BT-Drucksache 18/1515

Weiterentwicklung des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs

Vom 21. Mai 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1515
18. Wahlperiode 21.05.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Maria Klein-Schmeink, Kordula Schulz-Asche, Dr. Harald Terpe,
Elisabeth Scharfenberg, Dr. Franziska Brantner, Katja Dörner, Kai Gehring,
Britta Haßelmann, Ulle Schauws, Tabea Rößner, Doris Wagner,
Beate Walter-Rosenheimer und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Weiterentwicklung des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs

Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und
der Qualität in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-FQWG) plant die
Bundesregierung Veränderungen am morbiditätsorientierten Risikostrukturaus-
gleich beim Krankengeld und bei den Auslandsversicherten. Dabei ist in der
Änderung der Risikostrukturausgleichsverordnung vorgesehen, dass das be-
stehende Standardisierungsverfahren für die Berücksichtigung des Kranken-
geldes um ein Verfahren ergänzt werden kann, das die tatsächlichen Leistungs-
ausgaben der einzelnen Kassen für Krankengeld hälftig berücksichtigt. Die
Höhe der Zuweisungen für Auslandsversicherte soll nach dem neu einzufügen-
den § 269 Absatz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) auf die tat-
sächlichen Ausgaben begrenzt werden. Zudem gibt die Bundesregierung Gut-
achten in Auftrag, um Modelle für eine zielgerichtete Ermittlung der Zuweisun-
gen zur Deckung der Aufwendungen für Krankengeld und Auslandsversicherte
zu entwickeln. Ergänzend zu den durch das Bundesversicherungsamt zu er-
stellenden Gutachten gibt das Bundesministerium für Gesundheit angesichts der
stark steigenden Ausgaben für Krankengeld dem Sachverständigenrat nach
§ 142 Absatz 2 SGB V den Auftrag, ein Sondergutachten zu den Ursachen und
Steuerungsmöglichkeiten zu erstellen.
Die beiden im Gesetzentwurf vorgesehenen Übergangsregelungen zum Kran-
kengeld und zu den Auslandsversicherten wirken sich auf die Finanzlage der
einzelnen gesetzlichen Krankenkassen sehr unterschiedlich aus, da sich ihre
Mitgliedschaft sehr unterschiedlich zusammensetzt. Hinzu kommen die Aus-
wirkungen der Annualisierung der Kosten für verstorbene Versicherte, welche
gleichzeitig umgesetzt werden soll.
Das Bundesministerium für Gesundheit hatte im November 2010 den Wissen-
schaftlichen Beirat beim Bundesversicherungsamt mit einem Gutachten zur
Überprüfung der Wirkungen des morbiditätsorientierten Risikostrukturaus-
gleichs beauftragt. Das im Jahr 2011 vorgelegte Gutachten des Wissenschaft-
lichen Beirats stellte fest, dass sich die Zielgenauigkeit der Zuweisungen auf der
Ebene der Versicherten, der gebildeten Gruppen und der Kassen durch die Wie-
dereinführung eines Risikopools verbessern ließe. Wirkungen einer Ausweitung
des Krankheitsspektrums beim Morbiditätsausgleich konnten vom Beirat hin-
gegen nur annäherungsweise untersucht werden.

Drucksache 18/1515 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Hat die Bundesregierung über die jetzt im Gesetzentwurf des GKV-FQWG

genannten Veränderungen im bestehenden morbiditätsorientierten Risiko-
strukturausgleich (Morbi-RSA) hinaus weitere im Gutachten genannte
mögliche Veränderungen geprüft?
Wenn nein, warum nicht, und wenn ja, mit welchem Ergebnis?

2. a) Sieht die Bundesregierung die Einführung eines Hochrisikopools als
geeignete Maßnahme, um den in Deutschland bestehenden Risiko-
ausgleich zu ergänzen?

b) Sieht die Bundesregierung hier weiteren Forschungsbedarf?
c) Plant die Bundesregierung hierzu weitere Gutachten, und wenn ja,

wann?
Wenn nein, warum nicht?

3. a) Sieht die Bundesregierung weiteren Forschungsbedarf zur Ausweitung
des berücksichtigten Krankheitsspektrums?

b) Plant sie, dies in Gutachten zu berücksichtigen, und wenn ja, wann?
Wenn nein, warum nicht?

4. Gibt es aus Sicht der Bundesregierung weiteren Forschungsbedarf zur Ein-
beziehung eines Regionalfaktors auf Kreisebene oder zur Berücksichtigung
eines Ballungsraumfaktors im Morbi-RSA?

5. Wird die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode den Zusammenhang
zwischen dem morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich und den Prä-
ventionsaktivitäten der Krankenkassen näher untersuchen lassen?
Wenn ja, wann und wie?
Wenn nein, warum nicht?

6. Welche unterschiedlichen Auswirkungen auf die kassenindividuellen Zu-
satzbeiträge hätte es nach Ansicht der Bundesregierung, wenn bei der Be-
rechnung des vollständigen Einkommensausgleiches als Bezugsgröße ent-
weder die Mitglieder oder die Versicherten gewählt werden?

7. Auf welcher Grundlage hat sich die Bundesregierung dazu entschlossen, im
GKV-FQWG die Höhe der Zuweisungen für Auslandsversicherte auf die
tatsächlichen Ausgaben zu begrenzen?

8. Auf welcher Grundlage hat sich die Bundesregierung dazu entschlossen, im
GKV-FQWG befristet eine Veränderung bei der Berücksichtigung der
Krankengeldkosten im Morbi-RSA in der jetzt vorgeschlagenen Weise vor-
zunehmen?

9. Welche Kriterien haben dazu geführt, das bestehende Standardisierungs-
verfahren für die Zuweisungen zum Krankengeld und den ergänzenden
Ist-Kostenausgleich im Verhältnis 50:50 vorzunehmen?
Wurden auch andere Verhältniszahlen geprüft, etwa eine noch stärkere Be-
rücksichtigung der tatsächlichen Ausgaben, und wenn ja, mit welchem Er-
gebnis?

10. Plant die Bundesregierung, die Auswirkungen der Übergangsregelungen
auf die Finanzlagen der Kassen evaluieren zu lassen?
Wenn ja, soll diese Evaluation in die Entwicklung der durch die Gutachten
zu erforschenden neuen Modelle einfließen?
Wenn nein, wie behält die Bundesregierung die Entwicklung zukünftig im
Blick?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1515
11. Haben bei der Ausarbeitung der im Gesetzentwurf vorgeschlagenen Über-
gangsregelung zum Krankengeld auch Berichte über Fehlanreize (siehe
UPD-Monitor von 2013) hinsichtlich eines forcierten Einwirkens von ein-
zelnen Krankenkassen auf krankengeldbeziehende Versicherte mit der
Zielsetzung, Ausgaben zu sparen, eine Rolle gespielt?

12. Wann sollen die jeweiligen Gutachten des Bundesversicherungsamts und
des Sachverständigenrates zum Krankengeld vorgelegt werden?

13. Beabsichtigt die Bundesregierung, bei den Gutachten zum Krankengeld die
Auswirkungen der Übergangslösung des hälftigen Ist-Kostenausgleichs auf
die Versorgung der krankengeldbeziehenden Versicherten untersuchen zu
lassen, und wenn nein, warum nicht?

14. Welche Aspekte sollen im Sondergutachten des Sachverständigenrates zum
Krankengeld zu den Ursachen von lang andauernder Arbeitsunfähigkeit und
den Steuerungsmöglichkeiten der gesetzlichen Krankenkassen und des
Gesetzgebers untersucht werden?

15. a) Mit welchen Einflussgrößen auf die Zuweisungen zum Krankengeld sol-
len sich die geplanten Gutachten zudem befassen, die nicht im Gutachten
aus dem Jahr 2011 untersucht wurden?

b) Plant die Bundesregierung, in den Gutachten auch Einflussgrößen auf die
Zuweisungen zum Krankengeld untersuchen zu lassen, wie sie Jürgen
Wasem und andere bereits diskutiert haben (siehe Barmer GEK Gesund-
heitswesen aktuell 2012)?

c) Plant die Bundesregierung, in den Gutachten auch Belastungsgruppen je
nach Tätigkeitsbeschreibung im Beruf untersuchen zu lassen, und wenn
ja, werden dabei auch die Kriterien Schichtdienst, starke psychische Be-
lastung, starke körperliche Belastung und Gefahrenrisiko eine Rolle
spielen, und wenn nein, warum nicht?

d) Plant die Bundesregierung, in den Gutachten auch die Stellung im Beruf
bzw. die Berufsgruppe als eine relevante Einflussgröße untersuchen zu
lassen, und wenn ja, wird auch die Unterscheidung in Vollzeit- und Teil-
zeitbeschäftigte dabei berücksichtigt, und wenn nein, warum nicht?

e) Plant die Bundesregierung, in den Gutachten auch die Höhe der beitrags-
pflichtigen Einnahmen als eine weitere Einflusskomponente untersuchen
zu lassen, und wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 21. Mai 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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