BT-Drucksache 18/1499

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung - Drucksachen 18/908, 18/1493 - Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik (Direktzahlungen-Durchführungsgesetz - DirektZahlDurchfG)

Vom 21. Mai 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1499
18. Wahlperiode 21.05.2014

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Dietmar Bartsch,
Herbert Behrens, Karin Binder, Heidrun Bluhm, Kerstin Kassner
und der Fraktion DIE LINKE.

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 18/908, 18/1418, 18/1493 –

Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der Direktzahlungen
an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von
Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik
(Direktzahlungen-Durchführungsgesetz – DirektZahlDurchfG)

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die neue Förderperiode der Agrarpolitik der Europäischen Union (EU) bis zum
Jahr 2020 soll dazu beitragen, die gesellschaftliche Akzeptanz der EU-
Agrarzahlungen an die Agrarbetriebe und andere Akteurinnen und Akteure in den
ländlichen Räumen zu erhöhen. Daher muss sie den Anspruch „öffentliche Gelder
für öffentliche Leistungen“ umsetzen. Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) muss
zu einer sozialeren und ökologischeren Agrarwirtschaft beitragen und sichern, dass
in der EU vitale, vielfältige und zukunftsfähige ländliche Regionen erhalten blei-
ben.
Diesem Anspruch wird die nun abgeschlossene GAP-Reform nur ansatzweise ge-
recht. Doch der von der EU-Kommission eingeschlagene Weg ist ein Schritt in die
richtige Richtung. Durch das so genannte Greening werden erstmals bereits aus der
ersten Säule (Direktzahlungen) konkrete ökologische Leistungen durch EU-
Agrarzahlungen honoriert. Das unterstützt Agrarbetriebe, die durch ihr Wirtschaf-
ten einen konkreten Beitrag zum Artenschutz in der Agrarlandschaft, zu mehr Kli-
maschutz und zum Schutz der Gewässer leisten. Gerade die zusätzlichen Anforde-
rungen, die die Einrichtung ökologischer Vorrangflächen mit sich bringen, sollten
als Potenzial für Landbewirtschaftung im größeren Einklang mit der Natur umge-
setzt und nicht als Behinderung verstanden werden. Sie bieten die Möglichkeit, die
Agrarlandschaft wieder vielfältiger zu gestalten und damit der GAP zu mehr ge-
sellschaftlicher Akzeptanz zu verhelfen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. sicherzustellen, dass ökologische Vorrangflächen wirtschaftlich genutzt wer-
den können und auch dann einen Beitrag zu mehr biologischer Vielfalt, Ge-

Drucksache 18/1499 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

wässer- und Klimaschutz leisten. Deshalb ist der Einsatz von Düngemitteln
und chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln auszuschließen;

2. sicherzustellen, dass die ökologischen Vorrangflächen in einem direkten räum-
lichen Bezug zur Betriebsstätte stehen und so angelegt werden, dass sie die
Wiedervernetzung für die regionaltypische Flora und Fauna in der Agrarland-
schaft befördern;

3. die Wirksamkeit aller Greening-Maßnahmen hinsichtlich ihres Beitrages zum
Arten-, Biotop-, Boden-, Gewässer- und Klimaschutz wissenschaftlich zu be-
gleiten und spätestens zur Mitte der Förderperiode unabhängig evaluieren zu
lassen. Im Falle der Nichterfüllung der europäischen Zielvorgaben sind die
Vorgaben entsprechend zu ändern (z. B. Bewirtschaftungsanforderungen an-
passen, Konversionsfaktoren ändern, Ausschluss bestimmter Elemente von der
Liste der anrechenbaren ökologischen Vorrangflächen);

4. die Umwandlung von Grün- in Ackerland zu verhindern oder zumindest zu
erschweren und seine Weidenutzung zu fördern;

5. zu regeln, dass Dauergrünland in Natura-2000-Gebieten nur dann als beson-
ders umweltsensibel eingestuft wird, wenn das Grünland in einem direkten Zu-
sammenhang mit dem Schutzziel des Schutzgebietes steht (z.B. im FFH-
Gebiet). Für über diese Gebietskulisse hinausgehende Nutzungseinschränkun-
gen ist im Rahmen der zweiten Säule ein finanzieller Erschwernisausgleich zu
prüfen;

6. eine Beweidungsprämie für kleine Wiederkäuer wieder einzuführen und einen
Vorschlag vorzulegen, wie extensive Tierhaltungsformen, die für den gesell-
schaftlich gewollten Erhalt der Kulturlandschaft notwendig sind, besser unter-
stützt werden können;

7. zu regeln, dass unter „aktiver Landwirt“ diejenigen verstanden werden, die
eine aktive Landbewirtschaftung als Agrarbetrieb betreiben und damit Betrie-
be, die Urlaub auf dem Bauernhof anbieten oder eine Pferdepension betreiben
oder Deiche bzw. Flugplätze beweiden, prämienberechtigt bleiben;

8. sich gegenüber der EU-Kommission dafür einzusetzen, dass Junglandwirtinnen
und Junglandwirte auch als geschäftsführendes Mitglied einer eingetragenen
Genossenschaft, als Mitgesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts
(GbR), als geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH oder
GmbH & Co. KG oder in vergleichbaren Stellungen in Betriebsgemeinschaften
die Junglandwirteprämie ohne Einschränkungen im Rahmen der Direktzahlun-
gen erhalten können;

9. sich gegenüber der EU-Kommission und den anderen EU-Mitgliedstaaten
dafür einzusetzen, dass in der kommenden Förderperiode der Faktor Arbeit in
die Anforderungen der Direktzahlungen verpflichtend einbezogen wird und bis
zur Mitte der Förderperiode erneut zu prüfen, ob die jetzt verfügbare alternati-
ve Option eine sozial und agrarstrukturell gerechtere Verteilung ermöglicht als
die jetzt gewählte Umverteilung zu Gunsten der ersten Hektare;

10. dem Deutschen Bundestag im Jahr 2017 einen Bericht über die ersten Er-
kenntnisse der Auswirkungen der neuen EU-Förderperiode auf die einheimi-
schen Agrarbetriebe, die Agrarlandschaft und die ländlichen Räume aus den
Jahren 2015 und 2016 vorzulegen. Hierbei ist besonders auf die Auswirkung
der Mittelumschichtung von Ost- nach Süddeutschland durch die Umvertei-
lungsprämie einzugehen.

Berlin, den 20. Mai 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1499

Begründung

Eine starke EU-Agrarpolitik (GAP) ist aus sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Gründen sowie aus
Gründen der Versorgungssicherheit und der Preisstabilität innerhalb der EU weiterhin notwendig. Die GAP
soll ein Instrument der EU zur Sicherung der Ernährungssouveränität der Mitgliedstaaten, der Versorgungssi-
cherheit mit Nahrungsmitteln, Rohstoffen, erneuerbaren Energieträgern, der Honorierung von Umwelt- und
Klimaleistungen sowie dem Erhalt und der Entwicklung von Kulturlandschaften sein.
Für die GAP ist nach wie vor ein großer Teil des Haushaltes der EU vorgesehen, für dessen Inanspruchnahme
eine breite Akzeptanz der Öffentlichkeit benötigt wird. Hierbei ist und bleibt die Debatte über „öffentliche
Güter“ (public goods) von besonderer Bedeutung.
Trotz aller existierenden Programme und aller ordnungsrechtlichen Rahmenbedingungen werden die zentra-
len Umweltprobleme des 21. Jahrhunderts – Artenschwund und Klimawandel – mit den vorhandenen agrar-
politischen Instrumenten nicht adäquat behandelt. Hier muss die GAP ihren Beitrag leisten.
Zukünftig muss der Grundsatz gelten, dass öffentliche Gelder nur noch für konkret nachweisbare öffentliche
Leistungen fließen sollten. Wer keine sozialen und ökologischen Leistungen erbringt, darf auch nicht weiter
mit Mitteln der EU rechnen. Landwirtschaftliche Betriebe müssen Anreize erhalten, diese öffentlichen Leis-
tungen zu erbringen. Die GAP muss sich noch klarer an definierte soziale (Sicherung und Schaffung von
Arbeitsplätzen) und ökologische (Erhalt der Biodiversität, Strukturvielfalt, Kohlenstoffbindung, Gewässer-
schutz, Klimaschutz etc.) Kriterien messen. Dafür ist die neue EU-Förderperiode bis 2020 ein erster Schritt.
Die Auswirkungen der GAP-Reform gilt es zur Halbzeit der Förderperiode kritisch zu überprüfen und im
Falle der Nichterfüllung der europäischen Zielvorgaben noch vor 2020 Änderungen vorzunehmen.

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