BT-Drucksache 18/1708

Rüstungsexporte - Produktion des G36-Sturmgewehrs mit deutscher Lizenz in Saudi-Arabien

Vom 6. Juni 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1708
18. Wahlperiode 06.06.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jan van Aken, Christine Buchholz, Sevim Dağdelen, Annette
Groth, Inge Höger, Andrej Hunko, Katrin Kunert, Stefan Liebich, Niema Movassat,
Richard Pitterle, Kathrin Vogler und der Fraktion DIE LINKE.

Rüstungsexporte – Produktion des G36-Sturmgewehrs mit deutscher Lizenz
in Saudi-Arabien

Deutschland exportiert nicht nur Kriegswaffen und sonstige Rüstungsgüter, son-
dern auch Ausrüstung zur Herstellung von Kriegswaffen und sonstigen Rüs-
tungsgütern. Die Ausfuhr dieser Güter muss von der Bundesregierung geneh-
migt werden. Im Zusammenhang mit der Ausfuhr von Technologie und Herstel-
lungsausrüstung erklärt die Bundesregierung in ihren jährlich erscheinenden
Rüstungsexportberichten:
„Bei der Ausfuhr von Technologie und Herstellungsausrüstung werden grund-
sätzlich keine Genehmigungen im Zusammenhang mit der Eröffnung neuer Her-
stellungslinien für Kleinwaffen und Munition in Drittländer erteilt.“ (Rüstungs-
exportbericht der Bundesregierung 2012, S. 13).
In der Praxis zeigt sich allerdings, dass diese Regelung eben nur grundsätzlich
gilt. So erhielt Saudi-Arabien die Genehmigung der Bundesregierung, das
Sturmgewehr G36 von Heckler & Koch, mit dem auch die deutsche Bundes-
wehr ausgestattet ist, herzustellen (Rüstungsexportbericht der Bundesregierung
2008). Der saudische Rüstungshersteller Military Industry Corporation (MIC)
hatte von Heckler & Koch die Lizenz zum Bau des Sturmgewehrs G36 erwor-
ben. Wann dieser Lizenzvertrag geschlossen wurde, ist unbekannt. Ebenso ist
unklar, welche Bundesregierung die Export-Voranfrage positiv beschied.
Aus einem Dokument der MIC lässt sich ersehen, dass die Grundsteinlegung der
Fabrik in der Nähe von Riad im Juni 2008 erfolgte.
In einem Interview mit der „WirtschaftsWoche“ im Jahr 2010 sagt Heckler &
Koch-Inhaber Andreas Heeschen: Wir bauen gerade für Saudi-Arabien eine kom-
plette Produktionsanlage auf“ (www.wiwo.de/unternehmen/ruestung-heckler-
und-koch-baut-waffenfabrik-in-saudi-arabien-/5672176.html).
Nach Angaben der Bundesregierung sei Saudi-Arabien aber nicht in der Lage,
Komplettwaffen zu produzieren. Die saudische Produktion des G36 sei auf tech-
nologische Schlüsselkomponenten aus Oberndorf angewiesen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wann wurde nach Kenntnis der Bundesregierung die Produktion von G36-

Sturmgewehren in Saudi-Arabien aufgenommen?

Drucksache 18/1708 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
2. Wann wurde die Ausfuhr von Herstellungsunterlagen, Technologie und
Software etc. zur Produktion des G36 durch die Bundesregierung geneh-
migt (bitte nach Ausfuhrlistenposition und unter Angabe des Wertes auf-
schlüsseln), und an welche Auflagen oder Bedingungen sind die Genehmi-
gungen geknüpft worden?

3. Um welche Varianten des G36 handelt es sich bei der saudischen Produk-
tion?

4. Für wie viele G36-Sturmgewehre wurden seit der Erteilung der Genehmi-
gung zur Ausfuhr von Herstellungsunterlagen und Technologie die zur Her-
stellung notwendigen Schlüsselkomponenten aus Deutschland an Saudi-
Arabien
a) ausgeführt und
b) wie viele Genehmigungen für die Ausfuhr dieser Schlüsselkomponenten

nach Saudi-Arabien wurden erteilt
(bitte die Antworten zu 4a und 4b jeweils nach Datum und Angabe des je-
weiligen Wertes aufschlüsseln)?

5. Hat Saudi-Arabien seit Aufnahme der Produktion Anträge gestellt, die in
Lizenz produzierten G36-Sturmgewehre an andere Länder zu verkaufen
bzw. weiterzugeben, und wenn ja, an welche Länder (bitte jeweils unter
Angabe des Antragsdatums, der Stückzahl, des Wertes, der Entscheidung
der Bundesregierung)?

6. Welche Länder verwenden nach Kenntnis der Bundesregierung das G36?
7. In welchen Ländern wird nach Kenntnis der Bundesregierung das Sturm-

gewehr G36 in welcher Variante (z. B. G36 K) hergestellt, und
a) wann wurde die Genehmigung zur Ausfuhr der notwendigen Herstel-

lungsausrüstung und Technologie erteilt, und
b) bedarf es Schlüsselkomponenten aus deutscher Produktion zur Herstel-

lung (wenn unterschiedlich, bitte nach Ländern aufschlüsseln), und
c) welche Kenntnisse hat die Bundesregierung darüber, wie viele Sturm-

gewehre dieser Variante bislang illegal in welchen Ländern aufgetaucht
sind und woher diese jeweils stammen, und

d) in welche Länder wurden diese Varianten wann mit Genehmigung der
Bundesregierung exportiert, bzw. welche Reexporte dieser Varianten aus
Drittländern hat die Bundesregierung in welchem Umfang und wann
genehmigt?

8. Um welche Waffenarten handelt es sich bei den im Jahr 2013 genehmigten
Exporten von 18 201 Gewehren mit KWL-Nummer (KWL = Kriegswaffen-
liste) an Saudi-Arabien (bitte jeweils die Stückzahl angeben)?

9. Welchen Positionen der Kriegswaffenliste entsprechen die in Frage 8 ge-
nannten Gewehre (falls mehreren, bitte zuordnen)?

10. Welchen Kriegswaffenlistenpositionen entsprechen die Gewehre, für die
2013 „Teile für Gewehre mit KWL-Nummern“ (96 193 Stück) zur Ausfuhr
an Saudi-Arabien genehmigt wurden (wenn mehr als eine KWL-Nummer,
dann bitte die jeweilige Stückzahl angeben)?

11. Wann wurde zum ersten Mal die Ausfuhr der technologischen Schlüssel-
komponente, die für die vollständige Herstellung eines G36-Sturmgewehrs
notwendig ist, an Saudi-Arabien genehmigt?

12. Wann hat die Herstellungslinie für das G36 in Saudi-Arabien nach Kenntnis
der Bundesregierung die Produktion aufgenommen?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1708
13. Gab es seit dem Jahr 2000 Ausnahmen von dem Grundsatz „Genehmigun-
gen für die Ausfuhr von Kriegswaffen, einschließlich Kleinwaffen, grund-
sätzlich nur für staatliche Endverwender, nicht für Private“ (Rüstungs-
exportbericht der Bundesregierung 2012, S. 13) zu erteilen, und wenn ja, für
wen (bitte nach Art des privaten Empfängers und ggf. Namen, z. B. Sicher-
heitsunternehmen, Standort bzw. Land, Art und Wert der Kriegswaffen so-
wie Stückzahl und Datum der Genehmigung aufschlüsseln)?

14. Gab es seit dem Jahr 2000 Ausnahmen von dem Grundsatz „Genehmigun-
gen für Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern werden
grundsätzlich nicht erteilt, wenn hinreichender Verdacht besteht, dass diese
zur internen Repression im Sinne des EU-Verhaltenskodex für Waffenaus-
fuhren oder zu sonstigen fortdauernden und systematischen Menschen-
rechtsverletzungen missbraucht werden“ (Politische Grundsätze I.3) (bitte
unter Angabe des Bezugslands, des Jahres der Genehmigung, des Guts, der
Stückzahl, des Warenwerts und der Begründung der Abweichung beantwor-
ten)?

15. Wie definiert die Bundesregierung den in Frage 14 genannten Zusammen-
hang „hinreichender Verdacht“ in Abgrenzung zu „Verdacht“?

16. In welchen Fällen ist die Bundesregierung seit dem Jahr 2000 im Falle von
transnationalen Rüstungskooperationen mit deutscher Beteiligung, „die
Gegenstand von Regierungsvereinbarungen sind“, in Bezug auf spätere
Exportvorhaben von dem Grundsatz „grundsätzlich ein solches Konsulta-
tionsverfahren anzustreben, das der Bundesregierung die Möglichkeit gibt,
Einwendungen wirksam geltend zum machen“ abgewichen (Politische
Grundsätze II.3) (bitte unter Angabe des Partnerlandes, des Gegenstands der
Rüstungskooperation, des Jahres der Regierungsvereinbarung und der Be-
gründung der Abweichung beantworten)?

17. In welchen Fällen ist die Bundesregierung seit dem Jahr 2000 von dem
Grundsatz, den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern in
Länder nicht zu genehmigen, „die sich in bewaffneten äußeren Konflikten
befinden oder bei denen eine Gefahr für den Ausbruch solcher Konflikte
besteht“ abgewichen (Politische Grundsätze III.5) (bitte unter Angabe des
Bezugslandes, des Jahres der Genehmigung, des Guts, der Stückzahl, des
Warenwerts und der Begründung der Abweichung beantworten)?

Berlin, den 5. Juni 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.