahl-
bezirk dieser Stadt verwendet worden sei. Im Übrigen lasse der Vortrag des Einspruchsführers unberücksich-
tigt, dass der nach § 48 Absatz 2 BWO im Wahlraum auszuhängende Musterstimmzettel nur eine erste In-
formation der Wahlberechtigten bezwecke, da diese nach § 56 Absatz 1 BWO nach dem Betreten des Wahl-
raums einen amtlichen Stimmzettel erhielten und dieser der Wahlentscheidung diene. Es sei vom Einspruchs-
führer nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich, dass auf dem amtlichen Stimmzettel, der an die Wahlbe-
rechtigten verteilt worden sei, die Chancengleichheit der an der Wahl antretenden Wahlvorschlagsträger be-
einträchtigt gewesen sei.

Die Landeswahlleiterin des Landes Nordrhein-Westfalen hat zu dem Einspruch, soweit er ihren Zustän-
digkeitsbereich betrifft, am 17. Februar 2014 wie folgt Stellung genommen:

Fälle, in denen angeforderte Briefwahlunterlagen nicht eingegangen seien, seien ihr, der Landeswahlleiterin,
nur vereinzelt berichtet worden. Hierzu sei festzuhalten, dass beim Versand großer Briefmengen wie bei der
Bundestagswahl regelmäßig einige Unterlagen nicht den Empfänger erreichten. Dies könne unterschiedliche
Gründe haben, wie z. B. schlechte Ausschilderung der Briefkästen oder menschliches Versagen auf Seiten
der mit dem Versand der Unterlagen beauftragten Firmen. Derartige Fälle seien – bei aller Sorgfalt – nicht
gänzlich auszuschließen. Es obliege aber dem Wähler, bei der Wahlbehörde gegebenenfalls in einem ange-
messenen Zeitabstand nachzufragen, ob die Unterlagen versandt worden seien. Auf diese Weise ließen sich
die meisten Fälle durch Neuausstellung von Wahlunterlagen beheben.

Der Einspruchsführer führe an, dass durch die verspätete Öffnung eines Essener Wahllokals einige Wählerin-
nen und Wähler nicht hätten wählen können. Hierzu sei auszuführen, dass das Wahllokal geöffnet gewesen
sei, jedoch die Wahlurne selbst – worin sich die Wahlunterlagen befunden hätten – verschlossen gewesen sei.
Den Schlüssel zur Wahlurne habe die Wahlvorsteherin gehabt, die etwa 30 Minuten zu spät eingetroffen sei.
Belastbare Erkenntnisse über möglicherweise dadurch nicht „zum Zuge gekommene“ Wählerinnen und Wäh-
ler lägen nicht vor. Es sei selbstverständlich, dass der verspätete Beginn der Wahlhandlung zu vermeiden sei.
Gleichwohl seien derartige Vorkommnisse aufgrund des „menschlichen Faktors“ nicht ausschließbar.

Zu der angesprochenen Nachzählung des Wahlergebnisses im Wahlkreis 120 (Mülheim – Essen I) sei festzu-
halten, dass die Feststellung des Wahlergebnisses im Wahlkreis durch den Kreiswahlausschuss – nach Vorbe-
reitung durch den zuständigen Kreiswahlleiter – erfolgt sei. Aufgrund des überaus knappen Stimmenunter-
schiedes und weiterer Vorkommnisse bei der Durchführung der Wahl in Essen habe der Kreiswahlausschuss
eine vollständige Nachzählung aller abgegebenen Stimmen beschlossen. Dieses Vorgehen stelle eine Aus-
nahme dar und erscheine nachvollziehbar, diene es doch der Sicherstellung eines korrekt ermittelten Wahler-
gebnisses. Gerade dieses Begehren verfolge auch der Einspruchsführer mit seiner Eingabe. Um absichtliche
oder unabsichtliche Fehler bei der Ergebnisfeststellung zu verhindern, seien die dabei einzuhaltenden Abläu-
fe durch Bundeswahlgesetz und Bundeswahlordnung detailliert vorgeschrieben. Dies betreffe auch die Do-
kumentation durch daran beteiligte und besonders verpflichtete Wahlorgane, deren lückenlose Vornahme
durch entsprechende Anlagen zur Bundeswahlordnung gewährleistet werden solle. Abgesehen davon gelte,
dass aufgrund des in der Regel deutlichen Stimmenunterschiedes bei den Wahlkreisbewerberinnen und
Wahlkreisbewerbern kleinere Zählfehler nicht ins Gewicht fielen. Es verstehe sich von selbst, dass Zählfehler
durch wechselseitige Kontrollen der Wahlvorstandsmitglieder bereits im Wahllokal vermieden werden soll-
ten. Auch prüfe der Kreiswahlleiter die vorgelegten Niederschriften auf ihre Richtigkeit hin. Es sei jedoch zu
berücksichtigen, dass an allen Stellen letztlich Menschen den Zählvorgang manuell durchführten, wobei es
gelegentlich zu Fehlern kommen könne. Diese seien jedoch – wie dargestellt – in der Regel wegen der großen
Stimmenunterschiede unproblematisch.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 165 – Drucksache 18/1710

Der Einspruchsführer behaupte, dass ein Mitarbeiter im Einwohnermeldeamt in Paderborn Zahlen auf dem
„Auswerteformular“ ausgebessert habe. In seiner Stellungnahme führe der zuständige Kreiswahlleiter nach
Rücksprache mit der Stadt Paderborn an, dass das fragliche Telefonat – welches des Einspruchsführer, der im
Wahlkreis Maintal wahlberechtigt sei, offenbar nur durch Dritte geschildert bekommen habe – nur bruch-
stückhaft verstanden sowie falsch gedeutet und interpretiert worden sei. Die telefonische Nachfrage eines
Wahlvorstehers beziehe sich offensichtlich auf den Wahlbezirk 52. Dort habe es am Wahlabend bei einem
Wahlvorsteher Unklarheiten über die Anfertigung der Wahlniederschrift gegeben. Grund hierfür sei die Tat-
sache gewesen, dass die zunächst zu übermittelnde Schnellmeldung – im Gegensatz zur Wahlniederschrift –
keine Zwischensummen (ZS I und ZS II) enthalte. Nach erläuternden Hinweisen zum Ausfüllen der Wahl-
niederschrift habe sich der Wahlvorstand in der Lage gesehen, das richtig ermittelte Ergebnis auch sachge-
recht und vollständig in der Wahlniederschrift zu vermerken. Der Kreiswahlleiter Paderborn habe nochmals
bestätigt, dass die vorgelegte Wahlniederschrift korrekt ausgefertigt worden sei und keine Abweichungen von
der Ergebnisfeststellung nach Anlage 30 zur Bundeswahlordnung vorlägen. Zusammengefasst scheine hier
ein Missverständnis vorzuliegen.

Der Einspruchsführer rüge nicht unerhebliche Differenzen zwischen dem vorläufigen und dem endgültigen
Wahlergebnis in Detmold. Hierzu habe der zuständige Kreiswahlleiter für den Wahlbezirk ausgeführt, dass
ins Internet ein nichtamtliches „Kontrollformular“ eines Wahlbeobachters eingestellt worden sei. Dieses
„Kontrollformular“ dokumentiere die Stimmenauszählung in einem Wahllokal der Stadt Detmold im Wahl-
kreis 136 (Höxter – Lippe I). Da aufgrund des veröffentlichten vorläufigen Ergebnisses der Stadt Detmold
Wahlbetrug vorgeworfen worden sei, habe der Kreiswahlleiter die erneute Auszählung des Wahlbezirks am
25. September 2013 veranlasst. Die seitens des Beobachters kritisierten und in dem Wahleinspruch nun auf-
gegriffenen Abweichungen hätten sich dabei nicht bestätigt. Es bleibe unklar, warum der Wahlbeobachter am
Wahlabend derartige Abweichungen habe feststellen können.

Der Einspruchsführer rüge die hohe, später korrigierte Prozentzahl an ungültigen Zweitstimmen in einem
Wahlbezirk in Bochum. Hierzu führe der zuständige Kreiswahlleiter in seiner Stellungnahme aus: Bei der
Stimmenauszählung am Sonntagabend (Wahlabend) habe für den Wahlbezirk 4401 im Wahlkreis 141 bei
mehrfachen Schnellmeldungen kein plausibles Ergebnis festgestellt werden können. Da nicht damit zu rech-
nen gewesen sei, dass in absehbarer Zeit die Differenzen hätten aufgeklärt werden können, sei um 22.15 Uhr
entschieden worden, diesen Bezirk am Montag durch Mitarbeiter des Wahlbüros komplett neu auszuzählen.
Da für die noch am Sonntagabend erforderliche Meldung des vorläufigen Ergebnisses an die Landeswahllei-
tung aber auch für diesen Wahlbezirk ein – zumindest vorläufiges – Wahlergebnis einzutragen gewesen sei,
habe sich die Wahlleitung dazu entschlossen, die bis dahin sicher richtig ausgezählten Stimmen auszuweisen
und die noch nicht geklärten zunächst als ungültige Stimmen einzutragen. Dadurch sei sichergestellt gewe-
sen, dass zunächst ein vorläufiges Ergebnis vorgelegen habe, keine falschen Stimmenzuordnungen zu den
Kandidaten oder Parteien ausgewiesen worden seien und umgehend am Montag auch für den betreffenden
Wahlbezirk die korrekten Zahlen vorgelegen hätten. Die Vorgehensweise des Kreiswahlleiters sei unbefrie-
digend. Dies gelte umso mehr, als dass am Wahlabend keine entsprechende Information der Landeswahllei-
tung erfolgt sei. Hier hätte eine ordnungsgemäße Nachzählung noch in der Wahlnacht erfolgen müssen. Sie,
die Landeswahlleiterin, habe den Kreiswahlleiter gebeten, dafür Sorge zu tragen, dass sich ein solcher Vorfall
nicht wiederhole.

Die Niedersächsische Landeswahlleiterin hat zu demjenigen Einspruchsgegenstand, der ihren Zuständig-
keitsbereich berührt, am 6. März 2014 im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Sie habe den Kreiswahlleiter des Wahlkreises 31 (Mittelems) hierzu um Stellungnahme gebeten. Dieser habe
ihr mitgeteilt, dass bei der Stimmenauszählung des Meppener Wahlbezirks 104 ein Wahlbeobachter der AfD
anwesend gewesen sei, was auch in der Wahlniederschrift vermerkt worden sei. Die Auszählung der Stimm-
zettel sei ohne Probleme verlaufen. Allerdings habe es zunächst einen Fehler bei der Eintragung der Zweit-
stimmen in die sog. Schnellmeldung gegeben. Insgesamt seien 713 gültige Stimmabgaben gezählt worden, in
die Schnellmeldung seien aber nur 697 Stimmen eingetragen worden. Daher sei vor Ort diese Differenz
nochmals überprüft worden, Dabei habe man festgestellt, dass nur 15 anstatt 31 Zweitstimmen für die AfD in
die Schnellmeldung eingetragen worden seien. Hierbei solle es sich gerade nicht um für ungültig erklärte
Zweitstimmen, sondern um ein Übersehen dieses Stimmen gehandelt haben. Dieser Fehler sei umgehend
korrigiert worden. Das korrekte Ergebnis des Wahlbezirks sei dann der Stadt Meppen anhand der Schnell-
meldung telefonisch übermittelt und dann auch im vorläufigen Wahlergebnis berücksichtigt worden. Aus der
Stellungnahme des Kreiswahlleiters werde deutlich, dass bereits der Vortrag des Einspruchsführers vom

Drucksache 18/1710 – 166 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Sachverhalt her nicht zutreffend sei. Es seien gerade keine Stimmen für die AfD in dem genannten Wahlbe-
zirk in Meppen unberücksichtigt geblieben. Es habe auch keinen Zählfehler, sondern nur einen Übertragungs-
fehler gegeben, der rechtzeitig noch vor Absetzen der Schnellmeldung habe korrigiert werden können. Die
Stimmen für die AfD seien daher im Wahlergebnis ordnungsgemäß berücksichtigt worden. Ein Wahlfehler
sei demnach nicht ersichtlich.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vorbringen des Einspruchsführers lässt sich kein die Gül-
tigkeit der Bundestagswahl 2013 berührender Wahlfehler entnehmen.

1. In Bezug auf die angeblich tausendfach verspäteten Wahlunterlagen bleibt der Einspruchsführer im Unge-
fähren. Er nennt keine Namen und keine Adressen oder Städte, in denen es zu verspäteten Zusendungen ge-
kommen sein soll, auch nicht hinsichtlich seines Sohnes. Die Angaben des Einspruchsführers machen es
unmöglich, nachzuvollziehen, wo sich das gerügte Geschehen zugetragen haben soll, und entsprechende
Sachverhaltsaufklärung zu betreiben. Wahlbeanstandungen, die über nicht belegte Vermutungen oder die
bloße Andeutung der Möglichkeit von Wahlfehlern nicht hinausgehen und einen konkreten, der Überprüfung
zugänglichen Tatsachenvortrag nicht enthalten, müssen als unsubstantiiert zurückgewiesen werden (Bundes-
tagsdrucksachen 15/1150, Anlagen 283 bis 285; 15/1850, Anlage 25; 15/2400, Anlage 9; 17/1000, Anlagen
13 und 19; BVerfGE 48, 271 [276]; 66, 369 [379]; 85, 148 [159]; 122, 304 [309]; Hahlen, in: Schreiber,
Bundeswahlgesetz, 9. Auflage 2013, § 49 Rn. 25).

2. Hinsichtlich der gerügten Einzelfälle in verschiedenen Bundesländern liegt ebenfalls kein Wahlfehler vor.

a) In Meppen wurde am Wahlabend zunächst eine zu geringe Zahl der für die AfD abgegebenen gültigen
Zweitstimmen in die Schnellmeldung eingetragen. Dieses Versehen wurde noch rechtzeitig vor Absetzen der
Schnellmeldung korrigiert. Alle Stimmen für die AfD wurden berücksichtigt. Das Versehen blieb damit fol-
genlos. Das korrekte Ergebnis des Wahlbezirks ist dann der Stadt Meppen anhand der Schnellmeldung tele-
fonisch übermittelt und dann auch im vorläufigen sowie endgültigen Wahlergebnis berücksichtigt worden.
Die Stimmenzahl für die AfD spiegelt sich also im Meppener Wahlergebnis korrekt wider.

b) In Frankfurt am Main sind – entgegen dem Vortrag des Einspruchsführers – nicht 32 für die AfD abgege-
bene Stimmen anderen Parteien zugesprochen worden. Die AfD hat letztlich – im Endergebnis – 15 Stimmen
mehr erhalten, als zunächst ausgezählt bzw. an das Wahlbüro übermittelt worden waren. In einem Wahlbe-
zirk war ihr noch eine Stimme abzuziehen. Diese Fehler sind indessen alle vom Kreiswahlausschuss gemäß §
76 Absatz 2 Satz 2 BWO korrigiert worden, so dass das amtliche Endergebnis korrekt ist.

c) Zwar sind in Bremerhaven-Wulsdorf 372 Wahlbenachrichtigungen nicht zugestellt worden. Aber die be-
troffenen Wahlberechtigten erhielten nach Auskunft des Landeswahlleiters für Bremen jeweils eine unver-
züglich nachgedruckte Wahlbenachrichtigung mit einem erklärenden Anschreiben. Selbst wenn dabei wider
Erwarten einzelne Wahlberechtigte nicht erfasst gewesen wären – was reine Spekulation ist –, hätten diese
sich bei der Gemeindebehörde erkundigen können, ob sie im Wählerverzeichnis standen und wo ihr Wahllo-
kal sich befand. Unabhängig davon hätten sie mit einem Ausweisdokument im Wahllokal oder nach formlo-
sem Antrag per Briefwahl wählen können. Das Wahlrecht wurde keinem der Betroffenen genommen.

d) Bei den die Stadt Passau betreffenden Vorgängen handelt es sich lediglich um Übermittlung- bzw. Einga-
befehler bei der Schnellmeldung und nicht um Auszähl- oder Ermittlungsfehler bei der Feststellung des
Wahlergebnisses in den drei Wahlbezirken. Die tatsächlich von der AfD und der MLPD erreichte Stimmen-
zahl wurde korrekt in den Wahlniederschriften erfasst und floss dann in das Endergebnis ein. Dies allein ist
entscheidend. Eine falsche Schnellmeldung, die für das Endergebnis folgenlos bleibt und nur in den Medien
(vorab) wiedergegeben wird, stellt keinen Wahlfehler dar.

e) Die vom Einspruchsführer behaupteten Abweichungen zwischen ausgezählten und veröffentlichten Stim-
men in Detmold hat es – entgegen dem erwähnten (privaten) „Kontrollschein“ – nicht gegeben. Vielmehr
wurden die Stimmen zur Kontrolle sogar erneut ausgezählt, ohne dass sich eine Unrichtigkeit des Ergebnisses
gezeigt hätte.

f) Die Ausführungen des Einspruchsführers zur Stadt Paderborn scheinen auf einem Missverständnis zu be-
ruhen. Einen Wahlfehler belegen sie nicht. Die telefonische Nachfrage eines Wahlvorstehers bezog sich of-
fenbar auf den Paderborner Wahlbezirk 52, in dem es am Wahlabend bei einem Wahlvorsteher Unklarheiten

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 167 – Drucksache 18/1710

über die Anfertigung der Wahlniederschrift gab. Nach erläuternden Hinweisen zum Ausfüllen sah sich der
Wahlvorstand in der Lage, das richtig ermittelte Ergebnis auch sachgerecht und vollständig in der Wahlnie-
derschrift zu vermerken. Die vorgelegte Wahlniederschrift wurde korrekt ausgefertigt. Es lagen keine Abwei-
chungen von der Ergebnisfeststellung nach Anlage 30 zur Bundeswahlordnung vor.

g) In Bezug auf das Saarland und Hessen hat der Einspruchsführer nur den aus seiner Sicht hohen Anteil der
ungültigen Stimmen festgestellt. Er hat nicht dargetan, inwiefern hier ein Wahlfehler vorliegen solle. Konkre-
te, nachvollziehbare Fehler bei der Bewertung oder Zählung der ungültigen Stimmabgaben, insbesondere bei
der Anwendung des § 39 Absätze 1 bis 3 BWG, hat er nicht vorgetragen. Dies macht eine Aufklärung des
Sachverhaltes unmöglich, zumal der Landeswahlleiterin des Saarlandes grundsätzliche Probleme bei der
Bewertung und Zählung der Stimmabgaben nicht bekannt geworden sind. Auch der Landeswahlleiter für
Hessen hat insoweit nichts ermittelt.

h) Soweit der Einspruchsführer auf Auszählungsprobleme in Bochum hinweist, ist festzustellen, dass es im
Wahlbezirk 4401 im Wahlkreis 141 ärgerlicherweise nicht möglich war, am Wahlabend ein korrektes Wahl-
ergebnis zu ermitteln. Die Entscheidung des Kreiswahlleiters, die Auszählung aufgrund der aufgetretenen
Differenzen abzubrechen und am Montag, dem 23. September 2013, eine komplette Neuauszählung vorzu-
nehmen, widersprach § 67 BWO, wonach die Auszählung im Anschluss an die Wahlhandlung ohne Unter-
brechung stattzufinden hat. Die ordnungsgemäße Nachzählung hätte – worauf die Landeswahlleiterin des
Landes Nordrhein-Westfalen zutreffend hinweist – noch in der Wahlnacht erfolgen müssen. Eine Aussetzung
oder Unterbrechung stellt einen schwerwiegenden Wahlverstoß dar (vgl. Hahlen, in: Schreiber, § 37 Rn. 2).
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der sich der Wahlprüfungsausschuss und der
Deutsche Bundestag schon früher stets angeschlossen haben, können aber nur solche Wahlfehler die Gültig-
keit der Bundestagswahl beeinträchtigen, die auf die Sitzverteilung von Einfluss sind oder sein können (vgl.
nur BVerfGE 89, 243 [254]; Bundestagsdrucksachen 16/900, Anlage 20; 17/1000, Anlagen 10, 15, 19 und
20; 17/2200, Anlagen 5, 12 und 25; 17/2250, Anlagen 18 und 22; 17/3100, Anlage 21). Daran fehlt es vorlie-
gend. Der Wahlfehler hat sich auf die Sitzverteilung im 18. Deutschen Bundestag nicht ausgewirkt bzw. hätte
sich darauf nicht auswirken können. Denn die Sitzverteilung geschah aufgrund des amtlichen Endergebnis-
ses. In dieses wiederum sind die aufgrund der Neuauszählung ermittelten (korrekten) Zahlen eingeflossen.

3. Hinsichtlich der angeblichen massiven Beeinflussung der öffentlichen Meinung durch die öffentlich-
rechtlichen Rundfunkanstalten ARD und ZDF sowie die Meinungsforschungsinstitute zugunsten von CDU,
SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und zulasten der kleineren Parteien, insbesondere der AfD, und
angeblicher Stellungnahmen der Konrad-Adenauer-Stiftung gegen die AfD (im „Auftrag“ der CDU) belässt
es der Einspruchsführer bei Andeutungen. Inwieweit es dass von ihm unterstellte Verhalten gegeben hat und
wie sehr es die Wähler beeinflusst hat, bleibt offen. Wahlbeanstandungen, die über nicht belegte Vermutun-
gen nicht hinausreichen und einen konkreten, überprüfbaren Tatsachenvortrag nicht enthalten, sind als
unsubstantiiert zurückzuweisen.

4. Der Vortrag des Einspruchsführers, dass auf dem Musterstimmzettel eines Wahlraums das Wort „Muster“
in dunkler Schrift direkt über dem Namen des Bewerbers der AfD gedruckt gewesen sei, begründet keinen
Wahlfehler, da er nicht überprüfbar ist. Der Einspruchsführer hat nicht angegeben, wo der Musterstimmzettel
verwendet worden sein soll. Er hat insbesondere nicht behauptet, dass das Muster in seiner Heimatstadt
Maintal verwendet wurde. Davon abgesehen, kann die Gestaltung eines Musters keinen Wahlfehler darstel-
len, da der nach § 48 Absatz 2 BWO im Wahlraum auszuhängende Musterstimmzettel nur zur ersten Infor-
mation der Wahlberechtigten dient, entscheidend aber der amtliche Stimmzettel ist – auf dem dann natürlich
keine Kandidatennamen „geschwärzt“ oder „überdruckt“ sein dürfen. Einen Fehler des Stimmzettels hat der
Einspruchsführer ebenfalls nicht vorgetragen.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 169 – Drucksache 18/1710

Anlage 44

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn B. S., 50354 Hürth,

– Az.: WP 99/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit einem Schreiben vom 22. Oktober 2013 hat der Einspruchsführer Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt. Er hat seinen Vortrag durch ein
Schreiben vom 5. November 2013 erweitert.

Der Einspruchsführer rügt mehrere Sachverhalte: Ein für das Wahllokal 232 in Detmold erstellter Kontroll-
schein weise unter „Auszählung“ 92 Stimmen für die SPD auf; veröffentlicht worden seien aber 241 Stim-
men für die SPD. Der Anteil der Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) sei folglich von 6,5 Prozent auf
5,25 Prozent gefallen. In Hamburg seien 100 000 Briefwahlstimmen verschwunden. In einem Meppener
Wahllokal seien 16 Zweitstimmen für die AfD, also etwa die Hälfte, nicht berücksichtigt worden. Im Wahl-
kreis „Hochfranken“ habe es nur 2 914 Wahlberechtigte, aber 2 936 Wähler gegeben. Das Essener Wahlamt
habe trotz eines Dreistimmenvorsprungs für den CDU-Direktkandidaten davon abgesehen, eine Nachzählung
durchzuführen. In Bochum habe es mehrere Pannen gegeben: Briefwahlscheine des Wahlkreises Bochum I
seien an Bürger des Wahlkreises Bochum II verschickt worden. 600 Briefwahlerststimmen hätten nicht als
gültig gezählt werden können. Nachdem die Stadt die Briefwähler zu einer erneuten Wahl aufgerufen habe,
hätten sich 1 100 Bürger gemeldet. 600 Stimmen seien trotzdem ausgeblieben. Im Wahllokal an der Kirch-
schule in Bochum-Langendreer seien bei der ersten Auszählung 71,26 Prozent der abgegebenen Stimmen für
ungültig erklärt worden; die SPD habe bei 16,67 Prozent und die CDU bei einem niedrigen Prozentsatz gele-
gen. Nach einer zweiten Auszählung seien es nur noch 1,89 Prozent ungültige Stimmen gewesen; SPD und
CDU hätten 35,8 Prozent bzw. 22,93 Prozent erzielt. Im Wahllokal „Benthaus-Büchner“ in Waltrop seien für
die AfD abgegebene Stimmen versehentlich den „Republikanern“ zugeordnet worden. Die AfD habe statt
zunächst gezählten 29 tatsächlich 71 Zweitstimmen erzielt. Ein namentlich genannter „Facebook“-Nutzer
habe davon berichtet, dass in seinem Heimatort 65 Personen die AfD gewählt hätten, in der Zeitung sei aber
von null Stimmen für die AfD berichtet worden. Auf dem Universitätscampus in Essen seien 26 Säcke mit
Briefwahlstimmzetteln in einem Aufzug entdeckt worden.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Der stellvertretende Kreiswahlleiter des Wahlkreises 239 (Hof, früher Wahlkreis „Hochfranken“) hat zu
dem Einspruch, soweit er seinen Zuständigkeitsbereich betrifft, am 16. Januar 2014 im Wesentlichen wie
folgt Stellung genommen:

Die Stimmenauszählung zur Bundestagswahl 2013 sei ordnungsgemäß gewesen, und es seien keine Differen-
zen festgestellt worden. Zu einem Missverständnis sei es lediglich wegen der Anwendung einer EDV-
Software für eine Leinwandpräsentation gekommen. Das dabei gezeigte Bild stelle lediglich eine Moment-
aufnahme während der Wahlauszählung dar. Die 52 Wahlbezirke im Stadtgebiet Hof hätten alle Wahlberech-
tigten des Stimmbezirks einschließlich der Wähler mit Sperrvermerk (Briefwähler) gemeldet und die Anzahl
der tatsächlich abgegebenen Stimmen aufgeschlüsselt angegeben. Die sechs eingerichteten Briefwahlbezirke

Drucksache 18/1710 – 170 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

hätten jeweils etwa die gleiche Anzahl von Wahlbriefen, ca. 800 Stimmzettel, zur Auszählung erhalten. Nach
Abschluss der Zählarbeit hätten die Briefwahlbezirke die Gesamtzahl der ausgezählten Stimmzettel gemeldet,
natürlich ohne Angabe der Anzahl von Wahlberechtigten, da es andernfalls zu einer doppelten Zählung der
Wahlberechtigten gekommen wäre. Zum Zeitpunkt der genannten Präsentation hätten erst wenige Stimmbe-
zirke eine Meldung über ihre Ergebnisse abgesetzt; somit seien erst wenige Wahlberechtigte in die Präsenta-
tion „eingeflossen“. Die Briefwahlbezirke hätten sehr schnell ausgezählt; somit hätten viele abgegebene
Stimmen gemeldet werden können (jedoch ohne Angabe von Wahlberechtigten). Diese Umstände hätten nur
vorübergehend zu der missverständlichen Anzeige auf der Leinwand geführt. Die dem Wahlprüfungsaus-
schuss vorliegenden Zahlen habe man bereits kurz nach der Wahl über „Facebook“ erhalten und dahingehend
auch bereits Aufklärungsarbeit geleistet.

In dem beigefügten betreffenden Schreiben an sich erkundigende Bürger heißt es, dass in der Wahlsoftware
nicht alle Wahlberechtigten des Wahlkreises als feste und immer gleiche Größe erfasst würden, sondern
Wahllokal für Wahllokal addiert. Die Wahlberechtigten würden bei der Auszählung allein den Urnenwahllo-
kalen zugeordnet. Zu den Briefwahlbezirken gehörten im Sinne der Statistik überhaupt keine Wahlberechtig-
ten – denn man könne die Wahlberechtigten ja nicht im Wahllokal und Briefwahlbezirk doppelt zählen. Also
habe ein Briefwahlbezirk z. B. 1 000 Wähler, aber in der übermittelten Statistik keinen einzigen Wahlberech-
tigten. So komme es dazu, dass gerade am Anfang der Abstimmung folgender Fall eintrete: Während erst
wenige Urnenwahllokale ausgezählt seien und deshalb wenige Wahlberechtigte in der Auszählung stünden,
seien bereits viele Briefwahlstimmen ausgezählt. Sichtbar würden also erst die Stimmen der Briefwähler,
während die zugehörigen Wahlberechtigten (der „Mensch hinter der Stimme“) erst hinterher – also mit
Übermittlung der Daten aus den Wahllokalen vor Ort (obwohl der Briefwähler dort ja nicht abgestimmt habe)
– sichtbar würden. Am Ende der Auszählung aller Wahllokale gehe die Rechnung auf und stimme damit auch
die Quote der Wahlbeteiligung.

Die Landeswahlleiterin des Landes Nordrhein-Westfalen hat zu dem Einspruch, soweit er ihren Zustän-
digkeitsbereich betrifft, am 18. Februar 2014 wie folgt Stellung genommen:

Der Einspruchsführer rüge nicht unerhebliche Differenzen zwischen dem vorläufigen und dem endgültigen
Wahlergebnis in Detmold. Hierzu habe der zuständige Kreiswahlleiter für den Wahlbezirk ausgeführt, dass
ins Internet ein nichtamtliches „Kontrollformular“ eines Wahlbeobachters eingestellt worden sei. Dieses
„Kontrollformular“ dokumentiere die Stimmenauszählung in einem Wahllokal der Stadt Detmold im Wahl-
kreis 136 (Höxter – Lippe I). Da aufgrund des veröffentlichten vorläufigen Ergebnisses der Stadt Detmold
Wahlbetrug vorgeworfen worden sei, habe der Kreiswahlleiter die erneute Auszählung des Wahlbezirks am
25. September 2013 veranlasst. Die seitens des Beobachters kritisierten und in dem Wahleinspruch nun auf-
gegriffenen Abweichungen hätten sich dabei nicht bestätigt. Es bleibe unklar, warum der Wahlbeobachter am
Wahlabend derartige Abweichungen habe feststellen können.

Der Einspruchsführer behaupte, dass die Nachzählung der Stimmen in Essen durch das dortige Wahlamt
verweigert worden sei. Diese Aussage entspreche nicht den Tatsachen. Die Stimmennachzählung in Essen sei
Gegenstand umfangreicher – auch überörtlicher – Berichterstattung in den Medien gewesen. Allgemein sei
zur Nachzählung in Essen Folgendes anzumerken: Um absichtliche oder unabsichtliche Fehler bei der Ergeb-
nisfeststellung zu verhindern, seien die dabei einzuhaltenden Abläufe durch Bundeswahlgesetz und Bundes-
wahlordnung detailliert vorgeschrieben. Dies betreffe auch die Dokumentation durch daran beteiligte und
besonders verpflichtete Wahlorgane, deren lückenlose Vornahme durch entsprechende Anlagen zur Bundes-
wahlordnung gewährleistet werden solle. Zu der in diesem Zusammenhang angesprochenen Nachzählung des
Wahlergebnisses im Wahlkreis 120 (Mülheim – Essen I) sei festzuhalten, dass die Feststellung des Wahler-
gebnisses im Wahlkreis durch den Kreiswahlausschuss – nach Vorbereitung durch den zuständigen Kreis-
wahlleiter – erfolgt sei. Aufgrund des überaus knappen Stimmenunterschiedes und weiterer Vorkommnisse
bei der Durchführung der Wahl in Essen habe der Kreiswahlausschuss eine vollständige Nachzählung aller
abgegebenen Stimmen beschlossen. Dieses Vorgehen stelle eine Ausnahme dar und erscheine nachvollzieh-
bar, diene es doch der Sicherstellung eines korrekt ermittelten Wahlergebnisses. Abgesehen davon gelte, dass
aufgrund des in der Regel deutlichen Stimmenunterschiedes bei den Wahlkreisbewerberinnen und Wahl-
kreisbewerbern kleinere Zählfehler nicht ins Gewicht fielen. Es verstehe sich von selbst, dass Zählfehler
durch wechselseitige Kontrollen der Wahlvorstandsmitglieder bereits im Wahllokal vermieden werden soll-
ten. Auch prüfe der Kreiswahlleiter die vorgelegten Niederschriften auf ihre Richtigkeit hin. Es sei jedoch zu
berücksichtigen, dass an allen Stellen letztlich Menschen den Zählvorgang manuell durchführten, wobei es

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 171 – Drucksache 18/1710

gelegentlich zu Fehlern kommen könne. Diese seien jedoch – wie dargestellt – in der Regel wegen der großen
Stimmenunterschiede unproblematisch.

In Bochum seien durch menschliches Versagen versehentlich Briefwahlunterlagen für einen benachbarten
Wahlkreis in nicht bekanntem Umfang versandt worden. Betroffen gewesen seien die Wahlkreise 140 (Bo-
chum I) und 141 (Herne – Bochum II). Da die Empfänger der fehlerhaften Unterlagen nicht adressenmäßig
hätten erfasst werden können, habe die Stadt Bochum unmittelbar die Presse informiert. Daraufhin hätten
sich 1 118 Bürgerinnen und Bürger noch vor der Wahl beim Wahlbüro gemeldet. Von diesen hätten 168
einen falschen Stimmzettel erhalten bzw. diesen bereits mit den Briefwahlunterlagen wieder zurückgesandt.
In diesen Fällen seien korrekte Stimmzettel ausgegeben bzw. die Wahlscheine ungültig gemacht und neue
ausgestellt worden. Bei der Auszählung der Briefwahlstimmen seien im Wahlkreis 140 insgesamt 592 falsche
Stimmzettel und im Wahlkreis 141 insgesamt 10 falsche Stimmzettel festgestellt worden. In diesen insgesamt
602 Fällen sei dadurch die Zweitstimme ungültig gewesen. Da im Wahlkreis 140 der Gewinner des Direkt-
mandats einen Stimmenvorsprung von 12 990 Stimmen erzielt habe, hätten diese ungültigen Erststimmen
keinen Einfluss auf das Gesamtergebnis der Erststimmen gehabt. Gleiches gelte für den Wahlkreis 141, wo
die Gewinnerin einen Vorsprung von 22 803 Stimmen erzielt habe.

Der Einspruchsführer rüge die hohe, später korrigierte Prozentzahl an ungültigen Zweitstimmen in einem
Wahlbezirk in Bochum. Hierzu führe der zuständige Kreiswahlleiter in seiner Stellungnahme aus: Bei der
Stimmenauszählung am Sonntagabend (Wahlabend) habe für den Wahlbezirk 4401 im Wahlkreis 141 bei
mehrfachen Schnellmeldungen kein plausibles Ergebnis festgestellt werden können. Da nicht damit zu rech-
nen gewesen sei, dass in absehbarer Zeit die Differenzen hätten aufgeklärt werden können, sei um 22.15 Uhr
entschieden worden, diesen Bezirk am Montag durch Mitarbeiter des Wahlbüros komplett neu auszuzählen.
Da für die noch am Sonntagabend erforderliche Meldung des vorläufigen Ergebnisses an die Landeswahllei-
tung aber auch für diesen Wahlbezirk ein – zumindest vorläufiges – Wahlergebnis einzutragen gewesen sei,
habe sich die Wahlleitung dazu entschlossen, die bis dahin sicher richtig ausgezählten Stimmen auszuweisen
und die noch nicht geklärten zunächst als ungültige Stimmen einzutragen. Dadurch sei sichergestellt gewe-
sen, dass zunächst ein vorläufiges Ergebnis vorgelegen habe, keine falschen Stimmenzuordnungen zu den
Kandidaten oder Parteien ausgewiesen worden seien und umgehend am Montag auch für den betreffenden
Wahlbezirk die korrekten Zahlen vorgelegen hätten. Die Vorgehensweise des Kreiswahlleiters sei unbefrie-
digend. Dies gelte umso mehr, als dass am Wahlabend keine entsprechende Information der Landeswahllei-
tung erfolgt sei. Hier hätte eine ordnungsgemäße Nachzählung noch in der Wahlnacht erfolgen müssen. Sie,
die Landeswahlleiterin, habe den Kreiswahlleiter gebeten, dafür Sorge zu tragen, dass sich ein solcher Vorfall
nicht wiederhole.

Der Einspruchsführer führe an, dass das Zweitstimmenergebnis in Waltrop zum Teil habe korrigiert werden
müssen. Dies sei auch Gegenstand der Berichterstattung der „Waltroper Zeitung“ gewesen. Der erforderli-
chen Korrektur habe das fehlerhafte Ausfüllen der betroffenen Wahlniederschrift durch den Wahlvorstand
zugrunde gelegen. Die Wahlniederschrift nach Anlage 29 zur Bundeswahlordnung (BWO) liste zum einen
die Summe der gültigen Stimmen im Wahlkreis (Erststimmen) und zum anderen die Summe der gültigen
Stimmen für die Landeslisten (Zweitstimmen) auf. Dabei würden verschiedene Zwischensummen in die
Wahlniederschrift eingefügt, die sich aus der Zählung der unterschiedlichen Stimmzettelstapel ergäben. Diese
würden in einem weiteren Schritt zu einer Gesamtsumme aufgerechnet. Irrtümlich sei bei der Dokumentation
der gültigen Zweitstimmen der Partei „Die Republikaner“ ein Teil der Zweitstimmen für die AfD zugeschrie-
ben worden. Dieses Versehen habe aus der vorherigen Eintragung der gültigen Erststimmen resultiert. Für die
Landeslisten unter den laufenden Nummern 1 bis 7 und der laufenden Nummer 15 (= AfD) seien auch Di-
rektkandidaten angetreten. Dementsprechend habe sich der Direktkandidat der AfD in dieser Auflistung be-
reits an achter Stelle (in der achten Zeile) befunden. Er habe 47 Erststimmen erhalten. Für die Dokumentation
der gültigen Zweitstimmen habe sich demgegenüber an achter Stelle korrekterweise die Landesliste der „Re-
publikaner“ befunden. Versehentlich sei hier ein Teil der Zweitstimmenzahl (42) der AfD eingetragen wor-
den – für die insgesamt 71 Zweitstimmen abgegeben worden seien –, der richtigerweise weiter unten bei „F
15“ für deren Landesliste hätte zusätzlich berücksichtigt werden müssen. Demgegenüber hätten „Die Repub-
likaner“ keine Zweitstimmen erhalten. Dieser falsche Eintrag sei bei der Kontrolle der Wahlniederschrift
aufgefallen und entsprechend korrigiert worden. Die entsprechende Presseinformation der Stadt sei durch die
„Waltroper Zeitung“ im Rahmen der Wahlberichterstattung aufgenommen worden.

Am Morgen nach der Wahl seien von der benachrichtigten Polizei in einem Personenaufzug eines Gebäudes
der Universität Duisburg-Essen insgesamt 26 versiegelte und mit Nummern von Essener Wahlbezirken be-

Drucksache 18/1710 – 172 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

schriftete Säcke aufgefunden worden. In den Säcken hätten sich ausgefüllte Stimmzettel der Bundestagswahl
befunden. Die Säcke seien zunächst sichergestellt und später dem Wahlamt der Stadt Essen übergeben wor-
den. In dem Gebäude seien die Briefwahlunterlagen zentral ausgezählt worden. Alle Stimmzettel seien bei
der Auszählung und der Ermittlung des vorläufigen Ergebnisses ordnungsgemäß berücksichtigt worden.
Nach Abschluss der Auszählung seien insgesamt 92 Säcke mit Briefwahlunterlagen mittels Aufzugs nach
unten verbracht und in Fahrzeuge verladen worden. Dabei seien 26 Säcke im Aufzug verblieben. Das Wah-
lamt Essen habe keinerlei Manipulation an den Säcken festgestellt.

Die Niedersächsische Landeswahlleiterin hat zu demjenigen Einspruchsgegenstand, der ihren Zuständig-
keitsbereich berührt, am 6. März 2014 im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Sie habe den Kreiswahlleiter des Wahlkreises 31 (Mittelems) hierzu um Stellungnahme gebeten. Dieser habe
ihr mitgeteilt, dass bei der Stimmenauszählung des Meppener Wahlbezirks 104 ein Wahlbeobachter der AfD
anwesend gewesen sei, was auch in der Wahlniederschrift vermerkt worden sei. Die Auszählung der Stimm-
zettel sei ohne Probleme verlaufen. Allerdings habe es zunächst einen Fehler bei der Eintragung der Zweit-
stimmen in die sog. Schnellmeldung gegeben. Insgesamt seien 713 gültige Stimmabgaben gezählt worden, in
die Schnellmeldung seien aber nur 697 Stimmen eingetragen worden. Daher sei vor Ort diese Differenz
nochmals überprüft worden, Dabei habe man festgestellt, dass nur 15 anstatt 31 Zweitstimmen für die AfD in
die Schnellmeldung eingetragen worden seien. Hierbei solle es sich gerade nicht um für ungültig erklärte
Zweitstimmen, sondern um ein Übersehen dieses Stimmen gehandelt haben. Dieser Fehler sei umgehend
korrigiert worden. Das korrekte Ergebnis des Wahlbezirks sei dann der Stadt Meppen anhand der Schnell-
meldung telefonisch übermittelt und dann auch im vorläufigen Wahlergebnis berücksichtigt worden. Aus der
Stellungnahme des Kreiswahlleiters werde deutlich, dass bereits der Vortrag des Einspruchsführers vom
Sachverhalt her nicht zutreffend sei. Es seien gerade keine Stimmen für die AfD in dem genannten Wahlbe-
zirk in Meppen unberücksichtigt geblieben. Es habe auch keinen Zählfehler, sondern nur einen Übertragungs-
fehler gegeben, der rechtzeitig noch vor Absetzen der Schnellmeldung habe korrigiert werden können. Die
Stimmen für die AfD seien daher im Wahlergebnis ordnungsgemäß berücksichtigt worden. Ein Wahlfehler
sei demnach nicht ersichtlich.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vorbringen des Einspruchsführers lässt sich kein die Gül-
tigkeit der Bundestagswahl 2013 berührender Wahlfehler entnehmen.

1. In Detmold ist es zu keinem Wahlrechtsverstoß gekommen. Vielmehr räumt die erneute Auszählung des
angeblich betroffenen Wahlbezirks den Verdacht aus, der sich allein auf ein im Internet zu findendes Foto
eines „Kontrollformulars“ gründet.

2. Im Fall der angeblich verloren gegangenen Briefwahlstimmen in Hamburg liegt kein rechtswidriges Ver-
halten vor. Das Statistische Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein hat in einer auch im Internet abrufba-
ren Pressemitteilung vom 25. September 2013 (www.statistik-nord.de) erklärt, dass in der am 23. September
2013 veröffentlichten Wahlanalyse zum vorläufigen Ergebnis der Bundestagswahl in Hamburg die Zahl der
Briefwählerinnen und -wähler nicht korrekt ausgewiesen worden sei. Eine Überprüfung habe ergeben, dass
die entsprechende Abfrage der Datenbank für das vorläufige Wahlergebnis versehentlich so programmiert
worden sei, dass nicht alle Briefwahlbezirke einbezogen worden seien. Auf die Zusendung von 301 884
Briefwahlunterlagen hin hätten 268 504 Wählerinnen und Wähler von ihrem Wahlrecht per Brief Gebrauch
gemacht, nicht wie ursprünglich angegeben 198 739 Wahlberechtigte. Die Befürchtung, Briefwahlstimmen
könnten unberücksichtigt geblieben sein, treffe nicht zu. Diese Vermutung sei dadurch entstanden, dass der
Zahl der ausgegebenen Briefwahlunterlagen (Wahlschein, Stimmzettel und Umschläge) von 301 884 eine
Zahl von 198 739 Briefwählern gegenübergestellt worden sei. Zur Erläuterung dieser Differenz hat das Sta-
tistische Amt auf drei Ursachen hingewiesen: Die Überprüfung habe ergeben, dass die Zahl der Briefwähle-
rinnen und -wähler infolge der fehlerhaften Abfrage der Datenbank um rund 70 000 zu niedrig angegeben
worden sei. Sie sei auf 268 504 korrigiert worden. Des Weiteren gehörten zu den 301 884 ausgegebenen
Wahlscheinen auch solche, die die Stimmabgabe in einem anderen Wahllokal als in dem eigenen ermögli-
chen sollten, z. B. in einem barrierefreien Wahllokal. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass erfahrungsge-
mäß rund fünf bis zehn Prozent der ausgegebenen Briefwahlunterlagen nicht rechtzeitig und vollständig zu-
rückliefen. Die Gründe hierfür seien vielfältig und lägen z. B. im zu späten Erhalt, der Nichtnutzung oder der

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 173 – Drucksache 18/1710

zu späten Rücksendung der Briefwahlunterlagen. Darüber hinaus fänden solche Wahlbriefe keinen Eingang
in die Zählung der Briefwähler, die aus formalen Gründen zurückzuweisen seien, z. B. weil der Wahlschein
fehle oder nicht unterschrieben sei. Der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag folgen dieser
schlüssigen Darstellung.

3. In Meppen wurde am Wahlabend zunächst eine zu geringe Zahl der für die AfD abgegebenen gültigen
Zweitstimmen in die Schnellmeldung eingetragen. Dieses Versehen wurde noch rechtzeitig vor Absetzen der
Schnellmeldung korrigiert. Alle Stimmen für die AfD wurden berücksichtigt. Das Versehen blieb damit fol-
genlos. Das korrekte Ergebnis des Wahlbezirks ist dann der Stadt Meppen anhand der Schnellmeldung tele-
fonisch übermittelt und dann auch im vorläufigen sowie endgültigen Wahlergebnis berücksichtigt worden.
Die Stimmenzahl für die AfD spiegelt sich also im Meppener Wahlergebnis korrekt wider.

4. Im Wahlkreis 239 – den der Einspruchsführer irrtümlicherweise nach einer früheren Bezeichnung „Hoch-
franken“ nennt – hat es nicht mehr Wähler als Wahlberechtigte gegeben. In der Wahlsoftware zur Ergebniser-
rechnung werden nicht alle Wahlberechtigten des Wahlkreises als feste und immer gleiche Größe erfasst,
sondern Wahllokal für Wahllokal addiert. Die Wahlberechtigten werden bei der Auszählung allein den Ur-
nenwahllokalen zugeordnet. Die Briefwahlbezirke haben demgegenüber im Sinne des Programms bzw. der
übermittelten Statistik keine Wahlberechtigten, um die Wahlberechtigten nicht im Wahllokal und im Brief-
wahlbezirk – also doppelt – zu zählen. Gerade am Anfang einer Abstimmung kann der Fall eintreten, dass
erst wenige Urnenwahllokale, aber viele Briefwahlstimmen ausgezählt sind. Sichtbar werden also erst die
Stimmen der Briefwähler, während die zugehörigen Wahlberechtigten erst hinterher, mit der Übermittlung
der Daten aus den Wahllokalen vor Ort, sichtbar werden. Am Ende der Auszählung aller Wahllokale stimmt
dann die Zahl der Wahlberechtigten bzw. Wähler überein.

5. Die aus Essen geschilderten Vorgänge erfüllen nicht den Tatbestand eines Wahlfehlers.

a) Die vom Einspruchsführer genannte Neuauszählung der Stimmen in einem Essener Wahlkreis war rechts-
konform. Der Kreiswahlausschuss hat für den Wahlkreis 120, der einen Teil von Essen umfasst, aufgrund des
überaus knappen Stimmenunterschiedes und weiterer Vorkommnisse bei der Durchführung der Wahl aus-
nahmsweise eine vollständige Nachzählung aller abgegebenen Stimmen beschlossen. Dadurch wurde sicher-
gestellt, dass sich alle gültigen Stimmen im Wahlergebnis nunmehr wiederfinden.

b) Der Einspruchsführer weist zwar auf die in einem Fahrstuhl auf dem Universitätscampus in Essen am
Montagmorgen nach der Wahl entdeckten Säcke mit ausgezählten Briefwahlstimmzetteln hin. Auch teilt er
zutreffend mit, dass eine Unregelmäßigkeit vom Wahlamt und der Polizei nicht festgestellt werden konnte.
Einen Fehler bemängelt er aber insoweit nicht. Unabhängig davon, hat ein solcher auch nicht vorgelegen. Die
gefundenen 26 Säcke waren ein Teil der 92 Säcke, in denen die zuvor in dem Gebäude zentral ausgezählten
Briefwahlstimmzettel verpackt wurden. Sie wurden beim Verladen bedauerlicherweise in dem Aufzug ver-
gessen und nach ihrem Auffinden dem Wahlamt der Stadt Essen übergeben. Das Vorkommnis mag zwar
zunächst verwundern, hatte auf das Wahlergebnis aber keinen Einfluss. Denn alle Stimmzettel wurden bei der
Auszählung und der Ermittlung des vorläufigen Ergebnisses ordnungsgemäß berücksichtigt, und zwar vor
dem Auffinden der Säcke im Aufzug.

6. Auch die aus Bochum geschilderten Vorgänge führen nicht zur Ungültigkeit der Bundestagswahl 2013.

a) Zwar stellt es einen höchst ärgerlichen und künftig zu vermeidenden Wahlfehler dar, dass mehreren Wahl-
berechtigten in den zwei Wahlkreisen 140 und 141 teilweise Briefwahlunterlagen für den benachbarten (Bo-
chumer) Wahlkreis zugesandt wurden. Die Erststimmen derjenigen 602 Briefwähler, die einen – für den je-
weiligen Wahlkreis – falschen Stimmzettel zurückgesandt hatten, waren gemäß § 39 Absatz 1 Satz 2 BWG
ungültig. Im Wahlkreis 140 waren 592 und im Wahlkreis 141 10 Stimmzettel betroffen. Nach ständiger
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der sich der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bun-
destag schon früher stets angeschlossen haben, können aber nur solche Wahlfehler die Gültigkeit der Bundes-
tagswahl beeinträchtigen, die auf die Sitzverteilung von Einfluss sind oder sein können (vgl. nur BVerfGE
89, 243 [254]; Bundestagsdrucksachen 16/900, Anlage 20; 17/1000, Anlagen 10, 15, 19 und 20; 17/2200,
Anlagen 5, 12 und 25; 17/2250, Anlagen 18 und 22; 17/3100, Anlage 21). Eine derartige, die Sitzverteilung
im 18. Deutschen Bundestag berührende, Auswirkung auf das Erststimmenergebnis in beiden Wahlkreisen
und damit die Vergabe des jeweiligen Direktmandats hatte das Versehen nicht: Im Wahlkreis 140 hatte er
Erstplatzierte einen Vorsprung von 12.990 Stimmen vor dem zweitplatzierten Bewerber; im Wahlkreis 141

Drucksache 18/1710 – 174 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

erzielte die erstplatzierte Bewerberin einen Vorsprung von 23.803 Stimmen vor der zweitplatzierten Kandi-
datin.

b) Soweit der Einspruchsführer auf Auszählungsprobleme in Bochum hinweist, ist festzustellen, dass es im
Wahlbezirk 4401 im Wahlkreis 141 ärgerlicherweise nicht möglich war, am Wahlabend ein korrektes Wahl-
ergebnis zu ermitteln. Die Entscheidung des Kreiswahlleiters, die Auszählung aufgrund der aufgetretenen
Differenzen abzubrechen und am Montag, dem 23. September 2013, eine komplette Neuauszählung vorzu-
nehmen, widersprach § 67 BWO, wonach die Auszählung im Anschluss an die Wahlhandlung ohne Unter-
brechung stattzufinden hat. Die ordnungsgemäße Nachzählung hätte – worauf die Landeswahlleiterin des
Landes Nordrhein-Westfalen zutreffend hinweist – noch in der Wahlnacht erfolgen müssen. Eine Aussetzung
oder Unterbrechung stellt einen schwerwiegenden Wahlverstoß dar (vgl. Hahlen, in: Schreiber, § 37 Rn. 2).
Nach der oben beschriebenen ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der sich der Wahl-
prüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag schon früher stets angeschlossen haben, können aber nur
solche Wahlfehler die Gültigkeit der Bundestagswahl beeinträchtigen, die auf die Sitzverteilung von Einfluss
sind oder sein können. Daran fehlt es vorliegend. Der Wahlfehler hat sich auf die Sitzverteilung im 18. Deut-
schen Bundestag nicht ausgewirkt bzw. hätte sich darauf nicht auswirken können. Denn die Sitzverteilung
geschah aufgrund des amtlichen Endergebnisses. In dieses wiederum sind die aufgrund der Neuauszählung
ermittelten (korrekten) Zahlen eingeflossen.

7. Es trifft zu, dass in die Wahlniederschrift für „Die Republikaner“ und die AfD zuerst versehentlich ein
falsches Zweitstimmenergebnis eingetragen wurde. „Die Republikaner“ erhielten eigentlich keine Zweit-
stimmen; fälschlicherweise waren nach der Wahlniederschrift aber 42 Zweitstimmen für sie abgegeben wor-
den. Die AfD erhielt in Wahrheit 71 Zweitstimmen statt der zunächst in die Wahlniederschrift eingetragenen
29 Zweitstimmen. Ein Wahlfehler lag in der falsch ausgefüllten Wahlniederschrift jedoch nicht, da das Ver-
sehen noch berichtigt wurde und die korrekten Zahlen in das Wahlergebnis einflossen.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 175 – Drucksache 18/1710

Anlage 45

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

1. der Frau M. L., 36358 Herbstein,
2. des Herrn G. L., ebenda,

– Az.: WP 101/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Die Einspruchsführer haben mit Schreiben vom 29. Oktober 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl
zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Sie tragen vor, viele Tausend Menschen hätten die angeforderten Briefwahlunterlagen nicht erhalten und
seien somit ohne Stimme geblieben. Ferner fänden sich in den sozialen Netzwerken genug Beweise, dass es
in einigen Wahlkreisen zu kleineren, teilweise sogar größeren Pannen bei der Stimmauszählung gekommen
sei. Beispielsweise sei ein Meppener Wahllokal stichprobenartig untersucht worden. Diese Prüfung habe
ergeben, dass die Hälfte der Zweitstimmen für die Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) nicht berück-
sichtigt worden sei.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages der Einspruchsführer wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 30. Oktober 2013 wurden die Einspruchsführer gebeten, mitzuteilen, durch welche kon-
kreten Umstände sie die Wahlrechtsvorschriften verletzt sähen und insbesondere zu schildern, wo Briefwahl-
unterlagen verschwunden und „Wahlpannen“ passiert seien. Die Einspruchsführer haben darauf nicht rea-
giert.

Die Niedersächsische Landeswahlleiterin hat zu demjenigen Einspruchsgegenstand, der ihren Zuständig-
keitsbereich berührt, am 6. März 2014 im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Sie habe den Kreiswahlleiter des Wahlkreises 31 (Mittelems) hierzu um Stellungnahme gebeten. Dieser habe
ihr mitgeteilt, dass bei der Stimmenauszählung des Meppener Wahlbezirks 104 ein Wahlbeobachter der AfD
anwesend gewesen sei, was auch in der Wahlniederschrift vermerkt worden sei. Die Auszählung der Stimm-
zettel sei ohne Probleme verlaufen. Allerdings habe es zunächst einen Fehler bei der Eintragung der Zweit-
stimmen in die sog. Schnellmeldung gegeben. Insgesamt seien 713 gültige Stimmabgaben gezählt worden, in
die Schnellmeldung seien aber nur 697 Stimmen eingetragen worden. Daher sei vor Ort diese Differenz
nochmals überprüft worden, Dabei habe man festgestellt, dass nur 15 anstatt 31 Zweitstimmen für die AfD in
die Schnellmeldung eingetragen worden seien. Hierbei solle es sich gerade nicht um für ungültig erklärte
Zweitstimmen, sondern um ein Übersehen dieses Stimmen gehandelt haben. Dieser Fehler sei umgehend
korrigiert worden. Das korrekte Ergebnis des Wahlbezirks sei dann der Stadt Meppen anhand der Schnell-
meldung telefonisch übermittelt und dann auch im vorläufigen Wahlergebnis berücksichtigt worden. Aus der
Stellungnahme des Kreiswahlleiters werde deutlich, dass bereits der Vortrag des Einspruchsführers vom
Sachverhalt her nicht zutreffend sei. Es seien gerade keine Stimmen für die AfD in dem genannten Wahlbe-
zirk in Meppen unberücksichtigt geblieben. Es habe auch keinen Zählfehler, sondern nur einen Übertragungs-
fehler gegeben, der rechtzeitig noch vor Absetzen der Schnellmeldung habe korrigiert werden können. Die
Stimmen für die AfD seien daher im Wahlergebnis ordnungsgemäß berücksichtigt worden. Ein Wahlfehler
sei demnach nicht ersichtlich.

Drucksache 18/1710 – 176 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Die Einspruchsführer haben sich zu der ihnen übersandten Stellungnahme nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vortrag der Einspruchsführer lässt sich kein Verstoß ge-
gen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

1. In Bezug auf die angeblich in Tausenden von Fällen nicht erhaltenen Briefwahlunterlagen bleiben die Ein-
spruchsführer im Ungefähren. Sie nennen keine Namen und keine Adressen oder Städte, in denen eine Zu-
sendung unterblieben sein soll. Die Angaben der Einspruchsführer machen es unmöglich, nachzuvollziehen,
wo sich das gerügte Geschehen zugetragen haben soll, und entsprechende Sachverhaltsaufklärung zu betrei-
ben. Auch hinsichtlich angeblicher Pannen bei der Stimmauszählung belassen es die Einspruchsführer bei
einem pauschalen Verweis auf soziale Netzwerke, ohne aber ins Detail zu gehen. Wahlbeanstandungen, die
über nicht belegte Vermutungen oder die bloße Andeutung der Möglichkeit von Wahlfehlern nicht hinausge-
hen und einen konkreten, der Überprüfung zugänglichen Tatsachenvortrag nicht enthalten, müssen als
unsubstantiiert zurückgewiesen werden (Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlagen 283 bis 285; 15/1850,
Anlage 25; 15/2400, Anlage 9; 17/1000, Anlagen 13 und 19; BVerfGE 48, 271 [276]; 66, 369 [379]; 85, 148
[159]; 122, 304 [309]; Hahlen, in: Schreiber, § 49 Rn. 25).

2. In der Stadt Meppen wurde lediglich am Wahlabend zunächst eine zu geringe Zahl der für die AfD abge-
gebenen gültigen Zweitstimmen in die Schnellmeldung eingetragen. Dieses Versehen wurde noch rechtzeitig
vor Absetzen der Schnellmeldung korrigiert. Alle Stimmen für die AfD wurden berücksichtigt. Das Versehen
blieb damit folgenlos. Das korrekte Ergebnis des Wahlbezirks ist dann der Stadt Meppen anhand der
Schnellmeldung telefonisch übermittelt und dann auch im vorläufigen sowie endgültigen Wahlergebnis be-
rücksichtigt worden. Die Stimmenzahl für die AfD spiegelt sich also im Meppener Wahlergebnis korrekt
wider.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 177 – Drucksache 18/1710

Anlage 46

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

der Frau J. E., 12051 Berlin,

– Az.: WP 103/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Die Einspruchsführerin hat mit einem am 31. Oktober 2013 beim Deutschen Bundestag eingegangenen unda-
tierten Schreiben Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September
2013 eingelegt.

Sie trägt vor, viele Tausend Menschen hätten die angeforderten Briefwahlunterlagen nicht erhalten und seien
somit ohne Stimme geblieben. Ferner fänden sich in den sozialen Netzwerken genug Beweise, dass es in
einigen Wahlkreisen zu kleineren, teilweise sogar größeren Pannen bei der Stimmauszählung gekommen sei.
Beispielsweise sei ein Meppener Wahllokal stichprobenartig untersucht worden. Diese Prüfung habe ergeben,
dass die Hälfte der Zweitstimmen für die Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) nicht berücksichtigt
worden sei.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages der Einspruchsführerin wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Mit Schreiben vom 6. November 2013 wurde die Einspruchsführerin gebeten, mitzuteilen, durch welche
konkreten Umstände sie die Wahlrechtsvorschriften verletzt sehe und insbesondere zu schildern, wo Brief-
wahlunterlagen verschwunden und „Wahlpannen“ passiert seien. Sie hat darauf nicht reagiert.

Die Niedersächsische Landeswahlleiterin hat zu demjenigen Einspruchsgegenstand, der ihren Zuständig-
keitsbereich berührt, am 6. März 2014 im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Sie habe den Kreiswahlleiter des Wahlkreises 31 (Mittelems) hierzu um Stellungnahme gebeten. Dieser habe
ihr mitgeteilt, dass bei der Stimmenauszählung des Meppener Wahlbezirks 104 ein Wahlbeobachter der AfD
anwesend gewesen sei, was auch in der Wahlniederschrift vermerkt worden sei. Die Auszählung der Stimm-
zettel sei ohne Probleme verlaufen. Allerdings habe es zunächst einen Fehler bei der Eintragung der Zweit-
stimmen in die sog. Schnellmeldung gegeben. Insgesamt seien 713 gültige Stimmabgaben gezählt worden, in
die Schnellmeldung seien aber nur 697 Stimmen eingetragen worden. Daher sei vor Ort diese Differenz
nochmals überprüft worden, Dabei habe man festgestellt, dass nur 15 anstatt 31 Zweitstimmen für die AfD in
die Schnellmeldung eingetragen worden seien. Hierbei solle es sich gerade nicht um für ungültig erklärte
Zweitstimmen, sondern um ein Übersehen dieses Stimmen gehandelt haben. Dieser Fehler sei umgehend
korrigiert worden. Das korrekte Ergebnis des Wahlbezirks sei dann der Stadt Meppen anhand der Schnell-
meldung telefonisch übermittelt und dann auch im vorläufigen Wahlergebnis berücksichtigt worden. Aus der
Stellungnahme des Kreiswahlleiters werde deutlich, dass bereits der Vortrag des Einspruchsführers vom
Sachverhalt her nicht zutreffend sei. Es seien gerade keine Stimmen für die AfD in dem genannten Wahlbe-
zirk in Meppen unberücksichtigt geblieben. Es habe auch keinen Zählfehler, sondern nur einen Übertragungs-
fehler gegeben, der rechtzeitig noch vor Absetzen der Schnellmeldung habe korrigiert werden können. Die
Stimmen für die AfD seien daher im Wahlergebnis ordnungsgemäß berücksichtigt worden. Ein Wahlfehler
sei demnach nicht ersichtlich.

Drucksache 18/1710 – 178 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Die Einspruchsführerin hat sich zu der ihr übersandten Stellungnahme nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vortrag der Einspruchsführerin lässt sich kein Verstoß
gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

1. In Bezug auf die angeblich in Tausenden von Fällen nicht erhaltenen Briefwahlunterlagen bleibt die Ein-
spruchsführerin im Ungefähren. Sie nennt keine Namen und keine Adressen oder Städte, in denen eine Zu-
sendung unterblieben sein soll. Die Angaben der Einspruchsführerin machen es unmöglich, nachzuvollzie-
hen, wo sich das gerügte Geschehen zugetragen haben soll, und entsprechende Sachverhaltsaufklärung zu
betreiben. Auch hinsichtlich angeblicher Pannen bei der Stimmauszählung belässt es die Einspruchsführerin
bei einem pauschalen Verweis auf soziale Netzwerke, ohne aber ins Detail zu gehen. Wahlbeanstandungen,
die über nicht belegte Vermutungen oder die bloße Andeutung der Möglichkeit von Wahlfehlern nicht hin-
ausgehen und einen konkreten, der Überprüfung zugänglichen Tatsachenvortrag nicht enthalten, müssen als
unsubstantiiert zurückgewiesen werden (Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlagen 283 bis 285; 15/1850,
Anlage 25; 15/2400, Anlage 9; 17/1000, Anlagen 13 und 19; BVerfGE 48, 271 [276]; 66, 369 [379]; 85, 148
[159]; 122, 304 [309]; Hahlen, in: Schreiber, § 49 Rn. 25).

2. In der Stadt Meppen wurde lediglich am Wahlabend zunächst eine zu geringe Zahl der für die AfD abge-
gebenen gültigen Zweitstimmen in die Schnellmeldung eingetragen. Dieses Versehen wurde noch rechtzeitig
vor Absetzen der Schnellmeldung korrigiert. Alle Stimmen für die AfD wurden berücksichtigt. Das Versehen
blieb damit folgenlos. Das korrekte Ergebnis des Wahlbezirks ist dann der Stadt Meppen anhand der
Schnellmeldung telefonisch übermittelt und dann auch im vorläufigen sowie endgültigen Wahlergebnis be-
rücksichtigt worden. Die Stimmenzahl für die AfD spiegelt sich also im Meppener Wahlergebnis korrekt
wider.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 179 – Drucksache 18/1710

Anlage 47

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn D. D., 16928 Pritzwalk,

– Az.: WP 105/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Fax vom 1. November 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl
zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Der Einspruchsführer rügt mehrere Sachverhalte:

1. Der Personalausweis oder Reisepass sei kein Nachweis dafür, dass man wahlberechtigt sei, da das „Reichs-
und Staatsangehörigkeitsrecht“ keine Einbürgerung durch bloße Aushändigung eines deutschen Personal-
ausweises oder Reisepasses kenne. Von ihm sei vor der Stimmabgabe das Vorzeigen eines Ausweisdoku-
ments nicht verlangt worden.

2. Die Listenwahl sei grundgesetzwidrig, da die Abgeordneten nicht – wie es Artikel 38 Absatz 1 des Grund-
gesetzes (GG) vorschreibe – unmittelbar gewählt würden, sondern vielmehr die Parteien als Mittler aufträten,
die ihre eigenen Kandidaten bestimmten.

3. Es sei zu „Wahlpannen“ gekommen: In Meppen seien 16 Zweitstimmen für die Partei „Alternative für
Deutschland“ (AfD) nicht berücksichtigt worden, wie freiwillige Wahlbeobachter herausgefunden hätten. In
Detmold seien für die SPD statt der 92 ausgezählten Stimmen 241 Stimmen „veröffentlicht“ worden. In
Hamburg hätten 100 000 Briefwahlstimmen gefehlt. In Bochum seien Briefwahlscheine des Wahlkreises
Bochum I an Wähler des Wahlkreises Bochum II verschickt worden. 600 Wahlberechtigte habe die Stadt
Bochum aber nicht erreichen können.

4. Der Einspruchsführer vermutet Manipulation zulasten der AfD, die er durch Umfrageergebnisse und ver-
meintliche Merkwürdigkeiten bei den Zwischenergebnissen in Gemeinden als nachgewiesen ansieht.

5. Koalitionen seien nicht gewählt worden. Koalitionsverhandlungen und Sondierungsgespräche bedeuteten
Wahlbetrug.

6. Deutschland sei im Jahr 1990 nicht im Sinne von Artikel 23 GG (alte Fassung) vereinigt worden, und nicht
alle Deutschen innerhalb der „Grenzen des Deutschen Reiches vom 31. Dezember 1937“ seien wahlberech-
tigt und wählbar gewesen. Die Bundesrepublik Deutschland existiere seit dem Jahr 1990 nicht mehr, sondern
allenfalls eine „Regierung des vereinten Deutschland“. Der Einspruchsführer zitiert ferner eine E-Mail, in der
die Verfassungswidrigkeit des Bundeswahlgesetzes behauptet wird. Es gebe bis heute kein gültiges Wahlge-
setz.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Die Landeswahlleiterin des Landes Nordrhein-Westfalen hat zu dem Vorbringen, soweit es ihren Zustän-
digkeitsbereich betrifft, am 17. Februar 2014 wie folgt Stellung genommen:

Drucksache 18/1710 – 180 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Der Einspruchsführer rüge nicht unerhebliche Differenzen zwischen dem vorläufigen und dem endgültigen
Wahlergebnis. Hierzu habe der zuständige Kreiswahlleiter für den Wahlbezirk ausgeführt, dass ins Internet
ein nichtamtliches „Kontrollformular“ eines Wahlbeobachters eingestellt worden sei. Dieses „Kontrollformu-
lar“ dokumentiere die Stimmenauszählung in einem Wahllokal der Stadt Detmold im Wahlkreis 136 (Höxter
– Lippe I). Da aufgrund des veröffentlichten vorläufigen Ergebnisses der Stadt Detmold Wahlbetrug vorge-
worfen worden sei, habe der Kreiswahlleiter die erneute Auszählung des Wahlbezirks am 25. September
2013 veranlasst. Die seitens des Beobachters kritisierten und in dem Wahleinspruch nun aufgegriffenen Ab-
weichungen hätten sich dabei nicht bestätigt. Es bleibe unklar, warum der Wahlbeobachter am Wahlabend
derartige Abweichungen habe feststellen können.

In Bochum seien durch menschliches Versagen versehentlich Briefwahlunterlagen für einen benachbarten
Wahlkreis in nicht bekanntem Umfang versandt worden. Betroffen gewesen seien die Wahlkreise 140 (Bo-
chum I) und 141 (Herne – Bochum II). Da die Empfänger der fehlerhaften Unterlagen nicht adressenmäßig
hätten erfasst werden können, habe die Stadt Bochum unmittelbar die Presse informiert. Daraufhin hätten
sich 1 118 Bürgerinnen und Bürger noch vor der Wahl beim Wahlbüro gemeldet. Von diesen hätten 168
einen falschen Stimmzettel erhalten bzw. diesen bereits mit den Briefwahlunterlagen wieder zurückgesandt.
In diesen Fällen seien korrekte Stimmzettel ausgegeben bzw. die Wahlscheine ungültig gemacht und neue
ausgestellt worden. Bei der Auszählung der Briefwahlstimmen seien im Wahlkreis 140 insgesamt 592 falsche
Stimmzettel und im Wahlkreis 141 insgesamt 10 falsche Stimmzettel festgestellt worden. In diesen insgesamt
602 Fällen sei dadurch die Zweitstimme ungültig gewesen. Da im Wahlkreis 140 der Gewinner des Direkt-
mandats einen Stimmenvorsprung von 12.990 Stimmen erzielt habe, hätten diese ungültigen Erststimmen
keinen Einfluss auf das Gesamtergebnis der Erststimmen gehabt. Gleiches gelte für den Wahlkreis 141, wo
die Gewinnerin einen Vorsprung von 22.803 Stimmen erzielt habe.

Der Einspruchsführer rüge die hohe, später korrigierte Prozentzahl an ungültigen Zweitstimmen in einem
Detmolder Wahlbezirk. Hierzu führe der zuständige Kreiswahlleiter in seiner Stellungnahme aus: Bei der
Stimmenauszählung am Sonntagabend (Wahlabend) habe für den Wahlbezirk 4401 im Wahlkreis 141 bei
mehrfachen Schnellmeldungen kein plausibles Ergebnis festgestellt werden. Da nicht damit zu rechnen ge-
wesen sei, dass in absehbarer Zeit die Differenzen hätten aufgeklärt werden können, sei um 22:15 Uhr ent-
schieden worden, diesen Bezirk am Montag durch Mitarbeiter des Wahlbüros komplett neu auszuzählen. Da
für die noch am Sonntagabend erforderliche Meldung des vorläufigen Ergebnisses an die Landeswahlleitung
aber auch für diesen Wahlbezirk ein – zumindest vorläufiges – Wahlergebnis einzutragen gewesen sei, habe
sich die Wahlleitung dazu entschlossen, die bis dahin sicher richtig ausgezählten Stimmen auszuweisen und
die noch nicht geklärten zunächst als ungültige Stimmen einzutragen. Dadurch sei sichergestellt gewesen,
dass zunächst ein vorläufiges Ergebnis vorgelegen habe, keine falschen Stimmenzuordnungen zu den Kandi-
daten oder Parteien ausgewiesen worden seien und umgehend am Montag auch für den betreffenden Wahlbe-
zirk die korrekten Zahlen vorgelegen hätten. Die Vorgehensweise des Kreiswahlleiters sei unbefriedigend.
Dies gelte umso mehr, als dass am Wahlabend keine entsprechende Information der Landeswahlleitung er-
folgte. Hier hätte eine ordnungsgemäße Nachzählung noch in der Wahlnacht erfolgen müssen. Sie, die Lan-
deswahlleiterin, habe den Kreiswahlleiter gebeten, dafür Sorge zu tragen, dass sich ein solcher Vorfall nicht
wiederhole.

Fälle, in denen angeforderte Briefwahlunterlagen nicht eingegangen seien, seien ihr, der Landeswahlleiterin,
nur vereinzelt berichtet worden. Hierzu sei festzuhalten, dass beim Versand großer Briefmengen wie bei der
Bundestagswahl regelmäßig einige Unterlagen nicht den Empfänger erreichten. Dies könne unterschiedliche
Gründe haben, wie z. B. schlechte Ausschilderung der Briefkästen oder menschliches Versagen auf Seiten
der mit dem Versand der Unterlagen beauftragten Firmen. Derartige Fälle seien – bei aller Sorgfalt – nicht
gänzlich auszuschließen. Es obliege aber dem Wähler, bei der Wahlbehörde gegebenenfalls in einem ange-
messenen Zeitabstand nachzufragen, ob die Unterlagen versandt worden seien. Auf diese Weise ließen sich
die meisten Fälle durch Neuausstellung von Wahlunterlagen beheben.

Zu den weiteren Ausführungen des Einspruchsführers im Eingang und am Schluss seines Schreibens werde
eine Stellungnahme für entbehrlich gehalten.

Die Niedersächsische Landeswahlleiterin hat zu demjenigen Einspruchsgegenstand, der ihren Zuständig-
keitsbereich berührt, am 6. März 2014 im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Sie habe den Kreiswahlleiter des Wahlkreises 31 (Mittelems) hierzu um Stellungnahme gebeten. Dieser habe
ihr mitgeteilt, dass bei der Stimmenauszählung des Meppener Wahlbezirks 104 ein Wahlbeobachter der AfD

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 181 – Drucksache 18/1710

anwesend gewesen sei, was auch in der Wahlniederschrift vermerkt worden sei. Die Auszählung der Stimm-
zettel sei ohne Probleme verlaufen. Allerdings habe es zunächst einen Fehler bei der Eintragung der Zweit-
stimmen in die sog. Schnellmeldung gegeben. Insgesamt seien 713 gültige Stimmabgaben gezählt worden, in
die Schnellmeldung seien aber nur 697 Stimmen eingetragen worden. Daher sei vor Ort diese Differenz
nochmals überprüft worden, Dabei habe man festgestellt, dass nur 15 anstatt 31 Zweitstimmen für die AfD in
die Schnellmeldung eingetragen worden seien. Hierbei solle es sich gerade nicht um für ungültig erklärte
Zweitstimmen, sondern um ein Übersehen dieses Stimmen gehandelt haben. Dieser Fehler sei umgehend
korrigiert worden. Das korrekte Ergebnis des Wahlbezirks sei dann der Stadt Meppen anhand der Schnell-
meldung telefonisch übermittelt und dann auch im vorläufigen Wahlergebnis berücksichtigt worden. Aus der
Stellungnahme des Kreiswahlleiters werde deutlich, dass bereits der Vortrag des Einspruchsführers vom
Sachverhalt her nicht zutreffend sei. Es seien gerade keine Stimmen für die AfD in dem genannten Wahlbe-
zirk in Meppen unberücksichtigt geblieben. Es habe auch keinen Zählfehler, sondern nur einen Übertragungs-
fehler gegeben, der rechtzeitig noch vor Absetzen der Schnellmeldung habe korrigiert werden können. Die
Stimmen für die AfD seien daher im Wahlergebnis ordnungsgemäß berücksichtigt worden. Ein Wahlfehler
sei demnach nicht ersichtlich.

Der Einspruchsführer hat sich zu den ihm übersandten Stellungnahmen nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vortrag des Einspruchsführers lässt sich kein die Gültig-
keit der Bundestagswahl 2013 berührender Wahlfehler entnehmen.

1. Die Behauptung des Einspruchsführers, unter Verweis auf das „Reichs- und Staatsangehörigkeitsrecht“,
ein Personalausweis oder Reisepass sei kein Nachweis für die Wahlberechtigung, beweist keinen Wahlfehler.
Denn gemäß § 14 Absatz 1 des Bundeswahlgesetzes (BWG) kann wählen, wer in ein Wählerverzeichnis
eingetragen ist oder einen Wahlschein hat. Die Wahlberechtigung hängt also prinzipiell nicht von Ausweis-
papieren ab. Die Stimmabgabe im Wahllokal erfolgt gemäß dem in § 56 der Bundeswahlordnung (BWO)
vorgesehenen Ablauf. Dabei kann der Wahlvorstand die Vorlage der Wahlbenachrichtigung anordnen (§ 56
Absatz 1 BWO) sowie verlangen, dass der Wähler sich über seine Person ausweist, insbesondere wenn er
seine Wahlbenachrichtigung nicht vorlegt (§ 56 Absatz 3 BWO). Die Vorlage eines Nachweises über die
Staatsangehörigkeit, die der Einspruchsführer fordert, ist hingegen nicht vorgesehen, ein derartiges Verlangen
durch den Wahlvorstand wäre sogar unzulässig. Insofern war es auch kein Wahlfehler, dass sich der Ein-
spruchsführer im Wahllokal nicht ausweisen musste.

2. Die Wahl der Listenbewerber gemäß § 27 Abs. 3 BWG nach sog. starren Listen stellt keinen Wahlfehler
dar. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag in stän-
diger Praxis im Rahmen eines Wahlprüfungsverfahrens die Verfassungsmäßigkeit der für die Wahl geltenden
Rechtsvorschriften nicht überprüfen. Eine derartige Kontrolle ist stets dem Bundesverfassungsgericht vorbe-
halten worden (vgl. zuletzt Bundestagsdrucksachen 16/1800, Anlagen 26 bis 28; 17/1000, Anlagen 5 und 11;
17/2200, Anlagen 1, 13 bis 15, 17 bis 20, 23 und 24; 17/3100, Anlagen 15, 19, 20, 22 bis 30, 32, 34 bis 36;
17/4600, Anlagen 10, 12, 13, 32, 38, 40 bis 43 mit weiteren Nachweisen). Unabhängig davon hegen der
Wahlprüfungsausschuss und das Plenum des Deutschen Bundestages in ständiger Entscheidungspraxis keine
Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 27 Abs. 3 BWG (vgl. etwa Bundestagsdrucksachen 15/1850,
Anlage 9, 16, 31 und 34; 17/3100, Anlage 34; 17/6300, Anlage 35). Die Regelung verstößt nicht gegen die in
Artikel 38 Abs. 1 niedergelegten Wahlgrundsätze, namentlich nicht gegen den Grundsatz der unmittelbaren
oder der gleichen Wahl. Denn die Zurechnung der abgegebenen Wählerstimmen auf die einzelnen Wahlvor-
schläge vollzieht sich von der Stimmabgabe an ohne Zwischenschaltung eines von dem der Wählerinnen und
Wähler abweichenden Willens (vgl. Hahlen, in: Schreiber, Bundeswahlgesetz, 9. Auflage 2013, § 27 Rn. 4).
Auch lässt sich dem Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit nicht entnehmen, dass einer Wählerin oder einem
Wähler, die oder der eine Präferenz für einen bestimmten Kandidaten hat, die Möglichkeit eröffnet werden
müsste, die Zweitstimme (nur) für diesen Listenbewerber abzugeben (Hahlen, in: Schreiber, § 27 Rn. 12).
Dies ist sachgerecht, denn im Gegensatz zur Erststimmenwahl, bei der die Wahlkreisbewerber im Vorder-
grund der Wahlentscheidung stehen, kommt es bei der Landeslistenwahl nach dem gesetzgeberischen Grund-
gedanken für die Wählerin oder den Wähler entscheidend auf die von ihr oder ihm favorisierte – durch eine
bestimmte Partei vertretene – politische Programmatik an, für deren Repräsentation die auf der Liste nomi-
nierten Bewerber ein Wählermandat anstreben (vgl. Strelen, in: Schreiber, § 4 Rn. 3). Auch das Bundesver-

Drucksache 18/1710 – 182 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

fassungsgericht hat die Verfassungskonformität des Systems der starren Listen in ständiger Rechtsprechung
bestätigt (vgl. BVerfGE 3, 45 [50 f.]; 7, 63 [67 ff.]; 21, 355 [355 f.]; 47, 253 [283]; 122, 304 [314]).

3. Die vom Einspruchsführers angeführten Vorkommnisse erfüllen nicht den Tatbestand eines die Gültigkeit
der Bundestagswahl 2013 berührenden Wahlfehlers.

a) In der Stadt Meppen wurde lediglich am Wahlabend zunächst eine zu geringe Zahl der für die AfD abge-
gebenen gültigen Zweitstimmen in die Schnellmeldung eingetragen. Dieses Versehen wurde noch rechtzeitig
vor Absetzen der Schnellmeldung korrigiert wurde. Alle Stimmen für die AfD wurden berücksichtigt. Das
Versehen blieb damit folgenlos. Das korrekte Ergebnis des Wahlbezirks ist dann der Stadt Meppen anhand
der Schnellmeldung telefonisch übermittelt und dann auch im vorläufigen sowie endgültigen Wahlergebnis
berücksichtigt worden. Die Stimmenzahl für die AfD spiegelt sich also im Meppener Wahlergebnis korrekt
wider.

b) Die vom Einspruchsführer behaupteten Abweichungen zwischen ausgezählten und veröffentlichten Stim-
men in Detmold bestanden nicht. Vielmehr wurden die Stimmen zur Kontrolle sogar erneut ausgezählt, ohne
dass sich eine Unrichtigkeit des Ergebnisses gezeigt hätte.

c) Auch im Fall der angeblich verloren gegangenen Briefwahlstimmen in Hamburg liegt kein Wahlfehler vor.
Das Statistische Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein hat in einer auch im Internet abrufbaren Presse-
mitteilung vom 25. September 2013 (www.statistik-nord.de) erklärt, dass in der am 23. September 2013 ver-
öffentlichten Wahlanalyse zum vorläufigen Ergebnis der Bundestagswahl in Hamburg die Zahl der Briefwäh-
lerinnen und -wähler nicht korrekt ausgewiesen worden sei. Eine Überprüfung habe ergeben, dass die ent-
sprechende Abfrage der Datenbank für das vorläufige Wahlergebnis versehentlich so programmiert worden
sei, dass nicht alle Briefwahlbezirke einbezogen worden seien. Auf die Zusendung von 301 884 Briefwahlun-
terlagen hin hätten 268 504 Wählerinnen und Wähler von ihrem Wahlrecht per Brief Gebrauch gemacht,
nicht wie ursprünglich angegeben 198 739 Wahlberechtigte. Die Befürchtung, Briefwahlstimmen könnten
unberücksichtigt geblieben sein, treffe nicht zu. Diese Vermutung sei dadurch entstanden, dass der Zahl der
ausgegebenen Briefwahlunterlagen (Wahlschein, Stimmzettel und Umschläge) von 301 884 eine Zahl von
198 739 Briefwählern gegenübergestellt worden sei. Zur Erläuterung dieser Differenz hat das Statistische
Amt auf drei Ursachen hingewiesen: Die Überprüfung habe ergeben, dass die Zahl der Briefwählerinnen und
-wähler infolge der fehlerhaften Abfrage der Datenbank um rund 70 000 zu niedrig angegeben worden sei.
Sie sei auf 268.504 korrigiert worden. Des Weiteren gehörten zu den 301 884 ausgegebenen Wahlscheinen
auch solche, die die Stimmabgabe in einem anderen Wahllokal als in dem eigenen ermöglichen sollten, z. B.
in einem barrierefreien Wahllokal. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass erfahrungsgemäß rund fünf bis
zehn Prozent der ausgegebenen Briefwahlunterlagen nicht rechtzeitig und vollständig zurückliefen. Die
Gründe hierfür seien vielfältig und lägen z. B. im zu späten Erhalt, der Nichtnutzung oder der zu späten
Rücksendung der Briefwahlunterlagen. Darüber hinaus fänden solche Wahlbriefe keinen Eingang in die Zäh-
lung der Briefwähler, die aus formalen Gründen zurückzuweisen seien, z. B. weil der Wahlschein fehle oder
nicht unterschrieben sei. Der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag folgen dieser schlüssigen
Darstellung.

d) Soweit der Einspruchsführer auf Auszählungsprobleme in Bochum hinweist, ist festzustellen, dass es im
Wahlbezirk 4401 im Wahlkreis 141 ärgerlicherweise nicht möglich war, am Wahlabend ein korrektes Wahl-
ergebnis zu ermitteln. Die Entscheidung des Kreiswahlleiters, die Auszählung aufgrund der aufgetretenen
Differenzen abzubrechen und am Montag, dem 23. September 2013, eine komplette Neuauszählung vorzu-
nehmen, widersprach § 67 BWO, wonach die Auszählung im Anschluss an die Wahlhandlung ohne Unter-
brechung stattzufinden hat. Die ordnungsgemäße Nachzählung hätte – worauf die Landeswahlleiterin des
Landes Nordrhein-Westfalen zutreffend hinweist – noch in der Wahlnacht erfolgen müssen. Eine Aussetzung
oder Unterbrechung stellt einen schwerwiegenden Wahlverstoß dar (vgl. Hahlen, in: Schreiber, § 37 Rn. 2).
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der sich der Wahlprüfungsausschuss und der
Deutsche Bundestag schon früher stets angeschlossen haben, können aber nur solche Wahlfehler die Gültig-
keit der Bundestagswahl beeinträchtigen, die auf die Sitzverteilung von Einfluss sind oder sein können (vgl.
nur BVerfGE 89, 243 [254]; Bundestagsdrucksachen 16/900, Anlage 20; 17/1000, Anlagen 10, 15, 19 und
20; 17/2200, Anlagen 5, 12 und 25; 17/2250, Anlagen 18 und 22; 17/3100, Anlage 21). Daran fehlt es vorlie-
gend. Der Wahlfehler hat sich auf die Sitzverteilung im 18. Deutschen Bundestag nicht ausgewirkt bzw. hätte
sich darauf nicht auswirken können. Denn die Sitzverteilung geschah aufgrund des amtlichen Endergebnis-
ses. In dieses wiederum sind die aufgrund der Neuauszählung ermittelten (korrekten) Zahlen eingeflossen.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 183 – Drucksache 18/1710

4. Bezüglich der angeblichen Manipulation zulasten der AfD belässt es der Einspruchsführer bei Vermutun-
gen. Da er diese nicht belegt, ist das Vorbringen insoweit als unsubstantiiert zurückzuweisen.

5. Anders als der Einspruchsführer vermutet, sind Koalitionen, mit vorausgehenden Sondierungsgesprächen,
in einer Mehrparteiendemokratie, wie sie das Grundgesetz vorsieht, der Normalfall und nicht „Wahlbetrug“.
Sie bedeuten keinen Wahlfehler, sondern eine zulässige und von der Verfassung gewollte Wahlfolge.

6. Die Ausführungen des Einspruchsführers zur Wiedervereinigung, den Grenzen Deutschlands sowie zur
angeblichen Verfassungswidrigkeit und Ungültigkeit des Wahlgesetzes sind nicht geeignet, einen Wahlfehler
zu belegen. Ein Verstoß gegen wahlrechtliche Vorschriften ist nicht erkennbar. Die Thesen des Einspruchs-
führers sind aus Sicht des Wahlprüfungsausschusses und des Deutschen Bundestages nicht nachvollziehbar;
auf eine weitere inhaltliche Auseinandersetzung wird im Rahmen des Wahlprüfungsverfahrens verzichtet.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 185 – Drucksache 18/1710

Anlage 48

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

der Frau M. S., 16928 Pritzwalk,

– Az.: WP 106/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Die Einspruchsführerin hat mit einem Fax vom 1. November 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl
zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Sie rügt mehrere Sachverhalte:

1. Der Personalausweis oder Reisepass sei kein Nachweis dafür, dass man wahlberechtigt sei, da das „Reichs-
und Staatsangehörigkeitsrecht“ keine Einbürgerung durch bloße Aushändigung eines deutschen Personal-
ausweises oder Reisepasses kenne. Von ihr sei vor der Stimmabgabe das Vorzeigen eines Ausweisdokuments
nicht verlangt worden.

2. Die Listenwahl sei grundgesetzwidrig, da die Abgeordneten nicht – wie es Artikel 38 Absatz 1 des Grund-
gesetzes (GG) vorschreibe – unmittelbar gewählt würden, sondern vielmehr die Parteien als Mittler aufträten,
die ihre eigenen Kandidaten bestimmten.

3. Es sei zu „Wahlpannen“ gekommen: In Meppen seien 16 Zweitstimmen für die Partei „Alternative für
Deutschland“ (AfD) nicht berücksichtigt worden, wie freiwillige Wahlbeobachter herausgefunden hätten. In
Detmold seien für die SPD statt der 92 ausgezählten Stimmen 241 Stimmen „veröffentlicht“ worden. In
Hamburg hätten 100 000 Briefwahlstimmen gefehlt. In Bochum seien Briefwahlscheine des Wahlkreises
Bochum I an Wähler des Wahlkreises Bochum II verschickt worden. 600 Wahlberechtigte habe die Stadt
Bochum aber nicht erreichen können.

4. Die Einspruchsführerin vermutet Manipulation zulasten der AfD, die sie durch Umfrageergebnisse und
vermeintliche Merkwürdigkeiten bei den Zwischenergebnissen in Gemeinden als nachgewiesen ansieht.

5. Koalitionen seien nicht gewählt worden. Koalitionsverhandlungen und Sondierungsgespräche bedeuteten
Wahlbetrug.

6. Deutschland sei im Jahr 1990 nicht im Sinne von Artikel 23 GG (alte Fassung) vereinigt worden, und nicht
alle Deutschen innerhalb der „Grenzen des Deutschen Reiches vom 31. Dezember 1937“ seien wahlberech-
tigt und wählbar gewesen. Die Bundesrepublik Deutschland existiere seit dem Jahr 1990 nicht mehr, sondern
allenfalls eine „Regierung des vereinten Deutschland“. Die Einspruchsführer zitiert ferner eine E-Mail, in der
die Verfassungswidrigkeit des Bundeswahlgesetzes behauptet wird. Es gebe bis heute kein gültiges Wahlge-
setz.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages der Einspruchsführerin wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Die Landeswahlleiterin des Landes Nordrhein-Westfalen hat zu dem Einspruch, soweit er ihren Zustän-
digkeitsbereich betrifft, am 17. Februar 2014 wie folgt Stellung genommen:

Drucksache 18/1710 – 186 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Die Einspruchsführerin rüge nicht unerhebliche Differenzen zwischen dem vorläufigen und dem endgültigen
Wahlergebnis. Hierzu habe der zuständige Kreiswahlleiter für den Wahlbezirk ausgeführt, dass ins Internet
ein nichtamtliches „Kontrollformular“ eines Wahlbeobachters eingestellt worden sei. Dieses „Kontrollformu-
lar“ dokumentiere die Stimmenauszählung in einem Wahllokal der Stadt Detmold im Wahlkreis 136 (Höxter
– Lippe I). Da aufgrund des veröffentlichten vorläufigen Ergebnisses der Stadt Detmold Wahlbetrug vorge-
worfen worden sei, habe der Kreiswahlleiter die erneute Auszählung des Wahlbezirks am 25. September
2013 veranlasst. Die seitens des Beobachters kritisierten und in dem Wahleinspruch nun aufgegriffenen Ab-
weichungen hätten sich dabei nicht bestätigt. Es bleibe unklar, warum der Wahlbeobachter am Wahlabend
derartige Abweichungen habe feststellen können.

In Bochum seien durch menschliches Versagen versehentlich Briefwahlunterlagen für einen benachbarten
Wahlkreis in nicht bekanntem Umfang versandt worden. Betroffen gewesen seien die Wahlkreise 140 (Bo-
chum I) und 141 (Herne – Bochum II). Da die Empfänger der fehlerhaften Unterlagen nicht adressenmäßig
hätten erfasst werden können, habe die Stadt Bochum unmittelbar die Presse informiert. Daraufhin hätten
sich 1 118 Bürgerinnen und Bürger noch vor der Wahl beim Wahlbüro gemeldet. Von diesen hätten 168
einen falschen Stimmzettel erhalten bzw. diesen bereits mit den Briefwahlunterlagen wieder zurückgesandt.
In diesen Fällen seien korrekte Stimmzettel ausgegeben bzw. die Wahlscheine ungültig gemacht und neue
ausgestellt worden. Bei der Auszählung der Briefwahlstimmen seien im Wahlkreis 140 insgesamt 592 falsche
Stimmzettel und im Wahlkreis 141 insgesamt 10 falsche Stimmzettel festgestellt worden. In diesen insgesamt
602 Fällen sei dadurch die Zweitstimme ungültig gewesen. Da im Wahlkreis 140 der Gewinner des Direkt-
mandats einen Stimmenvorsprung von 12 990 Stimmen erzielt habe, hätten diese ungültigen Erststimmen
keinen Einfluss auf das Gesamtergebnis der Erststimmen gehabt. Gleiches gelte für den Wahlkreis 141, wo
die Gewinnerin einen Vorsprung von 22 803 Stimmen erzielt habe.

Die Einspruchsführerin rüge die hohe Prozentzahl an ungültigen Zweitstimmen in einem Detmolder Wahlbe-
zirk. Diese Zahl sei später korrigiert worden. Hierzu führe der zuständige Kreiswahlleiter in seiner Stellung-
nahme aus: Bei der Stimmenauszählung am Sonntagabend (Wahlabend) habe für den Wahlbezirk 4401 im
Wahlkreis 141 bei mehrfachen Schnellmeldungen kein plausibles Ergebnis festgestellt werden. Da nicht da-
mit zu rechnen gewesen sei, dass in absehbarer Zeit die Differenzen hätten aufgeklärt werden können, sei um
22.15 Uhr entschieden worden, diesen Bezirk am Montag durch Mitarbeiter des Wahlbüros komplett neu
auszuzählen. Da für die noch am Sonntagabend erforderliche Meldung des vorläufigen Ergebnisses an die
Landeswahlleitung aber auch für diesen Wahlbezirk ein – zumindest vorläufiges – Wahlergebnis einzutragen
gewesen sei, habe sich die Wahlleitung dazu entschlossen, die bis dahin sicher richtig ausgezählten Stimmen
auszuweisen und die noch nicht geklärten zunächst als ungültige Stimmen einzutragen. Dadurch sei sicherge-
stellt gewesen, dass zunächst ein vorläufiges Ergebnis vorgelegen habe, keine falschen Stimmenzuordnungen
zu den Kandidaten oder Parteien ausgewiesen worden seien und umgehend am Montag auch für den betref-
fenden Wahlbezirk die korrekten Zahlen vorgelegen hätten. Die Vorgehensweise des Kreiswahlleiters sei
unbefriedigend. Dies gelte umso mehr, als dass am Wahlabend keine entsprechende Information der Landes-
wahlleitung erfolgte. Hier hätte eine ordnungsgemäße Nachzählung noch in der Wahlnacht erfolgen müssen.
Sie, die Landeswahlleiterin, habe den Kreiswahlleiter gebeten, dafür Sorge zu tragen, dass sich ein solcher
Vorfall nicht wiederhole.

Fälle, in denen angeforderte Briefwahlunterlagen nicht eingegangen seien, seien ihr, der Landeswahlleiterin,
nur vereinzelt berichtet worden. Hierzu sei festzuhalten, dass beim Versand großer Briefmengen wie bei der
Bundestagswahl regelmäßig einige Unterlagen nicht den Empfänger erreichten. Dies könne unterschiedliche
Gründe haben, wie z. B. schlechte Ausschilderung der Briefkästen oder menschliches Versagen auf Seiten
der mit dem Versand der Unterlagen beauftragten Firmen. Derartige Fälle seien – bei aller Sorgfalt – nicht
gänzlich auszuschließen. Es obliege aber dem Wähler, bei der Wahlbehörde gegebenenfalls in einem ange-
messenen Zeitabstand nachzufragen, ob die Unterlagen versandt worden seien. Auf diese Weise ließen sich
die meisten Fälle durch Neuausstellung von Wahlunterlagen beheben.

Zu den weiteren Ausführungen der Einspruchsführerin im Eingang und am Schluss ihres Schreibens werde
eine Stellungnahme für entbehrlich gehalten.

Die Niedersächsische Landeswahlleiterin hat zu dem Vorbringen, soweit es ihren Zuständigkeitsbereich
betrifft, am 6. März 2014 im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Sie habe den Kreiswahlleiter des Wahlkreises 31 (Mittelems) hierzu um Stellungnahme gebeten. Dieser habe
ihr mitgeteilt, dass bei der Stimmenauszählung des Meppener Wahlbezirks 104 ein Wahlbeobachter der AfD

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 187 – Drucksache 18/1710

anwesend gewesen sei, was auch in der Wahlniederschrift vermerkt worden sei. Die Auszählung der Stimm-
zettel sei ohne Probleme verlaufen. Allerdings habe es zunächst einen Fehler bei der Eintragung der Zweit-
stimmen in die sog. Schnellmeldung gegeben. Insgesamt seien 713 gültige Stimmabgaben gezählt worden, in
die Schnellmeldung seien aber nur 697 Stimmen eingetragen worden. Daher sei vor Ort diese Differenz
nochmals überprüft worden, Dabei habe man festgestellt, dass nur 15 anstatt 31 Zweitstimmen für die AfD in
die Schnellmeldung eingetragen worden seien. Hierbei solle es sich gerade nicht um für ungültig erklärte
Zweitstimmen, sondern um ein Übersehen dieser Stimmen gehandelt haben. Dieser Fehler sei umgehend
korrigiert worden. Das korrekte Ergebnis des Wahlbezirks sei dann der Stadt Meppen anhand der Schnell-
meldung telefonisch übermittelt und dann auch im vorläufigen Wahlergebnis berücksichtigt worden. Aus der
Stellungnahme des Kreiswahlleiters werde deutlich, dass bereits der Vortrag der Einspruchsführerin vom
Sachverhalt her nicht zutreffend sei. Es seien gerade keine Stimmen für die AfD in dem genannten Wahlbe-
zirk in Meppen unberücksichtigt geblieben. Es habe auch keinen Zählfehler, sondern nur einen Übertragungs-
fehler gegeben, der rechtzeitig noch vor Absetzen der Schnellmeldung habe korrigiert werden können. Die
Stimmen für die AfD seien daher im Wahlergebnis ordnungsgemäß berücksichtigt worden. Ein Wahlfehler
sei demnach nicht ersichtlich.

Die Einspruchsführerin hat sich zu den ihr übersandten Stellungnahmen nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch unbegründet. Dem Vortrag der Einspruchsführerin lässt sich kein die Gül-
tigkeit der Bundestagswahl 2013 berührender Wahlfehler entnehmen.

1. Die Behauptung der Einspruchsführerin, ein Personalausweis oder Reisepass sei kein Nachweis für die
Wahlberechtigung, beweist keinen Wahlfehler. Denn gemäß § 14 Absatz 1 des Bundeswahlgesetzes (BWG)
kann wählen, wer in ein Wählerverzeichnis eingetragen ist oder einen Wahlschein hat. Die Wahlberechtigung
hängt also prinzipiell nicht von Ausweispapieren ab. Die Stimmabgabe im Wahllokal erfolgt gemäß dem in §
56 der Bundeswahlordnung (BWO) vorgesehenen Ablauf. Dabei kann der Wahlvorstand die Vorlage der
Wahlbenachrichtigung anordnen (§ 56 Absatz 1 BWO) sowie verlangen, dass der Wähler sich über seine
Person ausweist, insbesondere wenn er seine Wahlbenachrichtigung nicht vorlegt (§ 56 Absatz 3 BWO). Die
Vorlage eines Nachweises über die Staatsangehörigkeit, welche die Einspruchsführerin fordert, ist hingegen
nicht vorgesehen, ein derartiges Verlangen durch den Wahlvorstand wäre sogar unzulässig. Insofern war es
auch kein Wahlfehler, dass sich die Einspruchsführerin im Wahllokal nicht ausweisen musste.

2. Die Wahl der Listenbewerber gemäß § 27 Abs. 3 BWG nach sog. starren Listen stellt keinen Wahlfehler
dar. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag in stän-
diger Praxis im Rahmen eines Wahlprüfungsverfahrens die Verfassungsmäßigkeit der für die Wahl geltenden
Rechtsvorschriften nicht überprüfen. Eine derartige Kontrolle ist stets dem Bundesverfassungsgericht vorbe-
halten worden (vgl. zuletzt Bundestagsdrucksachen 16/1800, Anlagen 26 bis 28; 17/1000, Anlagen 5 und 11;
17/2200, Anlagen 1, 13 bis 15, 17 bis 20, 23 und 24; 17/3100, Anlagen 15, 19, 20, 22 bis 30, 32, 34 bis 36;
17/4600, Anlagen 10, 12, 13, 32, 38, 40 bis 43 mit weiteren Nachweisen). Unabhängig davon hegen der
Wahlprüfungsausschuss und das Plenum des Deutschen Bundestages in ständiger Entscheidungspraxis keine
Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 27 Abs. 3 BWG (vgl. etwa Bundestagsdrucksachen 15/1850,
Anlage 9, 16, 31 und 34; 17/3100, Anlage 34; 17/6300, Anlage 35). Die Regelung verstößt nicht gegen die in
Artikel 38 Abs. 1 niedergelegten Wahlgrundsätze, namentlich nicht gegen den Grundsatz der unmittelbaren
oder der gleichen Wahl. Denn die Zurechnung der abgegebenen Wählerstimmen auf die einzelnen Wahlvor-
schläge vollzieht sich von der Stimmabgabe an ohne Zwischenschaltung eines von dem der Wählerinnen und
Wähler abweichenden Willens (vgl. Hahlen, in: Schreiber, Bundeswahlgesetz, 9. Auflage 2013, § 27 Rn. 4).
Auch lässt sich dem Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit nicht entnehmen, dass einer Wählerin oder einem
Wähler, die oder der eine Präferenz für einen bestimmten Kandidaten hat, die Möglichkeit eröffnet werden
müsste, die Zweitstimme (nur) für diesen Listenbewerber abzugeben (Hahlen, in: Schreiber, § 27 Rn. 12).
Dies ist sachgerecht, denn im Gegensatz zur Erststimmenwahl, bei der die Wahlkreisbewerber im Vorder-
grund der Wahlentscheidung stehen, kommt es bei der Landeslistenwahl nach dem gesetzgeberischen Grund-
gedanken für die Wählerin oder den Wähler entscheidend auf die von ihr oder ihm favorisierte – durch eine
bestimmte Partei vertretene – politische Programmatik an, für deren Repräsentation die auf der Liste nomi-
nierten Bewerber ein Wählermandat anstreben (vgl. Strelen, in: Schreiber, § 4 Rn. 3). Auch das Bundesver-

Drucksache 18/1710 – 188 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

fassungsgericht hat die Verfassungskonformität des Systems der starren Listen in ständiger Rechtsprechung
bestätigt (vgl. BVerfGE 3, 45 [50 f.]; 7, 63 [67 ff.]; 21, 355 [355 f.]; 47, 253 [283]; 122, 304 [314]).

3. Die von der Einspruchsführerin angeführten Vorkommnisse erfüllen nicht den Tatbestand eines die Gül-
tigkeit der Bundestagswahl 2013 berührenden Wahlfehlers.

a) In der Stadt Meppen wurde lediglich am Wahlabend zunächst eine zu geringe Zahl der für die AfD abge-
gebenen gültigen Zweitstimmen in die Schnellmeldung eingetragen. Dieses Versehen wurde noch rechtzeitig
vor Absetzen der Schnellmeldung korrigiert wurde. Alle Stimmen für die AfD wurden berücksichtigt. Das
Versehen blieb damit folgenlos. Das korrekte Ergebnis des Wahlbezirks ist dann der Stadt Meppen anhand
der Schnellmeldung telefonisch übermittelt und dann auch im vorläufigen sowie endgültigen Wahlergebnis
berücksichtigt worden. Die Stimmenzahl für die AfD spiegelt sich also im Meppener Wahlergebnis korrekt
wider.

b) Die von der Einspruchsführerin behaupteten Abweichungen zwischen ausgezählten und veröffentlichten
Stimmen in Detmold bestanden nicht. Vielmehr wurden die Stimmen zur Kontrolle sogar erneut ausgezählt,
ohne dass sich eine Unrichtigkeit des Ergebnisses gezeigt hätte.

c) Auch im Fall der angeblich verloren gegangenen Briefwahlstimmen in Hamburg liegt kein Wahlfehler vor.
Das Statistische Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein hat in einer auch im Internet abrufbaren Presse-
mitteilung vom 25. September 2013 (www.statistik-nord.de) erklärt, dass in der am 23. September 2013 ver-
öffentlichten Wahlanalyse zum vorläufigen Ergebnis der Bundestagswahl in Hamburg die Zahl der Briefwäh-
lerinnen und -wähler nicht korrekt ausgewiesen worden sei. Eine Überprüfung habe ergeben, dass die ent-
sprechende Abfrage der Datenbank für das vorläufige Wahlergebnis versehentlich so programmiert worden
sei, dass nicht alle Briefwahlbezirke einbezogen worden seien. Auf die Zusendung von 301 884 Briefwahlun-
terlagen hin hätten 268 504 Wählerinnen und Wähler von ihrem Wahlrecht per Brief Gebrauch gemacht,
nicht wie ursprünglich angegeben 198 739 Wahlberechtigte. Die Befürchtung, Briefwahlstimmen könnten
unberücksichtigt geblieben sein, treffe nicht zu. Diese Vermutung sei dadurch entstanden, dass der Zahl der
ausgegebenen Briefwahlunterlagen (Wahlschein, Stimmzettel und Umschläge) von 301 884 eine Zahl von
198 739 Briefwählern gegenübergestellt worden sei. Zur Erläuterung dieser Differenz hat das Statistische
Amt auf drei Ursachen hingewiesen: Die Überprüfung habe ergeben, dass die Zahl der Briefwählerinnen und
-wähler infolge der fehlerhaften Abfrage der Datenbank um rund 70 000 zu niedrig angegeben worden sei.
Sie sei auf 268 504 korrigiert worden. Des Weiteren gehörten zu den 301 884 ausgegebenen Wahlscheinen
auch solche, die die Stimmabgabe in einem anderen Wahllokal als in dem eigenen ermöglichen sollten, z. B.
in einem barrierefreien Wahllokal. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass erfahrungsgemäß rund fünf bis
zehn Prozent der ausgegebenen Briefwahlunterlagen nicht rechtzeitig und vollständig zurückliefen. Die
Gründe hierfür seien vielfältig und lägen z. B. im zu späten Erhalt, der Nichtnutzung oder der zu späten
Rücksendung der Briefwahlunterlagen. Darüber hinaus fänden solche Wahlbriefe keinen Eingang in die Zäh-
lung der Briefwähler, die aus formalen Gründen zurückzuweisen seien, z. B. weil der Wahlschein fehle oder
nicht unterschrieben sei. Der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag folgen dieser schlüssigen
Darstellung.

d) Soweit die Einspruchsführerin auf Auszählungsprobleme in Bochum hinweist, ist festzustellen, dass es im
Wahlbezirk 4401 im Wahlkreis 141 ärgerlicherweise nicht möglich war, am Wahlabend ein korrektes Wahl-
ergebnis zu ermitteln. Die Entscheidung des Kreiswahlleiters, die Auszählung aufgrund der aufgetretenen
Differenzen abzubrechen und am Montag, dem 23. September 2013, eine komplette Neuauszählung vorzu-
nehmen, widersprach § 67 BWO, wonach die Auszählung im Anschluss an die Wahlhandlung ohne Unter-
brechung stattzufinden hat. Die ordnungsgemäße Nachzählung hätte – worauf die Landeswahlleiterin des
Landes Nordrhein-Westfalen zutreffend hinweist – noch in der Wahlnacht erfolgen müssen. Eine Aussetzung
oder Unterbrechung stellt einen schwerwiegenden Wahlverstoß dar (vgl. Hahlen, in: Schreiber, § 37 Rn. 2).
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der sich der Wahlprüfungsausschuss und der
Deutsche Bundestag schon früher stets angeschlossen haben, können aber nur solche Wahlfehler die Gültig-
keit der Bundestagswahl beeinträchtigen, die auf die Sitzverteilung von Einfluss sind oder sein können (vgl.
nur BVerfGE 89, 243 [254]; Bundestagsdrucksachen 16/900, Anlage 20; 17/1000, Anlagen 10, 15, 19 und
20; 17/2200, Anlagen 5, 12 und 25; 17/2250, Anlagen 18 und 22; 17/3100, Anlage 21). Daran fehlt es vorlie-
gend. Der Wahlfehler hat sich auf die Sitzverteilung im 18. Deutschen Bundestag nicht ausgewirkt bzw. hätte
sich darauf nicht auswirken können. Denn die Sitzverteilung geschah aufgrund des amtlichen Endergebnis-
ses. In dieses wiederum sind die aufgrund der Neuauszählung ermittelten (korrekten) Zahlen eingeflossen.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 189 – Drucksache 18/1710

4. Bezüglich der angeblichen Manipulation zulasten der AfD belässt es die Einspruchsführerin bei Vermu-
tungen. Da sie diese nicht belegt, ist das Vorbringen insoweit als unsubstantiiert zurückzuweisen.

5. Anders als die Einspruchsführerin vermutet, sind Koalitionen, mit vorausgehenden Sondierungsgesprä-
chen, in einer Mehrparteiendemokratie, wie sie das Grundgesetz vorsieht, der Normalfall und nicht „Wahlbe-
trug“. Sie bedeuten keinen Wahlfehler, sondern eine zulässige und von der Verfassung gewollte Wahlfolge.

6. Die Ausführungen der Einspruchsführerin zur Wiedervereinigung, den Grenzen Deutschlands sowie zur
angeblichen Verfassungswidrigkeit und Ungültigkeit des Wahlgesetzes sind nicht geeignet, einen Wahlfehler
zu belegen. Ein Verstoß gegen wahlrechtliche Vorschriften ist nicht erkennbar. Die Thesen der Einspruchs-
führerin sind aus Sicht des Wahlprüfungsausschusses und des Deutschen Bundestages nicht nachvollziehbar;
auf eine weitere inhaltliche Auseinandersetzung wird im Rahmen des Wahlprüfungsverfahrens verzichtet.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 191 – Drucksache 18/1710

Anlage 49

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn S. D., 08523 Plauen,

– Az.: WP 107/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Schreiben vom 30. Oktober 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Er rügt mehrere Vorkommnisse: Hundertausende Stimmen von Wählern, die ihre Briefwahlunterklagen nicht
ordnungsgemäß erhalten hätten, hätten „gefehlt“. Er halte es für sehr verdächtig, wenn in dem einen oder
anderen Wahlbezirk plötzlich mehr Stimmen abgegeben worden sein sollten, als dort Bürger gemeldet seien
und das in dreimal mehr veröffentlichten als gezählten Stimmen ende. Es sei ebenso auffällig, dass man für
eine Briefwahl keinen triftigen Grund mehr habe angeben müssen, sondern „Faulheit“ vollkommen ausge-
reicht habe. Jemand habe bereits mit Schließung der Wahllokale das exakte amtliche Endergebnis mitgeteilt.

Mit Schreiben vom 5. November 2013 ist der Einspruchsführer aufgefordert worden, die konkreten Umstän-
de mitzuteilen, durch die er die Wahlrechtsvorschriften verletzt sehe. Er hat darauf nicht reagiert.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vortrag des Einspruchsführers lässt sich kein Verstoß
gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

Der Einspruchsführer hätte nachvollziehbar darlegen müssen, aus welchem Geschehen sich seiner Ansicht
nach ein die Gültigkeit der Wahl berührender Wahlfehler ergibt (vgl. etwa Bundestagsdrucksachen 15/1150,
Anlage 5; 17/1000, Anlagen 13 und 19; 17/2250, Anlage 11; BVerfGE 40, 11 [30]). Dies hat er unterlassen
und stattdessen bloße Vermutungen geäußert. Orte hat er beispielsweise, trotz Aufforderung zur Konkretisie-
rung, nicht genannt. Einsprüche, die über Vermutungen oder die bloße Andeutung der Möglichkeit von
Wahlfehlern nicht hinausgehen und einen konkreten, der Überprüfung zugänglichen Tatsachenvortrag nicht
enthalten, müssen als unsubstantiiert zurückgewiesen werden (Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlagen 283
bis 285; 15/1850, Anlage 25; 15/2400, Anlage 9; 17/1000, Anlagen 13 und 19; BVerfGE 48, 271 [276]; 66,
369 [379]; 85, 148 [159]; 122, 304 [309]; Hahlen, in: Schreiber, Bundeswahlgesetz, 9. Auflage 2013, § 49
Rn. 25).

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 193 – Drucksache 18/1710

Anlage 50

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn A. S., 83229 Sachrang,

– Az.: WP 109/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat zunächst am 4. November 2013 eine mit wenig Text versehene und unterschriebene
Seite per Telefax übersandt, die mit der Zahl 14 nummeriert war und den handschriftlichen Zusatz „Zur Mail
vom 4. 11. 2013“ trug. Eine E-Mail des Einspruchsführers lag dem Ausschusssekretariat nicht vor. Nach
einem Schreiben des Sekretariats vom 5. November 2013, worin er gebeten wurde, seine bislang nicht vorlie-
gende E-Mail per Brief oder Fax nachzureichen, hat der Einspruchsführer mit einer E-Mail vom 17. Novem-
ber 2013 reagiert. Er hat auf die bereits vorliegende unterschriebene letzte Seite verwiesen und als Anhang
ein vierzehnseitiges Dokument im Format PDF beigefügt, das nicht unterschrieben war und auf der letzten
Seite unter der für die Unterschrift vorgesehenen Linie den Namen eines anderen Einspruchsführers nannte.
Auf den Hinweis des Sekretariats vom 19. November 2013, dass ein Nachreichen von Begründungen per E-
Mail nicht der vorgeschriebenen Form genüge, hat der Einspruchsführer nicht reagiert.

Der Einspruchsführer bemängelt mehrere Sachverhalte:

1. Er habe keine Wahlbenachrichtigung erhalten. Voraussetzung für eine gültige Bundestagswahl sei aber,
dass jeder Wahlberechtigte auch eine Benachrichtigung erhalte.

2. Für die Teilnahme an der „sog.“ Bundestagswahl sei die eindeutige Identifikation der Wahlberechtigten,
unter anderem auch zur Vermeidung einer mehrfachen Wahl ein und derselben Person, unabdingbar. Gemäß
§ 56 Absatz 3 in Verbindung mit § 19 Absatz 1 Nr. 5 der Bundeswahlordnung (BWO) in Verbindung mit
Anlage 3 zu § 19 Absatz 1 BWO, Anlage 12 zu § 28 Absatz 3 BWO und Anlage 27 zu § 48 Absatz 1 BWO
habe ein Wahlteilnehmer seine Wahlbenachrichtigung mitzubringen, diese bei der Stimmabgabe abzugeben
und sich über seine Person mithilfe eines amtlichen Personalausweises oder Reisepasses auszuweisen. Die
Ausweispflicht gelte insbesondere, aber nicht nur, wenn keine Wahlbenachrichtigung vorgelegt werde. In
mehreren Wahlkreisen sei die Identifikationsprüfung durch Kontrolle eines Ausweispapiers nicht erfolgt, so
z. B. bei Herrn H. aus G., dessen Wahleinspruch unter dem Aktenzeichen WP 83/13 geführt werde. Im Inter-
net fänden sich weitere Beispiele. In einem bei „Facebook“ geschilderten Fall habe eine Person ohne Wahl-
benachrichtigungskarte und Ausweis in Cottbus und Forst wählen können.

3. An mehreren Orten seien keine „dokumentenechten Materialien“ zur Beschriftung der Stimmzettel bereit-
gestellt worden, sondern teilweise nur Bleistifte, was zu Fälschungen bei der Auszählung habe führen kön-
nen. Beispiele dafür lieferten der bereits genannte Herr H. (WP 83/13) und eine Internetseite.

4. Die auf der Wahlbenachrichtigungskarte geforderten Dokumente (Personalausweis oder Reisepass) zur
Identifikation der Wahlberechtigten entsprächen nicht den Vorschriften zur Darstellung der Identifikationspa-
rameter. In § 5 des Personalausweisgesetzes und § 4 des Passgesetzes sei vorgeschrieben, dass der Inhaber
des Dokuments mit dem Familiennamen zu bezeichnen sei. Im jeweiligen Dokument stehe aber „Name“. Die
beiden Begriffe seien nach Aussage und Wirkungsweise völlig unterschiedlich. Da alle in der Bundesrepublik
verwendeten Dokumente diesen Fehler aufwiesen, sei eine Identifikation der Wahlberechtigten gar nicht
möglich. Zudem seien Personalausweise und Reisepässe fehlerhaft und zur Identifikation ungeeignet, da sich

Drucksache 18/1710 – 194 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

in der Rubrik „Nationalität“ die Eintragung „deutsch“ finde. Dies sei falsch. Da mit der Bundesrepublik
Deutschland kein neuer Staat gegründet worden sei und das Deutsche Reich fortbestehe, müsse die Staatsan-
gehörigkeit vielmehr „Deutsches Reich“ lauten.

5. Die Partei „Deutsche Nationalversammlung“ sei zwar zur Wahl zugelassen worden, aber nicht auf den
Stimmzetteln zu finden gewesen.

6. Es habe sehr viele Beschwerden darüber gegeben, dass die Faltung der Stimmzettel so konzipiert gewesen
sein, dass die an deren Ende aufgeführte Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) leicht hätte übersehen
werden können.

7. Das „sog.“ Bundeswahlgesetz sei ungültig und nichtig. Der „sog.“ Deutsche Bundestag sei, wie sich aus
einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Juli 2008 herleiten lasse, angesichts der verfassungswid-
rigen Überhangmandatsregelung seit dem Jahr 1956 grundgesetzwidrig zustande gekommen. Auch das Bun-
deswahlgesetz sei daher verfassungswidrig erlassen worden. Die vom Gericht gesetzte Frist zur Schaffung
verfassungskonformer Zustände sei vom Bundestag nicht in hinreichender Weise genutzt worden.

8. Außerdem rügt der Einspruchsführer Vorkommnisse in mehreren Städten: In Detmold-Pivitsheide im
Wahlkreis 232 habe nach Angaben eines Internetnutzers die SPD 92 Stimmen erhalten. Veröffentlicht wor-
den seien aber 241 Stimmen für diese Partei. Die Hamburger CDU vermisse 100 000 Briefwahlstimmen. Ein
Internetnutzer habe ein Stimmauszählungsprotokoll veröffentlicht, worauf zu erkennen sei, dass mehr Stim-
men abgegeben worden seien, als es Wahlberechtigte gebe. In einem Ort hätten 65 Personen die AfD ge-
wählt; in der Zeitung seien aber null Stimmen für diese Partei publiziert worden. In Duisburg hätten sich 30
Wahlhelfer in acht Stimmbezirken vor dem Ende der Auszählung „verabschiedet“. Im Essener Süden hätten
zwischen dem CDU-Wahlkreiskandidaten und der SPD-Bewerberin nur drei Stimmen Unterschied bestan-
den. Gleichwohl habe die Stadt Essen die Nachzählung verweigert. Viele Tausend Briefwahlunterlagen, etwa
in Hamburg oder Göttingen, hätten ihre Adressaten nicht erreicht. In Waltrop seien im Wahllokal „Benthaus-
Büchner“ (Bezirk 6, „Klöckner-Siedlung“) Zweitstimmen für die AfD versehentlich den „Republikanern“
zugeordnet worden. Statt zunächst angegebenen 29 habe die AfD nun 71 Zweitstimmen erreicht. Im Wahl-
kreis 292 (Biberach) hätten nach einer Darstellung auf den Internetseiten der „Schwäbischen Zeitung“ alle
Parteien zusammen 102,7 Prozent erzielt. Im Wahllokal Kirchschule in Bochum-Langendreer seien zunächst
71,26 Prozent der Zweitstimmen für ungültig erklärt worden. Zudem seien in Bochum Wahlkreise vertauscht
worden, weshalb 600 Briefwahlstimmen nicht zählten. Wie sich aus der „Freien Presse“ ergebe, seien in der
Stadt Netzschkau im Wahlkreis 166 3.620 Stimmen abgegeben worden, obwohl dort nur 3.550 Wahlberech-
tigte lebten.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Die Landeswahlleiterin des Landes Baden-Württemberg hat zu dem Einspruch, soweit er die Wahl im
Land Baden-Württemberg betrifft – und damit beschränkt auf die Wahl im Wahlkreis 292 (Biberach) – am 3.
Februar 2014 wie folgt Stellung genommen:

Der genannte Artikel mit der grafischen Darstellung sei in der Schwäbischen Zeitung, Ausgabe Biberach, am
Montag, dem 23. September 2013, erschienen. Der Bericht habe die Betrachtung der Prozentzahlen der Erst-
stimmen in der Stadt Biberach und die Grafik die Darstellung der Prozentzahlen der Zweitstimmen in der
Stadt Biberach zum Inhalt gehabt. Rechne man die in der Grafik aufgeführten Prozentzahlen zusammen,
ergebe dies, wie von dem Einspruchsführer festgestellt, 102,7 Prozent. Die Zeitung habe die Ergebnisse der
Stadt Biberach im Internet über den Webserver des zuständigen kommunalen Rechenzentrums abgerufen.
Die Prozentzahlen der in der Grafik aufgeführten Parteien stimmten mit der Schnellmeldung des Wahlergeb-
nisses überein. Die Zahlen ergäben eine gerundete Summe von 96 Prozent. Die in der Grafik unter „Sonstige“
nicht namentlich aufgeführten Parteien hätten bei den Zweitstimmen einen Anteil von 4,2 Prozent und somit
alle Parteien in der Stadt Biberach 100 Prozent der gültigen Zweitstimmen. (Die Differenz von 0,2 Prozent
sei Ausfluss von Auf- bzw. Abrundungen bei sämtlichen Prozentzahlen). Der von der Zeitung bei den sonsti-
gen Parteien dargestellte Prozentsatz von 6,7 Prozent sei falsch und beruhe offensichtlich auf einem dortigen
Rechenfehler. Soweit die Presse bei ihren Veröffentlichungen der Wahlergebnisse nicht ausschließlich auf
die von den Gemeinden bzw. der Kreiswahlleitung zur Verfügung gestellten Daten zurückgreife bzw. die
Ergebnisse um eigene Berechnungen oder Bewertungen ergänze, berge dies regelmäßig Fehlerquellen. Diese

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 195 – Drucksache 18/1710

lägen in der alleinigen Verantwortung des Herausgebers der jeweiligen Publikation und begründeten keinen
Wahlfehler.

Die Landeswahlleiterin des Freistaates Sachsen hat zu dem Vorbringen des Einspruchsführers, soweit es
die Wahl im Freistaat Sachsen betrifft (Wahlkreis 166 [Vogtlandkreis]), am 4. Februar 2014 im Wesentlichen
wie folgt Stellung genommen:

Zur Feststellung des Wahlergebnisses könnten Wahlvorsteher und Wahlvorstände statt für jeden Wahlkreis
für einzelne oder mehrere Gemeinden oder für einzelne Kreise innerhalb des Wahlkreises eingesetzt werden;
die Anordnung treffe die Landesregierung oder die von ihr bestimmte Stelle. Von der Anordnungsbefugnis
gemäß § 8 Absatz 3 Halbsatz 2 des Bundeswahlgesetzes (BWG) sowie § 7 Nr. 2 BWO sei im Freistaat Sach-
sen durch die Verordnung der Sächsischen Staatsregierung zur Übertragung von Zuständigkeiten nach dem
Bundeswahlgesetz und dem Europawahlgesetz vom 16. April 2002 (Sächsisches Gesetz- und Verordnungs-
blatt 2002, S. 141) Gebrauch gemacht worden. Gemäß § 1 Absatz 4 dieser Verordnung könne der Kreiswahl-
leiter anordnen, dass die Briefwahlvorstände statt für den Wahlkreis für einzelne oder mehrere Gemeinden
oder für einzelne Kreise innerhalb des Wahlkreises gebildet würden. Er bestimme, wie viele Briefwahlvor-
stände und für welche Gemeinden oder Kreise die Briefwahlvorstände gebildet würden. Werde ein Brief-
wahlvorstand für mehrere Gemeinden gebildet, betraue der Kreiswahlleiter eine der Gemeinden mit der
Durchführung der Briefwahl. Mit Schreiben vom 12. März 2013 habe die Kreiswahlleiterin des Wahlkreises
166 unter anderem angeordnet, dass in der Gemeinde Netzschkau die Ermittlung des Briefwahlergebnisses
für die Gemeinden Netzschkau, Limbach, Mylau, Pöhl und Elsterberg erfolge. Dies habe bei der Feststellung
des vorläufigen Wahlergebnisses in der Wahlnacht in Netzschkau dazu geführt, dass bei einer Anzahl von
3 684 Wählern und 3 550 Wahlberechtigten eine Wahlbeteiligung von 103,8 Prozent erreicht worden sei. Bei
der Zusammenstellung des endgültigen Wahlergebnisses laut Anlage 30 zur Bundeswahlordnung durch die
Gemeindebehörde für Netzschkau, seien neben den 3 550 Wahlberechtigten 2 125 Urnenwähler und in den
beiden Briefwahlvorständen 1 560 Wähler ermittelt worden. Die Summe von 3 685 Wählern und 3 550
Wahlberechtigten habe beim endgültigen Wahlergebnis erneut zu einer Wahlbeteiligung von 103,8 Prozent
geführt. Dieses Ergebnis beruhe auf der rechtmäßigen Anordnung zur Bildung von Briefwahlvorständen und
könne als dessen Folge regelmäßig auftreten.

Der Landeswahlleiter des Landes Brandenburg hat zu dem Vorbringen des Einspruchsführers, soweit es
die Wahl im Land Brandenburg betrifft (Cottbus und Forst), am 6. Februar 2014 im Wesentlichen wie folgt
Stellung genommen:

Weder der Verfasser des Berichts in „Facebook“ noch der Einspruchsführer hätten auch nur einen hinrei-
chenden Nachweis für die Richtigkeit der Sachverhaltsbehauptung beigebracht. Ihm, dem Landeswahlleiter,
lägen auch keine Erkenntnisse zu den Behauptungen vor. Den für gewissenhafte Schulung und Vorgehens-
weise der Wahlvorstände beispielhaft anzuführenden Wahlprüfungsfällen mit den Aktenzeichen WP 20/13,
90/13 und 125/13 entnehme er aber, dass die Wahlvorstände in Brandenburg bei der Prüfung der Legitimati-
onsnachweise der Wahlberechtigten generell sehr gewissenhaft vorgegangen seien. Ohne hinreichenden
Nachweis der Sachverhaltsbehauptung sei davon auszugehen, dass kein Wahlrechtsverstoß vorliege. Gegebe-
nenfalls wäre von einem Einzelfall auszugehen, der sich nicht auf die Sitzverteilung im Bundestag ausge-
wirkt hätte.

Die Landeswahlleiterin des Landes Nordrhein-Westfalen hat zu dem Einspruch, soweit er ihren Zustän-
digkeitsbereich betrifft, am 18. Februar 2014 wie folgt Stellung genommen:

Der Einspruchsführer rüge nicht unerhebliche Differenzen zwischen dem vorläufigen und dem endgültigen
Wahlergebnis in Detmold. Hierzu habe der zuständige Kreiswahlleiter für den Wahlbezirk ausgeführt, dass
ins Internet ein nichtamtliches „Kontrollformular“ eines Wahlbeobachters eingestellt worden sei. Dieses
„Kontrollformular“ dokumentiere die Stimmenauszählung in einem Wahllokal der Stadt Detmold im Wahl-
kreis 136 (Höxter – Lippe I). Da aufgrund des veröffentlichten vorläufigen Ergebnisses der Stadt Detmold
Wahlbetrug vorgeworfen worden sei, habe der Kreiswahlleiter die erneute Auszählung des Wahlbezirks am
25. September 2013 veranlasst. Die seitens des Beobachters kritisierten und in dem Wahleinspruch nun auf-
gegriffenen Abweichungen hätten sich dabei nicht bestätigt. Es bleibe unklar, warum der Wahlbeobachter am
Wahlabend derartige Abweichungen habe feststellen können.

Der Einspruchsführer verweise auf einen Zeitungsartikel, demzufolge in Duisburg am Wahlabend mehrere
Wahlfehler ihren Posten vorzeitig verlassen hätten. Hierzu führe der zuständige Kreiswahlleiter in seiner

Drucksache 18/1710 – 196 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Stellungnahme aus, dass es richtig sei, dass bei der Auszählung der Bundestagswahl Probleme aufgetreten
seien und teilweise Wahlvorstandsmitglieder nach der Auszählung, aber vor dem Feststehen eines schlüssi-
gen Ergebnisses der Auszählung das Wahllokal verlassen hätten. In diesen Fällen seien die Auszählungser-
gebnisse mit Unterstützung von Mitarbeitern des Wahlamtes durch eine vollständige Neuauszählung aller
Stimmzettel der entsprechenden Wahlbezirke ermittelt worden. Zu den Gründen für das vorzeitige Verlassen
habe der Wahlleiter mitgeteilt, dass einige Wahlvorstandsmitglieder davon ausgegangen seien, dass mit der
Übermittlung der Schnellmeldung ihre Tätigkeit beendet sei. Sie hätten daher das Ende der Übermittlung
nicht mehr abgewartet. Mit einem Fehler in der Schnellmeldung, der eine Neuauszählung erforderlich ge-
macht habe, hätten sie offenbar nicht gerechnet. Teilweise seien diese Probleme vermutlich auf Missver-
ständnisse im Zusammenhang mit den Schulungen zurückzuführen. Sie, die Landeswahlleiterin, habe den
Kreiswahlleiter gebeten, auf diesen Umstand bei zukünftigen Schulungen sein besonderes Augenmerk zu
legen.

Zu der angesprochenen Nachzählung des Wahlergebnisses im Wahlkreis 120 (Mülheim – Essen I) sei festzu-
halten, dass die Feststellung des Wahlergebnisses im Wahlkreis durch den Kreiswahlausschuss – nach Vorbe-
reitung durch den zuständigen Kreiswahlleiter – erfolgt sei. Aufgrund des überaus knappen Stimmenunter-
schiedes und weiterer Vorkommnisse bei der Durchführung der Wahl in Essen habe der Kreiswahlausschuss
eine vollständige Nachzählung aller abgegebenen Stimmen beschlossen. Dieses Vorgehen stelle eine Aus-
nahme dar und erscheine nachvollziehbar, diene es doch der Sicherstellung eines korrekt ermittelten Wahler-
gebnisses. Um absichtliche oder unabsichtliche Fehler bei der Ergebnisfeststellung zu verhindern, seien die
dabei einzuhaltenden Abläufe durch Bundeswahlgesetz und Bundeswahlordnung detailliert vorgeschrieben.
Dies betreffe auch die Dokumentation durch daran beteiligte und besonders verpflichtete Wahlorgane, deren
lückenlose Vornahme durch entsprechende Anlagen zur Bundeswahlordnung gewährleistet werden solle.
Abgesehen davon gelte, dass aufgrund des in der Regel deutlichen Stimmenunterschiedes bei den Wahlkreis-
bewerberinnen und Wahlkreisbewerbern kleinere Zählfehler nicht ins Gewicht fielen. Es verstehe sich von
selbst, dass Zählfehler durch wechselseitige Kontrollen der Wahlvorstandsmitglieder bereits im Wahllokal
vermieden werden sollten. Auch prüfe der Kreiswahlleiter die vorgelegten Niederschriften auf ihre Richtig-
keit hin. Es sei jedoch zu berücksichtigen, dass an allen Stellen letztlich Menschen den Zählvorgang manuell
durchführten, wobei es gelegentlich zu Fehlern kommen könne. Diese seien jedoch – wie dargestellt – in der
Regel wegen der großen Stimmenunterschiede unproblematisch.

Der Einspruchsführer führe an, dass das Zweitstimmenergebnis in Waltrop zum Teil habe korrigiert werden
müssen. Dies sei auch Gegenstand der Berichterstattung der „Waltroper Zeitung“ gewesen. Der erforderli-
chen Korrektur habe das fehlerhafte Ausfüllen der betroffenen Wahlniederschrift durch den Wahlvorstand
zugrunde gelegen. Die Wahlniederschrift nach Anlage 29 zur Bundeswahlordnung (BWO) liste zum einen
die Summe der gültigen Stimmen im Wahlkreis (Erststimmen) und zum anderen die Summe der gültigen
Stimmen für die Landeslisten (Zweitstimmen) auf. Dabei würden verschiedene Zwischensummen in die
Wahlniederschrift eingefügt, die sich aus der Zählung der unterschiedlichen Stimmzettelstapel ergäben. Diese
würden in einem weiteren Schritt zu einer Gesamtsumme aufgerechnet. Irrtümlich sei bei der Dokumentation
der gültigen Zweitstimmen der Partei „Die Republikaner“ ein Teil der Zweitstimmen für die AfD zugeschrie-
ben worden. Dieses Versehen habe aus der vorherigen Eintragung der gültigen Erststimmen resultiert. Für die
Landeslisten unter den laufenden Nummern 1 bis 7 und der laufenden Nummer 15 (= AfD) seien auch Di-
rektkandidaten angetreten. Dementsprechend habe sich der Direktkandidat der AfD in dieser Auflistung be-
reits an achter Stelle (in der achten Zeile) befunden. Er habe 47 Erststimmen erhalten. Für die Dokumentation
der gültigen Zweitstimmen habe sich demgegenüber an achter Stelle korrekterweise die Landesliste der „Re-
publikaner“ befunden. Versehentlich sei hier ein Teil der Zweitstimmenzahl (42) der AfD eingetragen wor-
den – für die insgesamt 71 Zweitstimmen abgegeben worden seien –, der richtigerweise weiter unten bei „F
15“ für deren Landesliste hätte zusätzlich berücksichtigt werden müssen. Demgegenüber hätten „Die Repub-
likaner“ keine Zweitstimmen erhalten. Dieser falsche Eintrag sei bei der Kontrolle der Wahlniederschrift
aufgefallen und entsprechend korrigiert worden. Die entsprechende Presseinformation der Stadt sei durch die
„Waltroper Zeitung“ im Rahmen der Wahlberichterstattung aufgenommen worden.

Der Einspruchsführer rüge die hohe, später korrigierte Prozentzahl an ungültigen Zweitstimmen in einem
Wahlbezirk in Bochum. Hierzu führe der zuständige Kreiswahlleiter in seiner Stellungnahme aus: Bei der
Stimmenauszählung am Sonntagabend (Wahlabend) habe für den Wahlbezirk 4401 im Wahlkreis 141 bei
mehrfachen Schnellmeldungen kein plausibles Ergebnis festgestellt werden können. Da nicht damit zu rech-
nen gewesen sei, dass in absehbarer Zeit die Differenzen hätten aufgeklärt werden können, sei um 22.15 Uhr

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 197 – Drucksache 18/1710

entschieden worden, diesen Bezirk am Montag durch Mitarbeiter des Wahlbüros komplett neu auszuzählen.
Da für die noch am Sonntagabend erforderliche Meldung des vorläufigen Ergebnisses an die Landeswahllei-
tung aber auch für diesen Wahlbezirk ein – zumindest vorläufiges – Wahlergebnis einzutragen gewesen sei,
habe sich die Wahlleitung dazu entschlossen, die bis dahin sicher richtig ausgezählten Stimmen auszuweisen
und die noch nicht geklärten zunächst als ungültige Stimmen einzutragen. Dadurch sei sichergestellt gewe-
sen, dass zunächst ein vorläufiges Ergebnis vorgelegen habe, keine falschen Stimmenzuordnungen zu den
Kandidaten oder Parteien ausgewiesen worden seien und umgehend am Montag auch für den betreffenden
Wahlbezirk die korrekten Zahlen vorgelegen hätten. Die Vorgehensweise des Kreiswahlleiters sei unbefrie-
digend. Dies gelte umso mehr, als dass am Wahlabend keine entsprechende Information der Landeswahllei-
tung erfolgt sei. Hier hätte eine ordnungsgemäße Nachzählung noch in der Wahlnacht erfolgen müssen. Sie,
die Landeswahlleiterin, habe den Kreiswahlleiter gebeten, dafür Sorge zu tragen, dass sich ein solcher Vorfall
nicht wiederhole.

Die Niedersächsische Landeswahlleiterin hat zu dem Einspruchsgegenstand, soweit er ihren Zuständig-
keitsbereich betrifft, am 6. März 2014 im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Der Einspruchsführer habe aus dem Nachrichtenmagazin „Focus“ zitiert. Darin werde über einen Fall aus der
Stadt Göttingen im Wahlkreis 53 (Göttingen) berichtet, wonach eine Frau M. O. seit dem 9. September 2013
vergeblich auf ihren Wahlschein und die Briefwahlunterlagen gewartet haben solle, die sie am selben Tag
dort beantragt habe. Am 16. September 2013 habe man ihr mitgeteilt, dass alles korrekt bearbeitet worden sei
und der Fehler wohl bei der Post liegen würde.

Sie, die Landeswahlleiterin, habe den Kreiswahlleiter des Wahlkreises 53 hierzu um Stellungnahme gebeten.
Dieser habe mitgeteilt, dass Frau O. im Online-Antragsformular der Stadt Göttingen die Wahlunterlagen am
9. September 2013 beantragt habe. Die Unterlagen seien dem Postdienstleister „C.“ am 10. September 2013
übergeben und laut Stempel am 11. September 2013 an die von Frau O. angegebene Anschrift in 49696
Peheim versandt worden. Die Unterlagen seien am 19. September 2013 als unzustellbar zurückgekommen.
Aufgrund ihrer, der Landeswahlleiterin, eigenen Erkenntnisse könnte dies möglicherweise daran liegen, dass
die von Frau O. angegebene Adresse in dieser Form nicht korrekt sei. Der Ort Peheim sei nur ein Ortsteil der
Gemeinde Molbergen. Wahrscheinlich hätte die von Frau O. angegebene Adresse auf Molbergen lauten müs-
sen. Dies könne im Ergebnis jedoch dahinstehen, da insoweit kein mandatsrelevanter Wahlfehler vorliege,
wie der Wahlprüfungsausschuss des Deutschen Bundestages bereits in ständiger Spruchpraxis entschieden
habe, da in solchen Fällen diejenige Person, die den Wahlschein und die Briefwahlunterlagen beantrage, auch
das Beförderungsrisiko vom Gemeindebüro zu der angegebenen Adresse trage. Sie, die Landeswahlleiterin,
halte den Wahleinspruch daher für unbegründet.

Entscheidungsgründe

I.

Die Zulässigkeit des Einspruchs ist bereits zweifelhaft. Gemäß § 2 Absatz 3 des Wahlprüfungsgesetzes muss
der Einspruch schriftlich beim Deutschen Bundestag eingelegt werden. Es entspricht ständiger – und in der
Sitzung am 13. Februar 2014 bestätigter – Praxis des Wahlprüfungsausschusses und des Deutschen Bundes-
tages, dass die Einlegung per E-Mail nicht der Schriftform genügt. Ausschließlich per E-Mail eingelegte
Einsprüche wurden aus diesem Grund stets als unzulässig zurückgewiesen (vgl. etwa Bundestagsdrucksachen
15/1850, Anlagen 41 und 55; 15/4250, Anlage 10; 16/900, Anlagen 31 und 32; 16/5700, Anlage 33; 17/6300,
Anlage 1). Im vorliegenden Fall ist zwar die Unterschrift per Fax, die Einspruchsschrift im Übrigen aber
nahezu vollständig allein per E-Mail übersandt worden. Ob dies der Schriftform genügt, kann aber dahinste-
hen, da der Einspruch jedenfalls unbegründet ist.

II.

Der Einspruch ist unbegründet, da sich dem Vorbringen des Einspruchsführers kein die Sitzverteilung im 18.
Deutschen Bundestag berührender Wahlfehler entnehmen lässt.

1. Es stellt keinen Wahlfehler dar, dass der Einspruchsführer keine Wahlbenachrichtigung erhalten haben
will. Denn der Erhalt einer Wahlbenachrichtigung ist nicht Voraussetzung dafür, sein Wahlrecht ausüben zu
können – wie der Einspruchsführer selbst andeutet. Nach § 14 Absatz 1 des Bundeswahlgesetzes (BWG) darf
wählen, wer in ein Wählerverzeichnis eingetragen ist oder einen Wahlschein hat. Seinen Eintrag ins Wähler-

Drucksache 18/1710 – 198 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

verzeichnis bestreitet der Einspruchsführer nicht. Die Wahlberechtigung dient zwar als Identitätsnachweis
(vgl. Hahlen, in: Schreiber, Bundeswahlgesetz, 9. Auflage 2013, § 14 Rn. 10). Ihre Vorlage zur Stimmabgabe
im Wahllokal ist jedoch nicht erforderlich (vgl. Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlage 7; 17/2250, Anlage
18). Durch Vorlage seines Personalausweises oder eines sonstigen amtlichen Papiers (vgl. § 56 Absatz 3 der
Bundeswahlordnung) hätte der Einspruchsführer grundsätzlich in dem für ihn zuständigen Wahllokal am
Wahltag sein Wahlrecht ausüben können.

2. Es entspricht geltendem Recht, dass sich nicht alle Wahlberechtigten im Wahlraum ausweisen mussten
(vgl. etwa Bundestagsdrucksachen 15/1150 Anlagen 31 und 33; 16/900, Anlagen 21 und 22; 16/3600, Anlage
32; 16/5700, Anlagen 8 und 22; 17/2250, Anlagen 2 bis 4, 8, 10, 13, 15, 17, 20). Ausweisen müssen sich
nach § 59 Satz 1 BWO die Inhaber von Wahlscheinen. Ansonsten hat sich der Wahlberechtigte nach § 56
Absatz 3 Satz 2 BWO nur auf Verlangen des Wahlvorstandes auszuweisen. Der Wahlvorstand verlangt dies
insbesondere dann, wenn der Wähler seine Wahlbenachrichtigung nicht vorlegt. Ist der Name des Wählers im
Wählerverzeichnis aufgeführt, die Wahlberechtigung festgestellt und besteht außerdem kein Anlass zur Zu-
rückweisung des Wählers, gibt der Wahlvorsteher die Wahlurne frei (§ 56 Absatz 4 Satz 1 BWO). In der
Regel ist somit die Vorlage der Wahlbenachrichtigung zur Feststellung der Identität ausreichend. Diese Art
der Kontrolle bietet hinreichend Gewähr dafür, dass die Identität der Wählerinnen und Wähler überprüft und
Manipulationen durch eine mehrfache Teilnahme an der Wahl verhindert werden. Eine generelle Pflicht aller
Wahlwilligen zur Identifikation besteht ebenso wenig wie eine prinzipielle Pflicht der Wahlvorstände zur
Ausweis- bzw. Reisepasskontrolle.

3. Auch die Verwendung von Bleistiften als Schreibgerät in der Wahlzelle (Wahlkabine) begründet keinen
Wahlfehler. Gemäß § 50 Absatz 2 BWO soll in der Wahlzelle ein Schreibstift bereitliegen. Nach ständiger
Entscheidungspraxis des Wahlprüfungsausschusses und des Deutschen Bundestages genügt dieser Vorschrift
jede Art von funktionsfähigem Schreibstift, also auch ein Bleistift (vgl. etwa Bundestagsdrucksachen 16/900,
Anlagen 23 und 25 mit weiteren Nachweisen; 17/2250, Anlage 21). Dem Wähler steht es überdies grundsätz-
lich frei, das bereitliegende Schreibmittel zu benutzen oder den Stimmzettel mit einem eigenen Schreibgerät
zu kennzeichnen. Da sowohl die Wahlhandlung als auch die Auszählung der Stimmen öffentlich erfolgen,
und nur bei diesen Gelegenheiten die vom Einspruchsführer befürchteten Manipulationen an den Stimmzet-
teln vorgenommen werden könnten, erscheint die vom Einspruchsführer befürchtete Gefahr eines Wahlbe-
trugs weitgehend ausgeschlossen zu sein.

4. Hinsichtlich der angeblich falschen Ausgestaltung und unzutreffenden Angaben des Personalausweises
und des Reisepasses ist zweierlei vorauszuschicken: Erstens ist ein Ausweis nur ausnahmsweise zur Identifi-
kation im Wahlraum vorzuzeigen, so dass die Gestaltung nur dann überhaupt wahlrechtsrelevant ist. Zwei-
tens sind der Personalausweis und der Reisepass in ihrer jetzigen Form – wenn sie denn einmal im Wahlraum
vorzuzeigen sind – ohne Weiteres geeignet, den Wahlvorstandsmitgliedern im Wahlraum den Abgleich mit
dem im Wahlraum vorliegenden Auszug aus dem Wählerverzeichnis zu ermöglichen. Für jede Betrachterin
und jeden Betrachter, die Deutsch sprechen und den Ausweis unbefangen betrachten, ist sofort klar, dass in
der mit „Name“ überschriebenen Rubrik der Familienname aufgeführt ist. Was mit „Name“ sonst alternativ
gemeint sein könnte, trägt der Einspruchsführer nicht vor. Die weiteren Ausführungen des Einspruchsführers
zur angeblich nicht erfolgten Gründung der Bundesrepublik Deutschland und dem Fortbestehen des Deut-
schen Reiches, die ebenfalls Fehler des Personalausweises und des Reisepasses begründen sollen, sind nicht
nur für den Wahlvorgang unerheblich, sondern auch aus Sicht des Wahlprüfungsausschusses und des Deut-
schen Bundestages aus sich heraus nicht nachvollziehbar; auf eine weitere inhaltliche Auseinandersetzung
wird im Rahmen des Wahlprüfungsverfahrens verzichtet.

5. Dass die Partei „Deutsche Nationalversammlung“ nicht zur Wahl angetreten ist, obwohl sie zugelassen
war, begründet keinen Wahlfehler. Die Partei hat auf die Wahlteilnahme verzichtet, was rechtlich zulässig ist.
Parteien können gemäß § 18 BWG Wahlvorschläge einreichen, müssen dies aber nicht.

6. Hinsichtlich der Faltung der Stimmzettel wird nicht hinreichend deutlich, worin ein Wahlfehler gelegen
haben soll. Auch die Unterstellung, die Gestaltung habe dazu geführt, dass die AfD leicht hätte übersehen
werden können, trägt nicht. Wahlbeanstandungen, die über nicht belegte Vermutungen oder die bloße Andeu-
tung der Möglichkeit von Wahlfehlern nicht hinausgehen und einen konkreten, der Überprüfung zugängli-
chen Tatsachenvortrag nicht enthalten, müssen als unsubstantiiert zurückgewiesen werden (Bundestagsdruck-
sachen 15/1150, Anlagen 283, 284, 285; 15/1850, Anlage 25; 15/2400, Anlage 9; 17/1000, Anlagen 13 und

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 199 – Drucksache 18/1710

19; BVerfGE 48, 271 [276]; 66, 369 [379]; 85, 148 [159]; 122, 304 [309]; Hahlen, in: Schreiber, § 49 Rn.
25).

7. Aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Juli 2008 (BVerfGE 121, 266) und auch aus späte-
ren Entscheidungen folgt – entgegen der Auffassung des Einspruchsführers – nicht, dass der Deutsche Bun-
destag „angesichts der verfassungswidrigen Überhangmandatsregelung“ seit dem Jahr 1956 grundgesetzwid-
rig zustande gekommen und daher auch das Bundeswahlgesetz verfassungswidrig erlassen worden sei. Auch
trifft es nicht zu, dass die im Jahr 2008 vom Gericht gesetzte Frist zur Schaffung verfassungskonformer Zu-
stände vom Bundestag nicht in hinreichender Weise genutzt worden ist. Das Bundesverfassungsgericht hat in
der genannten Entscheidung lediglich festgestellt, § 7 Absatz 3 Satz 2 in Verbindung mit § 6 Absätze 4 und 5
BWG (alte Fassung) verletze die Grundsätze der Gleichheit und der Unmittelbarkeit der Wahl, soweit hier-
durch ermöglicht werde, dass ein Zuwachs an Zweitstimmen zu einem Verlust an Sitzen der Landeslisten
oder ein Verlust an Zweitstimmen zu einem Zuwachs an Sitzen der Landeslisten führen könne (sog. negatives
Stimmgewicht oder inverser Erfolgswert). Eine Aufhebung oder Nichtigerklärung des Bundeswahlgesetzes
hatte das Urteil nicht zur Folge. Der Deutsche Bundestag hat auf die Einwände des Bundesverfassungsge-
richts hin das Neunzehnte Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes vom 25. November 2011 (Bundes-
gesetzblatt I. S. 2313) erlassen. Nach einer weiteren Entscheidung vom 25. Juli 2012 (BVerfGE 131, 316) hat
das Parlament das Sitzverteilungsverfahren auf die Landeslisten durch das Zweiundzwanzigste Gesetz zur
Änderung des Bundeswahlgesetzes vom 3. Mai 2013 (Bundesgesetzblatt I S. 1082) neu und entsprechend den
Vorgaben des Gerichts geregelt und unter anderem den Effekt des negativen Stimmgewichts soweit wie mög-
lich beseitigt.

8. Die vom Einspruchsführer bemängelten Vorkommnisse in verschiedenen Städten führen nicht zur Ungül-
tigkeit der Bundestagswahl.

a) Bezüglich der angeblichen Mehrfachwahl eines Wählers in Cottbus und Forst ist das Vorbringen des Ein-
spruchsführers nicht substantiiert genug, um einen Wahlfehler zu begründen. Es wird nicht hinreichend deut-
lich, wer wo genau doppelt gewählt haben soll. Ein pauschaler Verweis auf das Internet als Informationsquel-
le genügt nicht. Dem Landeswahlleiter liegen überdies keine entsprechenden Erkenntnisse auf eine Mehr-
fachwahl in Cottbus und Forst vor.

b) In Detmold(-Pivitsheide) ist es zu keinem Wahlrechtsverstoß gekommen. Vielmehr räumt die erneute
Auszählung des angeblich betroffenen Wahlbezirks den Verdacht aus, der sich allein auf ein im Internet zu
findendes Foto eines „Kontrollformulars“ gründet.

c) Im Fall der angeblich verloren gegangenen Briefwahlstimmen in Hamburg liegt kein rechtswidriges Ver-
halten vor. Das Statistische Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein hat in einer auch im Internet abrufba-
ren Pressemitteilung vom 25. September 2013 (www.statistik-nord.de) erklärt, dass in der am 23. September
2013 veröffentlichten Wahlanalyse zum vorläufigen Ergebnis der Bundestagswahl in Hamburg die Zahl der
Briefwählerinnen und -wähler nicht korrekt ausgewiesen worden sei. Eine Überprüfung habe ergeben, dass
die entsprechende Abfrage der Datenbank für das vorläufige Wahlergebnis versehentlich so programmiert
worden sei, dass nicht alle Briefwahlbezirke einbezogen worden seien. Auf die Zusendung von 301 884
Briefwahlunterlagen hin hätten 268 504 Wählerinnen und Wähler von ihrem Wahlrecht per Brief Gebrauch
gemacht, nicht wie ursprünglich angegeben 198 739 Wahlberechtigte. Die Befürchtung, Briefwahlstimmen
könnten unberücksichtigt geblieben sein, treffe nicht zu. Diese Vermutung sei dadurch entstanden, dass der
Zahl der ausgegebenen Briefwahlunterlagen (Wahlschein, Stimmzettel und Umschläge) von 301 884 eine
Zahl von 198 739 Briefwählern gegenübergestellt worden sei. Zur Erläuterung dieser Differenz hat das Sta-
tistische Amt auf drei Ursachen hingewiesen: Die Überprüfung habe ergeben, dass die Zahl der Briefwähle-
rinnen und -wähler infolge der fehlerhaften Abfrage der Datenbank um rund 70 000 zu niedrig angegeben
worden sei. Sie sei auf 268 504 korrigiert worden. Des Weiteren gehörten zu den 301 884 ausgegebenen
Wahlscheinen auch solche, die die Stimmabgabe in einem anderen Wahllokal als in dem eigenen ermögli-
chen sollten, z. B. in einem barrierefreien Wahllokal. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass erfahrungsge-
mäß rund fünf bis zehn Prozent der ausgegebenen Briefwahlunterlagen nicht rechtzeitig und vollständig zu-
rückliefen. Die Gründe hierfür seien vielfältig und lägen z. B. im zu späten Erhalt, der Nichtnutzung oder der
zu späten Rücksendung der Briefwahlunterlagen. Darüber hinaus fänden solche Wahlbriefe keinen Eingang
in die Zählung der Briefwähler, die aus formalen Gründen zurückzuweisen seien, z. B. weil der Wahlschein
fehle oder nicht unterschrieben sei. Der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag folgen dieser
schlüssigen Darstellung.

Drucksache 18/1710 – 200 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

d) In Duisburg kam es zu keinem die Gültigkeit der Bundestagswahl 2013 berührenden Wahlfehler.

aa) Zwar wurde ärgerlicherweise gegen wahlrechtliche Vorgaben verstoßen, als 405 Wahlberechtigten in den
beiden Wahlkreisen 115 und 116 Briefwahlunterlagen für den benachbarten (Duisburger) Wahlkreis zuge-
sandt wurden. Die Stadt Duisburg konnte allerdings die Adressaten der fehlerhaften Unterlagen ermitteln und
hat diese angeschrieben sowie das weitere Vorgehen erklärt. Außerdem wurde die Presse informiert. Es ist
also davon auszugehen, dass die Wahlberechtigten die falschen Unterlagen austauschen ließen. Ob gleich-
wohl einige Wahlberechtigte doch mit den – für den jeweiligen Wahlkreis – nicht passenden Stimmzetteln
wählten, lässt sich angesichts des Wahlgeheimnisses naturgemäß nicht ermitteln. In einem solchen Fall wäre
die Erststimme gemäß § 39 Absatz 1 Satz 2 BWG ungültig gewesen. Doch selbst wenn es dazu gekommen
sein sollte, hätte kein Wahlfehler vorgelegen. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungs-
gerichts, der sich der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag schon früher stets angeschlossen
haben, beeinträchtigt ein Wahlfehler nur dann die Gültigkeit der Bundestagswahl, wenn er auf die Sitzvertei-
lung von Einfluss war oder hätte sein können (vgl. nur BVerfGE 89, 243 [254]; Bundestagsdrucksachen
16/900, Anlage 20; 17/1000, Anlagen 10, 15, 19 und 20; 17/2200, Anlagen 5, 12 und 25; 17/2250, Anlagen
18 und 22; 17/3100, Anlage 21). Daran fehlt es hier: Im Wahlkreis 115 hatte die erstplatzierte Bewerberin der
SPD einen Vorsprung von 17 302 Stimmen vor dem zweitplatzierten Bewerber der CDU; im Wahlkreis 116
erzielte der erstplatzierte Direktkandidat der SPD einen Vorsprung von 14 105 Stimmen vor dem zweitplat-
zierten Kandidaten der CDU.

bb) Hingegen stellt es schon keinen Wahlfehler dar, dass in Duisburg in mehreren Fällen Wahlvorstandsmit-
glieder, das jeweilige Wahllokal, dem sie zugeteilt waren, nach der Auszählung verlassen haben, bevor ein
schlüssiges Ergebnis der Auszählung feststand. Bei der Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses
sollen gemäß § 6 Absatz 8 Satz 2 BWO alle Mitglieder des Wahlvorstandes – also der Wahlvorsteher, alle
Beisitzer und der Schriftführer (vgl. Frommer/Engelbrecht, Bundeswahlrecht, 2013, § 6 BWO Rn. 9) – anwe-
send sein, müssen es aber nicht. Damit der Wahlvorstand bei der Ermittlung und Feststellung des Wahler-
gebnisses herzustellen beschlussfähig ist, müssen gemäß § 6 Absatz 9 Satz 1 BWO der Wahlvorsteher und
der Schriftführer bzw. ihre Stellvertreter sowie drei Beisitzer anwesend sein. Fehlende Beisitzer sind indessen
gemäß § 6 Absatz 9 Satz 2 BWO durch andere Wahlberechtigte zu ersetzen. Im vorliegenden Fall wurden die
fehlenden Wahlvorstandsmitglieder durch Gemeindemitarbeiter ersetzt, wodurch die Beschlussfähigkeit ge-
wahrt war. Einfluss auf die Sitzverteilung im 18. Deutschen Bundestag hatte das frühzeitige Verlassen von
Wahlräumen durch einige Wahlvorstandsmitglieder ohnehin nicht. Gleichwohl erwarten der Wahlprüfungs-
ausschuss und der Deutsche Bundestag, dass derartige Probleme bei künftigen Bundestagswahlen nicht mehr
auftreten. Der für Duisburg zuständige Kreiswahlleiter ist aufgefordert, die Wahlvorstandsmitglieder künftig
deutlich auf die Dauer ihres Amtes hinzuweisen.

e) In Essen ist – entgegen der Behauptung des Einspruchsführers – die Nachzählung nicht verweigert worden.
Im Gegenteil hat der Kreiswahlausschuss für den Wahlkreis 120, der einen Teil von Essen umfasst, aufgrund
des überaus knappen Stimmenunterschiedes und weiterer Vorkommnisse bei der Durchführung der Wahl
ausnahmsweise eine vollständige Nachzählung aller abgegebenen Stimmen beschlossen. Dadurch wurde
sichergestellt, dass sich alle gültigen Stimmen im Wahlergebnis nunmehr wiederfinden.

f) Der Vortrag des Einspruchsführers zu Briefwahlunterlagen, die angeblich in Tausenden von Fällen ihre
Adressaten nicht erreicht hätten, ist zu pauschal, um ihn überprüfen zu können. Auch die Nennung zweier
Orte – nämlich Hamburg und Göttingen – führt nicht weiter. Der Vortrag ist insoweit als unsubstantiiert zu-
rückzuweisen. Bezüglich Göttingens ist darauf hinzuweisen, dass in dem in den Medien erwähnten Fall einer
dort gemeldeten Wahlberechtigten – auf den die Niedersächsische Landeswahlleiterin Bezug nimmt – kein
Wahlfehler vorlag.

g) Es trifft zu, dass in einem Wahlbezirk in Waltrop in die Wahlniederschrift für „Die Republikaner“ und die
AfD zuerst versehentlich ein falsches Zweitstimmenergebnis eingetragen wurde. „Die Republikaner“ erhiel-
ten eigentlich keine Zweitstimmen; fälschlicherweise waren nach der Wahlniederschrift aber 42 Zweitstim-
men für sie abgegeben worden. Die AfD erhielt in Wahrheit 71 Zweitstimmen statt der zunächst in die Wahl-
niederschrift eingetragenen 29 Zweitstimmen. Ein Wahlfehler lag in der falsch ausgefüllten Wahlnieder-
schrift jedoch nicht, da das Versehen noch berichtigt wurde und die korrekten Zahlen in das Wahlergebnis
einflossen.

h) Hinsichtlich der durch eine Tageszeitung veröffentlichten Ergebnisse in Biberach liegt ebenfalls kein
Wahlfehler vor. Zwar hat die Zeitung Ergebnisse falsch errechnet bzw. wiedergegeben. Aber solche Fehler

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 201 – Drucksache 18/1710

liegen in der alleinigen Verantwortung des Herausgebers der jeweiligen Publikation. Die Wahlbehörden ha-
ben darauf keinen Einfluss. Sie haben ihre Ergebnisse korrekt ermittelt.

i) Auch in Bochum kam es zu keinen für die Sitzverteilung relevanten Wahlfehlern.

aa) Es stellt zwar einen höchst ärgerlichen und künftig zu vermeidenden Wahlfehler dar, dass mehreren
Wahlberechtigten in den zwei Wahlkreisen 140 und 141 teilweise Briefwahlunterlagen für den benachbarten
(Bochumer) Wahlkreis zugesandt wurden. Die Erststimmen derjenigen 602 Briefwähler, die einen – für den
jeweiligen Wahlkreis – falschen Stimmzettel zurückgesandt hatten, waren gemäß § 39 Absatz 1 Satz 2 BWG
ungültig. Im Wahlkreis 140 waren 592 und im Wahlkreis 141 10 Stimmzettel betroffen. Auf das Erststim-
menergebnis in beiden Wahlkreisen und damit die Vergabe des jeweiligen Direktmandats, also die Sitzvertei-
lung im 18. Deutschen Bundestag und damit die Gültigkeit der Bundestagswahl 2013 (s. o.), wirkte sich das
Versehen indessen nicht aus: Im Wahlkreis 140 hatte der Erstplatzierte einen Vorsprung von 12.990 Stimmen
vor dem zweitplatzierten Bewerber; im Wahlkreis 141 erzielte die erstplatzierte Bewerberin einen Vorsprung
von 23.803 Stimmen vor der zweitplatzierten Kandidatin.

bb) Soweit der Einspruchsführer auf Auszählungsprobleme in Bochum hinweist, ist festzustellen, dass es im
Wahlbezirk 4401 im Wahlkreis 141 ärgerlicherweise nicht möglich war, am Wahlabend ein korrektes Wahl-
ergebnis zu ermitteln. Die Entscheidung des Kreiswahlleiters, die Auszählung aufgrund der aufgetretenen
Differenzen abzubrechen und am Montag, dem 23. September 2013, eine komplette Neuauszählung vorzu-
nehmen, widersprach § 67 BWO, wonach die Auszählung im Anschluss an die Wahlhandlung ohne Unter-
brechung stattzufinden hat. Die ordnungsgemäße Nachzählung hätte – worauf die Landeswahlleiterin des
Landes Nordrhein-Westfalen zutreffend hinweist – noch in der Wahlnacht erfolgen müssen. Eine Aussetzung
oder Unterbrechung stellt einen schwerwiegenden Wahlverstoß dar (vgl. Hahlen, in: Schreiber, § 37 Rn. 2).
Dieser Wahlfehler war aber nicht mandatsrelevant, da er sich auf die Sitzverteilung im Parlament nicht aus-
gewirkt hat oder hätte auswirken können. Denn die Sitzverteilung geschah aufgrund des amtlichen Endergeb-
nisses. In dieses wiederum sind die aufgrund der Neuauszählung ermittelten (korrekten) Zahlen eingeflossen.

j) Das vom Einspruchsführer bemängelte Ergebnis in Netzschkau beruht auf der rechtmäßigen Anordnung
zur Bildung von Briefwahlvorständen gemäß § 8 Absatz 3 Halbsatz 2 BWG, § 7 Nr. 2 BWO sowie der Ver-
ordnung der Sächsischen Staatsregierung zur Übertragung von Zuständigkeiten nach dem Bundeswahlgesetz
und dem Europawahlgesetz. Insoweit liegt ebenfalls kein Wahlfehler vor.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 203 – Drucksache 18/1710

Anlage 51

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

der Frau A. H., 47-180 Otmice (PL),

– Az.: WP 110/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Die Einspruchsführerin hat mit einem Schreiben vom 25. Oktober 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 bzw. einer Verletzung ihres subjektiven Wahl-
rechts eingelegt.

Sie trägt vor, der als nationale Minderheit anerkannten deutschen Volksgruppe in der Republik Polen anzu-
gehören. Sie habe am 22. August 2013 bei der Stadt Gelsenkirchen beantragt, in das Wählerverzeichnis ein-
getragen zu werden und einen Wahlschein zu erhalten. Beides habe die Stadt abgelehnt. Dies stelle eine Ver-
letzung ihres subjektiven Wahlrechts dar. Außerdem liege ein Fehler bei der Vorbereitung der Wahl vor, da
die Stadt offenbar geglaubt habe, ein Ermessen zu besitzen, was den Anwendungshinweisen des Bundesmi-
nisteriums des Innern zu § 12 Absatz 2 Nr. 2 des Bundeswahlgesetzes (BWG) widerspreche. Ihr seien mehre-
re Fälle bekannt, in denen die jeweiligen deutschen Gemeinden die Begründung, zur deutschen Volksgruppe
in Polen zu gehören, akzeptiert hätten. Die Zugehörigkeit zu dieser Gruppe, die nach Angaben der deutschen
Botschaft in Warschau etwa 300.000 Menschen umfasse, sollte dringend in die Anwendungshinweise des
Bundesministeriums des Innern aufgenommen werden. Die Angehörige der deutschen Volksgruppe besäßen
neben der polnischen auch die deutsche Staatsangehörigkeit. Sie seien von den politischen Verhältnissen in
der Bundesrepublik Deutschland betroffen. Deutschland habe eine Schutz- und Obhutspflicht für die deut-
sche Volksgruppe. Die Angehörigen dieser Volksgruppe seien kollektiv persönlich und unmittelbar mit den
politischen Verhältnissen Deutschlands, nicht zuletzt über familiären Austausch, vertraut. Der „Deutsche
Freundschaftskreis“ (DFK) als größte Minderheitenorganisation in Polen stelle in seinen Begegnungsstätten
deutsche Printmedien und die „Informationen zur politischen Bildung“ der Bundeszentrale für politische
Bildung zur Verfügung. Der Empfang deutscher Rundfunkprogramme via Satellit stehe seit 1989 auf der
Tagesordnung. Auch Mitglieder des Deutschen Bundestages und der Landesparlamente nähmen regelmäßig
an den Veranstaltungen des DFK teil und träfen sich mit dessen Repräsentanten. Ihre, der Einspruchsführerin,
eigene Betroffenheit durch die politischen Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland manifestiere sich
schwerpunktmäßig in Gelsenkirchen, wo ihre Schwester mit deren Familie lebe, die sie mehrfach im Jahr
besuche.

Wenn weiteren Personen das Wahlrecht verweigert worden sei, habe dieser Wahlfehler wohl erheblichen
Einfluss auf die Sitzverteilung im Deutschen Bundestag gehabt.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages der Einspruchsführerin wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Die Landeswahlleiterin des Landes Nordrhein-Westfalen hat zu dem Vorbringen der Einspruchsführerin
am 20. Februar 2014 aufgrund einer ihr vorliegenden Erklärung der Stadt Gelsenkirchen wie folgt Stellung
genommen:

Die Einspruchsführerin habe mit Antrag vom 22. August 2013 ihre Eintragung in das Wählerverzeichnis zur
Bundestagswahl 2013 und die Übersendung von Briefwahlunterlagen nach § 18 Absatz 5 der Bundeswahl-

Drucksache 18/1710 – 204 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

ordnung bei der Stadt Gelsenkirchen beantragt. Im Antrag habe sie angegeben, aus anderen Gründen persön-
lich und unmittelbar Vertrautheit mit den politischen Verhältnissen in der Bundesrepublik Deutschland er-
worben zu haben und hiervon betroffen zu sein. Ergänzend habe sie ausgeführt, dass sie als Angehörige der
deutschen Volksgruppe als nationale Minderheit in Polen anerkannt und durch den deutsch-polnischen Ver-
trag vom 17. Juni 1991 unmittelbar betroffen sei. Ihre persönliche Vertrautheit habe sie aus regelmäßigen
persönlichen Besuchen und dem Empfang des deutschen Fernsehens abgeleitet. Die Stadt Gelsenkirchen
habe den vorgelegten Antrag richtigerweise als Antrag nach § 12 Absatz 2 Nr. 2 des BWG behandelt und die
entsprechenden Voraussetzungen geprüft. Sie sei dabei zu dem Schluss gelangt, dass die erforderliche Ver-
trautheit und Betroffenheit nicht ausreichend von der heutigen Einspruchsführerin hätten dargelegt werden
können. Bei der Prüfung habe sich das Wahlamt der Stadt Gelsenkirchen eng an den Anwendungshinweisen
zu § 12 Absatz 2 Nr. 2 BWG orientiert. Die Begründung des Antrages sei fast wortgleich als Beispiel in den
Anwendungshinweisen aufgeführt, wonach bei einer Person, die nicht in Deutschland aufgewachsen sei, nie
in Deutschland gelebt habe und außer dem Band der durch die Eltern vermittelten deutschen Staatsangehö-
rigkeit keine Verbindung zu Deutschland habe, die Annahme einer persönlichen und unmittelbar erworbenen
Vertrautheit mit und Betroffenheit von den politischen Verhältnissen in der Bundesrepublik Deutschland –
ohne den Vortrag weiterer Tatsachen – in der Regel nicht naheliege. Derartige weitere Tatsachen seien sei-
nerzeit von der Einspruchsführerin nicht vorgetragen worden, was folglich zu einer Ablehnung des Antrages
geführt habe. Ob die – nun erwähnte (vermutliche) – Mitgliedschaft im DFK oder dem „Verband der deut-
schen soziokulturellen Gesellschaften in Polen“ zu einer anderen Bewertung geführt hätte, könne dahinge-
stellt bleiben, da sie nicht im Rahmen der Antragstellung und dem weiteren Schriftverkehr angeführt worden
sei. Insgesamt sei die Zurückweisung des Antrages rechtmäßig erfolgt und der Wahleinspruch damit unbe-
gründet.

Die Einspruchsführerin hat sich dazu am 27. März 2014 geäußert:

Sie stelle fest, dass ihre Begründung wie schon vorher durch die Stadt Gelsenkirchen, so auch jetzt durch die
Landeswahlleiterin unter dem Schutzmantel der Anwendungshinweise zu ihrem Nachteil ausgelegt werde.
Ihr Antrag begründe sich mit ihrer Angehörigkeit zur deutschen Volksgruppe in der Republik Polen. Wenn
sie im zweiten Absatz ihrer Begründung unter dem Stichwort „ferner“ unter anderem auf den Empfang des
öffentlich-rechtlichen Rundfunks der Bundesrepublik Deutschland über Satellit oder den Bezug deutschspra-
chiger Presse im Abonnement zu sprechen komme, so verstehe sie darunter nicht weniger als den Vortrag
weiterer Tatsachen, zumal gemeinhin angenommen werden dürfe, dass der Durchschnitt der Bundesbürger
mitunter auf diese Weise Vertrautheit mit den politischen Verhältnissen erziele. In den vielzitierten Anwen-
dungshinweisen finde zumindest sie kein Beispiel, das sich auf die Angehörigkeit zur deutschen Volksgruppe
in der Republik Polen im Speziellen oder zu einer deutschen Minderheit im Ausland im Allgemeinen bezöge.
Von daher könne sie die darauf Bezug nehmende Argumentation der Stadt Gelsenkirchen und der Landes-
wahlleiterin nicht nachvollziehen. Die Landeswahlleiterin unterstelle ihr, dass es sich bei ihr um eine Person
handele, die nicht in Deutschland aufgewachsen sei und nie in Deutschland gelebt habe. Dazu wolle sie an-
merken, dass diese Tatsache zwar für das Bundesgebiet zutreffe, allerdings nicht für das Gebiet des Deut-
schen Reiches nach dem Stand vom 31. Dezember 1937. Sie sei in Oberschlesien geboren, aufgewachsen und
habe dort – mit Ausnahme ihrer zahlreichen Besuche im Bundesgebiet – gelebt. An dieser Stelle betone sie
ausdrücklich, dass ihre Eltern bzw. Großeltern nie ins Ausland fortgezogen seien.

Wegen des weiteren Vortrages in der Gegenäußerung wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vortrag der Einspruchsführerin lässt sich kein Verstoß
gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen. Auch eine Verletzung des subjektiven
Wahlrechts liegt nicht vor.

Die Ablehnung des Antrages auf Eintragung in das Wählerverzeichnis durch das Wahlamt Gelsenkirchen war
rechtmäßig, da eine Wahlberechtigung gemäß § 12 Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 BWG zum Zeitpunkt des Antrages
nicht vorlag. Anhaltspunkte, dass die Gemeinde irrtümlich von einer Ermessensentscheidung ausging, exis-
tieren nicht.

Zwar ist gemäß § 12 Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 BWG als deutscher Staatsangehöriger bzw. deutsche Staatsange-
hörige auch wahlberechtigt, wer aus anderen Gründen persönlich und unmittelbar Vertrautheit mit den politi-

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 205 – Drucksache 18/1710

schen Verhältnissen in der Bundesrepublik Deutschland erworben hat und von ihnen betroffen ist. Die Ein-
spruchsführerin erfüllt diese Voraussetzungen aber nicht. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll § 12 Ab-
satz 2 Satz 1 Nr. 2 BWG zunächst dann eingreifen, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen der Nr. 1 nicht
vorliegen, jedoch eine persönliche und unmittelbare Vertrautheit mit und Betroffenheit von den politischen
Verhältnissen in Deutschland aus vergleichbaren Gründen besteht (vgl. Bundestagsdrucksache 17/11820, S.
5). „Vergleichbar“ meint, wie die Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern zu § 12 Absatz 2
Nr. 2 BWG ausführen, dass die Nähe zum Tatbestand der Nr. 1 die ungeschriebene Voraussetzung der Nr. 2
ist. Diese Auslegung wird zudem gestützt durch die Systematik der Vorschrift. § 12 Absatz 2 Satz 1 Nr. 2
BWG knüpft als Auffangtatbestand an die Voraussetzungen der Nr. 1 an. Erfasst werden sollen insbesondere
die Fälle, in denen die in Nr. 1 genannten 25 Jahre überschritten, oder die ebenfalls dort erwähnten drei Mo-
nate Mindestaufenthaltsdauer unterschritten werden, aber im Einzelfall dennoch eine vergleichbare Betrof-
fenheit und Vertrautheit gegeben ist (vgl. Bundestagsdrucksache 17/11820, S. 5).

Aus dem Vortrag der Einspruchsführerin ergeben sich keine Hinweise auf eine derartige oder vergleichbare
Vertrautheit oder Betroffenheit, wie sie § 12 Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 BWG verlangt.

Die Einspruchsführerin hat weder im Antrag auf Aufnahme ins Wählerverzeichnis noch im Wahleinspruchs-
verfahren vorgetragen, dass sie jemals eine Wohnung in der Bundesrepublik Deutschland – deren Gebiet
allein maßgeblich ist – gehabt oder sich sonst dort gewöhnlich aufgehalten hat. Die familiäre Verbindung zu
ihrer in der Bundesrepublik lebenden Schwester sowie die vorgetragenen regelmäßigen Besuche begründen
keine eigene, unmittelbare Vertrautheit mit den politischen Verhältnissen in Deutschland.
§ 12 Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 BWG verlangt ausdrücklich Unmittelbarkeit; eine Verbindung über Familienan-
gehörige wird davon bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht mehr erfasst. Darüber hinaus würde eine
dahingehende Interpretation der Vorschrift als Ausnahmetatbestand nicht gerecht, da eine familiäre Verbin-
dung bei einer von den Eltern abgeleiteten Staatsbürgerschaft regelmäßig vorliegt. Besonderheiten, die eine
andere Annahme stützen würden, trägt die Einspruchsführerin nicht vor. Auch der Vergleich zwischen den
regelmäßigen Besuchen der Einspruchsführerin mit den sogenannten Grenzpendlern, die in der Gesetzesbe-
gründung zu § 12 Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 BWG (vgl. Bundestagsdrucksache 17/11820, S. 6) und in den An-
wendungshinweisen beispielhaft genannt werden, führt nicht zur Annahme einer unmittelbaren Betroffenheit
und Vertrautheit. Grenzpendler zeichnen sich durch den fast täglichen Grenzübertritt aus beruflichen Grün-
den aus. Dadurch wird ein wesentlicher Lebensbereich vom gewöhnlichen Aufenthaltsort abgetrennt. Die
Frage des Lebensmittelpunktes ist gerade in diesen Fällen besonders zu würdigen. Darüber hinaus sind
Grenzpendler beruflich eingegliedert. Sie unterfallen damit in einem wesentlichen Lebensbereich der deut-
schen Staatsgewalt. Eine Vertrautheit mit den politischen Verhältnissen resultiert bereits aus dem Umgang
mit und einer gewissen Abhängigkeit von deutschem Recht, insbesondere dem deutschen Arbeitsrecht. Die
Situation der Einspruchsführerin ist mit denen von Grenzpendlern deshalb nicht vergleichbar.

Die mehrfache Erwähnung des Dachverbandes des DFK in der Einspruchsbegründung ändert an dieser Be-
trachtung nichts. Wie die Einspruchsführerin selbst vorträgt, handelt es sich bei der DFK um eine in Polen
aktive polnische Organisation. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der DFK den in der Gesetzesbegründung
(vgl. Bundestagsdrucksache 17/11820, S. 6) und den Anwendungshinweisen des Bundesinnenministeriums
beispielhaft aufgeführten deutschen Organisationen gleichsteht. Jedenfalls fehlt es an einer Beteiligung oder
an einem irgendwie gearteten Engagement der Einspruchsführerin im DFK, die eine Vertrautheit mit und
eine Betroffenheit von den politischen Verhältnissen der Bundesrepublik Deutschland begründen könnte.
Überdies hat die Einspruchsführerin auf den DFK und ihre mögliche Rolle darin weder in ihrem Antrag noch
in dem folgenden Schriftverkehr mit der Stadt Gelsenkirchen hingewiesen, so dass dies in der Entscheidung
der Stadt nicht berücksichtigt werden konnte.

Eine Vertrautheit mit den politischen Verhältnissen im Sinne des § 12 Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 BWO ergibt sich
schließlich auch nicht allein aus dem Empfang bundesdeutscher Rundfunkprogramme, dem Abonnement
deutscher Printmedien oder aus der Tatsache, dass „Informationen zur politischen Bildung“ und bundesdeut-
sche Printmedien in den Begegnungsstätten des DFK ausliegen. Die verlangte Vertrautheit mit den politi-
schen Verhältnissen muss persönlich aufgrund eigener Erfahrung und unmittelbar erworben worden sein.
Eine rein passive Kommunikationsteilnahme zum Beispiel durch Konsum deutschsprachiger Medien im Aus-
land reicht gerade nicht aus (vgl. Bundestagsdrucksache 17/11820, S. 5).

Auch die von der Einspruchsführerin mehrfach angesprochene Schutz- und Obhutspflicht der Bundesrepublik
Deutschland führt nicht als solche zu einer Wahlberechtigung aller Angehörigen der deutschen Volkgruppe

Drucksache 18/1710 – 206 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

in der Republik Polen. Wie die Einspruchsführerin selbst ausführt, sind die Angehörigen der deutschen
Volksgruppe in der Republik Polen von der Schutz- und Obhutspflicht kollektiv betroffen. Demgegenüber
verlangt § 12 Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 BWG gerade eine unmittelbare individuelle Betroffenheit, die über die
Verbindung allein durch die deutsche Staatsbürgerschaft hinausgeht.

Die Einspruchsführerin meint zu Recht, dass § 12 Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 BWG kein Ermessen einräumt. Aber
wie der Schriftverkehr mit der Einspruchsführerin zeigt, ging die Gemeinde vorliegend – entgegen der Auf-
fassung der Einspruchsführerin – gar nicht davon aus, Ermessen ausüben zu können.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 207 – Drucksache 18/1710

Anlage 52

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn T. R., 58313 Herdecke,

– Az.: WP 114/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Fax vom 3. November 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl
zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Er bemängelt mehrere Sachverhalte:

1. Er habe keine Wahlbenachrichtigung erhalten. Voraussetzung für eine gültige Bundestagswahl sei aber,
dass jeder Wahlberechtigte auch eine Benachrichtigung erhalte.

2. Für die Teilnahme an der „sog.“ Bundestagswahl sei die eindeutige Identifikation der Wahlberechtigten,
unter anderem auch zur Vermeidung einer mehrfachen Wahl ein und derselben Person, unabdingbar. Gemäß
§ 56 Absatz 3 in Verbindung mit § 19 Absatz 1 Nr. 5 der Bundeswahlordnung (BWO) in Verbindung mit
Anlage 3 zu § 19 Absatz 1, Anlage 12 zu § 28 Absatz 3 und Anlage 27 zu § 48 Absatz 1 BWO habe ein
Wahlteilnehmer seine Wahlbenachrichtigung mitzubringen, diese bei der Stimmabgabe abzugeben und sich
über seine Person mithilfe eines amtlichen Personalausweises oder Reisepasses auszuweisen. Die Ausweis-
pflicht gelte insbesondere, aber nicht nur, wenn keine Wahlbenachrichtigung vorgelegt werde. In mehreren
Wahlkreisen sei die Identifikationsprüfung durch Kontrolle eines Ausweispapiers nicht erfolgt, so z. B. bei
Herrn H. aus G., dessen Wahleinspruch unter dem Aktenzeichen WP 83/13 geführt werde. Im Internet fänden
sich weitere Beispiele. In einem bei „Facebook“ geschilderten Fall habe eine Person ohne Wahlbenachrichti-
gungskarte und Ausweis in Cottbus und Forst wählen können.

3. An mehreren Orten seien keine „dokumentenechten Materialien“ zur Beschriftung der Stimmzettel bereit-
gestellt worden, sondern teilweise nur Bleistifte, was zu Fälschungen bei der Auszählung habe führen kön-
nen. Beispiele dafür lieferten der bereits genannte Herr H. (WP 83/13) und eine Internetseite.

4. Die auf der Wahlbenachrichtigungskarte geforderten Dokumente (Personalausweis oder Reisepass) zur
Identifikation der Wahlberechtigten entsprächen nicht den Vorschriften zur Darstellung der Identifikationspa-
rameter. In § 5 des Personalausweisgesetzes und § 4 des Passgesetzes sei vorgeschrieben, dass der Inhaber
des Dokuments mit dem Familiennamen zu bezeichnen sei. Im jeweiligen Dokument stehe aber „Name“. Die
beiden Begriffe seien nach Aussage und Wirkungsweise völlig unterschiedlich. Da alle in der Bundesrepublik
verwendeten Dokumente diesen Fehler aufwiesen, sei eine Identifikation der Wahlberechtigten gar nicht
möglich. Zudem seien Personalausweise und Reisepässe fehlerhaft und zur Identifikation ungeeignet, da sich
in der Rubrik „Nationalität“ die Eintragung „deutsch“ finde. Dies sei falsch. Da mit der Bundesrepublik
Deutschland kein neuer Staat gegründet worden sei und das Deutsche Reich fortbestehe, müsse die Staatsan-
gehörigkeit vielmehr „Deutsches Reich“ lauten.

5. Die Partei „Deutsche Nationalversammlung“ sei zwar zur Wahl zugelassen worden, aber nicht auf den
Stimmzetteln zu finden gewesen.

Drucksache 18/1710 – 208 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

6. Es habe sehr viele Beschwerden darüber gegeben, dass die Faltung der Stimmzettel so konzipiert gewesen
sei, dass die an deren Ende aufgeführte Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) leicht hätte übersehen
werden können.

7. Das „sog.“ Bundeswahlgesetz sei nichtig. Der „sog.“ Deutsche Bundestag sei, wie sich aus einem Urteil
des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Juli 2008 herleiten lasse, angesichts der verfassungswidrigen Über-
hangmandatsregelung seit dem Jahr 1956 grundgesetzwidrig zustande gekommen und daher auch das Bun-
deswahlgesetz verfassungswidrig erlassen worden. Die vom Gericht gesetzte Frist zur Schaffung verfas-
sungskonformer Zustände sei vom Bundestag nicht in hinreichender Weise genutzt worden.

8. Außerdem rügt der Einspruchsführer Vorkommnisse in mehreren Städten: Im Wahlkreis 232 in Detmold-
Pivitsheide habe nach Angaben eines Internetnutzers die SPD 92 Stimmen erhalten. Veröffentlicht worden
seien aber 241 Stimmen für diese Partei. Die Hamburger CDU vermisse 100 000 Briefwahlstimmen. Ein
Internetnutzer habe ein Stimmauszählungsprotokoll veröffentlicht, worauf zu erkennen sei, dass mehr Stim-
men abgegeben worden seien, als es Wahlberechtigte gebe. In einem Ort hätten 65 Personen die AfD ge-
wählt; in der Zeitung seien aber null Stimmen für diese Partei publiziert worden. In Duisburg hätten sich 30
Wahlhelfer in acht Stimmbezirken vor dem Ende der Auszählung „verabschiedet“. Im Essener Süden hätten
zwischen dem CDU-Wahlkreiskandidaten und der SPD-Bewerberin nur drei Stimmen Unterschied bestan-
den. Gleichwohl habe die Stadt Essen die Nachzählung verweigert. Viele Tausend Briefwahlunterlagen, etwa
in Hamburg oder Göttingen, hätten ihre Adressaten nicht erreicht. In Waltrop seien im Wahllokal „Benthaus-
Büchner“ (Bezirk 6, „Klöckner-Siedlung“) Zweitstimmen für die AfD versehentlich den „Republikanern“
zugeordnet worden. Statt zunächst angegebenen 29 habe die AfD nun 71 Zweitstimmen erreicht. Im Wahl-
kreis 292 (Biberach) hätten nach einer Darstellung auf den Internetseiten der „Schwäbischen Zeitung“ alle
Parteien zusammen 102,7 Prozent erzielt. Im Wahllokal Kirchschule in Bochum-Langendreer seien zunächst
71,26 Prozent der Zweitstimmen für ungültig erklärt worden. Zudem seien in Bochum Wahlkreise vertauscht
worden, weshalb 600 Briefwahlstimmen nicht zählten. Wie sich aus der „Freien Presse“ ergebe, seien in der
Stadt Netzschkau im Wahlkreis 166 3.620 Stimmen abgegeben worden, obwohl dort nur 3.550 Wahlberech-
tigte lebten.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Die Landeswahlleiterin des Landes Baden-Württemberg hat zu dem Einspruch, soweit er die Wahl im
Land Baden-Württemberg betrifft – und damit beschränkt auf die Wahl im Wahlkreis 292 (Biberach) – am 3.
Februar 2014 wie folgt Stellung genommen:

Der genannte Artikel mit der grafischen Darstellung sei in der Schwäbischen Zeitung, Ausgabe Biberach, am
Montag, dem 23. September 2013, erschienen. Der Bericht habe die Betrachtung der Prozentzahlen der Erst-
stimmen in der Stadt Biberach und die Grafik die Darstellung der Prozentzahlen der Zweitstimmen in der
Stadt Biberach zum Inhalt gehabt. Rechne man die in der Grafik aufgeführten Prozentzahlen zusammen,
ergebe dies, wie von dem Einspruchsführer festgestellt, 102,7 Prozent. Die Zeitung habe die Ergebnisse der
Stadt Biberach im Internet über den Webserver des zuständigen kommunalen Rechenzentrums abgerufen.
Die Prozentzahlen der in der Grafik aufgeführten Parteien stimmten mit der Schnellmeldung des Wahlergeb-
nisses überein. Die Zahlen ergäben eine gerundete Summe von 96 Prozent. Die in der Grafik unter „Sonstige“
nicht namentlich aufgeführten Parteien hätten bei den Zweitstimmen einen Anteil von 4,2 Prozent und somit
alle Parteien in der Stadt Biberach 100 Prozent der gültigen Zweitstimmen (Die Differenz von 0,2 Prozent sei
Ausfluss von Auf- bzw. Abrundungen bei sämtlichen Prozentzahlen). Der von der Zeitung bei den sonstigen
Parteien dargestellte Prozentsatz von 6,7 Prozent sei falsch und beruhe offensichtlich auf einem dortigen
Rechenfehler. Soweit die Presse bei ihren Veröffentlichungen der Wahlergebnisse nicht ausschließlich auf
die von den Gemeinden bzw. der Kreiswahlleitung zur Verfügung gestellten Daten zurückgreife bzw. die
Ergebnisse um eigene Berechnungen oder Bewertungen ergänze, berge dies regelmäßig Fehlerquellen. Diese
lägen in der alleinigen Verantwortung des Herausgebers der jeweiligen Publikation und begründeten keinen
Wahlfehler.

Die Landeswahlleiterin des Freistaates Sachsen hat zu dem Vorbringen des Einspruchsführers, soweit es
die Wahl im Freistaat Sachsen betrifft (Wahlkreis 166 [Vogtlandkreis]), am 4. Februar 2014 im Wesentlichen
wie folgt Stellung genommen:

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 209 – Drucksache 18/1710

Zur Feststellung des Wahlergebnisses könnten Wahlvorsteher und Wahlvorstände statt für jeden Wahlkreis
für einzelne oder mehrere Gemeinden oder für einzelne Kreise innerhalb des Wahlkreises eingesetzt werden;
die Anordnung treffe die Landesregierung oder die von ihr bestimmte Stelle. Von der Anordnungsbefugnis
gemäß § 8 Absatz 3 Halbsatz 2 des Bundeswahlgesetzes (BWG) sowie § 7 Nr. 2 BWO sei im Freistaat Sach-
sen durch die Verordnung der Sächsischen Staatsregierung zur Übertragung von Zuständigkeiten nach dem
Bundeswahlgesetz und dem Europawahlgesetz vom 16. April 2002 (Sächsisches Gesetz- und Verordnungs-
blatt 2002, S. 141) Gebrauch gemacht worden. Gemäß § 1 Absatz 4 dieser Verordnung könne der Kreiswahl-
leiter anordnen, dass die Briefwahlvorstände statt für den Wahlkreis für einzelne oder mehrere Gemeinden
oder für einzelne Kreise innerhalb des Wahlkreises gebildet würden. Er bestimme, wie viele Briefwahlvor-
stände und für welche Gemeinden oder Kreise die Briefwahlvorstände gebildet würden. Werde ein Brief-
wahlvorstand für mehrere Gemeinden gebildet, betraue der Kreiswahlleiter eine der Gemeinden mit der
Durchführung der Briefwahl. Mit Schreiben vom 12. März 2013 habe die Kreiswahlleiterin des Wahlkreises
166 unter anderem angeordnet, dass in der Gemeinde Netzschkau die Ermittlung des Briefwahlergebnisses
für die Gemeinden Netzschkau, Limbach, Mylau, Pöhl und Elsterberg erfolge. Dies habe bei der Feststellung
des vorläufigen Wahlergebnisses in der Wahlnacht in Netzschkau dazu geführt, dass bei einer Anzahl von
3.684 Wählern und 3.550 Wahlberechtigten eine Wahlbeteiligung von 103,8 Prozent erreicht worden sei. Bei
der Zusammenstellung des endgültigen Wahlergebnisses laut Anlage 30 zur Bundeswahlordnung durch die
Gemeindebehörde für Netzschkau, seien neben den 3.550 Wahlberechtigten 2.125 Urnenwähler und in den
beiden Briefwahlvorständen 1.560 Wähler ermittelt worden. Die Summe von 3.685 Wählern und 3.550
Wahlberechtigten habe beim endgültigen Wahlergebnis erneut zu einer Wahlbeteiligung von 103,8 Prozent
geführt. Dieses Ergebnis beruhe auf der rechtmäßigen Anordnung zur Bildung von Briefwahlvorständen und
könne als dessen Folge regelmäßig auftreten.

Der Landeswahlleiter des Landes Brandenburg hat zu dem Vorbringen des Einspruchsführers, soweit es
die Wahl im Land Brandenburg betrifft (Cottbus und Forst), am 6. Februar 2014 im Wesentlichen wie folgt
Stellung genommen:

Weder der Verfasser des Berichts in „Facebook“ noch der Einspruchsführer hätten auch nur einen hinrei-
chenden Nachweis für die Richtigkeit der Sachverhaltsbehauptung beigebracht. Ihm, dem Landeswahlleiter,
lägen auch keine Erkenntnisse zu den Behauptungen vor. Den für gewissenhafte Schulung und Vorgehens-
weise der Wahlvorstände beispielhaft anzuführenden Wahlprüfungsfällen mit den Aktenzeichen WP 20/13,
90/13 und 125/13 entnehme er aber, dass die Wahlvorstände in Brandenburg bei der Prüfung der Legitimati-
onsnachweise der Wahlberechtigten generell sehr gewissenhaft vorgegangen seien. Ohne hinreichenden
Nachweis der Sachverhaltsbehauptung sei davon auszugehen, dass kein Wahlrechtsverstoß vorliege. Gegebe-
nenfalls wäre von einem Einzelfall auszugehen, der sich nicht auf die Sitzverteilung im Bundestag ausge-
wirkt hätte.

Die Landeswahlleiterin des Landes Nordrhein-Westfalen hat zu dem Einspruch, soweit er ihren Zustän-
digkeitsbereich betrifft, am 18. Februar 2014 wie folgt Stellung genommen:

Der Einspruchsführer rüge nicht unerhebliche Differenzen zwischen dem vorläufigen und dem endgültigen
Wahlergebnis in Detmold. Hierzu habe der zuständige Kreiswahlleiter für den Wahlbezirk ausgeführt, dass
ins Internet ein nichtamtliches „Kontrollformular“ eines Wahlbeobachters eingestellt worden sei. Dieses
„Kontrollformular“ dokumentiere die Stimmenauszählung in einem Wahllokal der Stadt Detmold im Wahl-
kreis 136 (Höxter – Lippe I). Da aufgrund des veröffentlichten vorläufigen Ergebnisses der Stadt Detmold
Wahlbetrug vorgeworfen worden sei, habe der Kreiswahlleiter die erneute Auszählung des Wahlbezirks am
25. September 2013 veranlasst. Die seitens des Beobachters kritisierten und in dem Wahleinspruch nun auf-
gegriffenen Abweichungen hätten sich dabei nicht bestätigt. Es bleibe unklar, warum der Wahlbeobachter am
Wahlabend derartige Abweichungen habe feststellen können.

Der Einspruchsführer verweise auf einen Zeitungsartikel, demzufolge in Duisburg am Wahlabend mehrere
Wahlfehler ihren Posten vorzeitig verlassen hätten. Hierzu führe der zuständige Kreiswahlleiter in seiner
Stellungnahme aus, dass es richtig sei, dass bei der Auszählung der Bundestagswahl Probleme aufgetreten
seien und teilweise Wahlvorstandsmitglieder nach der Auszählung, aber vor dem Feststehen eines schlüssi-
gen Ergebnisses der Auszählung das Wahllokal verlassen hätten. In diesen Fällen seien die Auszählungser-
gebnisse mit Unterstützung von Mitarbeitern des Wahlamtes durch eine vollständige Neuauszählung aller
Stimmzettel der entsprechenden Wahlbezirke ermittelt worden. Zu den Gründen für das vorzeitige Verlassen
habe der Wahlleiter mitgeteilt, dass einige Wahlvorstandsmitglieder davon ausgegangen seien, dass mit der

Drucksache 18/1710 – 210 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Übermittlung der Schnellmeldung ihre Tätigkeit beendet sei. Sie hätten daher das Ende der Übermittlung
nicht mehr abgewartet. Mit einem Fehler in der Schnellmeldung, der eine Neuauszählung erforderlich ge-
macht habe, hätten sie offenbar nicht gerechnet. Teilweise seien diese Probleme vermutlich auf Missver-
ständnisse im Zusammenhang mit den Schulungen zurückzuführen. Sie, die Landeswahlleiterin, habe den
Kreiswahlleiter gebeten, auf diesen Umstand bei zukünftigen Schulungen sein besonderes Augenmerk zu
legen.

Zu der angesprochenen Nachzählung des Wahlergebnisses im Wahlkreis 120 (Mülheim – Essen I) sei festzu-
halten, dass die Feststellung des Wahlergebnisses im Wahlkreis durch den Kreiswahlausschuss – nach Vorbe-
reitung durch den zuständigen Kreiswahlleiter – erfolgt sei. Aufgrund des überaus knappen Stimmenunter-
schiedes und weiterer Vorkommnisse bei der Durchführung der Wahl in Essen habe der Kreiswahlausschuss
eine vollständige Nachzählung aller abgegebenen Stimmen beschlossen. Dieses Vorgehen stelle eine Aus-
nahme dar und erscheine nachvollziehbar, diene es doch der Sicherstellung eines korrekt ermittelten Wahler-
gebnisses. Um absichtliche oder unabsichtliche Fehler bei der Ergebnisfeststellung zu verhindern, seien die
dabei einzuhaltenden Abläufe durch Bundeswahlgesetz und Bundeswahlordnung detailliert vorgeschrieben.
Dies betreffe auch die Dokumentation durch daran beteiligte und besonders verpflichtete Wahlorgane, deren
lückenlose Vornahme durch entsprechende Anlagen zur Bundeswahlordnung gewährleistet werden solle.
Abgesehen davon gelte, dass aufgrund des in der Regel deutlichen Stimmenunterschiedes bei den Wahlkreis-
bewerberinnen und Wahlkreisbewerbern kleinere Zählfehler nicht ins Gewicht fielen. Es verstehe sich von
selbst, dass Zählfehler durch wechselseitige Kontrollen der Wahlvorstandsmitglieder bereits im Wahllokal
vermieden werden sollten. Auch prüfe der Kreiswahlleiter die vorgelegten Niederschriften auf ihre Richtig-
keit hin. Es sei jedoch zu berücksichtigen, dass an allen Stellen letztlich Menschen den Zählvorgang manuell
durchführten, wobei es gelegentlich zu Fehlern kommen könne. Diese seien jedoch – wie dargestellt – in der
Regel wegen der großen Stimmenunterschiede unproblematisch.

Der Einspruchsführer führe an, dass das Zweitstimmenergebnis in Waltrop zum Teil habe korrigiert werden
müssen. Dies sei auch Gegenstand der Berichterstattung der „Waltroper Zeitung“ gewesen. Der erforderli-
chen Korrektur habe das fehlerhafte Ausfüllen der betroffenen Wahlniederschrift durch den Wahlvorstand
zugrunde gelegen. Die Wahlniederschrift nach Anlage 29 zur Bundeswahlordnung (BWO) liste zum einen
die Summe der gültigen Stimmen im Wahlkreis (Erststimmen) und zum anderen die Summe der gültigen
Stimmen für die Landeslisten (Zweitstimmen) auf. Dabei würden verschiedene Zwischensummen in die
Wahlniederschrift eingefügt, die sich aus der Zählung der unterschiedlichen Stimmzettelstapel ergäben. Diese
würden in einem weiteren Schritt zu einer Gesamtsumme aufgerechnet. Irrtümlich sei bei der Dokumentation
der gültigen Zweitstimmen der Partei „Die Republikaner“ ein Teil der Zweitstimmen für die AfD zugeschrie-
ben worden. Dieses Versehen habe aus der vorherigen Eintragung der gültigen Erststimmen resultiert. Für die
Landeslisten unter den laufenden Nummern 1 bis 7 und der laufenden Nummer 15 (= AfD) seien auch Di-
rektkandidaten angetreten. Dementsprechend habe sich der Direktkandidat der AfD in dieser Auflistung be-
reits an achter Stelle (in der achten Zeile) befunden. Er habe 47 Erststimmen erhalten. Für die Dokumentation
der gültigen Zweitstimmen habe sich demgegenüber an achter Stelle korrekterweise die Landesliste der „Re-
publikaner“ befunden. Versehentlich sei hier ein Teil der Zweitstimmenzahl (42) der AfD eingetragen wor-
den – für die insgesamt 71 Zweitstimmen abgegeben worden seien –, der richtigerweise weiter unten bei „F
15“ für deren Landesliste hätte zusätzlich berücksichtigt werden müssen. Demgegenüber hätten „Die Repub-
likaner“ keine Zweitstimmen erhalten. Dieser falsche Eintrag sei bei der Kontrolle der Wahlniederschrift
aufgefallen und entsprechend korrigiert worden. Die entsprechende Presseinformation der Stadt sei durch die
„Waltroper Zeitung“ im Rahmen der Wahlberichterstattung aufgenommen worden.

Der Einspruchsführer rüge die hohe, später korrigierte Prozentzahl an ungültigen Zweitstimmen in einem
Wahlbezirk in Bochum. Hierzu führe der zuständige Kreiswahlleiter in seiner Stellungnahme aus: Bei der
Stimmenauszählung am Sonntagabend (Wahlabend) habe für den Wahlbezirk 4401 im Wahlkreis 141 bei
mehrfachen Schnellmeldungen kein plausibles Ergebnis festgestellt werden können. Da nicht damit zu rech-
nen gewesen sei, dass in absehbarer Zeit die Differenzen hätten aufgeklärt werden können, sei um 22.15 Uhr
entschieden worden, diesen Bezirk am Montag durch Mitarbeiter des Wahlbüros komplett neu auszuzählen.
Da für die noch am Sonntagabend erforderliche Meldung des vorläufigen Ergebnisses an die Landeswahllei-
tung aber auch für diesen Wahlbezirk ein – zumindest vorläufiges – Wahlergebnis einzutragen gewesen sei,
habe sich die Wahlleitung dazu entschlossen, die bis dahin sicher richtig ausgezählten Stimmen auszuweisen
und die noch nicht geklärten zunächst als ungültige Stimmen einzutragen. Dadurch sei sichergestellt gewe-
sen, dass zunächst ein vorläufiges Ergebnis vorgelegen habe, keine falschen Stimmenzuordnungen zu den

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 211 – Drucksache 18/1710

Kandidaten oder Parteien ausgewiesen worden seien und umgehend am Montag auch für den betreffenden
Wahlbezirk die korrekten Zahlen vorgelegen hätten. Die Vorgehensweise des Kreiswahlleiters sei unbefrie-
digend. Dies gelte umso mehr, als dass am Wahlabend keine entsprechende Information der Landeswahllei-
tung erfolgt sei. Hier hätte eine ordnungsgemäße Nachzählung noch in der Wahlnacht erfolgen müssen. Sie,
die Landeswahlleiterin, habe den Kreiswahlleiter gebeten, dafür Sorge zu tragen, dass sich ein solcher Vorfall
nicht wiederhole.

Die Niedersächsische Landeswahlleiterin hat zu dem Einspruchsgegenstand, soweit er ihren Zuständig-
keitsbereich betrifft, am 6. März 2014 im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Der Einspruchsführer habe aus dem Nachrichtenmagazin „Focus“ zitiert. Darin werde über einen Fall aus der
Stadt Göttingen im Wahlkreis 53 (Göttingen) berichtet, wonach eine Frau M. O. seit dem 9. September 2013
vergeblich auf ihren Wahlschein und die Briefwahlunterlagen gewartet haben solle, die sie am selben Tag
dort beantragt habe. Am 16. September 2013 habe man ihr mitgeteilt, dass alles korrekt bearbeitet worden sei
und der Fehler wohl bei der Post liegen würde.

Sie, die Landeswahlleiterin, habe den Kreiswahlleiter des Wahlkreises 53 hierzu um Stellungnahme gebeten.
Dieser habe mitgeteilt, dass Frau O. im Online-Antragsformular der Stadt Göttingen die Wahlunterlagen am
9. September 2013 beantragt habe. Die Unterlagen seien dem Postdienstleister „C.“ am 10. September 2013
übergeben und laut Stempel am 11. September 2013 an die von Frau O. angegebene Anschrift in 49696
Peheim versandt worden. Die Unterlagen seien am 19. September 2013 als unzustellbar zurückgekommen.
Aufgrund ihrer, der Landeswahlleiterin, eigenen Erkenntnisse könnte dies möglicherweise daran liegen, dass
die von Frau O. angegebene Adresse in dieser Form nicht korrekt sei. Der Ort Peheim sei nur ein Ortsteil der
Gemeinde Molbergen. Wahrscheinlich hätte die von Frau O. angegebene Adresse auf Molbergen lauten müs-
sen. Dies könne im Ergebnis jedoch dahinstehen, da insoweit kein mandatsrelevanter Wahlfehler vorliege,
wie der Wahlprüfungsausschuss des Deutschen Bundestages bereits in ständiger Spruchpraxis entschieden
habe, da in solchen Fällen diejenige Person, die den Wahlschein und die Briefwahlunterlagen beantrage, auch
das Beförderungsrisiko vom Gemeindebüro zu der angegebenen Adresse trage. Sie, die Landeswahlleiterin,
halte den Wahleinspruch daher für unbegründet.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vorbringen des Einspruchsführers lässt sich kein die Gül-
tigkeit der Bundestagswahl 2013 begründender Wahlfehler entnehmen.

1. Es begründet keinen Wahlfehler, dass der Einspruchsführer keine Wahlbenachrichtigung erhalten haben
will. Denn der Erhalt einer Wahlbenachrichtigung ist nicht Voraussetzung dafür, sein Wahlrecht ausüben zu
können – wie der Vortrag des Einspruchsführers selbst andeutet. Nach § 14 Absatz 1 des Bundeswahlgeset-
zes darf wählen, wer in ein Wählerverzeichnis eingetragen ist oder einen Wahlschein hat. Seinen Eintrag ins
Wählerverzeichnis bestreitet der Einspruchsführer nicht. Die Wahlberechtigung dient zwar als Identitäts-
nachweis (vgl. Hahlen, in: Schreiber, Bundeswahlgesetz, 9. Auflage 2013, § 14 Rn. 10). Ihre Vorlage zur
Stimmabgabe im Wahllokal ist jedoch nicht erforderlich (vgl. Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlage 7;
17/2250, Anlage 18). Durch Vorlage seines Personalausweises oder eines sonstigen amtlichen Papiers (vgl. §
56 Absatz 3 der Bundeswahlordnung) hätte der Einspruchsführer grundsätzlich in dem für ihn zuständigen
Wahllokal am Wahltag sein Wahlrecht ausüben können.

2. Es entspricht geltendem Recht, dass sich nicht alle Wahlberechtigten im Wahlraum ausweisen mussten
(vgl. etwa Bundestagsdrucksachen 15/1150 Anlagen 31 und 33; 16/900, Anlagen 21 und 22; 16/3600, Anlage
32; 16/5700, Anlagen 8 und 22; 17/2250, Anlagen 2 bis 4, 8, 10, 13, 15, 17, 20). Ausweisen müssen sich
nach § 59 Satz 1 BWO die Inhaber von Wahlscheinen. Ansonsten hat sich der Wahlberechtigte nach § 56
Absatz 3 Satz 2 BWO nur auf Verlangen des Wahlvorstandes auszuweisen. Der Wahlvorstand verlangt dies
insbesondere dann, wenn der Wähler seine Wahlbenachrichtigung nicht vorlegt. Ist der Name des Wählers im
Wählerverzeichnis aufgeführt, die Wahlberechtigung festgestellt und besteht außerdem kein Anlass zur Zu-
rückweisung des Wählers, gibt der Wahlvorsteher die Wahlurne frei (§ 56 Absatz 4 Satz 1 BWO). In der
Regel ist somit die Vorlage der Wahlbenachrichtigung zur Feststellung der Identität ausreichend. Diese Art
der Kontrolle bietet hinreichend Gewähr dafür, dass die Identität der Wählerinnen und Wähler überprüft und
Manipulationen durch eine mehrfache Teilnahme an der Wahl verhindert werden. Eine generelle Pflicht aller

Drucksache 18/1710 – 212 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Wahlwilligen zur Identifikation besteht ebenso wenig wie eine prinzipielle Pflicht der Wahlvorstände zur
Ausweis- bzw. Reisepasskontrolle.

3. Auch die Verwendung von Bleistiften als Schreibgerät in der Wahlzelle (Wahlkabine) begründet keinen
Wahlfehler. Gemäß § 50 Absatz 2 BWO soll in der Wahlzelle ein Schreibstift bereitliegen. Nach ständiger
Entscheidungspraxis des Wahlprüfungsausschusses und des Deutschen Bundestages genügt dieser Vorschrift
jede Art von funktionsfähigem Schreibstift, also auch ein Bleistift (vgl. etwa Bundestagsdrucksachen 16/900,
Anlagen 23 und 25 mit weiteren Nachweisen; 17/2250, Anlage 21). Dem Wähler steht es überdies grundsätz-
lich frei, das bereitliegende Schreibmittel zu benutzen oder den Stimmzettel mit einem eigenen Schreibgerät
zu kennzeichnen. Da sowohl die Wahlhandlung als auch die Auszählung der Stimmen öffentlich erfolgen,
und nur bei diesen Gelegenheiten die vom Einspruchsführer befürchteten Manipulationen an den Stimmzet-
teln vorgenommen werden könnten, erscheint die vom Einspruchsführer befürchtete Gefahr eines Wahlbe-
trugs weitgehend ausgeschlossen zu sein.

4. Hinsichtlich der angeblich falschen Ausgestaltung und unzutreffenden Angaben des Personalausweises
und des Reisepasses ist zweierlei vorauszuschicken: Erstens ist ein Ausweis nur ausnahmsweise zur Identifi-
kation im Wahlraum vorzuzeigen, so dass die Gestaltung nur dann überhaupt wahlrechtsrelevant ist. Zwei-
tens sind der Personalausweis und der Reisepass in ihrer jetzigen Form – wenn sie denn einmal im Wahlraum
vorzuzeigen sind – ohne Weiteres geeignet, den Wahlvorstandsmitgliedern im Wahlraum den Abgleich mit
dem im Wahlraum vorliegenden Auszug aus dem Wählerverzeichnis zu ermöglichen. Für jede Betrachterin
und jeden Betrachter, die Deutsch sprechen und den Ausweis unbefangen betrachten, ist sofort klar, dass in
der mit „Name“ überschriebenen Rubrik der Familienname aufgeführt ist. Was mit „Name“ sonst alternativ
gemeint sein könnte, trägt der Einspruchsführer nicht vor. Die weiteren Ausführungen des Einspruchsführers
zur angeblich nicht erfolgten Gründung der Bundesrepublik Deutschland und dem Fortbestehen des Deut-
schen Reiches, die ebenfalls Fehler des Personalausweises und des Reisepasses begründen sollen, sind nicht
nur für den Wahlvorgang unerheblich, sondern auch aus Sicht des Wahlprüfungsausschusses und des Deut-
schen Bundestages aus sich heraus nicht nachvollziehbar; auf eine weitere inhaltliche Auseinandersetzung
wird im Rahmen des Wahlprüfungsverfahrens verzichtet.

5. Dass die Partei „Deutsche Nationalversammlung“ nicht zur Wahl angetreten ist, obwohl sie zugelassen
war, begründet keinen Wahlfehler. Die Partei hat auf die Wahlteilnahme verzichtet, was rechtlich zulässig ist.
Parteien können gemäß § 18 BWG Wahlvorschläge einreichen, müssen dies aber nicht.

6. Hinsichtlich der Faltung der Stimmzettel wird nicht hinreichend deutlich, worin ein Wahlfehler gelegen
haben soll. Auch die Unterstellung, die Gestaltung habe dazu geführt, dass die AfD leicht hätte übersehen
werden können, trägt nicht. Wahlbeanstandungen, die über nicht belegte Vermutungen oder die bloße Andeu-
tung der Möglichkeit von Wahlfehlern nicht hinausgehen und einen konkreten, der Überprüfung zugängli-
chen Tatsachenvortrag nicht enthalten, müssen als unsubstantiiert zurückgewiesen werden (Bundestagsdruck-
sachen 15/1150, Anlagen 283, 284, 285; 15/1850, Anlage 25; 15/2400, Anlage 9; 17/1000, Anlagen 13 und
19; BVerfGE 48, 271 [276]; 66, 369 [379]; 85, 148 [159]; 122, 304 [309]; Hahlen, in: Schreiber, § 49 Rn.
25).

7. Aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Juli 2008 (BVerfGE 121, 266) und auch aus späte-
ren Entscheidungen folgt – entgegen der Auffassung des Einspruchsführers – nicht, dass der Deutsche Bun-
destag „angesichts der verfassungswidrigen Überhangmandatsregelung“ seit dem Jahr 1956 grundgesetzwid-
rig zustande gekommen und daher auch das Bundeswahlgesetz verfassungswidrig erlassen worden sei. Auch
trifft es nicht zu, dass die im Jahr 2008 vom Gericht gesetzte Frist zur Schaffung verfassungskonformer Zu-
stände vom Bundestag nicht in hinreichender Weise genutzt worden ist. Das Bundesverfassungsgericht hat in
der genannten Entscheidung lediglich festgestellt, § 7 Absatz 3 Satz 2 in Verbindung mit § 6 Absätze 4 und 5
BWG (alte Fassung) verletze die Grundsätze der Gleichheit und der Unmittelbarkeit der Wahl, soweit hier-
durch ermöglicht werde, dass ein Zuwachs an Zweitstimmen zu einem Verlust an Sitzen der Landeslisten
oder ein Verlust an Zweitstimmen zu einem Zuwachs an Sitzen der Landeslisten führen könne (sog. negatives
Stimmgewicht oder inverser Erfolgswert). Eine Aufhebung oder Nichtigerklärung des Bundeswahlgesetzes
hatte das Urteil nicht zur Folge. Der Deutsche Bundestag hat auf die Einwände des Bundesverfassungsge-
richts hin das Neunzehnte Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes vom 25. November 2011 (Bundes-
gesetzblatt I. S. 2313) erlassen. Nach einer weiteren Entscheidung vom 25. Juli 2012 (BVerfGE 131, 316) hat
das Parlament das Sitzverteilungsverfahren auf die Landeslisten durch das Zweiundzwanzigste Gesetz zur
Änderung des Bundeswahlgesetzes vom 3. Mai 2013 (Bundesgesetzblatt I S. 1082) neu und entsprechend den

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 213 – Drucksache 18/1710

Vorgaben des Gerichts geregelt und unter anderem den Effekt des negativen Stimmgewichts soweit wie mög-
lich beseitigt.

8. Die vom Einspruchsführer bemängelten Vorkommnisse führen nicht zur Ungültigkeit der Bundestagswahl.

a) Bezüglich der angeblichen Mehrfachwahl eines Wählers in Cottbus und Forst ist das Vorbringen des Ein-
spruchsführers nicht substantiiert genug, um einen Wahlfehler zu begründen. Es wird nicht hinreichend deut-
lich, wer wo genau doppelt gewählt haben soll. Der bloße Verweis auf eine Internetseite genügt den Anforde-
rungen an einen hinreichend substantiierten Sachvortrag ohnehin nicht. Denn der Inhalt von Internetseiten
kann jederzeit verändert werden. Unter Umständen kann dann im Wahlprüfungsverfahren nicht mehr nach-
vollzogen werden, welchen Inhalt die Internetseite hatte, als der auf sie verweisende Wahleinspruch verfasst
wurde. Überdies liegen dem Landeswahlleiter des Landes Brandenburg keine Erkenntnisse auf eine Mehr-
fachwahl in Cottbus und Forst vor.

b) In Detmold(-Pivitsheide) ist es zu keinem Wahlrechtsverstoß gekommen. Vielmehr räumt die erneute
Auszählung des angeblich betroffenen Wahlbezirks den Verdacht aus, der sich allein auf ein im Internet zu
findendes Fotos eines „Kontrollformulars“ gründet.

c) Im Fall der angeblich verloren gegangenen Briefwahlstimmen in Hamburg liegt kein rechtswidriges Ver-
halten vor. Das Statistische Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein hat in einer auch im Internet abrufba-
ren Pressemitteilung vom 25. September 2013 (www.statistik-nord.de) erklärt, dass in der am 23. September
2013 veröffentlichten Wahlanalyse zum vorläufigen Ergebnis der Bundestagswahl in Hamburg die Zahl der
Briefwählerinnen und -wähler nicht korrekt ausgewiesen worden sei. Eine Überprüfung habe ergeben, dass
die entsprechende Abfrage der Datenbank für das vorläufige Wahlergebnis versehentlich so programmiert
worden sei, dass nicht alle Briefwahlbezirke einbezogen worden seien. Auf die Zusendung von 301 884
Briefwahlunterlagen hin hätten 268 504 Wählerinnen und Wähler von ihrem Wahlrecht per Brief Gebrauch
gemacht, nicht wie ursprünglich angegeben 198 739 Wahlberechtigte. Die Befürchtung, Briefwahlstimmen
könnten unberücksichtigt geblieben sein, treffe nicht zu. Diese Vermutung sei dadurch entstanden, dass der
Zahl der ausgegebenen Briefwahlunterlagen (Wahlschein, Stimmzettel und Umschläge) von 301 884 eine
Zahl von 198 739 Briefwählern gegenübergestellt worden sei. Zur Erläuterung dieser Differenz hat das Sta-
tistische Amt auf drei Ursachen hingewiesen: Die Überprüfung habe ergeben, dass die Zahl der Briefwähle-
rinnen und -wähler infolge der fehlerhaften Abfrage der Datenbank um rund 70 000 zu niedrig angegeben
worden sei. Sie sei auf 268 504 korrigiert worden. Des Weiteren gehörten zu den 301 884 ausgegebenen
Wahlscheinen auch solche, die die Stimmabgabe in einem anderen Wahllokal als in dem eigenen ermögli-
chen sollten, z. B. in einem barrierefreien Wahllokal. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass erfahrungsge-
mäß rund fünf bis zehn Prozent der ausgegebenen Briefwahlunterlagen nicht rechtzeitig und vollständig zu-
rückliefen. Die Gründe hierfür seien vielfältig und lägen z. B. im zu späten Erhalt, der Nichtnutzung oder der
zu späten Rücksendung der Briefwahlunterlagen. Darüber hinaus fänden solche Wahlbriefe keinen Eingang
in die Zählung der Briefwähler, die aus formalen Gründen zurückzuweisen seien, z. B. weil der Wahlschein
fehle oder nicht unterschrieben sei. Der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag folgen dieser
schlüssigen Darstellung.

d) In Duisburg kam es zu keinem die Gültigkeit der Bundestagswahl 2013 berührenden Wahlfehler.

aa) Zwar wurde ärgerlicherweise gegen wahlrechtliche Vorgaben verstoßen, als 405 Wahlberechtigten in den
beiden Wahlkreisen 115 und 116 Briefwahlunterlagen für den benachbarten (Duisburger) Wahlkreis zuge-
sandt wurden. Die Stadt Duisburg konnte allerdings die Adressaten der fehlerhaften Unterlagen ermitteln und
hat diese angeschrieben sowie das weitere Vorgehen erklärt. Außerdem wurde die Presse informiert. Es ist
also davon auszugehen, dass die Wahlberechtigten die falschen Unterlagen austauschen ließen. Ob gleich-
wohl einige Wahlberechtigte doch mit den – für den jeweiligen Wahlkreis – nicht passenden Stimmzetteln
wählten, lässt sich angesichts des Wahlgeheimnisses naturgemäß nicht ermitteln. In einem solchen Fall wäre
die Erststimme gemäß § 39 Absatz 1 Satz 2 BWG ungültig gewesen. Doch selbst wenn es dazu gekommen
sein sollte, hätte kein Wahlfehler vorgelegen. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungs-
gerichts, der sich der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag schon früher stets angeschlossen
haben, beeinträchtigt ein Wahlfehler nur dann die Gültigkeit der Bundestagswahl, wenn er auf die Sitzvertei-
lung von Einfluss war oder hätte sein können (vgl. nur BVerfGE 89, 243 [254]; Bundestagsdrucksachen
16/900, Anlage 20; 17/1000, Anlagen 10, 15, 19 und 20; 17/2200, Anlagen 5, 12 und 25; 17/2250, Anlagen
18 und 22; 17/3100, Anlage 21). Daran fehlt es hier: Im Wahlkreis 115 hatte die erstplatzierte Bewerberin der
SPD einen Vorsprung von 17.302 Stimmen vor dem zweitplatzierten Bewerber der CDU; im Wahlkreis 116

Drucksache 18/1710 – 214 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

erzielte der erstplatzierte Direktkandidat der SPD einen Vorsprung von 14.105 Stimmen vor dem zweitplat-
zierten Kandidaten der CDU.

bb) Hingegen stellt es schon keinen Wahlfehler dar, dass in Duisburg in mehreren Fällen Wahlvorstandsmit-
glieder, das jeweilige Wahllokal, dem sie zugeteilt waren, nach der Auszählung verlassen haben, bevor ein
schlüssiges Ergebnis der Auszählung feststand. Bei der Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses
sollen gemäß § 6 Absatz 8 Satz 2 BWO alle Mitglieder des Wahlvorstandes – also der Wahlvorsteher, alle
Beisitzer und der Schriftführer (vgl. Frommer/Engelbrecht, Bundeswahlrecht, 2013, § 6 BWO Rn. 9) – anwe-
send sein, müssen es aber nicht. Damit der Wahlvorstand bei der Ermittlung und Feststellung des Wahler-
gebnisses herzustellen beschlussfähig ist, müssen gemäß § 6 Absatz 9 Satz 1 BWO der Wahlvorsteher und
der Schriftführer bzw. ihre Stellvertreter sowie drei Beisitzer anwesend sein. Fehlende Beisitzer sind indessen
gemäß § 6 Absatz 9 Satz 2 BWO durch andere Wahlberechtigte zu ersetzen. Im vorliegenden Fall wurden die
fehlenden Wahlvorstandsmitglieder durch Gemeindemitarbeiter ersetzt, wodurch die Beschlussfähigkeit ge-
wahrt war. Einfluss auf die Sitzverteilung im 18. Deutschen Bundestag hatte das frühzeitige Verlassen von
Wahlräumen durch einige Wahlvorstandsmitglieder ohnehin nicht. Gleichwohl erwarten der Wahlprüfungs-
ausschuss und der Deutsche Bundestag, dass derartige Probleme bei künftigen Bundestagswahlen nicht mehr
auftreten. Der für Duisburg zuständige Kreiswahlleiter ist aufgefordert, die Wahlvorstandsmitglieder künftig
deutlich auf die Dauer ihres Amtes hinzuweisen.

e) In Essen ist – entgegen der Behauptung des Einspruchsführers – die Nachzählung nicht verweigert worden.
Im Gegenteil hat der Kreiswahlausschuss für den Wahlkreis 120, der einen Teil von Essen umfasst, aufgrund
des überaus knappen Stimmenunterschiedes und weiterer Vorkommnisse bei der Durchführung der Wahl
ausnahmsweise eine vollständige Nachzählung aller abgegebenen Stimmen beschlossen. Dadurch wurde
sichergestellt, dass sich alle gültigen Stimmen im Wahlergebnis nunmehr wiederfinden.

f) Der Vortrag des Einspruchsführers zu Briefwahlunterlagen, die angeblich in Tausenden von Fällen ihre
Adressaten nicht erreicht hätten, ist zu pauschal, um ihn überprüfen zu können. Auch die Nennung zweier
Orte – nämlich Hamburg und Göttingen – führt nicht weiter. Der Vortrag ist insoweit als unsubstantiiert zu-
rückzuweisen. Bezüglich Göttingens ist darauf hinzuweisen, dass in dem in den Medien erwähnten Fall einer
dort gemeldeten Wahlberechtigten – auf den die Niedersächsische Landeswahlleiterin Bezug nimmt – kein
Wahlfehler vorlag.

g) Es trifft zu, dass in einem Wahlbezirk in Waltrop in die Wahlniederschrift für „Die Republikaner“ und die
AfD zuerst versehentlich ein falsches Zweitstimmenergebnis eingetragen wurde. „Die Republikaner“ erhiel-
ten eigentlich keine Zweitstimmen; fälschlicherweise waren nach der Wahlniederschrift aber 42 Zweitstim-
men für sie abgegeben worden. Die AfD erhielt in Wahrheit 71 Zweitstimmen statt der zunächst in die Wahl-
niederschrift eingetragenen 29 Zweitstimmen. Ein Wahlfehler lag in der falsch ausgefüllten Wahlnieder-
schrift jedoch nicht, da das Versehen noch berichtigt wurde und die korrekten Zahlen in das Wahlergebnis
einflossen.

h) Hinsichtlich der durch eine Tageszeitung veröffentlichten Ergebnisse in Biberach liegt ebenfalls kein
Wahlfehler vor. Zwar hat die Zeitung Ergebnisse falsch errechnet bzw. wiedergegeben. Aber solche Fehler
liegen in der alleinigen Verantwortung des Herausgebers der jeweiligen Publikation. Die Wahlbehörden ha-
ben darauf keinen Einfluss. Sie haben ihre Ergebnisse korrekt ermittelt.

i) Auch in Bochum kam es zu keinen für die Sitzverteilung relevanten Wahlfehlern.

aa) Es stellt zwar einen höchst ärgerlichen und künftig zu vermeidenden Wahlfehler dar, dass mehreren
Wahlberechtigten in den zwei Wahlkreisen 140 und 141 teilweise Briefwahlunterlagen für den benachbarten
(Bochumer) Wahlkreis zugesandt wurden. Die Erststimmen derjenigen 602 Briefwähler, die einen – für den
jeweiligen Wahlkreis – falschen Stimmzettel zurückgesandt hatten, waren gemäß § 39 Absatz 1 Satz 2 BWG
ungültig. Im Wahlkreis 140 waren 592 und im Wahlkreis 141 10 Stimmzettel betroffen. Auf das Erststim-
menergebnis in beiden Wahlkreisen und damit die Vergabe des jeweiligen Direktmandats, also die Sitzvertei-
lung im 18. Deutschen Bundestag und damit die Gültigkeit der Bundestagswahl 2013 (s. o.), wirkte sich das
Versehen indessen nicht aus: Im Wahlkreis 140 hatte der Erstplatzierte einen Vorsprung von 12.990 Stimmen
vor dem zweitplatzierten Bewerber; im Wahlkreis 141 erzielte die erstplatzierte Bewerberin einen Vorsprung
von 23.803 Stimmen vor der zweitplatzierten Kandidatin.

bb) Soweit der Einspruchsführer auf Auszählungsprobleme in Bochum hinweist, ist festzustellen, dass es im
Wahlbezirk 4401 im Wahlkreis 141 ärgerlicherweise nicht möglich war, am Wahlabend ein korrektes Wahl-

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 215 – Drucksache 18/1710

ergebnis zu ermitteln. Die Entscheidung des Kreiswahlleiters, die Auszählung aufgrund der aufgetretenen
Differenzen abzubrechen und am Montag, dem 23. September 2013, eine komplette Neuauszählung vorzu-
nehmen, widersprach § 67 BWO, wonach die Auszählung im Anschluss an die Wahlhandlung ohne Unter-
brechung stattzufinden hat. Die ordnungsgemäße Nachzählung hätte – worauf die Landeswahlleiterin des
Landes Nordrhein-Westfalen zutreffend hinweist – noch in der Wahlnacht erfolgen müssen. Eine Aussetzung
oder Unterbrechung stellt einen schwerwiegenden Wahlverstoß dar (vgl. Hahlen, in: Schreiber, § 37 Rn. 2).
Dieser Wahlfehler war aber nicht mandatsrelevant, da er sich auf die Sitzverteilung im Parlament nicht aus-
gewirkt hat oder hätte auswirken können. Denn die Sitzverteilung geschah aufgrund des amtlichen Endergeb-
nisses. In dieses wiederum sind die aufgrund der Neuauszählung ermittelten (korrekten) Zahlen eingeflossen.

j) Das vom Einspruchsführer bemängelte Ergebnis in Netzschkau beruht auf der rechtmäßigen Anordnung
zur Bildung von Briefwahlvorständen gemäß § 8 Absatz 3 Halbsatz 2 BWG, § 7 Nr. 2 BWO sowie der Ver-
ordnung der Sächsischen Staatsregierung zur Übertragung von Zuständigkeiten nach dem Bundeswahlgesetz
und dem Europawahlgesetz. Insoweit liegt ebenfalls kein Wahlfehler vor.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 217 – Drucksache 18/1710

Anlage 53

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn D. K., 44797 Bochum,

– Az.: WP 115/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Mai 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Schreiben vom 23. Oktober 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt. Er hat seinen Vortrag mit einem
Schreiben vom 14. November 2013 erweitert.

Der Einspruchsführer wendet sich gegen das Sitzzuteilungsverfahren. Bei der Ermittlung der Sitzzahl im 18.
Deutschen Bundestag sei „zweimal ausgeglichen“ worden. Dies habe dazu geführt, dass sich die Gesamtzahl
der Sitze inklusive der Überhangmandate auf 631 erhöht habe. Jedoch seien, ausgehend von den Zweitstim-
menzahlen, nur 504 Sitze gerechtfertigt. Die restlichen Sitze resultierten aus dem Anteil der jeweiligen
Zweitstimmen, also den der Fünf-Prozent-Klausel unterfallenden Stimmen, dem Ausgleich der Parteien un-
tereinander und den Überhangmandaten. Wenn man von den tatsächlich erhaltenen Zweitstimmen (und der
Geltung der Sperrklausel) ausgehe, ergebe sich eine Gesamtzahl von 601 Sitzen. Hinter 30 nach dem ange-
griffenen Verfahren zugeteilten Sitzen stehe kein Wählerauftrag, da diese Abgeordneten keine Zustimmung
realer Wähler erhalten hätten, ein Mandat zu bekommen, sondern diese Sitze nur durch Hochrechnung und
Ausgleichsverteilung entstanden seien. Eine neue Sitzverteilung müsse von der Zahl 601 ausgehen.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vortrag des Einspruchsführers lässt sich kein Verstoß
gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

1. Die Sitzverteilung war gesetzeskonform. Sie folgte dem im Bundeswahlgesetz (BWG) vorgesehenen Ver-
fahren, welches durch das 22. Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes vom 3. Mai 2013 (Bundesge-
setzblatt I S. 1082) geändert worden ist und im Einzelnen wie folgt darstellt:

Der Deutsche Bundestag besteht gemäß § 1 Absatz 1 Satz 1 BWG vorbehaltlich der sich aus diesem Gesetz
ergebenden (und sogleich darzustellenden) Abweichungen aus 598 Abgeordneten. Gemäß § 1 Absatz 2 BWG
werden davon 299 nach Kreiswahlvorschlägen in den Wahlkreisen (sog. Direktmandate) und die übrigen
nach Landeswahlvorschlägen (Landeslisten) gewählt. Das Direktmandat in jedem Wahlkreis gewinnt jeweils
der Bewerber bzw. die Bewerberin mit den meisten gültigen Erststimmen (vgl. § 5 BWG). Die Zahl der Lis-
tenmandate pro Partei (oberhalb der Fünf-Prozent-Hürde des § 6 Absatz 3 BWG) werden gemäß § 6 BWG in
vier Schritten ermittelt (vgl. die Erläuterungen des Bundeswahlleiters, www.bundeswahlleiter.de/de/ aktuel-
le_mitteilungen/downloads/20131009_Erl_Sitzzuteilung.pdf).

Im ersten Schritt wird ermittelt, wie viele Sitze einem Bundesland zustehen, wobei die deutsche Bevölkerung
des Bundeslandes maßgebend ist. Hierfür verwendet man das Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers. Man

Drucksache 18/1710 – 218 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

teilt die Anzahl der Deutschen durch einen geeigneten Wert (sog. Divisor), so dass in der Summe die Sitz-
kontingente der Bundesländer genau 598 Sitze ergeben.

Im zweiten Schritt ist zu errechnen, wie sich das Sitzkontingent eines Bundeslandes auf die zu berücksichti-
genden Parteien verteilt, die in diesem Bundesland mit einer Landesliste angetreten sind. Ausschlaggebend
sind die Zweitstimmen der Landeslisten. In der Summe müssen genau so viele Sitze verteilt werden, wie dem
Bundesland zustehen. Um die Anzahl der Sitze einer Landesliste zu ermitteln, teilt man die Zweitstimmen
dieser Landesliste durch einen geeigneten Divisor. Dieser Divisor wird auch hier nach dem Verfahren von
Sainte-Laguë/Schepers ermittelt und – gesondert für jedes Bundesland – so bestimmt, dass sich in Summe
über alle Landeslisten genau das im ersten Schritt ermittelte Sitzkontingent ergibt.

Für jede Partei wird (in einem gedanklichen Zwischenschritt) die bundesweite Mindestsitzzahl ermittelt, d. h.
am Ende des Sitzzuteilungsverfahrens darf eine Partei bundesweit nicht weniger Sitze erhalten als ihr die
Mindestsitzzahl garantiert. Für die Bestimmung der Mindestsitzzahl wird für jede Landesliste einer Partei das
Maximum aus den im zweiten Schritt ermittelten Sitzen nach Zweitstimmen und den gewonnenen Wahl-
kreissitzen festgestellt; das heißt der jeweils größere der beiden Werte wird berücksichtigt. Die so ermittelten
Sitze pro Land werden summiert und ergeben die garantierte Mindestsitzzahl der jeweiligen Partei auf Bun-
desebene.

Im dritten Schritt ist zu ermitteln, wie viele Sitze der Deutsche Bundestag insgesamt haben müsste, damit alle
Parteien auch die für sie ermittelte Mindestsitzzahl erhalten, und wie viele Sitze dann auf jede Partei entfal-
len. Ausschlaggebend ist das Verhältnis der Zweitstimmen der Parteien. Jede Partei soll pro Sitz in etwa die
gleiche Anzahl Stimmen benötigen. Zunächst muss in der Regel die Bundestagsgröße erhöht werden, damit
jede Partei bei der Verteilung der Sitze nach dem Verfahren Sainte-Laguë/Schepers ihre garantierte Mindest-
sitzzahl erhält. Erhöht wird so lange bis jede Partei genau ihre garantierte Mindestsitzzahl erhält. Gleichzeitig
werden die Sitze im Verhältnis der bundesweit errungenen Zweitstimmen der Parteien verteilt.

Im vierten Schritt wird errechnet, wie viele Sitze einer Partei auf ihre Landeslisten entfallen. Ausschlagge-
bend ist die Anzahl der Zweitstimmen. Aber es dürfen nicht weniger Sitze auf die jeweilige Landesliste ent-
fallen, als die Partei Wahlkreise gewonnen hat. Nachdem für jede Partei die ihr bundesweit zustehende An-
zahl Sitze bekannt ist, werden diese auf die jeweiligen Landeslisten verteilt. Dies erfolgt abermals durch Tei-
lung der Zweitstimmen durch einen geeigneten Divisor. Für jede Partei wird ein eigener Divisor ermittelt.
Man könnte den Divisor analog zu den in den vier Schritten durchgeführten Berechnungen so bestimmen,
dass sich in der Summe genau die geforderte Sitzzahl einer Partei ergibt. Jedoch ist zusätzlich die Bedingung
einzuhalten, dass am Ende des Sitzzuteilungsverfahrens jede Landesliste mindestens so viele Sitze erhält, wie
sie Wahlkreise gewonnen hat. Das heißt der Divisor ist so zu bestimmen, dass auch bei Einhaltung dieser
Bedingung sich in Summe genau die geforderte Sitzzahl einer Partei ergibt. Diese Bedingung führt dazu, dass
die Anzahl der Zweitstimmen, die pro Sitz benötigt werden, sich zwischen den Landeslisten einer Partei stär-
ker unterscheiden können als dies ohne Einhaltung dieser Bedingung der Fall wäre.

2. Die Kritik des Einspruchsführers, es seien Abgeordnete im Deutschen Bundestag vertreten, hinter denen
kein Wählerauftrag stehe, da die betreffenden Mandate nur durch Hochrechnung und Ausgleichsverteilung
entstanden seien, trifft nicht zu.

a) Der Anlass für die Neuregelung der Sitzverteilung durch das eingangs erwähnte 22. Gesetz zur Änderung
des Bundeswahlgesetzes war das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Juli 2012 (BVerfGE 131,
316). Nach Ansicht des Gerichts verstieß § 6 Absatz 5 BWG in seiner damaligen Fassung insoweit gegen die
Grundsätze der Wahlrechtsgleichheit und Chancengleichheit der Parteien, als er das ausgleichslose Anfallen
von Überhangmandaten in einem Umfang zulasse, der den Charakter der Bundestagswahl als Verhältniswahl
aufheben könne. Dies sei der Fall, wenn die Zahl der Überhangmandate etwa die Hälfte der für die Bildung
einer Fraktion erforderlichen Zahl von Abgeordneten überschreite (BVerfGE 131, 316 [357]), also ungefähr
15 Mandate beträgt (vgl. BVerfGE 131, 316 [369 f.]). Zwar hielt das Gericht an der Rechtsprechung fest,
wonach die mit der ausgleichslosen Zuteilung von Überhangmandaten verbundene Differenzierung des Er-
folgswerts der Wählerstimmen in begrenztem Umfang durch das besondere Anliegen einer mit der Perso-
nenwahl verbundenen Verhältniswahl gerechtfertigt werden könne, dem Wähler die Möglichkeit zu geben,
im Rahmen der Verhältniswahl Persönlichkeiten zu wählen, die eine enge persönliche Bindung zu ihrem
Wahlkreis haben (BVerfGE 131, 316 [363, 365]; mit Verweis auf BVerfGE 7, 63 [74 f.]; 16, 130 [140]; 95,
335 [360 f.]). Das dürfe aber nicht dazu führen, dass der Grundcharakter der Wahl als einer am Ergebnis der
für die Parteien abgegebenen Stimmen orientierten Verhältniswahl aufgehoben werde (BVerfGE 131, 316

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 219 – Drucksache 18/1710

[367]; mit Verweis auf BVerfGE 95, 335 [361, 365 f.]). Überhangmandate seien nur in eng begrenztem Um-
fang mit dem Charakter der Wahl als Verhältniswahl vereinbar. Fielen sie regelmäßig und in größerer Zahl
an, widerspreche dies der Grundentscheidung des Gesetzgebers (BVerfGE 131, 316 [368], unter Hinweis auf
BVerfGE 95, 335 [365 f.]). Seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10. April 1997
(BVerfGE 95, 335) hätten sich Verhältnisse eingestellt, unter denen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit
davon auszugehen sei, dass Überhangmandate regelmäßig in größerer Zahl anfielen, so dass das Wahlrecht
zur Wahrung der Wahlrechtsgleichheit um Vorkehrungen gegen ein den Grundcharakter der Wahl als Ver-
hältniswahl verfälschendes Überhandnehmen ausgleichsloser Überhangmandate ergänzt werden müsse. Da-
raus folge nunmehr eine Handlungspflicht des Gesetzgebers (BVerfGE 131, 316 [370, 372]). Der Gesetzge-
ber habe im Hinblick auf die genannten Umstände von Verfassungs wegen Vorkehrungen zur Wahrung der
Wahlrechts- und der Chancengleichheit in Bezug auf den Anfall von Überhangmandaten zu treffen (BVerf-
GE 131, 316 [372]).

b) Dieser Handlungspflicht ist der Gesetzgeber mit dem 22. Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes
und der damit verbundenen Neuregelung des Sitzzuteilungsverfahrens (§ 6 BWG in seiner jetzigen Fassung)
in verfassungskonformer Weise nachgekommen. Die Erhöhung der Sitzzahl bis zur Anrechenbarkeit aller
Überhangmandate sorgt dafür, dass die Verteilung der Mandate auf die Parteien vollständig der Summe der
Wählerstimmen entspricht und nicht erwartungswidrig im Sinne der Entscheidung des Bundesverfassungsge-
richts vom 25. Juli 2012 mit der auf diese oder eine konkurrierende Partei entfallenden Stimmenzahl korre-
liert (so der Gesetzentwurf der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Bundes-
tagsdrucksache 17/11819, S. 6). Durch die Vergabe zusätzlicher (Ausgleichs-)Mandate erhalten zwar auch
andere Parteien mehr Sitze, wenn Wahlbewerber einer Partei mehr Stimmen und infolgedessen mehr Wahl-
kreismandate erzielen, die in der ersten Stufe der Sitzverteilung nicht anrechenbar sind und darum zu einer
Sitzzahlerhöhung nach § 6 Absatz 5 BWG (derzeitige Fassung) führen. Die Vergabe weiterer Sitze auch an
andere Parteien entsprechend dem Zweitstimmenergebnis der Verhältniswahl nach einer Sitzzahlvergröße-
rung zum Verhältnisausgleich stellt aber keine für den Wähler nicht erkennbare Auswirkung seiner Stimm-
abgabe auf den Erfolg oder Misserfolg der Wahlbewerber im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfas-
sungsgerichts dar. Denn der vom Wähler gewählte Wahlkreisbewerber zieht aufgrund seiner direkten Wahl
nach § 5 BWG in den Bundestag ein. Der Einzug weiterer Abgeordneter anderer Parteien bei der Sitzvertei-
lung nach § 6 Absatz 6 BWG (derzeitige Fassung) entspricht dem Ergebnis der Verhältniswahl nach Zweit-
stimmen. Das Bundesverfassungsgericht hat im erwähnten Urteil vom 25. Juli 2012 ausdrücklich festgestellt,
dass der wegen eines unvollständig durchgeführten Verhältnisausgleichs gestörte Proporz durch die Zutei-
lung von Ausgleichsmandaten wiederhergestellt werden kann (BVerfGE 131, 316 [366]; Bundestagsdrucksa-
che 17/11819, S. 6).

Die Mandate werden entsprechend dem Zweitstimmenanteil der Parteien, die die Fünf-Prozent-Hürde über-
wunden haben, verteilt. Ein unter Umständen durch ausgleichslose Überhangmandate bedingtes Ungleichge-
wicht der Zweitstimmen wird so vermieden.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 221 – Drucksache 18/1710

Anlage 54

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn K.-H. L., 09130 Chemnitz,

– Az.: WP 116/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 5. Juni 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Schreiben vom 26. Oktober und vom 12. November 2013 in seinem
Namen „und im Namen einer Gruppe“ Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundes-
tag am 22. September 2013 eingelegt.

Er rügt, sein Name sei – wie schon bei der Bundestagswahl 2009 – nicht im Wählerverzeichnis aufgeführt
gewesen. Er habe auch keine Wahlbenachrichtigung erhalten. Man habe ihm amWahltag in einem Wahllokal
die Wahlteilnahme verwehrt.

Der Einspruchsführer kritisiert, öffentliche Bekanntmachungen und Informationen erreichten nicht alle
Wahlberechtigten, z. B. nicht Obdachlose, Analphabeten sowie Menschen ohne PC, Radio und Fernsehen.
Das Wählerverzeichnis werde nicht öffentlich ausgelegt. Eine Publikation in einem Amtsblatt genüge nicht,
da der Bürger nicht wissen könne, was dort veröffentlicht werde. Schließlich erhalte man das Amtsblatt nicht
(einfach so) zugestellt. In den Bekanntmachungen würden bundes- und landesrechtliche Wahlvorschriften
nicht getrennt. Die Meldebehörden gäben die von ihnen erfassten Daten nicht korrekt an die Wahlbehörden
weiter. Gestorbene Menschen würden zum Teil weiterhin erfasst und erhielten auch Wahlbenachrichtigun-
gen. Auskünfte und Informationen zur Wahl erforderten einen Kostenaufwand, z. B. für Porto und Telefon,
beim Wahlwilligen. Jeder Wähler könne doppelt – nämlich mit der Wahlbenachrichtigung per Briefwahl und
mit dem Personalausweis im Wahllokal – wählen. Die Wahlbenachrichtigung und der Wahlschein würden
nicht mehr „amtlich überbracht“.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Die Landeswahlleiterin des Freistaates Sachsen hat zu dem Vorbringen der Einspruchsführer am 4. Febru-
ar 2014 im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen. Nach den Informationen des zuständigen Kreiswahl-
leiters des Wahlkreises 162 (Chemnitz) stelle sich der Sachverhalt wie folgt dar:

Der Einspruchsführer sei am 10. Juni 2009 aus Chemnitz nach „unbekannt“ abgemeldet worden und sei seit
diesem Zeitpunkt ohne festen Wohnsitz. Allen Aufforderungen der Meldebehörde Chemnitz in der Vergan-
genheit, seine Wohnungssituation melderechtlich zu bereinigen, sei er bisher nicht nachgekommen. Über
seinen amtlich geführten Aufenthaltsstatus seien dem Einspruchsführer seit seiner Abmeldung mehrfach
schriftliche Bestätigungen durch die zuständige Meldebehörde ausgehändigt worden. Folglich sei der Ein-
spruchsführer gemäß § 16 Absatz 1 Nr. 1 der Bundeswahlordnung (BWO) nicht von Amts wegen in das
Wählerverzeichnis der Stadt Chemnitz aufgenommen worden. Somit wäre nur die Aufnahme in das Wähler-
verzeichnis auf Antrag gemäß § 16 Absatz 2 Nr. 1 b BWO in Betracht gekommen. Der hierfür notwendige
schriftliche Antrag hätte bis spätestens am 1. September 2013 (§ 18 Absatz 1 BWO) bei der Stadt Chemnitz
vorliegen müssen. Ein solcher Antrag sei nicht gestellt worden. Der Einspruchsführer habe nach dem Ablauf
der Frist zur Einsichtnahme in das Wählerverzeichnis (2. bis 6. September 2013, § 17 Absatz 1 des Bundes-
wahlgesetzes [BWG]) in der Briefwahlstelle der Stadt Chemnitz vorgesprochen. Er sei dort zunächst münd-

Drucksache 18/1710 – 222 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

lich darauf hingewiesen worden, dass eine Aufnahme in das Wählerverzeichnis nicht mehr möglich sei, da
weder ein Antrag gemäß § 16 Absatz 2 Nr. 1 b BWO frist- und formgerecht gestellt (§ 16 Absatz 7 BWO),
noch rechtzeitig gegen das Wählerverzeichnis Einspruch erhoben worden (§ 23 Absatz 1 BWO) und auch
eine Korrektur des Wählerverzeichnisses von Amts wegen (§ 23 Absatz 2 BWO) ohne vorherige Klärung
seines melderechtlichen Status nicht in Betracht gekommen sei. Der Einspruchsführer habe hierauf am 16.
September 2013 schriftlich gegen das Wählerverzeichnis Einspruch eingelegt mit dem Ziel, seine Aufnahme
zu erwirken. Der Einspruch sei an die Wahlbehörde/den Wahlleiter ohne Angabe einer Absender- bzw. Zu-
stelladresse für die Antwort erfolgt. Vielmehr habe der Einspruchsführer angegeben, die Beantwortung seines
Einspruchsschreibens persönlich in der Briefwahlstelle in Empfang nehmen zu wollen. Die Behandlung des
Einspruchs sei durch die Wahlbehörde der Stadt Chemnitz mit Datum vom 16. September 2013 erfolgt. Dem
Einspruchsführer sei mitgeteilt worden, dass seinem Einspruch aus den oben genannten Gründen nicht statt-
gegeben werden könne. Das Schreiben der Wahlbehörde Chemnitz habe seit diesem Zeitpunkt in der Brief-
wahlstelle für eine Abholung bereit gelegen. Diese sei nicht erfolgt. Der Einspruchsführer sei vielmehr am
Wahltag gegen 17.15 Uhr in der Briefwahlstelle mit der Frage erschienen, ob er nunmehr sein Wahlrecht
wahrnehmen könne. Ihm sei daraufhin nochmals mitgeteilt worden, dass das Wahlrecht nicht gewährt werden
könne. Die Annahme des Antwortschreibens auf seinen Einspruch vom 16. September 2013 habe er verwei-
gert. Vielmehr habe er verlangt, den Wahlleiter zu sprechen, was zum besagten Zeitpunkt nicht möglich ge-
wesen sei, da der Wahlleiter wegen der Wahrnehmung seiner Aufgaben am Wahltag nicht unmittelbar er-
reichbar gewesen sei. Nachdem der Einspruchsführer durch sein Auftreten gedroht habe, die weitere ord-
nungsgemäße Wahldurchführung zu stören, sei er gebeten worden, sich zu mäßigen, was schließlich auch
erfolgt sei. Er habe das Haus verlassen.

Aus den dargestellten Gründen habe der Einspruchsführer nicht an der Bundestagswahl teilnehmen können.
Zum weiteren allgemeinen Vortrag werde wahlrechtlich das Folgende ausgeführt:

Die Wahlberechtigten seien vor der Wahl intensiv unter anderem durch den Bundeswahlleiter, die Landes-
wahlleiter die Wahlorgane vor Ort in den Städten und Gemeinden, etwa durch Pressemitteilungen, über die
Voraussetzungen der Teilnahme an der Wahl informiert worden. Darüber hinaus hätten auch die Medien breit
über die unterschiedlichsten Verbreitungswege berichtet. Informationen zur Bundestagswahl in leichter Spra-
che seien durch die Landeswahlleiterin in das Internet aufgenommen worden. Zudem habe diese Broschüre
auch direkt, unter anderem bei der Bundeszentrale für politische Bildung und beim Sozialverband Deutsch-
land e. V., bezogen werden können.

Das Wählerverzeichnis habe auch in Chemnitz in der Zeit vom 2. bis 6. September 2013 eingesehen werden
können. Dabei hätten insbesondere die zur eigenen Person im Wählerverzeichnis eingetragenen Daten über-
prüft werden können, § 17 Absatz 1 BWG, § 21 BWO. Zuvor sei öffentlich bekanntgemacht worden, von
wem, zu welchen Zwecken und unter welchen Voraussetzungen, wie lange und zu welchen Tageszeiten das
Wählerverzeichnis eingesehen werden könne, § 20 Absatz 1 BWO. Die öffentliche Bekanntmachung sei im
Amtsblatt Chemnitz vom 21. August 2013 erfolgt. Die zuständigen Wahlorgane – Kreiswahlleiter – seien
vom Sächsischen Staatsministerium des Innern im Sächsischen Amtsblatt Nr. 48 vom 29. November 2012
amtlich bekanntgemacht worden. In den Internetauftritt der Landeswahlleiterin seien die Kontaktdaten eben-
falls eingestellt. Kontaktdaten der Wahlbehörde in Chemnitz fänden sich auf der Homepage der Stadt. Es sei
nicht ersichtlich, dass die Wahlbekanntmachung der Stadt Chemnitz zur Bundestagswahl 2013 Fehlinforma-
tionen enthalte. Den inhaltlichen Anforderungen nach § 48 BWO sei entsprochen worden.

Die Wahlbenachrichtigung müsse nach dem Muster der Anlage 3 zur Bundeswahlordnung erfolgen. Die in
Chemnitz verwendeten Wahlbenachrichtigungen entsprächen diesen Vorgaben. Einer potenziellen mehrfa-
chen Stimmabgabe per Brief und persönlich im Wahlraum werde durch die gesetzlichen Regelungen begeg-
net (unter anderem §§ 14, 39 BWG, §§ 28, 30, 56, 59, 75 BWO). Zudem dürfe das Wahlrecht nur einmal und
persönlich ausgeübt werden, § 14 Absatz 4 BWG. Verstöße hiergegen könnten strafrechtlich geahndet wer-
den (§§ 107a, 107b des Strafgesetzbuches [StGB]). Es gebe keine wahlrechtliche Norm, die regele, dass
Wahlbenachrichtigungen und/oder die Briefwahlunterlagen bei einer nicht erfolgreichen Zustellung durch ein
Postdienstleistungsunternehmen anschließend amtlich zu überbringen seien.

Im Ergebnis seien durch die zuständigen Wahlverantwortlichen die gesetzlichen Bestimmungen zur Bundes-
tagswahl 2013 vollumfänglich erfüllt worden.

Der Einspruchsführer hat sich zu der ihm übersandten Stellungnahme am 25. März 2014 im Wesentlichen
wie folgt geäußert:

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 223 – Drucksache 18/1710

Menschen, die „lebendig sind und registriert wurden“, würden von Amtspersonen willkürlich in Meldebehör-
den aus dem Melderegister abgemeldet. Menschen, für die eine Sterbeurkunde ausgestellt worden sei, werde
weiterhin eine Wahlbenachrichtigung zugesendet. Die für die Wahl geltenden Landes- und Bundesgesetze
(z. B. Meldegesetze) würden von den Meldebehörden vorsätzlich nicht beachtet und eingehalten. In Deutsch-
land sei das Wahlrecht ein Grundrecht und stelle ein natürliches Recht eines Menschen dar. Kein Mensch,
„schon gar nicht die Amtspersonen im öffentlichen Dienst (Eid)“, habe das Recht, einem Menschen diese
Würde zu nehmen.

Entscheidungsgründe

I.

Der Einspruch ist unzulässig, sofern er auch „im Namen einer Gruppe“ eingelegt wurde. Zwar kann gemäß
§ 2 Absatz 2 des Wahlprüfungsgesetzes auch eine Gruppe von Wahlberechtigten Einspruch einlegen; dies
erfordert aber, dass ihre Mitglieder klar erkennbar sind. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Außer dem Ein-
spruchsführer wird sonst niemand namentlich genannt.

II.

Soweit der Einspruch zulässig ist, ist er unbegründet. Dem Vortrag des Einspruchsführers lässt sich kein
Verstoß gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

1. Er durfte zu Recht nicht an der Bundestagswahl 2013 teilnehmen. Wählen kann gemäß § 14 Absatz 1 des
Bundeswahlgesetzes nur, wer in ein Wählerverzeichnis eingetragen ist oder einen Wahlschein hat. Der Ein-
spruchsführer erfüllte keine der beiden Voraussetzungen. Nach dem Melderegister der Stadt Chemnitz ist der
Einspruchsführer seit dem Jahr 2009 mit unbekanntem Ziel verzogen und war somit nicht von Amts wegen
gemäß § 16 Absatz 1 Nr. 1 BWO in das Wählerverzeichnis einzutragen. Zu einer Bereinigung seiner melde-
rechtlichen Situation war er nicht bereit. Von einer willkürlichen Löschung, wovon der Einspruchsführer
offenbar ausgeht, kann nicht die Rede sein. Wenn man davon ausgeht, dass der Einspruchsführer derzeit
wohnungslos ist, hätte es eines Antrages gemäß § 16 Absatz 2 Nr. 1 b BWO bedurft, um in das Wählerver-
zeichnis eingetragen zu werden, wobei der Einspruchsführer dann sich gewöhnlich in Chemnitz hätte aufhal-
ten müssen. Einen solchen Antrag hat der Einspruchsführer aber nicht gestellt. Sein Einspruch gegen das
Wählerverzeichnis war verfristet, da er erst am 16. September 2013 eingelegt wurde. Er hätte aber gemäß
§§ 22 Absatz 1, 23 Absatz 1 BWO schon innerhalb der Einsichtsfrist des § 17 Absatz 1 BWG, also vom 2.
bis 6. September 2013, erhoben werden müssen. Eine Korrektur des Wählerverzeichnisses von Amts wegen
gemäß § 23 Absatz 2 BWO schied aus, da das Register nicht offensichtlich unrichtig oder unvollständig war.

2. Die weitere pauschale Kritik des Einspruchsführers geht fehl. Auch ihr lassen sich keine Wahlfehler ent-
nehmen.

a) Über die Wahl wurde, soweit dies gesetzlich vorgeschrieben ist, von den Behörden in hinreichender Weise
informiert. Öffentliche Bekanntmachungen zeichnen sich – anders als der Einspruchsführer meint – gerade
dadurch aus, dass sie von jedermann bei Interesse zur Kenntnis genommen werden können. Daher eröffnet
§ 86 Absatz 1 BWO den Kreiswahlleitern und Gemeinden die Möglichkeit, die nach dem Bundeswahlgesetz
und dieser Verordnung vorgeschriebenen öffentlichen Bekanntmachungen in Amtsblättern zu veröffentli-
chen. Informationen zur Wahl wurden in deutlich ausreichendem Maße zur Verfügung gestellt, z. B. vom
Bundeswahlleiter oder von der Bundeszentrale für politische Bildung. Sie konnten ohne Weiteres angefordert
werden. Überdies haben alle Medien über die Bundestagswahl 2013 schon im Vorfeld sehr ausführlich be-
richtet.

b) Inwieweit Auskünfte und Informationen zur Wahl einen Kostenaufwand, z. B. für Porto und Telefon, beim
Wahlwilligen erfordern, lässt der Einspruchsführer offen. Informationen zur Wahl lassen sich kostenfrei bei
den Wahlbehörden beziehen. Die Einsichtnahme in das Wählerverzeichnis ist kostenlos. Auch die Beantra-
gung von Briefwahlunterlagen oder die Briefwahl selbst kosten den Wähler kein Porto.

c) Wählerverzeichnisse werden zwar, wie der Einspruchsführer darlegt, (schon aus Gründen des Datenschut-
zes) nicht öffentlich ausgelegt, sind aber gemäß § 17 Absatz 1 BWG in Verbindung mit § 21 BWO vom 20.
bis zum 16. Tag vor der Bundestagswahl für die Wahlberechtigten einsehbar. Zuvor ist gemäß § 20 Absatz 1
BWO öffentlich bekanntzumachen, von wem, zu welchen Zwecken und unter welchen Voraussetzungen, wie
lange und zu welchen Tageszeiten das Wählerverzeichnis eingesehen werden kann. In Chemnitz war die

Drucksache 18/1710 – 224 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Einsichtnahme möglich; die dazugehörige öffentliche Bekanntmachung ist im Amtsblatt Chemnitz vom 21.
August 2013 erfolgt. Die Bekanntmachung in einem Amtsblatt genügt den Publizitätserfordernissen, die § 86
Absatz 1 BWO aufstellt. Jeder Bürger kann im leicht zu beschaffenden Amtsblatt nachlesen, was dort steht.

d) Die Behauptung des Einspruchsführers, die Meldebehörden würden die von ihnen erfassten Daten nicht
korrekt an die Wahlbehörden weiterleiten, und es würden z. B. gestorbene Menschen weiter Wahlbenachrich-
tigungen erhalten, ist durch nichts belegt. Wahlbeanstandungen, die über nicht belegte Vermutungen oder die
bloße Andeutung der Möglichkeit von Wahlfehlern nicht hinausgehen und einen konkreten, der Überprüfung
zugänglichen Tatsachenvortrag nicht enthalten, müssen als unsubstantiiert zurückgewiesen werden (Bundes-
tagsdrucksachen 15/1150, Anlagen 283 bis 285; 15/1850, Anlage 25; 15/2400, Anlage 9; 17/1000, Anlagen
13 und 19; BVerfGE 48, 271 [276]; 66, 369 [379]; 85, 148 [159]; 122, 304 [309]; Hahlen, in: Schreiber,
Bundeswahlgesetz, 9. Auflage 2013, § 49 Rn. 25).

f) Die Befürchtung des Einspruchsführers, jeder Wähler könne doppelt wählen, nämlich mit der Wahlbenach-
richtigung per Briefwahl und mit dem Personalausweis im Wahllokal, ist unbegründet. Davon abgesehen,
dass auch dieses Vorbringen unsubstantiiert ist, gibt es rechtliche Vorkehrungen gegen die Mehrfachwahl
eines Wahlberechtigten: Der Inhaber eines Wahlscheins kann gemäß § 14 Absatz 3 BWG entweder durch
Briefwahl oder durch Stimmabgabe in einem beliebigen Wahllokal an der Wahl des Wahlkreises, in dem der
Wahlschein ausgestellt ist, teilnehmen, § 14 Absatz 3 BWG. Eine Doppelwahl – sowohl durch Brief- als auch
durch Urnenwahl – ist hingegen nicht zulässig, denn gemäß § 14 Absatz 4 BWG darf jeder Wahlberechtigte
sein Wahlrecht nur einmal ausüben. Das unbefugte Wählen steht zudem gemäß § 107a StGB unter Strafe.
Eine Mehrfachwahl durch Wahlscheininhaber ist jedoch bereits durch die rechtliche Ausgestaltung der
Stimmabgabe mit Wahlschein ausgeschlossen. Denn der Inhaber eines Wahlscheins benötigt für die Teil-
nahme an der Wahl neben einem Stimmzettel in jedem Fall seinen (gültigen) Wahlschein, unabhängig davon,
ob er sich für die Briefwahl oder die Wahl im Wahllokal entscheidet. Gemäß § 17 Absatz 2 BWG in Verbin-
dung mit § 25 Absatz 1 BWO erhält einen Wahlschein, wer in das Wählerverzeichnis eingetragen ist und
einen entsprechenden Antrag stellt. Dem Wahlschein wird gemäß § 28 Absatz 3 Nr. 1 BWO ein Stimmzettel
beigefügt, den der Wähler im Fall der Briefwahl gemäß § 36 BWG in einem verschlossenen Umschlag mit
dem Wahlschein an den Kreiswahlleiter übersenden muss. Hat ein Wahlberechtigter einen Wahlschein erhal-
ten, so wird im Wählerverzeichnis in der Spalte für den Vermerk über die Stimmabgabe der Sperrvermerk
„Wahlschein“ oder „W“ eingetragen (§ 30 BWO). Eine Stimmabgabe im Wahllokal ohne Vorlage des Wahl-
scheins ist dann nicht mehr möglich (vgl. § 56 Absatz 6 Nummer 2 BWO). Entschließt sich der Wahlschein-
inhaber, nicht im Wege der Briefwahl zu wählen, kann er gemäß § 59 BWO unter Vorlage seines Wahl-
scheins am Wahltag an der Urnenwahl in seinem Wahlkreis teilnehmen. Wie jeder Wähler erhält er, wenn er
den Wahlraum betritt, einen amtlichen Stimmzettel, § 56 Absatz 1 BWO, den er in der Wahlzelle kennzeich-
net und faltet, § 56 Absatz 2 Satz 1 BWO. Bei der Stimmabgabe nennt der Wahlscheininhaber dem Wahlvor-
stand seinen Namen, weist sich aus und übergibt seinen Wahlschein (§ 59 Satz 1 BWO). Legt er keinen
Wahlschein vor, obwohl sich im Wählerverzeichnis ein Wahlscheinvermerk befindet, ist er vom Wahlvor-
stand zurückzuweisen, es sei denn, es wird festgestellt, dass er nicht im Wahlscheinverzeichnis eingetragen
ist (§ 56 Absatz 6 Nummer 2 BWO). Gemäß § 59 Satz 2 und 3 BWO prüft der Wahlvorstand den vorgelegten
Wahlschein und beschließt bei Zweifeln über seine Gültigkeit über Zulassung oder Zurückweisung des Inha-
bers. In jedem Fall behält der Wahlvorsteher gemäß § 59 Satz 5 BWO den Wahlschein ein, so dass dem
Wahlscheininhaber eine erneute Stimmabgabe nicht möglich ist.

g) In Bezug auf die vom Einspruchsführer kritisierte Art der Zustellung von Wahlbenachrichtigung und
Wahlschein ist festzuhalten, dass eine amtliche Überbringung (allerdings nur) des Wahlscheines – entgegen
dem Vortrag des Einspruchsführers – gemäß § 28 Absatz 4 Satz 1 BWO durchaus möglich ist.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 225 – Drucksache 18/1710

Anlage 55

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn K.-D. L., 42283 Wuppertal,

– Az.: WP 118/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 5. Juni 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Schreiben vom 3. November 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Er rügt mehrere Sachverhalte: In Hamburg hätten sich 300 000 Wahlberechtigte Briefwahlunterlagen zusen-
den lassen, im Ergebnis seien aber nur knapp 200 000 Briefwahlstimmen berücksichtigt worden. Der Rechen-
fehler sei nachträglich korrigiert worden. In Ratzeburg seien 200 ungeöffnete Briefwahlumschläge in einer
Postfiliale „liegen geblieben“ und erst am Montag nach der Wahl zugestellt worden. Der Grund für diese
Panne sei unklar. In Mainz, Hamburg, Frankfurt am Main und Göttingen habe es Berichte über Bürger gege-
ben, die die von ihnen angeforderten Briefwahlunterlagen nie erhalten hätten. In Köln hätten Dutzende
Briefwähler ihre Unterlagen doppelt bekommen; der Grund dafür sei eine Maschinenstörung in einer Drucke-
rei gewesen. In Bochum seien im Briefwahlverfahren die Stimmzettel von benachbarten Wahlkreisen ver-
tauscht worden: 600 Wähler des Wahlkreises Bochum I hätten Stimmzettel für den Wahlkreis Bochum II –
Herne erhalten. Nach Angaben der Stadt sei die Zahl der betroffenen Wähler aber zu gering gewesen, um das
Ergebnis zu beeinflussen. Auch in Duisburg seien falsche Unterlagen versandt worden. An Dutzende Brief-
wähler in Oberhausen seien Wahlscheine aus dem Jahr 2009 verschickt worden. Ein Mitarbeiter des Wah-
lamts habe wohl in einen Karton gegriffen, der veraltete Stimmzettel als Lehrmaterial für Schulen enthalten
habe. In einem Fahrstuhl auf dem Universitätscampus Essen seien am Montagmorgen nach der Wahl Säcke
mit Stimmzetteln entdeckt worden. Nach Angaben des Wahlamtes handele es sich um ausgezählte Briefwahl-
stimmen. Eine Unregelmäßigkeit habe vom Wahlamt und der Polizei nicht festgestellt werden können. Im
Wahllokal „am Wesselswerth“ in Werden sei Frau V. die Stimmabgabe verwehrt worden. Im Wählerver-
zeichnis sei fälschlicherweise vermerkt gewesen, dass sie angeblich schon gewählt habe. In einem Wahllokal
im „Pflegehaus St. Augustinus“ in Heidhausen hätte Herr W. F. erneut seine Stimme abgeben können, ob-
wohl er bereits per Briefwahl abgestimmt habe. Er habe diese Möglichkeit aber nicht wahrgenommen. In
einem Essener Wahlkreis hätten die Stimmen nach Ungereimtheiten in 23 Wahlniederschriften und einem
überraschenden Ergebnis bei der Neuauszählung der betreffenden Wahlbezirke erneut ausgezählt werden
müssen. In Wuppertal seien Wahlunterlagen doppelt versandt worden.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Der Landeswahlleiter Rheinland-Pfalz hat zu dem Einspruch, soweit er seinen Zuständigkeitsbereich be-
trifft, am 4. Februar 2014 wie folgt Stellung genommen:

Er habe die Stadtverwaltung Mainz um Stellungnahme zu den vom Einspruchsführer vorgetragenen Vorfäl-
len gebeten. Der Stellungnahme der Stadt Mainz schließe er sich an. Diese habe ausgeführt, dass ihr keine
Berichte von Bürgern oder Medien, welcher Art auch immer, bekannt seien, die zum Inhalt hätten, dass ange-
forderte Briefwahlunterlagen bei Bürgern nicht angekommen seien. Im Rahmen des Tagesgeschäftes träten
bei jeder Wahl Fälle auf, in denen Wählerinnen und Wähler mit eidesstattlicher Versicherung erklärten, keine

Drucksache 18/1710 – 226 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Briefwahlunterlagen erhalten zu haben, und diese sodann Ersatzunterlagen ausgestellt bekämen. Es sei aber
kein Fall bekannt, in dem auch die Ersatzunterlagen nicht angekommen wären. Beschwerden seien jedenfalls
nicht vorgetragen worden. Eine marginale Anzahl von Briefwahlunterlagen sei von der Post zurückgeschickt
worden mit dem Vermerk „Empfänger nicht zu ermitteln“ oder ähnliches. Durch Eigenrecherche hätten diese
Briefe von der Botenmeisterei zugestellt werden können.

Die Landeswahlleiterin des Landes Schleswig-Holstein hat zu dem Vortrag des Einspruchsführers, soweit
es ihren Zuständigkeitsbereich betrifft, am 18. Februar 2014 wie folgt Stellung genommen:

Nach ihren Ermittlungen stelle sich der Fall der in Ratzeburg angeblich verschwundenen Wahlbriefe so dar:
Am Montag, dem 23. September 2013, sei das Wahlamt der Stadt Ratzeburg (Wahlkreis 10, Herzogtum
Lauenburg – Stormarn-Süd) von einem Mitarbeiter der Deutschen Post AG, Filiale Ratzeburg, telefonisch
darüber unterrichtet worden, dass in der Postfiliale noch über 200 Wahlbriefe lägen, die vom Wahlamt nicht
abgeholt worden seien. Er habe am Samstag vergeblich versucht, das Wahlamt zu erreichen. Die Wahlbriefe
seien am Montag nach der Wahl vom Wahlamt bei der Postfiliale abgeholt, als verspätet eingegangen ange-
sehen und deshalb auch nicht nachträglich ausgewertet worden. Sie lagern derzeit verpackt und ungeöffnet
im Wahlamt der Stadt Ratzeburg.

Der Bürgermeister der Stadt Ratzeburg habe vorgetragen, dass die Stadt Ratzeburg bei der Deutschen Post
AG ein Postfach unterhalte. Die dort gelagerte Post werde täglich von einem städtischen Mitarbeiter abge-
holt. Bei großen Sendungen oder Überfüllung des Postfaches sei im Postfach ein Hinweis enthalten, dass
weitere Sendungen in der Postfiliale unter Aufsicht der Postbediensteten lagerten und von ihnen ausgehändigt
würden. Am Freitag, dem 20. September 2013, sei das Postfach der Stadt Ratzeburg von einer Mitarbeiterin
des Wahlamtes geleert worden; ein Hinweis auf weiter lagernde Wahlbriefe sei nicht enthalten gewesen.
Auch habe es anlässlich eines Kontaktes mit Postmitarbeitern in der Postfiliale am Freitag nach 12.00 Uhr
ebenfalls keine Hinweise auf noch lagernde Wahlbriefe gegeben. Die Deutsche Post AG habe im Laufe der
Woche vor der Wahl einen allgemeinen Hinweis auf möglicherweise am Samstag vor der Wahl sich im Post-
fach befindende Wahlbriefe gegeben. Das Postfach der Stadt Ratzeburg sei am Samstag zwischen 12.00 Uhr
und 13.00 Uhr von einem Mitarbeiter des Wahlamtes kontrolliert worden; Wahlbriefe oder ein Hinweis auf
gelagerte Wahlbriefe seien im Postfach nicht enthalten gewesen. Auch im Rahmen der zwischen dem Bun-
desministerium des Innern und der Deutschen Post AG vertraglich vereinbarten zusätzlichen Sonntagszustel-
lung habe es keine Hinweise auf in der Postfiliale oder im städtischen Postfach gelagerte Wahlbriefe gege-
ben. Von weiteren Wahlbriefen habe die Stadt Ratzeburg bis zum Schluss der Wahlzeit keine Kenntnis ge-
habt.

Sie, die Landeswahlleiterin, habe bereits unmittelbar nach der Wahl die Deutsche Post AG, Vertriebsdirekti-
on ÖS Nord, Hamburg, um eine schriftliche Äußerung gebeten. Die Post habe sich nicht in der Lage gesehen,
schriftlich Stellung zu nehmen. Stattdessen sei nur auf eine aufgrund eines Telefonats zwischen der Presse-
agentur dpa und dem Leiter der Pressestelle Nord der Deutschen Post AG am 27. September 2013 erschiene-
ne dpa-Meldung verwiesen worden. Auch habe es seitens der Postfiliale Ratzeburg keine schriftliche Erklä-
rung gegeben. Laut der dpa-Meldung werde aus Sicht der Deutschen Post AG die Sachlage gegensätzlich
dargestellt. Danach habe das Wahlamt seit dem 17. September 2013 keine Wahlpost von der Postfiliale Rat-
zeburg mehr abgeholt. Auf eine in das Postfach eingelegte Mitteilung mit dem Hinweis auf noch lagernde
Wahlbriefe habe die Stadt Ratzeburg nicht reagiert.

Aufgrund aller ihr zur Verfügung stehender Informationen könne die Einlassung der Deutschen Post AG sie,
die Landeswahlleiterin, nicht zu überzeugen. Vor allem die Aussage, seit dem 17. September 2013 seien
keine Wahlbriefe mehr abgeholt worden, erscheine aus ihrer Sicht vor dem Hintergrund des sich regelmäßig
zu jeder Wahl wiederholenden und standardisierten Ablaufs des Briefwahlverfahrens unverständlich. Insbe-
sondere halte sie es für sehr unwahrscheinlich, dass eine Gemeindebehörde – insbesondere in der letzten
Woche vor der Wahl, in der erfahrungsgemäß regelmäßig das Briefwahlaufkommen hoch sei – ihr Postfach
nicht regelmäßig kontrolliere. Die vom Wahlamt der Stadt Ratzeburg geschilderte Vorgehensweise am Sams-
tag vor der Wahl entspreche im Übrigen auch ihren Hinweisen zur Briefwahl, die sie den Wahlbehörden im
Erlasswege regelmäßig zur Vorbereitung des Wahltages gebe.

Von daher könne sie, die Landeswahlleiterin, aufgrund der detaillierten und für sie auch plausiblen Darstel-
lung des Bürgermeisters der Stadt Ratzeburg ein Fehlverhalten der Stadt nicht feststellen. Die am Montag,
dem 23. September 2013, in den „Machtbereich“ der Stadt Ratzeburg gelangten Wahlbriefe seien, weil von
der Deutschen Post AG ein Hinweis auf dort lagernde Wahlbriefe nicht rechtzeitig (das heißt bis zum Schluss

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 227 – Drucksache 18/1710

der Wahlzeit, 22. September 2013, 18.00 Uhr) gegeben worden sei, als verspätet eingegangen und damit als
nicht abgegeben zu werten gewesen. Ein Wahlfehler sei für sie nicht erkennbar.

Der Landeswahlleiter für Hessen hat zu dem Vorbringen, soweit die Wahldurchführung in Frankfurt am
Main bemängelt wird, im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Ein mandatsrelevanter Wahlfehler könne aufgrund des vorgetragenen Sachverhalts nicht festgestellt werden,
und der Einspruchsführer sei nicht in seinen Rechten verletzt worden. Der Vortrag des Einspruchsführers
hinsichtlich nicht zugestellter Briefwahlunterlagen sei bereits unsubstantiiert, da er nur pauschal behaupte,
dass unter anderem in Frankfurt am Main Briefwahlunterlagen nicht zugestellt worden seien. Der Magistrat
der Stadt Frankfurt habe mitgeteilt, dass Antragstellern, die nach § 28 Absatz 10 BWO versichert hätten,
keinen Wahlschein erhalten zu haben, erneut Briefwahlunterlagen zugeschickt worden seien; bei nicht
zustellbaren Briefwahlunterlagen sei eine erneute Zustellung versucht worden. Im Übrigen trage nach ständi-
ger Entscheidungspraxis des Deutschen Bundestages in Wahlprüfungsangelegenheiten der Wahlberechtigte,
der von der durch den Gesetzgeber eingeräumten Möglichkeit der Briefwahl Gebrauch mache und seine
Wahlunterlagen nicht persönlich bei der Gemeinde abhole (vgl. § 28 Absatz 5 BWO), alleine das Risiko, dass
die Unterlagen ihn aufgrund des Transports nicht oder nicht rechtzeitig erreichten. Nach § 28 Absatz 4 Satz 1
BWO würden Wahlschein und Briefwahlunterlagen dem Wahlberechtigten an seine Wohnanschrift übersandt
oder amtlich überbracht, soweit sich aus dem Antrag keine andere Anschrift oder die Abholung der Unterla-
gen ergebe. Danach habe die Gemeindebehörde das ihrerseits Erforderliche getan, wenn sie die Unterlagen
ordnungsgemäß und rechtzeitig ausgestellt und auf ihre Kosten versandt habe.

Die Landeswahlleiterin des Landes Nordrhein-Westfalen hat zu dem Einspruch, soweit er ihren Zustän-
digkeitsbereich betrifft, am 17. Februar 2014 wie folgt Stellung genommen:

Die Stadt Köln habe die Produktion und den Versand von Briefwahlunterlagen bereits seit den 90er Jahren an
externe Dienstleister ausgelagert. Hintergrund sei die steigende Zahl der Briefwahlanträge, die verwaltungs-
intern nicht mehr habe bewältigt werden können. So sei die Zahl der Briefwähler in Köln von 136.603 (Bun-
destagswahl 2009) auf nunmehr 169.574 gestiegen. Aufgrund von Bürgeranfragen sei bekannt geworden,
dass Wählerinnen und Wähler auf ihren Briefwahlantrag hin die entsprechenden Unterlagen in doppelter
Form erhalten hätten. Eine Recherche bei dem beauftragten Unternehmen habe zu dem Ergebnis geführt, dass
zwischen 40 und 502 Wahlberechtigte des Wahlkreises 95 (Köln II) möglicherweise die Briefwahlunterlagen
doppelt erhalten hätten. Die zweifache Produktion nebst Versand sei durch menschliches Fehlverhalten ver-
ursacht worden. Ein Mitarbeiter habe entgegen der bestehenden Anweisung die Datei mit den zu druckenden
Datensätzen getrennt und auf zwei getrennten Maschinen verarbeitet. Da die Anschriften der möglicherweise
betroffenen Wahlberechtigten vorgelegen hätten, seien diese persönlich angeschrieben und darauf hingewie-
sen worden, dass nur ein Satz Briefwahlunterlagen genutzt werden dürfe. Parallel sei umfangreiche Pressear-
beit geleistet und die Bevölkerung informiert worden. Daneben seien ein Info-Telefon eingerichtet und damit
den Betroffenen unmittelbare Ansprechpartner genannt worden. Durch weitere organisatorische Maßnahmen
am Wahltag habe sichergestellt werden können, dass keine Wählerin und kein Wähler eine doppelte Stimm-
abgabe vorgenommen habe. Davon abgesehen, habe der Gewinner des Direktmandates im betroffenen Wahl-
kreis einen Stimmenvorsprung von 9.022 Stimmen erzielt, so dass die Unstimmigkeiten auch vor diesem
Hintergrund keinen Einfluss auf das Gesamtergebnis hätten haben können.

In Bochum seien durch menschliches Versagen versehentlich Briefwahlunterlagen für einen benachbarten
Wahlkreis in nicht bekanntem Umfang versandt worden. Betroffen gewesen seien die Wahlkreise 140 (Bo-
chum I) und 141 (Herne – Bochum II). Da die Empfänger der fehlerhaften Unterlagen nicht adressenmäßig
hätten erfasst werden können, habe die Stadt Bochum unmittelbar die Presse informiert. Daraufhin hätten
sich 1 118 Bürgerinnen und Bürger noch vor der Wahl beim Wahlbüro gemeldet. Von diesen hätten 168
einen falschen Stimmzettel erhalten bzw. diesen bereits mit den Briefwahlunterlagen wieder zurückgesandt.
In diesen Fällen seien korrekte Stimmzettel ausgegeben bzw. die Wahlscheine ungültig gemacht und neue
ausgestellt worden. Bei der Auszählung der Briefwahlstimmen seien im Wahlkreis 140 insgesamt 592 falsche
Stimmzettel und im Wahlkreis 141 insgesamt 10 falsche Stimmzettel festgestellt worden. In diesen insgesamt
602 Fällen sei dadurch die Zweitstimme ungültig gewesen. Da im Wahlkreis 140 der Gewinner des Direkt-
mandats einen Stimmenvorsprung von 12 990 Stimmen erzielt habe, hätten diese ungültigen Erststimmen
keinen Einfluss auf das Gesamtergebnis der Erststimmen gehabt. Gleiches gelte für den Wahlkreis 141, wo
die Gewinnerin einen Vorsprung von 22 803 Stimmen erzielt habe.

Drucksache 18/1710 – 228 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

In Duisburg seien durch menschliches Versagen versehentlich Briefwahlunterlagen für einen benachbarten
Wahlkreis an 405 Wählerinnen und Wähler versandt worden. Betroffen gewesen seien die Wahlkreise 115
(Duisburg I) und 116 (Duisburg II). Da die Empfänger der fehlerhaften Unterlagen adressenmäßig hätten
erfasst werden können, habe die Stadt Duisburg diese unmittelbar angeschrieben und das weitere Vorgehen
(Ungültigmachen der alten und Ausgabe neuer Briefwahlunterlagen) erklärt. Daneben sei unmittelbar die
Presse informiert worden. Da im Wahlkreis 115 die Gewinnerin des Direktmandats einen Vorsprung von
17.302 Stimmen erzielt habe, hätten eventuell ungültige Erststimmen keinen Einfluss auf das Gesamtergebnis
der Erststimmen gehabt. Gleiches gelte für den Wahlkreis 116, wo der Gewinner bei den Erststimmen einen
Vorsprung von 14105 Stimmen erzielt habe.

In Oberhausen seien durch menschliches Versagen versehentlich Briefwahlunterlagen der Bundestagswahl
2009 an etwa 30 Briefwählerinnen und Briefwähler versandt worden. Betroffen gewesen sei der Wahlkreis
117 (Oberhausen – Wesel III). Da die Empfänger der fehlerhaften Unterlagen adressenmäßig nicht zu ermit-
teln gewesen seien, sei intensive Pressearbeit betrieben und die Bevölkerung entsprechend informiert worden.
Daraufhin hätten sich 20 Wahlberechtigte gemeldet, deren Unterlagen ausgetauscht worden seien. Da im
Wahlkreis 117 der Gewinner des Direktmandats einen Vorsprung von 18 533 Stimmen erzielt habe, hätten
eventuell ungültige Erststimmen keinen Einfluss auf das Gesamtergebnis der Erststimmen gehabt.

Am Morgen nach der Wahl seien von der benachrichtigten Polizei in einem Personenaufzug eines Gebäudes
der Universität Duisburg-Essen insgesamt 26 versiegelte und mit Nummern von Essener Wahlbezirken be-
schriftete Säcke aufgefunden worden. In den Säcken hätten sich ausgefüllte Stimmzettel der Bundestagswahl
befunden. Die Säcke seien zunächst sichergestellt und später dem Wahlamt der Stadt Essen übergeben wor-
den. In dem Gebäude seien die Briefwahlunterlagen zentral ausgezählt worden. Alle Stimmzettel seien bei
der Auszählung und der Ermittlung des vorläufigen Ergebnisses ordnungsgemäß berücksichtigt worden.
Nach Abschluss der Auszählung seien insgesamt 92 Säcke mit Briefwahlunterlagen mittels Aufzugs nach
unten verbracht und in Fahrzeuge verladen worden. Dabei seien 26 Säcke im Aufzug verblieben. Das Wah-
lamt Essen habe keinerlei Manipulation an den Säcken festgestellt.

Ausweislich der ihr, der Landeswahlleiterin, vorliegenden Stellungnahme des zuständigen Kreiswahlleiters
Essen sei der geschilderte Fall der Frau V. dort nicht bekannt. Die entsprechende Wahlniederschrift habe
keine diesbezügliche Eintragung enthalten. Eine Befragung des zuständigen Schriftführers habe ergeben, dass
nach seiner Erinnerung Frau V. am Vormittag unter Vorlage ihres Ausweises ihre Stimme abgegeben habe.
Am Nachmittag sei das Ehepaar V. dann noch gemeinsam mit den Benachrichtigungskarten erschienen. Da
für Frau V. bereits eine Stimmabgabe vermerkt gewesen sei, sei sie richtigerweise abgewiesen worden. Herr
V. habe seine Stimme abgeben dürfen.

Ausweislich der Stellungnahme des Kreiswahlleiters Essen habe Herr F. für sich Briefwahl beantragt und die
entsprechenden Unterlagen erhalten. Im Wählerverzeichnis sei ordnungsgemäß der Sperrvermerk „W“
(= Wahlschein erhalten) vermerkt gewesen. Er hätte somit nur unter Vorlage des Wahlscheines im Wahllokal
wählen können. Eine doppelte Stimmabgabe sei damit ausgeschlossen gewesen. Dieser Umstand sei Herrn F.
auch mit Schreiben vom 1. Oktober 2013 durch den Oberbürgermeister der Stadt Essen mitgeteilt worden.

Durch einen Maschinenfehler seien in Wuppertal versehentlich ca. 9 000 Wahlbenachrichtigungen doppelt
versandt worden. Nachdem der Fehler entdeckt worden sei, habe das Presseamt am 28. August 2013 eine
Pressemitteilung herausgegeben und sich für den Fehler sowie die möglicherweise damit einhergehende Ver-
unsicherung bei den Wählerinnen und Wählern entschuldigt. Die Wahlbenachrichtigung sei für die Stimmab-
gabe nicht zwingend erforderlich, sie diene vielmehr der Information der Wählerinnen und Wähler über den
Wahltermin und das Wahllokal. Da bei Stimmabgabe ein entsprechender Vermerk im Wählerverzeichnis
ausgebracht werde, sei trotz doppelter Wahlbenachrichtigung eine zweifache Stimmabgabe ausgeschlossen.

Insgesamt sei festzuhalten, dass der Wahleinspruch zwar vereinzelte Unregelmäßigkeiten aufzeige, jedoch
aufgrund fehlender Mandatsrelevanz letztlich unbegründet sei.

Die Niedersächsische Landeswahlleiterin hat zu dem Einspruchsgegenstand, soweit er ihren Zuständig-
keitsbereich betrifft, am 6. März 2014 im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Im „Focus“ werde über einen Fall aus der Stadt Göttingen im Wahlkreis 53 (Göttingen) berichtet, wonach
eine Frau M. O. seit dem 9. September 2013 vergeblich auf ihren Wahlschein und die Briefwahlunterlagen
gewartet haben solle, die sie am selben Tag dort beantragt habe. Am 16. September 2013 habe man ihr mitge-
teilt, dass alles korrekt bearbeitet worden sei und der Fehler wohl bei der Post liegen würde.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 229 – Drucksache 18/1710

Sie, die Landeswahlleiterin, habe den Kreiswahlleiter des Wahlkreises 53 hierzu um Stellungnahme gebeten.
Dieser habe mitgeteilt, dass Frau O. im Online-Antragsformular der Stadt Göttingen die Wahlunterlagen am
9. September 2013 beantragt habe. Die Unterlagen seien dem Postdienstleister „C.“ am 10. September 2013
übergeben und laut Stempel am 11. September 2013 an die von Frau O. angegebene Anschrift in 49696
Peheim versandt worden. Die Unterlagen seien am 19. September 2013 als unzustellbar zurückgekommen.
Aufgrund ihrer, der Landeswahlleiterin, eigenen Erkenntnisse könnte dies möglicherweise daran liegen, dass
die von Frau O. angegebene Adresse in dieser Form nicht korrekt sei. Der Ort Peheim sei nur ein Ortsteil der
Gemeinde Molbergen. Wahrscheinlich hätte die von Frau O. angegebene Adresse auf Molbergen lauten müs-
sen. Dies könne im Ergebnis jedoch dahinstehen, da insoweit kein mandatsrelevanter Wahlfehler vorliege,
wie der Wahlprüfungsausschuss des Deutschen Bundestages bereits in ständiger Spruchpraxis entschieden
habe, da in solchen Fällen diejenige Person, die den Wahlschein und die Briefwahlunterlagen beantrage, auch
das Beförderungsrisiko vom Gemeindebüro zu der angegebenen Adresse trage. Sie, die Landeswahlleiterin,
halte den Wahleinspruch daher für unbegründet.

Der Einspruchsführer hat sich zu den ihm übersandten Einsprüchen am 2. April 2014 im Wesentlichen wie
folgt geäußert:

Nach Durchsicht der Stellungnahmen habe die (mediale) Berichterstattung nicht ganz unrecht gehabt. Beson-
ders in Nordrhein-Westfalen seien viele Fehler gemacht worden. Insgesamt liege hier eine mangelhafte Sorg-
falt vor. 101.037 Stimmen seien nicht berücksichtigt worden. Das begründe ausreichend seinen Wahlein-
spruch; insbesondere weil keine Erklärung über den Verbleib der 100.000 Stimmen in Hamburg vorliege.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vorbringen des Einspruchsführers lässt sich kein die Gül-
tigkeit der Bundestagswahl 2013 berührender Wahlfehler entnehmen.

1. In Hamburg sind keine Briefwahlstimmen verloren gegangen. Das Statistische Amt für Hamburg und
Schleswig-Holstein hat in einer auch im Internet abrufbaren Pressemitteilung vom 25. September 2013
(www.statistik-nord.de) erklärt, dass in der am 23. September 2013 veröffentlichten Wahlanalyse zum vor-
läufigen Ergebnis der Bundestagswahl in Hamburg die Zahl der Briefwählerinnen und -wähler nicht korrekt
ausgewiesen worden sei. Eine Überprüfung habe ergeben, dass die entsprechende Abfrage der Datenbank für
das vorläufige Wahlergebnis versehentlich so programmiert worden sei, dass nicht alle Briefwahlbezirke
einbezogen worden seien. Auf die Zusendung von 301 884 Briefwahlunterlagen hin hätten 268 504 Wähle-
rinnen und Wähler von ihrem Wahlrecht per Brief Gebrauch gemacht, nicht wie ursprünglich angegeben
198 739 Wahlberechtigte. Die Befürchtung, Briefwahlstimmen könnten unberücksichtigt geblieben sein,
treffe nicht zu. Diese Vermutung sei dadurch entstanden, dass der Zahl der ausgegebenen Briefwahlunterla-
gen (Wahlschein, Stimmzettel und Umschläge) von 301 884 eine Zahl von 198 739 Briefwählern gegenüber-
gestellt worden sei. Zur Erläuterung dieser Differenz hat das Statistische Amt auf drei Ursachen hingewiesen:
Die Überprüfung habe ergeben, dass die Zahl der Briefwählerinnen und -wähler infolge der fehlerhaften Ab-
frage der Datenbank um rund 70 000 zu niedrig angegeben worden sei. Sie sei auf 268 504 korrigiert worden.
Des Weiteren gehörten zu den 301 884 ausgegebenen Wahlscheinen auch solche, die die Stimmabgabe in
einem anderen Wahllokal als in dem eigenen ermöglichen sollten, z. B. in einem barrierefreien Wahllokal.
Schließlich sei zu berücksichtigen, dass erfahrungsgemäß rund fünf bis zehn Prozent der ausgegebenen
Briefwahlunterlagen nicht rechtzeitig und vollständig zurückliefen. Die Gründe hierfür seien vielfältig und
lägen z. B. im zu späten Erhalt, der Nichtnutzung oder der zu späten Rücksendung der Briefwahlunterlagen.
Darüber hinaus fänden solche Wahlbriefe keinen Eingang in die Zählung der Briefwähler, die aus formalen
Gründen zurückzuweisen seien, z. B. weil der Wahlschein fehle oder nicht unterschrieben sei. Der Wahlprü-
fungsausschuss und der Deutsche Bundestag folgen dieser schlüssigen Darstellung.

2. Auch im Fall der über 200 Wahlbriefe, die in Ratzeburg nicht in die Auszählung der Briefwahlstimmen
einbezogen wurden, weil sie demWahlamt nicht vorlagen, liegt kein Wahlfehler vor.

Gemäß § 36 Absatz 1 Satz 1 des Bundeswahlgesetzes (BWG) hat der Wähler bei der Briefwahl dem Kreis-
wahlleiter des Wahlkreises, in dem der Wahlschein ausgestellt worden ist, im verschlossenen Wahlbriefum-
schlag seinen Wahlschein und (in einem besonderen Stimmzettelumschlag) seinen Stimmzettel so rechtzeitig
zu übersenden, dass der Wahlbrief spätestens am Wahltage bis 18.00 Uhr eingeht. Wenn – wie vorliegend –
Briefwahlvorstände für einzelne oder mehrere Gemeinden innerhalb eines Wahlkreises gebildet worden sind,

Drucksache 18/1710 – 230 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

müssen die Wahlbriefe nach § 36 Absatz 3 BWG in Verbindung mit § 66 Absatz 2 Satz 2 der Bundeswahl-
ordnung (BWO) bei der Gemeinde eingehen, die die Wahlscheine ausgestellt hat, hier also bei der Stadt Rat-
zeburg. Bedient sich der Wahlleiter beim Zustellpostamt eines Postfaches, gehen die Wahlbriefe mit der Ein-
sortierung in dieses Fach ein (vgl. Hahlen, in: Schreiber, Bundeswahlgesetz, 9. Auflage 2013, § 36 Rn. 11).
Werden sie wegen Überfüllung des Faches anderweitig deponiert, hängt der rechtzeitige Eingang davon ab,
ob der Empfänger vom Postunternehmen darauf hingewiesen wurde, wo die Wahlbriefe abgeholt werden
können Hahlen, in: Schreiber, a. a. O.). Die Verantwortung dafür, dass der Wahlbrief der zuständigen Stelle
rechtzeitig zum Ende der Wahlzeit vorliegt, und das Risiko einer verspäteten Ankunft des Wahlbriefes, das
bei einer Übermittlung per Post nie völlig auszuschließen ist, trägt grundsätzlich der Wahlberechtigte, selbst
wenn ihn persönlich kein Verschulden trifft (vgl. Hahlen, in: Schreiber, § 36 Rn. 12). Wann sich die über 200
Wahlbriefe wo befanden, ist unklar. Es steht fest, dass sie sich vor dem 23. September 2013 im „Machtbe-
reich“ der Deutschen Post AG befunden haben. Unklar ist allerdings, ob sie sich im Postfach der Stadt Ratze-
burg befanden oder an einem anderen Ort in der Postfiliale. Auch die Frage, ob es Hinweise oder keine Hin-
weise von Postmitarbeitern auf Wahlbriefe gegeben habe, ist ungeklärt. Die Aussagen der Stadt und der
Deutschen Post AG widersprechen sich insoweit. Die Unklarheiten können aber – so unbefriedigend das sein
mag – dahinstehen.

Sofern die Verantwortung für den verspäteten Eingang der Wahlbriefe bei der Deutschen Post AG liegen
sollte, läge schon kein Wahlfehler vor. Wahlfehler sind dann gegeben, wenn die rechtlichen Regelungen über
die Vorbereitung und Durchführung der Wahl nicht eingehalten werden. Nach ständiger Praxis des Wahlprü-
fungsausschusses und nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts können solche Wahl-
fehler in erster Linie den amtlichen Wahlorganen gemäß § 8 BWG unterlaufen; Dritte können Wahlfehler nur
insoweit begehen, als sie unter Bindung an wahlgesetzliche Anforderungen kraft Gesetzes Aufgaben bei der
Organisation der Wahl erfüllen (vgl. Bundestagsdrucksachen 14/2761, Anlagen 24 und 27; 16/3600, Anlage
18; 17/1000, Anlagen 3, 15 und 22; 17/2250, Anlage 20; 17/6300, Anlage 40; BVerfGE 89, 243 [251]). Bei
der Deutschen Post AG handelt es sich indessen um eine juristische Person des Privatrechts, die weder ein
amtliches Wahlorgan im Sinne von § 8 BWG ist noch kraft Gesetzes Aufgaben bei der Vorbereitung und
Durchführung der Wahl erfüllt (vgl. Bundestagsdrucksachen 14/2761, Anlage 24; 16/3600, Anlage 18;
17/1000, Anlage 3; 17/2250, Anlage 20).

Sofern die Verantwortung für den verspäteten Eingang der Wahlbriefe bei der Stadt Ratzeburg liegen sollte,
läge zwar ein Wahlfehler vor. Dieser führte aber nicht zur Ungültigkeit der Wahl. Nach ständiger Recht-
sprechung des Bundesverfassungsgerichts, der sich der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag
stets angeschlossen haben, können nur solche Wahlfehler die Gültigkeit der Bundestagswahl beeinträchtigen,
die auf die Sitzverteilung von Einfluss sind oder sein können (vgl. nur BVerfGE 89, 243 [254]; Bundestags-
drucksachen 16/900, Anlage 20; 17/1000, Anlagen 10, 15, 19 und 20; 17/2200, Anlagen 5, 12 und 25;
17/2250, Anlagen 18 und 22; 17/3100, Anlage 21). An dem Gewinn des Direktmandats durch den Wahl-
kreisbewerber der CDU hätten die mehr als 200 nicht gezählten Briefwahlstimmen, selbst wenn sie alle für
die zweitplatzierte Wahlkreisbewerberin der SPD abgegeben worden wären, nichts geändert, da der CDU-
Bewerber einen Vorsprung von 19.205 Stimmen erzielte. Auch an der Sitzverteilung auf die Landeslisten
hätte sich nichts geändert.

3. Hinsichtlich angeblich nicht erhaltener Briefwahlunterlagen in Mainz, Frankfurt am Main, Hamburg und
Göttingen liegt kein Wahlfehler vor. Der Einspruchsführer bezieht sich insoweit nur auf (angebliche) Berich-
te anderer und nennt keine weiteren Tatsachen, welche die dort genannten Darstellungen untermauern. Sein
Vorbringen ist daher bereits unsubstantiiert. Darüber hinaus sind nach Mitteilung des Landeswahlleiters
Rheinland-Pfalz solche Berichte auch nicht zu verifizieren. Dasselbe gilt nach den Auskünften des Landes-
wahlleiters für Hessen in Bezug auf die Stadt Frankfurt am Main. Letztere hat sich vielmehr bemüht, im Falle
nicht erfolgter Zustellung eine erneute Zustellung durchzuführen bzw. nach einer Versicherung des betroffe-
nen Wahlberechtigten gemäß § 28 Absatz 10 BWO einen erneut Wahlschein ausgestellt.

Im einzigen in den Medienberichten genannten konkreten Fall, der Nichtzustellung der in Göttingen bean-
tragten Briefwahlunterlagen an Frau O., liegt ebenfalls kein Wahlfehler vor. Nach ständiger Entscheidungs-
praxis des Deutschen Bundestages in Wahlprüfungsangelegenheiten trägt der Wahlberechtigte, der von der
durch den Gesetzgeber eingeräumten Möglichkeit der Briefwahl Gebrauch macht und seine Wahlunterlagen
nicht persönlich bei der Gemeinde abholt, das Risiko, dass die Unterlagen ihn aufgrund des Transports nicht
oder nicht rechtzeitig erreichen. Die Gemeindebehörde trifft hier keine „Bringschuld“, sondern lediglich eine
„Schickschuld“. Sie hat das ihrerseits Erforderliche getan, wenn sie die Unterlagen ordnungsgemäß und

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 231 – Drucksache 18/1710

rechtzeitig ausgestellt und auf ihre Kosten versandt hat (vgl. Bundestagsdrucksachen 15/1850, Anlage 27;
15/4750, Anlage 6; 16/3600, Anlagen 20, 25 und 26; 17/1000, Anlagen 3, 4, 6 und 7; 17/2250, Anlagen 7, 16
und 19; 17/3100, Anlage 21; 17/4600, Anlage 20). Vorliegend hat die Stadt Göttingen die Briefwahlunterla-
gen am 11. September 2013 an die von Frau O. angegebene Anschrift in 49696 Peheim versandt. Es bestand
keine Pflicht zu prüfen, ob Peheim ein Ortsteil von Molbergen und die Versandadresse zu ändern ist, zumal
eine Zustellung auch von Faktoren abhängen kann, auf welche die versendende Gemeinde keinen Einfluss
hat – z. B. die Kennzeichnung eines Briefkastens oder die Befähigung des Postdienstleisters zur Adresszu-
ordnung. Die Briefwahlunterlagen versendende Gemeinde darf sich an die Angaben des bzw. der Wahlbe-
rechtigten halten; dies gilt insbesondere dann, wenn – wie hier – der Versand nicht an die Meldeanschrift bei
der versendenden Gemeinde, sondern an eine von dem bzw. der Wahlberechtigten gewählte Adresse erfolgt.
Im Übrigen hätte Frau O. bis 12.00 Uhr am Tag vor der Wahl, also dem 21. September 2013, gemäß § 28
Absatz 10 Satz 2 BWO einen neuen Wahlschein beantragen können, wenn sie glaubhaft versichert hätte, dass
sie die beantragten Briefwahlunterlagen mit dem Wahlschein nicht erhalten hat.

4. Hinsichtlich der im Wahlkreis 95 (Köln III) möglicherweise in 40 bis 502 Fällen doppelt versandten
Briefwahlunterlagen liegt ebenfalls kein Wahlfehler vor. Zwar wurde zunächst gegen wahlrechtliche Vorga-
ben verstoßen. Ein solches Versehen ist aus Sicht des Wahlprüfungsausschusses sehr ärgerlich sowie künftig
durch eine bessere Organisation zu vermeiden. Jedoch hat die Stadt Köln dann alles Erdenkliche unternom-
men, um ihr Versäumnis zu beheben und eine doppelte Stimmabgabe zu verhindern. Zunächst hat sie die
möglicherweise betroffenen Wahlberechtigten persönlich angeschrieben und darauf hingewiesen, dass nur
ein Satz Briefwahlunterlagen genutzt werden dürfe. Daneben hat sie die Bevölkerung durch umfangreiche
Pressearbeit und ein Info-Telefon unterrichtet. Schließlich wurde durch weitere organisatorische Maßnahmen
am Wahltag sichergestellt, dass niemand seine Stimme doppelt abgegeben hat. Selbst wenn ein Wahlfehler
vorgelegen hätte, hätte dieser – wie oben dargelegt – nur dann die Gültigkeit der Bundestagswahl beeinträch-
tigt, wenn er auf die Sitzverteilung von Einfluss war oder hätte sein können. Angesichts des Vorsprungs des
erstplatzierten Wahlkreisbewerbers von 9 022 Stimmen hat der Wahlfehler aber keinen Einfluss auf die Sitz-
verteilung im 18. Deutschen Bundestag gehabt oder haben können. Dies gilt auch für die Stimmenverteilung
auf die Landeslisten der Parteien. Die an der Sitzverteilung gemäß § 6 BWG teilnehmenden Parteien erhiel-
ten folgende Zweitstimmenzahl: 3 776 563 (CDU), 3 028 282 (SPD), 760 642 (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN) und 582 925 (Die Linke). Selbst wenn 502 Wahlberechtigte – was auszuschließen ist – doppelt ge-
wählt hätten, würde keine Partei mehr oder weniger Listenmandate erhalten. Die aufgrund der Fünf-Prozent-
Hürde nicht an der Sitzverteilung teilnehmenden Parteien, etwa die „Alternative für Deutschland“ oder die
FDP würden bundesweit auch dann nicht an der Sitzverteilung teilhaben, wenn bis zu 502 Stimmen wegen
einer Doppelwahl für ungültig erklärt würden.

5. Es stellt zwar einen höchst ärgerlichen und künftig zu vermeidenden Wahlfehler dar, dass mehreren Wahl-
berechtigten in den zwei Wahlkreisen 140 und 141 teilweise Briefwahlunterlagen für den benachbarten (Bo-
chumer) Wahlkreis zugesandt wurden. Die Erststimmen derjenigen 602 Briefwähler, die einen – für den je-
weiligen Wahlkreis – falschen Stimmzettel zurückgesandt hatten, waren gemäß § 39 Absatz 1 Satz 2 BWG
ungültig. Im Wahlkreis 140 waren 592 und im Wahlkreis 141 10 Stimmzettel betroffen. Auf das Erststim-
menergebnis in beiden Wahlkreisen und damit die Vergabe des jeweiligen Direktmandats, also die Sitzvertei-
lung im 18. Deutschen Bundestag und damit die Gültigkeit der Bundestagswahl 2013 (s. o.), wirkte sich das
Versehen indessen nicht aus: Im Wahlkreis 140 hatte der Erstplatzierte einen Vorsprung von 12.990 Stimmen
vor dem zweitplatzierten Bewerber; im Wahlkreis 141 erzielte die erstplatzierte Bewerberin einen Vorsprung
von 23.803 Stimmen vor der zweitplatzierten Kandidatin.

6. Auch in Duisburg wurde ärgerlicherweise gegen wahlrechtliche Vorgaben verstoßen, als 405 Wahlberech-
tigten in den beiden Wahlkreisen 115 und 116 Briefwahlunterlagen für den benachbarten (Duisburger) Wahl-
kreis zugesandt wurden. Die Stadt Duisburg konnte allerdings die Adressaten der fehlerhaften Unterlagen
ermitteln und hat diese angeschrieben sowie das weitere Vorgehen erklärt. Außerdem wurde die Presse in-
formiert. Es ist also davon auszugehen, dass die Wahlberechtigten die falschen Unterlagen austauschen lie-
ßen. Ob gleichwohl einige Wahlberechtigte doch mit den – für den jeweiligen Wahlkreis – nicht passenden
Stimmzetteln wählten, lässt sich angesichts des Wahlgeheimnisses naturgemäß nicht ermitteln. In einem
solchen Fall wäre die Erststimme gemäß § 39 Absatz 1 Satz 2 BWG ungültig gewesen. Indessen hatte das
Versehen keine die Sitzverteilung berührende Auswirkung (s. o.) auf das Erststimmenergebnis in beiden
Wahlkreisen und damit die Vergabe des jeweiligen Direktmandats: Im Wahlkreis 115 hatte die erstplatzierte
Bewerberin der SPD einen Vorsprung von 17.302 Stimmen vor dem zweitplatzierten Bewerber der CDU; im

Drucksache 18/1710 – 232 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Wahlkreis 116 erzielte der erstplatzierte Direktkandidat der SPD einen Vorsprung von 14.105 Stimmen vor
dem zweitplatzierten Kandidaten der CDU.

7. In Oberhausen, im Wahlkreis 117, ist es zwar zu einem ärgerlichen und künftig zu vermeidenden Verstoß
gegen wahlrechtliche Vorgaben gekommen, als Briefwahlunterlagen der Bundestagswahl 2009 an etwa 30
Briefwählerinnen und Briefwähler versandt wurden. Die Ausgabe falscher Stimmzettel widersprach § 30
Absatz 2 Nr. 1 BWG und § 45 Absatz 1 Nr. 1 BWO, wonach die Stimmzettel die in dem betreffenden Wahl-
kreis zugelassenen Kreiswahlvorschläge enthalten müssen. Wenn die falschen Stimmzettel genutzt worden
wären, hätte dies gemäß § 39 Absatz 1 Nr. 1 BWG zur Ungültigkeit der Erst- und Zweitstimme geführt. Es ist
aber unsicher, ob überhaupt falsche Stimmzettel benutzt worden sind. Immerhin wurden in 20 Fällen die
Briefwahlunterlagen ausgetauscht. Ob in den übrigen etwa zehn Fällen Stimmen fälschlicherweise als gültig
gewertet worden sind, kann indessen dahinstehen. Denn – wie oben dargelegt – können nur solche Wahlfeh-
ler die Gültigkeit der Bundestagswahl beeinträchtigen, die auf die Sitzverteilung von Einfluss sind oder sein
können. Im Wahlkreis 117 erreichte der Gewinner des Direktmandats einen Vorsprung von 18.533 Stimmen
gegenüber der zweitplatzierten Bewerberin, so dass die eventuell ungültigen etwa zehn Erststimmen keinen
Einfluss auf das Gesamtergebnis der Erststimmen und die Sitzverteilung im 18. Deutschen Bundestag gehabt
hätten oder hätten haben können. Auch das Ergebnis für die Landeslisten wäre bei einer eventuellen Ungül-
tigkeit von Zweitstimmen nur geringfügig und ohne Einfluss auf die Sitzverteilung tangiert worden.

8. Die aus Essen geschilderten Vorgänge erfüllen nicht den Tatbestand eines Wahlfehlers.

a) Der Einspruchsführer weist zwar auf die in einem Fahrstuhl auf dem Universitätscampus in Essen am
Montagmorgen nach der Wahl entdeckten Säcke mit ausgezählten Briefwahlstimmzetteln. Auch teilt er zu-
treffend mit, dass eine Unregelmäßigkeit vom Wahlamt und der Polizei nicht festgestellt werden konnte.
Einen Fehler bemängelt er aber insoweit nicht. Abgesehen davon hat ein solcher auch nicht vorgelegen. Die
gefundenen 26 Säcke waren ein Teil der 92 Säcke, in denen die zuvor in dem Gebäude zentral ausgezählten
Briefwahlstimmzettel verpackt wurden. Sie wurden beim Verladen bedauerlicherweise in dem Aufzug ver-
gessen und nach ihrem Auffinden dem Wahlamt der Stadt Essen übergeben. Das Vorkommnis mag zwar
zunächst verwundern, hatte auf das Wahlergebnis aber keinen Einfluss. Denn alle Stimmzettel wurden bei der
Auszählung und der Ermittlung des vorläufigen Ergebnisses ordnungsgemäß berücksichtigt, und zwar vor
dem Auffinden der Säcke im Aufzug.

b) Der vom Einspruchsführer genannten Frau V. wurde das Wahlrecht nicht vorenthalten. Sie hatte bereits
am Vormittag des Wahltages unter Vorlage ihres Ausweises ihre Stimme abgegeben. Als sie am Nachmittag
erneut ihre Stimme abgeben wollte, wurde ihr dieses Ansinnen rechtmäßigerweise verwehrt. Ihr Ehemann,
der am Vormittag noch nicht gewählt hatte, durfte am Nachmittag seine Stimme abgeben.

c) Anders als der Einspruchsführer behauptet, hat der von ihm erwähnte Herr W. F. nicht doppelt seine
Stimme abgeben können. Dies war rechtlich und tatsächlich ausgeschlossen. Herr F. hatte die Briefwahl be-
antragt und die entsprechenden Unterlagen erhalten. Im Wählerverzeichnis war daher ordnungsgemäß der
Sperrvermerk „W“ (= Wahlschein erhalten) enthalten. Herr F. hätte somit nur unter Vorlage des Wahlschei-
nes im Wahllokal wählen können.

d) In der vom Einspruchsführer angeführten Neuauszählung der Stimmen in einem Essener Wahlkreis liegt
kein Wahlfehler. Im Gegenteil hat der Kreiswahlausschuss für den Wahlkreis 120, der einen Teil von Essen
umfasst, aufgrund des überaus knappen Stimmenunterschiedes und weiterer Vorkommnisse bei der Durch-
führung der Wahl ausnahmsweise eine vollständige Nachzählung aller abgegebenen Stimmen beschlossen.
Dadurch wurde sichergestellt, dass sich alle gültigen Stimmen im Wahlergebnis nunmehr wiederfinden.

9. Die versehentliche mehrfache Ausstellung und Versendung von ca. 9 000 Wahlbenachrichtigungen in
Wuppertal stellt ebenfalls keinen Wahlfehler dar. Zwar ist sie ärgerlich und sollte künftig nicht mehr vor-
kommen. Eine Doppelwahl einzelner Wahlberechtigter war aber ausgeschlossen. Hat ein Wahlberechtigter
einen Wahlschein erhalten – z. B. um per Brief zu wählen –, so wird im Wählerverzeichnis ein Stimmabga-
bevermerk eingetragen. Dieser verhindert die erneute Ausstellung eines Wahlscheins und damit eine erneute
Briefwahl sowie eine Urnenwahl. Auch kann mit zwei Wahlbenachrichtigungen nicht doppelt an der Urne im
Wahllokal gewählt werden. Denn gemäß § 56 Absatz 4 Satz 3 BWO vermerkt der Schriftführer die Stimm-
abgabe im Wählerverzeichnis in der dafür bestimmten Spalte. Dies verhindert eine erneute Stimmabgabe.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 233 – Drucksache 18/1710

Anlage 56

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn D. D., 16835 Lindow (Mark),
vertreten durch U. pp. Rechtsanwälte, 16816 Neuruppin,

– Az.: WP 125/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 5. Juni 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat über seine Verfahrensbevollmächtigten mit Schreiben vom 4. und 12. November
2013 Einspruch gegen die Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Er trägt vor, er habe sich am Wahltag in das für seine Anschrift zuständige Wahllokal begeben, um seine
Stimme abzugeben. Ihm sei die Stimmabgabe mit der Begründung verweigert worden, dass der Einspruchs-
führer – was zutreffe – im Jahr 2009 strafrechtlich verurteilt worden sei. Eine Aberkennung des Wahlrechts
habe das Urteil aber nicht zur Folge gehabt. Offensichtlich habe ein Missverständnis im Hinblick auf die
Differenzierung zwischen aktivem und passivem Wahlrecht in § 45 des Strafgesetzbuches (StGB) vorgele-
gen.

Der Landeswahlleiter des Landes Brandenburg hat zu dem Vorbringen des Einspruchsführers am 6. Feb-
ruar 2014 und unter Bezugnahme auf eine Erklärung des Amtes Lindow (Mark) im Wesentlichen wie folgt
Stellung genommen:

Ursächlich für die nicht erfolgte Eintragung des Einspruchsführers in das Wählerverzeichnis für den Wahlbe-
zirk Lindow OT Klosterheide sei nach der Stellungnahme des Amtes Lindow eine nicht korrekte Mitteilung
der Staatsanwaltschaft Berlin (über den Umfang des Wahlrechtsverlust nach § 45 StGB) an das Amt gewe-
sen.

Das wahlrechtliche Verfahren im Vorfeld der Bundestagswahl allgemein und die konkrete Entscheidung des
Wahlvorstandes des Wahlbezirkes im Einzelfall seien wahlrechtlich nicht zu beanstanden. Ein Wahlfehler sei
nicht ersichtlich. Die den Entscheidungen zugrunde liegende fehlerhafte Mitteilung der Staatsanwaltschaft
hätte nur korrigiert werden können, wenn der Einspruchsführer nach dem Ausbleiben seiner Wahlbenachrich-
tigung eine Korrektur des Wählerverzeichnisses veranlasst hätte. Wer verabsäume, rechtzeitig eine Eintra-
gung in das Wählerverzeichnis zu beantragen oder Einspruch gegen das Wählerverzeichnis einzulegen, wer
sich also nicht um die Wahrnehmung des Wahlrechts kümmere, müsse die aus einer Nichteintragung in das
Wählerverzeichnis resultierende Folge, dass am Wahltag keine Möglichkeit der Wahlteilnahme (mehr) beste-
he, tragen.

Der Einspruchsführer hat sich zur Stellungnahme des Landeswahlleiters am 3. März 2014 über seine Ver-
fahrensbevollmächtigten wie folgt geäußert:

Zunächst bleibe festzustellen, dass § 45 StGB das aktive und passive Wahlrecht als Nebenfolge strafrechtli-
cher Verurteilungen regele. Das passive Wahlrecht verliere, wer zu einer Freiheitsstrafe von mindestens ei-
nem Jahr verurteilt werde. Das aktive Wahlrecht verliere, wem dieses durch Urteil aberkannt worden sei.
Ausweislich der Mitteilung der Staatsanwaltschaft Berlin sei das Amt Lindow darüber informiert worden,
dass der Einspruchsführer zu einer Freiheitsstrafe von über einem Jahr verurteilt worden sei. Die Information
sei unter Hinweis auf § 45 StGB erfolgt. An dieser Mitteilung sei nichts Widersprüchliches oder Ungenaues

Drucksache 18/1710 – 234 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

zu erkennen. Wie bereits zuvor ausgeführt und wie auch der Norm zu entnehmen, führe die Verurteilung zum
Verlust des passiven Wahlrechts. Eine Mitteilung dergestalt, dass dem Einspruchsführer das aktive Wahlrecht
entzogen worden sei, finde sich in der Mitteilung der Staatsanwaltschaft nicht. Folgerichtig habe das Amt
Lindow davon ausgehen können und müssen, dass dem Einspruchsführer das aktive Wahlrecht zustehe. Ent-
sprechende Gesetzeskenntnisse müssten verlangt werden. Notfalls hätte nachgefragt werden müssen. All dies
sei nicht erfolgt.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vortrag des Einspruchsführers lässt sich kein Verstoß
gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

Gemäß § 14 Absatz 1 des Bundeswahlgesetzes (BWG) kann nur wählen, wer in ein Wählerverzeichnis einge-
tragen ist oder einen Wahlschein besitzt. Beides war beim Einspruchsführer nicht der Fall. Daher war er ge-
mäß § 56 Absatz 6 Satz 1 Nr. 2 der Bundeswahlordnung (BWO) vomWahlvorstand zurückzuweisen.

Ein Wahlfehler liegt auch nicht darin, dass der Einspruchsführer zu Unrecht nicht im Wählerverzeichnis ein-
getragen war. Zwar treffen den Wähler im Vorfeld der Wahl grundsätzlich keine Obliegenheiten. Er kann
darauf vertrauen, dass die Wahlbehörden ordnungsgemäß arbeiten (und dass auch Staatsanwaltschaften kor-
rekte Mitteilungen an Meldebehörden machen). So sind die Gemeinden gemäß § 17 Satz 1 BWG in Verbin-
dung mit den §§ 14 ff. BWO verpflichtet, das Wählerverzeichnis zu führen. Aber im Falle des Wählerver-
zeichnisses treffen auch den Wähler Obliegenheiten. Der Gesetzgeber hat den Umstand vorhergesehen, dass
es angesichts der Menge an Meldedaten, aus denen die Wählerverzeichnisse erstellt werden, auch bei der
nötigen Sorgfalt zu fehlerhaften Eintragungen bzw. Nichteintragungen kommen kann. Da eine fehlerhafte
Eintragung bzw. Nichteintragung wie vorliegend zur Folge haben kann, dass jemand nicht wählen darf, hat
der Gesetzgeber mit dem Vorkehrungen getroffen, dass unrichtige oder unvollständige Eintragungen berich-
tigt werden können: Gemäß § 17 Satz 2 BWG hat jeder Wahlberechtigte das Recht, an den Werktagen vom
20. bis zum 16. Tag vor der Wahl während der allgemeinen Öffnungszeiten (§ 21 Absatz 1 BWO) die Rich-
tigkeit oder Vollständigkeit der zu seiner Person eingetragenen Daten zu überprüfen. Wer das Wählerver-
zeichnis für unrichtig oder unvollständig hält, kann gemäß § 22 Absatz 1 BWO innerhalb der Einsichtsfrist
Einspruch (bzw. gegen einen abgewiesenen Einspruch: Beschwerde) einlegen und das Register gemäß § 23
Absatz 1 BWO berichtigen lassen. (Außerhalb der Frist kann die Gemeinde, wenn das Verzeichnis offen-
sichtlich unrichtig oder unvollständig ist, den Mangel gemäß § 23 Absatz 2 BWO auch von Amts wegen
beheben, was aber voraussetzt, dass sie von ihm Kenntnis erhält, etwa durch den Wahlwilligen.) Die Voraus-
setzungen des Einsichts- und des Einspruchsrechts muss die betreffende Gemeinde gemäß § 20 Absatz 1
BWO spätestens am 24. Tag vor der Wahl unter anderem die Voraussetzungen des Einsichts- und des Ein-
spruchsrechts öffentlich bekannt machen. Die vom Gesetzgeber verankerten Vorkehrungen setzen also ein
Tätigwerden des Wahlwilligen – Einsichtnahme und gegebenenfalls Einspruch – voraus. Hierin liegt eine
gesetzlich verankerte Obliegenheit des Wählers. Unrichtigkeiten des Wählerverzeichnisses sind also wahl-
prüfungsrechtlich nur relevant, wenn sie zuvor im vorgesehenen Einspruchs- und Beschwerdeverfahren ge-
rügt werden (vgl. Hahlen, in: Schreiber, Bundeswahlgesetz, 9. Auflage 2013, § 17 Rn. 6). Vorliegend hat der
Einspruchsführer keinen Einblick ins Wählerverzeichnis genommen und auch keinen Einspruch eingelegt. Da
er seinen Obliegenheiten nicht nachgekommen ist, begründet die Unrichtigkeit des Wählerverzeichnisses
keinen Wahlfehler.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 235 – Drucksache 18/1710

Anlage 57

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn N. F., 63263 Neu-Isenburg,
vertreten durch Rechtsanwalt G. H., 63225 Langen,

– Az.: WP 127/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 5. Juni 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat durch ein Schreiben und ein Fax seines Verfahrensbevollmächtigten vom 11. No-
vember 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September
2013 eingelegt.

Der Einspruchsführer meint, durch das Wahlstatistikgesetz werde die Wahl in verfassungswidriger Weise
beeinträchtigt. Die Vorschriften zur Urnenwahl, die den Einsatz codierter Stimmzettel vorsähen, die Rege-
lungen zur zeitweisen Überstellung der einschlägigen Stimmzettelpakete an die statistischen Landesämter
(bzw. Statistikstellen der Gemeinden) sowie die damit zusammenhängenden Bestimmungen zur statistischen
Auswertung der Stimmzettel beeinträchtigten grundlegende Merkmale einer demokratischen Wahl in wesent-
licher Weise. Dies betreffe die bürgerschaftliche Kontrolle und die Transparenz der Wahlvorgänge sowie die
Freiheit und „Geheimheit“ der Wahl. Letztere werde bereits durch die bloße Verwendung codierter Stimm-
zettel unnötig geschwächt; denn die Deanonymisierung einer Stimmabgabe werde hierdurch erleichtert. Be-
reits ein unnötig erhöhtes Deanonymisierungsrisiko widerspreche eklatant den sich aus Artikel 38 des
Grundgesetzes (GG) ergebenden Schutzpflichten für das Wahlgeheimnis. Die Verwendung codierter Stimm-
zettel sei verfassungswidrig. Der Einsatz solcher Stimmzettel verringere ferner in verfassungswidriger Weise
die Transparenz des Wahlvorgangs. Für einen unvorbereitet im Wahllokal erscheinenden Wahlberechtigten
sei nur schwer zu durchschauen, nach welchen Regeln der ihm übergebene Stimmzettel aus den verschiede-
nen Stapeln ausgesucht werde. In dieser Situation könne dieser z. B. nicht überprüfen, ob der auf den Stimm-
zettel aufgedruckte Buchstabe (A – M) tatsächlich nur für „Geschlecht“ und „Alter“ stehe. Auch lasse sich
fragen, ob die verschiedenen Stimmzettelstapel sich nicht vielleicht noch durch eine verdeckte Codierung
unterschieden. Zudem sorge die „normative Unterbestimmung“ hinsichtlich der Behandlung codierter
Stimmzettel für einen verfassungswidrigen Mangel an Transparenz. Der Wahlberechtigte, dem die spezifi-
sche Zuordnung des ausgegebenen Stimmzettels Anlass zum Zweifel gebe, ob die Wahl tatsächlich geheim
sei, sei (subjektiv) in der Freiheit der Wahl beeinträchtigt. Das Wahlstatistikgesetz befördere ohne Not solche
Situationen und sei deswegen verfassungswidrig. Bei der Urnenwahl komme das durch den Einsatz codierter
Stimmzettel „reduzierte Anonymitätspotenzial“ bereits bei der öffentlichen Auszählung im Wahllokal zum
Tragen. Einerseits könne hier das individuelle Wahlverhalten hinsichtlich nicht gewählter Wahlvorschläge
charakterisiert werden, andererseits müssten Wähler von Splitterparteien damit rechnen, von ihrem sozialen
Umfeld leichter identifiziert werden zu können. Beides schwäche die „Geheimheit“ der Wahl und sei verfas-
sungswidrig. Ein Wähler, der das Vorgesagte bedenke, werde bei der Stimmabgabe unter den Bedingungen
des Wahlstatistikgesetzes eventuell von seinen politischen Überzeugungen abweichen und sei somit in ver-
fassungswidriger Weise in der Freiheit der Wahl beeinträchtigt, da diese Beschränkung nicht „im Dienst an“
anderen verfassungsrechtlich erheblichen Belangen notwendig sei. Der Versuch des Wahlstatistikgesetzes,
einer übermäßigen Beschädigung des Wahlgeheimnisses durch Zusammenführungs- und Publikationsverbote
entgegenzuwirken, sei ohne qualitativ hochwertigen technischen Datenschutz wenig substantiell. Die Frage,
in welchem Maße das Wahlgeheimnis gemäß den Vorgaben des Wahlstatistikgesetzes tatsächlich und effek-

Drucksache 18/1710 – 236 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

tiv gegen Gefährdungen durch unberechtigte Datenzugriffe Dritter geschützt werde, sei der öffentlichen (bür-
gerschaftlichen) Kontrolle entzogen. Der Wähler könne sich bezüglich einiger für die Wahrung des Wahlge-
heimnisses erheblicher Fragen kein eigenes Urteil bilden. Er müsse sich stattdessen mit der technischen Ex-
pertise staatlicher Stellen zufrieden geben. Dies entspreche genau der verfassungsrechtlichen Problematik,
die auch beim Einsatz von Wahlautomaten bei der Bundestagswahl 2005 feststellbar gewesen sei. Selbst
wenn die auf einzelne Wahlbezirke bezogenen Daten der Wahlstatistik durchgängig durch hochwertige und
bürgerschaftlich kontrollierbare Maßnahmen geschützt wären, wäre die Speicherung dieser Daten immer
noch verfassungswidrig. Der Staat sei zum Schutz des Wahlgeheimnisses verpflichtet und dürfe den Wähler
nicht ohne hinreichenden Grund einem erhöhten Risiko einer Deanonymisierung aussetzen. Man müsse be-
denken, welche Zuwächse bei den Möglichkeiten zur Deanonymisierung von Daten auf längere Sicht zu
befürchten seien. Einen Schutz über lange Zeiträume gewähre das Wahlstatistikgesetz nicht. Die durch das
Gesetz eingeräumte Möglichkeit, für vorher ausgesuchte Wahlbezirke anzuordnen, dass deren Stimmzettel-
pakete – im Anschluss an die Auszählung im Wahllokal – an das zuständige statistische Landesamt zu über-
stellen seien, schwäche den Schutz der Stimmzettel und die bürgerschaftliche Kontrolle über die Stimmzettel.
Allein dadurch würden zusätzliche Möglichkeiten zur Manipulation der Stimmzettel geschaffen. Da die Re-
gelungen zum Schutz der Stimmzettel und zur Öffentlichkeit der Wahlvorgänge nicht zuletzt vor „organisier-
ter Regierungskriminalität“ schützen sollten, sei dies ein besonders gefährlicher Punkt und verfassungswid-
rig.

Die Verfassungswidrigkeit des Wahlstatistikgesetzes ergebe sich auch aus einem weiteren Grund: Die codier-
ten Stimmzettel würden durch das Wahlstatistikgesetz der „geordneten Standard-Bahn“ für „normale“
Stimmzettel entzogen. Während normale Stimmzettelpakete ein „Schicksal entlang von § 73 und § 90 BWO“
erwarte, würden codierte Stimmzettel einer statistischen Auswertung zugeführt, die typischerweise in deutli-
cher Entfernung vomWahllokal stattfinde. Das Wahlstatistikgesetz stelle weder selbst noch über die Ermäch-
tigung zu einer Verordnung sicher, dass der Schutz codierter Stimmzettel mindestens dem rechtlichen Stan-
dard nicht-codierter Stimmzettel entspreche. In der Rechtswirklichkeit führe dies dazu, dass – zumindest in
Hessen – Stimmzettel nicht mehr als besonders zu schützende Objekte gälten. Ohne eine dokumentierende
Niederschrift würden Siegel erbrochen und statistische Auswertungen vorgenommen. Bürgerschaftliche Auf-
sicht sei ebenfalls nicht möglich. Außerdem würden Stimmzettelpakete unversiegelt in ihre Herkunftsge-
meinden zurückgesandt. Damit könnten sie als „kompromittiert“ gelten. Danach noch stattfindende Nachzäh-
lungen hätten keinen Anspruch auf Glaubwürdigkeit mehr. Dabei laufe sogar unter Umständen noch die Ein-
spruchsfrist nach demWahlprüfungsgesetz.

Abseits der genannten Punkte sei eigentlich noch zu prüfen, ob die „normative Unterbestimmung“ im Umfeld
des Wahlstatistikgesetzes nicht das Rechtsstaatsprinzip verletze und ob die dem Wahlberechtigten abgenötig-
te Teilnahme an der Wahlstatistik nicht das Recht auf informationelle Selbstbestimmung beeinträchtige. Auf
weitergehende Erwägungen zu diesen Themen wolle er, der Einspruchsführer, aus Zeitgründen verzichten.

Nach dem Wahlstatistikgesetz sei damit zu rechnen, dass bis zu fünf Prozent der Wahlbezirke vom Bundes-
wahlleiter in Absprache mit den Landeswahlleitern und den statistischen Landesämtern zur Wahl mit codier-
ten Stimmzetteln ausgewählt würden. In Gemeinden mit entsprechend qualifizierter Statistikstelle könnten
nochmals 15 Prozent der Wahlbezirke hinzukommen. Also gehe es vermutlich um eine siebenstellige Zahl
betroffener Wähler. Da es nicht nur sehr knapp gewonnene Wahlkreise gegeben habe, sondern der FDP und
der Partei „Alternative für Deutschland“ jeweils nur eine niedrige sechsstellige Stimmenzahl zur Überwin-
dung der Fünf-Prozent-Hürde gefehlt habe, könne keineswegs von vornherein ausgeschlossen werden, dass
die Verwendung codierter Stimmzettel einen wesentlichen Einfluss auf das Wahlergebnis und die Zusam-
mensetzung des Deutschen Bundestages gehabt habe. Vielmehr sei von einer Mandatsrelevanz in schwer
abschätzbarem Ausmaß auszugehen. Bei einer für die Betroffenen ad hoc kaum detailliert bewertbaren
Schwächung des Wahlgeheimnisses könne es zu erheblichen Einflüssen auf die Stimmabgabe kommen. Er
habe z. B. wegen der Codierung seinen Stimmzettel demonstrativ zerrissen. In vielen Fällen werde der Ein-
fluss der Codierung auf die Stimmabgabe jedoch unauffälliger und damit schlechter ermittelbar sein. Aus
dem 34. Tätigkeitsbericht des Bericht Hessischen Datenschutzbeauftragten ergebe sich, dass der Einsatz co-
dierter Stimmzettel durchaus als Gefährdung des Wahlgeheimnisses wahrgenommen werde. Deswegen lasse
sich ein Einfluss auf das Wahlverhalten wohlbegründet vermuten. Erst wenn ein Wähler die Wahl als geheim
einstufe, fühle er sich in seinen Wahlentscheidungen auch wirklich frei. Mindestens ebenso bedeutend sei die
Diskreditierung der Wahl durch die massenhafte Kompromittierung von Stimmzetteln. Allein in Hessen dürf-
te eine hohe fünf- oder knapp sechsstellige Zahl von Stimmzetteln jedes vernünftigen Schutzes beraubt gewe-

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 237 – Drucksache 18/1710

sen sein. Wenn der für Hessen geschilderte Umgang mit den codierten Stimmzetteln bundesweit typisch sein
sollte, seien bereits vor dem Ablauf der Einspruchsfrist nach § 2 des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) deutlich
über eine Million Stimmzettel durch das Verhalten staatlicher Stellen kompromittiert worden und stünden
nicht mehr für Nachzählungen zur Verfügung.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vortrag des Einspruchsführers lässt sich kein Verstoß
gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

Da der Einspruchsführer sich auf die Verfassungswidrigkeit bestimmter Normen des Wahlstatistikgesetzes
beruft, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag in
ständiger Praxis im Rahmen eines Wahlprüfungsverfahrens die Verfassungsmäßigkeit von Wahlrechtsvor-
schriften nicht überprüfen. Eine derartige Kontrolle ist stets dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten wor-
den (vgl. zuletzt etwa Bundestagsdrucksachen 16/1800, Anlagen 26 bis 28 mit weiteren Nachweisen;
17/1000, Anlagen 5 und 11; 17/2200, Anlagen 1, 13 bis 15, 17 bis 20, 23 und 24; 17/3100, Anlagen 15, 19,
20, 22 bis 30, 32, 34 bis 36; 17/4600, Anlagen 10, 12, 13, 32, 38, 40 bis 43 mit weiteren Nachweisen;
17/6300, Anlage 19). Abgesehen davon sind die verfassungsrechtlichen Bedenken des Einspruchsführers
unbegründet. Die Regelungen der repräsentativen Wahlstatistik sind verfassungsmäßig. § 5 Absatz 2 Satz 1
WStatG – der die Verwendung von amtlichen Stimmzetteln vorsieht, welche Unterscheidungsmerkmale nach
Geschlecht und Geburtsjahresgruppen enthalten (der Einspruchsführer spricht insoweit von „codierten“
Stimmzetteln) – ist ebenso verfassungskonform wie § 5 Absatz 2 Sätze 2 und 3 WStatG – die Regelung zur
zeitweisen Überlassung der auszuwertenden Stimmzettel an die statistischen Landesämter bzw. Statistikstel-
len der Gemeinden – und die (über das gesamte Wahlstatistikgesetz verteilten) Bestimmungen zur statisti-
schen Auswertung der Stimmzettel. Hinsichtlich der vom Einspruchsführer angesprochenen Verletzung des
Rechtsstaatsprinzips durch eine vermeintliche „normative Unterbestimmung im Umfeld des Wahlstatistikge-
setzes“ liegt ebenfalls kein Verfassungsverstoß vor. Zudem beeinträchtigt die zwingende Teilnahme der
Wähler in den vorher dafür bestimmten Wahllokalen (und Briefwahlbezirken) an der repräsentativen Wahl-
statistik nicht das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Wähler.

1. § 5 Absatz 2 Satz 1 WStatG verstößt (wie auch die übrigen Vorschriften des Wahlstatistikgesetzes) nicht
gegen Artikel 38 Absatz 1 Satz 1 GG, insbesondere nicht gegen das Wahlgeheimnis und den Grundsatz der
Freiheit der Wahl. Der Wahlprüfungsausschuss hat schon in früheren Wahlperioden festgestellt, dass die
repräsentative Wahlstatistik weder gegen das Wahlgeheimnis (vgl. Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlagen
14 bis 17, 32; 15/2400, Anlage 1; 16/3600, Anlage 15 und 16; 17/1000, Anlage 5; 17/2250, Anlagen 5 und
12; 17/3100, Anlage 33) noch den Grundsatz der Freiheit der Wahl verstößt (vgl. Bundestagsdrucksachen
15/1150, Anlage 17; 16/3600, Anlage 16; 17/3100, Anlage 33).

a) Das durch Artikel 38 Absatz 1 Satz 1 GG geschützte Wahlgeheimnis wird nicht dadurch berührt, dass die
repräsentative Wahlstatistik durch die Verwendung von Stimmzetteln mit Unterscheidungsmerkmalen nach
Geschlecht und Geburtsjahresgruppen (§ 5 Absatz 2 Satz 1 WStatG) Rückschlüsse auf das durchschnittliche
Wahlverhalten von Gruppen von Wählern – definiert nach Geschlecht und Zugehörigkeit zu Geburtsjahres-
gruppen – zulässt. Denn Artikel 38 Absatz 1 Satz 1 GG verbietet nur, dass das Wahlverhalten des individuel-
len Wählers bekannt wird, nicht jedoch das Gewinnen von Erkenntnissen über das Wahlverhalten einer
Gruppe von Wählern, vorausgesetzt es ist sichergestellt, dass daraus keine Rückschlüsse auf das Wahlverhal-
ten einzelner Mitglieder der Gruppe gezogen werden können. Das ergibt sich aus der Funktion des Grundsat-
zes der geheimen Wahl: Er bezweckt, eine freie Wahl dadurch zu gewährleisten, dass der Einzelne sicher sein
kann, dass ihn mangels Kenntnis niemand wegen seines Wahlverhaltens zur Rechenschaft ziehen kann (vgl.
nur Bundestagsdrucksachen 16/900, Anlage 26; 17/1000, Anlage 5; 17/2250, Anlagen 5 und 12; 17/3100,
Anlage 33). Dessen kann sich der Einzelne dann sicher sein, wenn lediglich bekannt wird, wie eine bestimm-
te Anzahl von Wählern einer bestimmten Gruppe abgestimmt hat, ohne dass festgestellt werden kann, um
welche individuellen Wähler es sich dabei handelt. Die Vorgaben des Wahlstatistikgesetzes schließen eine
solche Individualisierung des Stimmverhaltens bei der repräsentativen Wahlstatistik aus. Die in § 5 Absatz 2
Satz 1 (und in § 2) WStatG genannten Erfassungskriterien sind weiträumig gefasst, und gemäß § 3 Satz 3

Drucksache 18/1710 – 238 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

WStatG muss ein für wahlstatistische Erhebungen ausgewählter Wahlbezirk mehr als 400 Wähler umfassen.
Somit wird eine Vielzahl von Wählern erfassen, ohne dass ein Rückschluss auf den Einzelnen möglich ist.
Eine Deanonymisierung ist grundsätzlich nicht möglich. Zwar ist es trotz dieser Vorkehrungen theoretisch
durchaus denkbar, dass die Wahlbeteiligung in einer bestimmten Geburtsjahresgruppe so niedrig – im Ext-
remfall: eins – ist, dass unter Bruch des Verbots einer statistischen Auswertung durch den Wahlvorstand oder
des Verbots der Zusammenführung von Wählerverzeichnis und Stimmzetteln Rückschlüsse auf das Wahlver-
halten bestimmter Personen möglich sind. Schließlich ist es auch theoretisch denkbar, dass in einem Wahl-
kreis nur ein Wahlberechtigter seine Stimme abgibt oder dass alle in einem Wahlkreis abgegebenen Stimmen
auf ein und denselben Wahlvorschlag entfallen. Auch dann wäre bekannt, wie der einzelne Wähler abge-
stimmt hat, ohne dass man deshalb sagen könnte, es habe keine geheime Wahl stattgefunden. Des Weiteren
wäre es möglich, dass eine Partei gar keine Stimmen erhalten hat. Auch in diesem Fall ist offenkundig, dass
eine bestimmte Person diese Partei nicht gewählt hat. (Für diesen Schluss bedarf es allerdings keiner wahlsta-
tistischen Erhebung und Auswertung; er lässt sich bereits anhand des amtlichen Endergebnisses ziehen.) Aber
all diese nach der allgemeinen Lebenserfahrung absolut fernliegenden Szenarien rechtfertigen nicht die An-
nahme, die Durchführung der repräsentativen Wahlstatistik stehe nicht mit dem Grundsatz der geheimen
Wahl in Einklang. Im Ergebnis bleibt somit festzuhalten, dass die Vorgaben des Wahlstatistikgesetzes und
damit auch § 5 Absatz 2 Satz 1 WStatG den Anforderungen des Grundsatzes der geheimen Wahl genügen.

b) § 5 Absatz 2 Satz 1 WStatG widerspricht (wie die übrigen Vorschriften des Wahlstatistikgesetzes) auch
nicht dem Grundsatz der Freiheit der Wahl aus Artikel 38 Absatz 1 Satz 1 GG. Der Grundsatz der freien
Wahl verlangt, dass der Wähler seine Entscheidung, ob und ggf. wen er wählt, frei, d. h. ohne Zwang oder
sonstige unzulässige Beeinflussung von außen ausüben kann (BVerfGE 47, 253 [282]; 95, 335 [350]). Die
Teilnahme an der Durchführung der repräsentativen Wahlstatistik ist zwar insofern ein Zwang, als der Wäh-
ler ohne sie nicht an der Urnenwahl teilnehmen kann. Dieser Zwang bezieht sich aber nicht auf die Entschei-
dung des Wählers, ob und ggf. wen er wählt. Durch die Pflicht, einen für statistische Zwecke gekennzeichne-
ten Stimmzettel zu verwenden, wird seine Entschließungsfreiheit in Bezug auf seine Wahlentscheidung viel-
mehr ebenso wenig verengt wie etwa durch die Pflicht, seinen Stimmzettel in der Wahlkabine zu kennzeich-
nen und zu falten. Die Notwendigkeit, an der Durchführung der repräsentativen Wahlstatistik teilzunehmen,
um seine Stimme abzugeben, würde allenfalls dann eine Gefährdung des Grundsatzes der freien Wahl mit
sich bringen können, wenn der Wähler befürchten müsste, dass durch die Durchführung der repräsentativen
Wahlstatistik bekannt wird, wie er persönlich abgestimmt hat. Dann bestünde nämlich die Möglichkeit, ihn
wegen seines Abstimmungsverhaltens in irgendeiner Weise zur Rechenschaft zu ziehen. Das könnte ihn wie-
derum davon abhalten, seine Wahlentscheidung ausschließlich nach seinen persönlichen Präferenzen zu tref-
fen. Solch einer Gefährdung des Grundsatzes der freien Wahl über die Verletzung einer seiner wichtigsten
institutionellen Absicherungen, des Grundsatzes der geheimen Wahl (vgl. dazu BVerfGE 99, 1 [13]), wird
aber durch die Vorgaben des Wahlstatistikgesetzes vorgebeugt. Nicht zuletzt der Umstand, dass die Stimm-
abgabe nur mit den für statistische Zwecke gekennzeichneten Stimmzetteln möglich ist, trägt dazu bei, dass
es nicht zu der Situation kommen kann, dass nur so wenige gekennzeichnete Stimmzettel abgegeben werden,
dass Rückschlüsse auf das Wahlverhalten bestimmter Personen möglich sind (vgl. Hahlen, in: Schreiber,
Bundeswahlgesetz, 9. Auflage 2013, Anhang 5 – Erläuterungen zur Wahlstatistik – Rn. 6).

c) § 5 Absatz 2 Satz 1 WStatG läuft auch – entgegen der Ansicht des Einspruchsführers, der insoweit von
fehlender Transparenz und nicht möglicher bürgerschaftlicher Kontrolle spricht – nicht dem Grundsatz der
Öffentlichkeit der Wahl (Artikel 38 in Verbindung mit Artikel 20 Absätze 1 und 2 GG) zuwider. Der genann-
te Grundsatz verlangt, dass alle wesentlichen Schritte der Wahl öffentlicher Überprüfbarkeit unterliegen,
soweit nicht andere verfassungsrechtliche Belange eine Ausnahme rechtfertigen; dabei kommt der Kontrolle
der Wahlhandlung und der Ermittlung des Wahlergebnisses eine besondere Bedeutung zu (BVerfGE 123, 39
[70]). Ein Wahlverfahren genügt nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen, wenn der Wähler nicht
zuverlässig nachvollziehen kann, ob seine Stimme unverfälscht erfasst und in die Ermittlung des Wahlergeb-
nisses einbezogen wird und wie die insgesamt abgegebenen Stimmen zugeordnet und gezählt werden (vgl.
BVerfG, a. a. O.). Es ist nicht ersichtlich und wird vom Einspruchsführer auch nicht überzeugend dargelegt,
warum die Verwendung von amtlichen Stimmzetteln mit Unterscheidungsmerkmalen nach Geschlecht und
Geburtsjahresgruppen die Öffentlichkeit des Wahlvorganges im Sinne einer Nachvollziehbarkeit beschränken
sollte. Wähler, die sich wundern, warum sie einen Stimmzettel mit Unterscheidungsmerkmalen erhalten,
können sich zur Aufklärung an den Wahlvorstand wenden oder die im Wahllokal bereitgehaltenen Informati-
onsblätter zurate ziehen. Die Behauptung des Einspruchsführers, es lasse sich im Wahllokal nicht überprüfen,
ob der auf dem Stimmzettel aufgedruckte, der Unterscheidung dienende, Buchstabe von A bis M tatsächlich

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 239 – Drucksache 18/1710

nur für „Geschlecht“ und „Geburtsjahresgruppe“ stehe, leuchtet daher nicht ein. Dasselbe gilt für die Frage,
ob die verschiedenen Stimmzettelstapel sich nicht vielleicht noch durch eine verdeckte Codierung unter-
schieden.

2. Die Regelung zur zeitweisen Überlassung der auszuwertenden Stimmzettel an die statistischen Landesäm-
ter bzw. Statistikstellen der Gemeinden ist ebenfalls verfassungskonform. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit
sie eine Verletzung des Wahlgeheimnisses nach sich ziehen sollten. Die Vorgaben des Wahlstatistikgesetzes
zu den für die Wahlstatistik verwendeten Unterscheidungsmerkmalen (§ 5 Absatz 2 Satz 1 und § 2 WStatG)
und zur Stichprobenauswahl (§ 3 Satz 3 WStatG) verhindern – wie oben gesehen – einen Rückschluss auf das
Wahlverhalten Einzelner. Durch die zeitweise Überlassung an die statistischen Landesämter bzw. Statistik-
stellen der Gemeinden ändert sich daran nichts. Selbst wenn Unbefugte die Stimmzettel erhielten, könnten sie
daraus keine Rückschlüsse ziehen. Da das Wahlgeheimnis gewahrt ist und bleibt, ist auch nicht erkennbar,
inwieweit der Grundsatz der Freiheit der Wahl durch die zeitweise Überlassung zur statistischen Auswertung
verletzt werden könnte. Die Befürchtung des Einspruchsführers, durch das zeitweise Zurverfügungstellen an
statistische Landesämter, die sich in einer gewissen Entfernung vom Wahllokal befinden können, bestünde
ein erhöhtes Risiko der „Kompromittierung“ von Stimmzetteln ist nicht nur rein hypothetisch. Sie verkennt
auch, dass es sich bei den zeitweise übersandten Stimmzetteln um bereits ausgezählte und in das Endergebnis
eingeflossene Stimmzettel handelt. Ihre Kompromittierung wäre allenfalls für eine Neuauszählung relevant.
Sofern eine solche im Raum steht, würden Stimmzettel aber gar nicht zur Auswertung übersandt. Überdies
können auch Stimmzettel, die nicht zur Auswertung übersandt werden und sich in der Obhut einer Gemeinde
befinden, „kompromittiert“ werden. Strafbares Verhalten kann nicht in jedem Fall durch Verfahrensregeln
verhindert werden. Auch dem Öffentlichkeitsgrundsatz läuft die zeitweise Überlassung von Stimmzetteln an
statistische Landesämter bzw. Statistikstellen der Gemeinden nicht zuwider. Soweit sie behördenintern erfol-
gende Auswertungen betrifft, hat die repräsentative Wahlstatistik den Anforderungen des Öffentlichkeits-
grundsatzes nicht zu genügen. Namentlich mit der vor dem Hintergrund des Öffentlichkeitsgrundsatzes be-
deutsamen Kontrolle der Wahlhandlung und der Ermittlung des Wahlergebnisses hat die wahlstatistische
Auswertung nichts zu tun. Sie findet erst statt, wenn die Wahlhandlung abgeschlossen und das Wahlergebnis
festgestellt ist. Davon abgesehen werden die ausgewerteten statistischen Daten gemäß den Vorgaben des
Wahlstatistikgesetzes der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt und können dann auch nachvollzogen wer-
den.

3. Auch die (über das gesamte Wahlstatistikgesetz verteilten) Bestimmungen zur statistischen Auswertung
der Stimmzettel sind verfassungsmäßig. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit diese Regelungen eine Verletzung
des Wahlgeheimnisses oder des Grundsatzes der Freiheit der Wahl zur Folgen haben könnten. Im Gegenteil:
Wie mehrfach ausgeführt, ist ein Rückschluss auf das Wahlverhalten anhand der Unterscheidungsmerkmale
angesichts der Größe der Stichprobenwahllokale bzw. -briefwahlbezirke nicht möglich. Niemand muss fürch-
ten, dass seine Wahlentscheidung Dritten gegenüber offengelegt wird. Bezüglich des Öffentlichkeitsgrund-
satzes gilt das unter 2. Gesagte entsprechend.

4. Der Einspruchsführer macht nicht hinreichend deutlich, warum im „Umfeld des Wahlstatistikgesetzes“
eine das Rechtsstaatsprinzip verletzende „normative Unterbestimmung“ vorliegen soll. Anhaltspunkte für
diese Rechtsmeinung lassen sich auch nicht finden. Das Gesetz ist vielmehr hinreichend bestimmt. Der (all-
gemeine, aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende) Grundsatz der Bestimmtheit verlangt nämlich, dass ein
Gesetz für den Bürger hinreichend deutlich erkennbar zum Ausdruck bringt, was es regeln will; er dient also
der Vorhersehbarkeit staatlichen Handelns (vgl. etwa Kloepfer, Verfassungsrecht, Band I, 2011, § 10 Rn.
142). Dem Wahlstatistikgesetz ist ohne Weiteres zu entnehmen, was es regelt. Es schreibt klar vor, welche
Daten von wem wie und mit welchem Ziel erhoben werden dürfen.

5. Die zwingende Teilnahme an der Wahlstatistik, sofern das betreffende Wahllokal oder der betreffende
Briefwahlbezirk für die Stichprobe ausgewählt wurden, verstößt auch nicht gegen das aus dem allgemeinen
Persönlichkeitsrecht des Artikels 2 Absatz 1 GG herzuleitende Recht der Wähler auf informationelle Selbst-
bestimmung. Dieses Recht gewährt Schutz gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und
Weitergabe von persönlichen Daten (vgl. BVerfGE 65, 1 [41 ff.]). Die im Rahmen der Wahlstatistik erhobe-
nen Daten sind jedoch keine personenbezogenen, sondern anonymisierte Daten. Die Erfassungskriterien sind
so weiträumig gefasst, dass sie eine Vielzahl von Wählern erfassen, ohne dass ein Rückschluss auf den Ein-
zelnen möglich ist.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 241 – Drucksache 18/1710

Anlage 58

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn W. P., 12159 Berlin,

– Az.: WP 132/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 5. Juni 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Schreiben vom 11. November 2013 Einspruch gegen die Wahl zum
18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Er trägt vor, am Wahltag an der Stimmabgabe gehindert worden zu sein. Er sei – entgegen dem Wahlstatis-
tikgesetz (WStG) – nicht in geeigneter Weise darüber informiert worden, dass man im Wahllokal 308 in Ber-
lin-Schöneberg seine Stimme nicht habe anonym abgeben können. Die Information, dass eine Klassifizierung
nach Alter und Geschlecht stattfinde, habe er erst vor Ort erhalten. Dadurch sei es ihm nicht mehr möglich
gewesen, einen Wahlschein zu beantragen. Er habe einen Stimmzettel ohne Kennzeichnung verlangt. Im
betreffenden Wahllokal seien solche Stimmzettel aber nicht verfügbar gewesen. Erst nach längerem Hin und
Her sei ihm zugestanden worden, die Kopfzeile vom Stimmzettel abzuschneiden, wobei dieser Stimmzettel
nur dann als gültig gewertet würde, wenn er nicht der einzige am oberen Rand gekürzte Zettel sei. Denn an-
dernfalls könne man ja anhand dieser Markierung auf die Identität des Wählers schließen. Er, der Einspruchs-
führer, habe dann einen am oberen Rand gekürzten Stimmzettel in die Urne geworfen.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Die Landeswahlleiterin des Landes Berlin hat zu dem Einspruch am 28. März 2014 Stellung genommen:

Die Information der Öffentlichkeit über die repräsentative Wahlstatistik sei ihr ein wichtiges Anliegen. Sie
habe die Wahlberechtigten deshalb vor der Bundestagswahl auf unterschiedlichen Wegen über die repräsen-
tative Wahlstatistik informiert. So habe es dazu in ihrem Internetangebot (www.wahlen-berlin.de) ein um-
fangreiches Informationsangebot gegeben, in dem alle zur repräsentativen Wahlstatistik ausgewählten Wahl-
lokale und auch die repräsentativ ausgewählten Briefwahlbezirke aufgeführt gewesen seien. Über die reprä-
sentative Wahlstatistik habe sie unter anderem auch in Wahlbekanntmachungen informiert, die in der letzten
Woche vor der Wahl an 1.020 über die ganze Stadt verteilten Litfaßsäulen angeschlagen gewesen seien. Zu-
sätzlich habe sie in einer Pressekonferenz am Mittwoch vor der Wahl auf die repräsentative Wahlstatistik
hingewiesen und dies auch in der entsprechenden Pressemitteilung erwähnt. Außerdem hätten Faltblätter zur
repräsentativen Wahlstatistik in den für die Statistik ausgewählten Wahllokalen ausgelegen. Alle Wahlbe-
rechtigten, die in den ausgewählten Briefwahlbezirken einen Wahlschein angefordert hätten, hätten mit ihren
Briefwahlunterlagen ebenfalls dieses Faltblatt erhalten. Der nach dem Wahlstatistikgesetz vorgeschriebenen
Informationspflicht sei damit Genüge getan worden. Nach § 3 WStatG seien die Wahlberechtigten in geeig-
neter Weise darauf hinzuweisen, dass der Wahlbezirk in die repräsentative Wahlstatistik einbezogen sei. Das
Wahlstatistikgesetz schreibe nicht vor, dass jede einzelne betroffene Person vor der Wahl z. B. über die
Wahlbenachrichtigung zu informieren sei. Da die Wahrung des Wahlgeheimnisses bei der repräsentativen
Wahlstatistik gewährleistet sei, bestehe auch keine Veranlassung, betroffene Wahlberechtigte direkt zu in-
formieren und Wege aufzuzeigen, wie sie sich der Statistik entziehen könnten. Da auch Briefwahlbezirke in
die repräsentative Wahlstatistik einbezogen seien, gebe es zudem zahlreiche Wahlberechtigte, die sich nur

Drucksache 18/1710 – 242 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

durch Nichtwählen der repräsentativen Wahlstatistik entziehen könnten, da sie sowohl im Wahllokal als auch
bei der Briefwahl gekennzeichnete Stimmzettel erhalten würden.

Der Einspruchsführer sei an der Stimmabgabe nicht gehindert worden. Sollte er, wie von ihm beschrieben,
die Kennzeichnung der repräsentativen Wahlstatistik am Stimmzettel abgetrennt haben, habe dies seine
Stimmabgabe nicht beeinträchtigt. Ihre Rückfrage beim zuständigen Bezirkswahlamt habe ergeben, dass die
Wahlvorstände Stimmzettel nicht allein deshalb für ungültig erklärt hätten, weil der Unterscheidungsaufdruck
abgerissen worden sei. Sie gehe deshalb davon aus, dass der Stimmzettel des Einspruchsführers als gültig
gewertet worden sei.

Der Einspruchsführer hat sich zu der ihm übersandten Stellungnahme nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vorbringen des Einspruchsführers lässt sich kein Verstoß
gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

1. Die Art der Unterrichtung über die Teilnahme an der repräsentativen Wahlstatistik im Wahllokal des Ein-
spruchsführers bzw. im Land Berlin ist nicht zu beanstanden. Gemäß § 3 Satz 5 WStatG sind die Wahlbe-
rechtigten in geeigneter Weise darauf hinzuweisen, dass der Wahlbezirk oder der Briefwahlbezirk in die re-
präsentative Wahlstatistik einbezogen ist. Wie dies zu erfolgen hat, sagt das Gesetz nicht. Allerdings reicht es
aus, zumindest die Wahlberechtigten der betroffenen Wahllokale durch amtliche Bekanntmachungen vor und
in den betroffenen Wahllokalen oder Auslage eines Merkblatts in ausreichender Stückzahl in den Wahlloka-
len zu unterrichten (vgl. Hahlen, in: Schreiber, Bundeswahlgesetz, 9. Auflage 2013, Anhang 5 – Erläuterun-
gen zur Wahlstatistik – Rn. 15). Eine weitergehende Benachrichtigung, etwa in der Wahlbenachrichtigung,
ist nicht erforderlich (vgl. Bundestagsdrucksachen 16/3600, Anlage 16; 17/2250, Anlage 12; Hahlen, in:
Schreiber, a. a. O.). In dem vorliegenden Fall wurde den genannten Anforderungen genügt: Es lagen Faltblät-
ter zur Information in den betroffenen Wahllokalen bereit. Zusätzlich hat die Landeswahlleiterin in ihrem
Internetangebot (www.wahlen-berlin.de) umfangreich informiert und alle zur repräsentativen Wahlstatistik
ausgewählten Wahllokale und auch die repräsentativ ausgewählten Briefwahlbezirke aufgeführt. Des Weite-
ren hat die Landeswahlleiterin über die repräsentative Wahlstatistik auch in Wahlbekanntmachungen infor-
miert, die in der letzten Woche vor der Wahl an 1.020 über die ganze Stadt verteilten Litfaßsäulen angeschla-
gen waren. Zudem hat sie in einer Pressekonferenz am Mittwoch vor der Wahl auf die repräsentative Wahl-
statistik hingewiesen und dies auch in der entsprechenden Pressemitteilung erwähnt.

2. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Stimmzettel des Einspruchsführers wegen des ab-
getrennten Unterscheidungsaufdrucks zur wahlstatistischen Erhebung als ungültig gewertet worden wäre.
Nur wenn dies der Fall gewesen wäre, hätte ein Wahlfehler vorgelegen. Die Stimmabgabe wird nämlich nicht
dadurch unwirksam, dass auf dem Stimmzettel zum Zwecke der Wahlstatistik aufgedruckte Unterschei-
dungsmerkmale entfernt werden (vgl. Hahlen, in: Schreiber, Bundeswahlgesetz, 9. Auflage 2013, Anhang 5 –
Erläuterungen zur Wahlstatistik – Rn. 7). Selbst wenn ein Wahlfehler vorgelegen hätte, hätte dieser die Gül-
tigkeit der Bundestagswahl aber nicht berührt. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungs-
gerichts, der sich der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag schon früher stets angeschlossen
haben, können nur solche Wahlfehler die Gültigkeit der Bundestagswahl beeinträchtigen, die auf die Sitzver-
teilung von Einfluss sind oder sein können (vgl. nur BVerfGE 89, 243 [254]; Bundestagsdrucksachen 16/900,
Anlage 20; 17/1000, Anlagen 10, 15, 19 und 20; 17/2200, Anlagen 5, 12 und 25; 17/2250, Anlagen 18 und
22; 17/3100, Anlage 21). Die Stimme des Einspruchsführers hätte das Ergebnis der Bundestagswahl indessen
nur so geringfügig verändert, dass ein Einfluss auf die Sitzverteilung im 18. Deutschen Bundestag ausge-
schlossen werden kann.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 243 – Drucksache 18/1710

Anlage 59

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

der Frau Y. J., 70567 Stuttgart,

– Az.: WP 134/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 5. Juni 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Die Einspruchsführerin hat mit einem Schreiben vom 10. November 2013 Einspruch gegen die Wahl zum
18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Sie rügt mehrere Sachverhalte: Am 21. September 2013 sei jedem Haushalt eine „BILD“-Zeitung zugestellt
worden, wodurch einige Wähler sich gezwungen gesehen hätten, zur Wahl zu gehen. Die Freiheit der Wahl
sei beeinträchtigt gewesen. Viele Tausend Menschen, die sich für die Briefwahl „registriert“ hätten, hätten
keine Unterlagen erhalten und seien somit ohne Stimme geblieben. In den sozialen Netzwerken fänden sich
genug Beweise, dass es in einigen Wahlkreisen zu kleineren, teilweise sogar größeren Pannen bei der Aus-
zählung der Stimmen gekommen sei. Beispielsweise sei ein Meppener Wahllokal stichprobenartig mit dem
Ergebnis untersucht worden, dass die Hälfte der Zweitstimmen für die Partei „Alternative für Deutschland“
(AfD) nicht berücksichtigt worden sei. Es sei davon auszugehen, dass viele Tausend Wähler ihre Stimme
nicht aus freiem Willen abgegeben hätten, sondern dass sie z. B. von ihren Arbeitgebern dazu angehalten
worden seien, eine bestimmte Person und eine bestimmte Partei zu wählen.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages der Einspruchsführerin wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Die Niedersächsische Landeswahlleiterin hat zu demjenigen Einspruchsgegenstand, der ihren Zuständig-
keitsbereich berührt, am 6. März 2014 im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Sie habe den Kreiswahlleiter des Wahlkreises 31 (Mittelems) hierzu um Stellungnahme gebeten. Dieser habe
ihr mitgeteilt, dass bei der Stimmenauszählung des Meppener Wahlbezirks 104 ein Wahlbeobachter der AfD
anwesend gewesen sei, was auch in der Wahlniederschrift vermerkt worden sei. Die Auszählung der Stimm-
zettel sei ohne Probleme verlaufen. Allerdings habe es zunächst einen Fehler bei der Eintragung der Zweit-
stimmen in die sog. Schnellmeldung gegeben. Insgesamt seien 713 gültige Stimmabgaben gezählt worden, in
die Schnellmeldung seien aber nur 697 Stimmen eingetragen worden. Daher sei vor Ort diese Differenz
nochmals überprüft worden, Dabei habe man festgestellt, dass nur 15 anstatt 31 Zweitstimmen für die AfD in
die Schnellmeldung eingetragen worden seien. Hierbei solle es sich gerade nicht um für ungültig erklärte
Zweitstimmen, sondern um ein Übersehen dieses Stimmen gehandelt haben. Dieser Fehler sei umgehend
korrigiert worden. Das korrekte Ergebnis des Wahlbezirks sei dann der Stadt Meppen anhand der Schnell-
meldung telefonisch übermittelt und dann auch im vorläufigen Wahlergebnis berücksichtigt worden. Aus der
Stellungnahme des Kreiswahlleiters werde deutlich, dass bereits der Vortrag des Einspruchsführers vom
Sachverhalt her nicht zutreffend sei. Es seien gerade keine Stimmen für die AfD in dem genannten Wahlbe-
zirk in Meppen unberücksichtigt geblieben. Es habe auch keinen Zählfehler, sondern nur einen Übertragungs-
fehler gegeben, der rechtzeitig noch vor Absetzen der Schnellmeldung habe korrigiert werden können. Die
Stimmen für die AfD seien daher im Wahlergebnis ordnungsgemäß berücksichtigt worden. Ein Wahlfehler
sei demnach nicht ersichtlich.

Die Einspruchsführer hat sich zu der ihr übersandten Stellungnahme nicht geäußert.

Drucksache 18/1710 – 244 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vortrag der Einspruchsführerin lässt sich kein Verstoß
gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

1. Die Einspruchsführerin behauptet zwar, dass die Zustellung einer „BILD“-Zeitung an jeden (oder zumin-
dest sehr viele Haushalte) die Wahlfreiheit beeinträchtigt habe. Sie kann dies aber nicht untermauern. Davon
abgesehen, dass die betreffende Zeitungsausgabe nur einen Aufruf enthielt, zur Wahl zu gehen, aber keinen
Zwang entfalten wollte und konnte, ist schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung ausgeschlossen, dass
sich jemand durch eine kostenlose Zeitung dazu hätte gezwungen sehen können, zu wählen. Auch in Bezug
auf die angeblich in Tausenden von Fällen nicht erhaltenen Briefwahlunterlagen bleibt die Einspruchsführe-
rin im Ungefähren. Sie nennt keine Namen und keine Adressen oder Städte, in denen eine Zusendung unter-
blieben sein soll. Die Angaben der Einspruchsführerin machen es unmöglich, nachzuvollziehen, wo sich das
gerügte Geschehen zugetragen haben soll, und entsprechende Sachverhaltsaufklärung zu betreiben. Hinsicht-
lich angeblicher Pannen bei der Stimmauszählung belässt es die Einspruchsführerin bei einem pauschalen
Verweis auf soziale Netzwerke, ohne aber ins Detail zu gehen. Die Vermutung der Einspruchsführerin, dass
viele Tausend Wähler ihre Stimme nicht aus freiem Willen abgegeben hätten, sondern dass sie z. B. von ihren
Arbeitgebern dazu angehalten worden seien, eine bestimmte Person und eine bestimmte Partei zu wählen, ist
ebenfalls nicht belegt. Sie lässt sich auch nicht belegen. Wahlbeanstandungen, die über nicht belegte Vermu-
tungen oder die bloße Andeutung der Möglichkeit von Wahlfehlern nicht hinausgehen und einen konkreten,
der Überprüfung zugänglichen Tatsachenvortrag nicht enthalten, müssen als unsubstantiiert zurückgewiesen
werden (Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlagen 283 bis 285; 15/1850, Anlage 25; 15/2400, Anlage 9;
17/1000, Anlagen 13 und 19; BVerfGE 48, 271 [276]; 66, 369 [379]; 85, 148 [159]; 122, 304 [309]; Hahlen,
in: Schreiber, § 49 Rn. 25).

2. In der Stadt Meppen wurde lediglich am Wahlabend zunächst eine zu geringe Zahl der für die AfD abge-
gebenen gültigen Zweitstimmen in die Schnellmeldung eingetragen. Dieses Versehen wurde noch rechtzeitig
vor Absetzen der Schnellmeldung korrigiert. Alle Stimmen für die AfD wurden berücksichtigt. Das Versehen
blieb damit folgenlos. Das korrekte Ergebnis des Wahlbezirks ist dann der Stadt Meppen anhand der
Schnellmeldung telefonisch übermittelt und dann auch im vorläufigen sowie endgültigen Wahlergebnis be-
rücksichtigt worden. Die Stimmenzahl für die AfD spiegelt sich also im Meppener Wahlergebnis korrekt
wider.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 245 – Drucksache 18/1710

Anlage 60

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn K. M., 58095 Hagen (Westfalen),

– Az.: WP 139/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 5. Juni 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Die Einspruchsführer hat mit einem Schreiben vom 12. November 2013 Einspruch gegen die Wahl zum
18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt. Er hat seinen Vortrag mit Schreiben vom 5.
Dezember 2013, 8. Januar, 4. und 26. Februar 2014 erweitert.

Seiner Einspruchsschrift lässt sich sein Anliegen nicht eindeutig entnehmen. Möglicherweise wendet sich der
Einspruchsführer dagegen, dass er wegen unklaren oder nicht vorhandenen festen Wohnsitzes an der Wahl
nicht habe teilnehmen dürfen. Hierauf deuten hin ein gegen die Europawahl im Jahr 2009 eingelegter Ein-
spruch, die Formulierung „Inhalt der zu bearbeitenden Beschwerde (rechtsgültige Hauptwohnung u. a. ist
offener Klärungsbedarf u. a.)“ in der Einspruchsschrift sowie die angegebene Anschrift („Männerasyl“).

Einem seiner weiteren Schreiben hat der Einspruchsführer als Anlage ein an den Bundeswahlleiter gerichte-
tes Schreiben beigefügt, in dem auf vier frühere Beschwerden Bezug genommen wird, die sich dagegen rich-
ten, dass er an der Briefwahl nicht habe teilnehmen können. Möglich bemängelt er den Umgang mit früheren
Einsprüchen bzw. Beschwerden.

Insgesamt lässt sich weder der Einspruchsschrift noch den darauffolgenden Schreiben ein klares Anliegen
entnehmen.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

Die Landeswahlleiterin des Freistaates Sachsen hat zu dem Vorbringen des Einspruchsführers am 4. Feb-
ruar 2014 im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Sofern der Einspruchsführer vortrage, dass er viermal nicht an der Briefwahl habe teilnehmen können, lasse
sich den Unterlagen nicht eindeutig entnehmen, ob er auch die Nichtteilnahme an der Briefwahl im Rahmen
der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag beklage.

Nach Auskunft der zuständigen Kreiswahlleiterin der Wahlkreise 152 (Leipzig I) und 153 (Leipzig II) habe
es zur Bundestagswahl 2013 keinen schriftlichen Kontakt zwischen der Wahlbehörde der Stadt Leipzig und
dem Einspruchsführer gegeben. Insbesondere sei kein Wahlscheinantrag nach § 27 der Bundeswahlordnung
gestellt worden. Bereits aus diesem Grund sei die Teilnahme an der Briefwahl nicht möglich gewesen. Er-
gänzend werde darauf hingewiesen, dass laut Melderegister der Einspruchsführer „verzogen“ sei.

Der Einspruchsführer hat sich zu der ihm übersandten Stellungnahme am 24. März 2014 im Wesentlichen
wie folgt geäußert:

Mit Hinweis auf den letzten Satz der Stellungnahme erlaube er sich die wesentliche Frage, wieso er sogar
über das bzw. ein „Melderegister“ als verzogen gelte. Ihm sei die nötige Ab-/ Ummeldung unbekannt. Ver-
zogen sei er nicht.

Wegen seines weiteren Vortrages in seiner Gegenäußerung wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

Drucksache 18/1710 – 246 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Entscheidungsgründe

Die Zulässigkeit des Einspruchs ist bereits zweifelhaft, da sich den verschiedenen, schwer lesbaren Schreiben
des Einspruchsführers der Einspruchsgrund nicht eindeutig entnehmen lässt. Überdies ist der Einspruch unzu-
lässig, wenn man ihn dahin auslegt, dass der Einspruchsführer den Umgang mit früheren Einsprüchen bzw.
Beschwerden rügt. Denn ein Einspruch beim 18. Deutschen Bundestag kann nur statthaft sein, wenn er sich
auf die Vorbereitung und Durchführung der Wahl zu eben diesem 18. Deutschen Bundestag bezieht.

Sofern man – was am Wahrscheinlichsten ist – unterstellt, der Einspruchsführer wolle den Ausschluss von
der Wahl (an der Urne bzw. per Brief) in Leipzig rügen, ist der Einspruch zwar zulässig, aber unbegründet.
Denn wählen kann gemäß § 14 Absatz 1 des Bundeswahlgesetzes nur, wer in ein Wählerverzeichnis einge-
tragen ist oder einen Wahlschein hat. Beides traf auf den Einspruchsführer nicht zu. Nach dem Melderegister
der Stadt Leipzig ist der Einspruchsführer verzogen – also ohne festen Wohnsitz in Leipzig – und war somit
nicht von Amts wegen in das Wählerverzeichnis einzutragen. Wenn man davon ausgeht, dass der Einspruchs-
führer derzeit wohnungslos ist, hätte es eines Antrages gemäß § 16 Absatz 2 Nr. 1 b BWO bedurft, um in das
Wählerverzeichnis eingetragen zu werden, wobei der Einspruchsführer sich dafür gewöhnlicherweise in
Leipzig hätte aufhalten müssen. Einen solchen Antrag hat der Einspruchsführer aber nicht gestellt. Auch ist
angesichts seiner Adresse davon auszugehen, dass er sich gewöhnlich nicht in Leipzig, sondern in Hagen
(Westfalen) aufhält.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 247 – Drucksache 18/1710

Anlage 61

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

1. des Herrn Dr. T. S., 04849 Bad Düben,
2. der Frau H. S., ebenda,

– Az.: WP 141/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 5. Juni 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Die Einspruchsführer haben mit einem Fax vom 18. November 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Sie tragen vor, aufgrund einer berufsbedingten Entsendung seit einigen Jahren im Ausland – derzeit in Mos-
kau – zu leben. Sie seien zusammen mit ihrem in Madrid lebenden Sohn in Sachsen gemeldet. Am 30. Au-
gust 2013 hätten sie versucht, im Rathaus der Gemeinde Bad Düben ihre Briefwahlunterlagen abzuholen, die
sie Mitte August bereits per E-Mail beantragt hätten. Die zuständige Mitarbeiterin habe ihnen aber an diesem
Tage keine Briefwahlunterlagen mitgegeben, da nach ihrer Aussage noch einige abschließende „Schritte zu
den Wählerlisten“ in Sachsen abzuwarten gewesen seien. Mit einer Versendung der Unterlagen sei, so die
Mitarbeiterin, frühestens zum Beginn des Monats September zu rechnen. Sie, die Einspruchsführer, hätten
ihre ausländische Postanschrift hinterlassen. Die Gemeinde habe um den 7. September 2013 herum die Unter-
lagen nach Moskau und Madrid versandt. Leider seien diese Briefe erst am Tag vor der Bundestagswahl bei
ihnen eingetroffen. Sie hätten erfahren, dass sie hinsichtlich der Briefwahl von in Sachsen gemeldeten Aus-
landsdeutschen kein Einzelfall seien. Sie bäten um Aufklärung, warum es in Sachsen 23 Tage vor der Bun-
destagswahl nicht möglich gewesen sei, Briefwahlunterlagen persönlich abzuholen. Sie fühlten sich in der
Ausübung ihres Wahlrechts behindert. Zudem müssten für das gesetzlich ermöglichte Briefwahlverfahren der
Zeitrahmen für eine Zustellung der Briefwahlunterlagen per Post wie auch der Zeitraum der Rücksendung
vernünftig kalkuliert sein. Dies gelte insbesondere im „Zeitalter der Europäischen Union“, in dem auch säch-
sische Bürger im Ausland, mit einem etwas längeren Postweg, lebten.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages der Einspruchsführer wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

Die Landeswahlleiterin des Freistaates Sachsen hat zu dem Vorbringen der Einspruchsführer am 4. Febru-
ar 2014 im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Weder dem Bundeswahlgesetz noch der Bundeswahlordnung (BWO) lasse sich eine gesetzliche Frist ent-
nehmen, bis zu welchem Zeitpunkt nach Beantragung des Wahlscheins die Briefwahlunterlagen an Wahlbe-
rechtigte spätestens versendet werden sollten, damit diese die Unterlagen so rechtzeitig erhielten und zurück-
senden könnten, dass sie an der Wahl teilnehmen könnten (und der Wahlbrief rechtzeitig bis zum Wahltag
eingehe). Den Wahlberechtigten werde aber empfohlen, Anträge zur Teilnahme an der Briefwahl möglichst
frühzeitig zu stellen. Dem seien die Einspruchsführer auch nachgekommen. Aufgrund der Öffnungszeiten der
Briefwahlstelle erst am 9. September 2013 hätten zumindest die Einspruchsführer auch nicht persönlich vor
Ort die Möglichkeit zur Briefwahl gehabt (§ 28 Absatz 5 BWO). Die Stadtverwaltung habe sechs Tage zur
Bearbeitung der Briefwahlanträge benötigt. Da von der Stadtverwaltung nicht die Übersendung per Luftpost,
sondern per Einschreiben gewählt worden sei, habe sich – unterstellt, der Vortrag der Einspruchsführer sei
zutreffend – eine Postlaufzeit von 14 Tagen ergeben. Der zuständige Kreiswahlleiter habe den Sachverhalt
eingehend mit der Stadtverwaltung Bad Düben ausgewertet. Die Stadtverwaltung werde bei zukünftigen

Drucksache 18/1710 – 248 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Wahlen die Möglichkeit der persönlichen Abholung der Briefwahlunterlagen und die Ausübung der Brief-
wahl an Ort und Stelle sowie die Übersendung der beantragten Briefwahlunterlagen organisatorisch zu einem
früheren Zeitpunkt sicherstellen. Gleichzeitig werde die Möglichkeit der Versendung der Briefwahlunterla-
gen per Luftpost auch im europäischen Raum außerhalb Deutschlands kritischer geprüft werden.

Die Einspruchsführer haben sich zu der ihnen übersandten Stellungnahme nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vortrag des Einspruchsführers lässt sich kein Verstoß
gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

Nach ständiger Entscheidungspraxis des Deutschen Bundestages in Wahlprüfungsangelegenheiten trägt der
Wahlberechtigte, der von der durch den Gesetzgeber eingeräumten Möglichkeit der Briefwahl Gebrauch
macht und seine Wahlunterlagen nicht persönlich bei der Gemeinde abholt, das Risiko, dass die Unterlagen
ihn aufgrund des Transports nicht oder nicht rechtzeitig erreichen. Die Gemeindebehörde trifft hier keine
„Bringschuld“, sondern lediglich eine „Schickschuld“. Sie hat das ihrerseits Erforderliche getan, wenn sie die
Unterlagen ordnungsgemäß und rechtzeitig ausgestellt und auf ihre Kosten versandt hat (vgl. Bundestags-
drucksachen 15/1850, Anlage 27; 15/4750, Anlage 6; 16/3600, Anlagen 20, 25 und 26; 17/1000, Anlagen 3,
4, 6 und 7; 17/2250, Anlagen 7, 16 und 19; 17/3100, Anlage 21; 17/4600, Anlage 20). Weder dem Bundes-
wahlgesetz noch der Bundeswahlordnung lässt sich entnehmen, bis zu welchem Zeitpunkt nach Beantragung
des Wahlscheins und auf welchem Wege die Briefwahlunterlagen an Wahlberechtigte zu versenden sind,
damit sie rechtzeitig dem Wahlberechtigten zugehen, von diesem zurückgesandt werden und auch noch bis
zum Ende der Wahlhandlung bei der zuständigen Wahlbehörde eintreffen können. Der Wahlprüfungsaus-
schuss sieht es als äußerst unbefriedigend an, wenn Briefwahlunterlagen aufgrund langer Postlaufzeiten – auf
welche die Gemeinde unabhängig vom Versandweg immer nur einen sehr begrenzten Einfluss besitzt – so
spät beim Wahlberechtigten eintreffen, dass die Wahlteilnahme per Brief nicht mehr möglich ist. Gleichwohl
besteht für die Gemeinden derzeit keine gesetzliche Verpflichtung, Briefwahlunterlagen mit einem bestimm-
ten Postunternehmen bzw. auf einem bestimmten Übermittlungsweg, z. B. mit der Luftpost, zu versenden.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 249 – Drucksache 18/1710

Anlage 62

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

1. des Herrn Dr. H. T., 99096 Erfurt,
2. des Herrn R. S., 99334 Ichtershausen OT Eischleben,

– Az.: WP 148/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 5. Juni 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Die Einspruchsführer haben mit einem Schreiben vom 15. November 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit
der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Sie tragen vor, das vom Thüringer Landesamt für Statistik veröffentlichte Ergebnis zur Bundestagswahl 2013
im Wahlbezirk 105 in Arnstadt („Emil-Petri-Schule“) sei im Vergleich zu den übrigen Wahlergebnissen in
Arnstadt nicht plausibel und in höchstem Grade unwahrscheinlich. Der Anteil der Partei „Alternative für
Deutschland“ (AfD) an den Erststimmen in Arnstadt liege zwischen 5,4 Prozent und 14,6 Prozent, im Wahl-
bezirk 105 bei 9,9 Prozent. Bei den Zweitstimmen habe die AfD in Arnstadt einen Anteil zwischen 8,0 Pro-
zent und 16,9 Prozent erreicht. Im Wahlbezirk 105 habe ihr Zweitstimmenanteil nach dem veröffentlichten
Ergebnis nur bei 0,2 Stimmen gelegen. Die Diskrepanz zwischen den 64 Erststimmen und der einen Zweit-
stimme für die AfD im Wahlbezirk 105 sei erheblich und nicht glaubhaft.

Der Landeswahlleiter des Freistaates Thüringen hat zu dem Vorbringen des Einspruchsführers am 6. Feb-
ruar 2014 wie folgt Stellung genommen:

Aus der Stellungnahme des Kreiswahlleiters des Wahlkreises 192 (Gotha – Ilm-Kreis) gehe hervor, dass bei
der Prüfung der Wahlniederschriften und der vorhandenen Zähllisten keine Unregelmäßigkeiten bei den Erst-
stimmen hätten festgestellt werden können. Bei der Eintragung der Zweitstimmen in die Wahlniederschrift
seien die Zweitstimmen für die AfD und die Partei „Freie Wähler“ in die (für die Ökologisch-Demokratische
Partei [ÖDP] und die Partei „Die Republikaner“ vorgesehenen) Zeilen 8 und 9 und nicht in die korrekten
Zeilen 11 und 12 eingetragen worden. Dies sei aufgrund der nachgereichten Zähllisten ersichtlich; aus der
Wahlniederschrift sei dies zunächst für den Kreiswahlleiter und den Kreiswahlausschuss nicht erkennbar
gewesen. Nach dem korrekten Ergebnis für den Wahlbezirk 105 hätten die AfD und die Freien Wähler 80
bzw. 21 Stimmen statt jeweils eine Stimme erhalten. In der Konsequenz müsse also nicht nur das Ergebnis
der AfD korrigiert werden, sondern auch die Zweitstimmen für die Parteien ÖDP, Die Republikaner und
Freie Wähler. Die Korrektur dürfte in dieser Größenordnung keine Auswirkungen auf die bundesweite Sitz-
verteilung (Mandatsrelevanz) haben.

Die Einspruchsführer haben sich zu dem an sie gesandten Schreiben – das dem Einspruchsführer zu 2. laut
Postvermerk nicht zugestellt werden konnte – nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet.

Die fehlerhafte Ergebnisfeststellung bedeutet einen Wahlfehler. Jedoch können nach ständiger Recht-
sprechung des Bundesverfassungsgerichts, der sich der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag

Drucksache 18/1710 – 250 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

schon früher stets angeschlossen haben, lediglich solche Wahlfehler die Gültigkeit der Bundestagswahl be-
einträchtigen, die auf die Sitzverteilung von Einfluss sind oder sein können (vgl. nur BVerfGE 89, 243 [254];
Bundestagsdrucksachen 16/900, Anlage 20; 17/1000, Anlagen 10, 15, 19 und 20; 17/2200, Anlagen 5, 12 und
25; 17/2250, Anlagen 18 und 22; 17/3100, Anlage 21). Selbst wenn die Zweitstimmen für die AfD (und für
die Freien Wähler) korrekt in die Wahlniederschrift aufgenommen worden und so ins Endergebnis eingeflos-
sen wären, hätten sie das Ergebnis der Bundestagswahl nur so geringfügig verändert, dass ein Einfluss auf die
Sitzverteilung im 18. Deutschen Bundestag ausgeschlossen werden kann. Denn der AfD, die 4,7 Prozent der
Zweitstimmen erreichte, fehlten bundesweit mehrere hunderttausend Zweitstimmen, um die Fünf-Prozent-
Hürde zu überwinden und in den Deutschen Bundestag einzuziehen. Den Freien Wähler, die ein Prozent der
Zweitstimmen erzielten, fehlten sogar noch deutlich mehr Zweitstimmen für den Einzug in den Deutschen
Bundestag.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 251 – Drucksache 18/1710

Anlage 63

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn K. T., 91632 Wieseth,

– Az.: WP 155/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 5. Juni 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Fax vom 20. November 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl
zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Er wendet sich gegen die Nominierung in Herrieden zur Ermittlung des CSU-Direktkandidaten für den
Wahlkreis 241 (Ansbach) am 17. November 2013 in Herrieden.

Sein Einspruch gegen die damals erfolgte Nominierung des (gewählten) Abgeordneten sei von der CSU-
Leitung auf Bezirks- und Landesebene abgewiesen worden. Danach sei seine Beschwerde bzw. sein Ein-
spruch im Kreiswahlausschuss in Ansbach behandelt und auch dort abgelehnt worden. Er sei – entgegen einer
telefonischen Ankündigung – zur Sitzung des Kreiswahlausschusses nicht eingeladen worden. Eine Anhö-
rung oder sonstige Information habe nicht stattgefunden. Ein Einspruch beim Landeswahlleiter habe eben-
falls keinen Erfolg gehabt, wie er telefonisch erfahren habe. Schriftlich habe er weder vom Kreiswahlaus-
schuss noch vom Landeswahlleiter eine Stellungnahme erhalten.

Bei der beanstandeten Nominierungsveranstaltung sei die Wahl – entgegen § 38 in Verbindung mit § 53 Ab-
satz 5 der CSU-Satzung – nicht geheim gewesen. Aufgrund eines Antrags aus den Reihen der Delegierten
wurde mit der Begründung, dass ohnehin nur ein Bewerber für die Direktkandidatur antrete, auf die Wahl in
Wahlkabinen verzichtet. Jeder habe seinen Stimmzettel auf seinem Platz ankreuzen können. Angesichts der
engen Bestuhlung sei es nicht zu vermeiden gewesen, dass andere hätten sehen können, wie der neben ihnen
sitzende Delegierte gewählt habe. Beispielsweise hätten die Sekretärin des Abgeordneten sowie dessen Toch-
ter samt Ehemann permanent auf seinen Stimmzettel geschaut. Er hätte zwar einfach aufstehen und in der
Wahlkabine abstimmen können. Da er aber dann den Verdacht erweckt hätte, mit „Nein“ zu stimmen, zumal
er den Bewerber in der Aussprache hinterfragt hätte, habe er auf die Nutzung der Kabine verzichtet und am
Platz gewählt. Dass die Wahl nicht geheim gewesen sei, sei vor allem durch das Verhalten des CSU-
Wahlleiters, Herrn O., sichtbar geworden. Dieser habe ihm, dem Einspruchsführer, unmittelbar nach der Ab-
stimmung mitgeteilt, wie er, der Einspruchsführer, und ein Herr G. gewählt hätten. Dies könne und dürfe bei
einer geheimen Wahl nicht passieren.

Das CSU-Parteischiedsgericht in München habe ihn, den Einspruchsführer, zu einer mündlichen Verhand-
lung geladen, bei der auch Herr O. vernommen worden sei. Herr O. habe zugegeben, dass es keine geheime
Wahl gegeben habe. Er habe sich auch für sein Fehlverhalten entschuldigt und ihn, den Einspruchsführer, um
Verzeihung gebeten. Nach der Entschuldigung des Herrn O. hätten die „Verantwortlichen des CSU-
Parteischiedsgerichts“ ihn, den Einspruchsführer, in der mündlichen Verhandlung massiv angegangen und
auf vielerlei Weise versucht, Druck auszuüben. Sie hätten verlangt, die Wahlanfechtung sofort zurückzuneh-
men. Er habe dies verweigert. Durch eine Entschuldigung werde aus einer nicht geheimen Wahl keine ge-
heime Wahl. Zu diesem Zeitpunkt wäre es kein Problem gewesen, die Wahl zu wiederholen und auf eine
ordentliche und demokratische Durchführung zu achten.

Drucksache 18/1710 – 252 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Alle Beschwerden von Delegierten seien im Sande verlaufen, trotz einer Anzeige mit Hinweis auf entspre-
chende Zeugen. Aus dem Einspruch beigefügten Unterlagen ergebe sich, dass auch der Vorsitzende der
Wahlkreisversammlung für den Wahlkreis 241, Herr B., MdL, massive Bedenken gegen die Vorgänge bei
der Nominierungsveranstaltung äußerte und dies auch in einer schriftlichen Stellungnahme zum Ausdruck
gebracht habe: Die Aufstellung des Bewerbers am 17. November 2013 habe nicht den Anforderungen des §
21 Absatz 3 Satz 1 des Bundeswahlgesetzes (BWG) entsprochen, wonach geheim abzustimmen sei. Eine
geheime Stimmabgabe sei nicht dann schon gegeben, wenn Abstimmende etwa durch Vorhalten der Hand,
eines Sichtschutz gewährenden Umschlages oder auf andere Weise Vorkehrungen dagegen treffen (müssen),
dass andere ihre Wahlentscheidung einsehen können. Das Wahlgeheimnis schütze den Abstimmenden in
seiner Entschließungsfreiheit. Dieser könne sich demgegenüber äußerer Einflussnahme ausgesetzt sehen,
wenn er im Gegensatz zu anderen, um ihn herum sitzenden Personen die Wahlkabine nutze oder seine Ent-
scheidung deutlich verberge. Er, der Vorsitzende, habe von der vorgeschlagenen und dann von der Wahl-
kreisversammlung gewählten Verfahrensweise dringend abgeraten.

Der Einspruchsführer trägt zudem vor, das Protokoll der Nominierungsveranstaltung sei wegen schwerer
Bedenken ein halbes Jahr lang ohne Unterschrift geblieben.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Die Landeswahlleiterin des Freistaates Bayern hat zu dem Einspruch am 23. April 2014 im Wesentlichen
wie folgt Stellung genommen:

Am 5. Dezember 2012 seien der Landeswahlleitung per Telefax zwei Schreiben des Beschwerdeführers an
den Bezirksverband der CSU Mittelfranken vom 22. November bzw. 2. Dezember 2012 mit denen er die
Wahl des CSU-Bewerbers im Wahlkreis 241 anfechte, kommentarlos und ohne Anschreiben übermittelt
worden. Die beiden Schreiben seien dem zuständigen Kreiswahlleiter am 6. Dezember 2012 zur Kenntnis-
nahme zugeleitet worden. Auf seine telefonische Nachfrage, ebenfalls vom 6. Dezember 2012, ob sein Tele-
fax vom Vortag bei der Landeswahlleitung angekommen sei, sei der Beschwerdeführer über die Weiterlei-
tung informiert worden. Am 16. Juli 2013 habe sich der Einspruchsführer an den Bundeswahlleiter gewandt
und den Vorwurf erhoben, dass die Wahl des Parteibewerbers der CSU im Wahlkreis 241 entgegen § 21
Absatz 2 Satz 1 BWG nicht geheim erfolgt sei. Hierzu habe er dem Bundeswahlleiter seine Schreiben an den
Bezirksverband, sein Schreiben an das Parteischiedsgericht der CSU sowie das Schreiben des Vorsitzenden
der Bundeswahlkreiskonferenz Ansbach übermittelt. Nach Weiterleitung dieser Schreiben per E-Mail an die
Landeswahlleitung, verbunden mit der Bitte um Stellungnahme, habe diese am 17. Juli 2013 die Unterlagen
dem zuständigen Kreiswahlleiter für den Wahlkreis 241 ebenfalls per E-Mail zugesandt und ihn um Stellung-
nahme gebeten. Der Kreiswahlleiter habe daraufhin mit E-Mail vom 27. Juli 2013 die Entscheidung des Par-
teischiedsgerichts der CSU vom 25. März 2013 übermittelt und schließlich am 30. Juli 2013 selbst zum
Sachverhalt Stellung genommen. Auf beide Unterlagen, die der Stellungnahme als Anlagen beigefügt seien
und die auch dem Bundeswahlleiter zugeleitet worden seien, werde insoweit Bezug genommen.

Am 26. Juli 2013 habe die Sitzung des Kreiswahlausschusses des Wahlkreises 241 stattgefunden, in der der
Kreiswahlvorschlag der CSU nach Prüfung der Beanstandungen des Einspruchsführers zugelassen worden
sei. Gegen diese Entscheidung habe der Einspruchsführer mit Telefax vom 29. Juli 2013 Beschwerde beim
Landeswahlausschuss eingelegt und der Landeswahlleitung diverse Unterlagen übermittelt.

Der Einspruchsführer sei daraufhin mit einem Schreiben der Landeswahlleitung vom 30. Juli 2013 zur Sit-
zung des Landeswahlausschusses am 1. August 2013, in der über die Beschwerden gegen die Entscheidungen
der Kreiswahlausschüsse entschieden worden sei, eingeladen worden. Bereits in der Einladung sei der Ein-
spruchsführer allerdings darauf hingewiesen worden, dass gegen die Zulassung eines Kreiswahlvorschlags
durch den Kreiswahlausschuss gemäß § 26 Absatz 2 BWG nur der Bundeswahlleiter und der Kreiswahlleiter
beschwerdeberechtigt seien und somit seine Beschwerde als unzulässig anzusehen sei. Dementsprechend
habe der Landeswahlausschuss in seiner Sitzung vom 1. August 2013 die Beschwerde aufgrund der fehlen-
den Beschwerdeberechtigung ohne materielle Behandlung als unzulässig zurückgewiesen (wie der beigefügte
Auszug aus der Sitzungsniederschrift zeige). Der Einspruchsführer sei, wie seine Ehefrau mitgeteilt habe, aus
terminlichen Gründen verhindert gewesen, an der Sitzung des Landeswahlausschusses teilzunehmen. Auf
seine telefonische Nachfrage sei er jedoch über das Ergebnis der Sitzung in Bezug auf seine Beschwerde
informiert worden.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 253 – Drucksache 18/1710

Der Einspruchsführer hat sich zu der ihm übersandten Stellungnahme am 22. Mai 2014 im Wesentlichen
wie folgt geäußert:

Die Wahlversammlung habe offiziell um 10.00 Uhr begonnen. Als er um 10.10 Uhr den Wahlraum gemein-
sam mit Herrn G. betreten habe, habe er feststellen müssen, dass der Wahlraum „proppevoll“ gewesen sein.
Anscheinend seien etliche „Gäste“ vor Ort gewesen, die nicht einmal stimmberechtigt gewesen seien und
sich unter die Delegierten gemischt hätten (wie in seinem Fall). Für diese „Gäste“ sei kein „Gästetisch“ aus-
gewiesen gewesen. Er habe nur noch einen freien Sitzplatz gesehen, den Herr G. eingenommen habe. Ihm sei
nichts anderes übrig geblieben, als sich an den für die Presse reservierten Tisch, an dem es noch vier freie
Plätze gegeben habe, zu setzen. Im Verlauf der Versammlung hätten dann die Tochter des Abgeordneten und
deren Lebensgefährte gegenüber und die Sekretärin des Abgeordneten neben ihm, dem Einspruchsführer,
Platz genommen. In CSU-Kreisen werde dies als „Einkreisen von kritischen Personen“ bezeichnet.

Wegen der weiteren Ausführungen des Einspruchsführers in seiner Gegenäußerung wird auf den Inhalt der
Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vortrag des Einspruchsführers lässt sich kein Verstoß
gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

1. Die Entscheidung des Landeswahlausschusses vom 1. August 2013 ist schon aus formalen Gesichtspunk-
ten nicht zu beanstanden. Der Landeswahlausschuss musste die Beschwerde des Einspruchsführers zurück-
weisen, da dieser nicht beschwerdeberechtigt war. Gegen eine Entscheidung, durch die ein Kreiswahlvor-
schlag zugelassen wird, können gemäß § 26 Absatz 2 Satz 3 BWG nur der Bundeswahlleiter und der jeweili-
ge Kreiswahlleiter Beschwerde einlegen. Eine Ladung von Bürgern zur Sitzung des Landeswahlausschusses
sieht § 37 Absatz 2 der Bundeswahlordnung (BWO) nicht vor. Eine (schriftliche) Stellungnahme gegenüber
nicht zur Beschwerde Berechtigten ist rechtlich nicht vorgesehen.

2. Auch die Entscheidung des Kreiswahlausschusses für den Wahlkreis 41 vom 26. Juli 2013 ist nicht zu
bemängeln.

a) Für eine Beschwerde beim Kreiswahlausschuss fehlte dem Einspruchsführer bereits die Berechtigung.
Gleichwohl ist es zulässig, dass die Einwände des Einspruchsführers zum Gegenstand der Prüfung der
Kreiswahlvorschläge nach § 36 Absatz 3 BWO gemacht wurden. Für eine (schriftliche) Stellungnahme ge-
genüber dem nicht beschwerdeberechtigten Einspruchsführer bestand kein Rechtsgrund.

b) Inhaltlich ist die Entscheidung des Kreiswahlausschusses ebenfalls korrekt. Anders als der Einspruchsfüh-
rer (offenbar im Einverständnis mit dem Vorsitzenden der Wahlkreisversammlung, Herrn B., sowie dem
Wahlleiter der Wahlkreisversammlung, Herrn O.,) meint, hat es bei der Nominierungsveranstaltung, die hier
Verfahrensgegenstand ist, keinen Verstoß gegen das Wahlgeheimnis gegeben. Zwar muss die Wahl der
Wahlkreisbewerber in Mitglieder- oder Vertreterversammlungen gemäß § 21 Abs. 3 Satz 1 BWG zwingend
geheim erfolgen. Die geheime Stimmabgabe erfolgt durch die schriftliche Abstimmung der Wahlberechtigten
mit Stimmzetteln. Jedoch sind die bei staatlichen Wahlen zur Sicherung des Wahlgeheimnisses zwingend
vorgeschriebenen Schutzvorrichtungen wie Wahlkabinen und Wahlurnen nicht erforderlich (Hahlen, in:
Schreiber, Bundeswahlgesetz, 9. Auflage 2013, § 21 Rn. 28), wie der Wahlprüfungsausschuss in ständiger
Spruchpraxis entschieden hat (vgl. Bundestagsdrucksachen 13/3927, Anlage 20; 14/1560, Anlage 34;
16/3600, Anlage 5; 17/2200, Anlage 11; 17/6300, Anlage 21). Für die geheime Stimmabgabe genügt es in der
Regel, dass die Stimmzettel verdeckt gekennzeichnet und ohne Einblicknahme anderer abgegeben werden
können. Den dargestellten Vorgaben wurde vorliegend genüge getan. Es wurde nach den eigenen Angaben
des Einspruchsführers schriftlich mit Stimmzetteln abgestimmt. Diese konnten auch verdeckt gekennzeichnet
werden. Es kann offenbleiben, ob die drei Tischnachbarn oder vorbeigehende Delegierte beim Ausfüllen der
Stimmzettel am Tisch durch eine entsprechende Körperhaltung des Ausfüllenden an einer Einsichtnahme
gehindert werden konnten. Der Einspruchsführer hatte sicherlich auch außerhalb von Wahlkabinen die Mög-
lichkeit, seinen Stimmzettel geheim auszufüllen.

3. Die Entscheidung des Parteischiedsgerichts der CSU kann nicht Gegenstand des Wahlprüfungsverfahrens
sein.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 255 – Drucksache 18/1710

Anlage 64

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn H.-R. K., 24404 Maasholm,

– Az.: WP 156/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 5. Juni 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Schreiben vom 15. November 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Er rügt mehrere Sachverhalte:

1. Im Wahlkreis 1 (Flensburg-Schleswig) sei die Wahl am 22. und 23. September 2013 durchgeführt worden,
obwohl der Wahlleiter sich unentschuldigt nicht im Wahlkreis aufgehalten habe und sein Stellvertreter nicht
im Amt gewesen sei.

2. Außerdem seien insbesondere bei den Auszählungen der Briefwahlstimmen Unstimmigkeiten aufgetreten.
In den Auszählbezirken VI und VII in Flensburg seien in öffentlicher Auszählung Ergebnisse festgestellt
worden, wobei nicht unterschieden worden sei, ob die Auszählungen aufgrund von statistischen Vorgaben
oder zur Feststellung des Wahlergebnisses erfolgt seien.

3. Die Wahlergebnisse seien durch manipulierte Wahlbriefe verfälscht worden. Dadurch hätten CDU und
CSU im Bereich von geschätzten fünf Prozent Stimmen erhalten, die für andere abgegeben worden seien.

4. Er habe den Verdacht, dass Briefe mit Unterstützungsunterschriften für seine Kandidatur als Einzelbewer-
ber im Wahlkreis Berlin-Charlottenburg-Wilmersdorf „im Bereich der Post AG“ abgefangen worden seien.
Es sei statistisch fast ausgeschlossen, dass von 500 angeforderten Unterschriften keine einzige den Weg in
die Akte des Wahlleiters gefunden habe. Wegen vermeintlich fehlender Unterstützungsunterschriften sei
seine Kandidatur zur Wahl nicht zugelassen worden.

In einem dem Einspruch beigefügten Schreiben vom 16. Oktober 2013 hat die Landeswahlleiterin des Lan-
des Schleswig-Holstein zu dem unter 1. genannten Vorwurf Stellung genommen. Ein Fehlverhalten des
Kreiswahlleiters könne sie nicht erkennen. Sofern bei der Vorbereitung und Durchführung einer Wahl ein
Wahlorgan vorübergehend abwesend sein sollte, sei die Wahrnehmung seiner Funktion durch den ausdrück-
lich für solche Fälle berufenen Stellvertreter sowie durch die Anwesenheit der Mitarbeiterinnen und Mitar-
beiter der Kreiswahlleitung ein ordnungsgemäßer Wahlablauf sichergestellt.

Auf Anforderung des Wahlprüfungsausschusses hat die Landeswahlleiterin des Landes Schleswig-Holstein
am 18. Februar 2014 zu dem Vorbringen des Einspruchsführers, soweit es ihren Zuständigkeitsbereich be-
trifft, wie folgt Stellung genommen:

Voraussetzung für die Begründetheit eines Einspruchs sei stets ein konkreter, unmissverständlicher und hin-
reichend substantiierter Sachvortrag (Tatsachenvortrag) aus dem sich – schlüssig – entnehmen lasse, worin
der Verstoß gegen Wahlrechtsvorschriften (Wahlfehler) liegen solle, und der die Nachprüfung rechtserhebli-
cher Tatsachen zulasse. Äußerungen im Sinne von lediglich nicht belegten vorschnellen Vermutungen, blo-
ßen Andeutungen von möglichen Wahlfehlern oder allgemein gehaltenen, pauschalen Behauptungen über
„wesentliche Verfahrensmängel“ genügten nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

Drucksache 18/1710 – 256 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

nicht den Anforderungen des Anfechtungsgrundsatzes und reichten deshalb für eine Prüfung durch die Wahl-
prüfungsinstanz nicht aus.

Sie, die Landeswahlleiterin, könne in den pauschalen Darlegungen des Einspruchsführers nicht erkennen,
gegen welche wahlrechtliche Bestimmung im vorliegenden Fall verstoßen worden sein solle. Eine rechtliche
Verpflichtung, die eine persönliche Anwesenheit des Kreiswahlleiters zu bestimmten Zeiten am Wahltag
bzw. am Tag nach der Wahl fordert, bestehe nicht. Sofern bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahl
ein Wahlorgan (hier: der Kreiswahlleiter) vorübergehend abwesend sein sollte, sei die Wahrnehmung der
Funktion des Kreiswahlleiters automatisch durch den ausdrücklich für solche Fälle berufenen stellvertreten-
den Kreiswahlleiter sichergestellt. Im Übrigen sei auch durch die Anwesenheit der Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter der Kreiswahlleitung ein ordnungsgemäßer Dienstbetrieb am Wahltag und am Tag nach der Wahl
gewährleistet. Dieses habe sie, die Landeswahlleiterin, dem Einspruchsführer bereits am 16. Oktober 2013 in
Beantwortung einer bei ihr eingereichten „Dienstaufsichtsbeschwerde“ mitgeteilt.

Ebenfalls sei sein Vorwurf, bei der Auswertung der Briefwahl in der Stadt Flensburg habe es Unstimmigkei-
ten gegeben, lediglich pauschal und in keiner Weise näher begründet und damit substantiiert vorgetragen
worden. Der Einspruchsführer habe ihr gegenüber in seiner oben genannten „Dienstaufsichtsbeschwerde“
zwar vorgetragen, dass bei den in beiden Flensburger Briefwahlbezirken vom Wahlvorstand bekannt gegebe-
nen Zweitstimmenzahlen im Vergleich zu den im Internet präsentierten Zahlen Unterschiede bestünden und
hierbei von massiven Wahlfälschungen und frei erfundenen Zahlen gesprochen. Weiter begründet worden sei
sein Vorwurf von ihm aber nicht. Im Übrigen habe der Einspruchsführer diesen Vortrag, trotz ihres ausdrück-
lichen Hinweises auf die ihm gegebene Einspruchsmöglichkeit gegen die Gültigkeit der Bundestagswahl,
auch nicht ausdrücklich zum Gegenstand seines Wahleinspruchs gemacht.

Einen Wahlfehler sehe sie nicht.

Die Landeswahlleiterin des Landes Berlin hat zu dem Vortrag des Einspruchsführers, soweit es ihren Zu-
ständigkeitsbereich betrifft, am 7. Februar 2014 wie folgt Stellung genommen:

Wie ihr der zuständige Kreiswahlleiter mitgeteilt habe, sei der Kreiswahlvorschlag des Einspruchsführers am
Freitag, dem 12. Juli 2013, beim Bezirkswahlamt Charlottenburg-Wilmersdorf eingegangen. Er sei vom Ein-
spruchsführer persönlich abgegeben worden. Dieser habe dort noch am selben Tag Vordrucke zum Sammeln
von Unterstützungsunterschriften erhalten. Nach § 20 Absatz 3 des Bundeswahlgesetzes (BWG) habe der
Kreiswahlvorschlag von 200 Wahlberechtigten des Wahlkreises persönlich und handschriftlich unterzeichnet
werden müssen. Die Frist zur Einreichung der Wahlunterlagen habe drei Tage später, am Montag, dem 15.
Juli 2013, 18.00 Uhr, geendet. Nach Prüfung des Wahlvorschlages habe der Kreiswahlleiter dann den Ein-
spruchsführer in einer E-Mail vom 15. Juli 2013 darauf hingewiesen, dass der Kreiswahlvorschlag nicht die
nach § 34 Absatz 3 der Bundeswahlordnung (BWO) nötigen Unterschriften von drei Berliner Wahlberechtig-
ten enthalten habe und dass die Zustimmungserklärung gefehlt habe. Auf dem Kreiswahlvorschlag habe nur
der Einspruchsführer selbst unterschrieben. Da er seinen Wohnsitz nicht in Berlin habe, sei diese Unterschrift
ungültig gewesen. Der Kreiswahlvorschlag sei dann am 26. Juli 2013 durch den Kreiswahlausschuss nicht
zugelassen worden, da die nötigen Unterschriften auf dem Wahlvorschlag und die Zustimmungserklärung
sowie weitere Unterstützungsunterschriften gefehlt hätten. Eine Vertrauensperson sei zur Ausschusssitzung
nicht erschienen. Es gebe keinen Beleg dafür, dass Unterstützungsunterschriften mit der Deutschen Post AG
an das Bezirkswahlamt Charlottenburg-Wilmersdorf gesandt worden und auf dem Postweg verloren gegan-
gen seien. Nach Aussage des Kreiswahlleiters seien auch später keine Unterstützungsunterschriften im Be-
zirkswahlamt eingegangen.

Der Einspruchsführer hat sich zu der ihm übersandten Stellungnahme nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vortrag des Einspruchsführers lässt sich kein Verstoß
gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

1. Es besteht keine wahlrechtliche Pflicht des Kreiswahlleiters, am Wahltag im Wahlkreis anwesend zu sein,
zumal der Kreiswahlleiter auch vertreten werden kann. Ohnehin legt der Einspruchsführer nicht dar, welche
Auswirkung auf die Gültigkeit der Wahl eine Nichtanwesenheit des Kreiswahlleiters haben könnte. Insofern
fehlt es an einem nachvollziehbaren, der Wahlprüfung zugänglichen Vortrag. Wahlbeanstandungen, die über

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 257 – Drucksache 18/1710

nicht belegte Vermutungen oder die bloße Andeutung der Möglichkeit von Wahlfehlern nicht hinausgehen
und einen konkreten, der Überprüfung zugänglichen Tatsachenvortrag nicht enthalten, müssen als
unsubstantiiert zurückgewiesen werden (Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlagen 283 bis 285; 15/1850,
Anlage 25; 15/2400, Anlage 9; 17/1000, Anlagen 13 und 19; BVerfGE 48, 271 [276]; 66, 369 [379]; 85, 148
[159]; Hahlen, in: Schreiber, Bundeswahlgesetz, 9. Auflage 2013, § 49 Rn. 25).

Hinsichtlich der angeblichen Unstimmigkeiten bei den Auszählungen der Briefwahlstimmen in den Auszähl-
bezirken VI und VII in Flensburg sowie der behaupteten Verfälschung der Wahlergebnisse durch manipulier-
te Wahlbriefe fehlt es ebenfalls an einem nachprüfbaren Sachvortrag des Einspruchsführers. Auch insoweit
ist das Einspruchsvorbringen als unsubstantiiert zurückzuweisen.

2. Auch in Bezug auf die versuchte Kandidatur des Einspruchsführers als Einzelbewerber im Wahlkreis 80
(Berlin – Charlottenburg-Wilmersdorf) liegt kein Wahlfehler vor. Es kann dahinstehen, ob der Einspruchs-
führer wirklich ausreichend Unterstützungsunterschriften von Wahlkreisbewohnern für seine Kandidatur
gesammelt und diese an das zuständige Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf gesandt hat. Denn der
Kreiswahlausschuss musste den auf den Einspruchsführer lautenden Kreiswahlvorschlag nicht allein deswe-
gen zurückweisen, weil die gemäß § 20 Absatz 3 BWG erforderlichen Unterstützungsunterschriften nicht
vorlagen. Vielmehr erfüllte der Kreiswahlvorschlag auch weitere Erfordernisse nicht. Es fehlten nämlich die
gemäß § 34 Absatz 3 Satz 1 BWO nötigen Unterschriften von drei Berliner Wahlberechtigten und die gemäß
§ 34 Absatz 5 Nr. 1 BWO nötige Erklärung des vorgeschlagenen Bewerbers nach dem Muster der Anlage 15
zur Bundeswahlordnung, dass er seiner Aufstellung zustimmt und für keinen anderen Wahlkreis seine Zu-
stimmung zur Benennung als Bewerber gegeben hat.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 259 – Drucksache 18/1710

Anlage 65

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn A. L., 30171 Hannover,

– Az.: WP 161/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 5. Juni 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Schreiben vom 19. November 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Er behauptet, um sein Wahlrecht nach § 12 Absatz 1 Satz 1 des Bundeswahlgesetzes (BWG) „betrogen“
worden zu sein. Er habe gemäß § 36 BWG seine Stimme per Briefwahl abgeben wollen. Er sei aus berufli-
chen Gründen von Ende August bis zum Wahltag nicht mehr in seiner gemeldeten Wohnung in Hannover
gewesen. Die Wahlbenachrichtigung und der Antrag auf Briefwahl sei ihm von einer Person, die seinen
Wohnungsschlüssel besitze, nachgesendet worden. Er habe den Briefwahlantrag drei Wochen vor der Wahl
erhalten und ihn – unter Angabe seines beruflichen Aufenthaltsortes – versandt. Die Briefwahlunterlagen
habe er erst am Abend des 21. Septembers 2013 an seinem Arbeitsplatz erhalten. Es sei damit unmöglich
gewesen, rechtzeitig an der Briefwahl teilzunehmen. Eine Teilnahme an der Wahl in einem (beliebigen)
Wahllokal seines Heimatwahlkreises sei ihm nicht möglich gewesen, da er aufgrund vertraglicher Verpflich-
tungen am Wahltag um spätestens 18.00 Uhr in Rodenbach habe sein müssen. Wenn er die reale Möglichkeit
gesehen hätte, an der Urnenwahl teilzunehmen, hätte er die Möglichkeit der Briefwahl nicht in Betracht ge-
zogen. Zwar müsse der Briefwähler gemäß § 36 Absatz 1 BWG dafür Sorge tragen, den Wahlbrief rechtzeitig
zu verschicken; diese Frist könne aber nur gelten, wenn ihn die Briefwahlunterlagen auch rechtzeitig erreicht
hätten. Dies sei bei ihm, dem Einspruchsführer, nicht der Fall gewesen. Nach verschiedenen Presseberichten
sei sein Schicksal bei der Bundestagswahl 2013 kein Einzelfall gewesen. Da alleine in seinem Bekannten-
kreis etliche Briefwahlinteressenten ihre Briefwahlunterlagen gar nicht oder zu spät erhalten hätten, dränge
sich der Verdacht auf, dass es sich bundesweit um ergebnisverfälschende Umstände handeln könnte. Gerade
im Hinblick auf das knappe Scheitern der Partei „Alternative für Deutschland“ an der Fünf-Prozent-Hürde
könne es sein, dass die Zusammensetzung des Deutschen Bundestages eine andere wäre, wenn alle Briefwäh-
ler ihre Stimme (rechtzeitig) hätten abgeben können.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Die Niedersächsische Landeswahlleiterin hat zu dem Einspruch am 6. März 2014 im Wesentlichen wie folgt
Stellung genommen:

Sie habe den Kreiswahlleiter des Wahlkreises 42 (Stadt Hannover II) um Stellungnahme gebeten. Diese habe
ihr mitgeteilt, dass der Antrag auf Erteilung eines Wahlscheines und der Briefwahlunterlagen von der Stadt
Hannover am 17. September 2013 bearbeitet und die Briefwahlunterlagen dem Postdienstleister „C.“ überge-
ben worden seien. Über den Postweg nach Übergabe an den Postdienstleister könne er keine weitere Aus-
kunft erteilen. Es sei auch nicht mehr feststellbar, wann der Antrag des Einspruchsführers bei der Stadt Han-
nover eingegangen sei.

Hierauf komme es im Ergebnis auch nicht an, da insoweit kein mandatsrelevanter Wahlfehler vorliege, wie
der Wahlprüfungsausschuss des Deutschen Bundestages bereits in ständiger Spruchpraxis entschieden habe,

Drucksache 18/1710 – 260 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

da diejenige Person, die den Wahlschein und die Briefwahlunterlagen beantrage, auch das Beförderungsrisiko
vom Gemeindebüro zu der angegebenen Adresse trage. Einen Wahlfehler könne sie, die Landeswahlleiterin,
demnach nicht erkennen. Sie halte den Wahleinspruch daher für unbegründet.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vortrag des Einspruchsführers lässt sich kein Verstoß
gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

Hinsichtlich des Zugangs der Briefwahlunterlagen kann ein Wahlfehler nicht festgestellt werden. Nach stän-
diger Entscheidungspraxis des Deutschen Bundestages in Wahlprüfungsangelegenheiten trägt der Wahlbe-
rechtigte, der von der durch den Gesetzgeber eingeräumten Möglichkeit der Briefwahl Gebrauch macht und
seine Wahlunterlagen nicht persönlich bei der Gemeinde abholt (vgl. § 28 Absatz 5 der Bundeswahlordnung),
das Risiko, dass die Unterlagen ihn aufgrund des Transports nicht oder nicht rechtzeitig erreichen. Dieses
Risiko des rechtzeitigen Zugangs beim Wahlberechtigten (ist von dem Risiko des rechtzeitigen Zugangs der
ausgefüllten Briefwahlunterlagen bei der Wahlbehörde gemäß § 36 Absatz 1 BWG zu unterscheiden und)
erfasst erst recht den Fall, dass – wie vorliegend – die Unterlagen kurz vor dem Wahltag eingehen. In einem
solchen Fall wird das Risiko eines späten Zugangs kann der Wahlwillige mit dem in den Briefwahlunterlagen
enthaltenen Wahlschein gemäß § 14 Absatz 3 BWG in jedem Wahllokal des Wahlkreises, in dessen Wähler-
verzeichnis er steht, seine Stimme abgeben. Die Gemeindebehörde trifft keine „Bringschuld“, sondern ledig-
lich eine „Schickschuld“. Sie hat das ihrerseits Erforderliche getan, wenn sie die Unterlagen ordnungsgemäß
und rechtzeitig ausgestellt und auf ihre Kosten versandt hat (vgl. Bundestagsdrucksachen 17/1000, Anlagen
3, 4, 6 und 7, 17/2250, Anlagen 7, 14 und 19 mit weiteren Nachweisen). Diesen Anforderungen ist die Stadt
Hannover umfassend gerecht geworden. Wie der Einspruchsführer selbst vorträgt, hat er die Unterlagen an
seinem Arbeitsplatz am 21. September 2013 und mithin vor demWahltag erhalten.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 261 – Drucksache 18/1710

Anlage 66

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn N. N., 71638 Ludwigsburg,

– Az.: WP 162/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 5. Juni 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Schreiben vom 19. November 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Er trägt vor, die Bundesrepublik Deutschland werde im Grundgesetz als repräsentative Demokratie definiert.
Eine solche setze jedoch ein repräsentatives Wahlergebnis voraus. Dies sei bei der Bundestagswahl aber nicht
erzielt worden. Die meisten direkt gewählten Abgeordneten verträten noch nicht einmal annähernd die Mehr-
heit der Wähler ihres Wahlkreises. Das Problem bestehe allgemein, betreffe aber vor allem die Wahlkreise, in
denen das Ergebnis (des jeweils erfolgreichen Direktbewerbers) deutlich unter 40 Prozent gelegen habe. Im
Einzelnen seien die Wahlkreise 14, 19, 37, 54, 56 bis 65 (also ganz Brandenburg), 69, 72, 75 bis 86 (also
ganz Berlin), 93, 96, 129, 132, 153, 183, 186, 192 bis 194, 210 und 296 betroffen. Der Grund für das kriti-
sierte Phänomen sei, dass das Wahlrecht seit den 1950er Jahren, als weit weniger Parteien um die Bundes-
tagsmandate konkurriert hätten, kaum verändert worden sei. Damals habe immer eine der großen Parteien
CDU, CSU oder SPD einen Wahlkreis mit absoluter Mehrheit errungen, während die FDP und andere kleine
Parteien sich ihre Sitze mit einer Zweitstimmenkampagne gesichert hätten. Angesichts des Aufkommens
neuer Volksparteien wie BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN oder Die Linke sei das geschilderte System aber
völlig veraltet. Solange dies so sei, handele es sich bei der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr wirklich
um eine repräsentative Demokratie. Er verlange, dass die Wahl wiederholt werde, bis ein repräsentatives
Ergebnis erzielt worden sei, oder dass mit einem reformierten Wahlrecht, das ein repräsentatives Ergebnis
sicherstellen könne, neu gewählt werde.

Entscheidungsgründe

I.

Soweit der Einspruchsführer – alternativ zu einer Wiederholungswahl mit „repräsentativerem“ Ergebnis –
eine Neuwahl mit einem reformierten Wahlrecht verlangt, ist der Einspruch unzulässig. Ein Einspruch ist
nämlich gemäß § 1 Absatz 1 des Wahlprüfungsgesetzes nur statthaft, soweit er die Gültigkeit der Wahlen
zum Deutschen Bundestag und die Verletzung von Rechten bei der Vorbereitung oder Durchführung der
Wahl, soweit sie der Wahlprüfung nach Artikel 41 des Grundgesetzes (GG) unterliegen, zum Gegenstand hat.
Eine Reform des Wahlverfahrens weist darüber hinaus. Sie lässt einen Bezug zur Gültigkeit der Wahl zum
18. Deutschen Bundestag oder einer möglichen Rechtsverletzung bei der Vorbereitung und Durchführung
dieser Wahl vermissen.

II.

Soweit der Einspruch zulässig ist, ist er unbegründet. Dem Vortrag des Einspruchsführers lässt sich kein
Verstoß gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

Drucksache 18/1710 – 262 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

1. Die Vergabe der Direktmandate entspricht dem geltenden Bundestagswahlrecht. Gemäß § 5 Satz 2 des
Bundeswahlgesetzes (BWG) ist in jedem Wahlkreis der Bewerber gewählt, der die meisten Stimmen auf sich
vereinigt (sog. relative Mehrheitswahl). Auf eine absolute Stimmenmehrheit – die der Einspruchsführer of-
fenbar, ohne nähere Gründe anzugeben, für allein repräsentativ hält – kommt es nicht an. Der Umstand, dass
eine relativ niedrige Stimmenzahl im Wahlkreis zum Erfolg führen kann, wird dadurch gemildert, dass die im
Wahlkreis errungenen Sitze gemäß § 6 Absatz 4 BWG bei der Ermittlung der Landeslistensitze angerechnet
werden (vgl. Strelen, in: Schreiber, Bundeswahlgesetz, 9. Auflage 2013, § 5 Rn. 2).

2. Hinsichtlich der vom Einspruchsführer angedeuteten Unvereinbarkeit der bestehenden Rechtslage mit den
Vorgaben des Grundgesetzes zur repräsentativen Demokratie ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der
Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag in ständiger Praxis im Rahmen eines Wahlprüfungsver-
fahrens die Verfassungsmäßigkeit von Wahlrechtsvorschriften nicht überprüfen. Eine derartige Kontrolle ist
stets dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten worden (vgl. zuletzt etwa Bundestagsdrucksachen 16/1800,
Anlagen 26 bis 28 mit weiteren Nachweisen; 17/1000, Anlagen 5 und 11; 17/2200, Anlagen 1, 13 bis 15, 17
bis 20, 23 und 24; 17/3100, Anlagen 15, 19, 20, 22 bis 30, 32, 34 bis 36; 17/4600, Anlagen 10, 12, 13, 32, 38,
40 bis 43 mit weiteren Nachweisen; 17/6300, Anlage 19).

Davon abgesehen halten der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag das geltende Wahlrecht
und damit auch § 5 BWG für verfassungskonform. § 5 widerspricht nicht dem Grundsatz der repräsentativen
Demokratie. Dieser in Artikel 20 Absatz 2 und Artikel 38 Absatz 1 Satz 2 GG verankerte Grundsatz bedeutet
nur, dass die Staatsgewalt vom Volk nicht direkt, sondern mittelbar über Volksvertreter – die Abgeordneten –
ausgeübt wird. Über Mehrheitsverhältnisse bzw. Stimmenquoren besagt er nichts. Vielmehr eröffnet das
Grundgesetz in Artikel 38 Absatz 3 GG dem Bundesgesetzgeber die Möglichkeit, das Wahlrecht auszugestal-
ten. Dieser kann das Verfahren der Wahl zum Deutschen Bundestag als Mehrheits- oder als Verhältniswahl
ausgestalten; unter dem Gesichtspunkt der repräsentativen Demokratie kommt keinem der beiden Wahlsys-
teme ein Vorrang zu (vgl. BVerfGE 95, 335 [352 f.]). Der Gesetzgeber kann auch beide Gestaltungen mitei-
nander verbinden (vgl. BVerfGE 6, 84 [90]; 6, 104 [111]; 95, 335 [349 f.]; 120, 82 [103]; 121, 266 [296]),
indem er einen Teil der Mitglieder des Deutschen Bundestages nach dem Mehrheits- und den anderen nach
dem Verhältniswahlprinzip wählen lässt (Grabensystem), eine Erstreckung des Verhältniswahlprinzips auf
die gesamte Sitzverteilung unter Vorbehalt angemessener Gewichtung der Direktmandate gestattet oder sich
für eine andere Kombination entscheidet (BVerfGE 131, 316 [335 f.].). Ebenso kann der Gesetzgeber, wenn
er sich wie derzeit für ein personalisiertes Verhältniswahlrecht entscheidet, festlegen, welche Mehrheit für
das Erringen eines Wahlkreismandats erforderlich ist. Die relative Mehrheit der abgegebenen Erststimmen
genügen zu lassen, kommt dem Umstand entgegen, dass in vielen Wahlkreisen mehrere Parteien recht hohe
Erststimmenanteile erreichen. Eine absolute Mehrheit zu verlangen, würde in diesen Wahlkreisen dazu füh-
ren, dass niemand auf Anhieb das betreffende Direktmandat erhalten würde. Das Erfordernis einer absoluten
Mehrheit würde eine Stichwahl notwendig machen. Ohne auf das Für und Wider hier näher eingehen zu müs-
sen, bezweifelt der Wahlprüfungsausschuss, dass eine Stichwahl wirklich zu „repräsentativeren“ Ergebnissen
führen würde. Denn es ist möglich, dass viele Anhänger der im ersten Wahlgang unterlegenen Kandidaten
gar nicht an einem zweiten Wahlgang teilnehmen würden, was ein Sinken der Wahlbeteiligung zur Folge
hätte.

Hinsichtlich der im Wege der Verhältniswahl gemäß § 6 BWG bestimmten Abgeordneten, also derjenigen,
die über Landeslisten in den Deutschen Bundestag einziehen, ist ohnehin die Relation der Zweitstimmenan-
teile von Belang. Die Frage, ob eine Partei die absolute Mehrheit erhalten hat, hat insoweit keine Bedeutung.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 263 – Drucksache 18/1710

Anlage 67

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

der Frau V. A. G., 64347 Griesheim,

– Az.: WP 165/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 5. Juni 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Die Einspruchsführerin hat mit einem Fax und einem Schreiben vom 19. November 2013 Einspruch gegen
die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Sie trägt vor, bei der Wahl seien in 2.500 Urnen- und 350 Briefwahlbezirken Stimmzettel mit unterschiedli-
cher Farbe verwendet worden. Die unterschiedlich farbigen Stimmzettel hätten dazu gedient, das Wahlverhal-
ten – getrennt nach Alter und Geschlecht – festzustellen. Stimmzettel, die – etwa durch verschiedene Farben
– Hinweise auf Alter, Geschlecht oder sonstige Merkmale des Wählers gäben, widersprächen dem Grundsatz
der geheimen Wahl. Die Ergebnisse der Wahlstatistik könnten zur Diffamierung von Alters- und Ge-
schlechtsgruppen führen. Außerdem könne aus dem Wählerverzeichnis und den Stimmzetteln bei geringer
Wahlbeteiligung bei der Auszählung genau festgestellt werden, wie einzelne Wahlberechtigte gewählt hätten.
Das Wahlstatistikgesetz (WStatG) widerspreche daher Artikel 3 und Artikel 38 Absatz 1 des Grundgesetzes
(GG).

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet.

In der Ausgabe von Stimmzetteln, welche für die Zwecke der Durchführung der repräsentativen Wahlstatistik
bei der Bundestagswahl 2013 gekennzeichnet waren, lag kein Wahlfehler.

Rechtsgrundlage für die allgemeine und die repräsentative Wahlstatistik ist das Wahlstatistikgesetz, dessen
§ 5 Absatz 2 Satz 1 ausdrücklich die Verwendung von Stimmzetteln vorsieht, die mit Unterscheidungsmerk-
malen nach Geschlecht und Geburtsjahresgruppe gekennzeichnet wurden. Dieses Gesetz verstößt nicht gegen
das Wahlgeheimnis oder den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl aus Artikel 38 Absatz 1 Satz 1 GG.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag in ständiger
Praxis im Rahmen eines Wahlprüfungsverfahrens die Verfassungsmäßigkeit von Wahlrechtsvorschriften
nicht überprüfen. Eine derartige Kontrolle ist stets dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten worden (vgl.
zuletzt etwa Bundestagsdrucksachen 16/1800, Anlagen 26 bis 28 mit weiteren Nachweisen; 17/1000, Anla-
gen 5 und 11; 17/2200, Anlagen 1, 13 bis 15, 17 bis 20, 23 und 24; 17/3100, Anlagen 15, 19, 20, 22 bis 30,
32, 34 bis 36; 17/4600, Anlagen 10, 12, 13, 32, 38, 40 bis 43 mit weiteren Nachweisen; 17/6300, Anlage 19).
Abgesehen davon sind die verfassungsrechtlichen Bedenken der Einspruchsführerin unbegründet.

Das durch Artikel 38 Absatz 1 Satz 1 GG geschützte Wahlgeheimnis wird nicht dadurch berührt, dass die
repräsentative Wahlstatistik Rückschlüsse auf das durchschnittliche Wahlverhalten von Gruppen von Wäh-
lern – definiert nach Geschlecht und Zugehörigkeit zu Geburtsjahresgruppen – zulässt. Denn Artikel 38 Ab-
satz 1 Satz 1 GG verbietet nur, dass das Wahlverhalten des individuellen Wählers bekannt wird, nicht jedoch
das Gewinnen von Erkenntnissen über das Wahlverhalten einer Gruppe von Wählern, vorausgesetzt es ist
sichergestellt, dass daraus keine Rückschlüsse auf das Wahlverhalten einzelner Mitglieder der Gruppe gezo-

Drucksache 18/1710 – 264 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

gen werden können. Das ergibt sich aus der Funktion des Grundsatzes der geheimen Wahl: Er soll helfen,
eine freie Wahl dadurch zu gewährleisten, dass der Einzelne sicher sein kann, dass ihn mangels Kenntnis
niemand wegen seines Wahlverhaltens zur Rechenschaft ziehen kann (vgl. nur Bundestagsdrucksachen
16/900, Anlage 26; 17/1000, Anlage 5; 17/2250, Anlagen 5 und 12; 17/3100, Anlage 33). Dessen kann sich
der Einzelne auch dann sicher sein, wenn lediglich bekannt wird, wie eine bestimmte Anzahl von Wählern
einer bestimmten Gruppe abgestimmt hat, ohne dass festgestellt werden kann, um welche individuellen Wäh-
ler es sich dabei handelt. Dass die Vorgaben des Wahlstatistikgesetzes eine solche Individualisierung des
Stimmverhaltens bei der repräsentativen Wahlstatistik ausschließen und somit den Anforderungen des
Grundsatzes der geheimen Wahl genügen, hat der Deutsche Bundestag im Rahmen der Wahlprüfung bereits
mehrfach festgestellt (vgl. Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlagen 14 bis 17, 32; 15/2400, Anlage 1;
16/3600, Anlage 15 und 16; 17/1000, Anlage 5; 17/2250, Anlagen 5 und 12; 17/3100, Anlage 33).

Es widerspricht auch nicht dem Grundsatz der gleichen Wahl, dass aufgrund der verschiedenen Kennzeich-
nungen nicht alle Wähler unter gleichen Bedingungen wählen konnten. Entscheidend ist, dass unabhängig
davon, ob die Einspruchsführer an der Durchführung der repräsentativen Wahlstatistik teilnahmen oder nicht
und mit welchem Kennzeichen ihre Stimmzettel versehen waren, alle Wähler im Hinblick auf die Wahlent-
scheidung die gleichen Optionen hatten und weder Zähl- noch Erfolgswert ihrer Stimme(n) durch die Durch-
führung der Wahlstatistik berührt wurden (vgl. Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlagen 14 und 17;
16/3600, Anlage 15; 17/1000, Anlage 5; 17/2250, Anlage 5; 17/3100, Anlage 33). Daher ist es übrigens auch
verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass Menschen, die in Wahlbezirken mit weniger als 400 Wahlbe-
rechtigten leben, wegen der Vorgaben des § 3 Satz 3 WStatG von wahlstatistischen Erhebungen bei Wahlbe-
zirken von vornherein ausgeschlossen sind, und dass die Stichprobenauswahl gemäß § 3 WStatG nicht dem
Zufallsprinzip folgt.

Gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Artikel 3 Absatz 1 GG wurde – entgegen der Ansicht der Ein-
spruchsführerin – ebenfalls nicht verstoßen. Die in Artikel 38 Absatz 1 Satz 1 GG verankerte Wahlrechts-
gleichheit ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (nur) ein Anwendungsfall des
allgemeinen Gleichheitssatzes (vgl. BVerfGE 36, 139 [141]; allgemein zum Verhältnis des Wahlrechts zum
allgemeinen Gleichheitssatz BVerfGE 1, 208 [242]). Ein Verstoß gegen die Wahlrechtsgleichheit ist daher
zugleich eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes (vgl. BVerfGE 1, 208 [242], 34, 81 [98] mit
weiteren Nachweisen). Umgekehrt können Wahlrechtsvorschriften, die nicht gegen Artikel 38 Absatz 1 Satz
1 GG verstoßen, auch nicht Artikel 3 Absatz 1 GG verletzen. So liegt es hier.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 265 – Drucksache 18/1710

Anlage 68

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn L. G., 24784 Westerrönfeld,

– Az.: WP 169/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 5. Juni 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Schreiben vom 20. November 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Er bemängelt mehrere Sachverhalte:

1. Das neue Bundeswahlgesetz sei nicht in Kraft getreten, da § 55 des Bundeswahlgesetzes (BWG) kein Da-
tum und keinen „rechtlichen Text“ enthalte.

2. Artikel 146 des Grundgesetzes (GG) sei im Jahr 1990 dahingehend geändert worden, dass das Grundgesetz
zur Zeit nicht gültig sei.

3. Auch habe es sehr viele Ungereimtheiten bei der Stimmabgabe und der Auszählung gegeben. Die Ham-
burger CDU vermisse 100.000 Briefwahlstimmen. In Detmold habe die SPD gemäß der Auszählung nur 92
Stimmen erhalten; amtlich veröffentlicht worden seien aber 214. An Haushalte im Wahlkreis 141 (Bochum
II) seien Briefwahlunterlagen für den Wahlkreis 140 (Bochum I) versandt worden. Im Wahllokal Kirchschule
in Bochum-Langendreer seien 71,26 Prozent der Zweitstimmen für ungültig erklärt worden. Eine Nachzäh-
lung am Montag nach der Wahl habe nur noch einen Anteil an ungültigen Stimmen von 1,89 Prozent erge-
ben. In Meppen seien nach Auskunft der dortigen Direktkandidatin der Partei „Alternative für Deutschland“
(AfD) 16 Zweitstimmen in einem Wahllokal nicht berücksichtigt worden. Im Wahllokal „Benthaus-Büchner“
in Waltrop seien Zweitstimmen für die AfD zugunsten der Partei „Die Republikaner“ gewertet worden. Die
AfD habe statt 29 tatsächlich 71 Stimmen bekommen.

Die Landeswahlleiterin des Landes Nordrhein-Westfalen hat zu dem Einspruch, soweit er ihren Zustän-
digkeitsbereich betrifft, am 18. Februar 2014 wie folgt Stellung genommen:

Der Einspruchsführer rüge nicht unerhebliche Differenzen zwischen dem vorläufigen und dem endgültigen
Wahlergebnis in Detmold. Hierzu habe der zuständige Kreiswahlleiter für den Wahlbezirk ausgeführt, dass
ins Internet ein nichtamtliches „Kontrollformular“ eines Wahlbeobachters eingestellt worden sei. Dieses
„Kontrollformular“ dokumentiere die Stimmenauszählung in einem Wahllokal der Stadt Detmold im Wahl-
kreis 136 (Höxter – Lippe I). Da aufgrund des veröffentlichten vorläufigen Ergebnisses der Stadt Detmold
Wahlbetrug vorgeworfen worden sei, habe der Kreiswahlleiter die erneute Auszählung des Wahlbezirks am
25. September 2013 veranlasst. Die seitens des Beobachters kritisierten und in dem Wahleinspruch nun auf-
gegriffenen Abweichungen hätten sich dabei nicht bestätigt. Es bleibe unklar, warum der Wahlbeobachter am
Wahlabend derartige Abweichungen habe feststellen können.

In Bochum seien durch menschliches Versagen versehentlich Briefwahlunterlagen für einen benachbarten
Wahlkreis in nicht bekanntem Umfang versandt worden. Betroffen gewesen seien die Wahlkreise 140 (Bo-
chum I) und 141 (Herne – Bochum II). Da die Empfänger der fehlerhaften Unterlagen nicht adressenmäßig
hätten erfasst werden können, habe die Stadt Bochum unmittelbar die Presse informiert. Daraufhin hätten
sich 1.118 Bürgerinnen und Bürger noch vor der Wahl beim Wahlbüro gemeldet. Von diesen hätten 168

Drucksache 18/1710 – 266 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

einen falschen Stimmzettel erhalten bzw. diesen bereits mit den Briefwahlunterlagen wieder zurückgesandt.
In diesen Fällen seien korrekte Stimmzettel ausgegeben bzw. die Wahlscheine ungültig gemacht und neue
ausgestellt worden. Bei der Auszählung der Briefwahlstimmen seien im Wahlkreis 140 insgesamt 592 falsche
Stimmzettel und im Wahlkreis 141 insgesamt 10 falsche Stimmzettel festgestellt worden. In diesen insgesamt
602 Fällen sei dadurch die Zweitstimme ungültig gewesen. Da im Wahlkreis 140 der Gewinner des Direkt-
mandats einen Stimmenvorsprung von 12 990 Stimmen erzielt habe, hätten diese ungültigen Erststimmen
keinen Einfluss auf das Gesamtergebnis der Erststimmen gehabt. Gleiches gelte für den Wahlkreis 141, wo
die Gewinnerin einen Vorsprung von 22 803 Stimmen erzielt habe.

Der Einspruchsführer rüge die hohe, später korrigierte Prozentzahl an ungültigen Zweitstimmen in einem
Wahlbezirk in Bochum. Hierzu führe der zuständige Kreiswahlleiter in seiner Stellungnahme aus: Bei der
Stimmenauszählung am Sonntagabend (Wahlabend) habe für den Wahlbezirk 4401 im Wahlkreis 141 bei
mehrfachen Schnellmeldungen kein plausibles Ergebnis festgestellt werden können. Da nicht damit zu rech-
nen gewesen sei, dass in absehbarer Zeit die Differenzen hätten aufgeklärt werden können, sei um 22.15 Uhr
entschieden worden, diesen Bezirk am Montag durch Mitarbeiter des Wahlbüros komplett neu auszuzählen.
Da für die noch am Sonntagabend erforderliche Meldung des vorläufigen Ergebnisses an die Landeswahllei-
tung aber auch für diesen Wahlbezirk ein – zumindest vorläufiges – Wahlergebnis einzutragen gewesen sei,
habe sich die Wahlleitung dazu entschlossen, die bis dahin sicher richtig ausgezählten Stimmen auszuweisen
und die noch nicht geklärten zunächst als ungültige Stimmen einzutragen. Dadurch sei sichergestellt gewe-
sen, dass zunächst ein vorläufiges Ergebnis vorgelegen habe, keine falschen Stimmenzuordnungen zu den
Kandidaten oder Parteien ausgewiesen worden seien und umgehend am Montag auch für den betreffenden
Wahlbezirk die korrekten Zahlen vorgelegen hätten. Die Vorgehensweise des Kreiswahlleiters sei unbefrie-
digend. Dies gelte umso mehr, als dass am Wahlabend keine entsprechende Information der Landeswahllei-
tung erfolgte. Hier hätte eine ordnungsgemäße Nachzählung noch in der Wahlnacht erfolgen müssen. Sie, die
Landeswahlleiterin, habe den Kreiswahlleiter gebeten, dafür Sorge zu tragen, dass sich ein solcher Vorfall
nicht wiederhole.

Der Einspruchsführer führe an, dass das Zweitstimmenergebnis in Waltrop zum Teil habe korrigiert werden
müssen. Dies sei auch Gegenstand der Berichterstattung der „Waltroper Zeitung“ gewesen. Der erforderli-
chen Korrektur habe das fehlerhafte Ausfüllen der betroffenen Wahlniederschrift durch den Wahlvorstand
zugrunde gelegen. Die Wahlniederschrift nach Anlage 29 zur Bundeswahlordnung (BWO) liste zum einen
die Summe der gültigen Stimmen im Wahlkreis (Erststimmen) und zum anderen die Summe der gültigen
Stimmen für die Landeslisten (Zweitstimmen) auf. Dabei würden verschiedene Zwischensummen in die
Wahlniederschrift eingefügt, die sich aus der Zählung der unterschiedlichen Stimmzettelstapel ergäben. Diese
würden in einem weiteren Schritt zu einer Gesamtsumme aufgerechnet. Irrtümlich sei bei der Dokumentation
der gültigen Zweitstimmen der Partei „Die Republikaner“ ein Teil der Zweitstimmen für die AfD zugeschrie-
ben worden. Dieses Versehen habe aus der vorherigen Eintragung der gültigen Erststimmen resultiert. Für die
Landeslisten unter den laufenden Nummern 1 bis 7 und der laufenden Nummer 15 (= AfD) seien auch Di-
rektkandidaten angetreten. Dementsprechend habe sich der Direktkandidat der AfD in dieser Auflistung be-
reits an achter Stelle (in der achten Zeile) befunden. Er habe 47 Erststimmen erhalten. Für die Dokumentation
der gültigen Zweitstimmen habe sich demgegenüber an achter Stelle korrekterweise die Landesliste der „Re-
publikaner“ befunden. Versehentlich sei hier ein Teil der Zweitstimmenzahl (42) der AfD eingetragen wor-
den – für die insgesamt 71 Zweitstimmen abgegeben worden seien –, der richtigerweise weiter unten bei
„F 15“ für deren Landesliste hätte zusätzlich berücksichtigt werden müssen. Demgegenüber hätten „Die Re-
publikaner“ keine Zweitstimmen erhalten. Dieser falsche Eintrag sei bei der Kontrolle der Wahlniederschrift
aufgefallen und entsprechend korrigiert worden. Die entsprechende Presseinformation der Stadt sei durch die
„Waltroper Zeitung“ im Rahmen der Wahlberichterstattung aufgenommen worden.

Der Einspruchsführer hat sich zu der ihm übersandten Stellungnahme nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vorbringen des Einspruchsführers lässt sich kein die Un-
gültigkeit der Bundestagswahl 2013 begründender Wahlfehler entnehmen.

1. Anders als der Einspruchsführer meint, ist das „neue Bundeswahlgesetz“ – gemeint ist wohl das
Zweiundzwanzigste Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes vom 3. Mai 2013 (Bundesgesetzblatt I S.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 267 – Drucksache 18/1710

1082) – in Kraft getreten. Das Inkrafttreten wird nicht durch § 55 BWG geregelt. § 55 BWG normierte das
Inkrafttreten des Bundeswahlgesetzes vom 7. Mai 1956 (Bundesgesetzblatt I S. 383). Da der Zeitpunkt des
Inkrafttretens der späteren Änderungsgesetze sich aus diesen ergibt, ist § 55 BWG für die Änderungsgesetze
bedeutungslos. Der Text des § 55 BWG wird daher in Textsammlungen oder auf Internetseiten oftmals nicht
wiedergegeben. Das Zweiundzwanzigste Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes ist gemäß seinem
Artikel 2 Absatz 1 am Tag nach der Verkündung in Kraft getreten. Es wurde im Bundesgesetzblatt I Nr. 22
vom 8. Mai 2013 verkündet und trat damit am 9. Mai 2013 in Kraft.

2. Warum das Grundgesetz nach der durch die Deutsche Einheit erforderlichen Änderung des Artikels 146
GG im Jahr 1990 nicht mehr gelten und warum diese Änderung zu einer Ungültigkeit der Bundestagswahl
führen soll, erschließt sich aus dem Vorbringen des Einspruchsführers nicht.

3. Die vom Einspruchsführers angeführten Vorkommnisse erfüllen nicht den Tatbestand eines die Gültigkeit
der Bundestagswahl 2013 berührenden Wahlfehlers.

a) Im Fall der angeblich verloren gegangenen Briefwahlstimmen in Hamburg wurde nicht gegen Wahlrechts-
vorschriften verstoßen. Das Statistische Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein hat in einer auch im Inter-
net abrufbaren Pressemitteilung vom 25. September 2013 (www.statistik-nord.de) erklärt, dass in der am 23.
September 2013 veröffentlichten Wahlanalyse zum vorläufigen Ergebnis der Bundestagswahl in Hamburg
die Zahl der Briefwählerinnen und -wähler nicht korrekt ausgewiesen worden sei. Eine Überprüfung habe
ergeben, dass die entsprechende Abfrage der Datenbank für das vorläufige Wahlergebnis versehentlich so
programmiert worden sei, dass nicht alle Briefwahlbezirke einbezogen worden seien. Auf die Zusendung von
301 884 Briefwahlunterlagen hin hätten 268 504 Wählerinnen und Wähler von ihrem Wahlrecht per Brief
Gebrauch gemacht, nicht wie ursprünglich angegeben 198 739 Wahlberechtigte. Die Befürchtung, Briefwahl-
stimmen könnten unberücksichtigt geblieben sein, treffe nicht zu. Diese Vermutung sei dadurch entstanden,
dass der Zahl der ausgegebenen Briefwahlunterlagen (Wahlschein, Stimmzettel und Umschläge) von 301 884
eine Zahl von 198 739 Briefwählern gegenübergestellt worden sei. Zur Erläuterung dieser Differenz hat das
Statistische Amt auf drei Ursachen hingewiesen: Die Überprüfung habe ergeben, dass die Zahl der Briefwäh-
lerinnen und -wähler infolge der fehlerhaften Abfrage der Datenbank um rund 70 000 zu niedrig angegeben
worden sei. Sie sei auf 268 504 korrigiert worden. Des Weiteren gehörten zu den 301 884 ausgegebenen
Wahlscheinen auch solche, die die Stimmabgabe in einem anderen Wahllokal als in dem eigenen ermögli-
chen sollten, z. B. in einem barrierefreien Wahllokal. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass erfahrungsge-
mäß rund fünf bis zehn Prozent der ausgegebenen Briefwahlunterlagen nicht rechtzeitig und vollständig zu-
rückliefen. Die Gründe hierfür seien vielfältig und lägen z. B. im zu späten Erhalt, der Nichtnutzung oder der
zu späten Rücksendung der Briefwahlunterlagen. Darüber hinaus fänden solche Wahlbriefe keinen Eingang
in die Zählung der Briefwähler, die aus formalen Gründen zurückzuweisen seien, z. B. weil der Wahlschein
fehle oder nicht unterschrieben sei. Der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag folgen dieser
schlüssigen Darstellung.

b) In Detmold gab es keinen Wahlfehler. Vielmehr räumt die erneute Auszählung des angeblich betroffenen
Wahlbezirks den Verdacht aus, der sich allein auf ein im Internet zu findendes Foto eines „Kontrollformu-
lars“ gründet.

c) Auch in Bochum gab es keinen die Gültigkeit der Bundestagswahl 2013 berührenden Wahlfehler.

aa) Es stellt zwar einen höchst ärgerlichen und künftig zu vermeidenden Wahlfehler dar, dass mehreren
Wahlberechtigten in den zwei Wahlkreisen 140 und 141 teilweise Briefwahlunterlagen für den benachbarten
(Bochumer) Wahlkreis zugesandt wurden. Die Erststimmen derjenigen 602 Briefwähler, die einen – für den
jeweiligen Wahlkreis – falschen Stimmzettel zurückgesandt hatten, waren gemäß § 39 Absatz 1 Satz 2 BWG
ungültig. Im Wahlkreis 140 waren 592 und im Wahlkreis 141 10 Stimmzettel betroffen. Jedoch können nach
ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der sich der Wahlprüfungsausschuss und der
Deutsche Bundestag schon früher stets angeschlossen haben, nur solche Wahlfehler die Gültigkeit der Bun-
destagswahl beeinträchtigen, die auf die Sitzverteilung von Einfluss sind oder sein können (vgl. nur BVerfGE
89, 243 [254]; Bundestagsdrucksachen 16/900, Anlage 20; 17/1000, Anlagen 10, 15, 19 und 20; 17/2200,
Anlagen 5, 12 und 25; 17/2250, Anlagen 18 und 22; 17/3100, Anlage 21). Daran fehlt es hier: Im Wahlkreis
140 hatte der Erstplatzierte einen Vorsprung von 12.990 Stimmen vor dem zweitplatzierten Bewerber; im
Wahlkreis 141 erzielte die erstplatzierte Bewerberin einen Vorsprung von 23.803 Stimmen vor der zweitplat-
zierten Kandidatin. Auch das Ergebnis für die Landeslisten wäre bei einer eventuellen Ungültigkeit von
Zweitstimmen nur geringfügig und ohne Einfluss auf die Sitzverteilung tangiert worden.

Drucksache 18/1710 – 268 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

bb) Soweit der Einspruchsführer auf Auszählungsprobleme in Bochum hinweist, ist festzustellen, dass es im
Wahlbezirk 4401 im Wahlkreis 141 ärgerlicherweise nicht möglich war, am Wahlabend ein korrektes Wahl-
ergebnis zu ermitteln. Die Entscheidung des Kreiswahlleiters, die Auszählung aufgrund der aufgetretenen
Differenzen abzubrechen und am Montag, dem 23. September 2013, eine komplette Neuauszählung vorzu-
nehmen, widersprach § 67 BWO, wonach die Auszählung im Anschluss an die Wahlhandlung ohne Unter-
brechung stattzufinden hat. Die ordnungsgemäße Nachzählung hätte – worauf die Landeswahlleiterin des
Landes Nordrhein-Westfalen zutreffend hinweist – noch in der Wahlnacht erfolgen müssen. Eine Aussetzung
oder Unterbrechung stellt einen schwerwiegenden Wahlverstoß dar (vgl. Hahlen, in: Schreiber, § 37 Rn. 2).
Dieser Wahlfehler hat aber nicht die Ungültigkeit der Bundestagswahl zur Folge, da er sich auf die Sitzvertei-
lung im Parlament nicht ausgewirkt hat oder hätte auswirken können (s. o.). Denn die Sitzverteilung geschah
aufgrund des amtlichen Endergebnisses. In dieses wiederum sind die aufgrund der Neuauszählung ermittelten
(korrekten) Zahlen eingeflossen. Eine für das Endergebnis relevante Ungültigerklärung von Stimmen erfolgte
nicht.

d) In Meppen wurde am Wahlabend zunächst eine zu geringe Zahl der für die AfD abgegebenen gültigen
Zweitstimmen in die Schnellmeldung eingetragen. Dieses Versehen wurde indessen noch rechtzeitig vor
Absetzen der Schnellmeldung korrigiert. Alle Stimmen für die AfD wurden berücksichtigt. Das Versehen
blieb damit folgenlos. Das korrekte Ergebnis des Wahlbezirks ist dann der Stadt Meppen anhand der
Schnellmeldung telefonisch übermittelt und dann auch im vorläufigen sowie endgültigen Wahlergebnis be-
rücksichtigt worden. Die Stimmenzahl für die AfD spiegelt sich also im Meppener Wahlergebnis korrekt
wider.

e) Es trifft zu, dass in einem Wahlbezirk in Waltrop in die Wahlniederschrift für „Die Republikaner“ und die
AfD zuerst versehentlich ein falsches Zweitstimmenergebnis eingetragen wurde. „Die Republikaner“ erhiel-
ten eigentlich keine Zweitstimmen; fälschlicherweise waren nach der Wahlniederschrift aber 42 Zweitstim-
men für sie abgegeben worden. Die AfD erhielt in Wahrheit 71 Zweitstimmen statt der zunächst in die Wahl-
niederschrift eingetragenen 29 Zweitstimmen. Ein Wahlfehler lag in der falsch ausgefüllten Wahlnieder-
schrift jedoch nicht, da das Versehen noch berichtigt wurde und die korrekten Zahlen in das Wahlergebnis
einflossen.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 269 – Drucksache 18/1710

Anlage 69

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn M. R., 42553 Velbert,

– Az.: WP 186/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 5. Juni 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Schreiben vom 19./20. November 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit
der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt. Er hat seinen Vortrag durch ein
Schreiben vom 1. Dezember 2013 erweitert.

Er trägt vor, er sei am Samstag, dem 21. September 2013, zwischen 17 und 18 Uhr im Rathaus in Velbert
gewesen, um noch seine Briefwahlunterlagen entgegenzunehmen. Als es gegen 18 Uhr „ging“, sei das Wah-
lamt bereits geschlossen gewesen. Sonst sei es schon länger geöffnet gewesen. Nach Vorzeigen seines Perso-
nalausweises habe er die Wahlunterlagen, die unter einem Bürotisch hervorgeholt worden seien, in Empfang
genommen. Er habe von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Stimmzettel in einer Kabine auf dem Flur
ausfüllen und in eine mit einem Hängeschloss gesicherte Wahlurne im „Servicebüro“ einzuwerfen. Zum An-
kreuzen des Stimmzettels habe er sich einen – offenbar aus „Wahlkampfbeständen“ stammenden
weinfarbenen – Kugelschreiber beim Personal des Servicebüros leihen müssen, da in der Wahlkabine kein
Kugelschreiber vorhanden gewesen sei. Der Stimmzettel habe aus einem etwas derb wirkenden, leicht grauen
Material bestanden und sei ihm, dem Einspruchsführer, von seiner Aufmachung her „irgendwie provisorisch
und ‚systemähnlich‘“ vorgekommen. Die rechte obere Ecke des Stimmzettels sei eindeutig gekappt gewesen.
Zudem hätten auf dem Stimmzettel die „pfeilförmigen Instruktionen“, wie sie in die Wahlanleitung stünden,
gefehlt. Die Liste der Direktbewerber sei ihm „ein wenig spärlich“ erschienen.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Der Kreiswahlleiter des Wahlkreises 105 (Mettmann II), in dem der Einspruchsführer wohnt, hat zu dem
Einspruch am 15. April 2014 Stellung genommen, soweit es sich auf „wahlrechtlich nachvollziehbare und
relevante Gründe, nämlich die Beschaffenheit des Stimmzettels“ bezieht:

Der Druck der Stimmzettel sei durch seine Dienststelle nach den Vorgaben der Landeswahlleiterin des Lan-
des Nordrhein-Westfalen in Auftrag gegeben worden. Dabei sei die Vorgabe zur Papierbeschaffenheit ebenso
beachtet worden wie die Kennzeichnung des Stimmzettels für blinde und sehbehinderte Menschen in Form
einer abgeschnittenen oberen rechten Ecke. Die Reihenfolge der Direktkandidaten und deren Position auf
dem Stimmzettel werde gemäß § 30 Absatz 3 Satz 3 des Bundeswahlgesetzes (BWG) durch die Reihenfolge
der Landeslisten vorgegeben. Somit sei festzustellen, dass sämtliche Einwände des Einspruchsführers zur
Beschaffenheit des Stimmzettels zurückzuweisen seien. Ein Musterstimmzettel des Wahlkreises sei der Stel-
lungnahme beigefügt.

Hinsichtlich der Gegenäußerung des Einspruchsführers zu der ihm übersandten Stellungnahme wird auf den
Inhalt der Akten Bezug genommen.

Drucksache 18/1710 – 270 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vortrag des Einspruchsführers lässt sich kein die Gültig-
keit der Bundestagswahl 2013 berührender Wahlfehler entnehmen.

1. Soweit der Einspruchsführer vorträgt, zum Ankreuzen des Stimmzettels habe er sich einen – offenbar aus
„Wahlkampfbeständen“ stammenden weinfarbenen – Kugelschreiber beim Personal des Servicebüros leihen
müssen, da in der Wahlkabine kein Kugelschreiber vorhanden gewesen sei, liegt kein die Gültigkeit der Bun-
destagswahl berührender Wahlfehler vor.

a) Selbst wenn in der Wahlkabine kein Schreibstift gelegen haben sollte – was aus dem Vortrag des Ein-
spruchsführers nicht klar hervorgeht – wäre dies rechtlich zulässig gewesen. Gemäß § 50 Absatz 2 der Bun-
deswahlordnung (BWO) soll, nicht muss, in der Wahlkabine ein Schreibstift bereitliegen.

b) Ob es eine gemäß § 32 Absatz 1 BWG unzulässige Wahlpropaganda darstellt, dass der Einspruchsführer
nach eigener Aussage von dem Servicebüropersonal zum Ankreuzen des Stimmzettels einen Kugelschreiber
erhielt, der aus Sicht des Einspruchsführers aus Wahlkampfbeständen zu stammen schien, kann dahinstehen.
Denn selbst wenn man einen Wahlfehler annimmt, können nur solche Wahlfehler die Gültigkeit der Bundes-
tagswahl beeinträchtigen, die auf die Sitzverteilung von Einfluss sind oder sein können (vgl. nur BVerfGE
89, 243 [254]; Bundestagsdrucksachen 16/900, Anlage 20; 17/1000, Anlagen 10, 15, 19 und 20; 17/2200,
Anlagen 5, 12 und 25; 17/2250, Anlagen 18 und 22; 17/3100, Anlage 21). Ein solcher (potenzieller) Einfluss
auf die Sitzverteilung kommt dem geschilderten Vorgang nicht zu.

2. Die Ausführungen des Einspruchsführers zur Beschaffenheit des Stimmzettelpapiers lassen keinen Wahl-
fehler erkennen.

3. Die Markierung des Stimmzettels an der rechten oberen Ecke stellt keinen Wahlfehler dar. Sie hat den
Zweck, blinden oder sehbehinderten Wählern die gemäß § 57 Absatz 4 BWO rechtlich gestattete Nutzung
einer Stimmzettelschablone faktisch zu ermöglichen. Gemäß § 45 Absatz 5 Satz 2 BWO werden Muster der
Stimmzettel unverzüglich nach ihrer Fertigstellung den Blindenvereinen, die ihre Bereitschaft zur Herstellung
von Stimmzettelschablonen erklärt haben, zur Verfügung gestellt. Dadurch ist sichergestellt, dass die Blin-
denorganisationen frühzeitig mit der Erstellung der Schablonen beginnen können. Außerdem sind sämtliche
Stimmzettel in der beschriebenen Weise markiert, so dass daraus nicht auf einzelne Wähler und deren
Stimmverhalten geschlossen werden kann.

4. Hinsichtlich des (angeblichen) Fehlens der „pfeilförmigen Instruktionen“ liegt ebenfalls kein Wahlfehler
vor. Der vom Kreiswahlleiter übersandte Musterstimmzettel für den Wahlkreis 105 enthält diese Kennzeich-
nungen. Überdies sieht zwar die Anlage 26 zur Bundeswahlordnung diese gedruckten Hilfestellungen vor.
Jedoch werden sie weder in § 30 BWG noch in § 45 Absatz 1 BWO erwähnt. Vielmehr ist die Anlage 26 nur
ein Muster, so dass auch eine etwas andere Gestaltung des Stimmzettels denkbar ist (vgl. Hahlen, in: Schrei-
ber, Bundeswahlgesetz, 9. Auflage 2013, § 30 Rn. 2), sofern die in § 30 BWG und § 45 Absatz 1 BWO ge-
nannten zwingenden Bestandteile vorhanden sind.

5. Die Kritik des Einspruchsführers, an der Zahl der Direktbewerber auf dem Wahlzettel, die er als „ein we-
nig spärlich“ empfindet, weist nicht auf einen Wahlfehler hin. Es liegt gemäß § 18 Absatz 1 BWG im Ermes-
sen der Parteien, ob und wo sie Wahlvorschläge machen. Viele (kleinere) Parteien beschränken sich auf die
Aufstellung einer Landesliste; nur die mitgliederstärksten Parteien stellen – mit Ausnahme von CDU und
CSU – in allen deutschen Bundestagswahlkreisen Direktbewerber auf.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 271 – Drucksache 18/1710

Anlage 70

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn M. G., 36404 Völkershausen (Rhön)/04315 Leipzig ,

– Az.: WP 191/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 5. Juni 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Fax vom 22. November 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl
zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Er habe sich als parteiloser Einzelbewerber um die Zulassung als Kandidat im Wahlkreis 190 (Eisenach –
Wartburgkreis – Unstrut-Hainich-Kreis II) frist- und formgerecht bemüht. Die Zulassung seiner Kandidatur
sei im von der Wahlkreiskommission am 26. Juli 2013 versagt worden. Die damals vorgebrachten Gründe
träfen nicht zu. Die gegen die Entscheidung vorgebrachten Beschwerden habe der Landeswahlausschuss
Thüringen am 1. August 2013 zurückgewiesen. Dabei habe sich die Anzahl der noch von der Wahlkreis-
kommission gerügten Mängel von drei auf einen reduziert. Angeblich hätten drei (von Anlage 13 zu § 34
Abs. 1 der Bundeswahlordnung [BWO] verlangte) Unterschriften auf dem Kreiswahlvorschlag gefehlt. Als
Beleg sei dem Vertrauensmann seines Vorschlages die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 31.
Januar 2012 zugesandt worden, die sich aber auf die Zulassung einer Partei beziehe und für die Zulassung
eines parteilosen Einzelbewerbers nicht relevant sei. Damit sei der nach Ansicht des Landeswahlausschusses
einzig verbliebene Mangel als Zulassungshindernis von dem Gremium selbst ausgeräumt worden. Dennoch
sei er nicht zugelassen worden. Zudem hätten die Behörden ihm, dem Einspruchsführer, jedwede „finanzielle
Bewerbungshilfe“ verweigert. Hierin liege eine krasse Diskriminierung gegenüber Parteikandidaten oder
wohlhabenden Bewerbern.

Der Landeswahlleiter des Freistaates Thüringen hat zu dem Vorbringen des Einspruchsführers am 6. Feb-
ruar 2014 im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

In der Sitzung des Kreiswahlausschusses am 26. Juli 2013 sei der Wahlvorschlag des Einspruchsführers mit
dem Kennwort „Cotta“ aufgrund fehlender Unterschriften auf dem Formular nach Anlage 13 zur Bundes-
wahlordnung zurückgewiesen worden. Der Einspruchsführer sei bei der Abgabe seines Kreiswahlvorschlages
auf den Mangel hingewiesen worden, habe diesen aber bis zur Zulassung der Kreiswahlvorschläge am 26.
Juli 2013 nicht behoben. Dieser Argumentation eines nicht formgerecht eingereichten Kreiswahlvorschlages
habe sich der Landeswahlausschuss in seiner Beschwerdesitzung am 1. August 2013 angeschlossen. Dies
könne man dem beigefügten Protokoll der Sitzung entnehmen. Die Vorgaben für die Einreichung von Kreis-
wahlvorschlägen seien durch den Gesetzgeber eindeutig formuliert und würden durch die Kreiswahlleiter
sowie das Büro des Landeswahlleiters den Bewerbern hinreichend erläutert, so dass ein Missverständnis bei
der Auslegung der rechtlichen Grundlagen ausgeschlossen werden könne. Selbst der Hinweis der Kreiswahl-
leiterin auf die fehlenden Unterschriften sei von dem Beschwerdeführer als rechtlich nicht zwingend für Ein-
zelbewerber erachtet worden. Dieser Argumentation könne er, der Landeswahlleiter, sich nicht anschließen.

Die Kreiswahlleiterin des Wahlkreises 190 hat am 27. Januar 2014 in einem der Stellungnahme des Lan-
deswahlleiters beigefügten Schreiben mit im Wesentlichen folgendem Inhalt Stellung genommen:

Auf Wunsch des Einspruchsführers sei in die Formblätter für Unterstützungsunterschriften als Hauptwoh-
nung eine Adresse in Völkershausen (Rhön) eingetragen worden. Die Vorprüfung von Unterlagen, die der

Drucksache 18/1710 – 272 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Einspruchsführer eingereicht habe, habe ergeben, dass die Hauptwohnung des Einspruchsführers nicht in
Völkershausen, sondern in Leipzig gelegen habe. Dies sei aus dem Vermerk „NW“ (Nebenwohnung) in der
Wählbarkeitsbescheinigung (Anlage 16 zur Bundeswahlordnung) und dem Personalausweis des Einspruchs-
führers hervorgegangen. Der Einspruchsführer sei am 13. Juli 2013 darauf hingewiesen worden, dass auf den
Unterlagen die melderechtliche Hauptwohnung in Leipzig hätte angegeben werden müssen. Er habe diese
Auffassung nicht geteilt und die Wohnungen in Völkershausen und Leipzig als gleichrangig angesehen. Die
Unterlagen hätten einen weiteren Mangel aufgewiesen, auf den der Einspruchsführer ebenfalls am 13. Juli
2013 hingewiesen worden sei. Gemäß § 34 Absatz 3 BWO müssten bei sog. anderen Kreiswahlvorschlägen
drei Unterzeichner des Wahlvorschlages ihre Unterschriften auf dem Kreiswahlvorschlag (Anlage 13 zur
Bundeswahlordnung) selbst leisten. Auf dem (auf den Einspruchsführer lautenden) Kreiswahlvorschlag mit
dem Kennwort „Cotta“ hätten derartige Unterschriften gefehlt. Die vom stellvertretenden Kreiswahlleiter
angebotene Ausreichung neuer Wahlunterlagen (insbesondere nach Anlage 14 zur Bundeswahlordnung) mit
der korrekten Anschrift habe der Einspruchsführer abgelehnt: Aufgrund seines Urlaubs sei es ihm nicht mög-
lich, erneut Unterstützungsunterschriften (inklusive derer auf dem Wahlvorschlag selbst) zu sammeln und
eine korrekte Wählbarkeitsbescheinigung der zuständigen Meldebehörde einzuholen. Das Ordnungsamt der
Stadt Leipzig habe am 16. Juli 2013 bestätigt, dass der Einspruchsführer seit dem 1. Oktober 2008 mit der
Hauptwohnung in Leipzig und der Nebenwohnung in Völkershausen gemeldet sei. Die Verbandsgemeinde
Vacha (zu der Völkershausen [Rhön] gehört), habe mitgeteilt, dass bei ihr nur die Nebenwohnung in
Völkershausen melderechtlich erfasst sei.

Nachdem bis zum 15. Juli 2013 keine neuen Unterlagen zum Kreiswahlvorschlag mit dem Kennwort „Cotta“
beim Kreiswahlleiter eingereicht worden seien und eine beabsichtigte Kontaktaufnahme mit der Vertrauens-
person des Wahlvorschlages fehlgeschlagen sei, sei der Einspruchsführer durch sie, die Kreiswahlleiterin,
telefonisch befragt worden, ob die bei Einreichung festgestellten Mängel noch bis zum Ende der Einrei-
chungsfrist behoben würden bzw. sich noch Unterlagen auf dem Postweg befänden. Der Einspruchsführer
habe die Problematik des Hauptwohnsitzes nach wie vor nicht als Mangel angesehen, da er der Meinung
gewesen sei, zwei gleichberechtigte Wohnsitze zu haben. Er habe insbesondere auf die rechtliche Würdigung
verwiesen, die der Hauptwohnsitz bereits anlässlich der Landtagswahl in Thüringen in Bezug auf seine Per-
son erfahren habe. Da die Vertrauensperson auch bis zum 18. Juli 2013 nicht erreichbar gewesen sei, sei der
Einspruchsführer per E-Mail vom 18. Juli 2013 nochmals ausführlich auf die festgestellten Mängel hingewie-
sen worden. Mit einer E-Mail vom Folgetag habe der Einspruchsführer unter anderem zu den aufgezeigten
Mängeln Stellung genommen. Er habe weiterhin die Auffassung vertreten, dass der Kreiswahlvorschlag an
keinen die Zulassung ausschließenden Mängeln leide. Mit einer weiteren E-Mail vom selben Tag habe er
seine Argumentation vertieft und auf ein Verfassungsgerichtsurteil unter dem Aktenzeichen ThürVerfGH
13/95 verwiesen. Am 23. Juli 2013 sei es gelungen, die Vertrauensperson telefonisch zu erreichen. Nach
Abstimmung seien dieser die maßgeblichen Dokumente per Fax zur Kenntnis gesandt worden. Da die Ver-
trauensperson nach Einreichung des Wahlvorschlages und vor Ablauf der Einreichungsfrist nicht erreichbar
und somit auch keine Behebung der aufgezeigten Mängel mehr möglich gewesen sei, sei ihr eine gemeinsa-
me Beratung zur Information angeboten worden. Diese habe die Vertrauensperson aufgrund ihrer Beschäfti-
gung im Schichtbetrieb abgelehnt und auf ihre Anwesenheit während der Sitzung des Kreiswahlausschusses
am 26. Juli 2013 verwiesen. Im Übrigen habe die Vertrauensperson die Auffassung vertreten, der Einspruchs-
führer habe gleichberechtigte Wohnsitze in Völkershausen und Leipzig, und dies stelle sich daher für ihn
nicht als Mangel dar, der zur Zurückweisung eines Wahlvorschlages führen könne. Zu den weiteren Mängeln
könne sie sich als Vertrauensperson nicht äußern; der Einspruchsführer habe sie darüber nicht informiert.

Am 26. Juli 2013 sei der Kreiswahlausschuss zusammengetreten und habe über die Zulassung bzw. Nichtzu-
lassung der Kreiswahlvorschläge im Bundestagswahlkreis 190 entschieden. Vor der Entscheidung sei der
Vertrauensperson Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden. Diese habe ausgeführt, die Gründe, die zur
Ablehnungsempfehlung führten, nachvollziehen zu können. Insbesondere habe die Vertrauensperson bestä-
tigt, dass sich die Hauptwohnung des Einspruchsführers in Leipzig befinde. Der Kreiswahlvorschlag sei ein-
stimmig zurückgewiesen worden. Beschwerden des Einspruchsführers und der Vertrauensperson dagegen
habe der Landeswahlausschuss am 1. August 2013 einstimmig zurückgewiesen.

Sie, die Kreiswahlleiterin, habe im Kreiswahlausschuss am 26. Juli 2013 erklärt, dass die Wähler, die Unter-
stützungsunterschriften geleistet hätten, dies vor dem Hintergrund und in der Annahme getan hätten, dass der
Einspruchsführer seinen Hauptwohnsitz in Völkershausen habe. Damit könne eine Täuschung des Wählers
nicht ausgeschlossen werden. Die insgesamt 201 gültigen Unterstützungsunterschriften seien gegebenenfalls

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 273 – Drucksache 18/1710

unter falschen Voraussetzungen geleistet worden. Im Übrigen griffen auch die weiteren vom Einspruchsfüh-
rer vorgetragenen Argumente, soweit sie sich auf die Haupt- und Nebenwohnung bezögen, nicht durch, da
der Wahlvorschlag bereits aufgrund der fehlenden Unterstützungsunterschriften auf dem Kreiswahlvorschlag
selbst nicht habe zugelassen werden können.

Dass es der Vertrauensperson objektiv nicht möglich gewesen sein solle, bei der Sitzung des Landeswahlaus-
schusses zugegen zu sein, könne nicht nachvollzogen werden. Ob die Vertrauensperson möglicherweise aus
in ihrer Lebensgestaltung liegenden Gründen diesen Termin nicht habe wahrnehmen können, könne für das
Verfahren nicht von Belang sein.

Zu den Einzelheiten der Stellungnahme der Kreiswahlleiterin wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Der Einspruchsführer hat sich zu der ihm übersandten Stellungnahme am 26. März 2014 wie im Wesentli-
chen wie folgt geäußert:

Dass drei weitere bzw. nochmalige Unterschriften auf dem „Formblatt 13“ vonnöten seien, sei den „Informa-
tionen des Bundeswahlleiters“, die am 27. Mai 2013 veröffentlicht worden seien, nicht zu entnehmen. Dort
heiße es auf Seite 5 wörtlich: „Für Einzelbewerber, also Wahlkreisbewerber, die keine Parteibewerber sind,
sondern die von einzelnen Wahlberechtigten oder von Wählergruppen vorgeschlagen werden, enthält das
Bundeswahlgesetz hinsichtlich ihrer Aufstellung keine Vorschriften. Es genügt die Benennung eines Kandi-
daten und eines Kennworts (einzureichen auf Vordruck Anlage 13 zu § 34 Absatz 1 Bundeswahlordnung)
sowie die Beibringung von 200 Unterstützungsunterschriften von Wahlberechtigten des Wahlkreises, persön-
lich und handschriftlich unterzeichnet, auf Einzelformblättern (einzureichen auf Formblatt Anlage 14 zu § 34
Absatz 4 Bundeswahlordnung).“ Diese Anforderungen habe er vollständig erfüllt. Die zusätzlich von der
Kreiswahlleiterin erhobenen Formalien bezögen sich ausschließlich auf Parteibewerber. Er sei jedoch kein
Parteibewerber oder Bewerber einer Wählergruppe. Er könne sich in eine solche Rolle auch nicht von einer
Wahlkommission und deren Mitgliedern drängen lassen. Deshalb seien auch alle Unterstützer, die dem Ein-
zelbewerber ihre Unterstützung per Unterschrift und durch Angabe ihrer persönlichen Daten gegeben hätten,
vollständig gleichberechtigt. Durch drei zusätzlich von der Kreiswahlleiterin gewünschte Unterzeichnungen
einer formalen Hierarchie zu frönen, könne vielleicht dem in politischen Parteien und Organisationen „mani-
schen Hang“ nach Über- und Unterordnung entsprechen. Es widerspreche allerdings der vollen Gleichberech-
tigung und Selbstbestimmung freier Bürger. Das sei im Übrigen aus den bereits zitierten „Informationen des
Bundeswahlleiters“ deutlich herauszulesen. Ein Interpretationsspielraum oder „Beratungs-Service“ bestehe
nicht. Ein Nachbesserungsbedarf habe bei Erreichen der Abgabefrist für die Bewerbungsunterlagen nicht
bestanden, solle aber wortreich suggeriert werden. Dabei erreichten die Darstellungen der Stellungnahme der
Kreiswahlleiterin teilweise nicht nur tendenziöse und skurrile, sogar absurde Züge, sondern seien in der Sa-
che schlichtweg falsch. Ein Beispiel sei genannt. In der Stellungnahme heiße es auf den Seiten 2 und 3: „Die
Inaugenscheinnahme des Personalausweises durch den stellvertretenden Kreiswahlleiter bestätigte, dass die
Hauptwohnung des Herrn [G.] nicht in Völkershausen, sondern in Leipzig lag. Herr [G.] wurde darauf hin-
gewiesen, dass auf den Unterlagen die melderechtliche Hauptwohnung in Leipzig hätte angegeben werden
müssen.“ Entgegen der Stellungnahme habe die Inaugenscheinnahme seines Personalausweises nicht bestäti-
gen können, dass seine Hauptwohnung in Leipzig liege. Auf dem Personalausweis sei von Haupt- oder Ne-
benwohnung nirgends die Rede. Dort sei die Adresse in Leipzig lediglich als „Gegenwärtige Anschrift“ ge-
kennzeichnet. Der Feststellung des Landeswahlleiters, die Vorgaben seien eindeutig, schließe er sich insoweit
an, als es für Parteibewerber und Einzelbewerber klare formale Unterschiede gebe.

Die Beurteilung der Nichtteilnahme der Vertrauensperson an der Sitzung des Landeswahlausschusses spreche
nicht nur für eine besonders ausgeprägte, sondern äußerst besorgniserregende Realitätsferne. Die Vertrauens-
person sei erst wenige Stunden vorher von dem Sitzungstermin in Kenntnis gesetzt worden. Aufgrund ihrer
Arbeitszeiten sei es ihr unmöglich gewesen, den Termin wahrzunehmen. Die schriftliche Benachrichtigung
habe sie erst danach erreicht.

Zu den Einzelheiten der Gegenäußerung des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Drucksache 18/1710 – 274 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vortrag des Einspruchsführers lässt sich kein Verstoß
gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

1. Der Kreiswahlausschuss hat sich rechtmäßig verhalten. Vor der Nichtzulassung des Kreiswahlvorschlages
mit dem Kennwort „Cotta“ ist die Vertrauensperson angehört worden, wie es § 36 Absatz 3 Satz 2 BWO
verlangt. Der auf den Einspruchsführer lautende Kreiswahlvorschlag mit dem Kennwort „Cotta“ durfte nicht
zur Bundestagswahl zugelassen werden. Er verstieß gegen ein nicht abdingbares Inhalts- und ein nicht dispo-
nibles Formerfordernis. Erstens fehlten die gemäß § 34 Absatz 3 BWO erforderlichen Unterschriften von drei
Unterzeichnern des Wahlvorschlages auf dem Kreiswahlvorschlag selbst. Zweitens entsprach der Kreiswahl-
vorschlag nicht der Vorgabe des § 34 Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 BWO, wonach ein Kreiswahlvorschlag unter
anderem die Anschrift (Hauptwohnung) des Bewerbers enthalten muss. Die auf dem Kreiswahlvorschlag
aufgeführte Adresse in Völkershausen (Rhön) ist nach den Melderegistern nur eine Nebenwohnung; die
Hauptwohnung des Einspruchsführers (und Bewerbers) befand sich ausweislich der melderechtlichen Daten
in Leipzig. Dies geht auch aus dem Personalausweis des Einspruchsführers hervor, der mit der „gegenwärti-
gen Anschrift“ die Hauptwohnung benennt. Auf die Mängel des Kreiswahlvorschlages, insbesondere bezüg-
lich der Angabe der Hauptwohnung, sind der Einspruchsführer mehrfach und auch die Vertrauensperson
eindeutig hingewiesen worden. Die Entscheidung des Thüringer Verfassungsgerichtshofs vom 12. Juni 1997
in Sachen eines früheren Landtagsabgeordneten (LVerfGE 6, 387) hat für das Bundeswahlrecht keine Bedeu-
tung.

Der Landeswahlausschuss hat sich ebenfalls rechtmäßig verhalten, als er die Beschwerde gegen die Nichtzu-
lassung gemäß § 37 BWO zurückwies. Das in Bezug auf die Entscheidung des Kreiswahlausschusses Ausge-
führte gilt auch hier. Zwar war die Vertrauensperson des Wahlvorschlages bei der Sitzung nicht anwesend.
Sie war aber gemäß § 37 Absatz 2 Satz 1 BWO vorher geladen worden. Ladungsfristen enthält die Vorschrift
nicht. Aus welchen Gründen die Vertrauensperson an der Sitzung nicht teilgenommen hat und daher nicht
gehört werden konnte, ist nicht von Belang. Entscheidend ist, dass sie nach vorheriger Ladung nicht teil-
nahm. Sogar wenn die Vertrauensperson nicht geladen geworden wäre, wäre die Entscheidung des Landes-
wahlausschusses inhaltlich korrekt gewesen. Eine unterbliebene Ladung hätte nicht dazu geführt, dass die
Entscheidung des Kreiswahlausschusses unwirksam und der auf den Einspruchsführer lautende Kreiswahl-
vorschlag zuzulassen gewesen wäre bzw. als zugelassen hätte gelten müssen.

2. Ein Wahlfehler liegt auch nicht darin, dass dem Einspruchsführer keine finanzielle Bewerbungshilfe ge-
währt wurde. Eine solche Unterstützungsleistung für alle Mandatsbewerber ist gesetzlich nicht vorgesehen.
Nur besonders erfolgreiche Einzelbewerber erhalten – nach der Wahl – staatliche Mittel. Gemäß § 49b Ab-
satz 1 Satz 1 des Bundeswahlgesetzes (BWG) erhalten Bewerber eines nach Maßgabe der §§ 18, 20 BWG
von Wahlberechtigten eingereichten Wahlvorschlags, die mindestens zehn Prozent der in einem Wahlkreis
abgegebenen gültigen Erststimmen erhalten haben, je gültige Stimme 2,80 . Soweit der Einspruchsführer in
der Nichtgewährung von finanzieller Bewerbungshilfe eine Diskriminierung gegenüber Parteikandidaten
oder wohlhabenden Bewerbern und damit möglicherweise einen Verstoß gegen die Chancengleichheit aller
Wahlbewerber rügt, ist darauf hinzuweisen, dass der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag in
ständiger Praxis im Rahmen eines Wahlprüfungsverfahrens die Verfassungsmäßigkeit von Wahlrechtsvor-
schriften nicht überprüfen. Eine derartige Kontrolle ist stets dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten wor-
den (vgl. zuletzt etwa Bundestagsdrucksachen 16/1800, Anlagen 26 bis 28 mit weiteren Nachweisen;
17/1000, Anlagen 5 und 11; 17/2200, Anlagen 1, 13 bis 15, 17 bis 20, 23 und 24; 17/3100, Anlagen 15, 19,
20, 22 bis 30, 32, 34 bis 36; 17/4600, Anlagen 10, 12, 13, 32, 38, 40 bis 43 mit weiteren Nachweisen;
17/6300, Anlage 19). Davon abgesehen, erkennen der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag
in der bestehenden Rechtslage keinen Verstoß gegen die Chancengleichheit aller Wahlbewerber. Die Höhe
der staatlichen Mittel für parteiunabhängige Bewerber entspricht der an die Parteien in der vierjährigen
Wahlperiode des Deutschen Bundestages gezahlten staatlichen Teilfinanzierung für jede gültige, über vier
Millionen hinausgehende Stimme, nämlich 0,70 pro Jahr (vgl. Hahlen, in: Schreiber, Bundeswahlgesetz, 9.
Auflage 2013, § 49b Rn. 1). Damit wird dem Grundsatz der Chancengleichheit aller Wahlbewerber in ausrei-
chendem Maße Rechnung getragen (vgl. Bundestagsdrucksache 1677461, S. 20 f.).

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 275 – Drucksache 18/1710

Anlage 71

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

1. der Frau S. Sa., 74653 Ingelfingen,
2. des Herrn R. K., ebenda,
3. des S. K., ebenda,

4. der Frau G. K., ebenda,

– Az.: WP 192/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 5. Juni 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Die Einspruchsführer haben mit einem Fax vom 22. November 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Sie rügen mehrere Sachverhalte: Viele Tausend Menschen hätten keine Briefwahlunterlagen erhalten und
seien somit ohne Stimme geblieben. In den sozialen Netzwerken fänden sich genug Beweise, dass es in eini-
gen Wahlkreisen zu kleineren und teilweise sogar zu größeren „Pannen“ bei der Auszählung der Stimmen
gekommen sei. Beispielsweise sei in einem Meppener Wahllokal die Hälfte der Zweitstimmen für die AfD
nicht berücksichtigt worden, wie eine Stichprobe ergeben habe.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages der Einspruchsführer wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

Die Niedersächsische Landeswahlleiterin hat zu demjenigen Einspruchsgegenstand, der ihren Zuständig-
keitsbereich berührt, am 6. März 2014 im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Sie habe den Kreiswahlleiter des Wahlkreises 31 (Mittelems) hierzu um Stellungnahme gebeten. Dieser habe
ihr mitgeteilt, dass bei der Stimmenauszählung des Meppener Wahlbezirks 104 ein Wahlbeobachter der AfD
anwesend gewesen sei, was auch in der Wahlniederschrift vermerkt worden sei. Die Auszählung der Stimm-
zettel sei ohne Probleme verlaufen. Allerdings habe es zunächst einen Fehler bei der Eintragung der Zweit-
stimmen in die sog. Schnellmeldung gegeben. Insgesamt seien 713 gültige Stimmabgaben gezählt worden, in
die Schnellmeldung seien aber nur 697 Stimmen eingetragen worden. Daher sei vor Ort diese Differenz
nochmals überprüft worden, Dabei habe man festgestellt, dass nur 15 anstatt 31 Zweitstimmen für die AfD in
die Schnellmeldung eingetragen worden seien. Hierbei solle es sich gerade nicht um für ungültig erklärte
Zweitstimmen, sondern um ein Übersehen dieses Stimmen gehandelt haben. Dieser Fehler sei umgehend
korrigiert worden. Das korrekte Ergebnis des Wahlbezirks sei dann der Stadt Meppen anhand der Schnell-
meldung telefonisch übermittelt und dann auch im vorläufigen Wahlergebnis berücksichtigt worden. Aus der
Stellungnahme des Kreiswahlleiters werde deutlich, dass bereits der Vortrag des Einspruchsführers vom
Sachverhalt her nicht zutreffend sei. Es seien gerade keine Stimmen für die AfD in dem genannten Wahlbe-
zirk in Meppen unberücksichtigt geblieben. Es habe auch keinen Zählfehler, sondern nur einen Übertragungs-
fehler gegeben, der rechtzeitig noch vor Absetzen der Schnellmeldung habe korrigiert werden können. Die
Stimmen für die AfD seien daher im Wahlergebnis ordnungsgemäß berücksichtigt worden. Ein Wahlfehler
sei demnach nicht ersichtlich.

Die Einspruchsführer haben sich zu der ihnen übersandten Stellungnahme nicht geäußert.

Drucksache 18/1710 – 276 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Entscheidungsgründe

I.

Der Einspruch des Einspruchsführers zu 3. ist unzulässig, da dieser nach eigener Angabe nicht wahlberechtigt
war. Er ist daher gemäß § 2 Absatz 1 des Wahlprüfungsgesetzes nicht einspruchsberechtigt.

II.

Der Einspruch der übrigen Einspruchsführer ist zulässig, aber unbegründet. Ihrem Vortrag lässt sich kein
Verstoß gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

1. In Bezug auf die angeblich in Tausenden von Fällen nicht erhaltenen Briefwahlunterlagen bleiben die Ein-
spruchsführer im Ungefähren. Sie nennen keine Namen und keine Adressen oder Städte, in denen eine Zu-
sendung unterblieben sein soll. Die Angaben der Einspruchsführer machen es unmöglich, nachzuvollziehen,
wo sich das gerügte Geschehen zugetragen haben soll, und entsprechende Sachverhaltsaufklärung zu betrei-
ben. Auch hinsichtlich angeblicher Pannen bei der Stimmauszählung belassen es die Einspruchsführer bei
einem pauschalen Verweis auf soziale Netzwerke, ohne aber ins Detail zu gehen. Wahlbeanstandungen, die
über nicht belegte Vermutungen oder die bloße Andeutung der Möglichkeit von Wahlfehlern nicht hinausge-
hen und einen konkreten, der Überprüfung zugänglichen Tatsachenvortrag nicht enthalten, müssen als
unsubstantiiert zurückgewiesen werden (Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlagen 283 bis 285; 15/1850,
Anlage 25; 15/2400, Anlage 9; 17/1000, Anlagen 13 und 19; BVerfGE 48, 271 [276]; 66, 369 [379]; 85, 148
[159]; 122, 304 [309]; Hahlen, in: Schreiber, § 49 Rn. 25).

2. In Meppen wurde am Wahlabend zunächst eine zu geringe Zahl der für die AfD abgegebenen gültigen
Zweitstimmen in die Schnellmeldung eingetragen. Dieses Versehen wurde noch rechtzeitig vor Absetzen der
Schnellmeldung korrigiert. Alle Stimmen für die AfD wurden berücksichtigt. Das Versehen blieb damit fol-
genlos. Das korrekte Ergebnis des Wahlbezirks ist dann der Stadt Meppen anhand der Schnellmeldung tele-
fonisch übermittelt und dann auch im vorläufigen sowie endgültigen Wahlergebnis berücksichtigt worden.
Die Stimmenzahl für die AfD spiegelt sich also im Meppener Wahlergebnis korrekt wider.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 277 – Drucksache 18/1710

Anlage 72

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn M. W., 38400 Puerto de la Cruz (E),

– Az.: WP 194/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 5. Juni 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Schreiben vom 16. November 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

Er bemängelt, sein am 2. September beantragter Wahlschein sei ihm am 26. September 2013 durch die Post
zugestellt worden. Ihm sei so – ebenso wie bei der Wahl zum Niedersächsischen Landtag – das Wahlrecht
genommen worden. Die verspätete Postzustellung habe nichts mit der allgemeinen Postlaufzeit zu tun, die
von Deutschland nach Spanien drei bis vier Tage betrage. Die Zustellungen seien verspätet, da die Wahl-
scheine nicht direkt an seine Adresse versandt würden. Der betreffende Brief zur Bundestagswahl 2013 sei
von der Stadt Oldenburg mit einer spanischen Freimarke wahrscheinlich per Sammelpost nach Spanien ge-
sandt worden.

Niedersächsische Landeswahlleiterin

Die hat zu dem Einspruch am 6. März 2014 im Wesentlichen im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Sie habe die Kreiswahlleiterin des Wahlkreises 27 (Oldenburg – Ammerland) hierzu um Stellungnahme ge-
beten. Diese habe ihr mitgeteilt, dass der Antrag auf Ausstellung eines Wahlscheins mit Briefwahlunterlagen
am 2. September 2013 per E-Mail bei der Stadt Oldenburg eingegangen sei. Der Antrag sei so zeitnah von
der Stadt Oldenburg bearbeitet worden, dass die Wahlunterlagen am 4. September 2013 ausgestellt und an
die angegebene Adresse in Spanien versandt worden seien. Am 5. September 2013 seien die Wahlunterlagen
durch die Poststelle der Stadt Oldenburg an den Einspruchsführer auf den Postweg gebracht worden. Auch
eine Kennzeichnung „Ausland“ solle der Brief getragen haben. Eine nunmehr erfolgte Nachfrage beim Zu-
stellunternehmen habe nur ergeben, dass die Sendung am 6. September 2013 erfasst worden sei. Weitere
Daten lägen nicht mehr vor, da diese aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht länger als 60 Tage gespei-
chert werden dürften. Die Stadt Oldenburg könne sich ferner nicht erklären, weshalb die Unterlagen nicht
direkt an die angegebene Adresse des Einspruchsführers versandt worden seien. Es sei keine Adressänderung
feststellbar.

Der Fall sei damit nicht weiter aufklärbar. Es liege hierdurch jedoch kein mandatsrelevanter Wahlfehler vor,
wie der Wahlprüfungsausschuss des Deutschen Bundestages bereits in ständiger Spruchpraxis entschieden
habe, da diejenige Person, die den Wahlschein und die Briefwahlunterlagen beantrage, auch das Beförde-
rungsrisiko vom Gemeindebüro zu der angegebenen Adresse trage. Sie, die Landeswahlleiterin, halte den
Wahleinspruch daher für unbegründet.

Der Einspruchsführer hat sich zu der Stellungnahme am 24. März 2014 im Wesentlichen wie folgt geäu-
ßert:

Die Wahlleiterin behaupte, die Wahlunterlagen seien am 5. September 2013 durch die Poststelle der Stadt
Oldenburg an ihn auf den Postweg gebracht worden. Die Frage sei, auf welchen Postweg. Ihm seien die
Wahlunterlagen am 26. September 2013 mit folgendem Poststempel zugestellt worden:

Drucksache 18/1710 – 278 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„Spring ESPAÑA FRANQUEO

Global Mail Posthorn PAGADO

en caso de no entrega

devolver al AP 57 P.D.

28821 Coslada”.

Wenn sich die Art der Zustellungsweise nicht ändere und die Stadt Oldenburg weiterhin uneinsichtig sei,
könne er sein Wahlrecht auch bei der Europawahl im Mai 2014 nicht ausüben. Er bitte daher die beteiligten
Stellen, die Wahlunterlagen ordnungsgemäß mit der Deutschen Post zu versenden.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vortrag des Einspruchsführers lässt sich kein Verstoß
gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

Nach ständiger Entscheidungspraxis des Deutschen Bundestages in Wahlprüfungsangelegenheiten trägt der
Wahlberechtigte, der von der durch den Gesetzgeber eingeräumten Möglichkeit der Briefwahl Gebrauch
macht und seine Wahlunterlagen nicht persönlich bei der Gemeinde abholt, das Risiko, dass die Unterlagen
ihn aufgrund des Transports nicht oder nicht rechtzeitig erreichen. Die Gemeindebehörde trifft hier keine
„Bringschuld“, sondern lediglich eine „Schickschuld“. Sie hat das ihrerseits Erforderliche getan, wenn sie die
Unterlagen ordnungsgemäß und rechtzeitig ausgestellt und auf ihre Kosten versandt hat (vgl. Bundestags-
drucksachen 15/1850, Anlage 27; 15/4750, Anlage 6; 16/3600, Anlagen 20, 25 und 26; 17/1000, Anlagen 3,
4, 6 und 7; 17/2250, Anlagen 7, 16 und 19; 17/3100, Anlage 21; 17/4600, Anlage 20). Weder dem Bundes-
wahlgesetz noch der Bundeswahlordnung lässt sich entnehmen, bis zu welchem Zeitpunkt nach Beantragung
des Wahlscheins und auf welchem Wege die Briefwahlunterlagen an Wahlberechtigte zu versenden sind,
damit sie rechtzeitig dem Wahlberechtigten zugehen, von diesem zurückgesandt werden und auch noch bis
zum Ende der Wahlhandlung bei der zuständigen Wahlbehörde eintreffen können. Der Wahlprüfungsaus-
schuss sieht es als äußerst unbefriedigend an, wenn Briefwahlunterlagen aufgrund langer Postlaufzeiten – auf
welche die Gemeinde unabhängig vom Versandweg immer nur einen sehr begrenzten Einfluss besitzt – so
spät beim Wahlberechtigten eintreffen, dass die Wahlteilnahme per Brief nicht mehr möglich ist. Gleichwohl
besteht für die Gemeinden derzeit keine gesetzliche Verpflichtung, Briefwahlunterlagen mit einem bestimm-
ten Postunternehmen bzw. auf einem bestimmten Übermittlungsweg, z. B. mit der Luftpost, zu versenden.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 279 – Drucksache 18/1710

Anlage 73

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn T. B., 25715 Dingen,

– Az.: WP 195/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 5. Juni 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Fax vom 22. November 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl
zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt. Er hat seinen Vortrag mit einer E-Mail vom
25. Mai 2014 erweitert.

Er rügt mehrere, seiner Ansicht nach erhebliche Verstöße bei der Wahl in seinem Wahlbezirk in Dingen
(Wahlkreis 3, Steinburg – Dithmarschen Süd):

In der Wahlbenachrichtigung sei das Wahllokal unzutreffenderweise als barrierefrei bezeichnet worden. Ein
barrierefreier Ort müsse ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich sein.
Die Eingangstür des betreffenden Wahllokals sei aber mit einem automatischen Schließmechanismus ausge-
stattet. Daher sei ein erheblicher Kraftaufwand nötig, um die Tür überhaupt öffnen zu können. Beim Durch-
gehen müsse man sie mit großer Kraft offen halten, da sie sich andernfalls sofort wieder schließe. Für Men-
schen mit einem Rollator oder im Rollstuhl sei der Zugang zum Wahllokal, wenn überhaupt, nur mit beson-
derer Erschwernis und fremder Hilfe möglich. Nach § 52 Absatz 4 der Landesbauordnung von Schleswig-
Holstein müsse ein barrierefreies Gebäude über einen für Benutzer von Rollstühlen geeigneten Toilettenraum
verfügen. Im betreffenden Wahllokal sei kein solcher Raum vorhanden. Das Wahllokal habe keine Haus-
nummer gehabt, obwohl in der Wahlbenachrichtigung eine Nummer genannt gewesen sei.

Es sei möglich gewesen, von draußen direkt in die beiden Wahlzellen hineinzuschauen und die Wähler bei
der Wahlhandlung zu beobachten, da das Wahllokal im Erdgeschoss gelegen habe und die Öffnungen der
Wahlzellen zum Fenster hin ausgerichtet gewesen seien.

Die Wahlhelfer hätten grundlos Angaben zur Person von Wählern verlautbart. Beispielsweise habe der Bür-
germeister der Gemeinde Dingen in den Raum kommende Personen mit der Nennung des Vornamens be-
grüßt. Bei dem Vermerk im Wählerverzeichnis (vor der Ausgabe des Stimmzettels) habe eine Wahlhelferin
seinen, des Einspruchsführers, Namen und den einer anderen Person laut „vor sich her gesagt“.

Der in § 56 der Bundeswahlordnung (BWO) vorgeschriebene Ablauf sei nicht eingehalten worden. Beim
Eintritt in das Wahllokal sei umgehend die Wahlbenachrichtigung abgenommen und der Vermerk im Wäh-
lerverzeichnis vorgenommen worden. Man habe in das Verzeichnis hineinsehen können. Zwischen dem Fal-
ten des in der „Wahlzelle“ ausgefüllten Stimmzettels und dem Einwurf in die Wahlurne habe nur die Freiga-
be durch den Bürgermeister gestanden.

Die Landeswahlleiterin des Landes Schleswig-Holstein hat zu dem Vorbringen des Einspruchsführers am
18. Februar 2014 Stellung genommen.

Aufgrund der Stellungnahme der zu dem Wahleinspruch angehörten Gemeindebehörde sowie der zuständi-
gen Kreiswahlleiterin für den Wahlkreis 3 stelle sich ihr der Sachverhalt wie folgt dar:

Drucksache 18/1710 – 280 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

In der Gemeinde Dingen (525 Wahlberechtigte, 339 Wähler) sei die für sämtliche Wahlen als Wahlraum
ausgewählte „DRK-Begegnungsstätte“ für die drei im Ort wohnenden Rollstuhlfahrer, Gehfrei-/Rollatoren-
Nutzer oder sonstigen Menschen mit einem Handicap die einzige Möglichkeit, die barrierefrei erreicht wer-
den könne. Die Örtlichkeit werde auch für regelmäßige Seniorenveranstaltungen genutzt. Die Beschaffenheit
der Außentür habe bei dem betroffenen Personenkreis noch nie zu Beanstandungen geführt. Eine für Roll-
stuhlfahrer geeignete Toilette sei entgegen dem Vorbringen des Einspruchsführers vorhanden. Eine Aus-
wahlmöglichkeit unter mehreren als barrierefrei in Betracht kommenden Räumlichkeiten habe nicht bestan-
den. Vor diesem Hintergrund habe die Gemeindebehörde diesen Raum als barrierefrei eingestuft.

Hinsichtlich des Vorwurfs, die Stimmabgabe hätte von Dritten beobachtet werden können, hat die Gemein-
debehörde darauf hingewiesen, dass sich hinter den Wahlkabinen zwar ein Fenster befunden habe. Eine Be-
obachtung der Stimmabgabe von außen durch das Fenster sei aber nicht möglich gewesen, da die wählende
Person mit ihrem Körper die Sicht von außen durch das Fenster verdeckt habe. Zudem habe der Wahlvor-
stand jederzeit die Fensterfront überblicken können; es sei ihm zu jeder Zeit möglich gewesen, eine eventuel-
le Gefährdung des Wahlgeheimnisses bei der Wahlhandlung zu unterbinden.

Die Gemeindebehörde habe zu der vorgebrachten Nennung von Angaben zur Person von Wählern ausge-
führt, dass in einer kleinen Gemeinde „jeder jeden“ kenne. Von daher sei es üblich, dass der Bürgermeister
fast jeden Einwohner mit dem Vornamen anspreche. So habe der Bürgermeister als Wahlvorsteher auch
Wähler zur Bundestagswahl im Wahlraum mit ihrem Vornamen begrüßt.

Hinsichtlich des vom Beschwerdeführer beanstandeten „Umlaufs im Wahllokal“ werde seitens der Gemein-
debehörde eingeräumt, dass nicht in vollem Umfange den Vorschriften des § 56 BWO entsprechend verfah-
ren worden sei. Der Stimmabgabevermerk sei bereits bei der Aushändigung des Stimmzettels gesetzt worden.
Es sei jedoch auch darauf hingewiesen worden, dass der Wahlvorsteher die wählende Person bis zum Ein-
wurf des Stimmzettels in die Wahlurne im Auge behalten und so dafür gesorgt habe, dass der Stimmabgabe-
vermerk im Wählerverzeichnis zu Recht gesetzt worden sei.

Die Gemeindebehörde habe darauf hingewiesen, dass am Gebäude des Wahlraumes zwar keine Hausnum-
mer, aber der große Schriftzug „DRK-Begegnungsstätte“ angebracht gewesen sei. Diese Bezeichnung ein-
schließlich der Straßenbezeichnung sei auch in der Wahlbenachrichtigung vermerkt gewesen. Allen Einwoh-
nern der Gemeinde sei die „DRK-Begegnungsstätte“ bekannt.

Sie, die Landeswahlleiterin, bewerte die im Einzelnen vorgebrachten Einspruchsgründe wie folgt:

In der von der Gemeindebehörde vorgenommenen Einstufung des Wahlraumes als barrierefrei könne sie
keinen Wahlfehler erkennen. Nach § 46 Absatz 1 Satz 2 BWO sollten die Wahlräume so ausgewählt werden,
dass allen Wahlberechtigten, insbesondere behinderten und anderen Menschen mit Mobilitätsbeeinträchti-
gung, die Teilnahme an der Wahl möglichst erleichtert werde. Wahlrechtlicherseits sei nicht näher bestimmt,
welche Anforderungen im Einzelnen an einen barrierefreien Wahlraum zu stellen seien. Die Gemeindebehör-
de habe die ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Auswahl eines geeigneten Wahlraumes genutzt.
Es sei eine weitgehende Barrierefreiheit gegeben gewesen; andere barrierefreie Alternativen hätten nicht zur
Verfügung gestanden. Dass die Außentür möglicherweise nicht den infrage kommenden Kriterien zur Barrie-
refreiheit im engeren Sinne entsprochen habe, sei insofern hinzunehmen gewesen. Nach dem Vortrag der
Gemeindebehörde habe dieser Umstand bei dem betroffenen Personenkreis auch nie zu Beanstandungen
geführt.

Aufgrund der Darstellung der Gemeindebehörde, insbesondere zu der erwähnten Beobachtung der Fenster-
front durch den Wahlvorstand, erscheine es abwegig, dass die Entschließungsfreiheit der Wähler oder das
Wahlgeheimnis in unzulässiger Weise tangiert worden seien. Anhaltspunkte dafür, dass außerhalb des Wahl-
raumes sich befindende Personen tatsächlich versucht hätten, durch das Fenster Einblick in den Wahlraum
und auf die Stimmabgabe von Wählern zu nehmen, würden vom Einspruchsführer selbst auch nicht vorgetra-
gen. Dass registriert werden könne, wer sich in der Wahlkabine aufhält, stelle keinen Verstoß gegen das
Wahlgeheimnis dar. Im Übrigen dürfte eine theoretisch bestehende Möglichkeit, lediglich von außen durch
ein Fenster in den Wahlraum zu blicken, auch anders zu beurteilen sein, als etwa der vom Deutschen Bundes-
tag als problematisch gesehene Umstand, wenn im Wahlraum andere Personen hinter der wählenden Person
entlang gehen müssten, um zu anderen Wahlkabinen zu gelangen (vgl. z. B. Bundestagsdrucksache 16/900,
Anlage 26). In der Platzierung der Wahlkabinen werde insofern kein Wahlfehler gesehen.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 281 – Drucksache 18/1710

Aus ihrer Sicht stelle (insbesondere vor dem Hintergrund der vorliegenden besonderen örtlichen Gegebenhei-
ten in einer kleinen Gemeinde) die Begrüßung von Wählern durch den Wahlvorsteher unter Nennung des
Vornamens keinen unzulässigen Verstoß gegen die das Wahlgeheimnis sichernde Verfahrensvorschrift des §
56 Absatz 4 Satz 4 BWO dar. Einen Wahlfehler könne sie hierin nicht erkennen.

Zwar stelle das bei der Wahlhandlung praktizierte Verfahren, den Stimmabgabevermerk bereits bei der Aus-
händigung des Stimmzettels an den Wähler zu setzen und nicht erst im Anschluss an den Einwurf des
Stimmzettels in die Wahlurne, einen Verstoß gegen die Verfahrensvorschrift des § 56 Absatz 4 Satz 2 BWO
und damit einen Wahlfehler dar. Allerdings sei diesem Wahlfehler keinerlei Ergebnisrelevanz zugekommen.
Die Mandatsrelevanz sei der zentrale – ungeschriebene – Grundsatz für eine erfolgreiche, begründete Wahl-
prüfung. Zu der (theoretisch möglichen) Situation, dass ein Wahlberechtigter, für den bereits ein Stimmabga-
bevermerk im Wählerverzeichnis gesetzt worden sei, seinen Stimmzettel nach Verlassen der Wahlkabine
wider Erwarten doch nicht abgegeben habe, sei es nicht gekommen. Ausweislich der Wahlniederschrift hät-
ten bei der Zählung der Wähler gemäß § 68 Sätze 2 und 3 BWO die Zahlen der Stimmabgabevermerke und
der entgegengenommenen Stimmzettel übereingestimmt. Sie, die Landeswahlleiterin, halte daher den Wahl-
einspruch in diesem Punkt für unbegründet.

Aufgrund der Stellungnahme der Gemeindebehörde könne sie einen Wahlfehler nicht erkennen. Nach § 19
Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 BWO solle die Wahlbenachrichtigung die „Angabe des Wahlraumes“ enthalten. Eine
Hausnummer werde explizit nicht gefordert. Mit der Bezeichnung „DRK-Begegnungsstätte“ und der Nen-
nung der Straße sei im vorliegenden Falle die wahlrechtliche Vorgabe in ausreichendem Maße erfüllt. Einer
Angabe der Hausnummer, insbesondere bei einer kleinen Gemeinde, bedürfe es zur zweifelsfreien Benen-
nung des Wahlraumes nicht.

Der Einspruchsführer hat sich zu der ihm übersandten Stellungnahme am 28. März 2014 im Wesentlichen
wie folgt geäußert:

Vor dem Hintergrund, dass praktisch alle der von ihm geschilderten Punkte von der Landeswahlleiterin bzw.
der Gemeindebehörde in ihrer Stellungnahme bestätigt würden, mute es durchaus merkwürdig an, dass sie
extra erwähne, dass er in seinem Einspruch darauf hingewiesen habe, keinen Anspruch auf die absolute Rich-
tigkeit seiner Aussagen zu erheben. Für ihn sei es selbstverständlich, dass er nicht unfehlbar sei und dass er
mit seinen Aussagen nicht die „einzig richtige Wahrheit“ selber festlege.

Die Gemeindebehörde habe sich seiner Meinung nach weder nach noch vor der Wahl darüber Gedanken
gemacht habe, ob das genutzte Gebäude tatsächlich barrierefrei sei. Auch sei es kein Argument für die wie-
derholte Auswahl derselben Örtlichkeit, dass man diese schon immer verwendet habe. (Die Angabe, dass der
Raum für sämtliche Wahlen genutzt worden sei, sei zudem falsch. Er habe schon mindestens einmal woan-
ders gewählt.) Das Wahllokal könne gar nicht die einzige Möglichkeit sein, die barrierefrei erreicht werden
könne, da es schon im buchstäblichen Sinne des Wortes nicht barrierefrei sei, was sogar zugegeben werde.
Das Gebäude könne im Verhältnis zu anderen in der Gemeinde das „barrierefreieste“ sei, dadurch werde es
jedoch nicht barrierefrei per se. Nach seiner Kenntnis gebe es im Amt geeignete Ausweichmöglichkeiten.
Man könne zudem nicht einfach ein Wahllokal subjektiv als barrierefrei bezeichnen, nur weil es von Men-
schen mit Handicap noch nie Beschwerden gegeben habe. Durch den Umstand, dass die Außentür nicht mit
geringem Kraftaufwand zu öffnen gewesen sei, sei das Wahllokal nicht für gehbeeinträchtigte Menschen und
Rollstuhlnutzer/-innen geeignet gewesen. Zudem sei es auch nicht für sehbehinderte Menschen, blinde Men-
schen und Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung geeignet gewesen. Wo in dem Gebäude eine Behinder-
tentoilette sein solle, sei ihm „schleierhaft“. Er habe einen Blick sowohl in das Frauen- wie auch in das Män-
ner-WC geworfen. Keines von beiden sei für Rollstuhlfahrer geeignet. Ansonsten sei er schon einmal in je-
dem Raum des Gebäudes gewesen, mit Ausnahme der Küche. Allenfalls darin könne sich die von der Ge-
meindebehörde benannte Toilette befinden.

Die Angabe, dass der Wahlvorstand jederzeit die Fensterfront habe überblicken können, sei falsch. Zunächst
sei er durch seine Aufgaben bei der Wahl und auch durch sonstige Gespräche mit den Wählerinnen und Wäh-
lern oftmals abgelenkt gewesen. Weiterhin hätten die Wahlkabinen zumindest teilweise die Sicht auf das
Fenster verdeckt. Es erscheine logisch, dass ein „Wahlbeobachter“ sich so positioniert hätte, dass er vom
Wahlvorstand nicht zu sehen gewesen wäre. Wie die Wählerinnen und Wähler tatsächlich bei der Stimmab-
gabe gestanden und inwieweit sie die Sicht von außen wirklich verdeckt hätten, dazu könne der Wahlvor-
stand keine Angaben machen, da er es gar nicht habe wahrnehmen können. Weder er, der Einspruchsführer,
noch der Wahlvorstand noch die Landeswahlleiterin könnten mit Sicherheit behaupten, dass niemand ver-

Drucksache 18/1710 – 282 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

sucht habe, durch das Fenster die Wahlhandlung zu beobachten. Im Übrigen stelle sich die Frage, warum der
Wahlvorstand diese Möglichkeit nicht von vorneherein verhindert habe. Ihm sei klar, warum das so sei. Es
sei gar nicht in Erwägung gezogen worden, und daher seien auch keine Maßnahmen ergriffen worden (auch
nicht die verstärkte Beobachtung des Fensters).

Hinsichtlich des von ihm in seinem Einspruch aufgeführten Punktes, dass bei der Eintragung in das Wähler-
verzeichnis die durchführende Person seinen Namen und den einer anderen Person laut vor sich hergesagt
habe und dass bei der Person vor ihm nicht so verfahren worden sei, sei keine Stellungnahme abgegeben
worden. Er könne an dieser Stelle nur nochmals eindringlich darauf hinweisen, dass es dafür keine Notwen-
digkeit gegeben habe. Die Aussage, dass „jeder jeden kenne“, könne eine nette Plattitüde sein, den Tatsachen
entspreche sie nicht. Er zweifle stark daran, dass selbst der Bürgermeister jeden Einwohner geschweige denn
jeden Wahlberechtigten kenne. Es wäre auch nicht weniger freundlich gewesen, wenn der Bürgermeister die
Bürger ohne laute Nennung ihres Namens (deren Kenntnis er zumindest zu einem gewissen Teil erst durch
seine Tätigkeit als Amtsträger erlangt habe – was Fragen nach dem Amtsgeheimnis aufwerfe –) „durch den
ganzen Raum“ begrüßt hätte.

Dass gerade der Wahlvorsteher (also der Bürgermeister) jeden Wähler persönlich im Auge behalten haben
wolle, erscheine unglaubwürdig, da er doch öfters durch Gespräche abgelenkt gewesen sei. Zudem würde
dies doch voraussetzen, dass er sich des beschriebenen Problems bewusst gewesen sei.

Die Tatsache, dass die Zahlen der Stimmabgabevermerke mit denen der entgegengenommenen Stimmzettel
übereinstimmten, heiße noch lange nicht, dass ein Wahlberechtigter, für den bereits ein Stimmabgabevermerk
im Wählerverzeichnis gesetzt worden war, seinen Stimmzettel nach Verlassen der Wahlkabine auch tatsäch-
lich abgegeben habe.

Zum äußeren Erscheinungsbild des Wahlraumes sei die Angabe der Gemeinde wiederum verkehrt, da auf
dem Gebäude „DRK-Zentrum Begegnungsstätte“ stehe. Zudem sei das Schild „nicht gerade neu“ und bereits
verwittert und zum Teil durch den Dachüberstand und einen Busch verdeckt. Auch hier könne die Gemeinde
offensichtlich erneut „Gedanken lesen“, da ansonsten die Angabe, dass alle Bewohner der Gemeinde die
Begegnungsstätte kennen würden, nicht möglich wäre. Wie lapidar die Gemeinde zugebe, dass das Gebäude
über kein Hausnummernschild verfüge, sei schon bemerkenswert. Dieser Umstand sei eindeutig rechtswidrig,
da § 47 des Straßen- und Wegegesetz des Landes Schleswig-Holstein in Verbindung mit der Satzung über
das Anbringen von Straßennamen- und Hausnummernschildern in der Gemeinde Dingen das Anbringen eines
Hausnummernschildes durch den Grundstückseigentümer verpflichtend vorschreibe.

Nach seiner Ansicht seien die Verstöße gegen das Wahlrecht in der Summe so groß, dass die Wahl in der
Gemeinde Dingen für ungültig erklärt werden müsse. Insgesamt könne man die Stellungnahme der Gemein-
debehörde und der Landeswahlleiterin so zusammenfassen, dass zwar immer wieder bewusst oder unbewusst
gegen Vorschriften verstoßen worden sei, jedoch durch z. B. die besondere Aufmerksamkeit des Wahlvor-
standes diese Fehler wieder vollständig „wettgemacht“ worden seien. Vor dem Hintergrund, mit welchem
minimalen Aufwand die Fehler hätten vermieden werden können, erscheine es ihm wenig schlüssig, dass der
Wahlvorstand gerade in dieser Weise besondere Sorgfalt habe walten lassen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet.

1. Der Wahlraum der Gemeinde Dingen entsprach den wahlrechtlichen Vorschriften. Insoweit liegt kein
Wahlfehler vor.

a) Gemäß § 46 Absatz 1 Satz 3 BWO sollen (nicht: müssen) die Wahlräume nach den örtlichen Verhältnissen
so ausgewählt und eingerichtet werden, dass allen Wahlberechtigten, insbesondere behinderten und anderen
Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigung, die Teilnahme an der Wahl möglichst erleichtert wird. Die als
Wahlraum ausgewählte „DRK-Begegnungsstätte“ ist hinreichend groß und kann barrierefrei erreicht werden.
Da andere barrierefreie Alternativen nicht zur Verfügung gestanden haben, wäre es sogar hinzunehmen ge-
wesen, wenn die Außentür – wie der Einspruchsführer meint – nicht den Kriterien zur Barrierefreiheit im
engeren Sinne entsprochen hätte. Vorliegend hat die Beschaffenheit der Außentür nach Angaben der Ge-
meinde übrigens sogar bei dem betroffenen Personenkreis noch nie zu Beanstandungen wegen mangelnder
Barrierefreiheit geführt. Auch eine für Rollstuhlfahrer geeignete Toilette ist in der Begegnungsstätte entgegen

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 283 – Drucksache 18/1710

dem Vorbringen des Einspruchsführers vorhanden, der selbst angibt, nicht alle Räume des Gebäudes zu ken-
nen.

b) Die Bezeichnung des Wahlraumes entsprach den wahlrechtlichen Vorgaben. Die Wahlbenachrichtigung
soll gemäß § 19 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 BWO enthalten: „die Angabe des Wahlraumes und ob dieser
barrierefrei ist“. Dies war vorliegend der Fall. Die Bezeichnung des Wahlraumes – „DRK-Begegnungsstätte“
– war mit dem Straßennamen in der Wahlbenachrichtigung aufgeführt. Am Gebäude des Wahlraumes war
mit einem großen Schriftzug das Wort „DRK-Begegnungsstätte“ angebracht. Das Wahllokal konnte von
allen Wahlberechtigten ohne Weiteres gefunden werden, auch wenn es anscheinend über kein Hausnum-
mernschild verfügt, wobei § 19 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 BWO ohnehin die Angabe einer Hausnummer nicht
verlangt. Überdies kann davon ausgegangen werden, dass die „DRK-Begegnungsstätte“ allen Einwohnern
der recht kleinen Gemeinde Dingen bekannt ist.

2. Hinsichtlich der Behauptung, die Stimmabgabe hätte durch das Fenster hinter den Wahlkabinen von Drit-
ten beobachtet werden können, ist ebenfalls kein Wahlfehler erkennbar. Gemäß § 33 Absatz 1 Satz 1 des
Bundeswahlgesetzes sind Vorkehrungen dafür zu treffen, dass der Wähler den Stimmzettel unbeobachtet
kennzeichnen und falten kann. Dazu sind gemäß § 50 Absatz 1 Satz 1 BWO eine oder mehrere Wahlkabinen
mit Tisch einzurichten, in denen der Wähler seinen Stimmzettel unbeobachtet kennzeichnen und falten kann.
Diese Vorkehrungen waren gegeben. Für die Stimmabgabe waren zwei Wahlkabinen vorhanden, die jeweils
drei Außenwände besaßen und einen Tisch umschlossen. Zwar befand sich die Öffnung der Wahlkabinen vor
einem Fenster. Jedoch dürfen an den Sichtschutz keine unverhältnismäßigen Anforderungen gestellt werden
(vgl. Bundestagsdrucksachen 15/4250, Anlage 11; 16/900, Anlage 26; 17/3100, Anlage 17; Hahlen, in:
Schreiber, Bundeswahlgesetz, 9. Auflage 2013, § 33 Rn. 3). Dass registriert werden kann, wer sich in der
Wahlkabine aufhält, stellt keinen Verstoß gegen das Wahlgeheimnis dar (Bundestagsdrucksachen 16/900,
Anlage 26; 17/3100, Anlage 17; Hahlen, in: Schreiber, a. a. O.). Es muss aber auf jeden Fall gewährleistet
sein, dass unter normalen Umständen niemand beobachten kann, ob und wie der Stimmzettel ausgefüllt wird.
Der Wähler muss sich aufgrund der konkreten örtlichen Verhältnisse unbeobachtet fühlen können (Bundes-
tagsdrucksachen 15/4250, Anlagen 11 und 12; 16/900, Anlage 26; 16/1800, Anlage 50; 17/3100, Anlage 17;
Hahlen, in: Schreiber, a. a. O.). Dies war vorliegend der Fall. Ein Außenstehender hätte durch das Fenster
nicht sehen können, ob und wie der Stimmzettel der Wählenden ausgefüllt wurde. Die Sicht auf den Stimm-
zettel war stets durch die wählende Person verdeckt. Zusätzlich konnte der Wahlvorstand die Fensterfront
jederzeit überblicken und hätte eine eventuelle Gefährdung des Wahlgeheimnisses bei der Wahlhandlung
unterbinden können.

Selbst wenn man in der Platzierung der Wahlkabinen mit der Öffnung zu einem Fenster einen Wahlfehler
erblicken wollte, könnte dieser dem Einspruch nicht zum Erfolg verhelfen. Denn nach ständiger Praxis des
Wahlprüfungsausschusses sowie der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts können nur
solche Wahlfehler einen Wahleinspruch erfolgreich begründen, die auf die Verteilung der Mandate von Ein-
fluss sind oder sein können (vgl. zuletzt Bundestagsdrucksachen 17/2200, Anlagen 4, 5, 7 und 12; 17/2250,
Anlagen 18 und 22; 17/3100, Anlage 17; BVerfGE 89, 243 [254]). Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist ein
Einfluss einer fehlerhaften Gestaltung des Wahllokals auf die Sitzverteilung im Deutschen Bundestag aber
fernliegend (vgl. Bundestagsdrucksachen 16/900, Anlage 26; 17/3100, Anlage 17). So verhält es sich auch im
vorliegenden Fall. Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass die Wähler im Dingener Wahllokal anders gewählt
hätten, wenn die Wahlzellen mit ihrer Öffnung nicht vor einem Fenster des Wahllokals platziert worden wä-
ren. Eine solche Annahme wäre nur dann ernsthaft in Erwägung zu ziehen, wenn es Anhaltspunkte dafür
gäbe, dass die durch die Aufstellung der Wahlzellen geschaffene Beobachtungsmöglichkeit die Entschlie-
ßungsfreiheit der Wähler tatsächlich beeinträchtigt hat (vgl. Bundestagsdrucksachen 16/900, Anlage 26;
17/3100, Anlage 17). Solche Anhaltspunkte liegen jedoch nicht vor. Nicht einmal der Einspruchsführer be-
hauptet, durch die Beobachtungsmöglichkeit in seiner Entschließungsfreiheit beeinträchtigt gewesen zu sein.
Er hat nicht vorgetragen, dass irgendjemand versucht hätte, durch das Fenster die Stimmabgabe zu beobach-
ten.

3. Das Vorbringen, die Wahlhelfer hätten grundlos Angaben zur Person von Wählern verlautbart, beispiels-
weise hätten der Bürgermeister der Gemeinde Dingen in den Raum kommende Personen mit der Nennung
des Vornamens begrüßt und eine Wahlhelferin bei dem Vermerk im Wählerverzeichnis (vor der Ausgabe des
Stimmzettels) den Namen des Einspruchsführers und den einer anderen Person laut „vor sich her gesagt“,
lässt ebenfalls keinen Wahlfehler erkennen. Zwar dürfen die Mitglieder des Wahlvorstandes gemäß § 56
Absatz 4 Satz 4 BWO bei der Wahlhandlung Angaben zur Person des Wählers nicht so verlautbaren, dass sie

Drucksache 18/1710 – 284 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

von sonstigen im Wahlraum Anwesenden zur Kenntnis genommen werden können, wenn nicht die Feststel-
lung der Wahlberechtigung es erfordert. Es stellt aber keinen Verstoß gegen die Bundeswahlordnung dar,
wenn ein Mitglied des Wahlvorstands beim Abgleich der Wahlbenachrichtigung mit dem Wählerverzeichnis
den Namen des Wahlberechtigten ausspricht. Auch läuft es nicht den Vorgaben der Bundeswahlordnung
zuwider, wenn Wähler durch den Wahlvorsteher, der zugleich ehrenamtlicher Bürgermeister ist, namentlich
begrüßt werden. Dies gilt insbesondere in einer kleinen ländlichen Gemeinde wie Dingen, wo lediglich 525
Wahlberechtigte leben und diese den Mitgliedern des Wahlvorstandes und vornehmlich dem (ehrenamtli-
chen) Bürgermeister als Wahlvorsteher, aber auch untereinander oftmals namentlich bekannt sind.

4. Zwar stellt das bei der Bundestagswahl 2013 in Dingen praktizierte Verfahren, den Stimmabgabevermerk
bereits bei der Aushändigung des Stimmzettels an den Wähler zu setzen und nicht erst im Anschluss an den
Einwurf des Stimmzettels in die Wahlurne, einen Wahlfehler dar. Dieses Vorgehen verstieß gegen § 56 Ab-
satz 4 Satz 2 BWO, wonach die Stimmabgabe erst nach dem Einwurf des Stimmzettels in die Urne im Wäh-
lerverzeichnis zu vermerken ist. Jedoch können – wie oben bereits ausgeführt – nur solche Wahlfehler die
Gültigkeit der Bundestagswahl beeinträchtigen, die auf die Sitzverteilung von Einfluss sind oder sein können.
Es ist nicht ersichtlich, welche Auswirkungen der verfrühte Stimmabgabevermerk auf das Ergebnis gehabt
hat bzw. hätte haben können. Es wäre zwar denkbar, dass ein Wahlberechtigter, für den bereits ein Stimmab-
gabevermerk im Wählerverzeichnis gesetzt worden ist, seinen Stimmzettel nach Verlassen der Wahlkabine
wider Erwarten doch nicht abgibt, so dass der Vermerk unzutreffend ist (bzw. wird). Hierzu ist es aber in
Dingen bei der Bundestagswahl 2013 nicht gekommen. Alle, die einen Stimmzettel erhielten, haben diesen –
entgegen den Vermutungen des Einspruchsführers – auch in die Urne geworfen. Dies ergibt sich aus der
Wahlniederschrift.

Die Befürchtung des Einspruchsführers, Stimmzettel könnten von Wahlberechtigten zum Ausfüllen an Dritte
weitergereicht worden sein, ist durch nichts belegt. Wahlbeanstandungen, die über nicht belegte Vermutun-
gen oder die bloße Andeutung der Möglichkeit von Wahlfehlern nicht hinausgehen und einen konkreten, der
Überprüfung zugänglichen Tatsachenvortrag nicht enthalten, müssen als unsubstantiiert zurückgewiesen
werden (Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlagen 283 bis 285; 15/1850, Anlage 25; 15/2400, Anlage 9;
17/1000, Anlagen 13 und 19; BVerfGE 48, 271 [276]; 66, 369 [379]; 85, 148 [159]; 122, 304 [309]; Hahlen,
in: Schreiber, § 49 Rn. 25).

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 285 – Drucksache 18/1710

Anlage 74

Beschlussempfehlung

ZumWahleinspruch

des Herrn W. S., 28217 Bremen,

– Az.: WP 221/13 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag
am 22. September 2013

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 5. Juni 2014 beschlossen,
dem Deutschen Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Schreiben vom 16. November 2013 Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 eingelegt.

1. Ihm scheine, dass der erste Satz im Protokoll der „Wahlbürohelfer“ lauten müsse: „Wir haben alle im
Raum aufgestellten Wahlurnen [darauf] geprüft, dass sie leer sind.“

2. In Hamburg seien ca. 100.000 Briefwahlunterlagen nicht in die Hände der Wähler gelangt, woran die Post
keine Schuld trage. In einem Wahlkreis in „Essen-Süd (?)“ sei falsch ausgezählt worden; dort solle nun neu
ausgezählt werden. In einem kleinen Ort sei eine Stimme (für die Partei „Alternative für Deutschland“ [AfD])
abgegeben worden, die im Wahlergebnis nicht erschienen sei. In einem Meppener Wahlbezirk seien zwei
Stimmen für die AfD „trotz klaren Kreuzen“ auf dem Wahlzettel für ungültig erklärt worden. In einem ande-
ren Wahlkreis seien „in Übereinstimmung der AfD-Wähler“ 61 oder 62 Stimmen abgegeben worden; bei der
Auszählung seien aber nur 25 oder 26 Stimmen „aufgetaucht“. In einigen Wahlbezirken seien AfD-Stimmen
unter die ungültigen Stimmen geraten. Auch seien die Auszählungen „naiv, einfach und fehlerbehaftet durch-
geführt“ worden, nämlich auf DIN-A-4-Blättern mit „angestrichenen 5er-Päckchen auf Zuruf“. In einem
Wahlkreis seien 83 Stimmen (für die AfD) abgegeben, in einem Zeitungsbericht aber null Stimmen genannt
worden. Er, der Einspruchsführer, fordere, die AfD-Stimmen bundesweit, mit Stichprobennahme vorzugs-
weise bei der CDU und der CSU, nachzuzählen. Er sei sicher, dass die Zahl der AfD-Wähler größer gewesen
sei, als dies die Auszählungen ergeben hätten. In „Detmold-?heide“ seien 92 Stimmen für die SPD abgege-
ben, aber 224 Stimmen gezählt worden.

3. In den Wahllokalen hätten allein in Bremen mehrfach Bleistifte statt „dokumentenechter“ Kugelschreiber
ausgelegen.

4. Stimmzettel seien gegen die Abgabe der Wahlbenachrichtigungskarte und ohne Kontrolle des Personal-
ausweises ausgegeben worden. Er frage, ob die Wählerlisten so geführt würden, dass nicht noch Wählerna-
men hätten angekreuzt und eine entsprechende Anzahl von Stimmzetteln unbemerkt in die Wahlurne hätte
eingeworfen werden können. In einigen Wahlbüros hätten Schüler gearbeitet. Es habe Hinweise gegeben,
dass hier und dort mehr Stimmen abgegeben worden seien, als dies aus den Wählerlisten hervorgehe.

5. Das Wahlrecht stehe nur deutschen Staatsangehörigen zu. Deshalb müssten zumindest alle gewählten Ver-
treter des Volkes einen Staatsangehörigkeitsausweis besitzen. Der Personalausweis helfe nicht weiter, da es
die Staatsangehörigkeit „Deutsch“ (die der Ausweis nenne) nicht gebe. Zudem begründe er nur die Vermu-
tung, dass jemand Deutscher sei.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Einspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Die Landeswahlleiterin des Landes Nordrhein-Westfalen hat zu dem Einspruch, soweit er ihren Zustän-
digkeitsbereich betrifft, am 17. Februar 2014 wie folgt Stellung genommen:

Drucksache 18/1710 – 286 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Zu der angesprochenen Nachzählung des Wahlergebnisses im Wahlkreis 120 (Mülheim – Essen I) sei festzu-
halten, dass die Feststellung des Wahlergebnisses im Wahlkreis durch den Kreiswahlausschuss – nach Vorbe-
reitung durch den zuständigen Kreiswahlleiter – erfolgt sei. Aufgrund des überaus knappen Stimmenunter-
schiedes und weiterer Vorkommnisse bei der Durchführung der Wahl in Essen habe der Kreiswahlausschuss
eine vollständige Nachzählung aller abgegebenen Stimmen beschlossen. Dieses Vorgehen stelle eine Aus-
nahme dar und erscheine nachvollziehbar, diene es doch der Sicherstellung eines korrekt ermittelten Wahler-
gebnisses. Gerade dieses Begehren verfolge auch der Einspruchsführer mit seiner Eingabe. Um absichtliche
oder unabsichtliche Fehler bei der Ergebnisfeststellung zu verhindern, seien die dabei einzuhaltenden Abläu-
fe durch Bundeswahlgesetz und Bundeswahlordnung detailliert vorgeschrieben. Dies betreffe auch die Do-
kumentation durch daran beteiligte und besonders verpflichtete Wahlorgane, deren lückenlose Vornahme
durch entsprechende Anlagen zur Bundeswahlordnung gewährleistet werden solle. Abgesehen davon gelte,
dass aufgrund des in der Regel deutlichen Stimmenunterschiedes bei den Wahlkreisbewerberinnen und
Wahlkreisbewerbern kleinere Zählfehler nicht ins Gewicht fielen. Es verstehe sich von selbst, dass Zählfehler
durch wechselseitige Kontrollen der Wahlvorstandsmitglieder bereits im Wahllokal vermieden werden soll-
ten. Auch prüfe der Kreiswahlleiter die vorgelegten Niederschriften auf ihre Richtigkeit hin. Es sei jedoch zu
berücksichtigen, dass an allen Stellen letztlich Menschen den Zählvorgang manuell durchführten, wobei es
gelegentlich zu Fehlern kommen könne. Diese seien jedoch – wie dargestellt – in der Regel wegen der großen
Stimmenunterschiede unproblematisch.

Der Einspruchsführer rüge nicht unerhebliche Differenzen zwischen dem vorläufigen und dem endgültigen
Wahlergebnis in Detmold. Hierzu habe der zuständige Kreiswahlleiter für diesen Wahlbezirk ausgeführt, dass
ins Internet ein nichtamtliches „Kontrollformular“ eines Wahlbeobachters eingestellt worden sei. Dieses
„Kontrollformular“ dokumentiere die Stimmenauszählung in einem Wahllokal der Stadt Detmold im Wahl-
kreis 136 (Höxter – Lippe I). Da aufgrund des veröffentlichten vorläufigen Ergebnisses der Stadt Detmold
Wahlbetrug vorgeworfen worden sei, habe der Kreiswahlleiter die erneute Auszählung des Wahlbezirks am
25. September 2013 veranlasst. Die seitens des Beobachters kritisierten und in dem Wahleinspruch nun auf-
gegriffenen Abweichungen hätten sich dabei nicht bestätigt. Es bleibe unklar, warum der Wahlbeobachter am
Wahlabend derartige Abweichungen habe feststellen können.

Die Niedersächsische Landeswahlleiterin hat zu demjenigen Einspruchsgegenstand, der ihren Zuständig-
keitsbereich berührt, am 6. März 2014 im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:

Sie habe den Kreiswahlleiter des Wahlkreises 31 (Mittelems) hierzu um Stellungnahme gebeten. Dieser habe
ihr mitgeteilt, dass bei der Stimmenauszählung des Meppener Wahlbezirks 104 ein Wahlbeobachter der AfD
anwesend gewesen sei, was auch in der Wahlniederschrift vermerkt worden sei. Die Auszählung der Stimm-
zettel sei ohne Probleme verlaufen. Allerdings habe es zunächst einen Fehler bei der Eintragung der Zweit-
stimmen in die sog. Schnellmeldung gegeben. Insgesamt seien 713 gültige Stimmabgaben gezählt worden, in
die Schnellmeldung seien aber nur 697 Stimmen eingetragen worden. Daher sei vor Ort diese Differenz
nochmals überprüft worden, Dabei habe man festgestellt, dass nur 15 anstatt 31 Zweitstimmen für die AfD in
die Schnellmeldung eingetragen worden seien. Hierbei solle es sich gerade nicht um für ungültig erklärte
Zweitstimmen, sondern um ein Übersehen dieses Stimmen gehandelt haben. Dieser Fehler sei umgehend
korrigiert worden. Das korrekte Ergebnis des Wahlbezirks sei dann der Stadt Meppen anhand der Schnell-
meldung telefonisch übermittelt und dann auch im vorläufigen Wahlergebnis berücksichtigt worden. Aus der
Stellungnahme des Kreiswahlleiters werde deutlich, dass bereits der Vortrag des Einspruchsführers vom
Sachverhalt her nicht zutreffend sei. Es seien gerade keine Stimmen für die AfD in dem genannten Wahlbe-
zirk in Meppen unberücksichtigt geblieben. Es habe auch keinen Zählfehler, sondern nur einen Übertragungs-
fehler gegeben, der rechtzeitig noch vor Absetzen der Schnellmeldung habe korrigiert werden können. Die
Stimmen für die AfD seien daher im Wahlergebnis ordnungsgemäß berücksichtigt worden. Ein Wahlfehler
sei demnach nicht ersichtlich.

Der Einspruchsführer hat sich am 1. April 2014 für die Übersendung der Stellungnahmen bedankt. Er gehe
davon aus, dass bei der nächsten Wahl der Punkt 1 seines Einspruchsschreibens mehr beachtet werde. So
bleibe nur noch der Punkt 4 seines Schreibens zu klären.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 287 – Drucksache 18/1710

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, aber unbegründet. Dem Vortrag des Einspruchsführers lässt sich kein Verstoß
gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.

1. Soweit der Einspruchsführer vorträgt, der erste Satz im Protokoll der „Wahlbürohelfer“ müsse lauten: „Wir
haben alle im Raum aufgestellten Wahlurnen [darauf] geprüft, dass sie leer sind“ (und diese aus sich heraus
kaum verständliche Aussage in seiner Gegenäußerung durch den Satz verdeutlicht, dies solle bei der nächsten
Wahl mehr beachtet werden), ist kein Wahlfehler ersichtlich. Ziffer 2.2 des in Anlage 29 zur Bundeswahl-
ordnung (BWO) befindlichen Musters für die Wahlniederschriften der Wahlvorstandsmitglieder enthält den
Satz: „Der Wahlvorstand stellte fest, dass sich die Wahlurne in ordnungsgemäßem Zustand befand und leer
war.“ Der Einspruchsführer deutet nur die Vermutung an, es sei nicht ordnungsgemäß verfahren worden.
Hierfür fehlt aber, auch im Vortrag, jeder Hinweis. Wahlbeanstandungen, die über nicht belegte Vermutun-
gen oder die bloße Andeutung der Möglichkeit von Wahlfehlern nicht hinausgehen und einen konkreten, der
Überprüfung zugänglichen Tatsachenvortrag nicht enthalten, müssen als unsubstantiiert zurückgewiesen
werden (Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlagen 283, 284, 285; 15/1850, Anlage 25; 15/2400, Anlage 9;
17/1000, Anlagen 13 und 19; BVerfGE 48, 271 [276]; 66, 369 [379]; 85, 148 [159]; 122, 304 [309]; Hahlen,
in: Schreiber, Bundeswahlgesetz, 9. Auflage 2013, § 49 Rn. 25).

2. Im Fall der angeblich verloren gegangenen Briefwahlstimmen in Hamburg liegt kein rechtswidriges Ver-
halten vor. Das Statistische Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein hat in einer auch im Internet abrufba-
ren Pressemitteilung vom 25. September 2013 (www.statistik-nord.de) erklärt, dass in der am 23. September
2013 veröffentlichten Wahlanalyse zum vorläufigen Ergebnis der Bundestagswahl in Hamburg die Zahl der
Briefwählerinnen und -wähler nicht korrekt ausgewiesen worden sei. Eine Überprüfung habe ergeben, dass
die entsprechende Abfrage der Datenbank für das vorläufige Wahlergebnis versehentlich so programmiert
worden sei, dass nicht alle Briefwahlbezirke einbezogen worden seien. Auf die Zusendung von 301 884
Briefwahlunterlagen hin hätten 268 504 Wählerinnen und Wähler von ihrem Wahlrecht per Brief Gebrauch
gemacht, nicht wie ursprünglich angegeben 198 739 Wahlberechtigte. Die Befürchtung, Briefwahlstimmen
könnten unberücksichtigt geblieben sein, treffe nicht zu. Diese Vermutung sei dadurch entstanden, dass der
Zahl der ausgegebenen Briefwahlunterlagen (Wahlschein, Stimmzettel und Umschläge) von 301 884 eine
Zahl von 198 739 Briefwählern gegenübergestellt worden sei. Zur Erläuterung dieser Differenz hat das Sta-
tistische Amt auf drei Ursachen hingewiesen: Die Überprüfung habe ergeben, dass die Zahl der Briefwähle-
rinnen und -wähler infolge der fehlerhaften Abfrage der Datenbank um rund 70 000 zu niedrig angegeben
worden sei. Sie sei auf 268 504 korrigiert worden. Des Weiteren gehörten zu den 301 884 ausgegebenen
Wahlscheinen auch solche, die die Stimmabgabe in einem anderen Wahllokal als in dem eigenen ermögli-
chen sollten, z. B. in einem barrierefreien Wahllokal. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass erfahrungsge-
mäß rund fünf bis zehn Prozent der ausgegebenen Briefwahlunterlagen nicht rechtzeitig und vollständig zu-
rückliefen. Die Gründe hierfür seien vielfältig und lägen z. B. im zu späten Erhalt, der Nichtnutzung oder der
zu späten Rücksendung der Briefwahlunterlagen. Darüber hinaus fänden solche Wahlbriefe keinen Eingang
in die Zählung der Briefwähler, die aus formalen Gründen zurückzuweisen seien, z. B. weil der Wahlschein
fehle oder nicht unterschrieben sei. Der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag folgen dieser
schlüssigen Darstellung.

3. Der Vortrag des Einspruchsführers zu einem „Wahlkreis in Essen-Süd (?)“ bleibt unklar. Es ist auch frag-
lich, ob er insoweit einen Wahlfehler rügt, da er selbst darauf hinweist, dass dort neu ausgezählt werden solle.
Sofern man unterstellt, er wolle einen Wahlfehler rügen, hat ein solcher jedoch nicht vorgelegen. Aufgrund
des überaus knappen Stimmenunterschiedes und weiterer Vorkommnisse bei der Durchführung der Wahl in
Essen hat der Kreiswahlausschuss ausnahmsweise eine vollständige Nachzählung aller abgegebenen Stim-
men beschlossen. Dadurch wurde sichergestellt, dass sich alle gültigen Stimmen im Wahlergebnis nunmehr
wiederfinden.

4. Die vom Einspruchsführer behaupteten Abweichungen zwischen ausgezählten und veröffentlichten Stim-
men in Detmold(-Pivitsheide) hat es nicht gegeben. Vielmehr wurden die Stimmen zur Kontrolle sogar erneut
ausgezählt, ohne dass sich eine Unrichtigkeit des Ergebnisses gezeigt hätte.

5. In welchem „kleinen Ort“ eine Stimme für die AfD abgegeben worden, aber nicht im Wahlergebnis er-
schienen sein soll, sagt der Einspruchsführer nicht. Ebenso bleibt offen, in welchem „anderen Wahlkreis“
zwar 61 oder 62 Stimmen für die AfD abgegeben worden, bei der Auszählung aber nur 25 oder 26 Stimmen

Drucksache 18/1710 – 288 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„aufgetaucht“ sein sollen. Auch der Vortrag, in einigen Wahlbezirken seien Stimmen für die AfD unter die
ungültigen Stimmen geraten, lässt nicht erkennen, wo und wie sich das behauptete Geschehen zugetragen
haben soll. Das gleiche gilt für die Einlassung, die Auszählungen seien „naiv, einfach und fehlerbehaftet
durchgeführt“ worden (nämlich auf DIN-A-4-Blättern mit „angestrichenen 5er-Päckchen auf Zuruf“) und die
Behauptung, in einem Wahlkreis seien 83 Stimmen für die AfD abgegeben, in einem Zeitungsbericht aber
null Stimmen genannt worden, sowie die nicht belegte Vermutung, die Zahl der Wähler der AfD sei größer
gewesen, als dies die Auszählungen ergeben hätten. Der Einspruchsführer hätte bezüglich jedes der in diesem
Absatz genannten Sachverhalte nachvollziehbar darlegen müssen, aus welchem Geschehen sich seiner An-
sicht nach ein die Gültigkeit der Wahl berührender Wahlfehler ergibt (vgl. etwa Bundestagsdrucksachen
15/1150, Anlage 5; 17/1000, Anlagen 13 und 19; 17/2250, Anlage 11; BVerfGE 40, 11 [30]). Dies hat er
unterlassen und stattdessen bloße Vermutungen geäußert. Auch insoweit ist sein Vortrag als unsubstantiiert
zurückzuweisen.

6. Das vom Einspruchsführer genannte Vorkommnis in Meppen hat zu keinem Wahlfehler geführt. Zwar
wurde am Wahlabend in einem Wahlbezirk zunächst eine zu geringe Zahl der für die AfD abgegebenen gül-
tigen Zweitstimmen in die Schnellmeldung eingetragen. Dieses Versehen wurde aber noch rechtzeitig vor
Absetzen der Schnellmeldung korrigiert. Alle Stimmen für die AfD wurden mithin berücksichtigt. Das Ver-
sehen blieb damit folgenlos. Das korrekte Ergebnis des Wahlbezirks (auch für die AfD) ist dann der Stadt
Meppen anhand der Schnellmeldung telefonisch übermittelt und dann auch im vorläufigen sowie endgültigen
Wahlergebnis berücksichtigt worden.

7. Die Verwendung von Bleistiften als Schreibgerät in der Wahlzelle (Wahlkabine) ist rechtmäßig. Gemäß §
50 Absatz 2 BWO soll in der Wahlzelle ein Schreibstift bereitliegen. Nach ständiger Entscheidungspraxis des
Wahlprüfungsausschusses und des Deutschen Bundestages genügt dieser Vorschrift jede Art von funktions-
fähigem Schreibstift, also auch ein Bleistift (vgl. etwa Bundestagsdrucksachen 16/900, Anlagen 23 und 25
mit weiteren Nachweisen; 17/2250, Anlage 21). Dem Wähler steht es überdies grundsätzlich frei, das bereit-
liegende Schreibmittel zu benutzen oder den Stimmzettel mit einem eigenen Schreibgerät zu kennzeichnen.
Da sowohl die Wahlhandlung als auch die Auszählung der Stimmen öffentlich erfolgen, und nur bei diesen
Gelegenheiten die vom Einspruchsführer befürchteten Manipulationen an den Stimmzetteln vorgenommen
werden könnten, erscheint die vom Einspruchsführer befürchtete Gefahr eines Wahlbetrugs weitgehend aus-
geschlossen zu sein.

8. Es entspricht ferner geltendem Recht, dass sich nicht alle Wahlberechtigten im Wahlraum ausweisen muss-
ten (vgl. etwa Bundestagsdrucksachen 15/1150 Anlagen 31 und 33; 16/900, Anlagen 21 und 22; 16/3600,
Anlage 32; 16/5700, Anlagen 8 und 22; 17/2250, Anlagen 2 bis 4, 8, 10, 13, 15, 17, 20). Ausweisen müssen
sich nach § 59 Satz 1 BWO die Inhaber von Wahlscheinen. Ansonsten hat sich der Wahlberechtigte nach §
56 Absatz 3 Satz 2 BWO nur auf Verlangen des Wahlvorstandes auszuweisen. Der Wahlvorstand verlangt
dies insbesondere dann, wenn der Wähler seine Wahlbenachrichtigung nicht vorlegt. Ist der Name des Wäh-
lers im Wählerverzeichnis aufgeführt, die Wahlberechtigung festgestellt und besteht außerdem kein Anlass
zur Zurückweisung des Wählers, gibt der Wahlvorsteher die Wahlurne frei (§ 56 Absatz 4 Satz 1 BWO). In
der Regel ist somit die Vorlage der Wahlbenachrichtigung zur Feststellung der Identität ausreichend. Diese
Art der Kontrolle bietet hinreichend Gewähr dafür, dass die Identität der Wählerinnen und Wähler überprüft
und Manipulationen durch eine mehrfache Teilnahme an der Wahl verhindert werden. Soweit der Ein-
spruchsführer in der bestehenden Rechtslage einen Verstoß gegen die in Artikel 38 Absatz 1 des Grundgeset-
zes (GG) verankerten Grundsätze der freien und geheimen Wahl zu erkennen meint, ist zu beachten, dass der
Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag in ständiger Praxis im Rahmen eines Wahlprüfungsver-
fahrens die Verfassungsmäßigkeit von Wahlrechtsvorschriften nicht überprüfen (vgl. zuletzt etwa Bundes-
tagsdrucksache 16/1800, Anlagen 26 bis 28 mit weiteren Nachweisen; 17/1000, Anlagen 5 und 11; 17/2200,
Anlagen 1, 13 bis 15, 17 bis 20, 23 und 24; 17/3100, Anlagen 15, 19, 20, 22 bis 30, 32, 34 bis 36; 17/4600,
Anlagen 10, 12, 13, 32, 38, 40 bis 43 mit weiteren Nachweisen; 17/6300, Anlage 19).

9. Im Hinblick auf die von ihm thematisierten Frage der Wahlberechtigung ist es zutreffend, dass das Wahl-
recht (gemäß Art. 38 Absatz 1 GG und § 12 des Bundeswahlgesetzes [BWG]) die Wahlberechtigung für die
Wahl zum Deutschen Bundestag an die Deutscheneigenschaft im Sinne des Artikels 116 Absatz 1 GG knüpft.
Danach ist Deutscher vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörig-
keit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder
Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme
gefunden hat. Erwerb und Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit sind insbesondere im Staatsangehörig-

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 289 – Drucksache 18/1710

keitsgesetz vom 22. Juli 1913, zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 5. Februar 2009 (Bundes-
gesetzblatt I S. 158), geregelt. Der Einspruchsführer unterliegt jedoch einem Irrtum, wenn er meint, jeder
Wähler habe für die Teilnahme an der Wahl den Nachweis über seine Staatsangehörigkeit zu führen. Gemäß
§ 14 Absatz 1 BWG kann wählen, wer in ein Wählerverzeichnis eingetragen ist oder einen Wahlschein hat.
Die Stimmabgabe im Wahllokal erfolgt dann gemäß dem in § 56 BWO vorgesehenen (oben geschilderten)
Ablauf: Der Wahlvorstand kann die Vorlage der Wahlbenachrichtigung anordnen sowie verlangen, dass der
Wähler sich über seine Person ausweist, insbesondere wenn er seine Wahlbenachrichtigung nicht vorlegt. Die
Vorlage eines Nachweises über die Staatsangehörigkeit, die der Einspruchsführer fordert, ist hingegen nicht
vorgesehen; ein derartiges Verlangen durch den Wahlvorstand wäre daher sogar unzulässig.

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