BT-Drucksache 18/1547

Das Internetportal "Politikforen.net" als möglicher Nachfolger für das abgeschaltete neonazistische Forum Thiazi.net

Vom 23. Mai 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1547
18. Wahlperiode 23.05.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Martina Renner, Ulla Jelpke, Katrin Kunert, Petra Pau,
Harald Petzold (Havelland), Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Das Internetportal „Politikforen.net“ als möglicher Nachfolger für das
abgeschaltete neonazistische Forum Thiazi.net

Mitte Juni 2012 ging das „Thiazi-Forum“ nach bundesweiten Razzien offline.
Damit verschwand eines der wichtigsten deutschsprachigen neonazistischen
Internetforen. Im gleichen Zeitraum wurden auch verschiedene andere neo-
nazistische Internetseiten abgeschaltet, darunter die „Spreelichter“ und der Blog
„Deutschlandecho“ (Süddeutsche Zeitung, 25. Juli 2012, „Wir sind verboten, na
und?“). Das „Thiazi-Forum“ hatte zuletzt über eine Million Beiträge und meh-
rere Tausend registrierte Nutzer und Nutzerinnen. Unter den Beiträgen fanden
sich unter anderem offener Rassismus, Holocaustleugnung und Gewaltaufrufe.
Diese Inhalte waren für jeden frei zugänglich, auch ohne Registrierung im
Forum (Störungsmelder/Zeit, 14. Juni 2012, Weiterer Schlag gegen Neonazi-
Szene).
Nach Einschätzung einer Vertreterin von „No-Nazi.net“, einer Initiative zur
Aufklärung über extrem rechte Aktivitäten im Internet, gibt es jedoch auch nach
den Exekutivmaßnahmen gegen das „Thiazi-Forum“ noch immer eine große
Anzahl extrem rechter Websites, Foren und Blogs, die als Ausweichmöglich-
keiten für ehemalige Thiazi-Nutzerinnen und Thiazi-Nutzer dienen könnten.
Zudem ist die Zahl extrem rechter Auftritte und Aktivitäten in sozialen Netzwer-
ken nach Ansicht unabhängiger Beobachter und Beobachterinnen gestiegen
(Süddeutsche Zeitung, 25. Juli 2012, „Wir sind verboten, na und?“).
Auch die Webseite „politikforen.net“ könnte sich zu einer solchen Ausweich-
möglichkeit entwickelt haben. Eigenen Angaben zufolge besteht das Forum seit
April 2003 und hat heute knapp 5 000 registrierte Nutzer und Nutzerinnen und
über 6,5 Millionen Beiträge. Die Diskussionskultur ist geprägt von Vorurteilen
bis hin zu offen extrem rechten und neonazistischen Beiträgen. Als Beispiel sei
der User „Bulldog“ genannt, der in einem Beitrag fragt, ob „Adolf Hitler [bezo-
gen auf das Judentum] Recht hatte“, und der zu der Antwort kommt: „unumwun-
den: Ja“ (http://politikforen.net/showthread.php?152024-Hatte-Adolf-Hitler-
Recht). Einige Nutzer diskutieren auch offen darüber, dass „politikforen.net“
eine interessante Alternative zum abgeschalteten „Thiazi-Forum“ sei, wie bei-
spielsweise der User „Volksaufklärer“, der erklärt, er sei im „Thiazi-Forum“ an-
gemeldet gewesen und dieses sei ihm aber „langweilig, ob all dem gegenseitigen
Schulterklopfen der Kameraden. Es fehlte irgendwie die Spannung, die wir hier
[gemeint ist politikforen.net] mit unseren netten Genossen und unseren tür-
kischen Gästen haben!“ (http://mail.politikforen.net/showthread.php?126813-
quot-Thiazi-quot-Internetforum-geht-es-an-den-Kragen/page14).

Drucksache 18/1547 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche verfassungsschutzrelevanten Erkenntnisse hat die Bundesregierung

zu Aktivitäten auf der Internetseite „politikforen.net“?
2. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierungen zu Straf- und Ermittlungs-

verfahren, die aus Beiträgen auf der Internetseite „politikforen.net“ resul-
tieren (bitte spezifizieren nach Straftatbeständen, ermittlungsführende Be-
hörde, Verurteilungen)?

3. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung zu den Betreibern der Inter-
netseite „politikforen.net“ und zu deren Verbindungen zu neonazistischen
Kameradschaften und der NPD sowie zu Vereinen und Gruppierungen der
extremen Rechten vor?

4. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung zu Nutzern der Internet-
seite „politikforen.net“ und deren Verbindungen zu neonazistischen Kame-
radschaften und der NPD sowie zu Vereinen und Gruppierungen der extre-
men Rechten vor?

5. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, dass auf der Internetseite „po-
litikforen.net“ Liedtexte oder Tonträger zugänglich gemacht werden, die in-
diziert sind oder den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllen?

6. Inwieweit zählt die Bundesregierung die Inhalte der Internetseite „politik-
foren.net“ anhand der Indizierungskriterien zu der Liste der jugendgefähr-
denden Medien im Sinne des § 18 des Jugendschutzgesetzes?

7. Wurde die Internetseite „politikforen.net“ bereits in einem Jahresbericht des
Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) oder nach Kenntnis der Bundes-
regierung in einem Jahresbericht eines Landesamtes für Verfassungsschutz
(LfV) erwähnt (wenn ja, bitte unter Angabe des LfV/BfV, Jahr)?

8. Wurde oder wird die Internetseite „politikforen.net“ von Bundesbehörden
beobachtet?

Berlin, den 22. Mai 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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